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Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll 325324 Lubberich s,?
tci
f-' welchem Zeitpunkt ein Fehler im notariellen Hauptversammlungsprotokoll
korrigiert werden kann, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Berichtigung
durch den Notar auf der Rechtsgrundlage des § 44a BeurkG grundsatzlich
nicht fristgebunden ist, also auch nicht davon abhangt, ob das Protokoll
bereits „entauBert" ist oder nicht; die Korrektur eines Wahrnehmungspro-
tokolls ist ohne Mitwirkung der Beteiligten jedenfalls durch Nachtragsnie-
derschrift des Notars moglich. Zudem stellt der BGH klar, unter welchen
Umstanden eine gerichtliche Ermachtigung zur Einberufung einer Haupt-
versammlung nach § 122 Abs. 3 AktG „verbraucht" ist; des Weiteren
nimmt das Gericht zur Relevanz eines Einberufungsmangels Stellung, die
im Streitfall zu veraeinen war.
Die Entscheidung entfaltet zudem iiber den behandelten konkreten Sach-
verhalt hinaus relevante Wirkkraft, vor allem, wenn sie - wie einige Kom-
mentatoren postulieren2 -auch fur nicht beurkundete, privatschriftliche Pro-
tokolle analog anwendbar sein sollte.3 Hingegen ist eine Differenzierung
zwischen borsennotierten und nicht borsennotierten Gesellschaften nicht er-
AKTUELLES FORUM
Rechtsanwalt und Notar Dr. Finn Lubberich, LL.M.,
Frankfurt am Main
Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand:
Anforderungen an das Hauptversammlungs­
protokoll und Berichtigung nach „Entaufierung"
- Zugleich Anmerkungen zum Urt. des BGH v. 10. 10. 2017 -
II ZR 375/15 -*
F
I. Einleitung
folgt.4
Leidet ein Hauptversammlungsbeschluss unter einem Beurkundungsman-
gel, enthalt zum Beispiel ein Protokoll Pflichtangaben nach § 130 AktG
nicht, schlagt dieser Fehler gemaB § 241 Ziff. 2 AktG auf das materielle
Recht durch: Der Beschluss ist nichtig. Handelt es sich um einen eintra-
gungspflichtigen Beschluss, besteht eine Heilungsmoglichkeit nach § 242
AktG durch Registereintragung. SolchermaBen formmangelhafte, nicht ein-
tragungsbediirftige Beschliisse sind hingegen unheilbar nichtig.
Nicht zuletzt angesichts dieser vielerorts als drastisch empfundenen Kon-
sequenzen ist eine Reform des Beschlussmangelrechts seit Langerem in der
rechtspolitischen Diskussion. Auch der II. Zivilsenat des BGH, der sich
kurzlich mit einigen Spezialfragen des Beschlussmangelrechts auseinander-
zusetzen hatte, hat die Gelegenheit dazu genutzt, in einer Einzelfallbetrach-
tung der Tendenz nach eine Liberalisierung des Mangelrechts vorzuzeich-
nen: Grundsatzlich muss das Abstimmungsergebnis im Hauptversamm­
lungsprotokoll festgehalten werden. Prozentangaben genugen insoweit
grundsatzlich nicht. Es muss die Anzahl der Stimmen angegeben werden.
Hiervon macht der BGH nunmehr eine Ausnahme, wenn sich das zahlen-
mafiige Abstimmungsergebnis auch in nicht einfachen Verhaltnissen so
errechnen lasst, dass danach keine Zweifel iiber die Ablehnung oder die
Annahme des Antrags und die OrdnungsmaBigkeit der Beschlussfassung
verbleiben.1 Dies ist deshalb ein Novum, da sich der BGH damit in der fur
die amtliche Sammlung vorgesehenen Entscheidung gegen seine vorherige,
strengere Sichtweise positioniert und nach Hoffnung vieler den Weg fur
eine praxistaugliche Reformierung des Beschlussmangelrechts bereitet.
Neben dieser Anderung der Rechtsprechung behandelt das vorliegende
Urteil zusatzlich die sehr praxisrelevante Frage, auf welche Weise und zu
II. Sachverhalt
f
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es - in aller Kurze - um
eine nur zweigliedrige Aktiengesellschaft, welche nicht borsennotiert und
mit einem Grundkapital von 50 000,- € ausgestattet war. Der Mehrheits-
aktionar hielt 90% der Aktien, der Minderheitsaktionar und Klager die
verbleibenden 10%. Die Hauptversammlung, welche die Besonderheit auf-
wies, dass sie zur Wiederholung von zuvor aufgrund nicht form- und frist-
gerechter Ladung nichtigen Beschlussen wie bereits die vorherige (erfolg-
lose) Hauptversammlung auf der Grundlage ein und derselben gerichtlichen
Ermachtigung nach § 122 Abs. 3 AktG anberaumt worden war - die
Bekanntmachung enthielt keine Angaben zu den gesetzlichen Vorschriften,
aufgrund derer sich der Aufsichtsrat zusammensetzte beschloss mit einer
„90 %-Mehrheit", den Aufsichtsrat abzuberufen und wahlte einen neuen
Aufsichtsrat. Am selben Tag berief der neue Aufsichtsrat den Klager als
Vorstand ab. Im notariellen Protokoll der Hauptversammlung war zur Ab-
stimmung nicht die Anzahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen angege­
ben, sondem der Vermerk: „P. (90%) stimmt zu. R. (10%) stimmt da-
gegen."
Der beurkundende Notar hat sein Versammlungsprotokoll durch eine Nie-
derschrift erganzt. Die Erganzung enthalt den Vermerk, dass der Versamm-
lungsleiter daraufhingewiesen habe,dass die AbstimmungaufZuruf erfolge.
2 Reichard, GWR 2018, 69, nimmt ohne weiteres Ubertragbarkeit an.
3 Wachter, BB 2017, 2889, 2897, und Seibt, EWiR 2018, 39, 40, unterstreichen jedoch,
dass der BGH diese Frage offengelassen hat, wahrend der letztgenannte Autor sich
fur eine Ubertragbarkeit ausspricht.
4 Hierauf hinweisend Wachter, BB 2017, 2889, 2897.
* Siehe in diesem Heft S. 382 = NJW 2018, 52.
1 Siehe in diesem Heft S. 382 LS c.
DNotZ 2018DNotZ 2018
Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand: HauptversammlungsprotokollLubberich
Die Anfechtungsklage des Minderheitsaktionars gegen die Beschliisse
der Hauptversammlung wurde in erster Instanz abgewiesen.5 Die Beru-
fung des Klagers hat das OLG Dresden als Berufungsgericht zuriick-
gewiesen.6
327326
Wahmehmungen i. S. des § 37 Abs. I Satz 1 Nr. 2 BeurkG.9 Der BGH
ftihrt zur Begriindung entlang der klassischen Auslegungskriterien der
Norm aus, § 44a BeurkG sei aufgrund seiner systematischen Stellung eine
Verfahrensnorm fur alle Urkundenarten und beschranke die Zulassigkeit
einer Berichtigung nicht auf die Beurkundung von Willenserklarungen.
Weiter folge aus dem Zweck der Vorschrift (Herstellung inhaltlich richti-
ger Urkunden)10 keine Beschrankung auf bestimmte Urkundenarten. Das
Protokoll konnte im vorliegenden Falle demgemaB urn die Pflichtangabe
zur Art der Abstimmung erganzt werden, da die Voraussetzungen des
§ 44a Abs. 2 BeurkG insoweit vorgelegen hatten. Nicht in die Urkunde
aufgenommene Wahmehmungen des Notars konnten im Wege der Berich­
tigung als offensichtliche Unrichtigkeit aufgenommen oder erganzt wer­
den.
I'
1
W-
III. Entsch. v. 10. 10. 2017
Auch der BGH hat die Revision des Klagers zuruckgewiesen, da im
Ergebnis keine zur Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschliisse fuhren-
den Mangel gegeben seien. Das Gericht behandelt in seinen ausfiihrlichen
Urteilsgriinden chronologisch die folgenden Schwerpunkte:
if'-:::''
lifc
If"1. Angabe der Art der Abstimmung
In dem Protokoll iiber die Hauptversammlung ist gemaB § 130 Abs. 2
Satz 1 AktG die Art der Abstimmung anzugeben. „Art der Abstimmung"
bedeutet hierbei eine Beschreibung des Vorgangs, wie der Beschluss in der
Versammlung zustande gekommen ist. Anzugeben ist, wie abgestimmt
wurde, z. B. mundlich, schriftlich, durch Handzeichen oder andere Gesten,
Zuruf, Aufstehen, Stimmkarte, elektronische Abstimmung oder andere Be-
tatigung.
In dieser Hinsicht wies das streitgegenstandliche Protokoll der Haupt­
versammlung einen Fehler auf, da es die geforderte Angabe der Abstim-
mungsart nicht enthielt. Der BGH schloss sich der gefestigten Ansicht
unverandert an, dass zumindest zu beschreiben sei, „wie der Beschluss
zustande gekommen" sei. Die Norm sei Ausnahmen nicht zuganglich.
Dies ist auf den Normzweck zu stiitzen (Rechtssicherheit und Beweissi-
cherung); spatere Meinungsverschiedenheiten iiber die Abstimmungsart
sollen unbedingt vermieden werden, also auch bci kleinen Aktionarskrei-
sen.7
SchlieBlich konnte der Notar die Korrektur auch ohne die Beteiligten und
auch noch nach EntauBerung des Protokolls vomehmen. Vor allem der
letztere Punkt ist immer noch umstritten: Kann ein Notar das Versamm-
lungsprotokoll nach dessen EntauBerung in den Rechtsverkehr nach § 44a
Abs. 2 Satz 3 BeurkG durch eine erganzende Niederschrift berichtigen?
Diese Frage bejahte der BGH im Sinne der Beweisfunktion (Rechtssicher­
heit); das Interesse des Rechtsverkehrs an einer richtigen Urkunde tiber-
wiege.11 Der Notar, so arbeitete der BGH weiter heraus, sei bei der Riehtig-
stellung auch nicht etwa von der Mitwirkung der Beteiligten oder des
Versammlungsleiters abhangig.12 Auch die von dem Notar vorliegend ge-
wahlte Art und Weise der Korrektur wurde durch den BGH gebilligt: Nach
§ 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG konne der Notar offensichtliche Unrichtig-
keiten auch nach Abschluss der Niederschrift jedenfalls durch einen von
ihm zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtigstellen. Die in einem
Hauptversammlungsprotokoll nach § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG zwingend zu
erwahnende und vorliegend zunachst fehlende Abstimmungsart stellt jeden­
falls eine solche offensichtliche Unrichtigkeit dar. Die beiden in § 44a
Abs. 2 (Satz 1 und 2) BeurkG vorgesehenen Varianten „gesonderte Nieder-
IS
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2. Korrektur der notariellen Niederschrift
9 Dies hatte der BGH in seinem Urt. v. 16. 2. 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 =Jedoch gesteht der BGH den beteiligten Akteuren zu, dass das Protokoll
durch den Nachtrag des Notars erfolgreich mit materiell-rechtlicher Wir-
kung korrigiert werden konnte. Der Protokollmangel sei durch das Nach-
tragsprotokoll mit dem Hinweis auf die Abstimmung durch Zuruf behoben
worden. Zunachst bestatigt der BGH, dass die Korrekturmoglichkeit ge­
maB § 44a BeurkG auch auf das Wahmehmungsprotokoll anwendbar ist.8
Denn das notarielle Hauptversammlungsprotokoll gemaB § 130 Abs. 1
Satz 1 AktG hat den Charakter eines Berichts des Notars iiber seine
DNotZ 2009, 688, bereits klargestellt (in Sachen Kirch/Deutsche Bank); wichtiger
noch die in diesem Urteil enthaltene Feststellung, dass der Notar das Protokoll noch
nach der Sitzung bis zur EntauBerung so oft wie erforderlich abandem und fmalisieren
kann (Entwurfscharakter der Mitschrift/Notizen).
IK-
8 10 Winkler, BeurkG, 18. Aufl., 2017, § 44a Rdn. 28; Preufi in Armbriister/Preufi/Renner
BeurkG/DONot, 7. Aufl., 2015, § 44a BeurkG Rdn. 22.fe-
11 Der Rechtsverkehr hat ein grolieres Interesse an berichtigten richtigen Urkunden als
an unveranderten unrichtigen Urkunden, BGH, s. in diesem Heft S. 387, Tz. 39.
12 Dem wird in der Rezeption der Entscheidung weitestgehend beigetreten mit der
Begriindung, bei offensichtlichen Unrichtigkeiten konne es ohnehin nur um solche
Tatsachen oder Umstande gehen, die nach dem tatsachlichen oder mutmaBlichen
Willen der Beteiligten ohnehin im Hauptversammlungsprotokoll enthalten sein soli-
ten; so Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, unter Hinweis auf LG Regensburg,
Beschl. v. 15. 7. 2008 - 5 T 216/08, NotBZ 2010, 198, 199; Kanzleiter, DNotZ 1999,
Ss
iSv.
I- •M
1
5 LG Leipzig, Urt. v. 23. 1. 2015 - 4 HKO 902/14, BeckRS 2015, 123012.
6 OLG Dresden, Urt. v. 20. 11. 2015- 8 U 334/15, BeckRS 2015, 123011. II
6
I
7 Denn auch in diesen Fallen konnen Meinungsverschiedenheiten iiber die Abstim­
mungsart entstehen, Wachter, BB 2017, 2889, 2896.
8 Siehe in diesem Heft S. 384, Tz. 26.
292, 304. Daher gebe es keinen Grund, den Notar zusatzlich etwa der Kontrolle durch
den Versammlungsleiter zu unterwerfen.
I:
I DNotZ 2018DNotZ 2018
Beschlussmdngelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll
An dieser Stelle gibt der II. Senat seine eigene Rechtsprechung jedoch
teilweise auf: Es konne im Einzelfall gerechtfertigt sein, von der Nichtig-
keitsfolge abzusehen, wenn sich aus der Niederschrift auch ohne zahlen-
mafiige Nennung der Ja- und Nein-Stimmen das zahlenmaBige Abstim-
mungsergebnis so ermitteln lasse, dass keinerlei Zweifel tiber die Ableh-
nung oder Annahme des Antrages und die OrdnungsmaBigkeit der Be-
schlussfassung verbleiben.
Nach kurzer Subsumtion auf den vorliegenden Fall kommt der BGH zum
Ergebnis, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Rechnet man jedwede
mogliche Konstellation nach - aufgrund der Satzung waren Mehrfach-
stimmrechte nicht ausgeschlossen verblieben keine Zweifel daran, dass
das Beschlussergebnis auf „angenommen" lauten musste, zumal nur eine
einfache Mehrheit erforderlich war und die Gesellschaft nur iiber zwei
Aktionare verfugte.
329328 Lubberich
schrift" (forrastrenger) und „Nachtragsvermerk" stiinden jedenfalls bei of-
fensichtlichen Unrichtigkeiten zur Wahl.13
Eine Grenze der Berichtigungsmoglichkeit konnte jedoch darin bestehen,
dass ein Aktionar im Vertrauen auf die unrichtige Niederschrift bereits
Dispositionen getroffen hat, etwa im Zusammenhang mit Eintragungen im
Handelsregister oder anhangigen Verfahren.14 Ob in einer solchen Situation,
welche im Streitfall nicht gegeben war, anders zu entscheiden gewesen
ware, hat der BGH bewusst offengelassen.
17
3. Keine Angabe des Rechtsgrundes der Art der Abstimmung
Im weiteren Verlauf der ausfiihrlichen Urteilsbegriindung stellt der BGH
in Ausfuhrung seines zweiten Leitsatzes fest, dass der Rechtsgrund fur die
gewahlte Art der Abstimmung nicht im Protokoll angegeben werden
muss.15 Hierfur spreche der klare Wortlaut der einschlagigen Vorschrift des
5. „Wiederverwendung" der gerichtlichen Ermachtigung§ 130 Abs. 2 Satz 1 AktG, welche aufgrund der (nach § 241 Ziff. 2 AktG)
sehr einschneidenden Folgen auch eng auszulegen sei; der BGH betreibt
konsequent iiber die Wortlautauslegung hinaus keine Exegese. Konstatiert
wird nur mehr, dass ohne Zweifel auch ohne Angabe des Rechtsgrundes
Vorgang und Ergebnis der Abstimmung (als aufiere Vorgange) festgestellt
werden konnen.
Ein weiterer durch die Revision vorgebrachter Makel der Hauptversamm-
lung war, dass es sich um eine Wiederholungsversammlung handelte und die
gerichtliche Ermachtigung insoweit „verbraucht"gewesen sei. Die vorherige
Hauptversammlung, welche aufgrund gerichtlicher Ermachtigung gemaB
§ 122 Abs. 3 AktG einberufen worden war, scheiterte aufgrund Nichtigkeit
(Ladungsmangel); das Handelsregister erkannte diese und lehnte die Eintra-
gung von Vorstandsanderungen ab. Nun wurde ein und dieselbe gerichtliche
Ermachtigung zurerneuten Ladung „wiederverwendet".
Der BGH stellte klar, dass aufgrund der Nichtigkeit der in der ersten
Hauptversammlung gefassten Beschliisse die gerichtliche Ermachtigung bei
der zweiten Hauptversammlung noch nicht verbraucht gewesen ist. Ein
„Verbrauch" konne erst eintreten, wenn die Hauptversammlung sich mit
den betreffenden Angelegenheiten befasse. Sie konne sich jedoch nur im
Rechtssinne mit den Angelegenheiten befassen, wenn sie entsprechend dem
Ermachtigungsverlangen gesetzes- und satzungsgemaB einberufen und
durchgefuhrt worden ist - was angesichts der Nichtigkeit aufgrund Einberu-
fungsmangels gerade nicht der Fall war. Es sei ein iiberflussiger Formalis-
mus, wenn den Akteuren abverlangt wiirde, eine inhaltsgleiche gerichtliche
Ermachtigung noch ein weiteres Mai zu beantragen. Auch ein rein zeitlicher
„Ablauf' der Ermachtigung komme vorliegend nicht in Betracht: Die
zweite Hauptversammlung hat mehrere Monate nach der Ermachtigung
stattgefunden, jedoch sei eine einzelfallbezogene Abwagung zu treffen, die
beriicksichtigen musse, dass die die Ermachtigung beantragenden Aktionare
1I
4. Angabe des zahlenmafiigen Ergebnisses
Der BGH arbeitet die von der Revision geriigten Mangel des Hauptver-
sammlungsprotokolls weiter ab und stellt zunachst fest, dass in der Nieder­
schrift grundsatzlich gemaB § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG das zahlenmaBige
Ergebnis der Abstimmung anzugeben ist, was regelmaBig die Angabe der
Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen erfordere16 und zur Nichtigkeit der
Beschliisse bei Fehlen dieser Angabe fiihre (da Mehrfachstimmrechte mog-
lich seien und der Einzahlungsstatus der Aktien unbekannt sein konnte, ist
die Angabe von Prozentzahlen oftmals nicht ausreichend). Im vorliegend
besprochenen Fall wurde im Protokoll das Ergebnis der Abstimmung je-
weils nur mit ,,90% zu 10%" angegeben.
[ :!
13 Siehe in diesem Heft S. 386, Tz. 32.
14 In diese Richtung Wachter, BB 2017, 2889, 2897.
15 Siehe in diesem Heft S. 388, Tz. 42. Auch diese Position wird in der Literatur begriiBt;
Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, vertritt die Ansicht, dass die anderslauten-
den Stimmen (Kubis in MiinchKommAktG, 4. Aufl., 2018, § 130 Rdn. 50; Drinhau-
sen in Hollers, AktG, 3. Aufl., 2017, § 130 Rdn. 29) keine tragfahige Begriindung
liefern. Wie auch vom BGH ausgefiihrt, zeige bereits die Niederschrift der gewahlten
Abstimmungsart, wie der entsprechende Wille angelegt war. Der dahinterliegende
Rechtsgrund bringe keinen weiteren Erkenntnisgewinn.
16 Interessanterweise muss die miindiich gefuhrte Versammlung selbst jedoch dieses
Zahlenwerk nicht enthalten, sondem nur das Protokoll; so der BGH, s. in diesem Heft
S. 392, Tz. 56; das „Verlesen von Zahlenkolonnen" mag bei Publikumsgesellschaften
haufig untunlich sein.
17 In diesem Heft S. 393, Tz. 62; Herrler, NJW 2018, 585, 587, merkt an, dass dies nicht
iiberzeugend sei, da der Wortlaut des § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG eindeutig sei und der
als solcher verstandenen teleologischen Reduktion nicht zuganglich sei. Der Autor
verweist aber auf die umfangreichen Korrekturmoglichkeiten des Protokolls und geht
daher davon aus, dass die Praxisrelevanz kiinftig abnehmen diirfte, da derartigen
Mangeln durch Korrektur begegnet werden konne.
1
I
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'iit DNotZ 2018DNotZ 2018
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330 Lubberich
anders als die regelmaBig einbemfenden Organe aus Mangel an Erfahrung
mehr Zeit fur die Vorbereitung einer Hauptversammlung benotigen; dies ist
diesen zuzugestehen. Dies darf jedoch nicht dariiber hinwegtauschen, dass
im Einzelfali bei zu langem Zeitablauf bei Untatigkeit auch ein Erloschen
der Ermachtigung angenommen werden kann.18
6. Relevanz eines Bekanntmachungsmangels
Ein weiterer im vorliegenden Streitfall von der Revision gertigter Mangel
betraf einen Bekanntmachungsfehler i.S. von § 124 Abs. 2 Satz 1 AktG.
Die Bekanntmachung der Hauptversammlung hatte nicht dariiber infor-
miert, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusam-
mensetze. Insoweit war von anfechtungsklagerischer und revisionsfuhren-
der Seite Nichtigerklarung des aufgrund der Bekanntmachung gefassten
Wahlbeschlusses gemaB § 243 Abs. 1 AktG beantragt worden.
Der BGH konstatierte hierzuzunachst, dassdie Angabepflichten auchdann
anwendbar sind, wenn es sich um eine Einberufung kraft Ermachtigung nach
§ 122 Abs. 3 AktG handelt. Sodann trat er in die Relevanzpriifung ein, unter
Einbeziehung des Zwecks der verletzten Norm.19 Durch die unterlassene
Pflichtangabe soil es dem Aktionar ermoglicht werden, sich eine Meinung
dariiber zu bilden, ob seineTeilnahme an derHauptversammlung sinnvoll ist.
Nur wenndem Aktionardie Zusammensetzungdes Aufsichtsratesbekannt ist,
kann der Aktionar die Gewichtung seiner Stimme richtig einschatzen. Der
BGH hat den vorliegendenSachverhalt als atypischenSonderfall eingeordnet
und festgestellt, dass der klagende Aktionar, der selbst als Vorstand die Zu­
sammensetzung des Aufsichtsrates und die zugrunde liegenden gesetzlichen
Pflichten kennenmusste, sicherlichnicht aufdiese Angabein derEinberufung
angewiesen war. Anhaltspunkte fttr eine Mitbestimmungspflicht bestanden
auch nicht. In dieser Situation war es dem Klager augenscheinlich ein Leich-
tes, sich ein Bild zur Frage zu machen, ob eran der Versammlung teilnehmen
sollte oder ihrfembleibt. In derKonsequenz vemeinte der BGH die Relevanz,
nicht ohne darauf hinzuweisen,dass der Mangel im Regelfall Anfechtbarkeit
und Nichtigkeitsfeststellung nachsich Ziehen wtirde.
Beschlussmdngelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll 331
IV. Folgen fiir die Praxis
Die Praxisfolgen der Entscheidung sind als weitreichend und richtungs-
weisend anzusehen. Das viel kritisierte Beschlussmangelrecht wird einzel-
fallbezogen auf ein annehmbares MaB limitiert.
Die Entscheidung betraf die Hauptversammlung einer nicht borsennotier-
ten Aktiengesellschaft. Die Urteilsgrtinde sind jedoch dariiber hinaus auch
fur Hauptversammlungen borsennotierter Aktiengesellschaften von Bedeu-
i
tung (§§ 130 Abs. 2 Nr. 3, 3 Abs. 2 AktG). Eine Anwendung der Entschei­
dung auch auf privatschriftliche Hauptversammlungsbeschltisse liegt zudem
nahe, was diePraxisrelevanz der Entscheidungweiter erhohen wtirde.20
Die einvemehmliche Rezeption der Entscheidung in der Literatur lasst
erwarten, dass sich der Gesetzgeber mit dem Beschlussmangelrecht befasst,
um zu vermeiden, dass die aus Sicht vieler reformbediirftigen Vorschriften
durch allzu sehr am Einzelfali orientierte Auslegung auf Praxistauglichkeit
getrimmt werden. Dass die aktuelle rechtspolitische Diskussion die Reform
des Beschlussmangelrechts priorisiert, zeigt sich auch darin, dass die Re-
formiiberlegungen ein zentrales Thema des 72. Deutschen Juristentages
innerhalb der Abteilung Wirtschaftsrecht bilden werden.
|
V. Zusammenfassung
Die vorliegende Entscheidung des BGH beriihrt zahlreiche Fragen des
Beschlussmangelrechts. Zusammenfassend lasst sich festhalten:
1. Der Notar kann das Wahmehmungsprotokoll iiber die Hauptversamm­
lung nach den Vorschriften des § 44a BeurkG berichtigen, und zwar ohne
Mitwirkung der Beteiligten und auch nach EntauBerung.21
2. Der Rechtsgrund, warum eine bestimmte Abstimmungsart gewahlt
wird (z. B. Satzungsvorschrift), gehort nicht zum Pflichtinhalt des Pro-
I
I
r
II
tokolls nach § 130 AktG.22
3. Wenn sich aus den Angaben in der Niederschrift das zahlenmaBige
Abstimmungsergebnis zweifelsfrei errechnen lasst, kann im Protokoll aus-
nahmsweise eine Prozentangabe fur das Beschlussergebnis ausreichend
sein.23
18 Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, weist darauf hin, dass der II. Zivilsenat
insoweit kein Novum ausspricht, sondem seine Rspr. aus 2015 fortfiihrt, BGH, Urt. v.
4. Eine nach § 122 Abs. 3 AktG erteilte gerichtliche Einberufungs-
ermachtigung wird erst verbraucht, wenn die Hauptversammlung entspre-
chend dem Verlangen gesetzes- und satzungsgemaB einberufen und durch-
gefiihrt worden ist und sich die Hauptversammlung mit dem fraglichen
Beschluss befasst hat.24
30. 6. 2015 - II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 = DNotZ 2016, 62 (s. hierzu Cziupka/
Kraack, S. 15) = Anm. Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2015 Anm. 1; der Autor erlau-
tert, dass die Einberufung innerhalb angemessener Zeit zu erfolgen habe und jeden-
falls nicht mehrere Monate hinausgezogert werden diirfe, schlagt jedoch in dogmati-
scher Hinsicht eine Ankniipfung an das Kriterium des Rechtsmissbrauchs vor (im
Anschluss an OLG Miinchen, Beschl. v. 9. 11. 2009 - 31 Wx 134/09, AG 2010, 84
und KG, Beschl. v. 25. 8. 2011 -25 W 63/11, NZG 2011, 1429, 1431).
19 Nach dergefestigten Rspr. des BGH ist die Nichtigerklarung eines VerfahrensverstoBes
zu versagen, wenn diesem die Relevanz fur das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungs-
recht eines objektiv urteilenden Aktionars fehlt, BGH, Urteile v. 18. 10. 2004 - II ZR
250/02, BGHZ 160, 385, 391 f. = DNotZ 2005, 302; v. 20. 9. 2004 - II ZR 288/02,
BGHZ 160,253,255 f. = DNotZ 2005, 138;v.25. 11. 2002 -II ZR 49/01, BGHZ 153,
32,36 f. = DNotZ 2003, 358; v. 12. 11.2001 - II ZR 225/99, BGHZ 149, 158, 164 f. =
DNotZ 2002, 798.
20 Reichard, GWR 2018, 69, und auch Seibt, EWiR 2018, 39, 40, sprechen sich fur die
Ubertragbarkeit aus.
21 Siehe in diesem Heft S. 382 LS a.
22 Vgl. oben Ziff. Ill 3.
23 Vgl. oben Ziff. Ill 4.
24 Vgl. oben Ziff.1115.
DNotZ 2018 DNotZ 2018
S-.
IEickelberg
5. In seltenen, ubersichtlich gestalteten und fur die betroffenen Aktionare
transparenten Fallen kann hochst ausnahmsweise die Relevanz eines Be-
kanntmachungsmangels fehlen, sodass eine Anfechtung der daraufhin er-
gangenen Beschliisse nicht auf diesen Mangel gestiitzt werden kann.25
Besonderheiten der konsularischen Beurkundung
grundsatz beschrankt sind.2 Bei von einem deutschen Notar im Ausland
genommenen Beurkundungen entsteht damit keine offentliche Urkunde, al-
lenfalls eine Privaturkunde.3 Auch in den Raumen deutscher diplomatischer
und konsularischerVertretungen imAusland kann eindeutscher Notar keinen
wirksamen Beurkundungsakt vomehmen.4 Der Notar kann schlieBlich die
ihmiibertragenen„Amtsbefugnisse nicht grenziiberschreitendmitnehmen".5
Um es gleichwohl - insbesondere, aber nicht ausschlieBlich (hierzu
sogleich unter Ziff. II 2 f bb „Deutschlandbezug") - im Ausland ansassigen
deutschen Staatsangehorigen zu ermoglichen, notarielle Tatigkeiten in An-
spruch zu nehmen, steht den Konsularbeamten innerhalb der Botschaften
und Konsulaten die Befugnis zu, bestimmte notarielle Aufgaben wahr-
zunehmen.6 So sind diese ausdrticklich nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Konsularge-
setz7 (KonsG) befugt, iiber Tatsachen und Vorgange, die sie in Ausiibung
ihres Amtes wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke auf-
zunehmen, insbesondere vor ihnen abgegebene Willenserklarungen und
eidesstattliche Versicherungen zu beurkunden.8 Die Konsularbeamten han-
deln dabei - wie die Notare im Inland - im Rahmen der vorsorgenden
Rechtspflege.9 Das KonsG billigt den Konsularbeamten hierbei zwar nicht
die notarielle Amtsstellung zu, stellt allerdings in § 10 Abs. 2 KonsG die
konsularisch aufgenommenen Urkunden den notariellen Urkunden gleich.
Fiir das Verfahren bei der Beurkundung gelten dementsprechend die Vor-
schriften des BeurkG weitgehend entsprechend (§ 10 Abs. 3 KonsG).
Haufig arbeiten die Konsularbeamten bei ihrer Tatigkeit mit den Notaren
vor Ort in Deutschland und den (Register-)Gerichten, Grundbuchamtern
oder sonstigen staatlichen Stellen eng zusammen. Aufgrund der haufig
wenig bekannten konsularischen Beurkundungszustandigkeiten kann es hier
zu Missverstandnissen kommen, etwa hinsichtlich der konkreten Befugnisse
332 333
vor-
AUFSATZ
Prof. Dr. Jan Eickelberg, LL.M. (Univ. Cambridge),
MBA (Univ. Liineburg), MHEd (Univ. Hamburg), Berlin*
Besonderheiten der konsularischen
Beurkundung und ihr Einiluss auf die
Zusaminenarbeit der Konsularbeamten mit
inlandischen Notaren
/« Zeiten zunehmender Globalisierung riickt auch die Beurkundung im
Ausland - und hier im Besonderen durch (deutsche) Konsularbeamte - in
den Fokus der rechtswissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Diese spielt auch
fur die notarielle Praxis im Inland eine zunehmend grofie Rolle - etwa
dann, wenn dort Urkunden entworfen werden, die anschliefiend im Konsulat
beurkundet werden sollen. An dieser Schnittstelle zwischen Notarial und
deutscher Auslandsvertretung setzt der nachfolgende Aufsatz an. Die Dar-
stellung der Besonderheiten der konsularischen Beurkundung und ihrer
Folgen fiir die inlandischen Notariate soil einen Beitrag leisten fur eine
moglichst effiziente und reibungslose Zusammenarbeit.
2 Winkler, BeurkG, 18. Aufl., 2017, Einl. Rdn. 40 f.; Limmer, Wurzburger Notarhand-
buch, 5. Aufl., 2018, 39 ff.; vgl. zur Inlandsbeurkundung durch einen englischen
Notar BVerfG, Beschl. v. 15. 10. 2015-1 BvR 2329/15, NJW 2016, 1010.
3 Vgl. BGH, Urt. v. 4. 3. 2013 - NotZ(Brfg) 9/12, DNotZ 2013, 630 = NJW 2013,
1605 mit Anm. Zimmer, grundlegend Urt. v. 30. 4. 1998 - IX ZR 150/97, DNotZ
1999, 346 = NJW 1998, 2830; eingehend Diehn/Bormann, BNotO, 2015, § 11a
Rdn. 4.
I. Einleitung
Die Beurkundungskompetenz der deutschen Notare endet bekanntlich an
der Grenze des deutschen Staatsgebiets.1 Dies ist eine zwingende Folge des
Umstands, dass derdeutsche Notar einoffentliches Amt ausiibt(§ 1 BNotO)
und seine Hoheitsbefugnisse durch den volkerrechtlichen Territorialitats-
4 Kersten/Buhling/Bischoff, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit,
25. Aufl., 2016, § 4 Rdn. 21.
5 Henssler/Kilian, NJW 2012,481,485.
6 Vgl. BeckOK-BOB/Z/feenfiwrger, 45. Ed., Stand: 1. 11. 2017, § 2276 Rdn. 1
Erbvertrag.
, zum
7 Konsulargesetz v. 11. 9. 1974 (BGB1. I, S. 2317), das zuletzt durch Art. 4 Abs. 39
des Gesetzes v. 18. 7. 2016 (BGB1.1, S. 1666) geandert worden ist.
Vgl. aus der Praxis zu dem Ubergang eines deutschen Erbteils aufgrund einer letzt-
willigen Verfugung nach dem Recht von Colorado und einem Antrag auf Erteilung
eines Erbscheins durch den deutschen Honorarkonsul in Colorado: KG, Beschl. v.
3. 4. 2012-1 W 557/11, ZEV2012, 593.
9 So ausdrticklich KeideUSternal, FamFG, 19. Aufl., 2017, Einl. Rdn. 104. Diese
Einordnung hindert es nicht, die Konsulate (auch wenn Mitarbeiter Beurkundungen
vomehmen) als „Verwaltungsbeh6rde" einzuordnen, wofiir etwa der Umstand spricht,
dass gegen ablehnende Entscheidungen nicht der justizielle Rechtsweg wie fur Nota­
re, sondem gemaB § 52 Nr. 2 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.
25 Vgl. oben Ziff. Ill 6.
* Der Verfasser ist Hochscliullehrer an der Hochschule fiir Wirtschaft und Recht Berlin
(HWR Berlin) und dort u.a. fiir die Vermittlung des (konsularischen) Beurkundungs-
rechts fiir Konsularbeamte des gehobenen und hoheren Dienstes mit juristischen
Vorkenntnissen zustandig. Der Beitrag gibt ausschlieBlich seine personliche Meinung
wieder.
8
BGH, Urteile v. 4. 3. 2013 - NotZ(Brfg) 9/12, DNotZ 2013, 630 = NJW 2013, 1065;
v. 30. 4. 1998 - IX ZR 150/97, BGHZ 138, 359 = DNotZ 1999, 346; Geimer, IPRrax
2000, 366, 368 f; Schulze, DNotZ 1992, 66; Pelikan, notar 2013, 165; Eickelberg,
NotBZ 2012, 338; vgl. auch Waldhojf NJW 2015, 3039; Rachlitz, DNotZ 2015, 953;
Huttenlocher, MittBayNot 2016, 77.
1
DNotZ 2018 DNotZ 2018

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  • 1. ;; Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll 325324 Lubberich s,? tci f-' welchem Zeitpunkt ein Fehler im notariellen Hauptversammlungsprotokoll korrigiert werden kann, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Berichtigung durch den Notar auf der Rechtsgrundlage des § 44a BeurkG grundsatzlich nicht fristgebunden ist, also auch nicht davon abhangt, ob das Protokoll bereits „entauBert" ist oder nicht; die Korrektur eines Wahrnehmungspro- tokolls ist ohne Mitwirkung der Beteiligten jedenfalls durch Nachtragsnie- derschrift des Notars moglich. Zudem stellt der BGH klar, unter welchen Umstanden eine gerichtliche Ermachtigung zur Einberufung einer Haupt- versammlung nach § 122 Abs. 3 AktG „verbraucht" ist; des Weiteren nimmt das Gericht zur Relevanz eines Einberufungsmangels Stellung, die im Streitfall zu veraeinen war. Die Entscheidung entfaltet zudem iiber den behandelten konkreten Sach- verhalt hinaus relevante Wirkkraft, vor allem, wenn sie - wie einige Kom- mentatoren postulieren2 -auch fur nicht beurkundete, privatschriftliche Pro- tokolle analog anwendbar sein sollte.3 Hingegen ist eine Differenzierung zwischen borsennotierten und nicht borsennotierten Gesellschaften nicht er- AKTUELLES FORUM Rechtsanwalt und Notar Dr. Finn Lubberich, LL.M., Frankfurt am Main Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand: Anforderungen an das Hauptversammlungs­ protokoll und Berichtigung nach „Entaufierung" - Zugleich Anmerkungen zum Urt. des BGH v. 10. 10. 2017 - II ZR 375/15 -* F I. Einleitung folgt.4 Leidet ein Hauptversammlungsbeschluss unter einem Beurkundungsman- gel, enthalt zum Beispiel ein Protokoll Pflichtangaben nach § 130 AktG nicht, schlagt dieser Fehler gemaB § 241 Ziff. 2 AktG auf das materielle Recht durch: Der Beschluss ist nichtig. Handelt es sich um einen eintra- gungspflichtigen Beschluss, besteht eine Heilungsmoglichkeit nach § 242 AktG durch Registereintragung. SolchermaBen formmangelhafte, nicht ein- tragungsbediirftige Beschliisse sind hingegen unheilbar nichtig. Nicht zuletzt angesichts dieser vielerorts als drastisch empfundenen Kon- sequenzen ist eine Reform des Beschlussmangelrechts seit Langerem in der rechtspolitischen Diskussion. Auch der II. Zivilsenat des BGH, der sich kurzlich mit einigen Spezialfragen des Beschlussmangelrechts auseinander- zusetzen hatte, hat die Gelegenheit dazu genutzt, in einer Einzelfallbetrach- tung der Tendenz nach eine Liberalisierung des Mangelrechts vorzuzeich- nen: Grundsatzlich muss das Abstimmungsergebnis im Hauptversamm­ lungsprotokoll festgehalten werden. Prozentangaben genugen insoweit grundsatzlich nicht. Es muss die Anzahl der Stimmen angegeben werden. Hiervon macht der BGH nunmehr eine Ausnahme, wenn sich das zahlen- mafiige Abstimmungsergebnis auch in nicht einfachen Verhaltnissen so errechnen lasst, dass danach keine Zweifel iiber die Ablehnung oder die Annahme des Antrags und die OrdnungsmaBigkeit der Beschlussfassung verbleiben.1 Dies ist deshalb ein Novum, da sich der BGH damit in der fur die amtliche Sammlung vorgesehenen Entscheidung gegen seine vorherige, strengere Sichtweise positioniert und nach Hoffnung vieler den Weg fur eine praxistaugliche Reformierung des Beschlussmangelrechts bereitet. Neben dieser Anderung der Rechtsprechung behandelt das vorliegende Urteil zusatzlich die sehr praxisrelevante Frage, auf welche Weise und zu II. Sachverhalt f In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es - in aller Kurze - um eine nur zweigliedrige Aktiengesellschaft, welche nicht borsennotiert und mit einem Grundkapital von 50 000,- € ausgestattet war. Der Mehrheits- aktionar hielt 90% der Aktien, der Minderheitsaktionar und Klager die verbleibenden 10%. Die Hauptversammlung, welche die Besonderheit auf- wies, dass sie zur Wiederholung von zuvor aufgrund nicht form- und frist- gerechter Ladung nichtigen Beschlussen wie bereits die vorherige (erfolg- lose) Hauptversammlung auf der Grundlage ein und derselben gerichtlichen Ermachtigung nach § 122 Abs. 3 AktG anberaumt worden war - die Bekanntmachung enthielt keine Angaben zu den gesetzlichen Vorschriften, aufgrund derer sich der Aufsichtsrat zusammensetzte beschloss mit einer „90 %-Mehrheit", den Aufsichtsrat abzuberufen und wahlte einen neuen Aufsichtsrat. Am selben Tag berief der neue Aufsichtsrat den Klager als Vorstand ab. Im notariellen Protokoll der Hauptversammlung war zur Ab- stimmung nicht die Anzahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen angege­ ben, sondem der Vermerk: „P. (90%) stimmt zu. R. (10%) stimmt da- gegen." Der beurkundende Notar hat sein Versammlungsprotokoll durch eine Nie- derschrift erganzt. Die Erganzung enthalt den Vermerk, dass der Versamm- lungsleiter daraufhingewiesen habe,dass die AbstimmungaufZuruf erfolge. 2 Reichard, GWR 2018, 69, nimmt ohne weiteres Ubertragbarkeit an. 3 Wachter, BB 2017, 2889, 2897, und Seibt, EWiR 2018, 39, 40, unterstreichen jedoch, dass der BGH diese Frage offengelassen hat, wahrend der letztgenannte Autor sich fur eine Ubertragbarkeit ausspricht. 4 Hierauf hinweisend Wachter, BB 2017, 2889, 2897. * Siehe in diesem Heft S. 382 = NJW 2018, 52. 1 Siehe in diesem Heft S. 382 LS c. DNotZ 2018DNotZ 2018
  • 2. Beschlussmangelrecht auf dem Priifstand: HauptversammlungsprotokollLubberich Die Anfechtungsklage des Minderheitsaktionars gegen die Beschliisse der Hauptversammlung wurde in erster Instanz abgewiesen.5 Die Beru- fung des Klagers hat das OLG Dresden als Berufungsgericht zuriick- gewiesen.6 327326 Wahmehmungen i. S. des § 37 Abs. I Satz 1 Nr. 2 BeurkG.9 Der BGH ftihrt zur Begriindung entlang der klassischen Auslegungskriterien der Norm aus, § 44a BeurkG sei aufgrund seiner systematischen Stellung eine Verfahrensnorm fur alle Urkundenarten und beschranke die Zulassigkeit einer Berichtigung nicht auf die Beurkundung von Willenserklarungen. Weiter folge aus dem Zweck der Vorschrift (Herstellung inhaltlich richti- ger Urkunden)10 keine Beschrankung auf bestimmte Urkundenarten. Das Protokoll konnte im vorliegenden Falle demgemaB urn die Pflichtangabe zur Art der Abstimmung erganzt werden, da die Voraussetzungen des § 44a Abs. 2 BeurkG insoweit vorgelegen hatten. Nicht in die Urkunde aufgenommene Wahmehmungen des Notars konnten im Wege der Berich­ tigung als offensichtliche Unrichtigkeit aufgenommen oder erganzt wer­ den. I' 1 W- III. Entsch. v. 10. 10. 2017 Auch der BGH hat die Revision des Klagers zuruckgewiesen, da im Ergebnis keine zur Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschliisse fuhren- den Mangel gegeben seien. Das Gericht behandelt in seinen ausfiihrlichen Urteilsgriinden chronologisch die folgenden Schwerpunkte: if'-:::'' lifc If"1. Angabe der Art der Abstimmung In dem Protokoll iiber die Hauptversammlung ist gemaB § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG die Art der Abstimmung anzugeben. „Art der Abstimmung" bedeutet hierbei eine Beschreibung des Vorgangs, wie der Beschluss in der Versammlung zustande gekommen ist. Anzugeben ist, wie abgestimmt wurde, z. B. mundlich, schriftlich, durch Handzeichen oder andere Gesten, Zuruf, Aufstehen, Stimmkarte, elektronische Abstimmung oder andere Be- tatigung. In dieser Hinsicht wies das streitgegenstandliche Protokoll der Haupt­ versammlung einen Fehler auf, da es die geforderte Angabe der Abstim- mungsart nicht enthielt. Der BGH schloss sich der gefestigten Ansicht unverandert an, dass zumindest zu beschreiben sei, „wie der Beschluss zustande gekommen" sei. Die Norm sei Ausnahmen nicht zuganglich. Dies ist auf den Normzweck zu stiitzen (Rechtssicherheit und Beweissi- cherung); spatere Meinungsverschiedenheiten iiber die Abstimmungsart sollen unbedingt vermieden werden, also auch bci kleinen Aktionarskrei- sen.7 SchlieBlich konnte der Notar die Korrektur auch ohne die Beteiligten und auch noch nach EntauBerung des Protokolls vomehmen. Vor allem der letztere Punkt ist immer noch umstritten: Kann ein Notar das Versamm- lungsprotokoll nach dessen EntauBerung in den Rechtsverkehr nach § 44a Abs. 2 Satz 3 BeurkG durch eine erganzende Niederschrift berichtigen? Diese Frage bejahte der BGH im Sinne der Beweisfunktion (Rechtssicher­ heit); das Interesse des Rechtsverkehrs an einer richtigen Urkunde tiber- wiege.11 Der Notar, so arbeitete der BGH weiter heraus, sei bei der Riehtig- stellung auch nicht etwa von der Mitwirkung der Beteiligten oder des Versammlungsleiters abhangig.12 Auch die von dem Notar vorliegend ge- wahlte Art und Weise der Korrektur wurde durch den BGH gebilligt: Nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG konne der Notar offensichtliche Unrichtig- keiten auch nach Abschluss der Niederschrift jedenfalls durch einen von ihm zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtigstellen. Die in einem Hauptversammlungsprotokoll nach § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG zwingend zu erwahnende und vorliegend zunachst fehlende Abstimmungsart stellt jeden­ falls eine solche offensichtliche Unrichtigkeit dar. Die beiden in § 44a Abs. 2 (Satz 1 und 2) BeurkG vorgesehenen Varianten „gesonderte Nieder- IS IS Ik i- IE ts. I I 1 i 2. Korrektur der notariellen Niederschrift 9 Dies hatte der BGH in seinem Urt. v. 16. 2. 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 =Jedoch gesteht der BGH den beteiligten Akteuren zu, dass das Protokoll durch den Nachtrag des Notars erfolgreich mit materiell-rechtlicher Wir- kung korrigiert werden konnte. Der Protokollmangel sei durch das Nach- tragsprotokoll mit dem Hinweis auf die Abstimmung durch Zuruf behoben worden. Zunachst bestatigt der BGH, dass die Korrekturmoglichkeit ge­ maB § 44a BeurkG auch auf das Wahmehmungsprotokoll anwendbar ist.8 Denn das notarielle Hauptversammlungsprotokoll gemaB § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG hat den Charakter eines Berichts des Notars iiber seine DNotZ 2009, 688, bereits klargestellt (in Sachen Kirch/Deutsche Bank); wichtiger noch die in diesem Urteil enthaltene Feststellung, dass der Notar das Protokoll noch nach der Sitzung bis zur EntauBerung so oft wie erforderlich abandem und fmalisieren kann (Entwurfscharakter der Mitschrift/Notizen). IK- 8 10 Winkler, BeurkG, 18. Aufl., 2017, § 44a Rdn. 28; Preufi in Armbriister/Preufi/Renner BeurkG/DONot, 7. Aufl., 2015, § 44a BeurkG Rdn. 22.fe- 11 Der Rechtsverkehr hat ein grolieres Interesse an berichtigten richtigen Urkunden als an unveranderten unrichtigen Urkunden, BGH, s. in diesem Heft S. 387, Tz. 39. 12 Dem wird in der Rezeption der Entscheidung weitestgehend beigetreten mit der Begriindung, bei offensichtlichen Unrichtigkeiten konne es ohnehin nur um solche Tatsachen oder Umstande gehen, die nach dem tatsachlichen oder mutmaBlichen Willen der Beteiligten ohnehin im Hauptversammlungsprotokoll enthalten sein soli- ten; so Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, unter Hinweis auf LG Regensburg, Beschl. v. 15. 7. 2008 - 5 T 216/08, NotBZ 2010, 198, 199; Kanzleiter, DNotZ 1999, Ss iSv. I- •M 1 5 LG Leipzig, Urt. v. 23. 1. 2015 - 4 HKO 902/14, BeckRS 2015, 123012. 6 OLG Dresden, Urt. v. 20. 11. 2015- 8 U 334/15, BeckRS 2015, 123011. II 6 I 7 Denn auch in diesen Fallen konnen Meinungsverschiedenheiten iiber die Abstim­ mungsart entstehen, Wachter, BB 2017, 2889, 2896. 8 Siehe in diesem Heft S. 384, Tz. 26. 292, 304. Daher gebe es keinen Grund, den Notar zusatzlich etwa der Kontrolle durch den Versammlungsleiter zu unterwerfen. I: I DNotZ 2018DNotZ 2018
  • 3. Beschlussmdngelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll An dieser Stelle gibt der II. Senat seine eigene Rechtsprechung jedoch teilweise auf: Es konne im Einzelfall gerechtfertigt sein, von der Nichtig- keitsfolge abzusehen, wenn sich aus der Niederschrift auch ohne zahlen- mafiige Nennung der Ja- und Nein-Stimmen das zahlenmaBige Abstim- mungsergebnis so ermitteln lasse, dass keinerlei Zweifel tiber die Ableh- nung oder Annahme des Antrages und die OrdnungsmaBigkeit der Be- schlussfassung verbleiben. Nach kurzer Subsumtion auf den vorliegenden Fall kommt der BGH zum Ergebnis, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Rechnet man jedwede mogliche Konstellation nach - aufgrund der Satzung waren Mehrfach- stimmrechte nicht ausgeschlossen verblieben keine Zweifel daran, dass das Beschlussergebnis auf „angenommen" lauten musste, zumal nur eine einfache Mehrheit erforderlich war und die Gesellschaft nur iiber zwei Aktionare verfugte. 329328 Lubberich schrift" (forrastrenger) und „Nachtragsvermerk" stiinden jedenfalls bei of- fensichtlichen Unrichtigkeiten zur Wahl.13 Eine Grenze der Berichtigungsmoglichkeit konnte jedoch darin bestehen, dass ein Aktionar im Vertrauen auf die unrichtige Niederschrift bereits Dispositionen getroffen hat, etwa im Zusammenhang mit Eintragungen im Handelsregister oder anhangigen Verfahren.14 Ob in einer solchen Situation, welche im Streitfall nicht gegeben war, anders zu entscheiden gewesen ware, hat der BGH bewusst offengelassen. 17 3. Keine Angabe des Rechtsgrundes der Art der Abstimmung Im weiteren Verlauf der ausfiihrlichen Urteilsbegriindung stellt der BGH in Ausfuhrung seines zweiten Leitsatzes fest, dass der Rechtsgrund fur die gewahlte Art der Abstimmung nicht im Protokoll angegeben werden muss.15 Hierfur spreche der klare Wortlaut der einschlagigen Vorschrift des 5. „Wiederverwendung" der gerichtlichen Ermachtigung§ 130 Abs. 2 Satz 1 AktG, welche aufgrund der (nach § 241 Ziff. 2 AktG) sehr einschneidenden Folgen auch eng auszulegen sei; der BGH betreibt konsequent iiber die Wortlautauslegung hinaus keine Exegese. Konstatiert wird nur mehr, dass ohne Zweifel auch ohne Angabe des Rechtsgrundes Vorgang und Ergebnis der Abstimmung (als aufiere Vorgange) festgestellt werden konnen. Ein weiterer durch die Revision vorgebrachter Makel der Hauptversamm- lung war, dass es sich um eine Wiederholungsversammlung handelte und die gerichtliche Ermachtigung insoweit „verbraucht"gewesen sei. Die vorherige Hauptversammlung, welche aufgrund gerichtlicher Ermachtigung gemaB § 122 Abs. 3 AktG einberufen worden war, scheiterte aufgrund Nichtigkeit (Ladungsmangel); das Handelsregister erkannte diese und lehnte die Eintra- gung von Vorstandsanderungen ab. Nun wurde ein und dieselbe gerichtliche Ermachtigung zurerneuten Ladung „wiederverwendet". Der BGH stellte klar, dass aufgrund der Nichtigkeit der in der ersten Hauptversammlung gefassten Beschliisse die gerichtliche Ermachtigung bei der zweiten Hauptversammlung noch nicht verbraucht gewesen ist. Ein „Verbrauch" konne erst eintreten, wenn die Hauptversammlung sich mit den betreffenden Angelegenheiten befasse. Sie konne sich jedoch nur im Rechtssinne mit den Angelegenheiten befassen, wenn sie entsprechend dem Ermachtigungsverlangen gesetzes- und satzungsgemaB einberufen und durchgefuhrt worden ist - was angesichts der Nichtigkeit aufgrund Einberu- fungsmangels gerade nicht der Fall war. Es sei ein iiberflussiger Formalis- mus, wenn den Akteuren abverlangt wiirde, eine inhaltsgleiche gerichtliche Ermachtigung noch ein weiteres Mai zu beantragen. Auch ein rein zeitlicher „Ablauf' der Ermachtigung komme vorliegend nicht in Betracht: Die zweite Hauptversammlung hat mehrere Monate nach der Ermachtigung stattgefunden, jedoch sei eine einzelfallbezogene Abwagung zu treffen, die beriicksichtigen musse, dass die die Ermachtigung beantragenden Aktionare 1I 4. Angabe des zahlenmafiigen Ergebnisses Der BGH arbeitet die von der Revision geriigten Mangel des Hauptver- sammlungsprotokolls weiter ab und stellt zunachst fest, dass in der Nieder­ schrift grundsatzlich gemaB § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG das zahlenmaBige Ergebnis der Abstimmung anzugeben ist, was regelmaBig die Angabe der Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen erfordere16 und zur Nichtigkeit der Beschliisse bei Fehlen dieser Angabe fiihre (da Mehrfachstimmrechte mog- lich seien und der Einzahlungsstatus der Aktien unbekannt sein konnte, ist die Angabe von Prozentzahlen oftmals nicht ausreichend). Im vorliegend besprochenen Fall wurde im Protokoll das Ergebnis der Abstimmung je- weils nur mit ,,90% zu 10%" angegeben. [ :! 13 Siehe in diesem Heft S. 386, Tz. 32. 14 In diese Richtung Wachter, BB 2017, 2889, 2897. 15 Siehe in diesem Heft S. 388, Tz. 42. Auch diese Position wird in der Literatur begriiBt; Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, vertritt die Ansicht, dass die anderslauten- den Stimmen (Kubis in MiinchKommAktG, 4. Aufl., 2018, § 130 Rdn. 50; Drinhau- sen in Hollers, AktG, 3. Aufl., 2017, § 130 Rdn. 29) keine tragfahige Begriindung liefern. Wie auch vom BGH ausgefiihrt, zeige bereits die Niederschrift der gewahlten Abstimmungsart, wie der entsprechende Wille angelegt war. Der dahinterliegende Rechtsgrund bringe keinen weiteren Erkenntnisgewinn. 16 Interessanterweise muss die miindiich gefuhrte Versammlung selbst jedoch dieses Zahlenwerk nicht enthalten, sondem nur das Protokoll; so der BGH, s. in diesem Heft S. 392, Tz. 56; das „Verlesen von Zahlenkolonnen" mag bei Publikumsgesellschaften haufig untunlich sein. 17 In diesem Heft S. 393, Tz. 62; Herrler, NJW 2018, 585, 587, merkt an, dass dies nicht iiberzeugend sei, da der Wortlaut des § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG eindeutig sei und der als solcher verstandenen teleologischen Reduktion nicht zuganglich sei. Der Autor verweist aber auf die umfangreichen Korrekturmoglichkeiten des Protokolls und geht daher davon aus, dass die Praxisrelevanz kiinftig abnehmen diirfte, da derartigen Mangeln durch Korrektur begegnet werden konne. 1 I ii 'iit DNotZ 2018DNotZ 2018 Si 1... .J!
  • 4. 330 Lubberich anders als die regelmaBig einbemfenden Organe aus Mangel an Erfahrung mehr Zeit fur die Vorbereitung einer Hauptversammlung benotigen; dies ist diesen zuzugestehen. Dies darf jedoch nicht dariiber hinwegtauschen, dass im Einzelfali bei zu langem Zeitablauf bei Untatigkeit auch ein Erloschen der Ermachtigung angenommen werden kann.18 6. Relevanz eines Bekanntmachungsmangels Ein weiterer im vorliegenden Streitfall von der Revision gertigter Mangel betraf einen Bekanntmachungsfehler i.S. von § 124 Abs. 2 Satz 1 AktG. Die Bekanntmachung der Hauptversammlung hatte nicht dariiber infor- miert, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusam- mensetze. Insoweit war von anfechtungsklagerischer und revisionsfuhren- der Seite Nichtigerklarung des aufgrund der Bekanntmachung gefassten Wahlbeschlusses gemaB § 243 Abs. 1 AktG beantragt worden. Der BGH konstatierte hierzuzunachst, dassdie Angabepflichten auchdann anwendbar sind, wenn es sich um eine Einberufung kraft Ermachtigung nach § 122 Abs. 3 AktG handelt. Sodann trat er in die Relevanzpriifung ein, unter Einbeziehung des Zwecks der verletzten Norm.19 Durch die unterlassene Pflichtangabe soil es dem Aktionar ermoglicht werden, sich eine Meinung dariiber zu bilden, ob seineTeilnahme an derHauptversammlung sinnvoll ist. Nur wenndem Aktionardie Zusammensetzungdes Aufsichtsratesbekannt ist, kann der Aktionar die Gewichtung seiner Stimme richtig einschatzen. Der BGH hat den vorliegendenSachverhalt als atypischenSonderfall eingeordnet und festgestellt, dass der klagende Aktionar, der selbst als Vorstand die Zu­ sammensetzung des Aufsichtsrates und die zugrunde liegenden gesetzlichen Pflichten kennenmusste, sicherlichnicht aufdiese Angabein derEinberufung angewiesen war. Anhaltspunkte fttr eine Mitbestimmungspflicht bestanden auch nicht. In dieser Situation war es dem Klager augenscheinlich ein Leich- tes, sich ein Bild zur Frage zu machen, ob eran der Versammlung teilnehmen sollte oder ihrfembleibt. In derKonsequenz vemeinte der BGH die Relevanz, nicht ohne darauf hinzuweisen,dass der Mangel im Regelfall Anfechtbarkeit und Nichtigkeitsfeststellung nachsich Ziehen wtirde. Beschlussmdngelrecht auf dem Priifstand: Hauptversammlungsprotokoll 331 IV. Folgen fiir die Praxis Die Praxisfolgen der Entscheidung sind als weitreichend und richtungs- weisend anzusehen. Das viel kritisierte Beschlussmangelrecht wird einzel- fallbezogen auf ein annehmbares MaB limitiert. Die Entscheidung betraf die Hauptversammlung einer nicht borsennotier- ten Aktiengesellschaft. Die Urteilsgrtinde sind jedoch dariiber hinaus auch fur Hauptversammlungen borsennotierter Aktiengesellschaften von Bedeu- i tung (§§ 130 Abs. 2 Nr. 3, 3 Abs. 2 AktG). Eine Anwendung der Entschei­ dung auch auf privatschriftliche Hauptversammlungsbeschltisse liegt zudem nahe, was diePraxisrelevanz der Entscheidungweiter erhohen wtirde.20 Die einvemehmliche Rezeption der Entscheidung in der Literatur lasst erwarten, dass sich der Gesetzgeber mit dem Beschlussmangelrecht befasst, um zu vermeiden, dass die aus Sicht vieler reformbediirftigen Vorschriften durch allzu sehr am Einzelfali orientierte Auslegung auf Praxistauglichkeit getrimmt werden. Dass die aktuelle rechtspolitische Diskussion die Reform des Beschlussmangelrechts priorisiert, zeigt sich auch darin, dass die Re- formiiberlegungen ein zentrales Thema des 72. Deutschen Juristentages innerhalb der Abteilung Wirtschaftsrecht bilden werden. | V. Zusammenfassung Die vorliegende Entscheidung des BGH beriihrt zahlreiche Fragen des Beschlussmangelrechts. Zusammenfassend lasst sich festhalten: 1. Der Notar kann das Wahmehmungsprotokoll iiber die Hauptversamm­ lung nach den Vorschriften des § 44a BeurkG berichtigen, und zwar ohne Mitwirkung der Beteiligten und auch nach EntauBerung.21 2. Der Rechtsgrund, warum eine bestimmte Abstimmungsart gewahlt wird (z. B. Satzungsvorschrift), gehort nicht zum Pflichtinhalt des Pro- I I r II tokolls nach § 130 AktG.22 3. Wenn sich aus den Angaben in der Niederschrift das zahlenmaBige Abstimmungsergebnis zweifelsfrei errechnen lasst, kann im Protokoll aus- nahmsweise eine Prozentangabe fur das Beschlussergebnis ausreichend sein.23 18 Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2017 Anm. 1, weist darauf hin, dass der II. Zivilsenat insoweit kein Novum ausspricht, sondem seine Rspr. aus 2015 fortfiihrt, BGH, Urt. v. 4. Eine nach § 122 Abs. 3 AktG erteilte gerichtliche Einberufungs- ermachtigung wird erst verbraucht, wenn die Hauptversammlung entspre- chend dem Verlangen gesetzes- und satzungsgemaB einberufen und durch- gefiihrt worden ist und sich die Hauptversammlung mit dem fraglichen Beschluss befasst hat.24 30. 6. 2015 - II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 = DNotZ 2016, 62 (s. hierzu Cziupka/ Kraack, S. 15) = Anm. Hippeli, jurisPR-HaGesR 12/2015 Anm. 1; der Autor erlau- tert, dass die Einberufung innerhalb angemessener Zeit zu erfolgen habe und jeden- falls nicht mehrere Monate hinausgezogert werden diirfe, schlagt jedoch in dogmati- scher Hinsicht eine Ankniipfung an das Kriterium des Rechtsmissbrauchs vor (im Anschluss an OLG Miinchen, Beschl. v. 9. 11. 2009 - 31 Wx 134/09, AG 2010, 84 und KG, Beschl. v. 25. 8. 2011 -25 W 63/11, NZG 2011, 1429, 1431). 19 Nach dergefestigten Rspr. des BGH ist die Nichtigerklarung eines VerfahrensverstoBes zu versagen, wenn diesem die Relevanz fur das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungs- recht eines objektiv urteilenden Aktionars fehlt, BGH, Urteile v. 18. 10. 2004 - II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 391 f. = DNotZ 2005, 302; v. 20. 9. 2004 - II ZR 288/02, BGHZ 160,253,255 f. = DNotZ 2005, 138;v.25. 11. 2002 -II ZR 49/01, BGHZ 153, 32,36 f. = DNotZ 2003, 358; v. 12. 11.2001 - II ZR 225/99, BGHZ 149, 158, 164 f. = DNotZ 2002, 798. 20 Reichard, GWR 2018, 69, und auch Seibt, EWiR 2018, 39, 40, sprechen sich fur die Ubertragbarkeit aus. 21 Siehe in diesem Heft S. 382 LS a. 22 Vgl. oben Ziff. Ill 3. 23 Vgl. oben Ziff. Ill 4. 24 Vgl. oben Ziff.1115. DNotZ 2018 DNotZ 2018 S-.
  • 5. IEickelberg 5. In seltenen, ubersichtlich gestalteten und fur die betroffenen Aktionare transparenten Fallen kann hochst ausnahmsweise die Relevanz eines Be- kanntmachungsmangels fehlen, sodass eine Anfechtung der daraufhin er- gangenen Beschliisse nicht auf diesen Mangel gestiitzt werden kann.25 Besonderheiten der konsularischen Beurkundung grundsatz beschrankt sind.2 Bei von einem deutschen Notar im Ausland genommenen Beurkundungen entsteht damit keine offentliche Urkunde, al- lenfalls eine Privaturkunde.3 Auch in den Raumen deutscher diplomatischer und konsularischerVertretungen imAusland kann eindeutscher Notar keinen wirksamen Beurkundungsakt vomehmen.4 Der Notar kann schlieBlich die ihmiibertragenen„Amtsbefugnisse nicht grenziiberschreitendmitnehmen".5 Um es gleichwohl - insbesondere, aber nicht ausschlieBlich (hierzu sogleich unter Ziff. II 2 f bb „Deutschlandbezug") - im Ausland ansassigen deutschen Staatsangehorigen zu ermoglichen, notarielle Tatigkeiten in An- spruch zu nehmen, steht den Konsularbeamten innerhalb der Botschaften und Konsulaten die Befugnis zu, bestimmte notarielle Aufgaben wahr- zunehmen.6 So sind diese ausdrticklich nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Konsularge- setz7 (KonsG) befugt, iiber Tatsachen und Vorgange, die sie in Ausiibung ihres Amtes wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke auf- zunehmen, insbesondere vor ihnen abgegebene Willenserklarungen und eidesstattliche Versicherungen zu beurkunden.8 Die Konsularbeamten han- deln dabei - wie die Notare im Inland - im Rahmen der vorsorgenden Rechtspflege.9 Das KonsG billigt den Konsularbeamten hierbei zwar nicht die notarielle Amtsstellung zu, stellt allerdings in § 10 Abs. 2 KonsG die konsularisch aufgenommenen Urkunden den notariellen Urkunden gleich. Fiir das Verfahren bei der Beurkundung gelten dementsprechend die Vor- schriften des BeurkG weitgehend entsprechend (§ 10 Abs. 3 KonsG). Haufig arbeiten die Konsularbeamten bei ihrer Tatigkeit mit den Notaren vor Ort in Deutschland und den (Register-)Gerichten, Grundbuchamtern oder sonstigen staatlichen Stellen eng zusammen. Aufgrund der haufig wenig bekannten konsularischen Beurkundungszustandigkeiten kann es hier zu Missverstandnissen kommen, etwa hinsichtlich der konkreten Befugnisse 332 333 vor- AUFSATZ Prof. Dr. Jan Eickelberg, LL.M. (Univ. Cambridge), MBA (Univ. Liineburg), MHEd (Univ. Hamburg), Berlin* Besonderheiten der konsularischen Beurkundung und ihr Einiluss auf die Zusaminenarbeit der Konsularbeamten mit inlandischen Notaren /« Zeiten zunehmender Globalisierung riickt auch die Beurkundung im Ausland - und hier im Besonderen durch (deutsche) Konsularbeamte - in den Fokus der rechtswissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Diese spielt auch fur die notarielle Praxis im Inland eine zunehmend grofie Rolle - etwa dann, wenn dort Urkunden entworfen werden, die anschliefiend im Konsulat beurkundet werden sollen. An dieser Schnittstelle zwischen Notarial und deutscher Auslandsvertretung setzt der nachfolgende Aufsatz an. Die Dar- stellung der Besonderheiten der konsularischen Beurkundung und ihrer Folgen fiir die inlandischen Notariate soil einen Beitrag leisten fur eine moglichst effiziente und reibungslose Zusammenarbeit. 2 Winkler, BeurkG, 18. Aufl., 2017, Einl. Rdn. 40 f.; Limmer, Wurzburger Notarhand- buch, 5. Aufl., 2018, 39 ff.; vgl. zur Inlandsbeurkundung durch einen englischen Notar BVerfG, Beschl. v. 15. 10. 2015-1 BvR 2329/15, NJW 2016, 1010. 3 Vgl. BGH, Urt. v. 4. 3. 2013 - NotZ(Brfg) 9/12, DNotZ 2013, 630 = NJW 2013, 1605 mit Anm. Zimmer, grundlegend Urt. v. 30. 4. 1998 - IX ZR 150/97, DNotZ 1999, 346 = NJW 1998, 2830; eingehend Diehn/Bormann, BNotO, 2015, § 11a Rdn. 4. I. Einleitung Die Beurkundungskompetenz der deutschen Notare endet bekanntlich an der Grenze des deutschen Staatsgebiets.1 Dies ist eine zwingende Folge des Umstands, dass derdeutsche Notar einoffentliches Amt ausiibt(§ 1 BNotO) und seine Hoheitsbefugnisse durch den volkerrechtlichen Territorialitats- 4 Kersten/Buhling/Bischoff, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 25. Aufl., 2016, § 4 Rdn. 21. 5 Henssler/Kilian, NJW 2012,481,485. 6 Vgl. BeckOK-BOB/Z/feenfiwrger, 45. Ed., Stand: 1. 11. 2017, § 2276 Rdn. 1 Erbvertrag. , zum 7 Konsulargesetz v. 11. 9. 1974 (BGB1. I, S. 2317), das zuletzt durch Art. 4 Abs. 39 des Gesetzes v. 18. 7. 2016 (BGB1.1, S. 1666) geandert worden ist. Vgl. aus der Praxis zu dem Ubergang eines deutschen Erbteils aufgrund einer letzt- willigen Verfugung nach dem Recht von Colorado und einem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch den deutschen Honorarkonsul in Colorado: KG, Beschl. v. 3. 4. 2012-1 W 557/11, ZEV2012, 593. 9 So ausdrticklich KeideUSternal, FamFG, 19. Aufl., 2017, Einl. Rdn. 104. Diese Einordnung hindert es nicht, die Konsulate (auch wenn Mitarbeiter Beurkundungen vomehmen) als „Verwaltungsbeh6rde" einzuordnen, wofiir etwa der Umstand spricht, dass gegen ablehnende Entscheidungen nicht der justizielle Rechtsweg wie fur Nota­ re, sondem gemaB § 52 Nr. 2 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. 25 Vgl. oben Ziff. Ill 6. * Der Verfasser ist Hochscliullehrer an der Hochschule fiir Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) und dort u.a. fiir die Vermittlung des (konsularischen) Beurkundungs- rechts fiir Konsularbeamte des gehobenen und hoheren Dienstes mit juristischen Vorkenntnissen zustandig. Der Beitrag gibt ausschlieBlich seine personliche Meinung wieder. 8 BGH, Urteile v. 4. 3. 2013 - NotZ(Brfg) 9/12, DNotZ 2013, 630 = NJW 2013, 1065; v. 30. 4. 1998 - IX ZR 150/97, BGHZ 138, 359 = DNotZ 1999, 346; Geimer, IPRrax 2000, 366, 368 f; Schulze, DNotZ 1992, 66; Pelikan, notar 2013, 165; Eickelberg, NotBZ 2012, 338; vgl. auch Waldhojf NJW 2015, 3039; Rachlitz, DNotZ 2015, 953; Huttenlocher, MittBayNot 2016, 77. 1 DNotZ 2018 DNotZ 2018