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Wackliger
Willie
Insectissima
© 2002, 2003 by Aurora Production AG, SchweizGeschrieben von Katiuscia Giusti Illustriert von Agnes Lemaire
Übersetzt vom Team Activated-Familie
Hi hi,« kicherte Tristan,
als er die Treppe
zur Terrasse seines
Hauses hochging. Dort
saß Großvater Jakob
in seinem geliebten
Schaukelstuhl. Er
beobachtete, wie
jeden Abend, den
Sonnenuntergang.
3
»Du scheinst Spaß zu haben,
Tristan«, sagte Großvater Jakob.
Tristan sah auf und grinste. »Ja, ich
habe gerade etwas sehr Lustiges
gesehen!«
»Scheint so«, erwiderte
Opa Jakob. »Erzähl mir, was
war so lustig?«
»Ich habe mit meinem
Freund hinter dem Haus
gespielt«, begann Tristan,
»als wir Danny von
nebenan aus seinem
Haus kommen sahen.
Du wirst nicht glauben,
was passiert ist!«
4
»Ach?«, wunderte sich Opa Jakob und hob
neugierig eine Augenbraue. »Und was ist passiert?«
»Als Danny aus dem Haus kam, stolperte er und
fiel die Treppe runter. Das Witzige daran war, dass
sein Fuß in einem kleinen Eimer stecken blieb, als er
sich wieder aufrappelte. Er bekam seinen Fuß nicht
mehr aus dem Eimer. Er zog und zog und versuchte
ihn herauszuziehen. Als er es schließlich schaffte, blieb
sein Schuh im Eimer stecken.«
Am Ende seiner
Geschichte lachte
Tristan laut, aber sein
Großvater lachte
nicht. Stattdessen
wurde sein
Gesicht
traurig. »Er
hätte sich
5
schwer verletzen können!
Wie denkst du, hat sich
Danny gefühlt, als du
und dein Freund über ihn
gelacht haben?«, fragte
Großvater Jakob.
Tristan schaute seinen
Großvater an. Der Ge-
danke verwirrte ihn ein
bisschen.
Opa sprach weiter:
»Wenn du an Dannys
Stelle wärst, wie würdest
du dich dann fühlen,
wenn jemand anfangen
würde zu lachen, weil dir
etwas Dummes passiert
ist?«
»Nicht so gut, schätze
ich«, flüsterte Tristan und
schaute zu Boden.
»Es fühlt sich meist nicht
gut an, wenn andere sich
über dich lustig machen,
besonders wenn du einen
Unfall hattest. Das erinnert
mich an eine Geschichte
über Willie.«
Tristans Gesicht erhellte
sich. »Bitte erzähl sie mir!«
6
Willie ging langsam und schob sich bedächtig um
die Grashalme herum. Er humpelte vornüber geneigt
dahin und stützte sich schwer auf einen Zweig als seine
Krücke. Er hatte einen Verband am Bein und einen
schmerzverzerrten Gesichtsausdruck.
Am Tag zuvor, als er etwas Besonderes für sein
Abendessen sammeln wollte, war er über eine
Löwenzahnwurzel gestolpert und hatte sich am Bein
verletzt. Trudy war ihm zu Hilfe gekommen.
Sie hatte ihn verbunden und ihm etwas zu
essen gebracht,
damit er nicht
auf seinem
verletzten
Erste Hilfe
7
Fuß herumgehen musste. Heute ging es Willie etwas
besser. Mit Hilfe einer Krücke konnte er herumhumpeln,
aber er fühlte sich immer noch ziemlich miserabel.
»Warum musste ich nur hinfallen?«, haderte er
mit sich selbst. »Jetzt habe ich diesen großen
Verband an meinem Bein und es tut
weh. Ich fühle mich schrecklich!
Wenn ich bloß nicht über
diese Wurzel gestolpert
wäre, dann wäre nichts
von alledem passiert.«
Willie humpelte langsam
weiter, als plötzlich seine
Krücke in Stücke brach.
Er fiel in ein Häufchen
Elend zusammen.
»AUA!«, schrie er. »Ich
hätte nicht gedacht, dass
es noch schlimmer kommen
könnte«, sagte er ärgerlich,
»aber jetzt schau mich mal
einer an – ich bin schon
wieder hingefallen.«
Armer Willie!
8
Da hörte er ein
Kichern in der Nähe. Willie
drehte sich um und entdeckte zwei
kleine Käfer, die laut lachend auf einem
Kleeblatt saßen. Sie hatten Willie
beobachtet, wie er durch das Gras
humpelte, und als seine einfache Krücke
brach, sah das für sie so lustig aus, dass
sie nicht mehr aufhören konnten zu
lachen.
»Willie ist so tollpatschig«,
meinte Fleck zwischen ihrem
Gelächter. Der andere
Käfer, Fips, fing an
laut zu singen:
»Wackliger
Wiiiillie!«
9
Fleck stimmte mit ein und die zwei sangen die
Phrase immer wieder.
Willie starrte zu Boden. Sein verletztes Bein
schmerzte jetzt noch mehr, aber noch schlimmer war
der Schmerz, den er tief in sich fühlte. Ihm war nach
weinen zu Mute. Seine Augen wurden feucht, während
die zwei Käfer weiter johlten.
Wahrscheinlich wanke ich schon sehr und bin
tollpatschig, dachte Willie traurig. Scheinbar habe ich
viele Unfälle und danach werde ich noch mehr Unfälle
haben. Immer verletze ich mich oder verschütte dies
oder lasse das fallen. Ich kann einfach gar nichts!
»Geht weg«, sagte er traurig zu Fips und Fleck.
Aber die ungezogenen Käfer lachten nur noch mehr.
10
»Oh je, was ist denn
hier passiert?« Es war
Trudy. Sie schwebte
mit einem besorgten
Blick direkt über
Willie. »Ich
schätze, das
war der Grund
für den Schrei, den
ich hörte«, sagte sie. »Es tut mir so Leid,
dass du wieder hingefallen bist, Willie.«
Willie sah Trudy nicht an, er
starrte weiter zu Boden. Jetzt hatte
er Tränen in den Augen.
»Alles in Ordnung, Willie?«,
fragte Trudy, die sich wunderte,
warum ihr normalerweise so
fröhlicher Freund so traurig zu
sein schien. Sie setzte sich auf
ein Blatt in seiner Nähe.
»Tut es sehr weh?«,
fragte sie. Willie
nickte leicht mit
dem Kopf.
Da hörte
Trudy
Fips
und Fleck, die
nicht weit
weg
immer
11
noch kicherten und johlten. Sie neigte ihren Kopf, um
sie besser hören zu können.
»Wackliger... wackliger... wackliger Wiiiillie!«,
riefen sie und brachen dann wieder in schallendes
Gelächter aus.
Die Käfer hatten Trudys Ankunft nicht bemerkt und
waren sehr überrascht, als sie aufsahen und die Libelle
direkt vor ihnen schwebte. Die Enttäuschung stand ihr
ins Gesicht geschrieben.
»Ihr Käfer scheint ja großen Spaß zu haben?«,
forderte Trudy sie heraus.
Fips und Fleck hörten auf zu lachen und setzten sich
auf. »Ähm, äh...«, stotterte Fleck.
»Wir haben gerade etwas sehr Lustiges gesehen,
das ist alles«, antwortete Fips und kicherte, als sie
Fleck anschaute.
»Als Willie daherhumpelte, brach
seine Krücke«, erzählte Fips Trudy.
»Es war ja sooo lustig.« Die zwei
Käfer lachten noch mehr.
Aber Trudy schmunzelte nicht
mal. »Wisst ihr was?«, sagte sie.
»Für euch hat es vielleicht sehr lustig
ausgesehen, aber der arme
Willie hätte sich schwer
verletzen können, und statt
herauszufinden, ob es
ihm gut geht, habt ihr
nur über ihn gelacht.
Ihr könnt jemanden
sehr traurig machen,
12
wenn ihr euch über ihn lustig macht, weil etwas schief
gelaufen ist.«
Die beiden Käfer schauten Willie nachdenklich
an. Plötzlich gab das Kleeblatt, auf dem sie saßen,
unter ihrem Gewicht nach. Die zwei Käfer plumpsten
zu Boden und machten ein paar unfreiwillige
Purzelbäume.
Die zwei Käfer so durch das weiche Gras rollen
zu sehen, war ein ziemlich komischer Anblick, aber
statt zu lachen, eilte Trudy zu Fips und Fleck und
war ganz besorgt um sie: »Oh je, dass war
ein ziemlicher Sturz«, sagte sie. »Seid ihr
verletzt?«
»Nein, war nur halb so
schlimm«, antwortete
Fleck.
13
»Mir hat‘s auch nichts gemacht. War ja nur ein
kleiner Fall«, ergänzte Fips.
»Ich bin sehr froh, dass ihr euch nicht weh getan habt,«
freute sich Trudy, als sie den Käfern auf die Füße half.
»Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen, weil
ich mich über Willie lustig gemacht habe«, gab Fleck
zu, als er sich abklopfte. »Ich auch«, fügte Fips scheu
hinzu. »Wir sollten uns bei ihm entschuldigen.«
»Und vielleicht können wir ihm irgendwie helfen«,
ergänzte Fleck. »Dann muss er nicht auf seinem
wunden Bein herumhumpeln.«
»Das ist wirklich lieb von euch beiden«, lobte Trudy
mit einem Lächeln. »Ich bin sicher, dass sich Willie über
eure Freundlichkeit und Hilfe freuen wird.«
14
Trudy und die zwei
Käfer halfen Willie, zurück
nach Hause zu kommen und
wechselten dort seinen Verband. Als
Trudy gehen musste, blieben Fips und Fleck
bei Willie, bis die Sonne untergegangen war.
»Es war so lieb von euch, bei mir zu sein
und mir zu helfen«, bedankte sich Willie,
als die zwei Käfer sich aufmachten, wieder
nach Hause zu gehen.
»Es hat Spaß gemacht«, sagte Fleck.
»Und vielleicht kommen wir morgen
wieder, um nach dir zu sehen.«
»Das wäre nett«, sagte Willie
dankbar. »Ich sollte wahrscheinlich
nicht zu viel herumlaufen, bis es
meinem Bein besser geht. Ich
würde mich freuen, wenn ihr
wieder kommen könntet.«
»Wir werden da sein«,
sagte Fips mit einem
Lächeln. »Ich hoffe,
deinem Bein geht
es bald besser. Bis
morgen.«
15
»Ende dieser Geschichte«,
las Opa Jakob und schloss sein Buch.
Nach einem Moment der Stille
sagte Tristan in Gedanken verloren:
»Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil
ich mich über Danny lustig gemacht
habe. Ich werde versuchen, netter
zu ihm zu sein und nicht zu lachen,
wenn bei ihm etwas schief geht.«
»Das ist großartig«, lobte ihn
Opa Jakob. »Ich bin sicher, dass er
sich freuen wird, dich als Freund zu haben.«
Willie
Moral: Tue für andere,
was du möchtest,
das sie auch für dich
tun. Wenn du diesen
Rat befolgst, wirst du
erstaunt sein, wie viel du
zurückbekommst.
Verpass die nächste Geschichte von
Insectissima nicht: Leuchtkäfer-Blume!
9 7 8 3 0 3 7 3 0 0 7 7 0
ISBN 3-03730-077-9

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Insectissima - Wackeliger Willie

  • 2. © 2002, 2003 by Aurora Production AG, SchweizGeschrieben von Katiuscia Giusti Illustriert von Agnes Lemaire Übersetzt vom Team Activated-Familie Hi hi,« kicherte Tristan, als er die Treppe zur Terrasse seines Hauses hochging. Dort saß Großvater Jakob in seinem geliebten Schaukelstuhl. Er beobachtete, wie jeden Abend, den Sonnenuntergang.
  • 3. 3 »Du scheinst Spaß zu haben, Tristan«, sagte Großvater Jakob. Tristan sah auf und grinste. »Ja, ich habe gerade etwas sehr Lustiges gesehen!« »Scheint so«, erwiderte Opa Jakob. »Erzähl mir, was war so lustig?« »Ich habe mit meinem Freund hinter dem Haus gespielt«, begann Tristan, »als wir Danny von nebenan aus seinem Haus kommen sahen. Du wirst nicht glauben, was passiert ist!«
  • 4. 4 »Ach?«, wunderte sich Opa Jakob und hob neugierig eine Augenbraue. »Und was ist passiert?« »Als Danny aus dem Haus kam, stolperte er und fiel die Treppe runter. Das Witzige daran war, dass sein Fuß in einem kleinen Eimer stecken blieb, als er sich wieder aufrappelte. Er bekam seinen Fuß nicht mehr aus dem Eimer. Er zog und zog und versuchte ihn herauszuziehen. Als er es schließlich schaffte, blieb sein Schuh im Eimer stecken.« Am Ende seiner Geschichte lachte Tristan laut, aber sein Großvater lachte nicht. Stattdessen wurde sein Gesicht traurig. »Er hätte sich
  • 5. 5 schwer verletzen können! Wie denkst du, hat sich Danny gefühlt, als du und dein Freund über ihn gelacht haben?«, fragte Großvater Jakob. Tristan schaute seinen Großvater an. Der Ge- danke verwirrte ihn ein bisschen. Opa sprach weiter: »Wenn du an Dannys Stelle wärst, wie würdest du dich dann fühlen, wenn jemand anfangen würde zu lachen, weil dir etwas Dummes passiert ist?« »Nicht so gut, schätze ich«, flüsterte Tristan und schaute zu Boden. »Es fühlt sich meist nicht gut an, wenn andere sich über dich lustig machen, besonders wenn du einen Unfall hattest. Das erinnert mich an eine Geschichte über Willie.« Tristans Gesicht erhellte sich. »Bitte erzähl sie mir!«
  • 6. 6 Willie ging langsam und schob sich bedächtig um die Grashalme herum. Er humpelte vornüber geneigt dahin und stützte sich schwer auf einen Zweig als seine Krücke. Er hatte einen Verband am Bein und einen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. Am Tag zuvor, als er etwas Besonderes für sein Abendessen sammeln wollte, war er über eine Löwenzahnwurzel gestolpert und hatte sich am Bein verletzt. Trudy war ihm zu Hilfe gekommen. Sie hatte ihn verbunden und ihm etwas zu essen gebracht, damit er nicht auf seinem verletzten Erste Hilfe
  • 7. 7 Fuß herumgehen musste. Heute ging es Willie etwas besser. Mit Hilfe einer Krücke konnte er herumhumpeln, aber er fühlte sich immer noch ziemlich miserabel. »Warum musste ich nur hinfallen?«, haderte er mit sich selbst. »Jetzt habe ich diesen großen Verband an meinem Bein und es tut weh. Ich fühle mich schrecklich! Wenn ich bloß nicht über diese Wurzel gestolpert wäre, dann wäre nichts von alledem passiert.« Willie humpelte langsam weiter, als plötzlich seine Krücke in Stücke brach. Er fiel in ein Häufchen Elend zusammen. »AUA!«, schrie er. »Ich hätte nicht gedacht, dass es noch schlimmer kommen könnte«, sagte er ärgerlich, »aber jetzt schau mich mal einer an – ich bin schon wieder hingefallen.« Armer Willie!
  • 8. 8 Da hörte er ein Kichern in der Nähe. Willie drehte sich um und entdeckte zwei kleine Käfer, die laut lachend auf einem Kleeblatt saßen. Sie hatten Willie beobachtet, wie er durch das Gras humpelte, und als seine einfache Krücke brach, sah das für sie so lustig aus, dass sie nicht mehr aufhören konnten zu lachen. »Willie ist so tollpatschig«, meinte Fleck zwischen ihrem Gelächter. Der andere Käfer, Fips, fing an laut zu singen: »Wackliger Wiiiillie!«
  • 9. 9 Fleck stimmte mit ein und die zwei sangen die Phrase immer wieder. Willie starrte zu Boden. Sein verletztes Bein schmerzte jetzt noch mehr, aber noch schlimmer war der Schmerz, den er tief in sich fühlte. Ihm war nach weinen zu Mute. Seine Augen wurden feucht, während die zwei Käfer weiter johlten. Wahrscheinlich wanke ich schon sehr und bin tollpatschig, dachte Willie traurig. Scheinbar habe ich viele Unfälle und danach werde ich noch mehr Unfälle haben. Immer verletze ich mich oder verschütte dies oder lasse das fallen. Ich kann einfach gar nichts! »Geht weg«, sagte er traurig zu Fips und Fleck. Aber die ungezogenen Käfer lachten nur noch mehr.
  • 10. 10 »Oh je, was ist denn hier passiert?« Es war Trudy. Sie schwebte mit einem besorgten Blick direkt über Willie. »Ich schätze, das war der Grund für den Schrei, den ich hörte«, sagte sie. »Es tut mir so Leid, dass du wieder hingefallen bist, Willie.« Willie sah Trudy nicht an, er starrte weiter zu Boden. Jetzt hatte er Tränen in den Augen. »Alles in Ordnung, Willie?«, fragte Trudy, die sich wunderte, warum ihr normalerweise so fröhlicher Freund so traurig zu sein schien. Sie setzte sich auf ein Blatt in seiner Nähe. »Tut es sehr weh?«, fragte sie. Willie nickte leicht mit dem Kopf. Da hörte Trudy Fips und Fleck, die nicht weit weg immer
  • 11. 11 noch kicherten und johlten. Sie neigte ihren Kopf, um sie besser hören zu können. »Wackliger... wackliger... wackliger Wiiiillie!«, riefen sie und brachen dann wieder in schallendes Gelächter aus. Die Käfer hatten Trudys Ankunft nicht bemerkt und waren sehr überrascht, als sie aufsahen und die Libelle direkt vor ihnen schwebte. Die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ihr Käfer scheint ja großen Spaß zu haben?«, forderte Trudy sie heraus. Fips und Fleck hörten auf zu lachen und setzten sich auf. »Ähm, äh...«, stotterte Fleck. »Wir haben gerade etwas sehr Lustiges gesehen, das ist alles«, antwortete Fips und kicherte, als sie Fleck anschaute. »Als Willie daherhumpelte, brach seine Krücke«, erzählte Fips Trudy. »Es war ja sooo lustig.« Die zwei Käfer lachten noch mehr. Aber Trudy schmunzelte nicht mal. »Wisst ihr was?«, sagte sie. »Für euch hat es vielleicht sehr lustig ausgesehen, aber der arme Willie hätte sich schwer verletzen können, und statt herauszufinden, ob es ihm gut geht, habt ihr nur über ihn gelacht. Ihr könnt jemanden sehr traurig machen,
  • 12. 12 wenn ihr euch über ihn lustig macht, weil etwas schief gelaufen ist.« Die beiden Käfer schauten Willie nachdenklich an. Plötzlich gab das Kleeblatt, auf dem sie saßen, unter ihrem Gewicht nach. Die zwei Käfer plumpsten zu Boden und machten ein paar unfreiwillige Purzelbäume. Die zwei Käfer so durch das weiche Gras rollen zu sehen, war ein ziemlich komischer Anblick, aber statt zu lachen, eilte Trudy zu Fips und Fleck und war ganz besorgt um sie: »Oh je, dass war ein ziemlicher Sturz«, sagte sie. »Seid ihr verletzt?« »Nein, war nur halb so schlimm«, antwortete Fleck.
  • 13. 13 »Mir hat‘s auch nichts gemacht. War ja nur ein kleiner Fall«, ergänzte Fips. »Ich bin sehr froh, dass ihr euch nicht weh getan habt,« freute sich Trudy, als sie den Käfern auf die Füße half. »Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich über Willie lustig gemacht habe«, gab Fleck zu, als er sich abklopfte. »Ich auch«, fügte Fips scheu hinzu. »Wir sollten uns bei ihm entschuldigen.« »Und vielleicht können wir ihm irgendwie helfen«, ergänzte Fleck. »Dann muss er nicht auf seinem wunden Bein herumhumpeln.« »Das ist wirklich lieb von euch beiden«, lobte Trudy mit einem Lächeln. »Ich bin sicher, dass sich Willie über eure Freundlichkeit und Hilfe freuen wird.«
  • 14. 14 Trudy und die zwei Käfer halfen Willie, zurück nach Hause zu kommen und wechselten dort seinen Verband. Als Trudy gehen musste, blieben Fips und Fleck bei Willie, bis die Sonne untergegangen war. »Es war so lieb von euch, bei mir zu sein und mir zu helfen«, bedankte sich Willie, als die zwei Käfer sich aufmachten, wieder nach Hause zu gehen. »Es hat Spaß gemacht«, sagte Fleck. »Und vielleicht kommen wir morgen wieder, um nach dir zu sehen.« »Das wäre nett«, sagte Willie dankbar. »Ich sollte wahrscheinlich nicht zu viel herumlaufen, bis es meinem Bein besser geht. Ich würde mich freuen, wenn ihr wieder kommen könntet.« »Wir werden da sein«, sagte Fips mit einem Lächeln. »Ich hoffe, deinem Bein geht es bald besser. Bis morgen.«
  • 15. 15 »Ende dieser Geschichte«, las Opa Jakob und schloss sein Buch. Nach einem Moment der Stille sagte Tristan in Gedanken verloren: »Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mich über Danny lustig gemacht habe. Ich werde versuchen, netter zu ihm zu sein und nicht zu lachen, wenn bei ihm etwas schief geht.« »Das ist großartig«, lobte ihn Opa Jakob. »Ich bin sicher, dass er sich freuen wird, dich als Freund zu haben.« Willie
  • 16. Moral: Tue für andere, was du möchtest, das sie auch für dich tun. Wenn du diesen Rat befolgst, wirst du erstaunt sein, wie viel du zurückbekommst. Verpass die nächste Geschichte von Insectissima nicht: Leuchtkäfer-Blume! 9 7 8 3 0 3 7 3 0 0 7 7 0 ISBN 3-03730-077-9