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1 von 6
Originalien

    HNO 2003 · 51:544–549                       I. Peroz
    DOI 10.1007/s00106-002-0750-5               Abteilung für Zahnärztliche Prothetik und Alterszahnmedizin,Universitätsklinikum Charité,
    Online publiziert: 09.April 2003
    © Springer-Verlag 2003
                                                Humboldt-Universität zu Berlin



                                                Funktionsstörungen des
    Redaktion
    H.P.Zenner,Tübingen



                                                Kauorgans bei Tinnitus-
                                                patienten im Vergleich zu
                                                einer Kontrollgruppe

    D   er HNO-Arzt Costen beschrieb als ers-
    ter einen Symptomenkomplex,der Symp-
                                                dere kontrovers gegenüber,die einen epi-
                                                demiologischen Zusammenhang nicht be-
                                                                                                   unterziehen, um mögliche Funktionsstö-
                                                                                                   rungen aufzudecken und diese Daten in
    tome am Ohr und Schmerzen im Kiefer-        legen konnten [16, 28].                            Vergleich zur Untersuchung einer Kon-
    Gesichts-Bereich umfasste [4].Seine ana-        Gemeinsamkeiten in der embryologi-             trollgruppe zu stellen,die – anamnestisch
    tomisch-mechanischen Vorstellungen ei-      schen Entwicklung von Kiefergelenk,Kau-            befragt – weder an Tinnitus noch an Funk-
    ner Kompression und Irritation kieferge-    muskulatur und den Mittelohrknochen                tionsstörungen des Kauorgans leidet.
    lenknaher Strukturen, insbesondere des      sind verantwortlich für die Innervation               Die Ergebnisse sollten Aufschluss ge-
    N. auriculotemporalis und der Chorda        des M.stapedius durch den N.facialis,der           ben über
    tympani,durch eine dorsokraniale Verla-     auch für die motorische Innervation der
    gerung des Unterkiefers infolge Zahnver-    mimischen Muskulatur zuständig ist, so-            ▂ die Prävalenz von Funktionsstörun-
    lusts im Seitenzahnbereich sind inzwi-      wie für die Innervation des M.tensor tym-            gen bei Tinnituspatienten im Ver-
    schen widerlegt.                            pani und des M.tensor veli palatini durch            gleich zu einer Kontrollgruppe sowie
        Eine Kompression der Eustachi-Röhre     den N. trigeminus, der gleichzeitig die            ▂ mögliche ätiologische Zusammen-
    durch dorsokraniale Verlagerungen des       Kaumuskulatur innerviert. Über neuro-                hänge zwischen Tinnitus und Funk-
    Unterkiefers scheint jedoch durchaus        nale Verschaltungen könnte es zu Über-               tionsstörungen des Kauorgans.
    möglich [9, 25]. Neuere Studien konnten     leitungsphänomenen kommen,sodass die
    eine anatomische Struktur aufzeigen, die    Inkoordination z. B. der Kaumuskulatur             Material und Methode
    das Kiefergelenk mit dem Mittelohr ver-     otologische Symptome hervorrufen könn-
    bindet, das Ligamentum discomalleolare      te [6, 17, 26].                                    40 Tinnituspatienten in Folge aus der
    [21]. Dieses auch als „tiny ligament“ be-       Auch psychosomatische Zusammen-                HNO-Abteilung des Klinikums wurden
    zeichnete Band könnte bei Vorverlage-       hänge werden diskutiert, die eine erhöh-           in die Studie aufgenommen. Einschluss-
    rung des Discus articularis im Kieferge-    te psychische Anspannung durch menta-              kriterien:
    lenk zu einem erhöhten Druck im Mittel-     len Stress für Symptome wie Tinnitus,
    ohr führen.Seine klinische Bedeutung ist    Spannungskopfschmerz, Schwindel, Ot-               ▂ HNO-ärztliche Untersuchung in der
    jedoch umstritten [2, 11, 24].              algie und Völlegefühl in den Ohren ver-              Tinnitussprechstunde des Klini-
        Neben diesen anatomisch-mechani-        antwortlich machen [14].                             kums,
    schen Theorien,die Zusammenhänge zwi-           Dieser Überblick über mögliche Zu-             ▂ subjektiver Tinnitus,
    schen Symptomen am Ohr und am Kiefer-       sammenhänge zwischen Symptomen ei-                 ▂ bislang nicht Patient der Kieferge-
    gelenk aufzeigen, weisen epidemiologi-      ner Funktionsstörung des Kauorgans und               lenksprechstunde gewesen.
    sche Studien darauf hin, dass Patienten     Ohrsymptomen zeigt die Vielfalt ätiolo-
    mit Funktionsstörungen des Kieferge-        gischer Faktoren auf,aber auch deren kon-          In der Kontrollgruppe wurden 35 Proban-
    lenks häufiger Tinnitus haben [2, 8] bzw.   troverse Abhandlung in der Literatur.              den untersucht. Es handelte sich vorwie-
    dass bei Tinnituspatienten Funktionsstö-        Ziel der vorzustellenden Studie war es         gend um Patienten des Zentrums für
    rungen des Kiefergelenks häufiger auftre-   daher,Patienten mit subjektivem Tinnitus           Zahnmedizin,die zu zahnärztlichen Nach-
    ten [22].Diesen Studien stehen jedoch an-   einer zahnärztlichen Funktionsanalyse zu           kontrollen erschienen waren.

544 |   HNO 7 · 2003
Zusammenfassung · Abstract

Einschlusskriterien:                        HNO 2003 · 51:544–549
▂ keine Ohrgeräusche vorhanden,             DOI 10.1007/s00106-002-0750-5
                                            © Springer-Verlag 2003
▂ kein Patient der Tinnitussprechstun-
   de,                                      I. Peroz
▂ kein Patient der Kiefergelenksprech-
   stunde,                                  Funktionsstörungen des Kauorgans bei Tinnituspatienten
▂ abgeschlossene zahnärztliche Be-          im Vergleich zu einer Kontrollgruppe
   handlung.
                                            Zusammenfassung
Alle Studienteilnehmer wurden über die      Hintergrund. Die hohe Prävalenz von HNO-              auch andere Muskelbereiche.Die Prävalenz ar-
Rahmenbedingungen der Studie aufge-         Symptomen kombiniert mit temporomandibulä-            throgener Funktionsstörungen war in beiden
klärt, von allen lag eine Einverständnis-   ren Dysfunktionen legt Zusammenhänge nahe,            Gruppen nicht unterschiedlich.Okklusale Para-
erklärung vor.                              die auf anatomischer,funktioneller,neuromusku-        meter wie die Instabilität der Okklusion,Präsenz
    Im Rahmen der Anamnese wurden           lärer und psychosomatischer Ebene diskutiert          von Dysgnathien und Hinweise für Parafunktio-
Patienten und Probanden zu Allgemei-        werden.Die vorliegende Studie untersuchte,ob          nen waren bei Tinnituspatienten signifikant häu-
nerkrankungen, Medikamenten und             Funktionsstörungen des Kauorgans bei Tinni-           figer vorliegend.Es zeigte sich zudem die Ten-
ärztlichen Behandlungen befragt und zur     tuspatienten häufiger vorliegen als bei einer Ver-    denz,dass Tinnituspatienten im psychosozialen
Abklärung psychosozialer Faktoren bei-      gleichsgruppe.                                        Umfeld belasteter sind als die Probanden.
den Gruppen der „Kurze Fragebogen zur       Patienten und Methode. Dazu wurden 40 Tin-            Schlussfolgerungen. Tinnitus ist signifikant
Belastung“ (KBF) als Teil der Hassles-      nituspatienten und 35 Probanden einer klinischen      häufig mit myogenen Dysfunktionen des Kauor-
Skala vorgelegt [12]. Die Tinnituspatien-   Funktionsanalyse unterzogen,allgemeinanam-            gans vergesellschaftet,nicht jedoch mit arthro-
ten wurden zudem befragt zur Dauer          nestisch befragt,die Tinnitussymptomatik eruiert      genen.Dies unterstützt eher neuromuskuläre
und Lokalisation des Tinnitus, Beein-       und die psychosoziale Situation mit einem             und funktionelle Zusammenhänge zwischen Tin-
flussbarkeit des Tinnitus und Einfluss      Fragebogen zur Stressbelastung festgehalten.          nitus und dem stomatognathen System.
zahnärztlicher Maßnahmen auf den Tin-       Ergebnisse. Tinnituspatienten weisen signifi-
nitus.                                      kant häufiger Muskelverspannungen auf.Dies            Schlüsselwörter
    Die klinische Untersuchung wurde bei    betrifft nicht nur die Kaumuskulatur,sondern          Tinnitus · CMD · Kiefergelenk
Patienten und Probanden stets vom sel-
ben Untersucher vorgenommen und um-
fasste die Palpation von Kiefergelenkge-    Dysfunctions of the stomatognathic system in tinnitus patients
räuschen,Messung der Mobilität des Un-      compared to controls
terkiefers (in mm),Untersuchung der Kie-
fergelenke und der Kaumuskulatur auf        Abstract
Druckdolenzen, Erhebung des Zahnsta-        Aims of the study. The high prevalence of ear,        dysfunctions was not significantly different be-
tus, Bestimmung der Lückengebissklas-       nose and throat symptoms in patients with tem-        tween the groups.Occlusal parameters such as
sifikation nach Eichner [5], Ausprägung     poromandibular disorders seems to depend on           instability of intercuspidation,presence of dys-
von Abrasionen und Beurteilung von Dys-     anatomical,functional,neuromuscular,or psy-           gnathia,and signs of parafunctions were signifi-
gnathien anhand von Modellen.               chosomatic connections between both phenom-           cantly more frequent in patients than in controls.
    Dabei wurden Abrasionen, die nur im     ena.The present study evaluates the prevalence        The psychosocial assessment showed some
Schmelzbereich lagen,als altersgemäß ein-   of temporomandibular dysfunctions in tinnitus         trend towards the tinnitus patients feeling more
gestuft, Schlifffacetten, die bis in den    patients compared to controls.                        stress in society,daily life,their partnerships and
Schmelz/Dentin-Bereich reichten,bei Pa-     Patients and methods. A total of 40 patients          at work.
tienten oder Probanden, die jünger als      and 35 controls were clinically examined.The          Conclusions. Tinnitus correlates significantly
35 Jahre waren,als Hinweis für Bruxismus    case history as well as the quality of tinnitus and   with myogenous disorders but not with arthrog-
gewertet, bei älteren Patienten/Proban-     its influence on the patient’s life were evaluated,   enous disorders of the temporomandibular joint
den als altersgemäß. Schlifffacetten, die   and psychosocial data collected by a question-        (TMJ).This result supports the concept of neuro-
im Dentin lagen,wurden unabhängig vom       naire dealing with stress factors.                    muscular and functional relationships between
Alter als Anzeichen für Bruxismus doku-     Results. Tinnitus patients showed muscle ten-         tinnitus and the stomatognathic system.
mentiert.                                   derness in masticatory muscles as well as in oth-
    Zum statistischen Vergleich der ana-    er muscle groups significantly more frequently        Keywords
mnestischen und klinischen Parameter        than controls.The prevalence of arthrogenous          Tinnitus · CMD · TMJ
der Patienten- und Probandengruppe
wurde für quantitative Daten der U-Test
nach Wilcoxon, Mann und Whitney he-
rangezogen.Qualitative Daten wurden mit
dem χ2-Test für unverbundene Stichpro-

                                                                                                                                        HNO 7 · 2003    | 545
Originalien
        Tabelle 1
                                                                                                      geräuschen häufig nicht bestätigen, so-
        Anzahl (n) der Tinnituspatienten bezogen auf die Dauer der Tinnitussymptome
                                                                                                      dass kein signifikanter Unterschied in der
        Dauer des Tinnitus                                                                            Prävalenz von Gelenkgeräuschen zwi-
        Bis 3 Monate       4–12 Monate           1–2 Jahre           2–5 Jahre          >5 Jahre      schen Patienten und Probanden zu fin-
                                                                                                      den war.
        n=4 (10%)            n=18 (44%)          n=5 (13%)           n=8 (20%)          n=5 (13%)
                                                                                                          Dagegen zeigt ⊡ Tabelle 5,dass signi-
                                                                                                      fikant häufiger Druckdolenzen in der Kau-
        Tabelle 2
                                                                                                      muskulatur feststellbar waren (p=0,021).
        Anzahl (n) der Tinnituspatienten bezogen auf die Lokalisation des Tinnitus                        Die Mobilität des Unterkiefers war bei
                                                                                                      den Tinnituspatienten in Bezug auf die
        Lokalisation des Tinnitus
                                                                                                      Mundöffnungsweite signifikant besser als
        Beidseitig               Links               Rechts                 Nicht lokalisierbar
                                                                                                      bei der Vergleichsgruppe (⊡ Tabelle 6).
        n=24 (60%)              n=5 (13%)            n=9 (23%)              n=2 (5%)                  Alle sonstigen Messwerte der Laterotru-
                                                                                                      sions- und Protrusionsbewegungen des
        Tabelle 3                                                                                     Unterkiefers waren bei beiden Gruppen
        Angaben der Tinnituspatienten zur Beeinflussung des Tinnitusgeräusches durch                  nicht unterschiedlich.
        Manipulationen im Kopfbereich (Mehrfachnennungen waren möglich)                                   Auffallend war jedoch die Beurteilung
                                                                                                      der Okklusion.Bei Tinnituspatienten wur-
        Beeinflussung des Tinnitus durch:                                                             den signifikant häufiger nicht altersent-
        Unterkiefer-                 Druck auf                Bewegungen             Druck auf        sprechende Abrasionen gefunden,die als
        bewegungen                   Kiefergelenke            des Kopfes             Kaumuskulatur    Anzeichen für Bruxismus gewertet wur-
        n=16 (40%)                   n=9 (23%)                n=8 (20%)              n=5 (13%)        den (⊡ Tabelle 6).
                                                                                                          Es lagen häufiger Dysgnathien vor wie
                                                                                                      Kreuzbiss,offener Biss bzw.tiefer Biss.Die
                                                                                                      statische Okklusion musste bei den Pati-
    ben im Vier- und Mehr-Felder-Test ver-               nituspatienten n=31 (78%),Kontrollgrup-      enten signifikant häufiger als nicht stabil
    glichen.                                             pe: 18 (53%),p=0,017) und Zahnärzte (Tin-    beurteilt werden (⊡ Tabelle 6).
       Das Signifikanzniveau lag bei p<0,05.             nituspatienten: n=35 (89%),Kontrollgrup-         Die Einteilung in die Lückengebissklas-
                                                         pe: 23 (65%), p=0,027) konsultierten, wo-    sifikation nach Eichner ergab keine signi-
    Ergebnisse                                           bei bewusst die Konsultation bei HNO-        fikanten Unterschiede zwischen beiden
                                                         Ärzten gesondert erhoben wurde.              Gruppen. Die Tinnituspatienten waren
    In Bezug auf Geschlecht und Alter ergaben                Muskelverspannungen wurden von           tendenziell häufiger mit herausnehmba-
    sich keine statistisch signifikanten Unter-          Tinnituspatienten signifikant häufiger an-   rem Zahnersatz versorgt (Tinnituspati-
    schiede. Die 40 Tinnituspatienten (19                gegeben als von der Kontrollgruppe (Tin-     enten n=11 (28%), Kontrollgruppe n=6
    Männer und 21 Frauen) waren im Mittel                nituspatienten: n=27 (67%),Kontrollgrup-     (17%), p=0,058).
    52 (± 14) Jahre alt. Das Alter variierte von         pe: n=8 (22%), p=0,001), wobei Verspan-
    23–74 Jahren. Die 35 Probanden der Ver-              nungen im Hals-,Schulter- und Oberarm-       Diskussion
    gleichsgruppe (14 Männer und 21 Frau-                bereich deutlich häufiger angegeben wur-
    en) wiesen ein mittleres Alter von 50 (±             den als Verspannungen in der Kaumus-         Die zahnärztliche Untersuchung aller Pa-
    15) Jahre auf mit einer Variationsbreite             kulatur.                                     tienten und Probanden durch einen Un-
    von 26–77 Jahren.                                        Kiefergelenkgeräusche gaben Tinni-       tersucher gewährleistete eine einheitliche
       Die anamnestischen Angaben zur Dau-               tuspatienten ebenfalls signifikant häufi-    Beurteilung der klinischen Parameter.Um
    er des Tinnitus gehen aus ⊡ Tabelle 1 her-           ger an (Tinnituspatienten: n=9 (22,5%),      eine einheitliche Diagnostik des Tinnitus
    vor. Der beidseitig vorliegende Tinnitus             Kontrollgruppe: n=1 (3%), p=0,016) als       sicherzustellen,wurden nur Tinnituspati-
    überwog (n=24) (⊡ Tabelle 2).                        die Kontrollgruppe.                          enten zur Teilnahme an der Studie zuge-
       Eine Beeinflussung des Tinnitus in                    Die Auswertung des psychosozialen        lassen, die in der Tinnitussprechstunde
    Lautstärke oder Frequenz durch Bewe-                 Fragebogens konnte keine signifikanten       der HNO-Abteilung des Klinikums um-
    gungen des Unterkiefers oder des Kopfes              Unterschiede zwischen der Patienten- und     fassend untersucht worden waren.Die Da-
    wurde von 67% der Patienten angegeben                der Probandengruppe aufzeigen.In allen       ten der HNO-ärztlichen Untersuchung
    (⊡ Tabelle 3).                                       Bereichen, die der Fragebogen beleuch-       wurden im Rahmen der vorliegenden Stu-
       Im Vergleich der Tinnituspatienten mit            tet: Partnerschaft, Sozialbereich, Alltag,   die nicht ausgewertet.
    der Probandengruppe fiel auf, dass sich              Arbeitsbereich, waren die Tinnituspati-         Eine spezifische Klassifizierung der
    beide Gruppen in Bezug auf die Prävalenz             enten tendenziell unzufriedener bzw.         funktionellen Störungen der Kiefergelen-
    von Allgemeinerkrankungen nicht unter-               stressbelasteter (⊡ Tabelle 4).              ke wurde nicht vorgenommen.Die Präva-
    schieden, Tinnituspatienten jedoch sig-                  Die klinische Untersuchung konnte die    lenzen wären in den einzelnen Untergrup-
    nifikant häufiger regelmäßig Ärzte (Tin-             Angaben der Patienten nach Kiefergelenk-     pen zu klein gewesen, um statistisch aus-

546 |   HNO 7 · 2003
Tabelle 4
                                                                                                                         Auch das Durchschnittsalter der vor-
  Auszüge aus der Auswertung des „Kurzen Fragebogens zur Belastung“ (KBF)
                                                                                                                     liegenden Patientengruppe ist deutlich
  Psychologische Beurteilung mittels KBF                                                                             höher (52 Jahre) als dasjenige anderer
                                                 Tinnituspatienten                Kontrollgruppe                     Studienpopulationen, die vorwiegend Pa-
                                                 Anzahl (n)     [%]               Anzahl (n)     [%]                 tienten mit Funktionsstörungen des Kau-
                                                                                                                     organs und Tinnitus untersuchten [1, 2,
  Sehr zufrieden in Partnerschaft                19                 48            18                 58
  Sozialbereich absolut problemlos                7                 18            10                 32
                                                                                                                     7, 8]. Epidemiologische Studien zum Tin-
  Alltagsbereich problemlos                      22                 56            29                 84              nitus weisen jedoch nach, dass die Präva-
  Arbeitsbereich dauernd unter Druck              6                 15             1                  3              lenz des Tinnitus mit steigendem Alter
                                                                                                                     zunimmt [3, 16]. Eine Studie von Rubin-
  Beurteilt werden die Bereiche Partnerschaft, Soziales, Alltag und Arbeitsumfeld durch eine Skalierung von 1–5      stein et al. [22] zur Prävalenz von Funk-
  („trifft gar nicht zu“ bis „trifft genau zu“).Die Unterschiede zwischen Tinnituspatienten und der Kontrollgruppe   tionsstörungen unter Tinnituspatienten
  waren nicht signifikant, wiesen jedoch Tendenzen auf, dass sich die Tinnituspatienten unzufriedener bzw.
                                                                                                                     ist der vorliegenden sehr ähnlich aufge-
  stressbelasteter fühlen.
                                                                                                                     baut. In der Patientengruppe überwogen
                                                                                                                     Männer, das mittlere Alter lag bei 56 Jah-
  Tabelle 5                                                                                                          ren. Somit ist die Alters- und Ge-
  Im Vergleich der Tinnituspatienten mit der Kontrollgruppe in Bezug                                                 schlechtsverteilung der vorliegenden Stu-
  auf Druckdolenzen der Kaumuskulatur wiesen die Patienten signifikant häufiger                                      diengruppen typisch für eine Tinnitus-
  Triggerpunkte auf                                                                                                  population zu werten.
                                                                                                                         Die signifikant häufigere Inanspruch-
  Druckdolenzen in der Kaumuskulatur                                                                                 nahme ärztlicher und zahnärztlicher Kon-
                                                 Tinnituspatienten                Kontrollgruppe                     sultationen mag auf ein anderes Körper-
                                                 Anzahl (n)      [%]              Anzahl (n)              [%]        bewusstsein der Tinnituspatienten im Ver-
  Keine Druckdolenzen                             3                    8          10                       29        gleich zur Kontrollgruppe hinweisen.Die
  Druckdolenzen an 1–3 Stellen                   14                   35          14                       40        Auswertung der psychosozialen Parame-
  Druckdolenzen an 4 und mehr Stellen            23                   58          11                       31        ter mittels KBF wies zwar keine signifi-
  Insgesamt                                      40                  100          35                      100        kanten Unterschiede nach, zeigte jedoch
                                                                                                                     deutlich die Tendenz eines stressbelaste-
  p=0,021.                                                                                                           teren und unzufriedeneren Lebensum-
                                                                                                                     felds der Tinnituspatienten.Diese Ergeb-
  Tabelle 6                                                                                                          nisse werden gestützt durch die Untersu-
                                                                                                                     chungen von Halford und Anderson [10],
  Zusammenfassung der signifikanten Unterschiede zwischen Patienten
                                                                                                                     die nachwiesen, dass der subjektive
  und der Kontrollgruppe bezüglich klinischer Parameter
                                                                                                                     Schweregrad des Tinnitus mit Ängstlich-
  Signifikante Parameter in der klinischen Untersuchung                                                              keit und der Tendenz zur Depression kor-
  Klinische Parameter                   Tinnituspatienten                  Kontrollgruppe           Signifikanz-     reliert.
                                        Anzahl (n)    [%]                  Anzahl (n) [%]           niveau (p)           Die Beobachtungen der Tinnituspati-
  Druckdolenz der Kaumuskulatur             37               93            25             71        0,021            enten, dass sie die Intensität des Tinnitus
  Nicht altersgemäße Schlifffacetten        25               63            13             37        0,028            variieren können durch Manipulationen
  Dysgnathie:                               23               58             9             26        0,018            am Kiefergelenk, Veränderungen der
  Angle-Klasse II=Distalbiss                                                                                         Kopfhaltung oder Druck auf die Kaumus-
  Instabile statische Okklusion             10               25             2              6        0,036            kulatur wurden auch in einer Studie von
  Mundöffnungsweite                         50 (± 6) mm                    47 (± 7) mm              0,044            Rubinstein et al.beobachtet und in der Li-
                                                                                                                     teraturübersicht von Türp angegeben [22,
                                                                                                                     27].Eine Erklärung für dieses Phänomen
                                                                                                                     findet sich nicht.
gewertet werden zu können. Daher wur-                        Spezialsprechstunden für Kiefergelenks-                     Die untersuchten Funktionsstörungen
den die einzelnen klinischen Symptome                        dysfunktionen rekrutiert. In Studien zur                lassen sich in 2 Kategorien einteilen:
beider Gruppen miteinander verglichen                        Prävalenz temporomandibulärer Dysfunk-                      Arthrogene und myogene. Zu den
und nicht zusammengefasst beurteilt.                         tionen sind in der Regel Frauen deutlich                Symptomen arthrogener Funktionsstö-
   Während in der vorliegenden Studie das                    häufiger vertreten.Epidemiologische Stu-                rungen zählen Kiefergelenkgeräusche,Be-
Verhältnis weiblicher und männlicher Pa-                     dien zum Tinnitus weisen stattdessen nur                lastungsschmerz in den Kiefergelenken
tienten ausgeglichen war, weisen andere                      eine geringe Prädominanz von Frauen ins-                und Bewegungseinschränkungen. Diese
Studien eine Prädominanz weiblicher Pa-                      besondere in den jüngeren Altersgruppen                 Symptome waren bei Tinnituspatienten
tienten auf [1,2,7,8].In diesen Studien wur-                 nach,während Männer eher in den älteren                 nicht häufiger vorhanden als bei der Kon-
den die Patienten jedoch vorwiegend aus                      Altersgruppen überwiegen [3].                           trollgruppe.

                                                                                                                                                   HNO 7 · 2003   | 547
Originalien

        Im Gegensatz zur vorliegenden Studie      konnten dagegen keine okklusalen Para-        kulären Symptomen im Kauorgan führen
    fanden Rubinstein et al.u.a.auch häufiger     meter identifizieren, die außergewöhn-        oder ob dem Tinnitus muskuläre Hyper-
    Bewegungseinschränkungen des Unter-           lich häufig bei den Tinnituspatienten zu      aktivitäten im Kausystems vorausgehen.
    kiefers.Sie stellten ihrer Patientengruppe    finden waren. Einschränkend ist jedoch
    jedoch keine Kontrollgruppe entgegen,         erneut darauf hinzuweisen, dass sie kei-      Schlussfolgerungen
    sondern verglichen ihre Daten mit epide-      ne Kontrollgruppe in die Studie einschlos-
    miologischen Studien zur Prävalenz tem-       sen [22].                                     Aus den vorliegenden Ergebnissen ist zu
    poromandibulärer Funktionsstörungen               Aus diesen Ergebnissen können Über-       schlussfolgern:
    [22]. In einer eigenen Untersuchung von       legungen zu hypothetischen Zusammen-
    221 Patienten mit Funktionsstörungen des      hängen zwischen Funktionsstörungen der        ▂ Tinnitus ist signifikant häufiger
    Kauorgans konnte aufgrund der zu gerin-       Kiefergelenke und dem Tinnitus unter-           vergesellschaftet mit myogenen
    gen Prävalenz von Tinnituspatienten           nommen werden.Sie haben jedoch speku-           Dysfunktionen des Kauorgans.
    (3,6%) kein Zusammenhang zwischen             lativen Charakter,da weder die Pathophy-      ▂ Bei Tinnituspatienten liegen nicht
    Funktionsstörungen und Tinnitus festge-       siologie des Tinnitus geklärt ist [15] noch     signifikant häufiger arthrogene
    stellt werden [19].                           mögliche Zusammenhänge zwischen                 Störungen des Kiefergelenks vor.
        Kempf et al.wiesen zu 43,5% bei statio-   Funktionsstörungen des Kauorgans und          ▂ Okklusale Instabilität und Bruxismus
    nären Patienten mit unklaren Innenohr-        dem Tinnitus bewiesen sind.                     als mögliche Ursachen myogener
    erkrankungen (13% davon wiesen einen              Die funktionelle Bedeutung des disko-       Störungen konnten bei Tinnituspa-
    isolierten Tinnitus auf) eine Myoarthro-      malleolären Bandes muss angezweifelt            tienten häufiger gefunden werden.
    pathie nach. Dabei handelte es sich vor-      werden,denn es hätten Diskusverlagerun-
    wiegend um Dyskoordinationen mit Sub-         gen im Kiefergelenk bei Tinnituspatienten     Fazit für die Praxis
    luxation. Bei 35,5% der Patienten konn-       häufiger vertreten sein müssen. Das kli-
    ten Druckdolenzen der Kaumuskulatur           nische Symptom für Diskusverlagerun-          Die zahnärztliche funktionsdiagnostische Un-
    und bei 29% Parafunktionen festgestellt       gen ist das Kiefergelenkgeräusch in Form      tersuchung von Tinnituspatienten erscheint
    werden [13].                                  eines Knackens [18]. Dies lag bei Tinni-      sinnvoll, um mögliche Ursachen muskulärer
        Analog zu den vorliegenden Ergebnis-      tuspatienten nicht häufiger vor als in der    Hyperaktivität zu eruieren und therapeutisch
    sen fanden Rubinstein et al. insbesonde-      Kontrollgruppe. Ähnliche Schlussfolge-        anzugehen.
    re myogene Störungen, erkennbar an            rungen ziehen Henderson et al.und Cho-        Therapiemaßnahmen sollten in der Regel zu-
    Muskeldruckdolenzen [22]. Ursache da-         le und Parker aus ihren Studien [2, 11].      nächst reversibel erfolgen und insbesondere
    für können im Tinnitus selbst liegen,aber         Anatomisch-mechanische Zusammen-          Entspannungsmaßnahmen und Selbstbe-
    auch bedingt sein durch okklusale Para-       hänge hätten erwarten lassen,dass die Sei-    obachtung als verhaltenstherapeutische
    meter.                                        tenzähne bei Tinnituspatienten häufiger       Maßnahmen im Zusammenhang mit
        Stressbelastungen gelten als ätiologi-    fehlen und damit der Unterkiefer eher         Parafunktionen einschließen.
    scher Faktorer für Bruxismus [20]. Tin-       eine dorsokraniale Lage einnehmen könn-
    nitus kann als Stressfaktor gewertet wer-     te.Die Einteilung in die Lückengebissklas-    Korrespondierender Autor
    den.Daher ist es nachvollziehbar,dass Tin-    sifikation nach Eichner ergab jedoch kei-     Dr. Ingrid Peroz
    nituspatienten Muskelverspannungen in         ne signifikanten Unterschiede zwischen        Zentrum für Zahnmedizin,
    der Kaumuskulatur empfinden. Die ana-         beiden Untersuchungsgruppen.                  Universitätsklinikum Charité, Humboldt-Universität
    mnestisch signifikant höhere Prävalenz            Die vorliegenden Ergebnisse scheinen      zu Berlin, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
    von Muskelverspannungen in der Kau-           am ehesten neuromuskuläre Zusammen-           E-Mail: ingrid.peroz@charite.de
    muskulatur konnte in der klinischen Un-       hänge zu untermauern. So wäre es vor-
    tersuchung bestätigt werden.                  stellbar, dass die Hyperaktivität der mi-     Literatur
        Neben dieser psychosomatischen Ätio-      mischen Muskulatur bzw. der Kau- und
    logie können Ursachen für Verspannun-         Schluckmuskulatur durch Überlei-               1. Bush FM (1987) Tinnitus and otalgia in temporomandi-
                                                                                                    bular disorders.J Prosthet Dent 58: 495–498
    gen bzw. Druckdolenzen in der Kaumus-         tungsphänomene der M.stapedius,inner-          2. Chole RA, Parker WS (1992) Tinnitus and vertigo in pati-
    kulatur bedingt sein durch Okklusions-        viert durch den N.facialis,bzw.der M.ten-         ents with temporomandibular disorders.Arch Otola-
    störungen [23] und Parafunktionen. Bei-       sor tympani, innerviert durch den N. tri-         ryngol Head Neck Surg 118: 817–821
                                                                                                 3. Coles RRA (1984) Epidemiology of tinnitus: Demo-
    de Faktoren waren bei Tinnituspatienten       geminus,hyperaktiv reagieren.Diese Hy-            graphic and clinical features.J Laryngol Otol Suppl 9:
    signifikant häufiger vorhanden. Die sta-      peraktivität beträfe jedoch die Mittelohr-        195–199
    tische Okklusion war zudem bei Tinni-         muskulatur. Welche Mechanismen zum             4. Costen JB (1934) A syndrome of ear and sinus sym-
                                                                                                    ptoms dependent upon disturbed function of the tem-
    tuspatienten signifikant häufiger als in-     eigentlichen subjektiven Tinnitus als ei-         poromandibular joint.Ann Otol Rhinol Laryngol 43:
    stabil zu beurteilen.                         nem Innenohrphänomen führen bleibt                1–4
        Auch Rubinstein et al. fanden Hinwei-     unklar.                                        5. Eichner K (1955) Über eine Gruppeneinteilung der
                                                                                                    Lückengebisse für die Prothetik.Dtsch Zahnärztl Z 10:
    se für Parafunktionen häufiger in der Tin-        Es sind weitere,insbesondere prospek-         1831–1834
    nitusgruppe als aus epidemiologischen         tive Studien notwendig,die aufzeigen könn-
    Studien zu erwarten gewesen wären. Sie        ten, ob primär der Tinnitus zu den mus-

548 |   HNO 7 · 2003
Fachnachricht

 6. Frumker SC, Kyle MA (1987) Tinnitus as a symptom of         Stagnierende Meldezahlen bei der                  Referenzzentrum für Mykobakterien den
    temporomandibular joint dysfunction.Semin Hear 8:
    21–28                                                       Tuberkulose                                       Aufbau von Labornetzwerken in besonders
 7. Gelb H, Bernstein I (1983) Clinical evaluation of two                                                         betroffenen Staaten wie Kasachstan,
    hundred patients with temporomandibular joint               Weltweit sterben 2–3Millionen Menschen            Kirghistan und Uganda oder bei der Weiter-
    syndrome.J Prosth Dent 49: 234–243
 8. Gelb H, Gelb ML,Wagner ML (1996) The relationship of        an Tuberkulose. In Deutschland wurden im          bildung osteuropäischer Ärzte.
    tinnitus to craniocervical mandibular disorders.            vergangenen Jahr 7723 Neuerkrankungen                 Der weltweite Vormarsch der Tuberkulose -
    J Craniomandib Pract 15: 136–143                            an Tuberkulose gemeldet. Das sind 184             jedes Jahr kommen etwa 8–9 Millionen
 9. Goodfriend DJ (1936) Symptomatology and treatment
    of abnormalities of the mandibular articulation.Dent        Fälle mehr als 2001. Allerdings muss bei          Tuberkulose-Neuerkrankungen hinzu - wird in
    Cosmos 78: 844–852, 947–960                                 der Interpretation der Fallzahlen die Um-         erheblichem Umfang durch die Ausbreitung
10. Halford JBS,Anderson SD (1991) Anxiety and depression       stellung des Meldesystems im Jahr 2001            der HIV/AIDS-Epidemie verursacht.Die Deut-
    in tinnitus sufferers.J Psychosom Res 35: 383–390
11. Henderson DH, Cooper JCJ, Bryan GW,Van Sickels JE           berücksichtigt werden. Mit dem epidemio-          sche Lepra- und Tuberkulosehilfe startet deshalb
    (1992) Otologic complaints in temporomandibular             logischen Bericht des Robert Koch-Instituts       ein Tuberkulose/HIV-Pilotprojekte mit einem
    joint syndrome.Arch Otolaryngol Head Neck Surg 118:         zur Tuberkulose in Deutschland 2001 ist in        Betrag von zunächst 500.000 Euro.Damit soll
    1208–1213
12. Kanner AD, Coyne JC, Schaefer C, Lazarus RS (1981)          Kürze erstmals ein Bild der Epidemiologie         tuberkulose- und HIV/AIDS-kranken Menschen
    Comparison of two models of stress measurement:             der Tuberkulose in Deutschland verfügbar,         Hilfe aus einer Hand angeboten werden.
    Daily Hassles and Uplifts vs.Major Life Events.J Behavi-    das in dieser Genauigkeit und Aussage-
    oral Med 4: 1–5
13. Kempf HG, Roller R (1993) Über die Beziehung von In-        kraft bisher nicht zur Verfügung stand.           Weitere Informationen unter
    nenohrstörungen und Kiefergelenkserkrankungen.                                                                www.rki.de/INFEKT/INFEKT.HTM
    HNO 41: 7–10                                                Die Erreger der Tuberkulose sind sehr wider-
14. Klockhoff I,Westerberg C-E (1971) The tensor tympani
    muscle and tension headache.In: Annual Meeting of           standsfähige, stäbchenförmige Bakterien.Mit                Quelle: gemeinsame Pressemitteilung
    Scandinavian Migraine Society, 1971, Sandoz                 konsequenter Gabe einer Medikamentenkom-              Robert-Koch-Institut, Deutsche Lepra- und
15. Lenarz T (1999) Tinnitus.Leitlinien der Deutschen Ge-       bination ist Tuberkulose aber heilbar.Die Welt-      Tuberkulosehilfe, Deutsches Zentralkomitee
    sellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und
    Hals-Chirurgie.HNO 47: 14–18                                gesundheitsorganisation WHO hat Deutschland         zur Bekämpfung der Tuberkulose, Nationales
16. Meikle M,Taylor-Walsch E (1984) Characteristics of          inzwischen als “DOTS-Land”anerkannt.Die                      Referenzzentrum für Myobakterien
    tinnitus and related observations in over 1800 tinnitus     Strategie DOTS (directly observed treatment
    clinic patients.J Laryngol Otol 9: 17–21
17. Myrhaug H (1969) Parafunktionen im Kauapparat als           short course) ist eine Tuberkulosebekämpfungs-
    Ursache eines otodentalen Syndroms (I).Quintessenz          strategie,die ursprünglich auf Entwicklungs-
    20: 89–94, 117–121                                          länder mit einer hohen Tuberkuloserate aus-
18. Peroz I (1997) Differenzierung temporomandibulärer
    Funktionsstörungen anhand anamnestischer und klini-         gerichtet war.Zentrale Elemente sind die
    scher Befunde.Dtsch Zahnärztl Z 52: 299–304                 möglichst vollständige Entdeckung der Tuber-
19. Peroz I (2001) Otalgie und Tinnitus bei Patienten mit       kulosefälle und eine überwachte Kombina-
    kraniomandibulären Dysfunktionen.HNO 9: 713–718
20. Pingitore G, Chrobak V, Petrie J (1991) The social and      tionstherapie über sechs Monate entsprechend
    psychologic factors of bruxism.J Prosthet Dent 65:          den internationalen Richtlinien.Eine Anpassung
    443–446                                                     dieser Strategie an Länder mit niedriger
21. Pinto OF (1962) A new structure related to the tempo-
    romandibular joint and middle ear.J Prosth Dent 12:         Tuberkuloserate stellt die Überwachung des
    95–103                                                      Behandlungsergebnisses in den Vordergrund.
22. Rubinstein B, Axelsson A, Carlsson GE (1990) Prevalence     Dies wurde nach Einführung des Infektions-
    of signs and symptoms of craniomandibular disorders
    in tinnitus patients.J Craniomandib Disord Facial Oral      schutzgesetzes zum 1.Januar 2001 auch in
    Pain 4: 186–192                                             Deutschland möglich.Angaben zum Behand-
23. Sari S, Sonmez H (2001) The relationship between            lungsergebnis lagen für drei Viertel der Fälle
    occlusal factors and bruxism in permanent and mixed
    dentition in Turkish children.J Clin Pediatr Dent 25:       vor.Der Anteil erfolgreicher Behandlungen lag
    191–194                                                     mit 81,1% (4190 Fälle) knapp unter der Ziel-
24. Schmolke C (1994) The relationship between the tem-         vorgabe der WHO.
    poromandibular joint capsule, articular disc and jaw
    muscles.J Anat 184: 335–345                                     Ein zunehmendes Problem stellen die
25. Shapiro HH,Truex RC (1943) The temporomandibular            multiresistenten Erreger dar, die gegen die
    joint and the auditory function.JADA 30: 1147–1168          beiden wichtigsten Medikamente Isoniazid
26. Travell JE, Simons DG (1983) Masseter muscle „the
    trismus muscle“.In: Myofacial pain and dysfunction:         und Rifampicin unempfindlich sind.In Deutsch-
    The trigger point manual.Baltimore: Williams &              land ist eine leichte Zunahme der multi-
    Wilkins, p 219                                              resistenten Erreger zu beobachten und liegt
27. Türp JC (1998) Zum Zusammenhang zwischen Myoar-
    thropathie des Kausystems und Ohrenbeschwerden              nach einer vorläufigen Auswertung der bereits
    (Otalgie,Tinnitus).HNO 46: 303–310                          für 2002 vorliegenden Daten bei etwa 2,7 %.
28. Vernon J, Griest S, Press L (1992) Attributes of tinnitus   Die internationale Entwicklung der multi-
    associated with the temporomandibular joint syn-
    drome.Eur Arch Otorhinolaryngol 249: 93–94                  resistenten Erreger ist in manchen Staaten
                                                                dramatisch.Daher unterstützt das Nationale




                                                                                                                                                     HNO 7 · 2003    | 549

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1018 Peroz 2003

  • 1. Originalien HNO 2003 · 51:544–549 I. Peroz DOI 10.1007/s00106-002-0750-5 Abteilung für Zahnärztliche Prothetik und Alterszahnmedizin,Universitätsklinikum Charité, Online publiziert: 09.April 2003 © Springer-Verlag 2003 Humboldt-Universität zu Berlin Funktionsstörungen des Redaktion H.P.Zenner,Tübingen Kauorgans bei Tinnitus- patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe D er HNO-Arzt Costen beschrieb als ers- ter einen Symptomenkomplex,der Symp- dere kontrovers gegenüber,die einen epi- demiologischen Zusammenhang nicht be- unterziehen, um mögliche Funktionsstö- rungen aufzudecken und diese Daten in tome am Ohr und Schmerzen im Kiefer- legen konnten [16, 28]. Vergleich zur Untersuchung einer Kon- Gesichts-Bereich umfasste [4].Seine ana- Gemeinsamkeiten in der embryologi- trollgruppe zu stellen,die – anamnestisch tomisch-mechanischen Vorstellungen ei- schen Entwicklung von Kiefergelenk,Kau- befragt – weder an Tinnitus noch an Funk- ner Kompression und Irritation kieferge- muskulatur und den Mittelohrknochen tionsstörungen des Kauorgans leidet. lenknaher Strukturen, insbesondere des sind verantwortlich für die Innervation Die Ergebnisse sollten Aufschluss ge- N. auriculotemporalis und der Chorda des M.stapedius durch den N.facialis,der ben über tympani,durch eine dorsokraniale Verla- auch für die motorische Innervation der gerung des Unterkiefers infolge Zahnver- mimischen Muskulatur zuständig ist, so- ▂ die Prävalenz von Funktionsstörun- lusts im Seitenzahnbereich sind inzwi- wie für die Innervation des M.tensor tym- gen bei Tinnituspatienten im Ver- schen widerlegt. pani und des M.tensor veli palatini durch gleich zu einer Kontrollgruppe sowie Eine Kompression der Eustachi-Röhre den N. trigeminus, der gleichzeitig die ▂ mögliche ätiologische Zusammen- durch dorsokraniale Verlagerungen des Kaumuskulatur innerviert. Über neuro- hänge zwischen Tinnitus und Funk- Unterkiefers scheint jedoch durchaus nale Verschaltungen könnte es zu Über- tionsstörungen des Kauorgans. möglich [9, 25]. Neuere Studien konnten leitungsphänomenen kommen,sodass die eine anatomische Struktur aufzeigen, die Inkoordination z. B. der Kaumuskulatur Material und Methode das Kiefergelenk mit dem Mittelohr ver- otologische Symptome hervorrufen könn- bindet, das Ligamentum discomalleolare te [6, 17, 26]. 40 Tinnituspatienten in Folge aus der [21]. Dieses auch als „tiny ligament“ be- Auch psychosomatische Zusammen- HNO-Abteilung des Klinikums wurden zeichnete Band könnte bei Vorverlage- hänge werden diskutiert, die eine erhöh- in die Studie aufgenommen. Einschluss- rung des Discus articularis im Kieferge- te psychische Anspannung durch menta- kriterien: lenk zu einem erhöhten Druck im Mittel- len Stress für Symptome wie Tinnitus, ohr führen.Seine klinische Bedeutung ist Spannungskopfschmerz, Schwindel, Ot- ▂ HNO-ärztliche Untersuchung in der jedoch umstritten [2, 11, 24]. algie und Völlegefühl in den Ohren ver- Tinnitussprechstunde des Klini- Neben diesen anatomisch-mechani- antwortlich machen [14]. kums, schen Theorien,die Zusammenhänge zwi- Dieser Überblick über mögliche Zu- ▂ subjektiver Tinnitus, schen Symptomen am Ohr und am Kiefer- sammenhänge zwischen Symptomen ei- ▂ bislang nicht Patient der Kieferge- gelenk aufzeigen, weisen epidemiologi- ner Funktionsstörung des Kauorgans und lenksprechstunde gewesen. sche Studien darauf hin, dass Patienten Ohrsymptomen zeigt die Vielfalt ätiolo- mit Funktionsstörungen des Kieferge- gischer Faktoren auf,aber auch deren kon- In der Kontrollgruppe wurden 35 Proban- lenks häufiger Tinnitus haben [2, 8] bzw. troverse Abhandlung in der Literatur. den untersucht. Es handelte sich vorwie- dass bei Tinnituspatienten Funktionsstö- Ziel der vorzustellenden Studie war es gend um Patienten des Zentrums für rungen des Kiefergelenks häufiger auftre- daher,Patienten mit subjektivem Tinnitus Zahnmedizin,die zu zahnärztlichen Nach- ten [22].Diesen Studien stehen jedoch an- einer zahnärztlichen Funktionsanalyse zu kontrollen erschienen waren. 544 | HNO 7 · 2003
  • 2. Zusammenfassung · Abstract Einschlusskriterien: HNO 2003 · 51:544–549 ▂ keine Ohrgeräusche vorhanden, DOI 10.1007/s00106-002-0750-5 © Springer-Verlag 2003 ▂ kein Patient der Tinnitussprechstun- de, I. Peroz ▂ kein Patient der Kiefergelenksprech- stunde, Funktionsstörungen des Kauorgans bei Tinnituspatienten ▂ abgeschlossene zahnärztliche Be- im Vergleich zu einer Kontrollgruppe handlung. Zusammenfassung Alle Studienteilnehmer wurden über die Hintergrund. Die hohe Prävalenz von HNO- auch andere Muskelbereiche.Die Prävalenz ar- Rahmenbedingungen der Studie aufge- Symptomen kombiniert mit temporomandibulä- throgener Funktionsstörungen war in beiden klärt, von allen lag eine Einverständnis- ren Dysfunktionen legt Zusammenhänge nahe, Gruppen nicht unterschiedlich.Okklusale Para- erklärung vor. die auf anatomischer,funktioneller,neuromusku- meter wie die Instabilität der Okklusion,Präsenz Im Rahmen der Anamnese wurden lärer und psychosomatischer Ebene diskutiert von Dysgnathien und Hinweise für Parafunktio- Patienten und Probanden zu Allgemei- werden.Die vorliegende Studie untersuchte,ob nen waren bei Tinnituspatienten signifikant häu- nerkrankungen, Medikamenten und Funktionsstörungen des Kauorgans bei Tinni- figer vorliegend.Es zeigte sich zudem die Ten- ärztlichen Behandlungen befragt und zur tuspatienten häufiger vorliegen als bei einer Ver- denz,dass Tinnituspatienten im psychosozialen Abklärung psychosozialer Faktoren bei- gleichsgruppe. Umfeld belasteter sind als die Probanden. den Gruppen der „Kurze Fragebogen zur Patienten und Methode. Dazu wurden 40 Tin- Schlussfolgerungen. Tinnitus ist signifikant Belastung“ (KBF) als Teil der Hassles- nituspatienten und 35 Probanden einer klinischen häufig mit myogenen Dysfunktionen des Kauor- Skala vorgelegt [12]. Die Tinnituspatien- Funktionsanalyse unterzogen,allgemeinanam- gans vergesellschaftet,nicht jedoch mit arthro- ten wurden zudem befragt zur Dauer nestisch befragt,die Tinnitussymptomatik eruiert genen.Dies unterstützt eher neuromuskuläre und Lokalisation des Tinnitus, Beein- und die psychosoziale Situation mit einem und funktionelle Zusammenhänge zwischen Tin- flussbarkeit des Tinnitus und Einfluss Fragebogen zur Stressbelastung festgehalten. nitus und dem stomatognathen System. zahnärztlicher Maßnahmen auf den Tin- Ergebnisse. Tinnituspatienten weisen signifi- nitus. kant häufiger Muskelverspannungen auf.Dies Schlüsselwörter Die klinische Untersuchung wurde bei betrifft nicht nur die Kaumuskulatur,sondern Tinnitus · CMD · Kiefergelenk Patienten und Probanden stets vom sel- ben Untersucher vorgenommen und um- fasste die Palpation von Kiefergelenkge- Dysfunctions of the stomatognathic system in tinnitus patients räuschen,Messung der Mobilität des Un- compared to controls terkiefers (in mm),Untersuchung der Kie- fergelenke und der Kaumuskulatur auf Abstract Druckdolenzen, Erhebung des Zahnsta- Aims of the study. The high prevalence of ear, dysfunctions was not significantly different be- tus, Bestimmung der Lückengebissklas- nose and throat symptoms in patients with tem- tween the groups.Occlusal parameters such as sifikation nach Eichner [5], Ausprägung poromandibular disorders seems to depend on instability of intercuspidation,presence of dys- von Abrasionen und Beurteilung von Dys- anatomical,functional,neuromuscular,or psy- gnathia,and signs of parafunctions were signifi- gnathien anhand von Modellen. chosomatic connections between both phenom- cantly more frequent in patients than in controls. Dabei wurden Abrasionen, die nur im ena.The present study evaluates the prevalence The psychosocial assessment showed some Schmelzbereich lagen,als altersgemäß ein- of temporomandibular dysfunctions in tinnitus trend towards the tinnitus patients feeling more gestuft, Schlifffacetten, die bis in den patients compared to controls. stress in society,daily life,their partnerships and Schmelz/Dentin-Bereich reichten,bei Pa- Patients and methods. A total of 40 patients at work. tienten oder Probanden, die jünger als and 35 controls were clinically examined.The Conclusions. Tinnitus correlates significantly 35 Jahre waren,als Hinweis für Bruxismus case history as well as the quality of tinnitus and with myogenous disorders but not with arthrog- gewertet, bei älteren Patienten/Proban- its influence on the patient’s life were evaluated, enous disorders of the temporomandibular joint den als altersgemäß. Schlifffacetten, die and psychosocial data collected by a question- (TMJ).This result supports the concept of neuro- im Dentin lagen,wurden unabhängig vom naire dealing with stress factors. muscular and functional relationships between Alter als Anzeichen für Bruxismus doku- Results. Tinnitus patients showed muscle ten- tinnitus and the stomatognathic system. mentiert. derness in masticatory muscles as well as in oth- Zum statistischen Vergleich der ana- er muscle groups significantly more frequently Keywords mnestischen und klinischen Parameter than controls.The prevalence of arthrogenous Tinnitus · CMD · TMJ der Patienten- und Probandengruppe wurde für quantitative Daten der U-Test nach Wilcoxon, Mann und Whitney he- rangezogen.Qualitative Daten wurden mit dem χ2-Test für unverbundene Stichpro- HNO 7 · 2003 | 545
  • 3. Originalien Tabelle 1 geräuschen häufig nicht bestätigen, so- Anzahl (n) der Tinnituspatienten bezogen auf die Dauer der Tinnitussymptome dass kein signifikanter Unterschied in der Dauer des Tinnitus Prävalenz von Gelenkgeräuschen zwi- Bis 3 Monate 4–12 Monate 1–2 Jahre 2–5 Jahre >5 Jahre schen Patienten und Probanden zu fin- den war. n=4 (10%) n=18 (44%) n=5 (13%) n=8 (20%) n=5 (13%) Dagegen zeigt ⊡ Tabelle 5,dass signi- fikant häufiger Druckdolenzen in der Kau- Tabelle 2 muskulatur feststellbar waren (p=0,021). Anzahl (n) der Tinnituspatienten bezogen auf die Lokalisation des Tinnitus Die Mobilität des Unterkiefers war bei den Tinnituspatienten in Bezug auf die Lokalisation des Tinnitus Mundöffnungsweite signifikant besser als Beidseitig Links Rechts Nicht lokalisierbar bei der Vergleichsgruppe (⊡ Tabelle 6). n=24 (60%) n=5 (13%) n=9 (23%) n=2 (5%) Alle sonstigen Messwerte der Laterotru- sions- und Protrusionsbewegungen des Tabelle 3 Unterkiefers waren bei beiden Gruppen Angaben der Tinnituspatienten zur Beeinflussung des Tinnitusgeräusches durch nicht unterschiedlich. Manipulationen im Kopfbereich (Mehrfachnennungen waren möglich) Auffallend war jedoch die Beurteilung der Okklusion.Bei Tinnituspatienten wur- Beeinflussung des Tinnitus durch: den signifikant häufiger nicht altersent- Unterkiefer- Druck auf Bewegungen Druck auf sprechende Abrasionen gefunden,die als bewegungen Kiefergelenke des Kopfes Kaumuskulatur Anzeichen für Bruxismus gewertet wur- n=16 (40%) n=9 (23%) n=8 (20%) n=5 (13%) den (⊡ Tabelle 6). Es lagen häufiger Dysgnathien vor wie Kreuzbiss,offener Biss bzw.tiefer Biss.Die statische Okklusion musste bei den Pati- ben im Vier- und Mehr-Felder-Test ver- nituspatienten n=31 (78%),Kontrollgrup- enten signifikant häufiger als nicht stabil glichen. pe: 18 (53%),p=0,017) und Zahnärzte (Tin- beurteilt werden (⊡ Tabelle 6). Das Signifikanzniveau lag bei p<0,05. nituspatienten: n=35 (89%),Kontrollgrup- Die Einteilung in die Lückengebissklas- pe: 23 (65%), p=0,027) konsultierten, wo- sifikation nach Eichner ergab keine signi- Ergebnisse bei bewusst die Konsultation bei HNO- fikanten Unterschiede zwischen beiden Ärzten gesondert erhoben wurde. Gruppen. Die Tinnituspatienten waren In Bezug auf Geschlecht und Alter ergaben Muskelverspannungen wurden von tendenziell häufiger mit herausnehmba- sich keine statistisch signifikanten Unter- Tinnituspatienten signifikant häufiger an- rem Zahnersatz versorgt (Tinnituspati- schiede. Die 40 Tinnituspatienten (19 gegeben als von der Kontrollgruppe (Tin- enten n=11 (28%), Kontrollgruppe n=6 Männer und 21 Frauen) waren im Mittel nituspatienten: n=27 (67%),Kontrollgrup- (17%), p=0,058). 52 (± 14) Jahre alt. Das Alter variierte von pe: n=8 (22%), p=0,001), wobei Verspan- 23–74 Jahren. Die 35 Probanden der Ver- nungen im Hals-,Schulter- und Oberarm- Diskussion gleichsgruppe (14 Männer und 21 Frau- bereich deutlich häufiger angegeben wur- en) wiesen ein mittleres Alter von 50 (± den als Verspannungen in der Kaumus- Die zahnärztliche Untersuchung aller Pa- 15) Jahre auf mit einer Variationsbreite kulatur. tienten und Probanden durch einen Un- von 26–77 Jahren. Kiefergelenkgeräusche gaben Tinni- tersucher gewährleistete eine einheitliche Die anamnestischen Angaben zur Dau- tuspatienten ebenfalls signifikant häufi- Beurteilung der klinischen Parameter.Um er des Tinnitus gehen aus ⊡ Tabelle 1 her- ger an (Tinnituspatienten: n=9 (22,5%), eine einheitliche Diagnostik des Tinnitus vor. Der beidseitig vorliegende Tinnitus Kontrollgruppe: n=1 (3%), p=0,016) als sicherzustellen,wurden nur Tinnituspati- überwog (n=24) (⊡ Tabelle 2). die Kontrollgruppe. enten zur Teilnahme an der Studie zuge- Eine Beeinflussung des Tinnitus in Die Auswertung des psychosozialen lassen, die in der Tinnitussprechstunde Lautstärke oder Frequenz durch Bewe- Fragebogens konnte keine signifikanten der HNO-Abteilung des Klinikums um- gungen des Unterkiefers oder des Kopfes Unterschiede zwischen der Patienten- und fassend untersucht worden waren.Die Da- wurde von 67% der Patienten angegeben der Probandengruppe aufzeigen.In allen ten der HNO-ärztlichen Untersuchung (⊡ Tabelle 3). Bereichen, die der Fragebogen beleuch- wurden im Rahmen der vorliegenden Stu- Im Vergleich der Tinnituspatienten mit tet: Partnerschaft, Sozialbereich, Alltag, die nicht ausgewertet. der Probandengruppe fiel auf, dass sich Arbeitsbereich, waren die Tinnituspati- Eine spezifische Klassifizierung der beide Gruppen in Bezug auf die Prävalenz enten tendenziell unzufriedener bzw. funktionellen Störungen der Kiefergelen- von Allgemeinerkrankungen nicht unter- stressbelasteter (⊡ Tabelle 4). ke wurde nicht vorgenommen.Die Präva- schieden, Tinnituspatienten jedoch sig- Die klinische Untersuchung konnte die lenzen wären in den einzelnen Untergrup- nifikant häufiger regelmäßig Ärzte (Tin- Angaben der Patienten nach Kiefergelenk- pen zu klein gewesen, um statistisch aus- 546 | HNO 7 · 2003
  • 4. Tabelle 4 Auch das Durchschnittsalter der vor- Auszüge aus der Auswertung des „Kurzen Fragebogens zur Belastung“ (KBF) liegenden Patientengruppe ist deutlich Psychologische Beurteilung mittels KBF höher (52 Jahre) als dasjenige anderer Tinnituspatienten Kontrollgruppe Studienpopulationen, die vorwiegend Pa- Anzahl (n) [%] Anzahl (n) [%] tienten mit Funktionsstörungen des Kau- organs und Tinnitus untersuchten [1, 2, Sehr zufrieden in Partnerschaft 19 48 18 58 Sozialbereich absolut problemlos 7 18 10 32 7, 8]. Epidemiologische Studien zum Tin- Alltagsbereich problemlos 22 56 29 84 nitus weisen jedoch nach, dass die Präva- Arbeitsbereich dauernd unter Druck 6 15 1 3 lenz des Tinnitus mit steigendem Alter zunimmt [3, 16]. Eine Studie von Rubin- Beurteilt werden die Bereiche Partnerschaft, Soziales, Alltag und Arbeitsumfeld durch eine Skalierung von 1–5 stein et al. [22] zur Prävalenz von Funk- („trifft gar nicht zu“ bis „trifft genau zu“).Die Unterschiede zwischen Tinnituspatienten und der Kontrollgruppe tionsstörungen unter Tinnituspatienten waren nicht signifikant, wiesen jedoch Tendenzen auf, dass sich die Tinnituspatienten unzufriedener bzw. ist der vorliegenden sehr ähnlich aufge- stressbelasteter fühlen. baut. In der Patientengruppe überwogen Männer, das mittlere Alter lag bei 56 Jah- Tabelle 5 ren. Somit ist die Alters- und Ge- Im Vergleich der Tinnituspatienten mit der Kontrollgruppe in Bezug schlechtsverteilung der vorliegenden Stu- auf Druckdolenzen der Kaumuskulatur wiesen die Patienten signifikant häufiger diengruppen typisch für eine Tinnitus- Triggerpunkte auf population zu werten. Die signifikant häufigere Inanspruch- Druckdolenzen in der Kaumuskulatur nahme ärztlicher und zahnärztlicher Kon- Tinnituspatienten Kontrollgruppe sultationen mag auf ein anderes Körper- Anzahl (n) [%] Anzahl (n) [%] bewusstsein der Tinnituspatienten im Ver- Keine Druckdolenzen 3 8 10 29 gleich zur Kontrollgruppe hinweisen.Die Druckdolenzen an 1–3 Stellen 14 35 14 40 Auswertung der psychosozialen Parame- Druckdolenzen an 4 und mehr Stellen 23 58 11 31 ter mittels KBF wies zwar keine signifi- Insgesamt 40 100 35 100 kanten Unterschiede nach, zeigte jedoch deutlich die Tendenz eines stressbelaste- p=0,021. teren und unzufriedeneren Lebensum- felds der Tinnituspatienten.Diese Ergeb- Tabelle 6 nisse werden gestützt durch die Untersu- chungen von Halford und Anderson [10], Zusammenfassung der signifikanten Unterschiede zwischen Patienten die nachwiesen, dass der subjektive und der Kontrollgruppe bezüglich klinischer Parameter Schweregrad des Tinnitus mit Ängstlich- Signifikante Parameter in der klinischen Untersuchung keit und der Tendenz zur Depression kor- Klinische Parameter Tinnituspatienten Kontrollgruppe Signifikanz- reliert. Anzahl (n) [%] Anzahl (n) [%] niveau (p) Die Beobachtungen der Tinnituspati- Druckdolenz der Kaumuskulatur 37 93 25 71 0,021 enten, dass sie die Intensität des Tinnitus Nicht altersgemäße Schlifffacetten 25 63 13 37 0,028 variieren können durch Manipulationen Dysgnathie: 23 58 9 26 0,018 am Kiefergelenk, Veränderungen der Angle-Klasse II=Distalbiss Kopfhaltung oder Druck auf die Kaumus- Instabile statische Okklusion 10 25 2 6 0,036 kulatur wurden auch in einer Studie von Mundöffnungsweite 50 (± 6) mm 47 (± 7) mm 0,044 Rubinstein et al.beobachtet und in der Li- teraturübersicht von Türp angegeben [22, 27].Eine Erklärung für dieses Phänomen findet sich nicht. gewertet werden zu können. Daher wur- Spezialsprechstunden für Kiefergelenks- Die untersuchten Funktionsstörungen den die einzelnen klinischen Symptome dysfunktionen rekrutiert. In Studien zur lassen sich in 2 Kategorien einteilen: beider Gruppen miteinander verglichen Prävalenz temporomandibulärer Dysfunk- Arthrogene und myogene. Zu den und nicht zusammengefasst beurteilt. tionen sind in der Regel Frauen deutlich Symptomen arthrogener Funktionsstö- Während in der vorliegenden Studie das häufiger vertreten.Epidemiologische Stu- rungen zählen Kiefergelenkgeräusche,Be- Verhältnis weiblicher und männlicher Pa- dien zum Tinnitus weisen stattdessen nur lastungsschmerz in den Kiefergelenken tienten ausgeglichen war, weisen andere eine geringe Prädominanz von Frauen ins- und Bewegungseinschränkungen. Diese Studien eine Prädominanz weiblicher Pa- besondere in den jüngeren Altersgruppen Symptome waren bei Tinnituspatienten tienten auf [1,2,7,8].In diesen Studien wur- nach,während Männer eher in den älteren nicht häufiger vorhanden als bei der Kon- den die Patienten jedoch vorwiegend aus Altersgruppen überwiegen [3]. trollgruppe. HNO 7 · 2003 | 547
  • 5. Originalien Im Gegensatz zur vorliegenden Studie konnten dagegen keine okklusalen Para- kulären Symptomen im Kauorgan führen fanden Rubinstein et al.u.a.auch häufiger meter identifizieren, die außergewöhn- oder ob dem Tinnitus muskuläre Hyper- Bewegungseinschränkungen des Unter- lich häufig bei den Tinnituspatienten zu aktivitäten im Kausystems vorausgehen. kiefers.Sie stellten ihrer Patientengruppe finden waren. Einschränkend ist jedoch jedoch keine Kontrollgruppe entgegen, erneut darauf hinzuweisen, dass sie kei- Schlussfolgerungen sondern verglichen ihre Daten mit epide- ne Kontrollgruppe in die Studie einschlos- miologischen Studien zur Prävalenz tem- sen [22]. Aus den vorliegenden Ergebnissen ist zu poromandibulärer Funktionsstörungen Aus diesen Ergebnissen können Über- schlussfolgern: [22]. In einer eigenen Untersuchung von legungen zu hypothetischen Zusammen- 221 Patienten mit Funktionsstörungen des hängen zwischen Funktionsstörungen der ▂ Tinnitus ist signifikant häufiger Kauorgans konnte aufgrund der zu gerin- Kiefergelenke und dem Tinnitus unter- vergesellschaftet mit myogenen gen Prävalenz von Tinnituspatienten nommen werden.Sie haben jedoch speku- Dysfunktionen des Kauorgans. (3,6%) kein Zusammenhang zwischen lativen Charakter,da weder die Pathophy- ▂ Bei Tinnituspatienten liegen nicht Funktionsstörungen und Tinnitus festge- siologie des Tinnitus geklärt ist [15] noch signifikant häufiger arthrogene stellt werden [19]. mögliche Zusammenhänge zwischen Störungen des Kiefergelenks vor. Kempf et al.wiesen zu 43,5% bei statio- Funktionsstörungen des Kauorgans und ▂ Okklusale Instabilität und Bruxismus nären Patienten mit unklaren Innenohr- dem Tinnitus bewiesen sind. als mögliche Ursachen myogener erkrankungen (13% davon wiesen einen Die funktionelle Bedeutung des disko- Störungen konnten bei Tinnituspa- isolierten Tinnitus auf) eine Myoarthro- malleolären Bandes muss angezweifelt tienten häufiger gefunden werden. pathie nach. Dabei handelte es sich vor- werden,denn es hätten Diskusverlagerun- wiegend um Dyskoordinationen mit Sub- gen im Kiefergelenk bei Tinnituspatienten Fazit für die Praxis luxation. Bei 35,5% der Patienten konn- häufiger vertreten sein müssen. Das kli- ten Druckdolenzen der Kaumuskulatur nische Symptom für Diskusverlagerun- Die zahnärztliche funktionsdiagnostische Un- und bei 29% Parafunktionen festgestellt gen ist das Kiefergelenkgeräusch in Form tersuchung von Tinnituspatienten erscheint werden [13]. eines Knackens [18]. Dies lag bei Tinni- sinnvoll, um mögliche Ursachen muskulärer Analog zu den vorliegenden Ergebnis- tuspatienten nicht häufiger vor als in der Hyperaktivität zu eruieren und therapeutisch sen fanden Rubinstein et al. insbesonde- Kontrollgruppe. Ähnliche Schlussfolge- anzugehen. re myogene Störungen, erkennbar an rungen ziehen Henderson et al.und Cho- Therapiemaßnahmen sollten in der Regel zu- Muskeldruckdolenzen [22]. Ursache da- le und Parker aus ihren Studien [2, 11]. nächst reversibel erfolgen und insbesondere für können im Tinnitus selbst liegen,aber Anatomisch-mechanische Zusammen- Entspannungsmaßnahmen und Selbstbe- auch bedingt sein durch okklusale Para- hänge hätten erwarten lassen,dass die Sei- obachtung als verhaltenstherapeutische meter. tenzähne bei Tinnituspatienten häufiger Maßnahmen im Zusammenhang mit Stressbelastungen gelten als ätiologi- fehlen und damit der Unterkiefer eher Parafunktionen einschließen. scher Faktorer für Bruxismus [20]. Tin- eine dorsokraniale Lage einnehmen könn- nitus kann als Stressfaktor gewertet wer- te.Die Einteilung in die Lückengebissklas- Korrespondierender Autor den.Daher ist es nachvollziehbar,dass Tin- sifikation nach Eichner ergab jedoch kei- Dr. Ingrid Peroz nituspatienten Muskelverspannungen in ne signifikanten Unterschiede zwischen Zentrum für Zahnmedizin, der Kaumuskulatur empfinden. Die ana- beiden Untersuchungsgruppen. Universitätsklinikum Charité, Humboldt-Universität mnestisch signifikant höhere Prävalenz Die vorliegenden Ergebnisse scheinen zu Berlin, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin von Muskelverspannungen in der Kau- am ehesten neuromuskuläre Zusammen- E-Mail: ingrid.peroz@charite.de muskulatur konnte in der klinischen Un- hänge zu untermauern. So wäre es vor- tersuchung bestätigt werden. stellbar, dass die Hyperaktivität der mi- Literatur Neben dieser psychosomatischen Ätio- mischen Muskulatur bzw. der Kau- und logie können Ursachen für Verspannun- Schluckmuskulatur durch Überlei- 1. Bush FM (1987) Tinnitus and otalgia in temporomandi- bular disorders.J Prosthet Dent 58: 495–498 gen bzw. Druckdolenzen in der Kaumus- tungsphänomene der M.stapedius,inner- 2. Chole RA, Parker WS (1992) Tinnitus and vertigo in pati- kulatur bedingt sein durch Okklusions- viert durch den N.facialis,bzw.der M.ten- ents with temporomandibular disorders.Arch Otola- störungen [23] und Parafunktionen. Bei- sor tympani, innerviert durch den N. tri- ryngol Head Neck Surg 118: 817–821 3. Coles RRA (1984) Epidemiology of tinnitus: Demo- de Faktoren waren bei Tinnituspatienten geminus,hyperaktiv reagieren.Diese Hy- graphic and clinical features.J Laryngol Otol Suppl 9: signifikant häufiger vorhanden. Die sta- peraktivität beträfe jedoch die Mittelohr- 195–199 tische Okklusion war zudem bei Tinni- muskulatur. Welche Mechanismen zum 4. Costen JB (1934) A syndrome of ear and sinus sym- ptoms dependent upon disturbed function of the tem- tuspatienten signifikant häufiger als in- eigentlichen subjektiven Tinnitus als ei- poromandibular joint.Ann Otol Rhinol Laryngol 43: stabil zu beurteilen. nem Innenohrphänomen führen bleibt 1–4 Auch Rubinstein et al. fanden Hinwei- unklar. 5. Eichner K (1955) Über eine Gruppeneinteilung der Lückengebisse für die Prothetik.Dtsch Zahnärztl Z 10: se für Parafunktionen häufiger in der Tin- Es sind weitere,insbesondere prospek- 1831–1834 nitusgruppe als aus epidemiologischen tive Studien notwendig,die aufzeigen könn- Studien zu erwarten gewesen wären. Sie ten, ob primär der Tinnitus zu den mus- 548 | HNO 7 · 2003
  • 6. Fachnachricht 6. Frumker SC, Kyle MA (1987) Tinnitus as a symptom of Stagnierende Meldezahlen bei der Referenzzentrum für Mykobakterien den temporomandibular joint dysfunction.Semin Hear 8: 21–28 Tuberkulose Aufbau von Labornetzwerken in besonders 7. Gelb H, Bernstein I (1983) Clinical evaluation of two betroffenen Staaten wie Kasachstan, hundred patients with temporomandibular joint Weltweit sterben 2–3Millionen Menschen Kirghistan und Uganda oder bei der Weiter- syndrome.J Prosth Dent 49: 234–243 8. Gelb H, Gelb ML,Wagner ML (1996) The relationship of an Tuberkulose. In Deutschland wurden im bildung osteuropäischer Ärzte. tinnitus to craniocervical mandibular disorders. vergangenen Jahr 7723 Neuerkrankungen Der weltweite Vormarsch der Tuberkulose - J Craniomandib Pract 15: 136–143 an Tuberkulose gemeldet. Das sind 184 jedes Jahr kommen etwa 8–9 Millionen 9. Goodfriend DJ (1936) Symptomatology and treatment of abnormalities of the mandibular articulation.Dent Fälle mehr als 2001. Allerdings muss bei Tuberkulose-Neuerkrankungen hinzu - wird in Cosmos 78: 844–852, 947–960 der Interpretation der Fallzahlen die Um- erheblichem Umfang durch die Ausbreitung 10. Halford JBS,Anderson SD (1991) Anxiety and depression stellung des Meldesystems im Jahr 2001 der HIV/AIDS-Epidemie verursacht.Die Deut- in tinnitus sufferers.J Psychosom Res 35: 383–390 11. Henderson DH, Cooper JCJ, Bryan GW,Van Sickels JE berücksichtigt werden. Mit dem epidemio- sche Lepra- und Tuberkulosehilfe startet deshalb (1992) Otologic complaints in temporomandibular logischen Bericht des Robert Koch-Instituts ein Tuberkulose/HIV-Pilotprojekte mit einem joint syndrome.Arch Otolaryngol Head Neck Surg 118: zur Tuberkulose in Deutschland 2001 ist in Betrag von zunächst 500.000 Euro.Damit soll 1208–1213 12. Kanner AD, Coyne JC, Schaefer C, Lazarus RS (1981) Kürze erstmals ein Bild der Epidemiologie tuberkulose- und HIV/AIDS-kranken Menschen Comparison of two models of stress measurement: der Tuberkulose in Deutschland verfügbar, Hilfe aus einer Hand angeboten werden. Daily Hassles and Uplifts vs.Major Life Events.J Behavi- das in dieser Genauigkeit und Aussage- oral Med 4: 1–5 13. Kempf HG, Roller R (1993) Über die Beziehung von In- kraft bisher nicht zur Verfügung stand. Weitere Informationen unter nenohrstörungen und Kiefergelenkserkrankungen. www.rki.de/INFEKT/INFEKT.HTM HNO 41: 7–10 Die Erreger der Tuberkulose sind sehr wider- 14. Klockhoff I,Westerberg C-E (1971) The tensor tympani muscle and tension headache.In: Annual Meeting of standsfähige, stäbchenförmige Bakterien.Mit Quelle: gemeinsame Pressemitteilung Scandinavian Migraine Society, 1971, Sandoz konsequenter Gabe einer Medikamentenkom- Robert-Koch-Institut, Deutsche Lepra- und 15. 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Peroz I (1997) Differenzierung temporomandibulärer Funktionsstörungen anhand anamnestischer und klini- gerichtet war.Zentrale Elemente sind die scher Befunde.Dtsch Zahnärztl Z 52: 299–304 möglichst vollständige Entdeckung der Tuber- 19. Peroz I (2001) Otalgie und Tinnitus bei Patienten mit kulosefälle und eine überwachte Kombina- kraniomandibulären Dysfunktionen.HNO 9: 713–718 20. Pingitore G, Chrobak V, Petrie J (1991) The social and tionstherapie über sechs Monate entsprechend psychologic factors of bruxism.J Prosthet Dent 65: den internationalen Richtlinien.Eine Anpassung 443–446 dieser Strategie an Länder mit niedriger 21. Pinto OF (1962) A new structure related to the tempo- romandibular joint and middle ear.J Prosth Dent 12: Tuberkuloserate stellt die Überwachung des 95–103 Behandlungsergebnisses in den Vordergrund. 22. 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Travell JE, Simons DG (1983) Masseter muscle „the trismus muscle“.In: Myofacial pain and dysfunction: und Rifampicin unempfindlich sind.In Deutsch- The trigger point manual.Baltimore: Williams & land ist eine leichte Zunahme der multi- Wilkins, p 219 resistenten Erreger zu beobachten und liegt 27. Türp JC (1998) Zum Zusammenhang zwischen Myoar- thropathie des Kausystems und Ohrenbeschwerden nach einer vorläufigen Auswertung der bereits (Otalgie,Tinnitus).HNO 46: 303–310 für 2002 vorliegenden Daten bei etwa 2,7 %. 28. Vernon J, Griest S, Press L (1992) Attributes of tinnitus Die internationale Entwicklung der multi- associated with the temporomandibular joint syn- drome.Eur Arch Otorhinolaryngol 249: 93–94 resistenten Erreger ist in manchen Staaten dramatisch.Daher unterstützt das Nationale HNO 7 · 2003 | 549