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Mit Kindern ändern sich
die Konsumprioritäten
KAUFVERHALTEN Das Konsumverhalten von Erwachsenen verändert sich dann
nachhaltig, wenn aus den klassischen DINKS (double income, no kids) ein Paar
mit Kindern wird. Produktprioritäten ändern sich, und auch das Kaufverhalten
an sich - speziell bei Frauen - ist vielfach nicht mehr wie zuvor.
VON JUSTYNA L. GRUND*
	 Sobald ein Kind im Haus ist,
verändert sich das Konsumverhal-
ten von Familien grundlegend. Ein
anderer Wagentyp muss her, die
Wohnungseinrichtung wird ange-
passt und ein kinderfreundlicher
Urlaubsort spielt eine wichtige Rol-
le. Die Prioritäten werden neu ge-
setzt. Plötzlich sind es nicht mehr
die Pumps von «Manolo Blahnik»,
die Frau unbedingt kaufen möchte,
sondern süsse Elefanten-Schuhe.
Der familientaugliche Van löst das
Cabrio ab oder «degradiert» es zum
Zweit- oder Drittwagen. Dass nun
Spielzeug oder Kinderkleidung
vermehrt gekauft werden, liegt auf
der Hand. Dabei entscheiden trotz
«Geiz-ist-geil» weniger ein absolut
gesehen niedriger Preis, sondern
vielmehr die Qualität und das
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Bekannte Brands
Betrachtet man den Spielwaren-
markt, gibt es unter Markenge-
sichtspunkten zunächst keine
grossen Überraschungen: Zu den
bekanntesten Brands gehören Bar-
bie, Playmobil, Lego und Ravens-
burger. Befragt man Eltern, so ge-
ben knapp 80 Prozent an, im Besitz
der beiden Letzteren zu sein. Bei
Barbie sind dies immerhin noch
39 Prozent. Was die Qualitätsein-
schätzung betrifft, gibt es grosse
Diskrepanzen. Lego wird von über
81 Prozent der Befragten als qua-
litativ hochwertig angegeben, bei
Barbie sind es jedoch nur rund ein
Viertel (vor dem Hintergrund der
jüngsten Produktrückrufe wahr-
scheinlich bald noch weniger).
Überschüttete Kinder
In vielen Haushalten wissen die
Kinder vor lauter Spielzeug schon
gar nicht mehr, womit sie spielen
sollen. Auf Frauen übersetzt wäre
dies der «Ich habe nichts anzuzie-
hen»-Effekt, während der Kleider-
schrank aus allen Nähten platzt.
Statt ein paar weniger Puppen und
Klötzen wie früher, werden die
Kinder von Familie und Freun-
den mit Geschenken überschüttet.
Trotz gewisser Vorbehalte machen
viele Eltern das Spiel der Werbung
mit. Vielleicht auch, um den Kin-
dern die Spielwaren zu kaufen, die
sie selber gern gehabt hätten? Da
ein Puppenhaus von der Mutter,
dort eine Carrera-Rennbahn vom
Vater? Tatsache ist, dass Mütter die
wesentlichen Produkteinformatio-
nen der Werbung im Fernsehen
entnehmen, gefolgt von Freunden
bzw. Bekannten und Zeitschriften.
Mütter sind dabei intensive Medi-
ennutzer: Fast alle Mütter schauen
Fernsehen, vor allem am Abend
zur Entspannung – somit also die
beste Zeit, um Mütter anzuspre-
chen. Und parallel dazu kann
Frau noch wunderbar in e-Shops
einkaufen.
Das Internet als Kaufladen…
Woher kommt diese Affinität zum
Online-Einkauf? Immerhin ein
Viertel der berufstätigen Frauen
hat keinen Spass mehr beim «Off-
line»-Einkauf. Die Gründe liegen
auf der Hand: Online kann sich
Frau viel Zeit nehmen, um in den
Shops zu stöbern. Für die berufs-
tätigen Mütter ist dieser Zeitfak-
tor entscheidend. 38 Prozent der
Mütter sagen, dass das Einkaufen
schwieriger geworden sei, seit
sie Kinder haben. Das Einkaufen
mit Kindern im Einzelhandel ist
anstrengend. Insbesondere die
langen Wartezeiten sowie der
unfreundliche und inkompetente
Service werden kritisiert.
Online-Anbieter, welche ei-
nen ansprechenden und gut struk-
turierten Online-Auftritt bieten,
haben gute Chancen, in Zukunft
vor allem Frauen als Kundinnen
zu gewinnen. Gewinnen werden
auch jene Anbieter mit einer gut
ausbalancierten Multikanalstrate-	
gie. Denn auch Online-Shopper ge-
hen ab und zu gerne in die Stadt,
um das traditionelle Einkaufsver-
gnügen mit einer Kaffeepause ab-
zurunden.
Einfluss der Mütter auf das
Einkaufsverhalten
In der Schweiz gibt es inzwischen
nur etwa 1,4 Kinder pro Frau.
Und verständlicherweise haben
auch nur 40 Prozent der Akade-
mikerinnen Kinder, da es in der
Schweiz heute immer noch heisst:	
entweder Kind oder Karriere.
Doch wie wird sich das Ein-
kaufsverhalten weiterentwickeln,
wenn sich in der Schweiz nichts
ändert? Viele Doppelverdiener
müssen heute in der Schweiz ei-
nen hohen Preis für die Berufstä-
tigkeit zahlen, sofern sie auf exter-
ne Betreuung angewiesen sind: Ei-
ne Kinderkrippe kann für vier Ta-
ge bereits mit 1400 bis 1500 CHF
monatlich zu Buche schlagen, bei
zwei Kindern sind es schnell mehr
als2000CHF.Natürlichfallennoch
Steuern an, die Verpflegung im Ge-
schäft, die Reisekosten. Was bleibt
übrig, wenn eine Frau ca. 60 000
CHF (75 000 CHF bei 100 Prozent)	
More
Die meisten Einkäufe des
täglichen Gebrauchs werden von
Müttern alleine getätigt. Dazu
gehören Lebens- und Körperpfle-
gemittel, Geschenkartikel oder
Waschmittel. Fast ausschliesslich
die Mütter entscheiden darüber,
welche Produkte im Einkaufs-
wagen landen. Ein interessanter
Ansatz zur Steigerung der Ge-
burtenrate sind Betreuungsgut-
schriften (eine Familie zahlt lohn­
unabhängig nur etwa einen Drittel
der externen Betreuungskosten).
So kann sich das Arbeiten für
eine Frau finanziell wieder lohnen
- mit entsprechender Wirkung
auf die Kaufkraft. Ein Pilotprojekt
läuft bereits.
>	www.ip-deutschland.de	
>	www.edi.admin.ch/aktuell
Veränderungen im Konsumverhalten
durch Kinder
Quelle: Familienanalyse 2005 Gruner & Jahr, München
Urlaub
Versicherungen
Wohnungseinrichtung
Autotyp
Lebensmittel
Sportartikel
Restaurants
0%	 10%	 20%	 30%	 40%	 50%	 60%	 70%	 80%	 90%
77%
63%
60%
59%
50%
39%
37%
Kaufen berufstätige Frauen gern ein?
Quelle: TNS Infratest 2006
ja
nein
0%	 10%	 20%	 30%	 40%	 50%	 60%	 70%	 80%	 90%
86%
Urteilsbegründung «nein»
Das Einkaufen stresst mich
Schlange stehen
Unfreundliches,
inkompetentes Personal
Finde schwer, was ich suche
Mangelnder Service
Öffnungszeiten
79%
14%
21%
63%
81%
44%
40%
35%
22%
30%
20%
37%
20%
12%
18%
n	Frauen ohne Kinder
n	Frauen mit Kindern
18 MARKETING Marketing  Kommunikation 11/07
verdient? Genau: fast nichts. Der
Konsum in der Familie kann somit
auch nicht erhöht werden. Der Be-
ruf der Frau bleibt ein Hobby, um
nicht aus der Berufswelt «rauszu-
fallen». Mit einem tieferen Pen-
sum, z.B. 50 Prozent, würde die
Familie gar einen Verlust machen,
wenn die Frau arbeiten gehen wür-
de. Fazit: Für viele Frauen lohnt
sich das Arbeiten finanziell nicht.
Entweder verzichtet Frau ganz auf
Kinder oder es bleibt bei der «mo-
dernen» Ein-Kind-Familie.
Einzelne Branchen könnten
viel mehr weibliche Kundschaft
– und somit Umsatz – erwarten,
wenn mehr Frauen in guten Positi-
onen erwerbstätig wären. Es gibt zu
wenige Mütter, die es sich erlauben
könnten, sich von ihrem Lohn ab
und an etwas zu leisten. Nur jene
Mütter, die einen hohen Lohn auf-
weisenund/oder100Prozentarbei-
ten, können sich diesen Luxus leis-
ten. Nun, was kann man machen,
damit mehr konsumiert wird? Die
Abgaben  überdenken und die Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf
fördern (Arbeitgeber). Auch die de-
mografische Entwicklung der kom-
menden Jahre weist auf die Not-
wendigkeit hin, mehr Geburten zu
haben, da um ausländische Fach-
kräfte auch im Ausland vermehrt
geworben werden wird.
Frauen, die trotz Kind/ern ar-
beiten bzw. Karriere machen kön-
nen und am Schluss auch unter
dem Strich Geld im Portemon-
naie haben, werden als junge Müt-
ter mehr in Kinderprodukte in-
vestieren. Sobald die Kinder aus
dem Haus sind, wird der Konsum
wieder stark verlagert: Ein besse-
res Auto, neue Möbel, teure Ferien	
und weitere Annehmlichkeiten
kommen zum Tragen. n
Trend zu Mega Cities prägt das
internationale Marketing
BUCHTIPP Soeben ist das neue Buch «Innovation Driven Marketing» erschie-
nen. Zahlreiche Trends, Untersuchungsergebnisse, Hinweise zu erfolgreichen
Marketinginnovationen und Fälle sind enthalten. Beispiel Mega Cities.
	 Die Entwicklung von Mega
Cities sind ein wichtiges Beispiel.
Das internationale Marketing
wird dadurch geprägt. Genügen
in Zukunft wenige Mega Cities,
um die Weltmärkte zu erschlies-
sen? Welche neuen Geschäfts-
möglichkeiten entstehen in die-
sen Weltstädten? Es lohnt sich,
die Konsequenzen dieses Trends
durchzudenken.
In Mega Cities ist alles kon-
zentriert (Menschen, Werte und
Infrastrukturen) und ihr welt-
weiter Einfluss und die globa-
le Vernetzung sind hoch. Güter-,	
Finanz- und Informationsströme
sind verflochten. Krisen wirken
sich beispielsweise auf die glo-
balen Finanzmärkte aus. Positiv
sind die Mega Cities der Schlüs-
sel zu Märkten (also z.B. Hong-
kong als ein Zugang zum chi-
nesischen Markt). Es gibt einen
Trend zu Mega Cities:
n	 Die Weltbevölkerung steigt zwi-	
schen 1950 und 2050 von 2 auf	
9 Mrd. Einwohner; der Anteil der
Stadtbevölkerung von 30 Prozent
auf 60 Prozent; die Zahl der Bal-
lungsräume von 8 auf 48.
n	 1950 lagen 10 der 15 grössten
Industriestädte in Industrielän-
dern; im Jahr 2000 dominierten
die Schwellen- und Entwick-
lungsländer mit 11 der 15 grössten
Städte; nach Schätzungen liegen
2015 nur noch drei der grössten
Weltstädte in Industrieländern.
n	 Die 10 grössten Städte nach
Wirtschaftskraftbeherbergen2Pro-	
zent der Weltbevölkerung, erwirt-
schaften knapp 20 Prozent des
globalen BIP und liegen alle in
Industrieländern.
n	 Die enormen Probleme in den
Mega Cities der Entwicklungslän-
der reichen von Arbeitslosigkeit,
Wohnungsmangel, Ernährungs-
und Gesundheitsproblemen, un-
zureichender Wasser- und Ab-
wasserversorgung, überlasteten
Verkehrwegen bis zu Umweltver-
schmutzung und Kriminalität.
In kleinerem Rahmen sind
ähnliche Entwicklungen in ein-
zelnen Ländern zu beobachten;
auch hier nimmt der Stadtanteil
der Bevölkerung laufend zu. Die
Konsequenzen sind mannigfaltig
für Mobilität, Freizeit, Kommu-
nikation, Energie, Wasser, Um-
weltbelastung, Sicherheit (und
Risiken) und betreffen verschie-
denste Anbieter. In den meisten	
Bereichen entstehen in solchen
Städten die grössten Lösungen
von Informationssystemen, Ver-
kehr und Transport, Gesundheits-
system bis zu Eventhallen und
Stadien. Die enorme Ballung von
Menschen öffnet viele Chancen
für sehr spezialisierte Anbieter,
weil in diesen Mega Cities auch
spezifische Nischen bereits viele
Menschen umfassen. So betrach-
tet beispielsweise Siemens den
Megatrend «Mega Cities» für den
Konzern und seine integrierten
Lösungen als besonders wichtig.
Für die Erschliessung neuer
Marktgebiete oder globaler Märk-
te sind die Schlüsselstädte be-	
sonders relevant. Diese Erkennt-
nis muss das internationale und
globale Marketing der meisten
Anbieter stark prägen. So ge-
wichtete beispielsweise BMW mit
dem Mini nahezu ausschliesslich	
Seoul, um den Markt Südkorea zu
erschliessen. Dabei ist zu beach-
ten, dass ein Marketing in Gross-
städten anders funktioniert als in
ganzen Ländern. Die Communi-
ties spielen wohl in Städ-
ten eine grössere Rolle. Es
gibt auch andere Kommu-
nikationsinstrumente. Un-
ternehmen brauchen neue
Informationssysteme. So
verfolgt beispielsweise die
Münchener Rück den Na-
turgefahren-Risikoindex
in den Top-10-Städten und
im Ruhrgebiet. Der genaue
Standort der versicherten
Objekte wird geokodiert er-
fasst und erlaubt es beispiels-
weise auch, Terrorrisiken ein-
zuschätzen. Schliesslich stellt
sich die Herausforderung des
Marketings in Entwicklungs-
und Schwellenländern. Neue
Ansätze sind gefragt (Prahalad
2004). Nestlé eröffnete 2007
im Beisein von Präsident Lula im
Nordosten Brasiliens eine Fab-
rik für Produkte, die sich an jene
weltweit 2,8 Mrd. Menschen rich-
ten, die weniger als 10 Dollar pro
Tag verdienen. Damit sind aber
die Herausforderungen für die
Lebensbedingungen in solchen
Städten noch nicht gelöst.
Zahlreiche Entwicklungen
im Verhalten der Kunden und in
den Märkten fördern Unterneh-
men ständig heraus. Für Anbie-
ter gilt es, die relevanten Trends
in Gesellschaft und Technologie
zu erfassen und mit gezielten Lö-
sungen im Marketing zu wach-
sen. Die Hypothese: Erfolgreiche
Unternehmen brauchen eine For-
schung  Entwicklung im Marke-
ting. Nur dann lassen sich Markt-
potenziale ausschöpfen.
Vom Trend zur innovativen
Marktlösung
Das neue Buch richtet sich an
Professionals im Marketing, die
in ihren Unternehmen und Ins-
titutionen viel bewegen wollen.
Sein Stil: substanziell, kurz-	
weilig, reichhaltig, konzeptionell
und konkret. n
Belz, Christian / Schögel, Marcus / Tomczak,
Torsten: Innovation Driven Marketing - Vom Trend
zur innovativen Marketinglösung, Wiesbaden:
Gabler 2007, 489 S., gebunden
ISBN 978-3-8349-0282-5, Fr.127.50. Bestellun-
gen über www.thexis.ch oder imhhsg@unisg.ch.
Innovation Driven Marketing -
Vom Trend zur innovativen Marke-
tinglösung
«Für viele Frauen
lohnt sich das Ar-
beiten finanziell
nicht. Entweder
verzichtet Frau
auf Kinder oder
es bleibt bei der
Ein-Kind-Familie.»
* Justyna L. Grund, eidg. dipl.
Betriebswirtschafterin HF,
Team- und Projektleiterin in einer
Unternehmensberatung für
Kommunikation, Zürich
Marketing  Kommunikation 11/07 MARKETING 19

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Mit Kindern ändern sich die Konsumprioritäten (2007)

  • 1. Mit Kindern ändern sich die Konsumprioritäten KAUFVERHALTEN Das Konsumverhalten von Erwachsenen verändert sich dann nachhaltig, wenn aus den klassischen DINKS (double income, no kids) ein Paar mit Kindern wird. Produktprioritäten ändern sich, und auch das Kaufverhalten an sich - speziell bei Frauen - ist vielfach nicht mehr wie zuvor. VON JUSTYNA L. GRUND* Sobald ein Kind im Haus ist, verändert sich das Konsumverhal- ten von Familien grundlegend. Ein anderer Wagentyp muss her, die Wohnungseinrichtung wird ange- passt und ein kinderfreundlicher Urlaubsort spielt eine wichtige Rol- le. Die Prioritäten werden neu ge- setzt. Plötzlich sind es nicht mehr die Pumps von «Manolo Blahnik», die Frau unbedingt kaufen möchte, sondern süsse Elefanten-Schuhe. Der familientaugliche Van löst das Cabrio ab oder «degradiert» es zum Zweit- oder Drittwagen. Dass nun Spielzeug oder Kinderkleidung vermehrt gekauft werden, liegt auf der Hand. Dabei entscheiden trotz «Geiz-ist-geil» weniger ein absolut gesehen niedriger Preis, sondern vielmehr die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis. Bekannte Brands Betrachtet man den Spielwaren- markt, gibt es unter Markenge- sichtspunkten zunächst keine grossen Überraschungen: Zu den bekanntesten Brands gehören Bar- bie, Playmobil, Lego und Ravens- burger. Befragt man Eltern, so ge- ben knapp 80 Prozent an, im Besitz der beiden Letzteren zu sein. Bei Barbie sind dies immerhin noch 39 Prozent. Was die Qualitätsein- schätzung betrifft, gibt es grosse Diskrepanzen. Lego wird von über 81 Prozent der Befragten als qua- litativ hochwertig angegeben, bei Barbie sind es jedoch nur rund ein Viertel (vor dem Hintergrund der jüngsten Produktrückrufe wahr- scheinlich bald noch weniger). Überschüttete Kinder In vielen Haushalten wissen die Kinder vor lauter Spielzeug schon gar nicht mehr, womit sie spielen sollen. Auf Frauen übersetzt wäre dies der «Ich habe nichts anzuzie- hen»-Effekt, während der Kleider- schrank aus allen Nähten platzt. Statt ein paar weniger Puppen und Klötzen wie früher, werden die Kinder von Familie und Freun- den mit Geschenken überschüttet. Trotz gewisser Vorbehalte machen viele Eltern das Spiel der Werbung mit. Vielleicht auch, um den Kin- dern die Spielwaren zu kaufen, die sie selber gern gehabt hätten? Da ein Puppenhaus von der Mutter, dort eine Carrera-Rennbahn vom Vater? Tatsache ist, dass Mütter die wesentlichen Produkteinformatio- nen der Werbung im Fernsehen entnehmen, gefolgt von Freunden bzw. Bekannten und Zeitschriften. Mütter sind dabei intensive Medi- ennutzer: Fast alle Mütter schauen Fernsehen, vor allem am Abend zur Entspannung – somit also die beste Zeit, um Mütter anzuspre- chen. Und parallel dazu kann Frau noch wunderbar in e-Shops einkaufen. Das Internet als Kaufladen… Woher kommt diese Affinität zum Online-Einkauf? Immerhin ein Viertel der berufstätigen Frauen hat keinen Spass mehr beim «Off- line»-Einkauf. Die Gründe liegen auf der Hand: Online kann sich Frau viel Zeit nehmen, um in den Shops zu stöbern. Für die berufs- tätigen Mütter ist dieser Zeitfak- tor entscheidend. 38 Prozent der Mütter sagen, dass das Einkaufen schwieriger geworden sei, seit sie Kinder haben. Das Einkaufen mit Kindern im Einzelhandel ist anstrengend. Insbesondere die langen Wartezeiten sowie der unfreundliche und inkompetente Service werden kritisiert. Online-Anbieter, welche ei- nen ansprechenden und gut struk- turierten Online-Auftritt bieten, haben gute Chancen, in Zukunft vor allem Frauen als Kundinnen zu gewinnen. Gewinnen werden auch jene Anbieter mit einer gut ausbalancierten Multikanalstrate- gie. Denn auch Online-Shopper ge- hen ab und zu gerne in die Stadt, um das traditionelle Einkaufsver- gnügen mit einer Kaffeepause ab- zurunden. Einfluss der Mütter auf das Einkaufsverhalten In der Schweiz gibt es inzwischen nur etwa 1,4 Kinder pro Frau. Und verständlicherweise haben auch nur 40 Prozent der Akade- mikerinnen Kinder, da es in der Schweiz heute immer noch heisst: entweder Kind oder Karriere. Doch wie wird sich das Ein- kaufsverhalten weiterentwickeln, wenn sich in der Schweiz nichts ändert? Viele Doppelverdiener müssen heute in der Schweiz ei- nen hohen Preis für die Berufstä- tigkeit zahlen, sofern sie auf exter- ne Betreuung angewiesen sind: Ei- ne Kinderkrippe kann für vier Ta- ge bereits mit 1400 bis 1500 CHF monatlich zu Buche schlagen, bei zwei Kindern sind es schnell mehr als2000CHF.Natürlichfallennoch Steuern an, die Verpflegung im Ge- schäft, die Reisekosten. Was bleibt übrig, wenn eine Frau ca. 60 000 CHF (75 000 CHF bei 100 Prozent) More Die meisten Einkäufe des täglichen Gebrauchs werden von Müttern alleine getätigt. Dazu gehören Lebens- und Körperpfle- gemittel, Geschenkartikel oder Waschmittel. Fast ausschliesslich die Mütter entscheiden darüber, welche Produkte im Einkaufs- wagen landen. Ein interessanter Ansatz zur Steigerung der Ge- burtenrate sind Betreuungsgut- schriften (eine Familie zahlt lohn­ unabhängig nur etwa einen Drittel der externen Betreuungskosten). So kann sich das Arbeiten für eine Frau finanziell wieder lohnen - mit entsprechender Wirkung auf die Kaufkraft. Ein Pilotprojekt läuft bereits. > www.ip-deutschland.de > www.edi.admin.ch/aktuell Veränderungen im Konsumverhalten durch Kinder Quelle: Familienanalyse 2005 Gruner & Jahr, München Urlaub Versicherungen Wohnungseinrichtung Autotyp Lebensmittel Sportartikel Restaurants 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 77% 63% 60% 59% 50% 39% 37% Kaufen berufstätige Frauen gern ein? Quelle: TNS Infratest 2006 ja nein 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 86% Urteilsbegründung «nein» Das Einkaufen stresst mich Schlange stehen Unfreundliches, inkompetentes Personal Finde schwer, was ich suche Mangelnder Service Öffnungszeiten 79% 14% 21% 63% 81% 44% 40% 35% 22% 30% 20% 37% 20% 12% 18% n Frauen ohne Kinder n Frauen mit Kindern 18 MARKETING Marketing Kommunikation 11/07
  • 2. verdient? Genau: fast nichts. Der Konsum in der Familie kann somit auch nicht erhöht werden. Der Be- ruf der Frau bleibt ein Hobby, um nicht aus der Berufswelt «rauszu- fallen». Mit einem tieferen Pen- sum, z.B. 50 Prozent, würde die Familie gar einen Verlust machen, wenn die Frau arbeiten gehen wür- de. Fazit: Für viele Frauen lohnt sich das Arbeiten finanziell nicht. Entweder verzichtet Frau ganz auf Kinder oder es bleibt bei der «mo- dernen» Ein-Kind-Familie. Einzelne Branchen könnten viel mehr weibliche Kundschaft – und somit Umsatz – erwarten, wenn mehr Frauen in guten Positi- onen erwerbstätig wären. Es gibt zu wenige Mütter, die es sich erlauben könnten, sich von ihrem Lohn ab und an etwas zu leisten. Nur jene Mütter, die einen hohen Lohn auf- weisenund/oder100Prozentarbei- ten, können sich diesen Luxus leis- ten. Nun, was kann man machen, damit mehr konsumiert wird? Die Abgaben überdenken und die Ver- einbarkeit von Familie und Beruf fördern (Arbeitgeber). Auch die de- mografische Entwicklung der kom- menden Jahre weist auf die Not- wendigkeit hin, mehr Geburten zu haben, da um ausländische Fach- kräfte auch im Ausland vermehrt geworben werden wird. Frauen, die trotz Kind/ern ar- beiten bzw. Karriere machen kön- nen und am Schluss auch unter dem Strich Geld im Portemon- naie haben, werden als junge Müt- ter mehr in Kinderprodukte in- vestieren. Sobald die Kinder aus dem Haus sind, wird der Konsum wieder stark verlagert: Ein besse- res Auto, neue Möbel, teure Ferien und weitere Annehmlichkeiten kommen zum Tragen. n Trend zu Mega Cities prägt das internationale Marketing BUCHTIPP Soeben ist das neue Buch «Innovation Driven Marketing» erschie- nen. Zahlreiche Trends, Untersuchungsergebnisse, Hinweise zu erfolgreichen Marketinginnovationen und Fälle sind enthalten. Beispiel Mega Cities. Die Entwicklung von Mega Cities sind ein wichtiges Beispiel. Das internationale Marketing wird dadurch geprägt. Genügen in Zukunft wenige Mega Cities, um die Weltmärkte zu erschlies- sen? Welche neuen Geschäfts- möglichkeiten entstehen in die- sen Weltstädten? Es lohnt sich, die Konsequenzen dieses Trends durchzudenken. In Mega Cities ist alles kon- zentriert (Menschen, Werte und Infrastrukturen) und ihr welt- weiter Einfluss und die globa- le Vernetzung sind hoch. Güter-, Finanz- und Informationsströme sind verflochten. Krisen wirken sich beispielsweise auf die glo- balen Finanzmärkte aus. Positiv sind die Mega Cities der Schlüs- sel zu Märkten (also z.B. Hong- kong als ein Zugang zum chi- nesischen Markt). Es gibt einen Trend zu Mega Cities: n Die Weltbevölkerung steigt zwi- schen 1950 und 2050 von 2 auf 9 Mrd. Einwohner; der Anteil der Stadtbevölkerung von 30 Prozent auf 60 Prozent; die Zahl der Bal- lungsräume von 8 auf 48. n 1950 lagen 10 der 15 grössten Industriestädte in Industrielän- dern; im Jahr 2000 dominierten die Schwellen- und Entwick- lungsländer mit 11 der 15 grössten Städte; nach Schätzungen liegen 2015 nur noch drei der grössten Weltstädte in Industrieländern. n Die 10 grössten Städte nach Wirtschaftskraftbeherbergen2Pro- zent der Weltbevölkerung, erwirt- schaften knapp 20 Prozent des globalen BIP und liegen alle in Industrieländern. n Die enormen Probleme in den Mega Cities der Entwicklungslän- der reichen von Arbeitslosigkeit, Wohnungsmangel, Ernährungs- und Gesundheitsproblemen, un- zureichender Wasser- und Ab- wasserversorgung, überlasteten Verkehrwegen bis zu Umweltver- schmutzung und Kriminalität. In kleinerem Rahmen sind ähnliche Entwicklungen in ein- zelnen Ländern zu beobachten; auch hier nimmt der Stadtanteil der Bevölkerung laufend zu. Die Konsequenzen sind mannigfaltig für Mobilität, Freizeit, Kommu- nikation, Energie, Wasser, Um- weltbelastung, Sicherheit (und Risiken) und betreffen verschie- denste Anbieter. In den meisten Bereichen entstehen in solchen Städten die grössten Lösungen von Informationssystemen, Ver- kehr und Transport, Gesundheits- system bis zu Eventhallen und Stadien. Die enorme Ballung von Menschen öffnet viele Chancen für sehr spezialisierte Anbieter, weil in diesen Mega Cities auch spezifische Nischen bereits viele Menschen umfassen. So betrach- tet beispielsweise Siemens den Megatrend «Mega Cities» für den Konzern und seine integrierten Lösungen als besonders wichtig. Für die Erschliessung neuer Marktgebiete oder globaler Märk- te sind die Schlüsselstädte be- sonders relevant. Diese Erkennt- nis muss das internationale und globale Marketing der meisten Anbieter stark prägen. So ge- wichtete beispielsweise BMW mit dem Mini nahezu ausschliesslich Seoul, um den Markt Südkorea zu erschliessen. Dabei ist zu beach- ten, dass ein Marketing in Gross- städten anders funktioniert als in ganzen Ländern. Die Communi- ties spielen wohl in Städ- ten eine grössere Rolle. Es gibt auch andere Kommu- nikationsinstrumente. Un- ternehmen brauchen neue Informationssysteme. So verfolgt beispielsweise die Münchener Rück den Na- turgefahren-Risikoindex in den Top-10-Städten und im Ruhrgebiet. Der genaue Standort der versicherten Objekte wird geokodiert er- fasst und erlaubt es beispiels- weise auch, Terrorrisiken ein- zuschätzen. Schliesslich stellt sich die Herausforderung des Marketings in Entwicklungs- und Schwellenländern. Neue Ansätze sind gefragt (Prahalad 2004). Nestlé eröffnete 2007 im Beisein von Präsident Lula im Nordosten Brasiliens eine Fab- rik für Produkte, die sich an jene weltweit 2,8 Mrd. Menschen rich- ten, die weniger als 10 Dollar pro Tag verdienen. Damit sind aber die Herausforderungen für die Lebensbedingungen in solchen Städten noch nicht gelöst. Zahlreiche Entwicklungen im Verhalten der Kunden und in den Märkten fördern Unterneh- men ständig heraus. Für Anbie- ter gilt es, die relevanten Trends in Gesellschaft und Technologie zu erfassen und mit gezielten Lö- sungen im Marketing zu wach- sen. Die Hypothese: Erfolgreiche Unternehmen brauchen eine For- schung Entwicklung im Marke- ting. Nur dann lassen sich Markt- potenziale ausschöpfen. Vom Trend zur innovativen Marktlösung Das neue Buch richtet sich an Professionals im Marketing, die in ihren Unternehmen und Ins- titutionen viel bewegen wollen. Sein Stil: substanziell, kurz- weilig, reichhaltig, konzeptionell und konkret. n Belz, Christian / Schögel, Marcus / Tomczak, Torsten: Innovation Driven Marketing - Vom Trend zur innovativen Marketinglösung, Wiesbaden: Gabler 2007, 489 S., gebunden ISBN 978-3-8349-0282-5, Fr.127.50. Bestellun- gen über www.thexis.ch oder imhhsg@unisg.ch. Innovation Driven Marketing - Vom Trend zur innovativen Marke- tinglösung «Für viele Frauen lohnt sich das Ar- beiten finanziell nicht. Entweder verzichtet Frau auf Kinder oder es bleibt bei der Ein-Kind-Familie.» * Justyna L. Grund, eidg. dipl. Betriebswirtschafterin HF, Team- und Projektleiterin in einer Unternehmensberatung für Kommunikation, Zürich Marketing Kommunikation 11/07 MARKETING 19