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| Dienstag, 30. Juli 2013 | Seite 9
Hick-up
Lebenslange Treue als Abwehr gegen Kindsfresser
Von Martin Hicklin
Es sieht so aus, dass die lebenslange Fortpflan-
zungsgemeinschaft, wie sie von den graziösen
Höckerschwänen und andern Vögeln so vorbild-
lich vorgelebt wird, unter Menschen noch immer
als Errungenschaft langer Entwicklung zu Höhe-
rem gilt. Wie sonst wäre zu erklären, dass sie so
oft Thema wird. Wenn berühmte Mitmenschen
solche Bindungen eingehen, ist die mediale Auf-
merksamkeit gross. Erst recht das kollektive Ent-
setzen, wenn der teuer beschworene Bund wieder
zu verkommen droht. Wie leidet da die sittenfeste
Öffentlichkeit mit. Begreiflich in einer Zeit, wo die
Haltbarkeit der vermeintlich lebenslangen Bin-
dungen laufend sinkt und man sich, wie in Däne-
mark, per Internet zeitsparend gleich wieder
scheiden lassen kann.
Die exklusive Lebenspartnerschaft oder Monoga-
mie beschäftigt seit Langem die Wissenschaft in
verschiedenen Aspekten. Etwa jenem, warum sie
sich überhaupt entwickelt hat. Die Frage ist da
immer, was der Nutzen für das Fortkommen der
Art sein könnte. Da gibt es verschiedene Vor-
schläge und erbitterten Streit darüber, welche
Vorteile es denn hat, seine Zeit und Energie nur
einem einzigen Partner und dem (in der Regel)
gemeinsam gezeugten Nachwuchs zu widmen,
statt zum Beispiel als Männchen möglichst viele
Weibchen zu schwängern oder umgekehrt die bes-
ten Männer zu Vätern der eigenen Kinder zu
machen und so Zahl und Fitness des Nachwuchses
zu optimieren.
Unter Säugern haben sich ja hie und da Strategien
entwickelt, wo der führende Mann unter Anstren-
gung aller seiner Kräfte seinen Harem Tag und
Nacht bewachen muss, damit ihm nicht ein zuge-
laufener Schleicher in die Suppe spuckt, oder wie
immer dem man sagen will. Weil das sehr anstren-
gend ist und Monogamie dagegen wie Ferien
erscheinen dürfte, wurde schon postuliert, dass
die lebenslange Fortpflanzungstreue sich dann
durchsetzt, wenn es dem Mann unmöglich wird,
seine weiblichen Partnerinnen alle unter Kon-
trolle zu halten. Vielweiberei ist eben ziemlich
anspruchsvoll, auch wenn das hin und wieder
ziemlich runtergespielt wird.
Nun ist der Mensch ja auch insofern ein Spezialfall
unter den Säugern, dass er sich den Luxus leistet,
mit einem besonders anspruchsvollen, noch
längst nicht fertig entwickelten und unverschämt
energiefressenden Organ geboren zu werden –
dem Gehirn. Das hat zwar seine bekannten Vor-
teile, führt aber dazu, dass der Mensch als hilflo-
ser Nesthocker startet, der lange aufgezogen wer-
den muss. Dafür reift ein Gehirn heran, das ihn
bald befähigt, Mandarin oder Baseldeutsch zu
sprechen. Solche Talente allein aufzuziehen, über-
steige die Kraft einer Mutter, darum müsse ein
Mann, der seinen Nachwuchs am Leben sehen
will, mithelfen oder zumindest Schutz bieten. Ein
weiterer Grund, warum die Monogamie vielleicht
zum Zug kam.
Oder gar als Ablösung brutalerer Sitten? Denn
solange ein Kind zur Brust genommen wird, ist die
Fruchtbarkeit sistiert. Für lange Stillperioden. Ein
fremdes ungeduldiges Männchen kann darum nur
dann rasch zum Zug kommen, wenn es die Jun-
gen des Vorgängers tötet. Genau darum, als
Abwehr gegen diese Kindstötungen, habe sich die
Monogamie entwickelt, postuliert eine Anthropo-
logengruppe um Christopher Opie, Susanne
Shultz und den eminenten Oxforder Primatenfor-
scher Robin I. M. Dunbar.
Gemeinsam und monogam konnte die kostbare
Nachkommenschaft besser geschützt werden,
betonen die Autoren online in den «Proceedings»
(Pnas). Die Vermeidung von Kindstötungen sei
unter allen anderem der deutlichste Treiber im
Modell, das Verhaltens- und Verwandschaftsver-
gleiche unter 230 Primatenarten durchzuspielen
erlaubt. Ob diese Deutung der Kritik der übrigen
Fachwelt standhält, wird sich zeigen. Widerrede
formt sich bereits. Selbst um Monogamie zu strei-
ten, kann sehr anstrengend sein.
Wahlrecht mit 18 für ein stabiles Italien – und auch für Europa
EineVerjüngungistdringend
Von Marco Morosini
Stellen Sie sich ein Land vor, in dem auf jedes
Kind 222 000 Euro Staatsschulden kommen, seit
Jahren die Produktivität stagniert, das Bruttoin-
landprodukt (BIP) schrumpft und Arbeitslosig-
keit, Ungleichheit sowie Armut wachsen. Dort
betragen Steuerhinterziehung und Schattenwirt-
schaft ein Fünftel des BIP. Jedes Jahr wandern
Zehntausende junge Uni-Absolventen aus. Es ist
keine stabile Regierung möglich (62 Regierungen
in 68 Jahren). Die meisten Bürger verachten die
Classe politique. Nein, es ist nicht Griechenland.
Es ist Italien, das grösste der fünf GIIPS-Länder
(Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spa-
nien), die als starke Risikofaktoren für den Euro
gelten. Was, wenn Italien das nächste Griechen-
land wird?
Von den möglichen Heilmitteln für Italien wäre
ein einziges sofort und zum Nulltarif einsetzbar:
das Wahlalter für den Senat von 25 auf 18 Jahre
zu senken. Nur in Italien geniesst man die vollen
politischen Rechte erst im Alter von 25. Im Rest
der Welt liegt das Wahlalter zwischen 16 und 21
Jahren, in den meisten Ländern bei 18.
Im Verhältnis zum sehr geringen Aufwand könn-
ten die Folgen dieser Massnahme überwältigend
sein. Die bedeutendste wäre eine höhere politi-
sche Stabilität und damit länger amtierende
Regierungen. Die erwartete Lebensdauer der jet-
zigen Links-Mitte-Rechts-Regierung wird in
Monaten gemessen. Ein Grund dafür ist, dass die
politischen Mehrheiten im Senat und in der Abge-
ordnetenkammer unterschiedlich sind. Dies wie-
derum liegt an den unterschiedlichen Wähler-
schaften der beiden Kammern: Von den 50,3 Mil-
lionen Wahlberechtigten für die Abgeordneten-
kammer (ab 18 Jahren) dürfen 4,3 Millionen (8
Prozent) unter 25-Jährige nicht für den Senat
wählen. Da ohne das Vertrauen des Senats keine
Regierung bestehen kann, ist Italien das einzige
Land, in dem die Regierung indirekt nur durch
den älteren Teil der Bevölkerung bestimmt wird.
Entsprechend ist das Medianalter der Senatwähler
50 Jahre. Das Medianalter der Gesamtbevölkerung
liegt bei 44 Jahren, damit hat Italien die dritt-
älteste Bevölkerung weltweit. Auch beim Anteil
der Bürger über 65 Jahre liegt es an dritter Stelle.
In Italien ist das Wahlrecht Ursache und Folge
mehrerer intergenerationeller Verzerrungen.
Diese wurden durch den Intergenerational Justice
Index (IJI) von Pieter Vanhuysse bestätigt. Der
Index aggregiert vier soziale, wirtschaftliche und
ökologische Indikatoren: öffentliche Verschul-
dung pro Kind, Jugendarmut, Verhältnis der
durchschnittlichen Sozialausgaben für Senioren
zu den durchschnittlichen Sozialausgaben für Per-
sonen unter 65, ökologischer Fussabdruck pro
Kopf (in Anspruch genommene biologisch pro-
duktive Fläche).
Italien ist im Gesamtindex auf dem drittletzten
Platz unter den 29 OECD-Ländern, ebenso auch
beim Gleichgewicht der Sozialausgaben: Diejeni-
gen für die Senioren sind siebenmal so gross wie
die für den Rest der Bevölkerung, während in den
fünf bestplatzierten Ländern das Verhältnis weni-
ger als drei zu eins ist. Italien hat die fünfthöchste
Armutsquote junger Menschen. Die öffentliche
Verschuldung pro Kind ist in Italien 222 000 Euro
(die zweitgrösste in der OECD), im IJI-Spitzenrei-
ter Estland nur 4600 Euro.
Während die Interessen der Senioren in Italien
von Rentnerparteien und Rentnergewerkschaften
vertreten werden, haben Jugendliche nichts Ver-
gleichbares. Entsprechend stellte der Soziologe
Marco Albertini fest, dass im Jahr 1977 das Alt-
sein ein überdurchschnittliches Armutsrisiko
bedeutete, wohingegen im Jahr 2004 dieses
Risiko für ältere Menschen niedriger und für die-
jenigen unter 40 höher als im Durchschnitt war.
Die Vermögen der älteren, wohlhabenden Italie-
ner haben sich in den Jahrzehnten raschen wirt-
schaftlichen Wachstums nach dem Zweiten Welt-
krieg angesammelt. Zudem ist ihr realer Wert ver-
mutlich höher als derjenige zukünftiger Vermö-
genswerte und Einkommen vieler junger Men-
schen, die heute im Kontext von Arbeitsplatzunsi-
cherheit, Unterbezahlung, Arbeitslosigkeit und
Stagnation des BIP leben. Ferner haben viele
Senioren ein Bildungsniveau, das nicht ihrer privi-
legierten Position entspricht. Italien ist eines der
Industrieländer mit der niedrigsten Rate von
Schulabgängern und Universitätsabsolventen. Bei
den älteren Italienern, bei denen in den jungen
Jahren nur wenige zu höherer Bildung Zugang
hatten, ist der Anteil noch tiefer.
In Italien ist überdies der Schwerpunkt der politi-
schen Macht stark in Richtung Älterer verschoben.
Die einflussreichsten Menschen in der italieni-
schen Politik und Wirtschaft könnten in vielen
Fällen die Eltern oder Grosseltern ihrer Kollegen
in anderen Ländern sein. So ist der jetzige Präsi-
dent der Republik, Giorgio Napolitano, 88 – der
ehemalige Premierminister Silvio Berlusconi fast
78 Jahre alt.
In einer Zeit, in der die Entscheidungsträger dazu
neigen, die negativen Folgen ihrer kurzfristig nut-
zenden maximierenden Entscheidungen – zum
Beispiel im Umwelt-, Finanz- und Technologie-
bereich – in die Zukunft zu schieben, wäre es drin-
gend nötig, den Jungen mehr politisches Gewicht
zu geben. Wolfgang Gründiger, der junge Sozio-
loge und Inspirator der Stiftung für die Rechte
zukünftiger Generationen, plädiert für das Wahl-
recht ab Geburt (bis zu einem bestimmten Alter
der Kinder von den Eltern ausgeübt), ein Modell,
das auch von anderen Organisationen in Europa
befürwortet wird. Andere sprechen sich für das
Wahlrecht mit 16 aus, wie es in Österreich, in eini-
gen deutschen Bundesländern und im Kanton
Glarus bereits gilt.
In Italien haben 68 Jahre politischer Gerontokra-
tie dazu beigetragen, eine entsprechende
gesellschaftliche Gerontokratie zu etablieren.
Die sozialen Kosten dieser Suprematie der
Senioren – langsame Generationserneuerung,
Verlust der Innovations- und Wettbewerbsfähig-
keit – sind ein schwerer Mühlstein am Hals der
italienischen Gesellschaft.
Gegen dieses Übel wäre die Senkung des Wahlal-
ters für den Senat von 25 auf 18 Jahre die ein-
fachste und effizienteste Massnahme. Die interge-
nerationelle Balance sowie die politische Stabilität
Italiens und auch Europas würden davon nur
profitieren.
Dr. Marco Morosini ist Senior Scientist an der ETH Zürich
Agenda
Abschied von
Trouvaillen
Von Daniel Vischer
Nichts hat mich diesen
Monat mehr betrübt
als das Gerücht, die
beiden Espressino-
Bars im Hauptbahnhof
Zürich verschwänden
nächstes Jahr. Aber-
tausende, die täglich
die zentrale Rolltreppe
hoch- oder runterfah-
ren, ahnen nicht ein-
mal, welche Trouvaille
unter ihnen haust. Seit
seiner Eröffnung ist
das «Espressino 1» meine Lieblingsbar in Zürich.
Die Bargäste sitzen um eine ovale Theke aus Holz,
die das Design der Bar ausmacht. Ergänzend
finden sich zum Zeitungs- und Bücherlesen
angenehme Sitzplätze an der Wand. Bei beiden
Ausgängen stehen gartenlaubenartige Tischchen,
die zwar nicht so recht reinpassen, aber gerade
deshalb zum Ambiente gehören.
Lange Zeit trank ich dort morgens meinen
ersten Kaffee und las in der NZZ mindestens den
glänzenden Fussballteil. Ganz in der Nähe war
damals mein Anwaltsbüro untergebracht. Auch
nachher blieb es mein Ort für Treffs und den
Apéro. Vielmals verbindet sich das mit dem Kauf
eines neuen Buchs in der schräg gegenüberliegen-
den, einzigartigen Buchhandlung Barth. In wel-
cher Bahnhofbuchhandlung sonst findet man
noch die wichtigsten Werke von Niklas Luhmann,
das neueste Buch über Jacques Lacan oder von
Botho Strauss?
Wo lässt es sich besser lesen als in einer Bar? Des-
halb gehören «Espressino» und Barth eigentlich
unsterblich zusammen. Das «Espressino» ist bei-
leibe keine In-Bar, sondern lebt von Stammgästen
morgens und abends, von leider immer weniger
Pendlern und Passanten, von Rentnern, skurrilen
Geschöpfen, die stundenlang dort verweilen.
Seit allem Anfang servieren dort am Morgen
Anisa und gegen Abend die beiden aus Sri Lanca
stammenden Kellner. Auch das eine Auszeich-
nung. Ein erster Einbruch kam mit dem Rauch-
verbot, denn lange war das «Espressino» geradezu
eine Insel für die Raucher im gesamten Bahnhof.
Persönlich bin ich zwar ein Anhänger des
Rauchverbots – für die meisten meiner engsten
Freunde ist dies indes mein grösster politischer
Fauxpas.
Den zweiten Besucherrückgang verursachte
die zeitweilige Zubetonierung eines Durchgangs,
die für das neue Riesenshopville nötig war.
Die Passanten blieben immer mehr fern. Dem
Ambiente schadete das freilich keineswegs. Das
«Espressino» gewann nämlich an Melancholie und
damit an Reiz.
Nun soll es schliessen, weil der neue unter-
irdische Megabahnhof und Megakaufraum neue
Passantenwege erzeugt, die zu weit entfernt vom
«Espressino» in den neuen Schlund führen. Folg-
lich steigert der neue Zukunftsraum des öffent-
lichen Verkehrs die Unrentabilität der erratischen
Bar. Warum dies für das zweite «Espressino» bei
den S-Bahn-Geleisen aufseiten des Landes-
museums gleichermassen gilt, leuchtet hingegen
nicht ein. Auch dieses «Espressino» hat unendlich
mehr zu bieten als alle stieren neuen Bahnhof-
kettenbars zusammen, für die der Stammgast ein
Feind ist. Sie führen zu einer hässlichen Normali-
sierung der Bahnhofskultur. Wenn ich nur an den
Basler Bahnhof denke, wo sich einst zwei der
schönsten Bahnhofbuffets der Schweiz befanden.
Heute wüsste ich im ganzen Bahnhof keinen Ort,
wo es sich für mehr als drei Minuten hinzugehen
lohnte. Dabei ist der Bahnhof die Visitenkarte
einer Stadt.
Nur in Italien geniesst man
die vollen politischen Rechte
erst im Alter von 25. Im
Rest der Welt liegt das Alter
zwischen 16 und 21 Jahre.

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WAHLRECHT MIT 18 FÜR EIN STABILES ITALIEN – UND AUCH FÜR EUROPA EINE VERJÜNGUNG IST DRINGEND. Marco Morosini, BaZ, Basel, Switzerland, 30.7.2013

  • 1. National Zeitung und Basler Nachrichten AG Verleger. Filippo Leutenegger Chefredaktor. Markus Somm (mso) Stv. Chefredaktor. David Thommen (-en) Chefredaktion. Eugen Sorg (eso), Leiter Autorenteam – Roland Harisberger (rh), Chef vom Dienst – Stephan Sutter (sus), Blattmacher Assistenz: Laila Abdel’Al Politik. Thomas Lüthi (tl), Leitung – Thomas Wehrli (thw), stv. Leitung – Claudia Blangetti (cbl) – Dominique Burckhardt (db) – Martin Furrer (mfu) – Viviane Joyce Laissue (vj) – Benedict Neff (ben) – Markus Wüest (mw) Bundeshaus. Christian Mundt (muc) Basel-Stadt. Raphael Suter (ras), Leitung – Denise Dollinger (dd), stv. Leitung – Lukas Bertschmann (lub) – Dominik Heitz (hei) – Tina Hutzli (thi) – Denise Muchenberger (dm) – Martin Regenass (mar) – Markus Vogt (mv) Baselland. Daniel Ballmer (dab), Leitung – Jonas Hoskyn (hys) , stv. 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Juli 2013 | Seite 9 Hick-up Lebenslange Treue als Abwehr gegen Kindsfresser Von Martin Hicklin Es sieht so aus, dass die lebenslange Fortpflan- zungsgemeinschaft, wie sie von den graziösen Höckerschwänen und andern Vögeln so vorbild- lich vorgelebt wird, unter Menschen noch immer als Errungenschaft langer Entwicklung zu Höhe- rem gilt. Wie sonst wäre zu erklären, dass sie so oft Thema wird. Wenn berühmte Mitmenschen solche Bindungen eingehen, ist die mediale Auf- merksamkeit gross. Erst recht das kollektive Ent- setzen, wenn der teuer beschworene Bund wieder zu verkommen droht. Wie leidet da die sittenfeste Öffentlichkeit mit. Begreiflich in einer Zeit, wo die Haltbarkeit der vermeintlich lebenslangen Bin- dungen laufend sinkt und man sich, wie in Däne- mark, per Internet zeitsparend gleich wieder scheiden lassen kann. Die exklusive Lebenspartnerschaft oder Monoga- mie beschäftigt seit Langem die Wissenschaft in verschiedenen Aspekten. Etwa jenem, warum sie sich überhaupt entwickelt hat. Die Frage ist da immer, was der Nutzen für das Fortkommen der Art sein könnte. Da gibt es verschiedene Vor- schläge und erbitterten Streit darüber, welche Vorteile es denn hat, seine Zeit und Energie nur einem einzigen Partner und dem (in der Regel) gemeinsam gezeugten Nachwuchs zu widmen, statt zum Beispiel als Männchen möglichst viele Weibchen zu schwängern oder umgekehrt die bes- ten Männer zu Vätern der eigenen Kinder zu machen und so Zahl und Fitness des Nachwuchses zu optimieren. Unter Säugern haben sich ja hie und da Strategien entwickelt, wo der führende Mann unter Anstren- gung aller seiner Kräfte seinen Harem Tag und Nacht bewachen muss, damit ihm nicht ein zuge- laufener Schleicher in die Suppe spuckt, oder wie immer dem man sagen will. Weil das sehr anstren- gend ist und Monogamie dagegen wie Ferien erscheinen dürfte, wurde schon postuliert, dass die lebenslange Fortpflanzungstreue sich dann durchsetzt, wenn es dem Mann unmöglich wird, seine weiblichen Partnerinnen alle unter Kon- trolle zu halten. Vielweiberei ist eben ziemlich anspruchsvoll, auch wenn das hin und wieder ziemlich runtergespielt wird. Nun ist der Mensch ja auch insofern ein Spezialfall unter den Säugern, dass er sich den Luxus leistet, mit einem besonders anspruchsvollen, noch längst nicht fertig entwickelten und unverschämt energiefressenden Organ geboren zu werden – dem Gehirn. Das hat zwar seine bekannten Vor- teile, führt aber dazu, dass der Mensch als hilflo- ser Nesthocker startet, der lange aufgezogen wer- den muss. Dafür reift ein Gehirn heran, das ihn bald befähigt, Mandarin oder Baseldeutsch zu sprechen. Solche Talente allein aufzuziehen, über- steige die Kraft einer Mutter, darum müsse ein Mann, der seinen Nachwuchs am Leben sehen will, mithelfen oder zumindest Schutz bieten. Ein weiterer Grund, warum die Monogamie vielleicht zum Zug kam. Oder gar als Ablösung brutalerer Sitten? Denn solange ein Kind zur Brust genommen wird, ist die Fruchtbarkeit sistiert. Für lange Stillperioden. Ein fremdes ungeduldiges Männchen kann darum nur dann rasch zum Zug kommen, wenn es die Jun- gen des Vorgängers tötet. Genau darum, als Abwehr gegen diese Kindstötungen, habe sich die Monogamie entwickelt, postuliert eine Anthropo- logengruppe um Christopher Opie, Susanne Shultz und den eminenten Oxforder Primatenfor- scher Robin I. M. Dunbar. Gemeinsam und monogam konnte die kostbare Nachkommenschaft besser geschützt werden, betonen die Autoren online in den «Proceedings» (Pnas). Die Vermeidung von Kindstötungen sei unter allen anderem der deutlichste Treiber im Modell, das Verhaltens- und Verwandschaftsver- gleiche unter 230 Primatenarten durchzuspielen erlaubt. Ob diese Deutung der Kritik der übrigen Fachwelt standhält, wird sich zeigen. Widerrede formt sich bereits. Selbst um Monogamie zu strei- ten, kann sehr anstrengend sein. Wahlrecht mit 18 für ein stabiles Italien – und auch für Europa EineVerjüngungistdringend Von Marco Morosini Stellen Sie sich ein Land vor, in dem auf jedes Kind 222 000 Euro Staatsschulden kommen, seit Jahren die Produktivität stagniert, das Bruttoin- landprodukt (BIP) schrumpft und Arbeitslosig- keit, Ungleichheit sowie Armut wachsen. Dort betragen Steuerhinterziehung und Schattenwirt- schaft ein Fünftel des BIP. Jedes Jahr wandern Zehntausende junge Uni-Absolventen aus. Es ist keine stabile Regierung möglich (62 Regierungen in 68 Jahren). Die meisten Bürger verachten die Classe politique. Nein, es ist nicht Griechenland. Es ist Italien, das grösste der fünf GIIPS-Länder (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spa- nien), die als starke Risikofaktoren für den Euro gelten. Was, wenn Italien das nächste Griechen- land wird? Von den möglichen Heilmitteln für Italien wäre ein einziges sofort und zum Nulltarif einsetzbar: das Wahlalter für den Senat von 25 auf 18 Jahre zu senken. Nur in Italien geniesst man die vollen politischen Rechte erst im Alter von 25. Im Rest der Welt liegt das Wahlalter zwischen 16 und 21 Jahren, in den meisten Ländern bei 18. Im Verhältnis zum sehr geringen Aufwand könn- ten die Folgen dieser Massnahme überwältigend sein. Die bedeutendste wäre eine höhere politi- sche Stabilität und damit länger amtierende Regierungen. Die erwartete Lebensdauer der jet- zigen Links-Mitte-Rechts-Regierung wird in Monaten gemessen. Ein Grund dafür ist, dass die politischen Mehrheiten im Senat und in der Abge- ordnetenkammer unterschiedlich sind. Dies wie- derum liegt an den unterschiedlichen Wähler- schaften der beiden Kammern: Von den 50,3 Mil- lionen Wahlberechtigten für die Abgeordneten- kammer (ab 18 Jahren) dürfen 4,3 Millionen (8 Prozent) unter 25-Jährige nicht für den Senat wählen. Da ohne das Vertrauen des Senats keine Regierung bestehen kann, ist Italien das einzige Land, in dem die Regierung indirekt nur durch den älteren Teil der Bevölkerung bestimmt wird. Entsprechend ist das Medianalter der Senatwähler 50 Jahre. Das Medianalter der Gesamtbevölkerung liegt bei 44 Jahren, damit hat Italien die dritt- älteste Bevölkerung weltweit. Auch beim Anteil der Bürger über 65 Jahre liegt es an dritter Stelle. In Italien ist das Wahlrecht Ursache und Folge mehrerer intergenerationeller Verzerrungen. Diese wurden durch den Intergenerational Justice Index (IJI) von Pieter Vanhuysse bestätigt. Der Index aggregiert vier soziale, wirtschaftliche und ökologische Indikatoren: öffentliche Verschul- dung pro Kind, Jugendarmut, Verhältnis der durchschnittlichen Sozialausgaben für Senioren zu den durchschnittlichen Sozialausgaben für Per- sonen unter 65, ökologischer Fussabdruck pro Kopf (in Anspruch genommene biologisch pro- duktive Fläche). Italien ist im Gesamtindex auf dem drittletzten Platz unter den 29 OECD-Ländern, ebenso auch beim Gleichgewicht der Sozialausgaben: Diejeni- gen für die Senioren sind siebenmal so gross wie die für den Rest der Bevölkerung, während in den fünf bestplatzierten Ländern das Verhältnis weni- ger als drei zu eins ist. Italien hat die fünfthöchste Armutsquote junger Menschen. Die öffentliche Verschuldung pro Kind ist in Italien 222 000 Euro (die zweitgrösste in der OECD), im IJI-Spitzenrei- ter Estland nur 4600 Euro. Während die Interessen der Senioren in Italien von Rentnerparteien und Rentnergewerkschaften vertreten werden, haben Jugendliche nichts Ver- gleichbares. Entsprechend stellte der Soziologe Marco Albertini fest, dass im Jahr 1977 das Alt- sein ein überdurchschnittliches Armutsrisiko bedeutete, wohingegen im Jahr 2004 dieses Risiko für ältere Menschen niedriger und für die- jenigen unter 40 höher als im Durchschnitt war. Die Vermögen der älteren, wohlhabenden Italie- ner haben sich in den Jahrzehnten raschen wirt- schaftlichen Wachstums nach dem Zweiten Welt- krieg angesammelt. Zudem ist ihr realer Wert ver- mutlich höher als derjenige zukünftiger Vermö- genswerte und Einkommen vieler junger Men- schen, die heute im Kontext von Arbeitsplatzunsi- cherheit, Unterbezahlung, Arbeitslosigkeit und Stagnation des BIP leben. Ferner haben viele Senioren ein Bildungsniveau, das nicht ihrer privi- legierten Position entspricht. Italien ist eines der Industrieländer mit der niedrigsten Rate von Schulabgängern und Universitätsabsolventen. Bei den älteren Italienern, bei denen in den jungen Jahren nur wenige zu höherer Bildung Zugang hatten, ist der Anteil noch tiefer. In Italien ist überdies der Schwerpunkt der politi- schen Macht stark in Richtung Älterer verschoben. Die einflussreichsten Menschen in der italieni- schen Politik und Wirtschaft könnten in vielen Fällen die Eltern oder Grosseltern ihrer Kollegen in anderen Ländern sein. So ist der jetzige Präsi- dent der Republik, Giorgio Napolitano, 88 – der ehemalige Premierminister Silvio Berlusconi fast 78 Jahre alt. In einer Zeit, in der die Entscheidungsträger dazu neigen, die negativen Folgen ihrer kurzfristig nut- zenden maximierenden Entscheidungen – zum Beispiel im Umwelt-, Finanz- und Technologie- bereich – in die Zukunft zu schieben, wäre es drin- gend nötig, den Jungen mehr politisches Gewicht zu geben. Wolfgang Gründiger, der junge Sozio- loge und Inspirator der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen, plädiert für das Wahl- recht ab Geburt (bis zu einem bestimmten Alter der Kinder von den Eltern ausgeübt), ein Modell, das auch von anderen Organisationen in Europa befürwortet wird. Andere sprechen sich für das Wahlrecht mit 16 aus, wie es in Österreich, in eini- gen deutschen Bundesländern und im Kanton Glarus bereits gilt. In Italien haben 68 Jahre politischer Gerontokra- tie dazu beigetragen, eine entsprechende gesellschaftliche Gerontokratie zu etablieren. Die sozialen Kosten dieser Suprematie der Senioren – langsame Generationserneuerung, Verlust der Innovations- und Wettbewerbsfähig- keit – sind ein schwerer Mühlstein am Hals der italienischen Gesellschaft. Gegen dieses Übel wäre die Senkung des Wahlal- ters für den Senat von 25 auf 18 Jahre die ein- fachste und effizienteste Massnahme. Die interge- nerationelle Balance sowie die politische Stabilität Italiens und auch Europas würden davon nur profitieren. Dr. Marco Morosini ist Senior Scientist an der ETH Zürich Agenda Abschied von Trouvaillen Von Daniel Vischer Nichts hat mich diesen Monat mehr betrübt als das Gerücht, die beiden Espressino- Bars im Hauptbahnhof Zürich verschwänden nächstes Jahr. Aber- tausende, die täglich die zentrale Rolltreppe hoch- oder runterfah- ren, ahnen nicht ein- mal, welche Trouvaille unter ihnen haust. Seit seiner Eröffnung ist das «Espressino 1» meine Lieblingsbar in Zürich. Die Bargäste sitzen um eine ovale Theke aus Holz, die das Design der Bar ausmacht. Ergänzend finden sich zum Zeitungs- und Bücherlesen angenehme Sitzplätze an der Wand. Bei beiden Ausgängen stehen gartenlaubenartige Tischchen, die zwar nicht so recht reinpassen, aber gerade deshalb zum Ambiente gehören. Lange Zeit trank ich dort morgens meinen ersten Kaffee und las in der NZZ mindestens den glänzenden Fussballteil. Ganz in der Nähe war damals mein Anwaltsbüro untergebracht. Auch nachher blieb es mein Ort für Treffs und den Apéro. Vielmals verbindet sich das mit dem Kauf eines neuen Buchs in der schräg gegenüberliegen- den, einzigartigen Buchhandlung Barth. In wel- cher Bahnhofbuchhandlung sonst findet man noch die wichtigsten Werke von Niklas Luhmann, das neueste Buch über Jacques Lacan oder von Botho Strauss? Wo lässt es sich besser lesen als in einer Bar? Des- halb gehören «Espressino» und Barth eigentlich unsterblich zusammen. Das «Espressino» ist bei- leibe keine In-Bar, sondern lebt von Stammgästen morgens und abends, von leider immer weniger Pendlern und Passanten, von Rentnern, skurrilen Geschöpfen, die stundenlang dort verweilen. Seit allem Anfang servieren dort am Morgen Anisa und gegen Abend die beiden aus Sri Lanca stammenden Kellner. Auch das eine Auszeich- nung. Ein erster Einbruch kam mit dem Rauch- verbot, denn lange war das «Espressino» geradezu eine Insel für die Raucher im gesamten Bahnhof. Persönlich bin ich zwar ein Anhänger des Rauchverbots – für die meisten meiner engsten Freunde ist dies indes mein grösster politischer Fauxpas. Den zweiten Besucherrückgang verursachte die zeitweilige Zubetonierung eines Durchgangs, die für das neue Riesenshopville nötig war. Die Passanten blieben immer mehr fern. Dem Ambiente schadete das freilich keineswegs. Das «Espressino» gewann nämlich an Melancholie und damit an Reiz. Nun soll es schliessen, weil der neue unter- irdische Megabahnhof und Megakaufraum neue Passantenwege erzeugt, die zu weit entfernt vom «Espressino» in den neuen Schlund führen. Folg- lich steigert der neue Zukunftsraum des öffent- lichen Verkehrs die Unrentabilität der erratischen Bar. Warum dies für das zweite «Espressino» bei den S-Bahn-Geleisen aufseiten des Landes- museums gleichermassen gilt, leuchtet hingegen nicht ein. Auch dieses «Espressino» hat unendlich mehr zu bieten als alle stieren neuen Bahnhof- kettenbars zusammen, für die der Stammgast ein Feind ist. Sie führen zu einer hässlichen Normali- sierung der Bahnhofskultur. Wenn ich nur an den Basler Bahnhof denke, wo sich einst zwei der schönsten Bahnhofbuffets der Schweiz befanden. Heute wüsste ich im ganzen Bahnhof keinen Ort, wo es sich für mehr als drei Minuten hinzugehen lohnte. Dabei ist der Bahnhof die Visitenkarte einer Stadt. Nur in Italien geniesst man die vollen politischen Rechte erst im Alter von 25. Im Rest der Welt liegt das Alter zwischen 16 und 21 Jahre.