SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 7
Downloaden Sie, um offline zu lesen
420
Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für den Weiterbau der
WKA Rogun in Tadschikistan
Results of a Feasibility Study for Construction Completion of Rogun HEP in
Tajikistan
Roland Schmidt
Abstract
The article outlines the results of the bankable feasibility study for the construction completion of
the outstanding Rogun scheme in Tajikistan. The study was ordered by Russian Aluminium
(RUSAL) and prepared during 2005 and 2006 by German consultant Lahmeyer International.
Special challenges for the project’s design constitute the prevailing geological setting, in
combination with high seismicity and the presence of active faults partly filled with salt, and also
the energy dissipation from floods spilled into the tailwater at some 300 m head. Another
relevant task was the determination of the scope of existing construction works, which will be
used in the construction completion project.
Zusammenfassung
Der Entwurf dieses außergewöhnlichen Projektes stellt den Planer vor zwei besondere
Herausforderungen, zum einen die Kombination aus schwierigen geologischen Verhältnissen,
hoher Seismizität und den die Dammstelle kreuzenden aktiven Verwerfungen, zum anderen die
Energieumwandlung bei der Hochwasserableitung aus ca. 300 m Höhe. Die Machbarkeitsstudie
wurde von Lahmeyer International 2005 und 2006 im Auftrag von Russian Aluminium (RUSAL)
erstellt.
1 Projekthintergrund
1.1 Geographie
Rogun liegt in der Republik Tadschikistan, etwa 110 km östlich der Hauptstadt Duschanbe, am
Flusse Vakhsh, 340 km oberstrom des Zusammenflusses mit dem Grenzfluss zu Afghanistan,
Pyanj, der ab dort Amu-Darya heißt. Die Sperrstelle Rogun liegt am Kopf einer Kaskade von
derzeit fünf existierenden Wasserkraftanlagen am Vakhsh, ungefähr 70 km oberhalb der WKA
Nurek mit ihrem 300 m hohen und damit welthöchsten Staudamm; der Nurek-Stausee wurde
bereits Anfang der 1970er Jahre eingestaut.
Tadschikistan ist ein Hochgebirgsland mit ausgedehnten glazialen Flusssystemen und besitzt
fast 4% der weltweiten Wasserkraft-Ressourcen; es liegt damit an achter Stelle bzw. sogar an
erster Stelle auf Pro-Kopf Basis. Mehr als 95% der elektrischen Energie Tadschikistans wird
durch Wasserkraftanlagen erzeugt, hauptsächlich durch die der Vakhsh-Kaskade, insbesondere
der WKA Nurek (10.5 TWh/Jahr).
421
Das Einzugsgebiet des Vakhsh umfasst 39.000 km² und ist das höchstgelegene Flusssystem
Zentralasiens; es liegt inmitten des Pamir-Altai-Gebirges. Etwa 30% der Fläche des
Einzugsgebiet liegen höher als 4000 m ü. NN und sind von Schneefeldern und Gletschern
bedeckt. Aufgrund seines Gebirgsregimes transportiert der Vakhsh eine hohe Sedimentfracht,
insbesondere in seinem oberen Abschnitt, wo Rogun liegt. Der mittlere Jahresabfluss des
Vakhsh bei Rogun liegt bei ungefähr 20 km³, was einem mittleren Abfluss von 635 m³/s
entspricht.
An der Dammstelle Rogun (Bild 1), fließt der Vakhsh durch ein enges V-Tal mit ca. 50° steilen
und 400 bis 500 m hohen Tal-Flanken. Die Sperrstelle ist geprägt durch schwierige tektonische
und geologische Verhältnisse. Tektonische Störungen, z.T. salzführend und mit Verschiebun-
gen von 1-2 mm pro Jahr, kreuzen die Dammstelle. Für den Dammentwurf wurden
ungewöhnlich hohe Erdbebenbeschleunigungen von 0.56 g (in horizontaler Richtung)
berücksichtigt. Der anstehende Fels besteht aus Wechsellagerungen von standfestem Sand-
stein und schwächerem Ton- und Schluffstein.
Bild 1: Blick in das enge V-Tal des Vakhsh an der Dammstelle der WKA Rogun [3]
1.2 Geschichte
Gemäß ursprünglicher Planung sollte Rogun vorrangig der Abfluss-Regulierung von Vakhsh
und Amu-Darya dienen, um die Bewässerung riesiger Baumwollfelder in Usbekistan zu
ermöglichen. Gemäß dem Entwurf aus dem Jahre 1978 sollte die WKA Rogun mit 335 m
Dammhöhe Nurek um gut 10% übertreffen und damit die höchste Talsperre der Welt werden.
Neben dem Steinschüttdamm mit Kerndichtung umfasst der Entwurf von 1978 ein
422
Kavernenkrafthaus mit sechs Francis-Turbinen (6 x 600 MW) sowie die zugehörigen
Hochwasserentlastungs- und Betriebsanlagen. Das entsprechende Reservoir-Volumen betrug
ca. 13,3 km³, bei rund 8,6 km³ nutzbarem Speicherinhalt, womit der Rogun-Stausee als
Jahresspeicher betrieben werden konnte.
Mit den Erschließungsarbeiten der Dammstelle wurde bereits 1976 begonnen; die eigentlichen
Bauarbeiten wurden 1982 aufgenommen. Bis 1990, als der Zusammenbruch der Sowjetunion
zum Erlahmen der Bautätigkeiten führte, war ein bedeutender Teil der Untertage-Bauten
fertiggestellt (Bild 2). 1993 wurden die Bauarbeiten vollständig eingestellt, nachdem während
eines Hochwassers beide Kofferdämme überflutet und zerstört wurden.
Bild 2: Vorhandene Untertage-Bauten der WKA Rogun [4]
1.3 Planungen für den Weiterbau
Seither gibt es unterschiedliche Ansätze für den Weiterbau dieses außergewöhnlichen
Projektes. Anfang 2005 wurde Lahmeyer International GmbH (LI) mit der Durchführung einer
Machbarkeitsstudie für Stufe 1 des Weiterbaus der WKA Rogun beauftragt. Auftraggeber ist der
russische Konzern RUSAL, seit dem jüngst erfolgten Zusammenschluss mit SUAL der
weltgrößte Aluminium-Produzent. Die Planungen RUSALs sahen vor, dass bestehende und
neue Aluminiumfabriken in Tadschikistan mit Elektrizität aus der WKA Rogun versorgt werden.
Um das anfängliche Investitionsvolumen niedrig zu halten, wurde von einer Projektdurchführung
in mindestens zwei Stufen ausgegangen. Die Parameter für den stufenweisen Ausbau sind aus
Tabelle 1 ersichtlich.
423
Tabelle 1:Die Parameter für den stufenweisen Ausbau der WKA Rogun [2]
Die Machbarkeitsstudie wurde von LI Ende 2006 fertiggestellt und beinhaltet die Beurteilung
verschiedener Projektkonzepte sowie die Ausarbeitung des ausgewählten Weiterbaukonzeptes,
unter Berücksichtigung der Endausbauhöhe des Dammes. Zudem wurde untersucht, in
welchem Umfang die vorhandenen Bauwerke in den Entwurf integriert werden können.
2 Grundzüge des ausgewählten Weiterbaukonzeptes
2.1 Hauptkomponenten
Das zur Ausführung empfohlene Weiterbaukonzept (Bild 3) basiert auf der Nutzung der
vorhandenen Umleitungsstollen sowie Maschinen- und Trafokavernen und ist dem
Originalentwurf von 1978 in weiten Teilen recht ähnlich.
Bild 3: Weiterbaukonzept der WKA Rogun: Steinschüttdamm (beige), Triebwasserwege
(grün), Hochwasserentlastung (blau), Achsen der Umleitungsstollen (orange) [2]
424
Im folgenden werden die Hauptkomponenten in ihren Grundzügen vorgestellt:
Steinschüttdamm mit Innendichtung
Eine große Herausforderung beim Entwurf der WKA Rogun stellt der ca. 300 m hohe Stau-
damm dar. Aufgrund der vorhandenen tektonischen Störungen, mit jährlichen Verschiebungen
von 1-2 mm, und der hohen Seismizität wurde ein Steinschüttdamm mit zentralem Lehmkern
gewählt, wie schon für Nurek mit seinen etwas weniger problematischen aber ansonsten
ähnlichen Verhältnissen.
Maschinen- und Trafokaverne
Diese wurden in den 1980ern bereits zu guten Teilen ausgebrochen (175 000 m³ bzw. 57 000
m³). Die gewählte Anordnung auf der linken Fluss-Seite ergibt die kürzesten Triebwasserwege
und vermeidet die Notwendigkeit von Wasserschlössern. Die Länge der Maschinenkaverne
beträgt ca. 200 m. In dem LI-Entwurf wird auf die Nutzung der westseitigen 50 m verzichtet, da
hier Tonsteinlagen anstehen, deren Kriechverformungen auch nach 20 Jahren noch nicht
abgeklungen sind. Die verbleibende Länge ist ausreichend für den Einbau von vier Turbinen-
sätzen von je 600 MW. Zudem konnte durch den überarbeiteten Entwurf die Kavernenhöhe von
ca. 55 m auf rund 45 m reduziert werden.
Flussumleitung
Die zwei vorhandenen, je fast 1,5 km langen Umleitungsstollen (je ca. 1 800 m³/s bei HQ50)
kreuzen das Vakhsh-Bett ca. 300 m unterstrom der Dammachse. Das Kreuzungsbauwerk aus
Stahlbeton ist in offener Bauweise noch zu erstellen. Die auf beiden Fluss-Seiten vorhandenen
Tunnel sind an den Kreuzungsstellen mit den tektonischen Störungen durch Felsstürze blockiert
und müssen komplett saniert werden.
Gemäß dem Entwurf von 1978 dienten die Umleitungsstollen gleichzeitig als Turbinenauslass-
Tunnel mit Freispiegelabfluss, weshalb hinter den Absperrorganen eine ungünstig steile Rampe
angeordnet wurde. Dadurch traten Fließwechsel auf, verbunden mit hohen Erosionsraten. Der
LI-Entwurf sieht die maximal mögliche Abflachung dieser Rampe vor, wodurch diese
Fließwechsel vermieden werden.
Hochwasserentlastung/Mittelauslass
Die zweite zentrale Herausforderung beim Entwurf der WKA Rogun ist die Energieumwandlung
bei der Hochwasserabfuhr von 7 500 m³/s aus ca. 300 m Höhe. Noch während des Baus wurde
die ursprüngliche Planung (Tunnel und anschließender offener Schuss-Rinne) verworfen und
sowjetische Institute mit Untersuchungen an Fallschächten und Wirbeltunneln beauftragt. Eine
solche Lösung wurde in vergleichbarer Dimension erstmals für das WKA Tehri, Indien,
verwirklicht. Seit der 2006 erfolgten Inbetriebnahme wird jedoch eher zurückhaltend hierüber
berichtet.
Daher greift der LI-Entwurf auf eine Kombination konventioneller Entwurfselemente zurück,
bestehend aus einer offenen Schussrinne und zwei Hochwasserentlastungstunneln (50% plus
2 x 25% der Probable Maximum Flood), jeweils mit abschließendem Skisprung. Die
425
Energieumwandlung erfolgt zum größten Teil in einem riesigen Kolk-Becken im unterstrom der
Turbinenausläufe.
2.2 Umwelt- und Sozialverträglichkeit
Durch den Stausee der WKA Rogun (Stufe 1) gehen ca. 600 ha Kulturland verloren, wovon ein
Drittel Ackerland und zwei Drittel Weideland sind. Zehn Siedlungen werden überflutet, wodurch
1 300 Familien umgesiedelt werden müssen. Zudem muss die auf der rechten Talseite
verlaufende Straße über 110 km Länge in höhere Lagen verlegt werden (Kosten ca. 250 Mio.
US-Dollar).
Einen weiteren wichtigen Aspekt stellen die potenziellen Auswirkungen von Einstau und Betrieb
der WKA Rogun auf die Unterlieger-Staaten Usbekistan, Turkmenistan and Afghanistan dar. Da
hier die Sommerhochwasser für Bewässerung genutzt werden, sind diese Staaten nach
internationalem Recht von der Tadschikischen Regierung zu konsultieren, bevor das
Flussregime des Vakhsh durch den Bau von Rogun verändert wird.
2.3 Wirtschaftlichkeit
Für Stufe 1 des ausgewählten Projektkonzepts mit Steinschüttdamm und den in Abschnitt 2.1
beschriebenen Hauptkomponenten wurden Investitionskosten, inklusive 15 % für
Unvorhergesehenes, in Höhe von 1,94 Mrd. US-Dollar bestimmt (Preisbasis: 2005). Etwa 68%
hiervon entfallen auf die baulichen Anlagen, 17% auf die elektromechanische Ausrüstung sowie
11% auf Maßnahmen zur Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Die Kosten für den Ausbau von
Stufe 1 auf Stufe 2, wodurch sich die Energieausbeute nahezu verdoppelt, betragen hingegen
nur eine halbe Milliarde US-Dollar bzw. etwa ein Viertel der Investitionskosten für Stufe 1.
Die diskontierten Stromgestehungskosten für Stufe 1 liegen bei 3,9 US-Cent pro Kilowattstunde
(Diskontsatz 8.5%) und reduzieren sich bei Hinzunahme von Stufe 2 auf 2,5 US-Cent pro kWh.
Entsprechend erhöht sich der interne Zinssatz von 11 % (Stufe 1) auf 16 % (Stufen 1 und 2).
Sofern der steigende regionale Energiebedarf eine Jahresproduktion von zusätzlich 10 bis 12
TWh durch Rogun rechtfertigt, sollte der Weiterbau der WKA Rogun ohne Frage mindestens bis
Ausbaustufe 2 erfolgen.
3 Weiteres Vorgehen
Höchste Priorität für den Weiterbau der WKA Rogun hat, dass sich die Tadschikische
Regierung mit dem Investor und den finanzierenden Banken auf die Endausbauhöhe des
Dammes einigt, und zwar unter Beteiligung der Regierungen der Unterlieger-Staaten. Da der
Weiterbau der WKA Rogun sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung Tadschikistans
auswirkt und durch den Rogun-Damm zudem die fortschreitende Verlandung des Nurek-
Stausees aufgehalten wird, sollte diese Einigung baldmöglichst erreicht werden.
In Anbetracht der Einzigartigkeit der Projektmöglichkeit der WKA Rogun sowie dem bei
größeren Dammhöhen als den als Optimum identifizierten 285 m nur langsam abnehmenden
internen Zinssatz, wäre es verständlich, wenn Banken und Investor auch einer etwas höheren
als der optimalen Dammhöhe zustimmen würden. Nach Festlegung der Endausbauhöhe des
Dammes sind die von LI erstellte Machbarkeitsstudie für Stufe 1 sowie die zugehörige Umwelt-
und Sozialverträglichkeitsstudie entsprechend zu überarbeiten und zu erweitern.
426
Literatur
[1] Schmidt, R.; Zambaga-Schulz, S.; Seibitz, M.: Bankable Feasibility Study for Rogun HEP
Stage 1 Construction Completion in Tajikistan. In: Dams and Reservoirs, Societies and
Environment in the 21st Century, ICOLD-SPANCOLD (2006), Vol.1, S. 405-413.
[2] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Bankable Feasibility
Study for Stage 1 Construction Completion. Bad Vilbel: Lahmeyer International, 2006.
[3] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Justification of Optimal
Parameters of Rogun HEP on Exemplary Basis for Clay Core Earthfill Dam. Bad Vilbel:
Lahmeyer International, 2006.
[4] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Detailed Evaluation of
Existing Construction & Equipment. Bad Vilbel: Lahmeyer International, 2006.
[5] Kramer, K.; Schmidt, R.; Seibitz, M.: Hochwasserentlastungskonzept für die
Wasserkraftanlage Rogun in Tadschikistan. In: Schriftenreihe zur Wasserwirtschaft,
Technische Universität Graz, Heft 46 (2006), S. 333-348.
Anschrift des Verfassers
Dr.-Ing. Roland Schmidt
Lahmeyer International GmbH
Friedberger Straße 173
61118 Bad Vilbel
Roland.Schmidt@lahmeyer.de

Weitere ähnliche Inhalte

Andere mochten auch

Prueba semestral de informatica.......222
Prueba semestral de informatica.......222Prueba semestral de informatica.......222
Prueba semestral de informatica.......222Tincho Carbonero
 
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta ecadavida
 
Influencia de las principales teorías de la organización
Influencia de las principales teorías de la organización Influencia de las principales teorías de la organización
Influencia de las principales teorías de la organización Dulce Bart
 
Trabajo practico 9
Trabajo practico 9Trabajo practico 9
Trabajo practico 9valeross666
 
Tic project
Tic projectTic project
Tic projectcarcaton
 
Sales folder fuerza comercial 2011
Sales folder fuerza comercial 2011Sales folder fuerza comercial 2011
Sales folder fuerza comercial 2011crisfusterfcom
 
Que son las redes sociales.pedro
Que son las redes sociales.pedroQue son las redes sociales.pedro
Que son las redes sociales.pedromanriquecp
 
Tarea modulo 4 eedgardo velazco
Tarea modulo 4 eedgardo velazcoTarea modulo 4 eedgardo velazco
Tarea modulo 4 eedgardo velazcoedgardovelazco
 
Trabajo de etica 11.4
Trabajo de etica 11.4Trabajo de etica 11.4
Trabajo de etica 11.4Ale Gomez
 
Feasibility Study (Water Refilling Station)
Feasibility Study (Water Refilling Station)Feasibility Study (Water Refilling Station)
Feasibility Study (Water Refilling Station)Darlene Enderez
 

Andere mochten auch (12)

Prueba semestral de informatica.......222
Prueba semestral de informatica.......222Prueba semestral de informatica.......222
Prueba semestral de informatica.......222
 
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta
La alegría de leer por Elizabeth Cadavid Acosta
 
Influencia de las principales teorías de la organización
Influencia de las principales teorías de la organización Influencia de las principales teorías de la organización
Influencia de las principales teorías de la organización
 
Doc1
Doc1Doc1
Doc1
 
Trabajo practico 9
Trabajo practico 9Trabajo practico 9
Trabajo practico 9
 
Tic project
Tic projectTic project
Tic project
 
Sales folder fuerza comercial 2011
Sales folder fuerza comercial 2011Sales folder fuerza comercial 2011
Sales folder fuerza comercial 2011
 
Presentacion final
Presentacion  finalPresentacion  final
Presentacion final
 
Que son las redes sociales.pedro
Que son las redes sociales.pedroQue son las redes sociales.pedro
Que son las redes sociales.pedro
 
Tarea modulo 4 eedgardo velazco
Tarea modulo 4 eedgardo velazcoTarea modulo 4 eedgardo velazco
Tarea modulo 4 eedgardo velazco
 
Trabajo de etica 11.4
Trabajo de etica 11.4Trabajo de etica 11.4
Trabajo de etica 11.4
 
Feasibility Study (Water Refilling Station)
Feasibility Study (Water Refilling Station)Feasibility Study (Water Refilling Station)
Feasibility Study (Water Refilling Station)
 

66_Schmidt Roland

  • 1. 420 Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für den Weiterbau der WKA Rogun in Tadschikistan Results of a Feasibility Study for Construction Completion of Rogun HEP in Tajikistan Roland Schmidt Abstract The article outlines the results of the bankable feasibility study for the construction completion of the outstanding Rogun scheme in Tajikistan. The study was ordered by Russian Aluminium (RUSAL) and prepared during 2005 and 2006 by German consultant Lahmeyer International. Special challenges for the project’s design constitute the prevailing geological setting, in combination with high seismicity and the presence of active faults partly filled with salt, and also the energy dissipation from floods spilled into the tailwater at some 300 m head. Another relevant task was the determination of the scope of existing construction works, which will be used in the construction completion project. Zusammenfassung Der Entwurf dieses außergewöhnlichen Projektes stellt den Planer vor zwei besondere Herausforderungen, zum einen die Kombination aus schwierigen geologischen Verhältnissen, hoher Seismizität und den die Dammstelle kreuzenden aktiven Verwerfungen, zum anderen die Energieumwandlung bei der Hochwasserableitung aus ca. 300 m Höhe. Die Machbarkeitsstudie wurde von Lahmeyer International 2005 und 2006 im Auftrag von Russian Aluminium (RUSAL) erstellt. 1 Projekthintergrund 1.1 Geographie Rogun liegt in der Republik Tadschikistan, etwa 110 km östlich der Hauptstadt Duschanbe, am Flusse Vakhsh, 340 km oberstrom des Zusammenflusses mit dem Grenzfluss zu Afghanistan, Pyanj, der ab dort Amu-Darya heißt. Die Sperrstelle Rogun liegt am Kopf einer Kaskade von derzeit fünf existierenden Wasserkraftanlagen am Vakhsh, ungefähr 70 km oberhalb der WKA Nurek mit ihrem 300 m hohen und damit welthöchsten Staudamm; der Nurek-Stausee wurde bereits Anfang der 1970er Jahre eingestaut. Tadschikistan ist ein Hochgebirgsland mit ausgedehnten glazialen Flusssystemen und besitzt fast 4% der weltweiten Wasserkraft-Ressourcen; es liegt damit an achter Stelle bzw. sogar an erster Stelle auf Pro-Kopf Basis. Mehr als 95% der elektrischen Energie Tadschikistans wird durch Wasserkraftanlagen erzeugt, hauptsächlich durch die der Vakhsh-Kaskade, insbesondere der WKA Nurek (10.5 TWh/Jahr).
  • 2. 421 Das Einzugsgebiet des Vakhsh umfasst 39.000 km² und ist das höchstgelegene Flusssystem Zentralasiens; es liegt inmitten des Pamir-Altai-Gebirges. Etwa 30% der Fläche des Einzugsgebiet liegen höher als 4000 m ü. NN und sind von Schneefeldern und Gletschern bedeckt. Aufgrund seines Gebirgsregimes transportiert der Vakhsh eine hohe Sedimentfracht, insbesondere in seinem oberen Abschnitt, wo Rogun liegt. Der mittlere Jahresabfluss des Vakhsh bei Rogun liegt bei ungefähr 20 km³, was einem mittleren Abfluss von 635 m³/s entspricht. An der Dammstelle Rogun (Bild 1), fließt der Vakhsh durch ein enges V-Tal mit ca. 50° steilen und 400 bis 500 m hohen Tal-Flanken. Die Sperrstelle ist geprägt durch schwierige tektonische und geologische Verhältnisse. Tektonische Störungen, z.T. salzführend und mit Verschiebun- gen von 1-2 mm pro Jahr, kreuzen die Dammstelle. Für den Dammentwurf wurden ungewöhnlich hohe Erdbebenbeschleunigungen von 0.56 g (in horizontaler Richtung) berücksichtigt. Der anstehende Fels besteht aus Wechsellagerungen von standfestem Sand- stein und schwächerem Ton- und Schluffstein. Bild 1: Blick in das enge V-Tal des Vakhsh an der Dammstelle der WKA Rogun [3] 1.2 Geschichte Gemäß ursprünglicher Planung sollte Rogun vorrangig der Abfluss-Regulierung von Vakhsh und Amu-Darya dienen, um die Bewässerung riesiger Baumwollfelder in Usbekistan zu ermöglichen. Gemäß dem Entwurf aus dem Jahre 1978 sollte die WKA Rogun mit 335 m Dammhöhe Nurek um gut 10% übertreffen und damit die höchste Talsperre der Welt werden. Neben dem Steinschüttdamm mit Kerndichtung umfasst der Entwurf von 1978 ein
  • 3. 422 Kavernenkrafthaus mit sechs Francis-Turbinen (6 x 600 MW) sowie die zugehörigen Hochwasserentlastungs- und Betriebsanlagen. Das entsprechende Reservoir-Volumen betrug ca. 13,3 km³, bei rund 8,6 km³ nutzbarem Speicherinhalt, womit der Rogun-Stausee als Jahresspeicher betrieben werden konnte. Mit den Erschließungsarbeiten der Dammstelle wurde bereits 1976 begonnen; die eigentlichen Bauarbeiten wurden 1982 aufgenommen. Bis 1990, als der Zusammenbruch der Sowjetunion zum Erlahmen der Bautätigkeiten führte, war ein bedeutender Teil der Untertage-Bauten fertiggestellt (Bild 2). 1993 wurden die Bauarbeiten vollständig eingestellt, nachdem während eines Hochwassers beide Kofferdämme überflutet und zerstört wurden. Bild 2: Vorhandene Untertage-Bauten der WKA Rogun [4] 1.3 Planungen für den Weiterbau Seither gibt es unterschiedliche Ansätze für den Weiterbau dieses außergewöhnlichen Projektes. Anfang 2005 wurde Lahmeyer International GmbH (LI) mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie für Stufe 1 des Weiterbaus der WKA Rogun beauftragt. Auftraggeber ist der russische Konzern RUSAL, seit dem jüngst erfolgten Zusammenschluss mit SUAL der weltgrößte Aluminium-Produzent. Die Planungen RUSALs sahen vor, dass bestehende und neue Aluminiumfabriken in Tadschikistan mit Elektrizität aus der WKA Rogun versorgt werden. Um das anfängliche Investitionsvolumen niedrig zu halten, wurde von einer Projektdurchführung in mindestens zwei Stufen ausgegangen. Die Parameter für den stufenweisen Ausbau sind aus Tabelle 1 ersichtlich.
  • 4. 423 Tabelle 1:Die Parameter für den stufenweisen Ausbau der WKA Rogun [2] Die Machbarkeitsstudie wurde von LI Ende 2006 fertiggestellt und beinhaltet die Beurteilung verschiedener Projektkonzepte sowie die Ausarbeitung des ausgewählten Weiterbaukonzeptes, unter Berücksichtigung der Endausbauhöhe des Dammes. Zudem wurde untersucht, in welchem Umfang die vorhandenen Bauwerke in den Entwurf integriert werden können. 2 Grundzüge des ausgewählten Weiterbaukonzeptes 2.1 Hauptkomponenten Das zur Ausführung empfohlene Weiterbaukonzept (Bild 3) basiert auf der Nutzung der vorhandenen Umleitungsstollen sowie Maschinen- und Trafokavernen und ist dem Originalentwurf von 1978 in weiten Teilen recht ähnlich. Bild 3: Weiterbaukonzept der WKA Rogun: Steinschüttdamm (beige), Triebwasserwege (grün), Hochwasserentlastung (blau), Achsen der Umleitungsstollen (orange) [2]
  • 5. 424 Im folgenden werden die Hauptkomponenten in ihren Grundzügen vorgestellt: Steinschüttdamm mit Innendichtung Eine große Herausforderung beim Entwurf der WKA Rogun stellt der ca. 300 m hohe Stau- damm dar. Aufgrund der vorhandenen tektonischen Störungen, mit jährlichen Verschiebungen von 1-2 mm, und der hohen Seismizität wurde ein Steinschüttdamm mit zentralem Lehmkern gewählt, wie schon für Nurek mit seinen etwas weniger problematischen aber ansonsten ähnlichen Verhältnissen. Maschinen- und Trafokaverne Diese wurden in den 1980ern bereits zu guten Teilen ausgebrochen (175 000 m³ bzw. 57 000 m³). Die gewählte Anordnung auf der linken Fluss-Seite ergibt die kürzesten Triebwasserwege und vermeidet die Notwendigkeit von Wasserschlössern. Die Länge der Maschinenkaverne beträgt ca. 200 m. In dem LI-Entwurf wird auf die Nutzung der westseitigen 50 m verzichtet, da hier Tonsteinlagen anstehen, deren Kriechverformungen auch nach 20 Jahren noch nicht abgeklungen sind. Die verbleibende Länge ist ausreichend für den Einbau von vier Turbinen- sätzen von je 600 MW. Zudem konnte durch den überarbeiteten Entwurf die Kavernenhöhe von ca. 55 m auf rund 45 m reduziert werden. Flussumleitung Die zwei vorhandenen, je fast 1,5 km langen Umleitungsstollen (je ca. 1 800 m³/s bei HQ50) kreuzen das Vakhsh-Bett ca. 300 m unterstrom der Dammachse. Das Kreuzungsbauwerk aus Stahlbeton ist in offener Bauweise noch zu erstellen. Die auf beiden Fluss-Seiten vorhandenen Tunnel sind an den Kreuzungsstellen mit den tektonischen Störungen durch Felsstürze blockiert und müssen komplett saniert werden. Gemäß dem Entwurf von 1978 dienten die Umleitungsstollen gleichzeitig als Turbinenauslass- Tunnel mit Freispiegelabfluss, weshalb hinter den Absperrorganen eine ungünstig steile Rampe angeordnet wurde. Dadurch traten Fließwechsel auf, verbunden mit hohen Erosionsraten. Der LI-Entwurf sieht die maximal mögliche Abflachung dieser Rampe vor, wodurch diese Fließwechsel vermieden werden. Hochwasserentlastung/Mittelauslass Die zweite zentrale Herausforderung beim Entwurf der WKA Rogun ist die Energieumwandlung bei der Hochwasserabfuhr von 7 500 m³/s aus ca. 300 m Höhe. Noch während des Baus wurde die ursprüngliche Planung (Tunnel und anschließender offener Schuss-Rinne) verworfen und sowjetische Institute mit Untersuchungen an Fallschächten und Wirbeltunneln beauftragt. Eine solche Lösung wurde in vergleichbarer Dimension erstmals für das WKA Tehri, Indien, verwirklicht. Seit der 2006 erfolgten Inbetriebnahme wird jedoch eher zurückhaltend hierüber berichtet. Daher greift der LI-Entwurf auf eine Kombination konventioneller Entwurfselemente zurück, bestehend aus einer offenen Schussrinne und zwei Hochwasserentlastungstunneln (50% plus 2 x 25% der Probable Maximum Flood), jeweils mit abschließendem Skisprung. Die
  • 6. 425 Energieumwandlung erfolgt zum größten Teil in einem riesigen Kolk-Becken im unterstrom der Turbinenausläufe. 2.2 Umwelt- und Sozialverträglichkeit Durch den Stausee der WKA Rogun (Stufe 1) gehen ca. 600 ha Kulturland verloren, wovon ein Drittel Ackerland und zwei Drittel Weideland sind. Zehn Siedlungen werden überflutet, wodurch 1 300 Familien umgesiedelt werden müssen. Zudem muss die auf der rechten Talseite verlaufende Straße über 110 km Länge in höhere Lagen verlegt werden (Kosten ca. 250 Mio. US-Dollar). Einen weiteren wichtigen Aspekt stellen die potenziellen Auswirkungen von Einstau und Betrieb der WKA Rogun auf die Unterlieger-Staaten Usbekistan, Turkmenistan and Afghanistan dar. Da hier die Sommerhochwasser für Bewässerung genutzt werden, sind diese Staaten nach internationalem Recht von der Tadschikischen Regierung zu konsultieren, bevor das Flussregime des Vakhsh durch den Bau von Rogun verändert wird. 2.3 Wirtschaftlichkeit Für Stufe 1 des ausgewählten Projektkonzepts mit Steinschüttdamm und den in Abschnitt 2.1 beschriebenen Hauptkomponenten wurden Investitionskosten, inklusive 15 % für Unvorhergesehenes, in Höhe von 1,94 Mrd. US-Dollar bestimmt (Preisbasis: 2005). Etwa 68% hiervon entfallen auf die baulichen Anlagen, 17% auf die elektromechanische Ausrüstung sowie 11% auf Maßnahmen zur Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Die Kosten für den Ausbau von Stufe 1 auf Stufe 2, wodurch sich die Energieausbeute nahezu verdoppelt, betragen hingegen nur eine halbe Milliarde US-Dollar bzw. etwa ein Viertel der Investitionskosten für Stufe 1. Die diskontierten Stromgestehungskosten für Stufe 1 liegen bei 3,9 US-Cent pro Kilowattstunde (Diskontsatz 8.5%) und reduzieren sich bei Hinzunahme von Stufe 2 auf 2,5 US-Cent pro kWh. Entsprechend erhöht sich der interne Zinssatz von 11 % (Stufe 1) auf 16 % (Stufen 1 und 2). Sofern der steigende regionale Energiebedarf eine Jahresproduktion von zusätzlich 10 bis 12 TWh durch Rogun rechtfertigt, sollte der Weiterbau der WKA Rogun ohne Frage mindestens bis Ausbaustufe 2 erfolgen. 3 Weiteres Vorgehen Höchste Priorität für den Weiterbau der WKA Rogun hat, dass sich die Tadschikische Regierung mit dem Investor und den finanzierenden Banken auf die Endausbauhöhe des Dammes einigt, und zwar unter Beteiligung der Regierungen der Unterlieger-Staaten. Da der Weiterbau der WKA Rogun sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung Tadschikistans auswirkt und durch den Rogun-Damm zudem die fortschreitende Verlandung des Nurek- Stausees aufgehalten wird, sollte diese Einigung baldmöglichst erreicht werden. In Anbetracht der Einzigartigkeit der Projektmöglichkeit der WKA Rogun sowie dem bei größeren Dammhöhen als den als Optimum identifizierten 285 m nur langsam abnehmenden internen Zinssatz, wäre es verständlich, wenn Banken und Investor auch einer etwas höheren als der optimalen Dammhöhe zustimmen würden. Nach Festlegung der Endausbauhöhe des Dammes sind die von LI erstellte Machbarkeitsstudie für Stufe 1 sowie die zugehörige Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie entsprechend zu überarbeiten und zu erweitern.
  • 7. 426 Literatur [1] Schmidt, R.; Zambaga-Schulz, S.; Seibitz, M.: Bankable Feasibility Study for Rogun HEP Stage 1 Construction Completion in Tajikistan. In: Dams and Reservoirs, Societies and Environment in the 21st Century, ICOLD-SPANCOLD (2006), Vol.1, S. 405-413. [2] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Bankable Feasibility Study for Stage 1 Construction Completion. Bad Vilbel: Lahmeyer International, 2006. [3] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Justification of Optimal Parameters of Rogun HEP on Exemplary Basis for Clay Core Earthfill Dam. Bad Vilbel: Lahmeyer International, 2006. [4] Rogun Hydroelectric Plant (HEP) in the Republic of Tadjikistan, Detailed Evaluation of Existing Construction & Equipment. Bad Vilbel: Lahmeyer International, 2006. [5] Kramer, K.; Schmidt, R.; Seibitz, M.: Hochwasserentlastungskonzept für die Wasserkraftanlage Rogun in Tadschikistan. In: Schriftenreihe zur Wasserwirtschaft, Technische Universität Graz, Heft 46 (2006), S. 333-348. Anschrift des Verfassers Dr.-Ing. Roland Schmidt Lahmeyer International GmbH Friedberger Straße 173 61118 Bad Vilbel Roland.Schmidt@lahmeyer.de