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Pharmastandort Deutschland: Trends und Perspektiven der pharmazeutischen Industrie
1. Fachtagung IG BCE „Pharmastandort Deutschland“
Trends und Perspektiven der
pharmazeutischen Industrie
Dr. Martin Albrecht
IGES Institut
Berlin, 29. Juni 2012
IGES Institut GmbH · www.iges.de
Friedrichstraße 180 · 10117 Berlin · Germany
+49 30 230 80 90 · +49 30 230 80 911
2. Übersicht
Megatrends in der Pharmaindustrie
Reaktionen der pharmazeutischen Unternehmen
Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten
Folgerungen für den Pharmastandort Deutschland
Fachtagung IG BCE | Seite 2 Berlin | 29.6.2012
4. Pharmaindustrie bislang forschungsstark
FuE-Aufwendungen (D) im Branchenvergleich
200%
Pharmazeutische Industrie
Fahrzeugbau
180%
Chemische Industrie (ohne Pharma)
160%
Jahr 1999 = 100 %
140%
120%
100%
80%
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Quelle: IGES auf Basis von Stifterverband Wissenschaftsstatistik 2012
Fachtagung IG BCE | Seite 4 Berlin | 29.6.2012
5. Beschäftigung sinkt gegen den Gesamttrend
Entwicklung der Anzahl der Erwerbstätigen (D)
140%
130%
Dienstleistungen
120%
110%
Alle
Wirtschaftsbereiche
Jahr 1991 = 100 %
100%
90% Fahrzeugbau
80%
Maschinenbau
70%
60% Pharmazeutische
Industrie
50%
40%
Quelle: IGES auf Basis von Statistisches Bundesamt 2012
Fachtagung IG BCE | Seite 5 Berlin | 29.6.2012
6. Aber Zuwachs bei FuE-Personal
Entwicklung FuE-Personel (VZÄ) im Branchenvgl.
120%
Pharmazeutische
Industrie
110%
Maschinenbau
Jahr 2003 = 100 %
100% Fahrzeugbau
Chemische
90% Industrie
80%
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Quelle: IGES auf Basis von Stifterverband Wissenschaftsstatistik 2012
Fachtagung IG BCE | Seite 6 Berlin | 29.6.2012
7. Sinkende Effizienz der Pharma-FuE
FuE-Ausgaben vs. Anzahl neuer Wirkstoffe
60 60
R&D Expenditure
NME approvals
50 50
NMEs (moving average)
billion US $ R&D expenditure
40 40
number NMEs
30 30
20 20
10 10
0 0
1963 1968 1973 1978 1983 1988 1993 1998 2003 2008
Quellen: IGES auf Basis von DiMasi 2008, FDA, PhRMA 2012
Fachtagung IG BCE | Seite 7 Berlin | 29.6.2012
8. Intensiver Wettbewerb auf Pharmamärkten
am Beispiel von Captopril (ACE-Hemmer)
450 2,25
400 2,00
Mittlerer Preis / DDD in Euro
350 1,75
Euro / DDD in Mio. p.a.
300 1,50
250 1,25
200 1,00
150 0,75
100 Umsatz 0,50
Verbrauch
50 0,25
Preis
0 0,00
1991
1998
1986
1987
1988
1989
1990
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Quelle: IGES nach AVR
Fachtagung IG BCE | Seite 8 Berlin | 29.6.2012
9. Intensiver Generikawettbewerb (Bsp. Tamsulosin)
Marktanteilsentwicklung Verbrauchsentwicklung
100% 35 300
90%
29 30
28 28 250
80% 27
Index (Verbrauch Originalhersteller Jan 2005 =100)
25
70% 25
Marktanteil (Umsatz (AVP), in %)
MwSt. FB Änd 200
23
60%
FB und 20
ZBG Einf
50% Tamsulosin # Generikahersteller 150
Tamsulosin Generika
15
40% Tamsulosin Original
Tamsulosin Reimport
100 Tamsulosin Generika Verbrauch
30% 10 Tamsulosin Original Verbrauch
Tamsulosin Reimport Verbrauch
20% 6
Tamsulosin Gesamt Verbrauch
IGES-Berechnungen auf der Basis von Insight Health
5 50
10%
0% 0
0
Jan
Jan
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2005 2006 2007 2008 2009 2010
2005 2006 2007 2008 2009 2010
Preisentwicklung Umsatzentwicklung
160 300
MwSt.
140
FB Änd 250 Tamsulosin Generika Umsatz
FB und
Tamsulosin Original Umsatz
Index (Umsatz Originalhersteller Jan 2005 =100)
ZBG Einf
Index (Preis Originalhersteller Jan 2005 =100)
120 Tamsulosin Reimport Umsatz
Tamsulosin Gesamt Umsatz
200
100
80 150
Tamsulosin Generika Preis
Tamsulosin Original Preis
60
Tamsulosin Reimport Preis
100
Tamsulosin Gesamt Preis
40
50
20
0 0
Jan
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2005 2006 2007 2008 2009 2010 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Fachtagung IG BCE | Seite 9 Berlin | 29.6.2012
10. Tamsulosin: Ein typisches Beispiel für
funktionierenden Generikawettbewerb
Generika-Marktanteil
im 1. Jahr >89%
im 2. Jahr >99 %
Preisveränderung am Ende
1. Jahr -60%
2. Jahr -70%.
Hohe Anzahl Wettbewerber: 25 Anbieter am Ende 1. Jahr
Starke Mengenentwicklung zu Lasten anderer Präparate auch
durch Leitsubstanzregelung befördert.
Gesamtumsatz trotz steigender Mengen deutlich reduziert.
Fachtagung IG BCE | Seite 10 Berlin | 29.6.2012
11. Steigender Effizienzdruck in Pharmaindustrie
Zulassung: erhöhte Anforderungen an Sicherheit und
Wirksamkeit
Marketing und Vertrieb unter Anpassungsdruck
zunehmende öffentliche Kritik an Vertriebsmethoden
Kostenträger verdrängen Ärzte als Zielgruppen
Kostendämpfungspolitik in der Arzneimittelversorgung
Kosten-Nutzen-Bewertungen als Grundlage für Preisbildung
(„4. Hürde“); in Deutschland: AMNOG
Verschärfung des Preiswettbewerbs:
Ausschluss von OTC-Präparaten aus der Erstattungspflicht (GMG)
Rabattwettbewerb (GKV-WSG)
Fachtagung IG BCE | Seite 11 Berlin | 29.6.2012
13. Unternehmen verändern ihre Größe und
Struktur
Wachstum durch Fusionen und Übernahmen
Erhöhung der Innovationskraft
Erweiterung von Geschäftsfeldern
Integration und Diversifizierung
horizontal vertikal
Chemie und Pharma Innovationen
Originale, Generika, Fertigung
rezeptfreie OTC klinische Studien
Diagnostika, Impfstoffe
Tiermedizin
Fachtagung IG BCE | Seite 13 Berlin | 29.6.2012
14. Fokus: Reaktionen auf Patentausläufe
(Faktische) Verlängerung der Patentlaufzeit
Supplementary protection certificate (EU)
Kinderzulassung, Orphan-Drug-Status
Abwehr von Generikakonkurrenz
Patentstreitigkeiten, „Eigengenerika“, Produktanpassungen
Rabattverträge von Originalherstellern vor Ablauf des Patentschutzes
Indikations- und Zulassungserweiterungen
Neue Arzneimittel
Fachtagung IG BCE | Seite 14 Berlin | 29.6.2012
15. Steigender Anteil der Indikationserweiterungen
an Zulassungen neuer Wirkstoffe
40
new 34 34
35
second ...
EMA-authorized NDAs
30 33
26
25 23 22 23
25
18 19 23
20 17
16 16
13 14 15 18
15 12
9 14
10 12 11 12
11 11 10 10
5 3
6
4
0 2 2
2011
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
0
Quelle: IGES auf Basis von EMA
Fachtagung IG BCE | Seite 15 Berlin | 29.6.2012
18. Arzneimittelvergütung unter AMNOG
Bestimmung des Erstattungsbetrages
Das Gesetz sagt:
Erstattungsbetrag = Abgabepreis des pharmazeutischen
Unternehmens – Rabatt
Die Rahmenvereinbarung sagt:
Erstattungsbetrag = Preis der ZVT* + Zuschlag
Zuschlag in Abhängigkeit von
Ausmaß des Zusatznutzens
Ergebnissicherheit des Zusatznutzens
Bei mehreren Segmenten: Populationsgrößen
Jahrestherapiekosten vergleichbarer Arzneimittel
Tatsächliche Abgabepreise in anderen europäischen Ländern
* ZVT = zweckmäßige Vergleichstherapie
Fachtagung IG BCE | Seite 18 Berlin | 29.6.2012
19. Konzept des „Zusatznutzens“
in der Nutzenbewertung nach AMNOG
Zuwachs an
Effektstärke
Schwere der
Erkrankung
Fachtagung IG BCE | Seite 19 Berlin | 29.6.2012
20. Operationalisierung des Ausmasses des
Zusatznutzens
Zielgrößenkategorie
Überlebenszeit Symptome (Morbidität) Lebensqualität Nebenwirkungen
(Mortalität)
Erheblich
Erheblich Erhebliche Verlängerung
der Überlebensdauer
Langfristige Freiheit von
schwerwiegenden (bzw.
Erhebliche Verbesserung
der Lebensqualität
Weitgehende Vermeidung
schwerwiegender (bzw.
nachhaltige und gegenüber der
schweren) Symptomen schwerer) Nebenwirkungen
zweckmäßigen Vergleichs-
(bzw. Folgekomplikationen)
therapie bisher nicht erreichte
große Verbesserung des
therapierelevanten Nutzens
Zusatznutzen
Beträchtlich
Beträchtlich Moderate Verlängerung der
Überlebensdauer
Abschwächung
schwerwiegender (bzw.
Bedeutsame Verbesserung
der Lebensqualität
Relevante Vermeidung
schwerwiegender (bzw.
gegenüber der zweckmäßigen
schwerer) Symptome (bzw. schwerer) Nebenwirkungen
Zusatznutzen
Vergleichstherapie bisher nicht
Folgekomplikationen)
erreichte deutliche Bedeutsame Vermeidung
Verbesserung des Bedeutsame Verringerung anderer (nicht
therapierelevanten Nutzens von nicht schwerwiegenden schwerwiegender bzw.
(bzw. schweren) Symptomen schwerer) Nebenwirkungen
(bzw. Folgekomplikationen)
Gering
Gering Jegliche Verlängerung der
Überlebensdauer
Jegliche Verringerung
schwerwiegender (bzw.
Relevante Verbesserung der
Lebensqualität
Jegliche Verringerung
schwerwiegender (bzw.
gegenüber der zweckmäßigen
schwerer) Symptome (bzw. schwerer) Nebenwirkungen
Vergleichstherapie bisher nicht
Folgekomplikationen)
erreichte moderate und nicht Relevante Vermeidung von
nur geringfügige Verringerung von nicht (anderen, nicht
Verbesserung des schwerwiegenden (bzw. schwerwiegenden bzw.
therapierelevanten Nutzens schweren) Symptomen schweren) Nebenwirkungen
(bzw. Folgekomplikationen)
kursiv: Ergänzungen zur AM-NutzenV.
Fachtagung IG BCE | Seite 20 Berlin | 29.6.2012
21. Segmentierung als tragendes Prinzip
Früher: Heute: S1: "ohne
Vergleich"
15%
Jedes
Arzneimittel
wirkt in den
zugelassenen
Indikationen
S3: "nicht
bei jedem
besser"
Patienten 50% S2:
gleich "besser"
35%
Fachtagung IG BCE | Seite 21 Berlin | 29.6.2012
22. Folgen einer „prioritätenorientierten
Arzneimittelvergütung“
Konzentration von Pharma-Investitionen und FuE auf
Spezialpräparate
neue Form der „Blockbuster“ (Bsp.: Glivec)
Fokussierung auf kleinere Patientengruppen mit schwereren bzw.
selteneren Krankheiten (bessere Outcomes)
Reduktion von Kosten und Risiken von klinischen Studien
(geringere Probandenzahlen)
Stagnation auf „Massenmärkten“ für verbreitete Krankheiten
häufig nur geringer „Zusatznutzen“ erreichbar (Lebensqualität)
geringe Zahlungsbereitschaft der Kostenträger
kaum noch Innovationsbemühungen in großen Indikationsgebieten
(z. B. Bluthochdruck, kardiovaskuläre Erkrankungen)
Fachtagung IG BCE | Seite 22 Berlin | 29.6.2012
24. Neues Vergütungs-Paradigma beeinflusst
Wachstumspotentiale der Pharmabranche
Innovationsbereitschaft der Pharmaindustrie?
hochpreisige Spezialmedikamente als neue Blockbuster
Kompensation niedriger Preise in breiten Indikationsgebieten
noch durch Marktwachstum in anderen Regionen (BRIC-Staaten)
kaum durch Engagement in Generika (harter Wettbewerb)
Dilemma für Gesundheitspolitik
Arzneimittelversorgung für immer weniger Patienten zu immer höheren
Kosten pro Behandlung.
Druck auf Preise für Spezialmedikamente wird zunehmen.
Folge: Industrie schrumpft
Fachtagung IG BCE | Seite 24 Berlin | 29.6.2012
25. Zentrale Herausforderung: zukünftige
Finanzierung des Arzneimittelfortschritts
Es gibt eine Nachfrage für Arzneimittelfortschritt auch ohne
größeren belegbaren „Zusatznutzen“.
Zahlungsbereitschaft für therapeutische Wahlfreiheit nach individuellen
Bedürfnissen, gerade in breiten Indikationsgebieten
( Lebensqualität großer Bevölkerungsgruppen).
Kostenträger tun sich schwer, hierfür zu zahlen.
Pharmaindustrie investiert in diese Bereiche immer weniger.
Neue Finanzierungswege erforderlich, die
auch den nur schrittweisen, aber „breiten“ Fortschritt ermöglichen und
Wertschöpfungspotentiale der Pharmaindustrie erschließen,
Zugang zu neuen Therapien mit noch nicht abgesichertem Nachweis
des Mehrnutzens oder mit insgesamt ungünstig bewertetem Kosten-
Nutzen-Verhältnis erhalten.
Fachtagung IG BCE | Seite 25 Berlin | 29.6.2012