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ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE

                  RAINER SCHULZE-PILLOT




                    Inhaltsverzeichnis
0. Voraussetzungen aus den Anf¨ngervorlesungen
                               a                              1
1. Nat¨rliche und ganze Zahlen
        u                                                    12
2. Teilbarkeit und Primzahlen                                19
3. Euklidischer Algorithmus und diophantische Gleichungen    31
4. Kongruenzen und Ideale                                    40
5. Gruppen                                                   63
6. Operationen von Gruppen auf Mengen                        85
7. Abelsche Gruppen und Charaktere                           95
8. Die Struktur der primen Restklassengruppe                109
9. K¨rper und K¨rpererweiterungen
      o           o                                         129
10. Endliche K¨rper
                o                                           145
11. Endliche K¨rper und Faktorisierung von Polynomen
                o                                           153
Index                                                       164




                             0
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                      1

    0. Voraussetzungen aus den Anf¨ngervorlesungen
                                  a
Da dieses Skript sich haupts¨chlich an Studierende im zweiten Studien-
                            a
jahr wendet, setzen wir Vertrautheit mit den grundlegenden Begriffen
                                                           ¨
uber Mengen und Abbildungen voraus, auch die Begriffe Aquivalenz-
¨
              ¨
relation und Aquivalenzklasse kennt die Leserin ebenso wie der Leser
vermutlich bereits.
                                                                 ¨
Das in dieser Vorlesung am h¨ufigsten verwendete Beispiel einer Aqui-
                              a
valenzrelation ist die Kongruenz modulo n:
Beispiel. Auf der Menge Z der ganzen Zahlen wird f¨r n ∈ N{0} eine
                                                    u
                                ¨
Kongruenz modulo n genannte Aquivalenzrelation wie folgt definiert:
a ist genau dann kongruent zu b modulo n (Notation: a ≡ b mod n),
wenn a und b bei Division durch n mit Rest denselben Rest lassen.
Ist also etwa n = 2, so sind genau die geraden Zahlen kongruent zu
0 modulo 2, die ungeraden Zahlen sind kongruent zu 1 modulo 2, die
                          ¨
Menge Z zerf¨llt in zwei Aquivalenzklassen:
              a
Die eine Klasse besteht aus den geraden Zahlen, die andere besteht aus
den ungeraden Zahlen. Innerhalb einer Klasse sind alle Zahlen zuein-
ander kongruent modulo 2, zwei Zahlen aus verschiedenen Klassen sind
nicht zueinander kongruent.
                               ¨
Ist n = 3, so besteht etwa die Aquivalenzklasse der 1 (d. h. die Menge
aller zu 1 modulo 3 kongruenten ganzen Zahlen) aus den Zahlen
                      . . . , −8, −5, −2, 1, 4, 7, . . . .
            ¨
Jede solche Aquivalenzklasse bez¨glich der Kongruenz modulo n (d. h.
                                u
die Menge aller zu einem festen a ∈ Z modulo n kongruenten Zahlen)
nennt man auch eine arithmetische Progression modulo n.

Aus einer Vorlesung uber Lineare Algebra im ersten Studienjahr sollte
                     ¨
dem Leser dar¨ber hinaus die Theorie der Vektorr¨ume uber einem
               u                                     a     ¨
(beliebigen) K¨rper vertraut sein.
               o
In der Regel werden in einer solchen Vorlesung auch einige Grundtatsa-
chen uber Gruppen und uber Ringe behandelt. Diese Grundtatsachen
      ¨                  ¨
und -begriffe werden wir im Rahmen der ausf¨hrlicheren Behandlung
                                               u
von Gruppen und Ringen hier zwar erneut behandeln, wir wollen sie
aber gelegentlich in Beispielen schon vorher benutzen k¨nnen.
                                                        o
Wir listen daher kurz auf, was wir hier¨ber in solchen Beispielen vor-
                                        u
aussetzen wollen und verweisen f¨r die gr¨ndlichere Behandlung dieser
                                  u       u
Dinge auf die entsprechenden Kapitel:
Definition 0.1. Eine (nicht leere) Menge G mit einer Verkn¨pfung       u
◦ : (a, b) −→ a ◦ b (also einer Abbildung G × G −→ G, die jedem Paar
(a, b) von Elementen von G ein Element c = a ◦ b von G zuordnet)
heißt Gruppe, wenn gilt:
    a) a ◦ (b ◦ c) = (a ◦ b) ◦ c f¨r alle a, b, c ∈ G (Assoziativgesetz)
                                  u
2                       RAINER SCHULZE-PILLOT

    b) Es gibt ein (eindeutig bestimmtes) Element e ∈ G mit e ◦ a =
       a ◦ e = a f¨r alle a ∈ G. (e heißt neutrales Element.)
                  u
    c) Zu jedem a ∈ G gibt es ein (eindeutig bestimmtes) Element a
       (oder a−1 ) in G mit a ◦ a = a ◦ a = e. (a heißt inverses Element
       zu a.)
    d) Gilt uberdies das Kommutativgesetz a◦b = b◦a f¨r alle a, b ∈ G,
            ¨                                            u
       so heißt die Gruppe kommutativ oder abelsch (nach Niels Henrik
       Abel, 1802-1829)
Bemerkung.
  a) Es reicht, in ii) die Existenz eines Elements e ∈ G mit e ◦ a = a
     f¨r alle a ∈ G (also eines linksneutralen Elements von G) und in
      u
     iii) f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines a ∈ G mit a ◦ a = e (also
           u
     f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines linksinversen Elements) zu
      u
                            ¨
     verlangen. Beweis als Ubung, genauso geht es nat¨rlich mit rechts
                                                      u
     statt links. Dagegen erh¨lt man etwas anderes (nicht besonders
                               a
     sinnvolles), wenn man die Existenz eines linksneutralen Elements
     und f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines rechtsinversen Elements
            u
     verlangt.
  b) Nach Niels Henrik Abel ist auch der seit 2003 j¨hrlich als Ana-
                                                      a
     logon zum Nobelpreis in Oslo verliehene Abel-Preis mit einem
     Preisgeld von 6 Millionen Norwegischen Kronen (ca. 730000 Eu-
     ro) benannt (bisherige Preistr¨ger: 2003 Jean Pierre Serre, 2004
                                     a
     Michael Atiyah und Isadore Singer, 2005 Peter Lax).
Satz 0.2. Sei (G, ◦) eine Gruppe. Dann gilt:
  (a) F¨r alle a ∈ G ist (a−1 )−1 = a.
        u
 (b) F¨r alle a, b ∈ G ist (a ◦ b)−1 = b−1 ◦ a−1 .
        u
  (c) Sind a, b ∈ G, so gibt es genau ein x ∈ G mit a ◦ x = b und genau
      ein y ∈ G mit y ◦ a = b.
 (d) Sind a, x, y ∈ G mit x ◦ a = y ◦ a, so ist x = y.
  (e) Sind a, x, y ∈ G mit a ◦ x = a ◦ y, so ist x = y.
Definition 0.3. Eine Menge R mit Verkn¨pfungen +, · : R × R −→ R
                                             u
heißt Ring, wenn gilt:
   a) (R, +) ist kommutative Gruppe (mit neutralem Element 0).
   b) · ist assoziativ: F¨r a, b, c ∈ R gilt
                           u
      a · (bc) = (ab) · c.
   c) Es gelten die Distributivgesetze
                 a(b + c) = ab + ac
                 (a + b)c = ac + bc      f¨r a, b, c ∈ R
                                          u
Falls es ein neutrales Element 1 ∈ R bez¨glich der Multiplikation · gibt,
                                         u
so heißt 1 das Einselement des Ringes und R ein Ring mit Einselement.
Ist die Multiplikation · kommutativ, so heißt R ein kommutativer Ring.
Gibt es a, b ∈ R, a = 0 = b mit ab = 0, so heißen a, b Nullteiler in R,
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                        3

andernfalls heißt R nullteilerfrei.
Ein kommutativer Ring mit Einselement, der nullteilerfrei ist, heißt
Integrit¨tsbereich.
        a
Bemerkung.        a) In einem Ring gilt stets a · 0 = 0 · a = 0 f¨r alle
                                                                 u
     a ∈ R.
  b) Gibt es im Ring R ein neutrales Element bez¨glich der Multipli-
                                                    u
     kation, so ist dieses eindeutig bestimmt.
  c) F¨r den Rest dieses Skriptes haben alle Ringe ein Einselement. In
       u
     der Literatur wird die Existenz des Einselements manchmal zur
     Definition des Begriffes Ring hinzugenommen, manchmal nicht.
  d) Der Nullring {0} ist von dieser Definition ebenfalls zugelassen,
     in ihm ist das einzige Element gleichzeitig Nullelement und Eins-
     element.
Lemma 0.4. Ein kommutativer Ring R ist genau dann nullteilerfrei,
wenn in R die K¨rzungsregel gilt, d. h., wenn f¨r a, b, c ∈ R, a = 0 gilt:
               u                               u
                           ab = ac ⇔ b = c.
Beweis. Sei R nullteilerfrei und seien a, b, c ∈ R, a = 0 mit ab = ac.
Dann ist 0 = ab−ac = a(b−c) mit a = 0, also b−c = 0 nach Definition
der Nullteilerfreiheit und daher b = c.
Gilt umgekehrt in R die K¨rzungsregel und sind a, b ∈ R, a = 0 mit
                            u
ab = 0, so ist 0 = ab = a0 und nach der K¨rzungsregel folgt b = 0, also
                                           u
ist R nullteilerfrei.
Beispiele:
   • Z ist ein Ring ohne Nullteiler.
   • Ist K ein K¨rper, so ist K erst recht ein Ring (ohne Nullteiler).
                  o
   • Ist K ein K¨rper, so ist die Menge Mn (K) der n × n- Matrizen
                   o
     mit Eintr¨gen aus dem K¨rper K ein Ring, dessen Einselement
                a                 o
     die Einheitsmatrix En ist.
   • Ist K ein K¨rper, V ein K-Vektorraum, so ist die Menge End(V )
                  o
     der linearen Abbildungen von V in sich ein Ring, dessen Einsele-
     ment die identische Abbildung IdV ist.
   • Sei C(R) die Menge der stetigen Funktionen von R nach R.
     Dann ist C(R) bez¨glich der ublichen Operationen (f + g)(x) =
                           u          ¨
     f (x)+g(x), (f g)(x) = f (x)g(x) ein kommutativer Ring, der nicht
     nullteilerfrei ist. Das Gleiche gilt, wenn man stattdessen die Men-
     ge aller Funktionen oder die Menge aller differenzierbaren Funk-
     tionen von R nach R betrachtet.
Definition 0.5. Sei R ein kommutativer Ring.
  a) a ∈ R heißt Einheit in R, wenn es a ∈ R gibt mit aa = 1. Die
     Menge der Einheiten wird mit R× bezeichnet.
Beispiele:
   • Die Einheiten in Z sind +1, −1.
4                      RAINER SCHULZE-PILLOT

    • Die Einheiten im Ring C(R) der stetigen reellen Funktionen sind
      die Funktionen, die keine Nullstelle haben.
    • In einem K¨rper K sind alle Elemente außer 0 Einheiten, die
                 o
               ×
      Menge K der Einheiten von K ist also gleich K  {0}.
Lemma 0.6. Sei R ein kommutativer Ring. Dann bilden die Einheiten
von R bez¨glich der Multiplikation eine Gruppe, die Einheitengruppe
         u
R× von R.
        ¨
Beweis. Ubung
Manchmal kommen auch die folgenden Begriffe vor:
Definition 0.7. Eine Menge H = ∅ mit einer Verkn¨pfung (a, b) −→
                                                   u
a · b heißt Halbgruppe, wenn die Verkn¨pfung assoziativ ist. Sie heißt
                                       u
Monoid, wenn es ein (notwendig eindeutig bestimmtes) Element e ∈ H
gibt mit
                     ea = ae = a f¨r alle a ∈ H;
                                  u
e heißt dann das neutrale Element von H.
Definition 0.8. Sei K ein K¨rper. Eine K-Algebra ist ein K- Vektor-
                               o
raum A, auf dem zus¨tzlich eine Multiplikation (a, b) → a · b definiert
                        a
ist und f¨r den gilt:
         u
    a) (A, +, ·) ist ein Ring mit Einselement.
    b) F¨r a, b ∈ A, λ ∈ K gilt λ(a · b) = (λa) · b = a · (λb).
        u
Beispiel.    a) Ist K ein K¨rper und L ⊇ K ein Oberk¨rper von K,
                           o                         o
     so ist L eine K-Algebra.
  b) Ist K ein K¨rper und Mn (K) die Menge der n × n-Matrizen uber
                 o                                            ¨
     K, so ist Mn (K) eine K-Algebra.
  c) Ist K ein K¨rper, V ein K-Vektorraum, so ist End(V ) eine K-
                  o
     Algebra.

In der Vorlesung uber Lineare Algebra wird bei der Behandlung des
                  ¨
charakteristischen Polynoms und des Minimalpolynoms einer Matrix
meistens auch eine formale Definition des Polynomringes uber einem
                                                         ¨
beliebigen K¨rper vorgenommen, da uber einem beliebigen K¨rper K
             o                       ¨                      o
die Behandlung von Polynomen als K-wertige Polynomfunktionen zu
Problemen f¨hrt.
             u
Die ublichste Art, diesen Polynomring einzuf¨hren, ist die folgende,
     ¨                                       u
bei der wir zun¨chst einmal in einer Art Forderungskatalog festlegen,
                a
welche Eigenschaften wir vom Ring der Polynome in einer Variablen
X mit Koeffizienten in dem K¨rper K erwarten:
                             o
Definition 0.9. Sei K ein K¨rper. Ein Polynomring uber K in einer
                            o                      ¨
Unbestimmten X ist ein kommutativer Ring A (mit Einselement) 1
und einem ausgezeichneten Element X, so dass gilt:
   a) A ist eine K-Algebra
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                       5

   b) Jedes Element f = 0 von A l¨sst sich eindeutig als
                                 a
                        n
                  f=         ai X i       mit ai ∈ K, an = 0
                       i=0

      f¨r ein n ∈ N schreiben.
       u
      Hat f = 0 diese Darstellung, so heißt f vom Grad n, man
      schreibt deg(f ) = n. Dem Nullpolynom wird manchmal der Grad
      −∞ zugeordnet.
      Das Polynom f heißt normiert, falls an = 1 gilt.
Mit dieser Definition wissen wir zwar, was wir erreichen wollen, wir
m¨ssen uns aber den gew¨nschten Polynomring erst noch konstruieren.
  u                           u
Der n¨chstliegende Versuch ist zweifellos, den Polynomring als Ring
          a
von Funktionen zu definieren, die durch einen polynomialen Term ge-
geben sind, also als Menge aller Abbildungen f : K −→ K, f¨r die es
                                                           u
a0 , . . . , an ∈ K gibt, so dass
                               n
                   f (x) =            aj x j   f¨r alle x ∈ K
                                                u
                              j=0

gilt.
Die Leserin, die bereits Erfahrung im Umgang mit dem aus zwei Ele-
menten 0 und 1 (mit 0 + 0 = 1 + 1 = 0, 0 + 1 = 1 + 0 = 1, 0 · 0 = 0 · 1 =
1 · 0 = 0, 1 · 1 = 1) bestehenden K¨rper F2 hat, wird bemerken, dass
                                    o
dieser erste Versuch im Fall K = F2 fehlschl¨gt:
                                              a
Da xn = x f¨r alle n ∈ N  {0} und alle Elemente x von F2 gilt, gibt
              u
es f¨r K = F2 genau vier solche Abbildungen (von denen jede durch
    u
unendlich viele verschiedene Terme gegeben werden kann), w¨hrend    a
Teil b) der Definition impliziert, dass der Polynomring unendlich viele
Elemente hat.
Es ist aber auf Grund der Definition naheliegend, wie man bei der
Konstruktion vorzugehen hat: Ein Polynom f = n ai X i soll durch
                                                       i=0
das (n+1)-Tupel seiner Koeffizienten ai ∈ K bestimmt sein, wobei n =
deg(f ) ∈ N0 von f abh¨ngt und beliebig groß sein kann. Erg¨nzen wir
                         a                                        a
dieses (n + 1)-Tupel durch unendlich viele Nullen zu einer unendlichen
Folge (aj )j∈N0 von Elementen von K, so sind in dieser Folge offenbar nur
endlich viele (n¨mlich h¨chstens deg(f ) + 1 viele) Folgenglieder von 0
                 a        o
verschieden. Umgekehrt erhalten wir jede Folge (aj )j∈N0 von Elementen
von K, in der nur endlich viele Folgenglieder von 0 verschieden sind,
als Fortsetzung des Koeffiziententupels eines Polynoms. Polynome im
Sinne unserer Definition m¨ssen also in Bijektion zu solchen Folgen
                              u
stehen.
Da im Polynomring das Distributivgesetz gelten soll, ist ferner klar,
                                                        n       i
dass das Produkt f g von zwei Polynomen f =             i=0 ai X und g =
   m       j          n+m      k
   j=0 bj X gleich    k=0 ck X mit ck =    i+j=k ai bj sein muss, wenn es
6                        RAINER SCHULZE-PILLOT

uberhaupt m¨glich ist, den Polynomring wie gew¨nscht zu konstruie-
¨           o                                   u
ren.
Damit ist im Grunde vorgezeichnet, was wir zu tun haben:
Definition und Satz 0.10. Sei K ein K¨rper. In
                                    o
A := K[X] := K (N0 ) = {a = (aj )j∈N0 | aj ∈ K, aj = 0 f¨r fast alle j}
                                                        u
werde eine Verkn¨pfung (Multiplikation) definiert durch:
                u
                                              n
                          (a · b)n =                  aj bn−j ,
                                            j=0

ferner sei die Addition wie ublich durch
                            ¨
                              (a + b)n = an + bn
definiert. Dann gilt:
   a) A mit + und · ist eine kommutative K-Algebra
   b) Die Elemente e(i) ∈ A seien f¨r i ∈ N0 definiert durch
                                   u
                                (e(i) )n := δin .
       Dann ist e(0) das Einselement von A, und f¨r i, j ∈ N0 gilt
                                                 u
                              e(i) · e(j) = e(i+j) .
       Insbesondere gilt mit X := e(1) :
                       X i = e(i)       f¨r alle i ∈ N0 .
                                         u
    c) Ist 0 = a ∈ A und n := max{j ∈ N0 | aj = 0}, so ist
                                        n
                                a=            aj X j .
                                        j=0

    d) Der Ring A ist ein Polynomring uber K im Sinne von Definition
                                      ¨
       0.9. Jeder Polynomring A in einer Unbestimmten X uber K ist
                                                          ¨
       zu A kanonisch isomorph durch
                         n                        n
                                    i
                              ai X −→                  ai (X )i ,
                        i=0                   i=0

       d.h., die angegebene Abbildung ist ein Isomorphismus von K-
       Vektorr¨umen, der obendrein mit den jeweiligen Multiplikationen
               a
       inA, A vertr¨glich ist und 1A auf 1A abbildet (ein Ringhomomor-
                   a
       phismus ist).
    e) A = K[X] ist nullteilerfrei und es gilt deg(f g) = deg(f ) + deg(g)
       f¨r von 0 verschiedene Polynome f, g.
        u
    f) Die Einheiten in K[X] sind die konstanten Polynome c (Poly-
       nome vom Grad 0) mit c ∈ K × .
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                                            7

Beweis. a) Dass (A, +) eine abelsche Gruppe ist, wissen wir bereits.
Die Assoziativit¨t der Multiplikation m¨ssen wir nachrechnen:
                 a                       u
Sind a, b, c ∈ A, so ist der n-te Koeffizient ((ab)c)n von (ab)c gleich
                        n        k
                             (       (aj bk−j )cn−k =                ar b s c t ,
                       k=0 j=0                               r,s,t
                                                           r+s+t=n

und den gleichen Wert erh¨lt man, wenn man den n-ten Koeffizienten
                            a
von a(bc) ausrechnet.
Die Existenz des Einselements sehen wir in b), die Kommutativit¨t  a
ist klar, das Distributivgesetz und die Identit¨t λ(ab) = (λa) · b =
                                               a
a · (λb) f¨r λ ∈ K, a, b ∈ A rechnet man leicht nach.
           u
                                n    (0)
b) Offenbar ist (e(0) · a)n =    j=0 ej an−j = 1 · an = an und daher
e(0) · a = a f¨r beliebiges a ∈ A, e(0) ist daher neutrales Element
                u
bez¨glich der Multiplikation in A.
     u
Sind i, j ∈ N0 , so hat man
                        n                      n
                                 (i) (j)                              1       falls i + j = n
   (e(i) · e(j) )n =         ek en−k =              δik δj,n−k =                              ,
                       k=0                    k=0
                                                                      0       sonst
      (i)   (j)        (i+j)
also e · e = e          wie behauptet. Mit vollst¨ndiger Induktion folgt
                                                 a
                  i     (1) i     (i)
daraus sofort X := (e ) = e .
c) folgt sofort aus b).
Der erste Teil von d) ist jetzt ebenfalls sofort klar. Hat man einen
weiteren Polynomring A uber K in einer Unbestimmten X , so ist
                              ¨
zun¨chst die Abbildung n ai X i −→ n ai (X )i bijektiv. Dass sie
    a                         i=0           i=0
ein Ringhomomorphismus ist, rechnet man leicht nach.
e) folgt schließlich so: Sind f = m ai X i , g = n bj X j ∈ A mit
                                      i=0             j=0
am = 0, bn = 0, so ist
                                                    n+m
                                           f ·g =         ck X k
                                                    k=0
mit cm+n = am bn = 0, da K ein K¨rper ist.
                                    o
Also gilt in A, dass aus f = 0, g = 0 folgt, dass f g = 0 ist und dass
f g den Grad n + m hat. Insbesondere erbt also der Polynomring A wie
behauptet die Nullteilerfreiheit seines Grundk¨rpers K.
                                              o
   ¨
f) Ubung
Bemerkung.
  a) Im Weiteren wird einfach von dem Polynomring K[X] in einer
     Unbestimmten uber K gesprochen, seine Elemente werden als
                        ¨
        n
        i=0 ai X i geschrieben und auf die Definition durch Folgen wird
     kein Bezug mehr genommen. Die Elemente von K[X] fasst man
     als formale Ausdr¨cke (polynomiale Terme) n ai X i auf. Die
                          u                           i=0
     konstanten Polynome (Polynome vom Grad 0) cX 0 mit c ∈ K
     werden mit den Elementen von K identifiziert, man fasst also
8                        RAINER SCHULZE-PILLOT

       den Grundring K uber diese Identifikation als Teilring des Poly-
                        ¨
       nomrings K[X] auf.
    b) Ist S irgendeine K-Algebra, so kann man (siehe das folgende
       Lemma) Elemente von S in Polynome aus K[X] einsetzen: Ist
       f = n ai X i ∈ K[X], s ∈ S, so ist
              i=0
                                      n
                           f (s) :=         ai si ∈ S,
                                      i=0

       Wenn dadurch kein Irrtum entstehen kann, so bezeichnet man
       (nicht v¨llig korrekt) auch die hierduch gegebene Abbildung s →
               o
       f (s) von S nach S (die zu f geh¨rige Polynomfunktion) mit f ,
                                          o
       will man vorsichtiger sein, so kann man sie zur Unterscheidung
                                 ¯
       von f ∈ K[X] etwa mit f bezeichnen.
       W¨hlt man hier S = A, so ergibt Einsetzen von X das Element
          a
       f (X) = n ai X i = f von A. Sie brauchen also an dieser Stelle
                   i=0
       nicht zwischen f und f (X) zu unterscheiden, obwohl es Ihnen
       ja in der Analysis bereits ganz selbstverst¨ndlich geworden ist,
                                                   a
       zwischen der Funktion h und ihrem Funktionswert h(x) in einem
       Punkt x sauber zu unterscheiden.
          Die Situation ist hier scheinbar anders, weil ja ein Polynom
       gerade so definiert worden ist, dass es nicht eine Funktion ist,
       sondern ein Element der abstrakt konstruierten Algebra K[X].
Lemma 0.11. Sei K ein K¨rper, S eine K-Algebra und s ∈ S. Dann
                        o
wird durch
                        f −→ f (s) ∈ S
ein Algebrenhomomorphismus K[X] −→ S gegeben; der Einsetzungs-
homomorphismus in s.
Beweis. Man rechnet nach, dass auf Grund der Rechengesetze in S
die Gleichungen (f1 + f2 )(s) = f1 (s) + f2 (s), (f1 f2 )(s) = f1 (s)f2 (s),
(cf )(s) = c · f (s) und 1(s) = (1 · X 0 )(s) = 1 · s0 = 1S gelten und
die Abbildung daher in der Tat ein Homomorphismus von Algebren
ist.
Bemerkung. Man kann in der ganzen Diskussion den Grundk¨rper K  o
auch durch einen beliebigen Integrit¨tsbereich R ersetzen. Der einzige
                                      a
Punkt, bei dem man etwas vorsichtig sein muss, ist die Beschreibung
der Einheiten: Im Polynomring R[X] sind die Einheiten genau die kon-
stanten Polynome c = cX 0 mit einer Einheit c ∈ R× von R, zum
Beispiel f¨r R = Z also nur die konstanten Polynome ±1. Die richtige
          u
Verallgemeinerung von K × ist also hier die (ebenso notierte) Einhei-
tengruppe des Rings R und nicht R  {0}.
W¨hlt man als Grundring einen Ring mit Nullteilern, so enth¨lt auch
  a                                                            a
der Polynomring R[X] Nullteiler und auch die Gleichung deg(f g) =
deg(f ) + deg(g) wird falsch. Sind n¨mlich a, b ∈ R mit ab = 0, a = 0 =
                                    a
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                          9

b, so gilt offensichtlich (1 + aX m ) · (bX n ) = bX n f¨r alle m, n ∈ N, man
                                                       u
hat also deg((1+aX )·(bX )) = n = m+n = deg(1+aX m )+deg(bX n ).
                      m      n


Vermutlich ist aus der Schule oder den Anf¨ngervorlesungen bekannt,
                                             a
dass sich das Verfahren der Division mit Rest vom Ring Z (siehe Lemma
1.2 im n¨chsten Abschnitt) auf den Ring der reellen Polynome in ei-
         a
ner Variablen ubertragen l¨sst (Polynomdivision), wir formulieren und
               ¨           a
beweisen das jetzt f¨r den Polynomring K[X] uber einem beliebigen
                     u                           ¨
K¨rper und erhalten damit die erste in einer Reihe von Aussagen, die
   o
zeigen werden, dass der Polynomring uber einem K¨rper einige Ahn-
                                       ¨             o            ¨
lichkeit mit dem Ring der ganzen Zahlen hat.
Satz 0.12. Sei K ein K¨rper, seien f, g ∈ K[X], g = 0. Dann gibt es
                        o
eindeutig bestimmte Polynome q, r ∈ K[X] mit
               f = qg + r,         r = 0 oder deg(r) < deg(g).
Beweis. Wir beweisen diese Aussage durch vollst¨ndige Induktion nach
                                                  a
deg(f ), beginnend bei deg(f ) = 0. Der Induktionsanfang deg(f ) = 0
                                   m       i        n       i
ist trivial. Wir schreiben f =     i=0 ai X , g =   i=0 bi X mit am =
0, bn = 0, m ≥ 1 und nehmen an, die Aussage sei f¨r deg(f ) < m
                                                        u
bereits bewiesen.
Ist deg(f ) < deg(g), so ist die Aussage (mit q = 0, r = f ) trivial, wir
k¨nnen also n ≤ m annehmen. Dann ist der Grad von
  o
                           am
             f1 := f − ( X m−n )g
                           bn
                                                        m−1
                            am
                 = (am X − ( X m−n )bn X n ) +
                               m
                                                              ci X i
                            bn                          i=0
                       m−1
                 =           ci X i
                       i=0

(mit gewissen ci ∈ K, die hier nicht weiter interessieren) offenbar klei-
ner als m, wir k¨nnen also nach Induktionsannahme
                o
             f1 = q1 g + r mit r = 0 oder deg(r) < deg(g)
schreiben und erhalten
                                       am m−n
                         f = (q1 +        X   )g + r,
                                       bn
                     am
was mit q = q1 +     bn
                        X m−n    die gew¨nschte Zerlegung f = qg + r f¨r f
                                        u                             u
liefert.
Beispiel. Durch den ublichen Prozess der Polynomdivision erh¨lt man
                    ¨                                       a
etwa:
       (X 4 − 1) = (X 2 + 2X + 1)(X 2 − 2X + 3) + (−4X − 4).
10                           RAINER SCHULZE-PILLOT

Bemerkung. Im Beweis benutzt man Division durch den Leitkoeffizi-
enten bn = 0 von g = n bi X i ; das Verfahren der Division mit Rest
                         i=0
l¨sst sich daher nicht ohne weiteres auf den Polynomring R[X] uber
 a                                                             ¨
einem Ring R ubertragen.
               ¨
Eine wichtige Anwendung der Divison mit Rest ist die M¨glichkeit, f¨r
                                                       o           u
eine Nullstelle a ∈ K eines Polynoms aus K[X] einen Faktor X − a aus
dem Polynom herauszuziehen:
Definition und Korollar 0.13. Sei K ein K¨rper.     o
  a) Sei f ∈ K[X], f = 0, a ∈ K mit f (a) = 0. Dann gibt es ein
     eindeutig bestimmtes q ∈ K[X] mit f = (X − a)q.
  b) Sind β1 , . . . , βr verschiedene Nullstellen von 0 = f ∈ K[X], so
     gibt es eindeutig bestimmte ei ∈ N  {0}, g ∈ K[X] mit
                   r
             f=         (X − βi )ei g und g(βi ) = 0 f¨r 1 ≤ i ≤ r.
                                                      u
                  i=1

        Der Exponent ei in dieser Darstellung heißt die Vielfachheit der
        Nullstelle βi des Polynoms f , ist ei = 1, so spricht man von einer
        einfachen Nullstelle, sonst von einer mehrfachen.
     c) Seien f, g ∈ K[X] mit n > max(deg(f ), deg(g)), seien a1 , . . . , an ∈
        K paarweise verschieden mit f (ai ) = g(ai ) f¨r 1 ≤ i ≤ n.
                                                        u
        Dann ist f = g.
        Insbesondere gilt: Hat K unendlich viele Elemente, so folgt aus
        f (a) = g(a) f¨r alle a ∈ K, dass f = g gilt.
                      u
Beweis. a) Wir teilen f mit Rest durch X − a. W¨re der Rest hierbei
                                                  a
nicht 0, so h¨tte er wegen deg(X −a) = 1 Grad 0, w¨re also gleich einer
             a                                     a
Konstanten c ∈ K. Setzen wir in die Polynomgleichung f = (X −a)q+c
den Wert a ∈ K ein, so erhalten wir
                          0 = f (a) = (a − a)q(a) + c,
also c = 0.
b) Zun¨chst ist klar, dass man eine Darstellung
       a
                   r
             f=         (X − βi )ei g und g(βi ) = 0 f¨r 1 ≤ i ≤ r.
                                                      u
                  i=1

erh¨lt, indem man a) so oft iteriert, bis der verbleibende Faktor g in
    a
keinem der βi verschwindet. Hat man zwei derartige Darstellungen f =
  r            ei        r            ei
  i=1 (X − βi ) g = f =  i=1 (X − βi ) g und ist etwa e1 ≥ e1 , so kann
man, da K[X] nullteilerfrei ist, den Faktor (X − β1 )e1 in der rechten
Gleichung dieser Kette k¨rzen und erh¨lt
                        u                a
                              r                           r
           (X − β1 )e1 −e1         (X − βi )ei g = f =         (X − βi )ei g .
                             i=2                         i=2
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                          11

Einsetzen von β1 in diese Gleichung liefert dann e1 − e1 = 0, da sonst
die linke Seite 0 erg¨be und die rechte nicht. Das iteriert man f¨r die
                     a                                                u
anderen Faktoren (X − βi ) und erh¨lt am Ende g = g .
                                        a
c) In b) sehen wir, dass f = r (X −βi )ei g Grad deg(g)+ r ei hat,
                                   i=1                           i=1
insbesondere muss r ≤ n f¨r die Anzahl r der verschiedenen Nullstellen
                           u
eines Polynoms f = 0 vom Grad n gelten. Anders gesagt: Nimmt ein
Polynom f in n verschiedenen Stellen a1 , . . . , an den Wert 0 an, so muss
deg(f ) ≥ n gelten.
Da in der Situation von c) deg(f − g) < n gilt und f − g in den n
verschiedenen Stellen a1 , . . . , an den Wert 0 annimmt, ist f − g = 0,
also f = g.
Bemerkung.             a) Sind f ∈ K[X] und a, c ∈ K mit f (a) = c und
     hat f − c in a eine e-fache Nullstelle, so sagt man auch, f nehme
     in a den Wert c mit der Vielfachheit e an.
  b) Nimmt das Polynom f vom Grad n in den verschiedenen Elemen-
     ten a1 , . . . , ar von K die Werte c1 , . . . , cr mit den Vielfachheiten
     e1 , . . . , er an, so betrachte man das Polynom
                                 r          r
                                               (X − aj )ej
                         f1 =         ci
                                i=1        j=1
                                               (ai − aj )ej
                                           j=i
                             r
      vom Grad n1 <          i=1 ei
                                (das Lagrange’sche Interpolationspoly-
      nom f¨r die vorgegebenen Werte und Vielfachheiten). Offenbar
            u
      nimmt auch f1 die Werte ci in den Stellen ai mit den Vielfachhei-
      ten ei an. Ist auch n = deg(f ) < r ei , so sieht man genauso
                                          i=1
      wie in c) des vorigen Korollars, dass f1 = f gilt. Man hat al-
      so nicht nur die Eindeutigkeitsaussage aus Teil c) des Korollars,
      sondern kann das eindeutige Polynom vom Grad n1 < r ei      i=1
      mit der gegebenen Werteverteilung explizit angeben.
12                      RAINER SCHULZE-PILLOT

                1. Nat¨rliche und ganze Zahlen
                      u
Bevor wir mit der eigentlichen Zahlentheorie anfangen, werden wir in
diesem Abschnitt die f¨r unsere Zwecke wichtigsten Zahlenmengen, die
                      u
Menge
                           N = {1, 2, 3, . . .}
der nat¨rlichen Zahlen und die Menge
       u
                     Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .}
der ganzen Zahlen vorstellen und die Darstellung dieser Zahlen in der
Schrift und im Rechner betrachten.
Die Null nehmen wir hier nicht zu den nat¨rlichen Zahlen dazu, wenn
                                            u
wir sie doch mit einschließen wollen, schreiben wir
                             N0 := N ∪ {0}.
Man kann f¨r und gegen die Einbeziehung der Null in die nat¨rlichen
            u                                                    u
Zahlen gute Gr¨nde anf¨hren. In der Zahlentheorie ist es meistens ein-
               u        u
fach praktischer, die Null fortzulassen, da sie f¨r die meisten Aussagen
                                                 u
ohnehin eine Ausnahmestellung einnimmt.
Die Mengen Z und N sind aus der Schule wohlbekannt, wo sie allerdings
meist nicht axiomatisch begr¨ndet werden.
                              u
F¨r die axiomatische Einf¨hrung von N mit Hilfe der Axiome von Pea-
  u                        u
no sei auf die Literatur verwiesen (z.B. Ebbinghaus et al.: Zahlen), wir
stellen hier nur die wichtigsten Ideen kurz vor, die dabei auftreten:
Bemerkung.       a) Die nat¨rlichen Zahlen sind eine Menge N mit
                            u
     einem ausgezeichneten Element 1 und einer injektiven Nachfol-
     gerabbildung s : N −→ N. F¨r diese gilt
                                 u
        – s(N) = {N  1}.
        – Ist M ⊆ N mit 1 ∈ M so, dass s(M ) ⊆ M gilt, so ist
          M = N (Induktionsaxiom).
  b) In N gibt es Verkn¨pfungen + und ·, f¨r die Assoziativ- und
                         u                    u
     Kommutativgesetz sowie Distributivgesetze gelten, man hat s(n) =
     n + 1 f¨r n ∈ N.
            u
  c) In N gibt es eine Relation <, die etwa durch
                  m < n ⇔ ∃r ∈ N mit n = m + r
      gegeben werden kann. Die daraus abgeleitete Relation
                     m ≤ n ⇔ m < n oder m = n
      ist eine Ordnungsrelation, d.h., sie ist reflexiv (m ≤ m ∀m),
      antisymmetrisch ((m ≤ n und n ≤ m) ⇒ m = n) und transitiv
      ((m ≤ n und n ≤ q) ⇒ m ≤ q). Die Ordnungsrelation ≤ ist
      monoton bez¨glich Addition und Multiplikation ((m ≤ n) und
                    u
      (p ≤ q) ⇒ m + p ≤ n + q, (m ≤ n und p ≤ q) ⇒ mp ≤ nq), sie
      ist ferner total (linear), d.h. f¨r m, n ∈ N gilt stets m ≤ n oder
                                       u
      n ≤ m.
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                         13

   d) Die Ordnungsrelation ≤ ist eine Wohlordnung, d.h., in jeder
      nichtleeren Teilmenge M ⊆ N gibt es ein (eindeutig bestimm-
      tes) kleinstes Element (Minimum), also ein m ∈ M mit m ≤ n
      f¨r alle n ∈ M .
       u
Auch die Konstruktion der ganzen Zahlen auf der Basis der bereits
axiomatisch eingef¨hrten nat¨rlichen Zahlen wird in der Schule meis-
                  u          u
tens nur angedeutet bzw. durch Plausibilt¨tsbetrachtungen ersetzt. F¨r
                                         a                          u
den Fall, dass Sie diese Konstruktion in Ihren Anf¨ngervorlesungen
                                                     a
noch nicht kennen gelernt haben, stellen wir die wichtigsten Schrit-
te zusammen, uberlassen aber die Durchf¨hrung der Beweise f¨r die
               ¨                           u                    u
                                               ¨
behaupteten Eigenschaften den LeserInnen als Ubung.
Definition und Lemma 1.1. Auf N × N wird durch
                  (m, n) ∼ (m , n ) ⇔ m + n = m + n
     ¨
eine Aquivalenzrelation ∼ eingef¨hrt. Die Menge Z = N × N/ ∼ der
                                  u
¨
Aquivalenzklassen [(m, n)] bez¨glich ∼ heißt Menge der ganzen Zahlen.
                              u


Die Verkn¨pfungen +, · von N induzieren (ebenfalls mit +, · bezeichne-
          u
te) Verkn¨pfungen auf Z durch
         u
      [(m1 , n1 )] + [(m2 , n2 )] = [(m1 + m2 , n1 + n2 )]
      [(m1 , n1 )] · [(m2 , n2 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )].
Mit diesen Verkn¨pfungen ist Z eine kommutative Gruppe mit neutra-
                u
lem Element 0 = [(1, 1)] bez¨glich + und eine kommutative Halbgruppe
                            u
mit neutralem Element 1 = [(2, 1)], (also ein Monoid) bez¨glich ·.
                                                         u
Z ist also ein kommutativer Ring mit Einselement 1. Dieser Ring ist
uberdies nullteilerfrei (ein Integrit¨tsbereich).
¨                                    a
Die Elemente (1, 1), (p + 1, 1) mit p ∈ N, (1, p + 1) mit p ∈ N bilden ein
vollst¨ndiges Repr¨sentantensystem von N × N bez¨glich ∼, ihre Klas-
      a            a                                  u
sen werden mit [(1, 1)] = 0, [(p+1, 1)] = p, [(1, p+1)] = −p bezeichnet.
Mit diesen Bezeichnungen ist
                      
                                m−n             falls m > n
           [(m, n)] =              0             falls m = n
                       −(n − m) = m − n falls m < n.

Die Ordnungsrelation ≤ setzt sich auf Z fort durch p > 0 f¨r alle p ∈ N,
                                                          u
−p < 0 f¨r alle p ∈ N,
        u
                   a≤b⇔b−a≥0               f¨r a, b ∈ Z.
                                            u
Damit ist auch Z total geordnet; die Monotonieregel f¨r die Addition
                                                        u
gilt weiter, die Monotonieregel f¨r die Multiplikation wird zu
                                 u
                    a ≤ b und m ∈ N0 ⇒ ma ≤ mb.
14                        RAINER SCHULZE-PILLOT

Das Wohlordnungsprinzip ubertr¨gt sich von N auf Z in der folgenden
                        ¨     a
modifizierten Form:
Ist M ⊆ Z eine nach unten beschr¨nkte Teilmenge, so hat M ein ein-
                                  a
deutig bestimmtes kleinstes Element.
         ¨
Beweis. Ubung. die Hauptarbeit besteht darin, zu zeigen, dass die Defi-
nition der Verkn¨pfungen wirklich eine unzweideutige Definition liefert,
                   u
dass also die Verkn¨pfungen wohldefiniert sind. Das ist nicht selbst-
                         u
verst¨ndlich, da f¨r Addition und Multiplikation der Klassen [(m1 , n1 )]
     a              u
und [(m2 , n2 )] Bezug auf die Repr¨sentanten (m1 , n1 ), (m2 , n2 ) dieser
                                            a
Klassen genommen wird. Sie m¨ssen also zeigen:
                                        u
Sind m1 , n1 , m2 , n2 , m1 , n1 , m2 , n2 ∈ N mit
                (m1 , n1 ) ∼ (m1 , n1 ), (m2 , n2 ) ∼ (m2 , n2 ),
so ist
 [(m1 + m2 , n1 + n2 )]             = [(m1 + m2 , n1 + n2 )],
 [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )].


F¨r beliebige reelle Zahlen x f¨hren wir noch die Notationen ein:
 u                             u
                     x := [x] = max{n ∈ Z | n ≤ x}
                 (Gauß-Klammer, floor, ganzer Anteil)
                    x = min{n ∈ Z | n ≥ x} (ceiling)
                 {x} = x − x (gebrochener Anteil)
Eine wichtige Eigenschaft von Z ist die M¨glichkeit der Division mit
                                         o
Rest:
Lemma 1.2. Sind a, b ∈ Z, b = 0, so gibt es q, r ∈ Z mit 0 ≤ r < |b|,
so dass a = bq + r gilt.
q und r mit dieser Eigenschaft sind eindeutig bestimmt, r heißt der
(kleinste nichtnegative) Rest von a bei Division durch b.
Beweis. Es reicht, die Behauptung f¨r b > 0 zu zeigen, da man b < 0
                                   u
durch −b ersetzen kann.
Die Menge
                        M = {c ∈ Z | cb > a}
ist dann durch den ganzen Anteil a des Quotienten a nach unten
                                     b                  b
beschr¨nkt und offenbar nicht leer, sie hat also nach dem Wohlord-
      a
nungsprinzip ein kleinstes Element, das wir mit q + 1 bezeichnen.
Dann ist qb ≤ a < (q + 1)b.
F¨r r := a − qb gilt also
 u
                   0 ≤ r = a − qb < (q + 1)b − qb = b,
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                                  15

und wir haben die gesuchten Zahlen q, r gefunden.
                                 ¨
Die Eindeutigkeit rechne man als Ubung nach.
Auch die Division mit Rest ist nat¨rlich ein aus der Schule vertrautes
                                    u
Verfahren. Wir haben hier dennoch den Beweis durchgef¨hrt, weil sich
                                                          u
dieses eigentlich ganz selbstverst¨ndliche Verfahren im weiteren Verlauf
                                  a
des Skriptes als ein enorm wichtiges Hilfsmittel herausstellen wird. Der
tiefere Grund f¨r diese Wichtigkeit liegt darin, dass die Division mit
                 u
Rest die Addition, die Multiplikation und die Gr¨ßenbeziehung im Ring
                                                 o
der ganzen Zahlen miteinander verkn¨pft, also die drei Grundstruktu-
                                       u
ren (additive Gruppe, multiplikative Halbgruppe, geordnete Menge),
die Z besitzt, miteinander verbindet. In der Zahlentheorie und generell
in der Mathematik gilt die (eigentlich wenig uberraschende) Faustregel,
                                             ¨
dass interessante Aussagen immer dann entstehen, wenn verschiedene
Grundeigenschaften oder Strukturen des selben Objektes miteinander
in Verbindung kommen.
Das zweite Thema in diesem Abschnitt sind die Zahldarstellungen.
Definition und Satz 1.3. Sei g ∈ N, g ≥ 2. Dann hat jedes n ∈ N
eine eindeutige Darstellung
                               k
                   n=                  aj g j       (0 ≤ aj < g, ak = 0)
                              j=0

mit g k+1 −1 ≥ n ≥ g k ; diese Darstellung heißt die g-adische Darstellung
von n oder die Darstellung von n zur Basis g.
Ist g = 2, so spricht man von der Bin¨rdarstellung, f¨r g = 10 von der
                                     a               u
Dezimaldarstellung. Man schreibt
                                    g = (ak ak−1 · · · a0 )g .
                      k       j
Beweis. Ist n =       j=0 aj g wie oben, so ist a0 der Rest von n bei
Division durch g und allgemeiner aj der Rest von (n − j−1 ai g i )/g j
                                                             i=0
bei Division durch g. Die Koeffizienten aj in einer solchen Darstellung
sind also in der Tat eindeutig bestimmt. Die G¨ltigkeit der behaupteten
                                               u
Ungleichung folgt aus
                                   k                          k
            k        g                          j
           g ≤ ak g ≤                    aj g ≤ (g − 1)            g j = g k+1 − 1.
                               j=0                           j=0

Die g k+1 − 1 verschiedenen Zahlen
                          k
                               aj g j = 0             mit 0 ≤ aj < g
                         j=0

liegen alle in der (g k+1 − 1)-elementigen Menge {n ∈ N | n ≤ g k+1 − 1};
daher ist jedes n aus dieser Menge von der Form k aj g j mit 0 ≤
                                                       j=0
16                        RAINER SCHULZE-PILLOT

aj < g, was die noch fehlende Existenz einer g-adischen Darstellung
zeigt.
Bemerkung. Man kann auch Zahldarstellungen zu negativen Basen
einf¨hren. Eine andere Variante ist die sogenannte balanced ternary“-
    u
                                                  ”
Notation, bei der man jede ganze Zahl n als
                              k
                   n=              aj 3j mit aj ∈ {0, 1, −1}
                             j=0

                           ¨
schreibt. Siehe hierzu die Ubungen sowie das am Ende dieses Abschnitts
erw¨hnte Buch von D. Knuth.
   a
Die g-adische Darstellung liegt auch der Darstellung von Zahlen im
Rechner zu Grunde. Gehen wir etwa davon aus, dass ein Wort im Rech-
ner aus 64 Bits besteht, so speichert man gew¨hnliche ganze Zahlen
                                                o
(single precision integer) zun¨chst in einem Wort ab, indem man ein
                              a
Bit f¨r das Vorzeichen reserviert und in den verbleibenden 63 Bits die
      u
Koeffizienten 0 oder 1 der Bin¨rdarstellung der Zahl speichert. Das be-
                              a
schr¨nkt offenbar den zur Verf¨gung stehenden Zahlbereich auf Zahlen
     a                         u
                        63
vom Absolutbetrag ≤ 2 −1, also auf ca. 20-stellige Zahlen in Dezimal-
darstellung. F¨r Anwendungen in Zahlentheorie und Computeralgebra
               u
ist das unbefriedigend, und auch die in der Anfangszeit der Computer
verwendeten double precision integers (zwei W¨rter f¨r eine Zahl) l¨sen
                                              o     u              o
das Problem nicht zufriedenstellend.
Die ubliche L¨sung ist:
    ¨        o
Man setzt G = 264 und stellt eine beliebige Zahl n ∈ N nun zur Basis
G dar:
                         k
                 n=           bj Gj    (0 ≤ bj < G, bk = 0).
                        j=0

Jedes bj kann dann in einem (vorzeichenfreien) Wort gespeichert wer-
den, und die hierf¨r ben¨tigten W¨rter werden entweder in einem hin-
                   u     o         o
reichend großen Array fester L¨nge (etwa wieder 64), in einem Array
                                a
variabler L¨nge oder in einer mit Pointern verlinkten Liste gespeichert
            a
(h¨ufigste Variante). Beim Array fester L¨nge st¨ßt man zwar wieder
   a                                       a      o
                                                 ¨
an eine Grenze, diese ist aber so groß, dass ein Uberlauf nur in F¨llen
                                                                  a
auftritt, in denen das Ergebnis wegen seiner Gr¨ße ohnehin nicht mehr
                                                o
verwertbar w¨re. Sauberer sind aber die beiden anderen genannten
               a
L¨sungen, bei denen der Gr¨ße einer Zahl keine Schranken gesetzt sind.
  o                         o
Auf die technischen Details gehen wir hier nicht weiter ein. Auch auf
die Darstellung von Gleitkommazahlen (floating point numbers) gehen
wir hier nicht ein, da dieses Thema f¨r algebraisch/zahlentheoretische
                                     u
Rechnungen meist von geringer Bedeutung ist.
Wir halten noch fest:
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                    17

Satz 1.4. Zur Darstellung der Zahl n ∈ Z im Rechner ben¨tigt man
                                                       o
(h¨chstens)
  o
                           log2 |n|
                                     +2
                              w
W¨rter, wo w die Anzahl der Bits je Wort ist.
  o
Um noch die grundlegenden Ergebnisse uber den Rechenaufwand zur
                                        ¨
Durchf¨hrung der Grundrechenarten im Rechner zusammenstellen zu
      u
k¨nnen, erinnern wir an die O, o-Notationen:
 o
Definition 1.5. Sei M ⊆ R eine Menge, die beliebig große Elemente
enth¨lt, seien f, g : M −→ R Funktionen.
    a
   a) Gibt es C > 0, so dass
                          |f (x)| ≤ C · |g(x)|
      f¨r alle hinreichend großen x ∈ M gilt, so schreibt man
       u
                           f (x) = O(g(x)).
      (oder auch f (x)    g(x)).
   b) Ist g(x) = 0 f¨r hinreichend große x und
                    u
                          lim f (x)/g(x) = 0,
                         x→∞
                         x∈M

      so schreibt man
                            f (x) = o(g(x)).
   c) Ist g(x) = 0 f¨r hinreichend große x und
                    u
                                  f (x)
                             lim        = 1,
                             x→∞
                             x∈M
                                  g(x)
      so schreibt man
                             f (x) ∼ g(x)
      und sagt, f sei f¨r x −→ ∞ asymptotisch gleich g(x).
                       u
Mit diesen Bezeichnungen haben wir:
Satz 1.6. Addition und Subtraktion von N -stelligen Zahlen (in Dar-
stellung zur Basis g) erfordern O(N ) elementare Operationen. Mul-
tiplikation und Division einer N -stelligen und einer M -stelligen Zahl
erfordern h¨chstens O(M N ) elementare Operationen.
            o
Eine elementare Operation ist dabei die Addition, Multiplikation oder
Division zweier nat¨rlicher Zahlen zwischen 0 und g − 1 (wobei bei Di-
                   u
vision der ganze Anteil des Ergebnisses zu nehmen ist), diese erfolgen
in der Regel an Hand von Tabellen bzw. sind im Chip implementiert.
Beweis. Siehe etwa Knuth, The Art of Computer Programming, vol. 2,
sec. 4.3.1, oder die Computer-Algebra-B¨cher von Geddes/Czapor/Labahn
                                       u
                                                             ¨
bzw. von von zur Gathen/Schneider, siehe im ubrigen auch die Ubun-
                                              ¨
gen.
18                     RAINER SCHULZE-PILLOT

Bemerkung. Bei der Multiplikation und der Division lassen sich durch
verbesserte Verfahren (“fast multiplication”) noch bessere Absch¨tzun-
                                                                a
gen erzielen, wir werden darauf im Abschnitt uber die diskrete Fou-
                                                ¨
riertransformation noch einmal kurz eingehen und verweisen hierf¨r  u
ansonsten auf die bereits genannten Lehrb¨cher der Computeralgebra.
                                           u
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                            19

                   2. Teilbarkeit und Primzahlen
In diesem Abschnitt wollen wir die Teilbarkeitsrelation im Ring Z der
ganzen Zahlen untersuchen. Wir werden dabei sehen, dass sich viele
Eigenschaften der Teilbarkeit in Z bereits zeigen lassen, wenn man nur
einen kleinen Teil der Struktur von Z voraussetzt. Deshalb werden wir
mit den schw¨chsten Voraussetzungen beginnen, unter denen sich ei-
               a
ne Teilbarkeitstheorie sinnvoll formulieren l¨sst, und zun¨chst Teilbar-
                                              a             a
keitstheorie in einem beliebigen kommutativen Ring mit Einselement,
der nullteilerfrei ist (einem Integrit¨tsbereich), betrachten.
                                      a
Zun¨chst wiederholen wir die aus dem einleitenden Abschnitt uber al-
    a                                                           ¨
gebraische Grundlagen bereits bekannten Definitionen von Teilbarkeit
und von Integrit¨tsbereichen:
                  a
Definition 2.1. Sei R ein kommutativer Ring (mit Einselement 1).
Sind a, b ∈ R, so sagt man, a sei ein Teiler von b (a|b, a teilt b), wenn
es c ∈ R gibt mit ac = b.
Ein Element a ∈ R, a = 0 heißt ein Nullteiler, wenn es b = 0 in R mit
ab = 0 gibt; gibt es in R keine Nullteiler, so heißt R nullteilerfrei oder
ein Integrit¨tsbereich.
            a
Lemma 2.2. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann gilt:
                             a
   a) (K¨rzungsregel) Sind a, b, c ∈ R, c = 0 mit ac = bc, so ist a = b.
         u
   b) F¨r alle a ∈ R gilt a|0 und a|a.
        u
   c) F¨r alle a ∈ R gilt 1|a
        u
   d) Sind a, b ∈ R mit a|b und ∈ R× eine Einheit, so gilt a| b, a|b.
   e) Sind a ∈ R, ∈ R× mit a| , so ist a ∈ R× .
   f) Sind a, b ∈ R mit a|b und b|a, so gibt es ∈ R× mit b = a.
   g) Sind a, b, c ∈ R mit c = 0, so gilt genau dann ca|cb, wenn a|b
      gilt.
   h) Sind a, b, d ∈ R mit d|a, d|b, so gilt
                        d|xa + yb       f¨r alle x, y ∈ R.
                                         u
   i) Sind a1 , a2 , b1 , b2 ∈ R mit a1 |a2 , b1 |b2 so gilt a1 b1 |a2 b2 .
Speziell f¨r R = Z gilt ferner
          u
    • Sind m, n ∈ Z mit m|n, n = 0, so ist |m| ≤ |n|.
    • Z× = {±1}.
                            ¨
Beweis. Man rechne dies zur Ubung nach.
Definition 2.3. Sei R ein Integrit¨tsbereich. a, b ∈ R heißen zueinan-
                                   a
der assoziiert, wenn es eine Einheit ∈ R gibt mit b = a .
Lemma 2.4. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann gilt:
                             a
   a) a, b ∈ R sind genau dann assoziiert, wenn a | b und b | a gilt.
   b) a und b in Z sind genau dann assoziiert, wenn |a| = |b| gilt.
20                        RAINER SCHULZE-PILLOT

     c) Sei K ein K¨rper. Zwei Polynome f, g ∈ K[X] sind genau dann
                     o
        assoziiert, wenn sie skalare Vielfache von einander sind, wenn
        es also c ∈ K × gibt mit f = cg.
Beweis. a): Sind a und b assoziiert, so ist b = a, also a = −1 b und
damit a | b, b | a.
Gilt umgekehrt a | b, b | a, so ist b = ac1 , a = bc2 . einsetzen von , a = bc2
in b = ac1 ergibt b = bc1 c2 , nach der K¨rzungsregel folgt c1 c2 = 1, also
                                           u
       ×          ×
c1 ∈ R , c2 ∈ R , also die Assoziiertheit von a und b.
b) und c) folgen direkt aus a), da ±1 die einzigen Einheiten von Z sind
und die c ∈ K × genau die Einheiten von K[X] sind.
Bemerkung. In einem K¨rper teilt jedes a = 0 jedes K¨rperelement b
                          o                             o
und alle Elemente = 0 sind zueinander assoziiert. Die Begriffe aus den
obigen Definitionen sind also nur interessant in Ringen, in denen nicht
alle von 0 verschiedenen Elemente multiplikativ invertierbar sind.
Bevor wir Integrit¨tsbereiche im Allgemeinen und den Ring Z der gan-
                  a
zen Zahlen im Besonderen n¨her untersuchen, wollen wir eine Liste von
                            a
Beispielen von Integrit¨tsbereichen zusammenstellen, die einerseits in
                       a
den h¨ufigsten Anwendungen vorkommen und andererseits Beispiele
      a
daf¨r liefern werden, welche Teilbarkeitseigenschaften bei verschiede-
   u
nen Typen von Integrit¨tsbereichen vorkommen.
                       a
Beispiel.      a) Jeder K¨rper ist erst recht ein Integrit¨tsbereich.
                             o                              a
  b) Ist K ein K¨rper und R ⊆ K ein Teilring, so ist R ein Inte-
                      o
     grit¨tsbereich, da Nullteiler in R auch Nullteiler in K w¨ren.
         a                                                         a
     Sei insbesondere d ∈ Z und
                       √              √
                     Z[ d] := {a + b d | a, b ∈ Z} ⊆ C.
                                       √
     Man rechnet nach, dass Z[ d] ein Teilring des K¨rpers C der
                                                  √           o
     komplexen Zahlen ist, der von 1 und d erzeugte Teilring von
     C.
     Ist die Zahl d − 1 durch 4 teilbar, so ist sogar
                       √                    √
                   1+ d                1+ d
              Z[           ] := {a + b        | a, b ∈ Z} ⊆ C
                      2                    2
                                          ¨
     ein Teilring von C, wie man (Ubung) nachrechnet.
  c) Ist K ein K¨rper, so ist der Polynomring K[X] in einer Variablen
                    o
     X uber K ein Integrit¨tsbereich.
        ¨                        a
     Wie im einleitenden Kapitel 0 festgestellt ist allgemeiner der Po-
     lynomring R[X] in einer Variablen X uber einem Integrit¨tsbe-
                                                 ¨                   a
     reich R ebenfalls ein Integrit¨tsbereich.
                                        a
     Indem man wiederholt den Polynomring bildet, kann man induk-
     tiv (oder rekursiv) den Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] in n Varia-
     blen X1 , . . . , Xn bilden; ist R ein Integrit¨tsbereich, so ist auch
                                                     a
     R[X1 , . . . , Xn ] ein Integrit¨tsbereich. Ein Element dieses Rings
                                     a
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                          21

      ist eine Linearkombination
                                                    j   j         j
                                       aj1 ,...,jn X11 X22 · · · Xnn
                    (j1 ,...,jn )∈Nn
                                   0
                          ji ≤m

      mit Koeffizienten aj1 ,...,jn ∈ R und einem geeigneten m ∈ N0 .
                     j   j       j
      Die Terme X11 X22 · · · Xnn ∈ R[X1 , . . . , Xn ], aus denen sich diese
      Polynome zusammensetzen, heißen Monome, die Summe j1 +
                                                    j     j      j
      · · · + jn der Exponenten des Monoms X11 X22 · · · Xnn heißt der
      Grad des Monoms.
      Man schreibt f¨r j = (j1 , . . . , jn ) auch
                       u
                                    j   j
                            X j := X11 X22 · · · Xnn
                                                  j

      und
                              |j| := j1 + · · · + jn .
      Ein Polynom
                                                    j   j         j
               f=                      aj1 ,...,jn X11 X22 · · · Xnn = 0
                    (j1 ,...,jn )∈Nn
                                   0
                          ji ≤m

     heißt homogen vom Grad d, wenn aj1 ,...,jn = 0 nur f¨r n-Tupel
                                                                u
     j = (j1 , . . . , jn ) mit |j| = d gilt, wenn also alle mit einem von
     0 verschiedenen Koeffizienten in f vorkommenden Monome den
     gleichen Grad d haben.
  d) Im vorigen Beispiel kann man den Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] in
     nat¨rlicher Weise als einen Teilring des Polynomrings
         u
     R[X1 , . . . , Xn , Xn+1 ] in n + 1 Variablen auffassen.
     Bildet man dann
                R[{Xj | j ∈ N}] := ∪n∈N R[X1 , . . . , Xn ],
      so erh¨lt man den Polynomring in unendlich vielen Variablen
              a
      Xj , j ∈ N. Da auf Grund der Konstruktion jedes Element die-
      ses Polynomrings ein Polynom in einer endlichen (aber unbe-
      schr¨nkten) Anzahl von Variablen ist, uberzeugt man sich leicht,
           a                                ¨
      dass auch dieser Ring ein Integrit¨tsbereich ist, wenn R ein In-
                                        a
      tegrit¨tsbereich ist.
             a
Unser n¨chstes Ziel ist der Fundamentalsatz der Arithmetik, also die
        a
Aussage, dass sich jede nat¨rliche Zahl n = 1 eindeutig in ein Pro-
                             u
dukt von Primzahlen bzw. nach Zusammenfassung gleicher Faktoren
in ein Produkt von Primzahlpotenzen zerlegen l¨sst. Wir werden in
                                                   a
sp¨teren Abschnitten sehen, dass wir diesen Satz, dessen N¨tzlichkeit
   a                                                         u
f¨r das Rechnen im Ring Z der ganzen Zahlen wohl unbestreitbar ist,
 u
auf sehr viel allgemeinere Integrit¨tsbereiche verallgemeinern k¨nnen.
                                   a                            o
Die n¨tigen Begriffe formulieren wir deshalb gleich in der allgemeinen
      o
Situation.
Definition 2.5. Sei R ein Integrit¨tsbereich.
                                 a
22                         RAINER SCHULZE-PILLOT

     a) Ein Element p ∈ R, p ∈ R× , heißt Primelement, wenn gilt
               Sind a, b ∈ R mit p|ab, so gilt p|a oder p|b.
     b) Ein Element a ∈ R, a ∈ R× , heißt unzerlegbar (irreduzibel),
        wenn gilt:
           Ist a = bc mit b, c ∈ R, so ist b ∈ R× oder c ∈ R× .
     c) In Z heißen unzerlegbare Elemente, die positiv sind, Primzahlen,
        d.h., p ∈ N ist genau dann Primzahl, wenn p > 1 gilt und wenn
        aus p = bc mit b, c ∈ N folgt, dass b = 1 oder c = 1 gilt.
Es ist vermutlich etwas uberraschend, dass wir die beiden von Primzah-
                        ¨
len bekannten Eigenschaften a) und b) mit getrennten Bezeichnungen
belegen. Wir werden sp¨ter Beispiele betrachten, in denen die Begrif-
                        a
fe Primelement und unzerlegbares Element auseinanderfallen, und wir
werden recht bald zeigen, dass sie f¨r Z und f¨r viele andere interessante
                                    u         u
Ringe eben doch identisch sind.
Beispiel. Im Polynomring K[X] uber einem K¨rper K sind die unzer-
                                  ¨            o
legbaren Elemente genau die Polynome, die sich nicht als ein Produkt
von zwei Polynomen echt kleineren Grades zerlegen lassen. Das folgt di-
rekt aus der Definition, da alle Polynome, die nicht Einheiten in K[X]
sind, einenGrad ≥ 1 haben und deg(f g) = deg(f ) + deg(g) f¨r den
                                                                u
Grad eines Produktes f g von zwei Polynomen gilt.
Polynome, die in diesem Sinn unzerlegbar sind, heißen irreduzible Po-
lynome, Polynome, die nicht irreduzibel sind, heißen reduzibel.
Lemma 2.6.        a) Ist R ein Integrit¨tsbereich, p ∈ R ein Primele-
                                            a
       ment und sind a1 , . . . , ar ∈ R mit p|a1 · · · ar , so gibt es ein j mit
       p|aj .
   b) Ist p ∈ N Primzahl und a ∈ N mit a|p, a > 1, so ist a = p.
                                          ¨
Beweis. Aussage a) beweise man als Ubung mit Hilfe vollst¨ndiger In-  a
duktion. Aussage b) ergibt sich unmittelbar aus dem ersten Teil des
folgenden allgemeineren Lemmas, nach dem die Eigenschaft, prim zu
sein, in jedem Integrit¨tsbereich mindestens so stark ist wie Unzerleg-
                       a
barkeit.
Lemma 2.7. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann ist jedes Primelement
                             a
in R auch unzerlegbar.
Beweis. Sei p ∈ R ein Primelement und
                           p = bc     mit b, c ∈ R.
Wir m¨ssen zeigen, dass b ∈ R× oder c ∈ R× gilt.
     u
Da p ein Primelement ist, gilt p|b oder p|c, o.E. sei p|b. Da offenbar
auch b|p gilt, gibt es nach Lemma 2.2 e) ein ∈ R× mit b = p. Wir
haben also
                          1 · p = p = bc = pc,
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                           23

und da in Integrit¨tsbereichen die K¨rzungsregel gilt, folgt 1 = c, also
                  a                 u
    −1      ×
c=     ∈ R , was zu zeigen war.
Die Umkehrung dieses Lemma gilt im allgemeinen nicht, es kann also in
hinreichend b¨sartigen Integrit¨tsbereichen vorkommen, dass man un-
              o                a
                                                              ¨
zerlegbare Elemente hat, die keine Primelemente sind. In den Ubungs-
aufgaben zu diesem Abschnitt k¨nnen √ etwa nachrechnen, dass der
                                 o     Sie
(eigentlich harmlos ausehende) Ring Z[ −5] ein solches Beispiel liefert;
in diesem Ring wird sich 2 als unzerlegbar, aber nicht prim herausstel-
len.
Wir werden aber bald zeigen, dass dies im Ring Z der ganzen Zah-
len und in einer recht großen Klasse allgemeinerer Integrit¨tsbereiche
                                                           a
(unter anderem in Polynomringen uber K¨rpern) nicht passiert.
                                   ¨      o
Die folgenden Definitionen f¨hren Begriffe ein, die scheinbar nicht viel
                            u
mit unserer Frage nach Primfaktorzerlegungen zu tun haben, sich aber
in K¨rze als mit dieser Frage eng verbunden erweisen werden.
    u
Definition 2.8. Sei (R, +, ·) ein kommutativer Ring. Ein Ideal I ⊆ R
ist eine Teilmenge, f¨r die gilt:
                       u
    a) (I, +) ist eine Untergruppe von (R, +).
    b) F¨r a ∈ R, x ∈ I gilt ax ∈ I.
         u
Gibt es ein c ∈ R, so dass I = {ac | a ∈ R} gilt, so heißt I ein
Hauptideal, man schreibt I = (c) = Rc und sagt, dass c das Hauptideal
I = (c) erzeugt.
Definition und Lemma 2.9. Sei R ein kommutativer Ring (mit Eins-
element).
   a) Sind c1 , . . . , cn ∈ R, so ist
                                                n
                 I := (c1 , . . . , cn ) := {         ai ci | ai ∈ R}
                                                i=1
      ein Ideal, dieses heißt das von c1 , . . . , cn erzeugte Ideal.
   b) Ist I ⊆R ein Ideal, so heißt I endlich erzeugt, wenn I = (c1 , . . . , cn )
      mit geeigneten c1 , . . . , cn ∈ R gilt.
   c) Ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal endlich erzeugt ist,
      heißt noethersch (Emmy Noether, 1882-1935).
   d) Ein Integrit¨tsbereich, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißt
                  a
      Hauptidealring (principal ideal domain).
Beispiel.    a) Im Ring Z der ganzen Zahlen ist jede Untergruppe
     bez¨glich der Addition bereits ein Ideal: Ist H ⊆ Z eine Unter-
         u
     gruppe von Z und a ∈ H, n ∈ Z, so ist
                     
                     a + · · · + a
                                        falls n ≥ 0
                     
                          n−mal
                na =
                     −(a + · · · + a) falls n < 0
                     
                     
                                   |n|−mal
24                      RAINER SCHULZE-PILLOT

        wegen der Untergruppeneigenschaft von H ebenfalls in H. Insbe-
        sondere ist also f¨r m ∈ Z die Untergruppe mZ = {mn | n ∈ Z}
                          u
        ein Ideal in Z, das von m erzeugt wird.
     b) Ist R = K K¨rper, so sind {0} und K die einzigen Ideale.
                      o
Satz 2.10.    a) Im Ring Z der ganzen Zahlen ist jedes Ideal ein
     Hauptideal, also von der Form (m) = mZ = {mq | q ∈ Z}
     f¨r ein m ∈ Z.
      u
  b) Im Ring K[X] der Polynome in einer Variablen uber dem K¨rper
                                                  ¨         o
     K ist jedes Ideal ein Hauptideal.
Beweis. a): Sei I ⊆ Z ein Ideal. Ist I = {0}, so ist I das von 0 erzeugte
Hauptideal. Ist I = {0}, so gibt es positive Zahlen in I, da zu jedem
a ∈ I auch −a ∈ I gilt. Sei m die kleinste positive Zahl in I und n ∈ I
beliebig.
Nach Lemma 1.2 (Division mit Rest) k¨nnen wir n = mq + r mit
                                           o
q, r ∈ Z, 0 ≤ r < m schreiben. Da r = n − mq ∈ I wegen n ∈ I, m ∈ I
gilt und m nach Definition die kleinste positive Zahl in I ist, folgt aus
0 ≤ r < m, dass r = 0 gilt. Daher ist n = mq ∈ (m) = mZ f¨r jedesu
n ∈ I, also I ⊆ (m) = mZ. Da aus der Idealeigenschaft umgekehrt
(m) = mZ ⊆ I folgt, ist die Behauptung bewiesen.
Genauso zeigt man die Aussage b) mit Hilfe von Lemma 0.12 (der
Version der Division mit Rest f¨r den Polynomring), man zeigt dann
                                 u
mit dem gleichen Schluss wie oben, dass ein Ideal I = (0) in K[X]
von einem Polynom g = 0, g ∈ I vom kleinstm¨glichen Grad erzeugt
                                                  o
wird.

Wir formulieren jetzt den Satz uber die eindeutige Primfaktorzerlegung
                               ¨
allgemein f¨r Hauptidealringe, beweisen ihn aber zun¨chst nur f¨r den
           u                                          a         u
Ring Z der ganzen Zahlen.
Satz 2.11. Sei R ein Hauptidealring.
  a) Die Primelemente in R sind genau die unzerlegbaren Elemente.
  b) Jedes a ∈ R hat eine bis auf Reihenfolge und Assoziiertheit ein-
     deutige Zerlegung
                            a = q 1 · · · qr
        in ein Produkt von (nicht notwendig verschiedenen) Primelemen-
        ten.
        Fasst man hierin assoziierte Faktoren zusammen, so erh¨lt man
                                                               a
        eine Zerlegung
                              a = p ν 1 · · · p νr
                                    1           r

        mit ∈ R× , νj ∈ N und mit paarweise nicht zueinander assozi-
        ierten Primelementen pj .
     c) Ist insbesondere R = Z, so gilt der Fundamentalsatz der Arith-
        metik:
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                                    25

      Jedes n ∈ Z  {0, 1, −1} hat eine eindeutige Zerlegung
                                     n = ±pν1 · · · pνr
                                           1         r

      mit Primzahlen p1 < p2 · · · < pr und ν1 , . . . , νr ∈ N.
      Man schreibt hierf¨r auch:
                        u

           n = ±                     pνp (n)
                        p Primzahl
                      mit νp ∈ N0 , νp = 0 nur f¨r endlich viele p
                                                u
      und nennt den Exponenten νp (n) die p-adische Bewertung von n.
Beweis. Den Beweis von a) und b) im allgemeinen Fall verschieben wir
wieder in den n¨chsten Abschnitt.
               a
F¨r den Fall R = Z ist zun¨chst die Existenz einer Zerlegung wie in b)
  u                         a
leicht einzusehen:
Ohne Einschr¨nkung sei n ∈ N, n > 1. Wir benutzen dann vollst¨ndige
               a                                                    a
Induktion nach n, wobei der Induktionsanfang n = 2 trivial ist, da 2
eine Primzahl ist.
Sei jetzt n > 2 und die Behauptung f¨r alle nat¨rlichen Zahlen m < n
                                        u         u
gezeigt. Ist n eine Primzahl, so ist man fertig. Andernfalls gibt es (nach
Definition der Primzahl als in Z unzerlegbares Element) b, c ∈ N mit
n = bc, b = 1 = c und daher auch b < n, c < n. Nach Induktionsan-
nahme besitzen b und c Zerlegungen in Produkte von Primzahlen, f¨gt    u
man sie aneinander, so erh¨lt man eine ebensolche Zerlegung f¨r n.
                            a                                     u
Sammelt man nun in einer Zerlegung von |n| in nicht notwendig ver-
schiedene Primfaktoren die gleichen Faktoren ein, so erh¨lt man die
                                                              a
behauptete Zerlegung n = ±pν1 · · · pνr .
                                1     r

Die Eindeutigkeit k¨nnen wir auf (mindestens) zwei verschiedene Wei-
                   o
sen zeigen.
Wir bringen zun¨chst einen Beweis durch vollst¨ndige Induktion, der
                 a                             a
eine Umformulierung des klassischen indirekten Beweises von Zermelo
(Ernst Friedrich Ferdinand Zermelo, 1871–1953) ist.
Der Induktionsanfang n = 2 ist klar.
Wir nehmen also an, dass n > 2 ist und dass f¨r jede nat¨rliche Zahl,
                                                 u         u
die kleiner als n ist, die Zerlegung in ein Produkt von Primzahlen ein-
deutig ist.
Seien
   n = p 1 · · · p r = q1 · · · qs    (p1 ≤ · · · ≤ pr , q1 ≤ · · · ≤ qs , p1 ≤ q1 )
zwei Zerlegungen (von denen wir noch nicht wissen, ob sie verschieden
sind oder nicht). Ist r = 1 oder s = 1, so ist n Primzahl und daher
r = s = 1 und p1 = q1 = n. Wir brauchen also nur noch den Fall r > 1,
s > 1 zu betrachten.
26                             RAINER SCHULZE-PILLOT

Ist p1 = q1 so k¨nnen wir in n = p1 · · · pr = q1 · · · qs durch p1 teilen und
                o
erhalten
                   1 < n = p2 · · · pr = q2 · · · qs < n;
nach Induktionsannahme ist die Zerlegung von n in Primfaktoren ein-
deutig und daher r = s, pj = qj f¨r 2 ≤ j ≤ s, die beiden Zerlegungen
                                   u
von n waren also identisch.
Den Fall p1 = q1 k¨nnen wir aber wie folgt ausschließen: Wir setzen
                  o
                           m = q1 · · · q s
                           N = n − p1 m
                             = p1 (p2 · · · pr − q2 · · · qs )
                             = (q1 − p1 )m
                             < n,
wegen p1 < q1 und m ≥ 2 ist N ≥ 2.
Nach Induktionsannahme hat N eine eindeutige Zerlegung in Primfak-
toren. Offenbar ist aber p1 |(q1 − p1 ) und p1 |m = q2 · · · qs (da alle qj
Primzahlen > p1 sind).
Zerlegt man q1 − p1 in Primfaktoren, so liefert also
                                N = (q1 − p1 )q2 · · · qs
eine Zerlegung von N in Primfaktoren, in der p1 nicht vorkommt; zer-
legt man andererseits (p2 · · · pr − q2 · · · qs ) in Primfaktoren, so liefert
                             N = p1 (p2 · · · pr − q2 · · · qs )
eine Zerlegung von N in Primfaktoren, in der p1 vorkommt, im Wider-
spruch zur Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung von N .
Der Fall p1 = q1 kann also nicht vorkommen, und wir sind fertig.
Wir geben jetzt noch einen zweiten Beweis f¨r Z, der die (allerdings
                                               u
im Moment noch nicht bewiesene) Aussage a) benutzt, um die Eindeu-
tigkeit der Zerlegung zu zeigen; dieser Beweis ist insofern algebraischer
als der oben gegebene, als er die Gr¨ßenbeziehung in Z nicht (jedenfalls
                                    o
nicht direkt) benutzt.
Er funktioniert deshalb auch in jedem Integrit¨tsbereich, in dem alle
                                                 a
unzerlegbaren Elemente prim sind und in dem man bereits die Exis-
tenz einer Zerlegung in ein Produkt von unzerlegbaren Elementen (und
damit Primelementen) gezeigt hat; wir werden auf ihn zur¨ckkommen,
                                                            u
um die (bis jetzt nur behauptete) Existenz und Eindeutigkeit der Prim-
faktorzerlegung in beliebigen Hauptidealringen zu zeigen.
Sei hierf¨r wieder n > 1 mit zwei Zerlegungen
         u
     n = p 1 · · · p r = q1 · · · qs   (p1 ≤ p2 ≤ · · · pr , q1 ≤ q2 ≤ · · · ≤ qs )
in Primzahlen pi , qj .
Da wir (mit Aussage a)) angenommen haben, dass unzerlegbare Ele-
mente in Z auch Primelemente sind, ist p1 ein Primelement in Z, die
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                       27

Primzahl p1 teilt also nach Lemma 2.6 eines der qj (hier brauchen wir
a), da Primzahlen nach Definition unzerlegbare Elemente in Z sind) .
Da das f¨r p1 = qj wegen der Primzahleigenschaft von qj nach Lemma
        u
2.6 unm¨glich ist, ist p1 = qj und wir k¨nnen diese Faktoren k¨rzen.
        o                               o                      u
Damit haben wir den Induktionsschritt in einem Induktionsbeweis nach
der Anzahl der Faktoren gezeigt; der Induktionsanfang ist offenbar tri-
vial
Bemerkung. Obwohl der Fundamentalsatz der Arithmetik eine rein
multiplikative Aussage zu sein scheint, h¨ngt seine Richtigkeit entschei-
                                         a
dend von der Kombination von multiplikativer und additiver Struktur
der ganzen Zahlen ab; eine Tatsache, die wie bereits erw¨hnt praktisch
                                                          a
f¨r alle interessanten Aussagen uber ganze Zahlen gilt. Man sieht das
 u                               ¨
hier an dem folgenden instruktiven Beispiel.
Beispiel. Sei D1 die Menge der nat¨rlichen Zahlen, die bei Division
                                     u
durch 3 den Rest 1 lassen. Eine D1 -Primzahl sei eine Zahl 1 = n ∈ D1 ,
die sich nicht als Produkt n = ab mit a, b ∈ D1  {1} schreiben l¨sst.
                                                                 a
Man uberlegt sich leicht, dass D1 multiplikativ (aber nicht additiv)
     ¨
abgeschlossen ist und dass sich jedes n ∈ D1 in ein Produkt von D1 -
Primzahlen zerlegen l¨sst.
                     a
Man findet aber ebenfalls leicht F¨lle, in denen diese Zerlegung nicht
                                 a
                     ¨
eindeutig ist (siehe Ubungen).
Satz 2.12. (Euklid) Es gibt in N unendlich viele Primzahlen.
Beweis. Sei M = {p1 , . . . , pr } irgendeine endliche Menge von Primzah-
len. Dann ist
                               N = p1 · · · pr + 1
durch keine der Primzahlen p1 , . . . , pr teilbar (da sonst auch 1 = N −
p1 · · · pr durch diese Primzahl teilbar w¨re), es gibt also nach dem Fun-
                                           a
damentalsatz der Arithmetik wenigstens eine Primzahl p ∈ M mit p|N .
Insbesondere folgt, dass die Menge aller Primzahlen nicht endlich ist.


Genauer gilt:
Satz 2.13. (Primzahlsatz, Hadamard und de la Vall´e Poussin) F¨r
                                                 e            u
x ∈ R, x > 0 sei
                     π(x) = #{p ≤ x | p ist Primzahl}.
Dann gilt
                                               x
                                    π(x) ∼
                                             log(x)
                  π(x)
(also limx→∞    x/ log(x)
                            = 1).
28                      RAINER SCHULZE-PILLOT

Beweis. Der Beweis benutzt analytische Hilfsmittel; wir gehen darauf
hier nicht n¨her ein (wenn Zeit bleibt, untersuchen wir die Frage sp¨ter
            a                                                       a
noch etwas n¨her).
              a
Bemerkung. Der Autor kann sich einen kleinen Exkurs zum analyti-
schen Beweis des Primzahlsatzes nicht verkneifen, da es hier um Dinge
geht, deren Ausf¨hrung zwar nicht in das Konzept dieses Skriptes pas-
                 u
sen, die aber zu den sch¨nsten und gegenw¨rtig am intensivsten unter-
                         o                   a
suchten Themen der Zahlentheorie geh¨ren. Leserin und Leser k¨nnen
                                        o                         o
diesen Exkurs also z¨gig lesen, ohne dass L¨cken f¨r die weitere Lekt¨re
                    u                      u      u                  u
des Skriptes entstehen, werden aber hoffentlich dabei neugierig.
Die meisten Beweise f¨r den Primzahlsatz benutzen die Riemannsche
                       u
Zetafunktion
                                     ∞
                                         1
                             ζ(s) =        .
                                    n=1
                                        ns
Diese ist zun¨chst f¨r s ∈ C mit Re(s) > 1 definiert (die Konvergenz
             a      u
der Reihe
                 ∞          ∞
                      1          1
                    | s| =             f¨r Re(s) > 1
                                        u
                n=1
                      n    n=1
                               nRe(s)
zeigt man etwa mit Hilfe des Integralkriteriums in der Analysis I oder
    ¨
als Ubung zu dieser Vorlesung); ζ(s) ist im Gebiet {s ∈ C | Re(s) > 1}
komplex differenzierbar (holomorph).
Man kann zeigen, dass diese Funktion sich holomorph auf C  {1} fort-
setzen l¨sst und bei s = 1 eine Polstelle erster Ordnung hat ( ∞ n
        a                                                         n=1
                                                                      1

divergiert bekanntlich); diese Fortsetzung ist dann nach grundlegenden
S¨tzen der Funktionentheorie eindeutig. Die fortgesetzte Zetafunktion
 a
gen¨gt der Funktionalgleichung
    u
                                    πs
                ζ(s) = 2s π s−1 sin( )Γ(1 − s)ζ(1 − s),
                                    2
                                 1
deren Symmetriezentrum s = 2 ist.
F¨r s ∈ C, die nicht zum kritischen Streifen
 u
                       {s ∈ C | 0 ≤ Re(s) ≤ 1}
geh¨ren, ist der Wert von ζ(s) also direkt durch den Wert der kon-
   o
vergenten Reihe ∞ n1 f¨r s = s oder f¨r s = 1 − s bestimmt,
                     n=1 s  u                u
innerhalb des kritischen Streifens dagegen nur indirekt, n¨mlich durch
                                                          a
Fortsetzung der durch diese Reihe in ihrem Konvergenzgebiet gegebe-
nen Funktion.
Die Riemannsche Vermutung, die zu den sieben Million-Dollar-Pro-
blemen des Clay-Instituts geh¨rt, besagt, dass die Nullstellen von ζ(s)
                               o
                                                                1
im kritischen Streifen alle auf der kritischen Geraden Re(s) = 2 liegen
(man kann leicht zeigen, dass außerhalb des kritischen Streifens genau
die negativen geraden Zahlen Nullstellen der Zetafunktion sind).
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                      29

Die Richtigkeit der Riemannschen Vermutung ist ¨quivalent zu der
                                                      a
Aussage
                                             1
                         π(x) = li(x) + O(x 2 + )
f¨r alle > 0, dabei ist
 u
                                     x
                                         1
                          li(x) =            dt
                                    2 log(t)
der Integrallogarithmus. F¨r diese Funktion gilt
                           u
                     x                  x             x
           li(x) ∼       mit li(x) −         =0             ,
                   log x              log x       (log(x))2
so dass die Formel
                                        x
                             π(x) ∼
                                      log(x)
im Primzahlsatz aus der Formel
                                            1
                        π(x) = li(x) + O(x 2 + )
von oben folgt.
Der Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der Zetafunktion und
denen der Funktion π(x) liegt in der Eulerschen Produktentwicklung
                                     1
                ζ(s) =                    f¨r Re(s) > 1
                                           u
                       p Primzahl
                                  1 − p−s
begr¨ndet. Diese f¨hrt mit Mitteln der komplexen Analysis zu einer
     u             u
expliziten Formel f¨r π(x), die π(x) durch die Nullstellen der Riemann-
                   u
schen Zetafunktion beschreibt.
LeserInnen, die mehr uber dieses Thema lernen wollen, sei das Buch
                       ¨
Analytische Zahlentheorie von J. Br¨dern und die dort angegebene wie-
                                    u
terf¨hrende Literatur empfohlen.
    u
Nach diesem Exkurs kommen wir jetzt wieder zu Aussagen uber Prim-
                                                           ¨
zahlen und uber Faktorzerlegungen, die wir mit den gegenw¨rtig verf¨g-
           ¨                                             a         u
baren Mitteln beweisen k¨nnen.
                         o
Lemma 2.14. Sei n ∈ N, n > 1, sei p(n) der kleinste Primteiler von
n. Dann gilt                    √
                        p(n) ≤     n .
Beweis. Klar.
Satz 2.15. (Erster Primzahltest) Sei n ∈ N, n > 1. n ist genau dann
                                            √
Primzahl, wenn n durch keine Primzahl p ≤     n teilbar ist.
Beweis. Klar.
Satz 2.16. (Sieb des Eratosthenes) Sei N ∈ N, N > 1. Der folgende
Algorithmus liefert eine Liste aller Primzahlen p ≤ N :
   1. L sei eine Liste der L¨nge N , initialisiere sie durch L[j] = 0 f¨r
                            a                                          u
      j > 1, L[1] = 1.
30                       RAINER SCHULZE-PILLOT

     2. q ←− 2,
     3. = N , f¨r 2 ≤ j ≤ setze L[qj] = 1 (markiere alle Vielfachen
              q
                    u
        von q als Nichtprimzahlen).
                          √
     4. Solange q + 1 ≤
                      √     N und L[q + 1] = 1 gilt, setze q ←− q + 1.
     5. Ist q + 1 >     N , terminiere, gib die Liste aller j mit L[j] = 0
        als Primzahlliste √
                          aus.
     6. (Jetzt ist q +1 ≤ N und L[q +1] = 0, also q +1 eine Primzahl.)
        Setze q ←− q + 1, gehe zu 3.
Beweis. Klar.
Bemerkung. Dieses Verfahren stammt von Eratosthenes von Kyrene
(276 v. Chr. – 194 v. Chr.), es kann so modifiziert werden, dass es f¨r u
die Nichtprimzahlen gleichzeitig eine Zerlegung in Primfaktoren liefert.
In umgangssprachlicher Formulierung statt der obigen algorithmischen
Schreibweise besagt es einfach:
Man streicht aus der Liste der nat¨rlichen Zahlen zun¨chst alle gera-
                                     u                  a
den Zahlen außer der 2, dann alle durch 3 teilbaren Zahlen außer der
3 und f¨hrt in gleicher Weise fort, indem man von jeder noch nicht ge-
        a
strichenen Zahl n alle echten Vielfachen (also Vielfache = n) streicht;
am Ende bleiben nur Primzahlen stehen.
Ebenso wie unser erster Primzahltest von oben ben¨tigt es wenigs-
      √                                                o
tens N Schritte, seine Laufzeit ist also exponentiell in der Anzahl
C ·log(N ) der zur Speicherung von N ben¨tigten Bits. Es ist seit kurzer
                                          o
Zeit bekannt, dass man zum Testen einer nat¨rlichen Zahl N auf Prim-
                                              u
zahleigenschaft nur eine Laufzeit ben¨tigt, die polynomial in log(N ) ist.
                                       o
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                       31

      3. Euklidischer Algorithmus und diophantische
                        Gleichungen
Definition und Lemma 3.1. Sei R ein Integrit¨tsbereich, a, b ∈ R.
                                                   a
  a) Ein Element d ∈ R heißt gr¨ßter gemeinsamer Teiler von a und
                                  o
     b, wenn gilt:
        i) d|a, d|b
       ii) Ist d ∈ R mit d |a, d |b, so gilt d |d.
  b) Ein Element m ∈ R heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches von
     a und b, wenn gilt:
        i) a|m, b|m
       ii) Ist m ∈ R mit a|m , b|m , so gilt m|m .
  c) Ist R = Z, so ist d ∈ N genau dann gr¨ßter gemeinsamer Teiler
                                               o
     von a und b, wenn gilt
                  d|a, d|b, d ≥ d    f¨r alle d |a, d |b.
                                      u
      m ∈ N ist genau dann kleinstes gemeinsames Vielfaches von a
      und b, wenn gilt:
               a|m, b|m, m ≤ |m |      f¨r alle m |a, m |b.
                                        u
In einem beliebigen Integrit¨tsbereich m¨ssen gr¨ßter gemeinsamer
                                a             u        o
Teiler und kleinstes gemeinsames Vielfaches von zwei Elementen nicht
existieren, es ist allerding gar nicht so einfach, ein Gegenbeispiel anzu-
geben.
Wir bemerken hier nur, dass im Ring
                  √              √
                Z[ −5] := {a + b −5 ∈ C | a, b ∈ Z}
                    √
die Zahlen 6 und 4+2 −5 keinen gr¨ßten gemeinsamen Teiler besitzen;
                                  o
                                                  ¨
den Beweis verschieben wir in sp¨ter zu stellende Ubungsaufgaben.
                                a
F¨r den Fall, dass ggT und kgV existieren, stellen wir einfache Rechen-
  u
regeln zusammen:
Lemma 3.2. Sei R ein Integrit¨tsbereich.
                                a
  a) Sind a, b ∈ R, so sind gr¨ßter gemeinsamer Teiler und kleinstes
                              o
     gemeinsames Vielfaches von a und b, falls sie existieren, bis auf
     Assoziiertheit eindeutig bestimmt.
  b) Sind a, b ∈ R und ist d = ggT(a, b), so ist ggT( a , d ) = 1, und
                                                      d
                                                          b

     f¨r alle c ∈ R ist
      u
                            cd = ggT(ac, bc).
   c) Sind a, b ∈ R und existiert ggT(a, b) so existiert auch kgV(a, b)
      und ggT(a, b) kgV(a, b) ist assoziiert zu ab.
        ¨
Beweis. Ubung.
Lemma 3.3. Sei R ein Ring, in dem zu je zwei Elementen a, b ∈ R
ein gr¨ßter gemeinsamer Teiler existiert. Dann gilt:
      o
32                         RAINER SCHULZE-PILLOT

     a) Sind a, b1 , b2 ∈ R mit ggT(a, b1 ) = 1 und a|b1 b2 , so gilt a|b2 .
     b) Sind a, b1 , b2 ∈ R mit ggT(a, b1 ) = ggT(a, b2 ) = 1, so ist ggT(a, b1 b2 ) =
        1.
     c) Sind a1 , a2 ∈ R mit ggT(a1 , a2 ) = 1 und ist b ∈ R mit a1 |b, a2 |b,
        so gilt a1 a2 |b.
Beweis.      a) Wegen ggT(a, b1 ) = 1 ist kgV(a, b1 ) = ab1 . Nach Vor-
     aussetzungen ist b1 b2 ein gemeinsames Vielfaches von a und von
     b1 , also gilt a1 b1 |b1 b2 , und die K¨rzungsregel liefert a1 |b2 .
                                            u
  b) Ist d = ggT(a, b1 b2 ), so gilt wegen d|a und ggT(a, b1 ) = 1 offenbar
     ggT(d, b1 ) = 1. Nach a) folgt dann aber aus d|b1 b2 , dass d|b2 , also
     auch d|ggT(a, b2 ) = 1 gilt.
        Also ist d Einheit, d.h.,
                               ggT(a, b1 b2 ) = 1.
     c) Nach Voraussetzung ist b) ein gemeinsames Vielfaches von a1
        und a2 , also gilt kgV(a1 , a2 )|b. Wegen ggT(a1 , a2 ) = 1 ist aber
        kgV(a1 , a2 ) = a1 a2 , also gilt a1 a2 |b.


Dass im Ring Z der ganzenZahlen ggT und kgV existieren, d¨rfte be-
                                                            u
kannt sein, ebenso wie die Methode, sie uber die Primfaktorzerlegung
                                        ¨
zu bestimmen. Die Existenz k¨nnen wir aber auch ohne Bezug auf
                              o
die Primfaktorzerlegung nachweisen, ein sehr viel effizienteres Verfah-
ren zur Bestimmung von ggT und kgV, das ebenfalls ohne Bezug auf
die Primfaktorzerlegung auskommt, lernen wir weiter unten in diesem
Abschnitt kennen.
Satz 3.4. Sei R ein Hauptidealring. Dann gibt es zu je zwei Elementen
a, b ∈ R einen gr¨ßten gemeinsamen Teiler. Ist d = ggT(a, b), so gibt
                 o
es x, y ∈ R mit d = xa + yb.
Insbesondere haben f¨r R = Z je zwei ganze Zahlen = 0 einen eindeutig
                    u
bestimmten gr¨ßten gemeinsamen Teiler und ein eindeutig bestimmtes
              o
kleinstes gemeinsames Vielfaches in N.
Beweis. Sei I = (a, b) das von a und b erzeugte Ideal in R, also I =
{xa + yb | x, y ∈ R}. Da R nach Voraussetzung ein eHauptidealring
ist, gibt es ein d ∈ R mit I = (d) = {c ∈ R | d|c}. Da a, b ∈ I gilt, ist
d|a, d|b, d.h., d ist ein gemeinsamer Teiler von a und b.
Nach Definition von I = (a, b) gibt es x, y ∈ R mit d = xa + yb. Ist
nun d ein gemeinsamer Teiler von a und b, so ist d auch Teiler von
xa + yb = d, d ist also in der Tat gr¨ßter gemeinsamer Teiler von a und
                                     o
b; die Existenz der Darstellung
                                  d = xa + yb
ist damit schon gezeigt.
ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE                               33

Die Behauptung f¨r Z ist schließlich nach den bereits gezeigten allge-
                u
meinen Aussagen klar.
Korollar 3.5.     a) Jede rationale Zahl r = 0 hat eine eindeutige
     Darstellung
                 a
             r=       mit a, b ∈ Z, a > 0, ggT(a, b) = 1.
                 b
  b) Sind a, b ∈ Z und r ∈ Q, so gilt genau dann ra ∈ Z und rb ∈ Z,
     wenn
                          r · ggT(a, b) ∈ Z
     gilt.
                         a
Proof.      a) Ist r =   b
                             , so kann zun¨chst o.E. a > 0 angenommen
                                          a
         werden.
                                           a            b
         Mit d = ggT(a , b ) sei a :=      d
                                               , b :=   d
                                                          .   Dann ist ggT(a, b) = 1
         und r = a , a > 0.
                 b

      Ist r = a2 eine weitere derartige Darstellung, so ist ab2 = a2 b.
                b
                  2


      Wegen ggT(a, b) = 1 = ggT(a2 , b2 ) folgt hieraus a|a2 und a2 |a,
      also a2 = a und daher auch b2 = b.
   b) Ohne Einschr¨nkung sei r = 0, wir schreiben r = x mit x ∈ N,
                     a                                     y
      y ∈ Z und ggT(x, y) = 1 und setzen d = ggT(a, b). Dann ist
      x
      y
        a ∈ Z, x b ∈ Z, also y | xa, y | xb und wegen ggT(x, y) = 1 folgt
                y
                                     d
      y|a, y|b, also y|d, also dr = y · x ∈ Z.
         Die andere Richtung ist trivial.

Wir k¨nnen jetzt Satz 2.11 zeigen, also insbesondere beweisen, dass
     o
man in jedem Hauptidealring eine eindeutige Primfaktorzerlegung hat.


Beweis (von Satz 2.11). Wir zerlegen den Beweis in vier Schritte.
Schritt 1: In einem Hauptidealring R gibt es keine unendlich langen
Teilerketten, d.h., es gibt keine unendliche Folge von bj ∈ R, j ∈ N ,
so dass f¨r alle j gilt: bj |bj+1 und bj ist nicht assoziiert zu bj+1 .
         u
Ist n¨mlich eine Folge von Ringelementen bj mit bj |bj+1 gegeben, so
     a
betrachten wir die Vereinigung
                                     ∞
                                I=         (bj ) = ∅
                                     j=1

der von den bj erzeugten Ideale.
Die Menge I ist ein Ideal in R, denn sind a1 , a2 ∈ I, so gibt es i, k ∈ N
mit a1 ∈ (bi ), a2 ∈ (bk ), und mit = max{i, k} gilt a1 ∈ (b ), a2 ∈ (b ),
34                        RAINER SCHULZE-PILLOT

da man (bj+1 ) ⊇ bj wegen bj+1 |bj hat. Also ist a1 ± a2 ∈ (b ) ⊆ I und
xa ∈ (b ) ⊆ I f¨r alle x ∈ R, was die Idealeigenschaft von I zeigt.
               u
Da R ein Hauptidealring ist, gibt es d ∈ I mit I = (d), und zu d gibt es
ein n ∈ N mit d ∈ (bn ), also bn |d. Wegen bj+1 |bj f¨r alle j folgt bj |d f¨r
                                                     u                      u
alle j ≥ n. Da andererseits d|bj wegen (d) = I f¨r alle j gilt, ist d zu
                                                     u
allen bj mit j ≥ n assoziiert, d.h., die bj mit j ≥ n sind alle zueinander
assoziiert.
Schritt 2: Existenz einer Zerlegung in unzerlegbare Elemente.
Falls a ∈ R, a ∈ R× keine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer
Elemente besitzt, so ist es insbesondere selbst nicht unzerlegbar, hat
also eine Zerlegung
                       a = bc mit b ∈ R× , c ∈ R× ,
also ist weder b noch c assoziiert zu a. Wenigstens eines von b und c
hat dann ebenfalls keine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer Ele-
mente, da man sonst diese beiden Zerlegungen zu einer Zerlegung von
a zusammensetzen k¨nnte.
                    o
Falls es also in RR× Elemente gibt, die keine Zerlegung in ein Produkt
unzerlegbarer Elemente besitzen, so k¨nnen wir rekursiv eine unendli-
                                          o
che Folge von Elementen aj ∈ R konstruieren mit
     i) aj+1 |aj f¨r alle j ∈ N
                  u
    ii) aj+1 ist nicht assoziiert zu aj (j ∈ N)
   iii) aj hat keine Zerlegung in unzerlegbare Elemente
Da dies in einem Hauptidealring nach Schritt 1 unm¨glich ist, haben wir
                                                    o
gezeigt, dass in einem Hauptidealring jede Nichteinheit eine Zerlegung
in ein Produkt unzerlegbarer Elemente hat.
Schritt 3: In einem Hauptidealring ist jedes unzerlegbare Element prim.


Sei n¨mlich q ∈ R unzerlegbar, a, b ∈ R mit q|ab. Falls q |a gilt, so
     a
kann ein gemeinsamer Teiler von a und q nicht zu q assoziiert sein, er
muss dann wegen der Unzerlegbarkeit von q eine Einheit sein, d.h., wir
haben ggT(a, q) = 1.
Es gibt daher nach 3.4 x, y ∈ R mit xa + yq = 1. Es folgt
                       b = b(xa + yq) = xab + yqb,
wegen q|ab haben wir also q|b, was zu zeigen war.
Schritt 4: Eindeutigkeit der Zerlegung
Die Eindeutigkeit einer Zerlegung in Primelemente (= unzerlegbare
Elemente) nach Schritt 3) folgt jetzt genauso wie im zweiten Beweis
der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in Z.
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Elementare algebra_und_zahlentheorie_001__

  • 1. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE RAINER SCHULZE-PILLOT Inhaltsverzeichnis 0. Voraussetzungen aus den Anf¨ngervorlesungen a 1 1. Nat¨rliche und ganze Zahlen u 12 2. Teilbarkeit und Primzahlen 19 3. Euklidischer Algorithmus und diophantische Gleichungen 31 4. Kongruenzen und Ideale 40 5. Gruppen 63 6. Operationen von Gruppen auf Mengen 85 7. Abelsche Gruppen und Charaktere 95 8. Die Struktur der primen Restklassengruppe 109 9. K¨rper und K¨rpererweiterungen o o 129 10. Endliche K¨rper o 145 11. Endliche K¨rper und Faktorisierung von Polynomen o 153 Index 164 0
  • 2. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 1 0. Voraussetzungen aus den Anf¨ngervorlesungen a Da dieses Skript sich haupts¨chlich an Studierende im zweiten Studien- a jahr wendet, setzen wir Vertrautheit mit den grundlegenden Begriffen ¨ uber Mengen und Abbildungen voraus, auch die Begriffe Aquivalenz- ¨ ¨ relation und Aquivalenzklasse kennt die Leserin ebenso wie der Leser vermutlich bereits. ¨ Das in dieser Vorlesung am h¨ufigsten verwendete Beispiel einer Aqui- a valenzrelation ist die Kongruenz modulo n: Beispiel. Auf der Menge Z der ganzen Zahlen wird f¨r n ∈ N{0} eine u ¨ Kongruenz modulo n genannte Aquivalenzrelation wie folgt definiert: a ist genau dann kongruent zu b modulo n (Notation: a ≡ b mod n), wenn a und b bei Division durch n mit Rest denselben Rest lassen. Ist also etwa n = 2, so sind genau die geraden Zahlen kongruent zu 0 modulo 2, die ungeraden Zahlen sind kongruent zu 1 modulo 2, die ¨ Menge Z zerf¨llt in zwei Aquivalenzklassen: a Die eine Klasse besteht aus den geraden Zahlen, die andere besteht aus den ungeraden Zahlen. Innerhalb einer Klasse sind alle Zahlen zuein- ander kongruent modulo 2, zwei Zahlen aus verschiedenen Klassen sind nicht zueinander kongruent. ¨ Ist n = 3, so besteht etwa die Aquivalenzklasse der 1 (d. h. die Menge aller zu 1 modulo 3 kongruenten ganzen Zahlen) aus den Zahlen . . . , −8, −5, −2, 1, 4, 7, . . . . ¨ Jede solche Aquivalenzklasse bez¨glich der Kongruenz modulo n (d. h. u die Menge aller zu einem festen a ∈ Z modulo n kongruenten Zahlen) nennt man auch eine arithmetische Progression modulo n. Aus einer Vorlesung uber Lineare Algebra im ersten Studienjahr sollte ¨ dem Leser dar¨ber hinaus die Theorie der Vektorr¨ume uber einem u a ¨ (beliebigen) K¨rper vertraut sein. o In der Regel werden in einer solchen Vorlesung auch einige Grundtatsa- chen uber Gruppen und uber Ringe behandelt. Diese Grundtatsachen ¨ ¨ und -begriffe werden wir im Rahmen der ausf¨hrlicheren Behandlung u von Gruppen und Ringen hier zwar erneut behandeln, wir wollen sie aber gelegentlich in Beispielen schon vorher benutzen k¨nnen. o Wir listen daher kurz auf, was wir hier¨ber in solchen Beispielen vor- u aussetzen wollen und verweisen f¨r die gr¨ndlichere Behandlung dieser u u Dinge auf die entsprechenden Kapitel: Definition 0.1. Eine (nicht leere) Menge G mit einer Verkn¨pfung u ◦ : (a, b) −→ a ◦ b (also einer Abbildung G × G −→ G, die jedem Paar (a, b) von Elementen von G ein Element c = a ◦ b von G zuordnet) heißt Gruppe, wenn gilt: a) a ◦ (b ◦ c) = (a ◦ b) ◦ c f¨r alle a, b, c ∈ G (Assoziativgesetz) u
  • 3. 2 RAINER SCHULZE-PILLOT b) Es gibt ein (eindeutig bestimmtes) Element e ∈ G mit e ◦ a = a ◦ e = a f¨r alle a ∈ G. (e heißt neutrales Element.) u c) Zu jedem a ∈ G gibt es ein (eindeutig bestimmtes) Element a (oder a−1 ) in G mit a ◦ a = a ◦ a = e. (a heißt inverses Element zu a.) d) Gilt uberdies das Kommutativgesetz a◦b = b◦a f¨r alle a, b ∈ G, ¨ u so heißt die Gruppe kommutativ oder abelsch (nach Niels Henrik Abel, 1802-1829) Bemerkung. a) Es reicht, in ii) die Existenz eines Elements e ∈ G mit e ◦ a = a f¨r alle a ∈ G (also eines linksneutralen Elements von G) und in u iii) f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines a ∈ G mit a ◦ a = e (also u f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines linksinversen Elements) zu u ¨ verlangen. Beweis als Ubung, genauso geht es nat¨rlich mit rechts u statt links. Dagegen erh¨lt man etwas anderes (nicht besonders a sinnvolles), wenn man die Existenz eines linksneutralen Elements und f¨r jedes a ∈ G die Existenz eines rechtsinversen Elements u verlangt. b) Nach Niels Henrik Abel ist auch der seit 2003 j¨hrlich als Ana- a logon zum Nobelpreis in Oslo verliehene Abel-Preis mit einem Preisgeld von 6 Millionen Norwegischen Kronen (ca. 730000 Eu- ro) benannt (bisherige Preistr¨ger: 2003 Jean Pierre Serre, 2004 a Michael Atiyah und Isadore Singer, 2005 Peter Lax). Satz 0.2. Sei (G, ◦) eine Gruppe. Dann gilt: (a) F¨r alle a ∈ G ist (a−1 )−1 = a. u (b) F¨r alle a, b ∈ G ist (a ◦ b)−1 = b−1 ◦ a−1 . u (c) Sind a, b ∈ G, so gibt es genau ein x ∈ G mit a ◦ x = b und genau ein y ∈ G mit y ◦ a = b. (d) Sind a, x, y ∈ G mit x ◦ a = y ◦ a, so ist x = y. (e) Sind a, x, y ∈ G mit a ◦ x = a ◦ y, so ist x = y. Definition 0.3. Eine Menge R mit Verkn¨pfungen +, · : R × R −→ R u heißt Ring, wenn gilt: a) (R, +) ist kommutative Gruppe (mit neutralem Element 0). b) · ist assoziativ: F¨r a, b, c ∈ R gilt u a · (bc) = (ab) · c. c) Es gelten die Distributivgesetze a(b + c) = ab + ac (a + b)c = ac + bc f¨r a, b, c ∈ R u Falls es ein neutrales Element 1 ∈ R bez¨glich der Multiplikation · gibt, u so heißt 1 das Einselement des Ringes und R ein Ring mit Einselement. Ist die Multiplikation · kommutativ, so heißt R ein kommutativer Ring. Gibt es a, b ∈ R, a = 0 = b mit ab = 0, so heißen a, b Nullteiler in R,
  • 4. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 3 andernfalls heißt R nullteilerfrei. Ein kommutativer Ring mit Einselement, der nullteilerfrei ist, heißt Integrit¨tsbereich. a Bemerkung. a) In einem Ring gilt stets a · 0 = 0 · a = 0 f¨r alle u a ∈ R. b) Gibt es im Ring R ein neutrales Element bez¨glich der Multipli- u kation, so ist dieses eindeutig bestimmt. c) F¨r den Rest dieses Skriptes haben alle Ringe ein Einselement. In u der Literatur wird die Existenz des Einselements manchmal zur Definition des Begriffes Ring hinzugenommen, manchmal nicht. d) Der Nullring {0} ist von dieser Definition ebenfalls zugelassen, in ihm ist das einzige Element gleichzeitig Nullelement und Eins- element. Lemma 0.4. Ein kommutativer Ring R ist genau dann nullteilerfrei, wenn in R die K¨rzungsregel gilt, d. h., wenn f¨r a, b, c ∈ R, a = 0 gilt: u u ab = ac ⇔ b = c. Beweis. Sei R nullteilerfrei und seien a, b, c ∈ R, a = 0 mit ab = ac. Dann ist 0 = ab−ac = a(b−c) mit a = 0, also b−c = 0 nach Definition der Nullteilerfreiheit und daher b = c. Gilt umgekehrt in R die K¨rzungsregel und sind a, b ∈ R, a = 0 mit u ab = 0, so ist 0 = ab = a0 und nach der K¨rzungsregel folgt b = 0, also u ist R nullteilerfrei. Beispiele: • Z ist ein Ring ohne Nullteiler. • Ist K ein K¨rper, so ist K erst recht ein Ring (ohne Nullteiler). o • Ist K ein K¨rper, so ist die Menge Mn (K) der n × n- Matrizen o mit Eintr¨gen aus dem K¨rper K ein Ring, dessen Einselement a o die Einheitsmatrix En ist. • Ist K ein K¨rper, V ein K-Vektorraum, so ist die Menge End(V ) o der linearen Abbildungen von V in sich ein Ring, dessen Einsele- ment die identische Abbildung IdV ist. • Sei C(R) die Menge der stetigen Funktionen von R nach R. Dann ist C(R) bez¨glich der ublichen Operationen (f + g)(x) = u ¨ f (x)+g(x), (f g)(x) = f (x)g(x) ein kommutativer Ring, der nicht nullteilerfrei ist. Das Gleiche gilt, wenn man stattdessen die Men- ge aller Funktionen oder die Menge aller differenzierbaren Funk- tionen von R nach R betrachtet. Definition 0.5. Sei R ein kommutativer Ring. a) a ∈ R heißt Einheit in R, wenn es a ∈ R gibt mit aa = 1. Die Menge der Einheiten wird mit R× bezeichnet. Beispiele: • Die Einheiten in Z sind +1, −1.
  • 5. 4 RAINER SCHULZE-PILLOT • Die Einheiten im Ring C(R) der stetigen reellen Funktionen sind die Funktionen, die keine Nullstelle haben. • In einem K¨rper K sind alle Elemente außer 0 Einheiten, die o × Menge K der Einheiten von K ist also gleich K {0}. Lemma 0.6. Sei R ein kommutativer Ring. Dann bilden die Einheiten von R bez¨glich der Multiplikation eine Gruppe, die Einheitengruppe u R× von R. ¨ Beweis. Ubung Manchmal kommen auch die folgenden Begriffe vor: Definition 0.7. Eine Menge H = ∅ mit einer Verkn¨pfung (a, b) −→ u a · b heißt Halbgruppe, wenn die Verkn¨pfung assoziativ ist. Sie heißt u Monoid, wenn es ein (notwendig eindeutig bestimmtes) Element e ∈ H gibt mit ea = ae = a f¨r alle a ∈ H; u e heißt dann das neutrale Element von H. Definition 0.8. Sei K ein K¨rper. Eine K-Algebra ist ein K- Vektor- o raum A, auf dem zus¨tzlich eine Multiplikation (a, b) → a · b definiert a ist und f¨r den gilt: u a) (A, +, ·) ist ein Ring mit Einselement. b) F¨r a, b ∈ A, λ ∈ K gilt λ(a · b) = (λa) · b = a · (λb). u Beispiel. a) Ist K ein K¨rper und L ⊇ K ein Oberk¨rper von K, o o so ist L eine K-Algebra. b) Ist K ein K¨rper und Mn (K) die Menge der n × n-Matrizen uber o ¨ K, so ist Mn (K) eine K-Algebra. c) Ist K ein K¨rper, V ein K-Vektorraum, so ist End(V ) eine K- o Algebra. In der Vorlesung uber Lineare Algebra wird bei der Behandlung des ¨ charakteristischen Polynoms und des Minimalpolynoms einer Matrix meistens auch eine formale Definition des Polynomringes uber einem ¨ beliebigen K¨rper vorgenommen, da uber einem beliebigen K¨rper K o ¨ o die Behandlung von Polynomen als K-wertige Polynomfunktionen zu Problemen f¨hrt. u Die ublichste Art, diesen Polynomring einzuf¨hren, ist die folgende, ¨ u bei der wir zun¨chst einmal in einer Art Forderungskatalog festlegen, a welche Eigenschaften wir vom Ring der Polynome in einer Variablen X mit Koeffizienten in dem K¨rper K erwarten: o Definition 0.9. Sei K ein K¨rper. Ein Polynomring uber K in einer o ¨ Unbestimmten X ist ein kommutativer Ring A (mit Einselement) 1 und einem ausgezeichneten Element X, so dass gilt: a) A ist eine K-Algebra
  • 6. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 5 b) Jedes Element f = 0 von A l¨sst sich eindeutig als a n f= ai X i mit ai ∈ K, an = 0 i=0 f¨r ein n ∈ N schreiben. u Hat f = 0 diese Darstellung, so heißt f vom Grad n, man schreibt deg(f ) = n. Dem Nullpolynom wird manchmal der Grad −∞ zugeordnet. Das Polynom f heißt normiert, falls an = 1 gilt. Mit dieser Definition wissen wir zwar, was wir erreichen wollen, wir m¨ssen uns aber den gew¨nschten Polynomring erst noch konstruieren. u u Der n¨chstliegende Versuch ist zweifellos, den Polynomring als Ring a von Funktionen zu definieren, die durch einen polynomialen Term ge- geben sind, also als Menge aller Abbildungen f : K −→ K, f¨r die es u a0 , . . . , an ∈ K gibt, so dass n f (x) = aj x j f¨r alle x ∈ K u j=0 gilt. Die Leserin, die bereits Erfahrung im Umgang mit dem aus zwei Ele- menten 0 und 1 (mit 0 + 0 = 1 + 1 = 0, 0 + 1 = 1 + 0 = 1, 0 · 0 = 0 · 1 = 1 · 0 = 0, 1 · 1 = 1) bestehenden K¨rper F2 hat, wird bemerken, dass o dieser erste Versuch im Fall K = F2 fehlschl¨gt: a Da xn = x f¨r alle n ∈ N {0} und alle Elemente x von F2 gilt, gibt u es f¨r K = F2 genau vier solche Abbildungen (von denen jede durch u unendlich viele verschiedene Terme gegeben werden kann), w¨hrend a Teil b) der Definition impliziert, dass der Polynomring unendlich viele Elemente hat. Es ist aber auf Grund der Definition naheliegend, wie man bei der Konstruktion vorzugehen hat: Ein Polynom f = n ai X i soll durch i=0 das (n+1)-Tupel seiner Koeffizienten ai ∈ K bestimmt sein, wobei n = deg(f ) ∈ N0 von f abh¨ngt und beliebig groß sein kann. Erg¨nzen wir a a dieses (n + 1)-Tupel durch unendlich viele Nullen zu einer unendlichen Folge (aj )j∈N0 von Elementen von K, so sind in dieser Folge offenbar nur endlich viele (n¨mlich h¨chstens deg(f ) + 1 viele) Folgenglieder von 0 a o verschieden. Umgekehrt erhalten wir jede Folge (aj )j∈N0 von Elementen von K, in der nur endlich viele Folgenglieder von 0 verschieden sind, als Fortsetzung des Koeffiziententupels eines Polynoms. Polynome im Sinne unserer Definition m¨ssen also in Bijektion zu solchen Folgen u stehen. Da im Polynomring das Distributivgesetz gelten soll, ist ferner klar, n i dass das Produkt f g von zwei Polynomen f = i=0 ai X und g = m j n+m k j=0 bj X gleich k=0 ck X mit ck = i+j=k ai bj sein muss, wenn es
  • 7. 6 RAINER SCHULZE-PILLOT uberhaupt m¨glich ist, den Polynomring wie gew¨nscht zu konstruie- ¨ o u ren. Damit ist im Grunde vorgezeichnet, was wir zu tun haben: Definition und Satz 0.10. Sei K ein K¨rper. In o A := K[X] := K (N0 ) = {a = (aj )j∈N0 | aj ∈ K, aj = 0 f¨r fast alle j} u werde eine Verkn¨pfung (Multiplikation) definiert durch: u n (a · b)n = aj bn−j , j=0 ferner sei die Addition wie ublich durch ¨ (a + b)n = an + bn definiert. Dann gilt: a) A mit + und · ist eine kommutative K-Algebra b) Die Elemente e(i) ∈ A seien f¨r i ∈ N0 definiert durch u (e(i) )n := δin . Dann ist e(0) das Einselement von A, und f¨r i, j ∈ N0 gilt u e(i) · e(j) = e(i+j) . Insbesondere gilt mit X := e(1) : X i = e(i) f¨r alle i ∈ N0 . u c) Ist 0 = a ∈ A und n := max{j ∈ N0 | aj = 0}, so ist n a= aj X j . j=0 d) Der Ring A ist ein Polynomring uber K im Sinne von Definition ¨ 0.9. Jeder Polynomring A in einer Unbestimmten X uber K ist ¨ zu A kanonisch isomorph durch n n i ai X −→ ai (X )i , i=0 i=0 d.h., die angegebene Abbildung ist ein Isomorphismus von K- Vektorr¨umen, der obendrein mit den jeweiligen Multiplikationen a inA, A vertr¨glich ist und 1A auf 1A abbildet (ein Ringhomomor- a phismus ist). e) A = K[X] ist nullteilerfrei und es gilt deg(f g) = deg(f ) + deg(g) f¨r von 0 verschiedene Polynome f, g. u f) Die Einheiten in K[X] sind die konstanten Polynome c (Poly- nome vom Grad 0) mit c ∈ K × .
  • 8. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 7 Beweis. a) Dass (A, +) eine abelsche Gruppe ist, wissen wir bereits. Die Assoziativit¨t der Multiplikation m¨ssen wir nachrechnen: a u Sind a, b, c ∈ A, so ist der n-te Koeffizient ((ab)c)n von (ab)c gleich n k ( (aj bk−j )cn−k = ar b s c t , k=0 j=0 r,s,t r+s+t=n und den gleichen Wert erh¨lt man, wenn man den n-ten Koeffizienten a von a(bc) ausrechnet. Die Existenz des Einselements sehen wir in b), die Kommutativit¨t a ist klar, das Distributivgesetz und die Identit¨t λ(ab) = (λa) · b = a a · (λb) f¨r λ ∈ K, a, b ∈ A rechnet man leicht nach. u n (0) b) Offenbar ist (e(0) · a)n = j=0 ej an−j = 1 · an = an und daher e(0) · a = a f¨r beliebiges a ∈ A, e(0) ist daher neutrales Element u bez¨glich der Multiplikation in A. u Sind i, j ∈ N0 , so hat man n n (i) (j) 1 falls i + j = n (e(i) · e(j) )n = ek en−k = δik δj,n−k = , k=0 k=0 0 sonst (i) (j) (i+j) also e · e = e wie behauptet. Mit vollst¨ndiger Induktion folgt a i (1) i (i) daraus sofort X := (e ) = e . c) folgt sofort aus b). Der erste Teil von d) ist jetzt ebenfalls sofort klar. Hat man einen weiteren Polynomring A uber K in einer Unbestimmten X , so ist ¨ zun¨chst die Abbildung n ai X i −→ n ai (X )i bijektiv. Dass sie a i=0 i=0 ein Ringhomomorphismus ist, rechnet man leicht nach. e) folgt schließlich so: Sind f = m ai X i , g = n bj X j ∈ A mit i=0 j=0 am = 0, bn = 0, so ist n+m f ·g = ck X k k=0 mit cm+n = am bn = 0, da K ein K¨rper ist. o Also gilt in A, dass aus f = 0, g = 0 folgt, dass f g = 0 ist und dass f g den Grad n + m hat. Insbesondere erbt also der Polynomring A wie behauptet die Nullteilerfreiheit seines Grundk¨rpers K. o ¨ f) Ubung Bemerkung. a) Im Weiteren wird einfach von dem Polynomring K[X] in einer Unbestimmten uber K gesprochen, seine Elemente werden als ¨ n i=0 ai X i geschrieben und auf die Definition durch Folgen wird kein Bezug mehr genommen. Die Elemente von K[X] fasst man als formale Ausdr¨cke (polynomiale Terme) n ai X i auf. Die u i=0 konstanten Polynome (Polynome vom Grad 0) cX 0 mit c ∈ K werden mit den Elementen von K identifiziert, man fasst also
  • 9. 8 RAINER SCHULZE-PILLOT den Grundring K uber diese Identifikation als Teilring des Poly- ¨ nomrings K[X] auf. b) Ist S irgendeine K-Algebra, so kann man (siehe das folgende Lemma) Elemente von S in Polynome aus K[X] einsetzen: Ist f = n ai X i ∈ K[X], s ∈ S, so ist i=0 n f (s) := ai si ∈ S, i=0 Wenn dadurch kein Irrtum entstehen kann, so bezeichnet man (nicht v¨llig korrekt) auch die hierduch gegebene Abbildung s → o f (s) von S nach S (die zu f geh¨rige Polynomfunktion) mit f , o will man vorsichtiger sein, so kann man sie zur Unterscheidung ¯ von f ∈ K[X] etwa mit f bezeichnen. W¨hlt man hier S = A, so ergibt Einsetzen von X das Element a f (X) = n ai X i = f von A. Sie brauchen also an dieser Stelle i=0 nicht zwischen f und f (X) zu unterscheiden, obwohl es Ihnen ja in der Analysis bereits ganz selbstverst¨ndlich geworden ist, a zwischen der Funktion h und ihrem Funktionswert h(x) in einem Punkt x sauber zu unterscheiden. Die Situation ist hier scheinbar anders, weil ja ein Polynom gerade so definiert worden ist, dass es nicht eine Funktion ist, sondern ein Element der abstrakt konstruierten Algebra K[X]. Lemma 0.11. Sei K ein K¨rper, S eine K-Algebra und s ∈ S. Dann o wird durch f −→ f (s) ∈ S ein Algebrenhomomorphismus K[X] −→ S gegeben; der Einsetzungs- homomorphismus in s. Beweis. Man rechnet nach, dass auf Grund der Rechengesetze in S die Gleichungen (f1 + f2 )(s) = f1 (s) + f2 (s), (f1 f2 )(s) = f1 (s)f2 (s), (cf )(s) = c · f (s) und 1(s) = (1 · X 0 )(s) = 1 · s0 = 1S gelten und die Abbildung daher in der Tat ein Homomorphismus von Algebren ist. Bemerkung. Man kann in der ganzen Diskussion den Grundk¨rper K o auch durch einen beliebigen Integrit¨tsbereich R ersetzen. Der einzige a Punkt, bei dem man etwas vorsichtig sein muss, ist die Beschreibung der Einheiten: Im Polynomring R[X] sind die Einheiten genau die kon- stanten Polynome c = cX 0 mit einer Einheit c ∈ R× von R, zum Beispiel f¨r R = Z also nur die konstanten Polynome ±1. Die richtige u Verallgemeinerung von K × ist also hier die (ebenso notierte) Einhei- tengruppe des Rings R und nicht R {0}. W¨hlt man als Grundring einen Ring mit Nullteilern, so enth¨lt auch a a der Polynomring R[X] Nullteiler und auch die Gleichung deg(f g) = deg(f ) + deg(g) wird falsch. Sind n¨mlich a, b ∈ R mit ab = 0, a = 0 = a
  • 10. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 9 b, so gilt offensichtlich (1 + aX m ) · (bX n ) = bX n f¨r alle m, n ∈ N, man u hat also deg((1+aX )·(bX )) = n = m+n = deg(1+aX m )+deg(bX n ). m n Vermutlich ist aus der Schule oder den Anf¨ngervorlesungen bekannt, a dass sich das Verfahren der Division mit Rest vom Ring Z (siehe Lemma 1.2 im n¨chsten Abschnitt) auf den Ring der reellen Polynome in ei- a ner Variablen ubertragen l¨sst (Polynomdivision), wir formulieren und ¨ a beweisen das jetzt f¨r den Polynomring K[X] uber einem beliebigen u ¨ K¨rper und erhalten damit die erste in einer Reihe von Aussagen, die o zeigen werden, dass der Polynomring uber einem K¨rper einige Ahn- ¨ o ¨ lichkeit mit dem Ring der ganzen Zahlen hat. Satz 0.12. Sei K ein K¨rper, seien f, g ∈ K[X], g = 0. Dann gibt es o eindeutig bestimmte Polynome q, r ∈ K[X] mit f = qg + r, r = 0 oder deg(r) < deg(g). Beweis. Wir beweisen diese Aussage durch vollst¨ndige Induktion nach a deg(f ), beginnend bei deg(f ) = 0. Der Induktionsanfang deg(f ) = 0 m i n i ist trivial. Wir schreiben f = i=0 ai X , g = i=0 bi X mit am = 0, bn = 0, m ≥ 1 und nehmen an, die Aussage sei f¨r deg(f ) < m u bereits bewiesen. Ist deg(f ) < deg(g), so ist die Aussage (mit q = 0, r = f ) trivial, wir k¨nnen also n ≤ m annehmen. Dann ist der Grad von o am f1 := f − ( X m−n )g bn m−1 am = (am X − ( X m−n )bn X n ) + m ci X i bn i=0 m−1 = ci X i i=0 (mit gewissen ci ∈ K, die hier nicht weiter interessieren) offenbar klei- ner als m, wir k¨nnen also nach Induktionsannahme o f1 = q1 g + r mit r = 0 oder deg(r) < deg(g) schreiben und erhalten am m−n f = (q1 + X )g + r, bn am was mit q = q1 + bn X m−n die gew¨nschte Zerlegung f = qg + r f¨r f u u liefert. Beispiel. Durch den ublichen Prozess der Polynomdivision erh¨lt man ¨ a etwa: (X 4 − 1) = (X 2 + 2X + 1)(X 2 − 2X + 3) + (−4X − 4).
  • 11. 10 RAINER SCHULZE-PILLOT Bemerkung. Im Beweis benutzt man Division durch den Leitkoeffizi- enten bn = 0 von g = n bi X i ; das Verfahren der Division mit Rest i=0 l¨sst sich daher nicht ohne weiteres auf den Polynomring R[X] uber a ¨ einem Ring R ubertragen. ¨ Eine wichtige Anwendung der Divison mit Rest ist die M¨glichkeit, f¨r o u eine Nullstelle a ∈ K eines Polynoms aus K[X] einen Faktor X − a aus dem Polynom herauszuziehen: Definition und Korollar 0.13. Sei K ein K¨rper. o a) Sei f ∈ K[X], f = 0, a ∈ K mit f (a) = 0. Dann gibt es ein eindeutig bestimmtes q ∈ K[X] mit f = (X − a)q. b) Sind β1 , . . . , βr verschiedene Nullstellen von 0 = f ∈ K[X], so gibt es eindeutig bestimmte ei ∈ N {0}, g ∈ K[X] mit r f= (X − βi )ei g und g(βi ) = 0 f¨r 1 ≤ i ≤ r. u i=1 Der Exponent ei in dieser Darstellung heißt die Vielfachheit der Nullstelle βi des Polynoms f , ist ei = 1, so spricht man von einer einfachen Nullstelle, sonst von einer mehrfachen. c) Seien f, g ∈ K[X] mit n > max(deg(f ), deg(g)), seien a1 , . . . , an ∈ K paarweise verschieden mit f (ai ) = g(ai ) f¨r 1 ≤ i ≤ n. u Dann ist f = g. Insbesondere gilt: Hat K unendlich viele Elemente, so folgt aus f (a) = g(a) f¨r alle a ∈ K, dass f = g gilt. u Beweis. a) Wir teilen f mit Rest durch X − a. W¨re der Rest hierbei a nicht 0, so h¨tte er wegen deg(X −a) = 1 Grad 0, w¨re also gleich einer a a Konstanten c ∈ K. Setzen wir in die Polynomgleichung f = (X −a)q+c den Wert a ∈ K ein, so erhalten wir 0 = f (a) = (a − a)q(a) + c, also c = 0. b) Zun¨chst ist klar, dass man eine Darstellung a r f= (X − βi )ei g und g(βi ) = 0 f¨r 1 ≤ i ≤ r. u i=1 erh¨lt, indem man a) so oft iteriert, bis der verbleibende Faktor g in a keinem der βi verschwindet. Hat man zwei derartige Darstellungen f = r ei r ei i=1 (X − βi ) g = f = i=1 (X − βi ) g und ist etwa e1 ≥ e1 , so kann man, da K[X] nullteilerfrei ist, den Faktor (X − β1 )e1 in der rechten Gleichung dieser Kette k¨rzen und erh¨lt u a r r (X − β1 )e1 −e1 (X − βi )ei g = f = (X − βi )ei g . i=2 i=2
  • 12. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 11 Einsetzen von β1 in diese Gleichung liefert dann e1 − e1 = 0, da sonst die linke Seite 0 erg¨be und die rechte nicht. Das iteriert man f¨r die a u anderen Faktoren (X − βi ) und erh¨lt am Ende g = g . a c) In b) sehen wir, dass f = r (X −βi )ei g Grad deg(g)+ r ei hat, i=1 i=1 insbesondere muss r ≤ n f¨r die Anzahl r der verschiedenen Nullstellen u eines Polynoms f = 0 vom Grad n gelten. Anders gesagt: Nimmt ein Polynom f in n verschiedenen Stellen a1 , . . . , an den Wert 0 an, so muss deg(f ) ≥ n gelten. Da in der Situation von c) deg(f − g) < n gilt und f − g in den n verschiedenen Stellen a1 , . . . , an den Wert 0 annimmt, ist f − g = 0, also f = g. Bemerkung. a) Sind f ∈ K[X] und a, c ∈ K mit f (a) = c und hat f − c in a eine e-fache Nullstelle, so sagt man auch, f nehme in a den Wert c mit der Vielfachheit e an. b) Nimmt das Polynom f vom Grad n in den verschiedenen Elemen- ten a1 , . . . , ar von K die Werte c1 , . . . , cr mit den Vielfachheiten e1 , . . . , er an, so betrachte man das Polynom r r (X − aj )ej f1 = ci i=1 j=1 (ai − aj )ej j=i r vom Grad n1 < i=1 ei (das Lagrange’sche Interpolationspoly- nom f¨r die vorgegebenen Werte und Vielfachheiten). Offenbar u nimmt auch f1 die Werte ci in den Stellen ai mit den Vielfachhei- ten ei an. Ist auch n = deg(f ) < r ei , so sieht man genauso i=1 wie in c) des vorigen Korollars, dass f1 = f gilt. Man hat al- so nicht nur die Eindeutigkeitsaussage aus Teil c) des Korollars, sondern kann das eindeutige Polynom vom Grad n1 < r ei i=1 mit der gegebenen Werteverteilung explizit angeben.
  • 13. 12 RAINER SCHULZE-PILLOT 1. Nat¨rliche und ganze Zahlen u Bevor wir mit der eigentlichen Zahlentheorie anfangen, werden wir in diesem Abschnitt die f¨r unsere Zwecke wichtigsten Zahlenmengen, die u Menge N = {1, 2, 3, . . .} der nat¨rlichen Zahlen und die Menge u Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .} der ganzen Zahlen vorstellen und die Darstellung dieser Zahlen in der Schrift und im Rechner betrachten. Die Null nehmen wir hier nicht zu den nat¨rlichen Zahlen dazu, wenn u wir sie doch mit einschließen wollen, schreiben wir N0 := N ∪ {0}. Man kann f¨r und gegen die Einbeziehung der Null in die nat¨rlichen u u Zahlen gute Gr¨nde anf¨hren. In der Zahlentheorie ist es meistens ein- u u fach praktischer, die Null fortzulassen, da sie f¨r die meisten Aussagen u ohnehin eine Ausnahmestellung einnimmt. Die Mengen Z und N sind aus der Schule wohlbekannt, wo sie allerdings meist nicht axiomatisch begr¨ndet werden. u F¨r die axiomatische Einf¨hrung von N mit Hilfe der Axiome von Pea- u u no sei auf die Literatur verwiesen (z.B. Ebbinghaus et al.: Zahlen), wir stellen hier nur die wichtigsten Ideen kurz vor, die dabei auftreten: Bemerkung. a) Die nat¨rlichen Zahlen sind eine Menge N mit u einem ausgezeichneten Element 1 und einer injektiven Nachfol- gerabbildung s : N −→ N. F¨r diese gilt u – s(N) = {N 1}. – Ist M ⊆ N mit 1 ∈ M so, dass s(M ) ⊆ M gilt, so ist M = N (Induktionsaxiom). b) In N gibt es Verkn¨pfungen + und ·, f¨r die Assoziativ- und u u Kommutativgesetz sowie Distributivgesetze gelten, man hat s(n) = n + 1 f¨r n ∈ N. u c) In N gibt es eine Relation <, die etwa durch m < n ⇔ ∃r ∈ N mit n = m + r gegeben werden kann. Die daraus abgeleitete Relation m ≤ n ⇔ m < n oder m = n ist eine Ordnungsrelation, d.h., sie ist reflexiv (m ≤ m ∀m), antisymmetrisch ((m ≤ n und n ≤ m) ⇒ m = n) und transitiv ((m ≤ n und n ≤ q) ⇒ m ≤ q). Die Ordnungsrelation ≤ ist monoton bez¨glich Addition und Multiplikation ((m ≤ n) und u (p ≤ q) ⇒ m + p ≤ n + q, (m ≤ n und p ≤ q) ⇒ mp ≤ nq), sie ist ferner total (linear), d.h. f¨r m, n ∈ N gilt stets m ≤ n oder u n ≤ m.
  • 14. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 13 d) Die Ordnungsrelation ≤ ist eine Wohlordnung, d.h., in jeder nichtleeren Teilmenge M ⊆ N gibt es ein (eindeutig bestimm- tes) kleinstes Element (Minimum), also ein m ∈ M mit m ≤ n f¨r alle n ∈ M . u Auch die Konstruktion der ganzen Zahlen auf der Basis der bereits axiomatisch eingef¨hrten nat¨rlichen Zahlen wird in der Schule meis- u u tens nur angedeutet bzw. durch Plausibilt¨tsbetrachtungen ersetzt. F¨r a u den Fall, dass Sie diese Konstruktion in Ihren Anf¨ngervorlesungen a noch nicht kennen gelernt haben, stellen wir die wichtigsten Schrit- te zusammen, uberlassen aber die Durchf¨hrung der Beweise f¨r die ¨ u u ¨ behaupteten Eigenschaften den LeserInnen als Ubung. Definition und Lemma 1.1. Auf N × N wird durch (m, n) ∼ (m , n ) ⇔ m + n = m + n ¨ eine Aquivalenzrelation ∼ eingef¨hrt. Die Menge Z = N × N/ ∼ der u ¨ Aquivalenzklassen [(m, n)] bez¨glich ∼ heißt Menge der ganzen Zahlen. u Die Verkn¨pfungen +, · von N induzieren (ebenfalls mit +, · bezeichne- u te) Verkn¨pfungen auf Z durch u [(m1 , n1 )] + [(m2 , n2 )] = [(m1 + m2 , n1 + n2 )] [(m1 , n1 )] · [(m2 , n2 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )]. Mit diesen Verkn¨pfungen ist Z eine kommutative Gruppe mit neutra- u lem Element 0 = [(1, 1)] bez¨glich + und eine kommutative Halbgruppe u mit neutralem Element 1 = [(2, 1)], (also ein Monoid) bez¨glich ·. u Z ist also ein kommutativer Ring mit Einselement 1. Dieser Ring ist uberdies nullteilerfrei (ein Integrit¨tsbereich). ¨ a Die Elemente (1, 1), (p + 1, 1) mit p ∈ N, (1, p + 1) mit p ∈ N bilden ein vollst¨ndiges Repr¨sentantensystem von N × N bez¨glich ∼, ihre Klas- a a u sen werden mit [(1, 1)] = 0, [(p+1, 1)] = p, [(1, p+1)] = −p bezeichnet. Mit diesen Bezeichnungen ist   m−n falls m > n [(m, n)] = 0 falls m = n  −(n − m) = m − n falls m < n. Die Ordnungsrelation ≤ setzt sich auf Z fort durch p > 0 f¨r alle p ∈ N, u −p < 0 f¨r alle p ∈ N, u a≤b⇔b−a≥0 f¨r a, b ∈ Z. u Damit ist auch Z total geordnet; die Monotonieregel f¨r die Addition u gilt weiter, die Monotonieregel f¨r die Multiplikation wird zu u a ≤ b und m ∈ N0 ⇒ ma ≤ mb.
  • 15. 14 RAINER SCHULZE-PILLOT Das Wohlordnungsprinzip ubertr¨gt sich von N auf Z in der folgenden ¨ a modifizierten Form: Ist M ⊆ Z eine nach unten beschr¨nkte Teilmenge, so hat M ein ein- a deutig bestimmtes kleinstes Element. ¨ Beweis. Ubung. die Hauptarbeit besteht darin, zu zeigen, dass die Defi- nition der Verkn¨pfungen wirklich eine unzweideutige Definition liefert, u dass also die Verkn¨pfungen wohldefiniert sind. Das ist nicht selbst- u verst¨ndlich, da f¨r Addition und Multiplikation der Klassen [(m1 , n1 )] a u und [(m2 , n2 )] Bezug auf die Repr¨sentanten (m1 , n1 ), (m2 , n2 ) dieser a Klassen genommen wird. Sie m¨ssen also zeigen: u Sind m1 , n1 , m2 , n2 , m1 , n1 , m2 , n2 ∈ N mit (m1 , n1 ) ∼ (m1 , n1 ), (m2 , n2 ) ∼ (m2 , n2 ), so ist [(m1 + m2 , n1 + n2 )] = [(m1 + m2 , n1 + n2 )], [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )] = [(m1 m2 + n1 n2 , m1 n2 + m2 n1 )]. F¨r beliebige reelle Zahlen x f¨hren wir noch die Notationen ein: u u x := [x] = max{n ∈ Z | n ≤ x} (Gauß-Klammer, floor, ganzer Anteil) x = min{n ∈ Z | n ≥ x} (ceiling) {x} = x − x (gebrochener Anteil) Eine wichtige Eigenschaft von Z ist die M¨glichkeit der Division mit o Rest: Lemma 1.2. Sind a, b ∈ Z, b = 0, so gibt es q, r ∈ Z mit 0 ≤ r < |b|, so dass a = bq + r gilt. q und r mit dieser Eigenschaft sind eindeutig bestimmt, r heißt der (kleinste nichtnegative) Rest von a bei Division durch b. Beweis. Es reicht, die Behauptung f¨r b > 0 zu zeigen, da man b < 0 u durch −b ersetzen kann. Die Menge M = {c ∈ Z | cb > a} ist dann durch den ganzen Anteil a des Quotienten a nach unten b b beschr¨nkt und offenbar nicht leer, sie hat also nach dem Wohlord- a nungsprinzip ein kleinstes Element, das wir mit q + 1 bezeichnen. Dann ist qb ≤ a < (q + 1)b. F¨r r := a − qb gilt also u 0 ≤ r = a − qb < (q + 1)b − qb = b,
  • 16. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 15 und wir haben die gesuchten Zahlen q, r gefunden. ¨ Die Eindeutigkeit rechne man als Ubung nach. Auch die Division mit Rest ist nat¨rlich ein aus der Schule vertrautes u Verfahren. Wir haben hier dennoch den Beweis durchgef¨hrt, weil sich u dieses eigentlich ganz selbstverst¨ndliche Verfahren im weiteren Verlauf a des Skriptes als ein enorm wichtiges Hilfsmittel herausstellen wird. Der tiefere Grund f¨r diese Wichtigkeit liegt darin, dass die Division mit u Rest die Addition, die Multiplikation und die Gr¨ßenbeziehung im Ring o der ganzen Zahlen miteinander verkn¨pft, also die drei Grundstruktu- u ren (additive Gruppe, multiplikative Halbgruppe, geordnete Menge), die Z besitzt, miteinander verbindet. In der Zahlentheorie und generell in der Mathematik gilt die (eigentlich wenig uberraschende) Faustregel, ¨ dass interessante Aussagen immer dann entstehen, wenn verschiedene Grundeigenschaften oder Strukturen des selben Objektes miteinander in Verbindung kommen. Das zweite Thema in diesem Abschnitt sind die Zahldarstellungen. Definition und Satz 1.3. Sei g ∈ N, g ≥ 2. Dann hat jedes n ∈ N eine eindeutige Darstellung k n= aj g j (0 ≤ aj < g, ak = 0) j=0 mit g k+1 −1 ≥ n ≥ g k ; diese Darstellung heißt die g-adische Darstellung von n oder die Darstellung von n zur Basis g. Ist g = 2, so spricht man von der Bin¨rdarstellung, f¨r g = 10 von der a u Dezimaldarstellung. Man schreibt g = (ak ak−1 · · · a0 )g . k j Beweis. Ist n = j=0 aj g wie oben, so ist a0 der Rest von n bei Division durch g und allgemeiner aj der Rest von (n − j−1 ai g i )/g j i=0 bei Division durch g. Die Koeffizienten aj in einer solchen Darstellung sind also in der Tat eindeutig bestimmt. Die G¨ltigkeit der behaupteten u Ungleichung folgt aus k k k g j g ≤ ak g ≤ aj g ≤ (g − 1) g j = g k+1 − 1. j=0 j=0 Die g k+1 − 1 verschiedenen Zahlen k aj g j = 0 mit 0 ≤ aj < g j=0 liegen alle in der (g k+1 − 1)-elementigen Menge {n ∈ N | n ≤ g k+1 − 1}; daher ist jedes n aus dieser Menge von der Form k aj g j mit 0 ≤ j=0
  • 17. 16 RAINER SCHULZE-PILLOT aj < g, was die noch fehlende Existenz einer g-adischen Darstellung zeigt. Bemerkung. Man kann auch Zahldarstellungen zu negativen Basen einf¨hren. Eine andere Variante ist die sogenannte balanced ternary“- u ” Notation, bei der man jede ganze Zahl n als k n= aj 3j mit aj ∈ {0, 1, −1} j=0 ¨ schreibt. Siehe hierzu die Ubungen sowie das am Ende dieses Abschnitts erw¨hnte Buch von D. Knuth. a Die g-adische Darstellung liegt auch der Darstellung von Zahlen im Rechner zu Grunde. Gehen wir etwa davon aus, dass ein Wort im Rech- ner aus 64 Bits besteht, so speichert man gew¨hnliche ganze Zahlen o (single precision integer) zun¨chst in einem Wort ab, indem man ein a Bit f¨r das Vorzeichen reserviert und in den verbleibenden 63 Bits die u Koeffizienten 0 oder 1 der Bin¨rdarstellung der Zahl speichert. Das be- a schr¨nkt offenbar den zur Verf¨gung stehenden Zahlbereich auf Zahlen a u 63 vom Absolutbetrag ≤ 2 −1, also auf ca. 20-stellige Zahlen in Dezimal- darstellung. F¨r Anwendungen in Zahlentheorie und Computeralgebra u ist das unbefriedigend, und auch die in der Anfangszeit der Computer verwendeten double precision integers (zwei W¨rter f¨r eine Zahl) l¨sen o u o das Problem nicht zufriedenstellend. Die ubliche L¨sung ist: ¨ o Man setzt G = 264 und stellt eine beliebige Zahl n ∈ N nun zur Basis G dar: k n= bj Gj (0 ≤ bj < G, bk = 0). j=0 Jedes bj kann dann in einem (vorzeichenfreien) Wort gespeichert wer- den, und die hierf¨r ben¨tigten W¨rter werden entweder in einem hin- u o o reichend großen Array fester L¨nge (etwa wieder 64), in einem Array a variabler L¨nge oder in einer mit Pointern verlinkten Liste gespeichert a (h¨ufigste Variante). Beim Array fester L¨nge st¨ßt man zwar wieder a a o ¨ an eine Grenze, diese ist aber so groß, dass ein Uberlauf nur in F¨llen a auftritt, in denen das Ergebnis wegen seiner Gr¨ße ohnehin nicht mehr o verwertbar w¨re. Sauberer sind aber die beiden anderen genannten a L¨sungen, bei denen der Gr¨ße einer Zahl keine Schranken gesetzt sind. o o Auf die technischen Details gehen wir hier nicht weiter ein. Auch auf die Darstellung von Gleitkommazahlen (floating point numbers) gehen wir hier nicht ein, da dieses Thema f¨r algebraisch/zahlentheoretische u Rechnungen meist von geringer Bedeutung ist. Wir halten noch fest:
  • 18. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 17 Satz 1.4. Zur Darstellung der Zahl n ∈ Z im Rechner ben¨tigt man o (h¨chstens) o log2 |n| +2 w W¨rter, wo w die Anzahl der Bits je Wort ist. o Um noch die grundlegenden Ergebnisse uber den Rechenaufwand zur ¨ Durchf¨hrung der Grundrechenarten im Rechner zusammenstellen zu u k¨nnen, erinnern wir an die O, o-Notationen: o Definition 1.5. Sei M ⊆ R eine Menge, die beliebig große Elemente enth¨lt, seien f, g : M −→ R Funktionen. a a) Gibt es C > 0, so dass |f (x)| ≤ C · |g(x)| f¨r alle hinreichend großen x ∈ M gilt, so schreibt man u f (x) = O(g(x)). (oder auch f (x) g(x)). b) Ist g(x) = 0 f¨r hinreichend große x und u lim f (x)/g(x) = 0, x→∞ x∈M so schreibt man f (x) = o(g(x)). c) Ist g(x) = 0 f¨r hinreichend große x und u f (x) lim = 1, x→∞ x∈M g(x) so schreibt man f (x) ∼ g(x) und sagt, f sei f¨r x −→ ∞ asymptotisch gleich g(x). u Mit diesen Bezeichnungen haben wir: Satz 1.6. Addition und Subtraktion von N -stelligen Zahlen (in Dar- stellung zur Basis g) erfordern O(N ) elementare Operationen. Mul- tiplikation und Division einer N -stelligen und einer M -stelligen Zahl erfordern h¨chstens O(M N ) elementare Operationen. o Eine elementare Operation ist dabei die Addition, Multiplikation oder Division zweier nat¨rlicher Zahlen zwischen 0 und g − 1 (wobei bei Di- u vision der ganze Anteil des Ergebnisses zu nehmen ist), diese erfolgen in der Regel an Hand von Tabellen bzw. sind im Chip implementiert. Beweis. Siehe etwa Knuth, The Art of Computer Programming, vol. 2, sec. 4.3.1, oder die Computer-Algebra-B¨cher von Geddes/Czapor/Labahn u ¨ bzw. von von zur Gathen/Schneider, siehe im ubrigen auch die Ubun- ¨ gen.
  • 19. 18 RAINER SCHULZE-PILLOT Bemerkung. Bei der Multiplikation und der Division lassen sich durch verbesserte Verfahren (“fast multiplication”) noch bessere Absch¨tzun- a gen erzielen, wir werden darauf im Abschnitt uber die diskrete Fou- ¨ riertransformation noch einmal kurz eingehen und verweisen hierf¨r u ansonsten auf die bereits genannten Lehrb¨cher der Computeralgebra. u
  • 20. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 19 2. Teilbarkeit und Primzahlen In diesem Abschnitt wollen wir die Teilbarkeitsrelation im Ring Z der ganzen Zahlen untersuchen. Wir werden dabei sehen, dass sich viele Eigenschaften der Teilbarkeit in Z bereits zeigen lassen, wenn man nur einen kleinen Teil der Struktur von Z voraussetzt. Deshalb werden wir mit den schw¨chsten Voraussetzungen beginnen, unter denen sich ei- a ne Teilbarkeitstheorie sinnvoll formulieren l¨sst, und zun¨chst Teilbar- a a keitstheorie in einem beliebigen kommutativen Ring mit Einselement, der nullteilerfrei ist (einem Integrit¨tsbereich), betrachten. a Zun¨chst wiederholen wir die aus dem einleitenden Abschnitt uber al- a ¨ gebraische Grundlagen bereits bekannten Definitionen von Teilbarkeit und von Integrit¨tsbereichen: a Definition 2.1. Sei R ein kommutativer Ring (mit Einselement 1). Sind a, b ∈ R, so sagt man, a sei ein Teiler von b (a|b, a teilt b), wenn es c ∈ R gibt mit ac = b. Ein Element a ∈ R, a = 0 heißt ein Nullteiler, wenn es b = 0 in R mit ab = 0 gibt; gibt es in R keine Nullteiler, so heißt R nullteilerfrei oder ein Integrit¨tsbereich. a Lemma 2.2. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann gilt: a a) (K¨rzungsregel) Sind a, b, c ∈ R, c = 0 mit ac = bc, so ist a = b. u b) F¨r alle a ∈ R gilt a|0 und a|a. u c) F¨r alle a ∈ R gilt 1|a u d) Sind a, b ∈ R mit a|b und ∈ R× eine Einheit, so gilt a| b, a|b. e) Sind a ∈ R, ∈ R× mit a| , so ist a ∈ R× . f) Sind a, b ∈ R mit a|b und b|a, so gibt es ∈ R× mit b = a. g) Sind a, b, c ∈ R mit c = 0, so gilt genau dann ca|cb, wenn a|b gilt. h) Sind a, b, d ∈ R mit d|a, d|b, so gilt d|xa + yb f¨r alle x, y ∈ R. u i) Sind a1 , a2 , b1 , b2 ∈ R mit a1 |a2 , b1 |b2 so gilt a1 b1 |a2 b2 . Speziell f¨r R = Z gilt ferner u • Sind m, n ∈ Z mit m|n, n = 0, so ist |m| ≤ |n|. • Z× = {±1}. ¨ Beweis. Man rechne dies zur Ubung nach. Definition 2.3. Sei R ein Integrit¨tsbereich. a, b ∈ R heißen zueinan- a der assoziiert, wenn es eine Einheit ∈ R gibt mit b = a . Lemma 2.4. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann gilt: a a) a, b ∈ R sind genau dann assoziiert, wenn a | b und b | a gilt. b) a und b in Z sind genau dann assoziiert, wenn |a| = |b| gilt.
  • 21. 20 RAINER SCHULZE-PILLOT c) Sei K ein K¨rper. Zwei Polynome f, g ∈ K[X] sind genau dann o assoziiert, wenn sie skalare Vielfache von einander sind, wenn es also c ∈ K × gibt mit f = cg. Beweis. a): Sind a und b assoziiert, so ist b = a, also a = −1 b und damit a | b, b | a. Gilt umgekehrt a | b, b | a, so ist b = ac1 , a = bc2 . einsetzen von , a = bc2 in b = ac1 ergibt b = bc1 c2 , nach der K¨rzungsregel folgt c1 c2 = 1, also u × × c1 ∈ R , c2 ∈ R , also die Assoziiertheit von a und b. b) und c) folgen direkt aus a), da ±1 die einzigen Einheiten von Z sind und die c ∈ K × genau die Einheiten von K[X] sind. Bemerkung. In einem K¨rper teilt jedes a = 0 jedes K¨rperelement b o o und alle Elemente = 0 sind zueinander assoziiert. Die Begriffe aus den obigen Definitionen sind also nur interessant in Ringen, in denen nicht alle von 0 verschiedenen Elemente multiplikativ invertierbar sind. Bevor wir Integrit¨tsbereiche im Allgemeinen und den Ring Z der gan- a zen Zahlen im Besonderen n¨her untersuchen, wollen wir eine Liste von a Beispielen von Integrit¨tsbereichen zusammenstellen, die einerseits in a den h¨ufigsten Anwendungen vorkommen und andererseits Beispiele a daf¨r liefern werden, welche Teilbarkeitseigenschaften bei verschiede- u nen Typen von Integrit¨tsbereichen vorkommen. a Beispiel. a) Jeder K¨rper ist erst recht ein Integrit¨tsbereich. o a b) Ist K ein K¨rper und R ⊆ K ein Teilring, so ist R ein Inte- o grit¨tsbereich, da Nullteiler in R auch Nullteiler in K w¨ren. a a Sei insbesondere d ∈ Z und √ √ Z[ d] := {a + b d | a, b ∈ Z} ⊆ C. √ Man rechnet nach, dass Z[ d] ein Teilring des K¨rpers C der √ o komplexen Zahlen ist, der von 1 und d erzeugte Teilring von C. Ist die Zahl d − 1 durch 4 teilbar, so ist sogar √ √ 1+ d 1+ d Z[ ] := {a + b | a, b ∈ Z} ⊆ C 2 2 ¨ ein Teilring von C, wie man (Ubung) nachrechnet. c) Ist K ein K¨rper, so ist der Polynomring K[X] in einer Variablen o X uber K ein Integrit¨tsbereich. ¨ a Wie im einleitenden Kapitel 0 festgestellt ist allgemeiner der Po- lynomring R[X] in einer Variablen X uber einem Integrit¨tsbe- ¨ a reich R ebenfalls ein Integrit¨tsbereich. a Indem man wiederholt den Polynomring bildet, kann man induk- tiv (oder rekursiv) den Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] in n Varia- blen X1 , . . . , Xn bilden; ist R ein Integrit¨tsbereich, so ist auch a R[X1 , . . . , Xn ] ein Integrit¨tsbereich. Ein Element dieses Rings a
  • 22. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 21 ist eine Linearkombination j j j aj1 ,...,jn X11 X22 · · · Xnn (j1 ,...,jn )∈Nn 0 ji ≤m mit Koeffizienten aj1 ,...,jn ∈ R und einem geeigneten m ∈ N0 . j j j Die Terme X11 X22 · · · Xnn ∈ R[X1 , . . . , Xn ], aus denen sich diese Polynome zusammensetzen, heißen Monome, die Summe j1 + j j j · · · + jn der Exponenten des Monoms X11 X22 · · · Xnn heißt der Grad des Monoms. Man schreibt f¨r j = (j1 , . . . , jn ) auch u j j X j := X11 X22 · · · Xnn j und |j| := j1 + · · · + jn . Ein Polynom j j j f= aj1 ,...,jn X11 X22 · · · Xnn = 0 (j1 ,...,jn )∈Nn 0 ji ≤m heißt homogen vom Grad d, wenn aj1 ,...,jn = 0 nur f¨r n-Tupel u j = (j1 , . . . , jn ) mit |j| = d gilt, wenn also alle mit einem von 0 verschiedenen Koeffizienten in f vorkommenden Monome den gleichen Grad d haben. d) Im vorigen Beispiel kann man den Polynomring R[X1 , . . . , Xn ] in nat¨rlicher Weise als einen Teilring des Polynomrings u R[X1 , . . . , Xn , Xn+1 ] in n + 1 Variablen auffassen. Bildet man dann R[{Xj | j ∈ N}] := ∪n∈N R[X1 , . . . , Xn ], so erh¨lt man den Polynomring in unendlich vielen Variablen a Xj , j ∈ N. Da auf Grund der Konstruktion jedes Element die- ses Polynomrings ein Polynom in einer endlichen (aber unbe- schr¨nkten) Anzahl von Variablen ist, uberzeugt man sich leicht, a ¨ dass auch dieser Ring ein Integrit¨tsbereich ist, wenn R ein In- a tegrit¨tsbereich ist. a Unser n¨chstes Ziel ist der Fundamentalsatz der Arithmetik, also die a Aussage, dass sich jede nat¨rliche Zahl n = 1 eindeutig in ein Pro- u dukt von Primzahlen bzw. nach Zusammenfassung gleicher Faktoren in ein Produkt von Primzahlpotenzen zerlegen l¨sst. Wir werden in a sp¨teren Abschnitten sehen, dass wir diesen Satz, dessen N¨tzlichkeit a u f¨r das Rechnen im Ring Z der ganzen Zahlen wohl unbestreitbar ist, u auf sehr viel allgemeinere Integrit¨tsbereiche verallgemeinern k¨nnen. a o Die n¨tigen Begriffe formulieren wir deshalb gleich in der allgemeinen o Situation. Definition 2.5. Sei R ein Integrit¨tsbereich. a
  • 23. 22 RAINER SCHULZE-PILLOT a) Ein Element p ∈ R, p ∈ R× , heißt Primelement, wenn gilt Sind a, b ∈ R mit p|ab, so gilt p|a oder p|b. b) Ein Element a ∈ R, a ∈ R× , heißt unzerlegbar (irreduzibel), wenn gilt: Ist a = bc mit b, c ∈ R, so ist b ∈ R× oder c ∈ R× . c) In Z heißen unzerlegbare Elemente, die positiv sind, Primzahlen, d.h., p ∈ N ist genau dann Primzahl, wenn p > 1 gilt und wenn aus p = bc mit b, c ∈ N folgt, dass b = 1 oder c = 1 gilt. Es ist vermutlich etwas uberraschend, dass wir die beiden von Primzah- ¨ len bekannten Eigenschaften a) und b) mit getrennten Bezeichnungen belegen. Wir werden sp¨ter Beispiele betrachten, in denen die Begrif- a fe Primelement und unzerlegbares Element auseinanderfallen, und wir werden recht bald zeigen, dass sie f¨r Z und f¨r viele andere interessante u u Ringe eben doch identisch sind. Beispiel. Im Polynomring K[X] uber einem K¨rper K sind die unzer- ¨ o legbaren Elemente genau die Polynome, die sich nicht als ein Produkt von zwei Polynomen echt kleineren Grades zerlegen lassen. Das folgt di- rekt aus der Definition, da alle Polynome, die nicht Einheiten in K[X] sind, einenGrad ≥ 1 haben und deg(f g) = deg(f ) + deg(g) f¨r den u Grad eines Produktes f g von zwei Polynomen gilt. Polynome, die in diesem Sinn unzerlegbar sind, heißen irreduzible Po- lynome, Polynome, die nicht irreduzibel sind, heißen reduzibel. Lemma 2.6. a) Ist R ein Integrit¨tsbereich, p ∈ R ein Primele- a ment und sind a1 , . . . , ar ∈ R mit p|a1 · · · ar , so gibt es ein j mit p|aj . b) Ist p ∈ N Primzahl und a ∈ N mit a|p, a > 1, so ist a = p. ¨ Beweis. Aussage a) beweise man als Ubung mit Hilfe vollst¨ndiger In- a duktion. Aussage b) ergibt sich unmittelbar aus dem ersten Teil des folgenden allgemeineren Lemmas, nach dem die Eigenschaft, prim zu sein, in jedem Integrit¨tsbereich mindestens so stark ist wie Unzerleg- a barkeit. Lemma 2.7. Sei R ein Integrit¨tsbereich. Dann ist jedes Primelement a in R auch unzerlegbar. Beweis. Sei p ∈ R ein Primelement und p = bc mit b, c ∈ R. Wir m¨ssen zeigen, dass b ∈ R× oder c ∈ R× gilt. u Da p ein Primelement ist, gilt p|b oder p|c, o.E. sei p|b. Da offenbar auch b|p gilt, gibt es nach Lemma 2.2 e) ein ∈ R× mit b = p. Wir haben also 1 · p = p = bc = pc,
  • 24. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 23 und da in Integrit¨tsbereichen die K¨rzungsregel gilt, folgt 1 = c, also a u −1 × c= ∈ R , was zu zeigen war. Die Umkehrung dieses Lemma gilt im allgemeinen nicht, es kann also in hinreichend b¨sartigen Integrit¨tsbereichen vorkommen, dass man un- o a ¨ zerlegbare Elemente hat, die keine Primelemente sind. In den Ubungs- aufgaben zu diesem Abschnitt k¨nnen √ etwa nachrechnen, dass der o Sie (eigentlich harmlos ausehende) Ring Z[ −5] ein solches Beispiel liefert; in diesem Ring wird sich 2 als unzerlegbar, aber nicht prim herausstel- len. Wir werden aber bald zeigen, dass dies im Ring Z der ganzen Zah- len und in einer recht großen Klasse allgemeinerer Integrit¨tsbereiche a (unter anderem in Polynomringen uber K¨rpern) nicht passiert. ¨ o Die folgenden Definitionen f¨hren Begriffe ein, die scheinbar nicht viel u mit unserer Frage nach Primfaktorzerlegungen zu tun haben, sich aber in K¨rze als mit dieser Frage eng verbunden erweisen werden. u Definition 2.8. Sei (R, +, ·) ein kommutativer Ring. Ein Ideal I ⊆ R ist eine Teilmenge, f¨r die gilt: u a) (I, +) ist eine Untergruppe von (R, +). b) F¨r a ∈ R, x ∈ I gilt ax ∈ I. u Gibt es ein c ∈ R, so dass I = {ac | a ∈ R} gilt, so heißt I ein Hauptideal, man schreibt I = (c) = Rc und sagt, dass c das Hauptideal I = (c) erzeugt. Definition und Lemma 2.9. Sei R ein kommutativer Ring (mit Eins- element). a) Sind c1 , . . . , cn ∈ R, so ist n I := (c1 , . . . , cn ) := { ai ci | ai ∈ R} i=1 ein Ideal, dieses heißt das von c1 , . . . , cn erzeugte Ideal. b) Ist I ⊆R ein Ideal, so heißt I endlich erzeugt, wenn I = (c1 , . . . , cn ) mit geeigneten c1 , . . . , cn ∈ R gilt. c) Ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal endlich erzeugt ist, heißt noethersch (Emmy Noether, 1882-1935). d) Ein Integrit¨tsbereich, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißt a Hauptidealring (principal ideal domain). Beispiel. a) Im Ring Z der ganzen Zahlen ist jede Untergruppe bez¨glich der Addition bereits ein Ideal: Ist H ⊆ Z eine Unter- u gruppe von Z und a ∈ H, n ∈ Z, so ist  a + · · · + a  falls n ≥ 0  n−mal na = −(a + · · · + a) falls n < 0   |n|−mal
  • 25. 24 RAINER SCHULZE-PILLOT wegen der Untergruppeneigenschaft von H ebenfalls in H. Insbe- sondere ist also f¨r m ∈ Z die Untergruppe mZ = {mn | n ∈ Z} u ein Ideal in Z, das von m erzeugt wird. b) Ist R = K K¨rper, so sind {0} und K die einzigen Ideale. o Satz 2.10. a) Im Ring Z der ganzen Zahlen ist jedes Ideal ein Hauptideal, also von der Form (m) = mZ = {mq | q ∈ Z} f¨r ein m ∈ Z. u b) Im Ring K[X] der Polynome in einer Variablen uber dem K¨rper ¨ o K ist jedes Ideal ein Hauptideal. Beweis. a): Sei I ⊆ Z ein Ideal. Ist I = {0}, so ist I das von 0 erzeugte Hauptideal. Ist I = {0}, so gibt es positive Zahlen in I, da zu jedem a ∈ I auch −a ∈ I gilt. Sei m die kleinste positive Zahl in I und n ∈ I beliebig. Nach Lemma 1.2 (Division mit Rest) k¨nnen wir n = mq + r mit o q, r ∈ Z, 0 ≤ r < m schreiben. Da r = n − mq ∈ I wegen n ∈ I, m ∈ I gilt und m nach Definition die kleinste positive Zahl in I ist, folgt aus 0 ≤ r < m, dass r = 0 gilt. Daher ist n = mq ∈ (m) = mZ f¨r jedesu n ∈ I, also I ⊆ (m) = mZ. Da aus der Idealeigenschaft umgekehrt (m) = mZ ⊆ I folgt, ist die Behauptung bewiesen. Genauso zeigt man die Aussage b) mit Hilfe von Lemma 0.12 (der Version der Division mit Rest f¨r den Polynomring), man zeigt dann u mit dem gleichen Schluss wie oben, dass ein Ideal I = (0) in K[X] von einem Polynom g = 0, g ∈ I vom kleinstm¨glichen Grad erzeugt o wird. Wir formulieren jetzt den Satz uber die eindeutige Primfaktorzerlegung ¨ allgemein f¨r Hauptidealringe, beweisen ihn aber zun¨chst nur f¨r den u a u Ring Z der ganzen Zahlen. Satz 2.11. Sei R ein Hauptidealring. a) Die Primelemente in R sind genau die unzerlegbaren Elemente. b) Jedes a ∈ R hat eine bis auf Reihenfolge und Assoziiertheit ein- deutige Zerlegung a = q 1 · · · qr in ein Produkt von (nicht notwendig verschiedenen) Primelemen- ten. Fasst man hierin assoziierte Faktoren zusammen, so erh¨lt man a eine Zerlegung a = p ν 1 · · · p νr 1 r mit ∈ R× , νj ∈ N und mit paarweise nicht zueinander assozi- ierten Primelementen pj . c) Ist insbesondere R = Z, so gilt der Fundamentalsatz der Arith- metik:
  • 26. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 25 Jedes n ∈ Z {0, 1, −1} hat eine eindeutige Zerlegung n = ±pν1 · · · pνr 1 r mit Primzahlen p1 < p2 · · · < pr und ν1 , . . . , νr ∈ N. Man schreibt hierf¨r auch: u n = ± pνp (n) p Primzahl mit νp ∈ N0 , νp = 0 nur f¨r endlich viele p u und nennt den Exponenten νp (n) die p-adische Bewertung von n. Beweis. Den Beweis von a) und b) im allgemeinen Fall verschieben wir wieder in den n¨chsten Abschnitt. a F¨r den Fall R = Z ist zun¨chst die Existenz einer Zerlegung wie in b) u a leicht einzusehen: Ohne Einschr¨nkung sei n ∈ N, n > 1. Wir benutzen dann vollst¨ndige a a Induktion nach n, wobei der Induktionsanfang n = 2 trivial ist, da 2 eine Primzahl ist. Sei jetzt n > 2 und die Behauptung f¨r alle nat¨rlichen Zahlen m < n u u gezeigt. Ist n eine Primzahl, so ist man fertig. Andernfalls gibt es (nach Definition der Primzahl als in Z unzerlegbares Element) b, c ∈ N mit n = bc, b = 1 = c und daher auch b < n, c < n. Nach Induktionsan- nahme besitzen b und c Zerlegungen in Produkte von Primzahlen, f¨gt u man sie aneinander, so erh¨lt man eine ebensolche Zerlegung f¨r n. a u Sammelt man nun in einer Zerlegung von |n| in nicht notwendig ver- schiedene Primfaktoren die gleichen Faktoren ein, so erh¨lt man die a behauptete Zerlegung n = ±pν1 · · · pνr . 1 r Die Eindeutigkeit k¨nnen wir auf (mindestens) zwei verschiedene Wei- o sen zeigen. Wir bringen zun¨chst einen Beweis durch vollst¨ndige Induktion, der a a eine Umformulierung des klassischen indirekten Beweises von Zermelo (Ernst Friedrich Ferdinand Zermelo, 1871–1953) ist. Der Induktionsanfang n = 2 ist klar. Wir nehmen also an, dass n > 2 ist und dass f¨r jede nat¨rliche Zahl, u u die kleiner als n ist, die Zerlegung in ein Produkt von Primzahlen ein- deutig ist. Seien n = p 1 · · · p r = q1 · · · qs (p1 ≤ · · · ≤ pr , q1 ≤ · · · ≤ qs , p1 ≤ q1 ) zwei Zerlegungen (von denen wir noch nicht wissen, ob sie verschieden sind oder nicht). Ist r = 1 oder s = 1, so ist n Primzahl und daher r = s = 1 und p1 = q1 = n. Wir brauchen also nur noch den Fall r > 1, s > 1 zu betrachten.
  • 27. 26 RAINER SCHULZE-PILLOT Ist p1 = q1 so k¨nnen wir in n = p1 · · · pr = q1 · · · qs durch p1 teilen und o erhalten 1 < n = p2 · · · pr = q2 · · · qs < n; nach Induktionsannahme ist die Zerlegung von n in Primfaktoren ein- deutig und daher r = s, pj = qj f¨r 2 ≤ j ≤ s, die beiden Zerlegungen u von n waren also identisch. Den Fall p1 = q1 k¨nnen wir aber wie folgt ausschließen: Wir setzen o m = q1 · · · q s N = n − p1 m = p1 (p2 · · · pr − q2 · · · qs ) = (q1 − p1 )m < n, wegen p1 < q1 und m ≥ 2 ist N ≥ 2. Nach Induktionsannahme hat N eine eindeutige Zerlegung in Primfak- toren. Offenbar ist aber p1 |(q1 − p1 ) und p1 |m = q2 · · · qs (da alle qj Primzahlen > p1 sind). Zerlegt man q1 − p1 in Primfaktoren, so liefert also N = (q1 − p1 )q2 · · · qs eine Zerlegung von N in Primfaktoren, in der p1 nicht vorkommt; zer- legt man andererseits (p2 · · · pr − q2 · · · qs ) in Primfaktoren, so liefert N = p1 (p2 · · · pr − q2 · · · qs ) eine Zerlegung von N in Primfaktoren, in der p1 vorkommt, im Wider- spruch zur Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung von N . Der Fall p1 = q1 kann also nicht vorkommen, und wir sind fertig. Wir geben jetzt noch einen zweiten Beweis f¨r Z, der die (allerdings u im Moment noch nicht bewiesene) Aussage a) benutzt, um die Eindeu- tigkeit der Zerlegung zu zeigen; dieser Beweis ist insofern algebraischer als der oben gegebene, als er die Gr¨ßenbeziehung in Z nicht (jedenfalls o nicht direkt) benutzt. Er funktioniert deshalb auch in jedem Integrit¨tsbereich, in dem alle a unzerlegbaren Elemente prim sind und in dem man bereits die Exis- tenz einer Zerlegung in ein Produkt von unzerlegbaren Elementen (und damit Primelementen) gezeigt hat; wir werden auf ihn zur¨ckkommen, u um die (bis jetzt nur behauptete) Existenz und Eindeutigkeit der Prim- faktorzerlegung in beliebigen Hauptidealringen zu zeigen. Sei hierf¨r wieder n > 1 mit zwei Zerlegungen u n = p 1 · · · p r = q1 · · · qs (p1 ≤ p2 ≤ · · · pr , q1 ≤ q2 ≤ · · · ≤ qs ) in Primzahlen pi , qj . Da wir (mit Aussage a)) angenommen haben, dass unzerlegbare Ele- mente in Z auch Primelemente sind, ist p1 ein Primelement in Z, die
  • 28. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 27 Primzahl p1 teilt also nach Lemma 2.6 eines der qj (hier brauchen wir a), da Primzahlen nach Definition unzerlegbare Elemente in Z sind) . Da das f¨r p1 = qj wegen der Primzahleigenschaft von qj nach Lemma u 2.6 unm¨glich ist, ist p1 = qj und wir k¨nnen diese Faktoren k¨rzen. o o u Damit haben wir den Induktionsschritt in einem Induktionsbeweis nach der Anzahl der Faktoren gezeigt; der Induktionsanfang ist offenbar tri- vial Bemerkung. Obwohl der Fundamentalsatz der Arithmetik eine rein multiplikative Aussage zu sein scheint, h¨ngt seine Richtigkeit entschei- a dend von der Kombination von multiplikativer und additiver Struktur der ganzen Zahlen ab; eine Tatsache, die wie bereits erw¨hnt praktisch a f¨r alle interessanten Aussagen uber ganze Zahlen gilt. Man sieht das u ¨ hier an dem folgenden instruktiven Beispiel. Beispiel. Sei D1 die Menge der nat¨rlichen Zahlen, die bei Division u durch 3 den Rest 1 lassen. Eine D1 -Primzahl sei eine Zahl 1 = n ∈ D1 , die sich nicht als Produkt n = ab mit a, b ∈ D1 {1} schreiben l¨sst. a Man uberlegt sich leicht, dass D1 multiplikativ (aber nicht additiv) ¨ abgeschlossen ist und dass sich jedes n ∈ D1 in ein Produkt von D1 - Primzahlen zerlegen l¨sst. a Man findet aber ebenfalls leicht F¨lle, in denen diese Zerlegung nicht a ¨ eindeutig ist (siehe Ubungen). Satz 2.12. (Euklid) Es gibt in N unendlich viele Primzahlen. Beweis. Sei M = {p1 , . . . , pr } irgendeine endliche Menge von Primzah- len. Dann ist N = p1 · · · pr + 1 durch keine der Primzahlen p1 , . . . , pr teilbar (da sonst auch 1 = N − p1 · · · pr durch diese Primzahl teilbar w¨re), es gibt also nach dem Fun- a damentalsatz der Arithmetik wenigstens eine Primzahl p ∈ M mit p|N . Insbesondere folgt, dass die Menge aller Primzahlen nicht endlich ist. Genauer gilt: Satz 2.13. (Primzahlsatz, Hadamard und de la Vall´e Poussin) F¨r e u x ∈ R, x > 0 sei π(x) = #{p ≤ x | p ist Primzahl}. Dann gilt x π(x) ∼ log(x) π(x) (also limx→∞ x/ log(x) = 1).
  • 29. 28 RAINER SCHULZE-PILLOT Beweis. Der Beweis benutzt analytische Hilfsmittel; wir gehen darauf hier nicht n¨her ein (wenn Zeit bleibt, untersuchen wir die Frage sp¨ter a a noch etwas n¨her). a Bemerkung. Der Autor kann sich einen kleinen Exkurs zum analyti- schen Beweis des Primzahlsatzes nicht verkneifen, da es hier um Dinge geht, deren Ausf¨hrung zwar nicht in das Konzept dieses Skriptes pas- u sen, die aber zu den sch¨nsten und gegenw¨rtig am intensivsten unter- o a suchten Themen der Zahlentheorie geh¨ren. Leserin und Leser k¨nnen o o diesen Exkurs also z¨gig lesen, ohne dass L¨cken f¨r die weitere Lekt¨re u u u u des Skriptes entstehen, werden aber hoffentlich dabei neugierig. Die meisten Beweise f¨r den Primzahlsatz benutzen die Riemannsche u Zetafunktion ∞ 1 ζ(s) = . n=1 ns Diese ist zun¨chst f¨r s ∈ C mit Re(s) > 1 definiert (die Konvergenz a u der Reihe ∞ ∞ 1 1 | s| = f¨r Re(s) > 1 u n=1 n n=1 nRe(s) zeigt man etwa mit Hilfe des Integralkriteriums in der Analysis I oder ¨ als Ubung zu dieser Vorlesung); ζ(s) ist im Gebiet {s ∈ C | Re(s) > 1} komplex differenzierbar (holomorph). Man kann zeigen, dass diese Funktion sich holomorph auf C {1} fort- setzen l¨sst und bei s = 1 eine Polstelle erster Ordnung hat ( ∞ n a n=1 1 divergiert bekanntlich); diese Fortsetzung ist dann nach grundlegenden S¨tzen der Funktionentheorie eindeutig. Die fortgesetzte Zetafunktion a gen¨gt der Funktionalgleichung u πs ζ(s) = 2s π s−1 sin( )Γ(1 − s)ζ(1 − s), 2 1 deren Symmetriezentrum s = 2 ist. F¨r s ∈ C, die nicht zum kritischen Streifen u {s ∈ C | 0 ≤ Re(s) ≤ 1} geh¨ren, ist der Wert von ζ(s) also direkt durch den Wert der kon- o vergenten Reihe ∞ n1 f¨r s = s oder f¨r s = 1 − s bestimmt, n=1 s u u innerhalb des kritischen Streifens dagegen nur indirekt, n¨mlich durch a Fortsetzung der durch diese Reihe in ihrem Konvergenzgebiet gegebe- nen Funktion. Die Riemannsche Vermutung, die zu den sieben Million-Dollar-Pro- blemen des Clay-Instituts geh¨rt, besagt, dass die Nullstellen von ζ(s) o 1 im kritischen Streifen alle auf der kritischen Geraden Re(s) = 2 liegen (man kann leicht zeigen, dass außerhalb des kritischen Streifens genau die negativen geraden Zahlen Nullstellen der Zetafunktion sind).
  • 30. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 29 Die Richtigkeit der Riemannschen Vermutung ist ¨quivalent zu der a Aussage 1 π(x) = li(x) + O(x 2 + ) f¨r alle > 0, dabei ist u x 1 li(x) = dt 2 log(t) der Integrallogarithmus. F¨r diese Funktion gilt u x x x li(x) ∼ mit li(x) − =0 , log x log x (log(x))2 so dass die Formel x π(x) ∼ log(x) im Primzahlsatz aus der Formel 1 π(x) = li(x) + O(x 2 + ) von oben folgt. Der Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der Zetafunktion und denen der Funktion π(x) liegt in der Eulerschen Produktentwicklung 1 ζ(s) = f¨r Re(s) > 1 u p Primzahl 1 − p−s begr¨ndet. Diese f¨hrt mit Mitteln der komplexen Analysis zu einer u u expliziten Formel f¨r π(x), die π(x) durch die Nullstellen der Riemann- u schen Zetafunktion beschreibt. LeserInnen, die mehr uber dieses Thema lernen wollen, sei das Buch ¨ Analytische Zahlentheorie von J. Br¨dern und die dort angegebene wie- u terf¨hrende Literatur empfohlen. u Nach diesem Exkurs kommen wir jetzt wieder zu Aussagen uber Prim- ¨ zahlen und uber Faktorzerlegungen, die wir mit den gegenw¨rtig verf¨g- ¨ a u baren Mitteln beweisen k¨nnen. o Lemma 2.14. Sei n ∈ N, n > 1, sei p(n) der kleinste Primteiler von n. Dann gilt √ p(n) ≤ n . Beweis. Klar. Satz 2.15. (Erster Primzahltest) Sei n ∈ N, n > 1. n ist genau dann √ Primzahl, wenn n durch keine Primzahl p ≤ n teilbar ist. Beweis. Klar. Satz 2.16. (Sieb des Eratosthenes) Sei N ∈ N, N > 1. Der folgende Algorithmus liefert eine Liste aller Primzahlen p ≤ N : 1. L sei eine Liste der L¨nge N , initialisiere sie durch L[j] = 0 f¨r a u j > 1, L[1] = 1.
  • 31. 30 RAINER SCHULZE-PILLOT 2. q ←− 2, 3. = N , f¨r 2 ≤ j ≤ setze L[qj] = 1 (markiere alle Vielfachen q u von q als Nichtprimzahlen). √ 4. Solange q + 1 ≤ √ N und L[q + 1] = 1 gilt, setze q ←− q + 1. 5. Ist q + 1 > N , terminiere, gib die Liste aller j mit L[j] = 0 als Primzahlliste √ aus. 6. (Jetzt ist q +1 ≤ N und L[q +1] = 0, also q +1 eine Primzahl.) Setze q ←− q + 1, gehe zu 3. Beweis. Klar. Bemerkung. Dieses Verfahren stammt von Eratosthenes von Kyrene (276 v. Chr. – 194 v. Chr.), es kann so modifiziert werden, dass es f¨r u die Nichtprimzahlen gleichzeitig eine Zerlegung in Primfaktoren liefert. In umgangssprachlicher Formulierung statt der obigen algorithmischen Schreibweise besagt es einfach: Man streicht aus der Liste der nat¨rlichen Zahlen zun¨chst alle gera- u a den Zahlen außer der 2, dann alle durch 3 teilbaren Zahlen außer der 3 und f¨hrt in gleicher Weise fort, indem man von jeder noch nicht ge- a strichenen Zahl n alle echten Vielfachen (also Vielfache = n) streicht; am Ende bleiben nur Primzahlen stehen. Ebenso wie unser erster Primzahltest von oben ben¨tigt es wenigs- √ o tens N Schritte, seine Laufzeit ist also exponentiell in der Anzahl C ·log(N ) der zur Speicherung von N ben¨tigten Bits. Es ist seit kurzer o Zeit bekannt, dass man zum Testen einer nat¨rlichen Zahl N auf Prim- u zahleigenschaft nur eine Laufzeit ben¨tigt, die polynomial in log(N ) ist. o
  • 32. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 31 3. Euklidischer Algorithmus und diophantische Gleichungen Definition und Lemma 3.1. Sei R ein Integrit¨tsbereich, a, b ∈ R. a a) Ein Element d ∈ R heißt gr¨ßter gemeinsamer Teiler von a und o b, wenn gilt: i) d|a, d|b ii) Ist d ∈ R mit d |a, d |b, so gilt d |d. b) Ein Element m ∈ R heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b, wenn gilt: i) a|m, b|m ii) Ist m ∈ R mit a|m , b|m , so gilt m|m . c) Ist R = Z, so ist d ∈ N genau dann gr¨ßter gemeinsamer Teiler o von a und b, wenn gilt d|a, d|b, d ≥ d f¨r alle d |a, d |b. u m ∈ N ist genau dann kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b, wenn gilt: a|m, b|m, m ≤ |m | f¨r alle m |a, m |b. u In einem beliebigen Integrit¨tsbereich m¨ssen gr¨ßter gemeinsamer a u o Teiler und kleinstes gemeinsames Vielfaches von zwei Elementen nicht existieren, es ist allerding gar nicht so einfach, ein Gegenbeispiel anzu- geben. Wir bemerken hier nur, dass im Ring √ √ Z[ −5] := {a + b −5 ∈ C | a, b ∈ Z} √ die Zahlen 6 und 4+2 −5 keinen gr¨ßten gemeinsamen Teiler besitzen; o ¨ den Beweis verschieben wir in sp¨ter zu stellende Ubungsaufgaben. a F¨r den Fall, dass ggT und kgV existieren, stellen wir einfache Rechen- u regeln zusammen: Lemma 3.2. Sei R ein Integrit¨tsbereich. a a) Sind a, b ∈ R, so sind gr¨ßter gemeinsamer Teiler und kleinstes o gemeinsames Vielfaches von a und b, falls sie existieren, bis auf Assoziiertheit eindeutig bestimmt. b) Sind a, b ∈ R und ist d = ggT(a, b), so ist ggT( a , d ) = 1, und d b f¨r alle c ∈ R ist u cd = ggT(ac, bc). c) Sind a, b ∈ R und existiert ggT(a, b) so existiert auch kgV(a, b) und ggT(a, b) kgV(a, b) ist assoziiert zu ab. ¨ Beweis. Ubung. Lemma 3.3. Sei R ein Ring, in dem zu je zwei Elementen a, b ∈ R ein gr¨ßter gemeinsamer Teiler existiert. Dann gilt: o
  • 33. 32 RAINER SCHULZE-PILLOT a) Sind a, b1 , b2 ∈ R mit ggT(a, b1 ) = 1 und a|b1 b2 , so gilt a|b2 . b) Sind a, b1 , b2 ∈ R mit ggT(a, b1 ) = ggT(a, b2 ) = 1, so ist ggT(a, b1 b2 ) = 1. c) Sind a1 , a2 ∈ R mit ggT(a1 , a2 ) = 1 und ist b ∈ R mit a1 |b, a2 |b, so gilt a1 a2 |b. Beweis. a) Wegen ggT(a, b1 ) = 1 ist kgV(a, b1 ) = ab1 . Nach Vor- aussetzungen ist b1 b2 ein gemeinsames Vielfaches von a und von b1 , also gilt a1 b1 |b1 b2 , und die K¨rzungsregel liefert a1 |b2 . u b) Ist d = ggT(a, b1 b2 ), so gilt wegen d|a und ggT(a, b1 ) = 1 offenbar ggT(d, b1 ) = 1. Nach a) folgt dann aber aus d|b1 b2 , dass d|b2 , also auch d|ggT(a, b2 ) = 1 gilt. Also ist d Einheit, d.h., ggT(a, b1 b2 ) = 1. c) Nach Voraussetzung ist b) ein gemeinsames Vielfaches von a1 und a2 , also gilt kgV(a1 , a2 )|b. Wegen ggT(a1 , a2 ) = 1 ist aber kgV(a1 , a2 ) = a1 a2 , also gilt a1 a2 |b. Dass im Ring Z der ganzenZahlen ggT und kgV existieren, d¨rfte be- u kannt sein, ebenso wie die Methode, sie uber die Primfaktorzerlegung ¨ zu bestimmen. Die Existenz k¨nnen wir aber auch ohne Bezug auf o die Primfaktorzerlegung nachweisen, ein sehr viel effizienteres Verfah- ren zur Bestimmung von ggT und kgV, das ebenfalls ohne Bezug auf die Primfaktorzerlegung auskommt, lernen wir weiter unten in diesem Abschnitt kennen. Satz 3.4. Sei R ein Hauptidealring. Dann gibt es zu je zwei Elementen a, b ∈ R einen gr¨ßten gemeinsamen Teiler. Ist d = ggT(a, b), so gibt o es x, y ∈ R mit d = xa + yb. Insbesondere haben f¨r R = Z je zwei ganze Zahlen = 0 einen eindeutig u bestimmten gr¨ßten gemeinsamen Teiler und ein eindeutig bestimmtes o kleinstes gemeinsames Vielfaches in N. Beweis. Sei I = (a, b) das von a und b erzeugte Ideal in R, also I = {xa + yb | x, y ∈ R}. Da R nach Voraussetzung ein eHauptidealring ist, gibt es ein d ∈ R mit I = (d) = {c ∈ R | d|c}. Da a, b ∈ I gilt, ist d|a, d|b, d.h., d ist ein gemeinsamer Teiler von a und b. Nach Definition von I = (a, b) gibt es x, y ∈ R mit d = xa + yb. Ist nun d ein gemeinsamer Teiler von a und b, so ist d auch Teiler von xa + yb = d, d ist also in der Tat gr¨ßter gemeinsamer Teiler von a und o b; die Existenz der Darstellung d = xa + yb ist damit schon gezeigt.
  • 34. ELEMENTARE ALGEBRA UND ZAHLENTHEORIE 33 Die Behauptung f¨r Z ist schließlich nach den bereits gezeigten allge- u meinen Aussagen klar. Korollar 3.5. a) Jede rationale Zahl r = 0 hat eine eindeutige Darstellung a r= mit a, b ∈ Z, a > 0, ggT(a, b) = 1. b b) Sind a, b ∈ Z und r ∈ Q, so gilt genau dann ra ∈ Z und rb ∈ Z, wenn r · ggT(a, b) ∈ Z gilt. a Proof. a) Ist r = b , so kann zun¨chst o.E. a > 0 angenommen a werden. a b Mit d = ggT(a , b ) sei a := d , b := d . Dann ist ggT(a, b) = 1 und r = a , a > 0. b Ist r = a2 eine weitere derartige Darstellung, so ist ab2 = a2 b. b 2 Wegen ggT(a, b) = 1 = ggT(a2 , b2 ) folgt hieraus a|a2 und a2 |a, also a2 = a und daher auch b2 = b. b) Ohne Einschr¨nkung sei r = 0, wir schreiben r = x mit x ∈ N, a y y ∈ Z und ggT(x, y) = 1 und setzen d = ggT(a, b). Dann ist x y a ∈ Z, x b ∈ Z, also y | xa, y | xb und wegen ggT(x, y) = 1 folgt y d y|a, y|b, also y|d, also dr = y · x ∈ Z. Die andere Richtung ist trivial. Wir k¨nnen jetzt Satz 2.11 zeigen, also insbesondere beweisen, dass o man in jedem Hauptidealring eine eindeutige Primfaktorzerlegung hat. Beweis (von Satz 2.11). Wir zerlegen den Beweis in vier Schritte. Schritt 1: In einem Hauptidealring R gibt es keine unendlich langen Teilerketten, d.h., es gibt keine unendliche Folge von bj ∈ R, j ∈ N , so dass f¨r alle j gilt: bj |bj+1 und bj ist nicht assoziiert zu bj+1 . u Ist n¨mlich eine Folge von Ringelementen bj mit bj |bj+1 gegeben, so a betrachten wir die Vereinigung ∞ I= (bj ) = ∅ j=1 der von den bj erzeugten Ideale. Die Menge I ist ein Ideal in R, denn sind a1 , a2 ∈ I, so gibt es i, k ∈ N mit a1 ∈ (bi ), a2 ∈ (bk ), und mit = max{i, k} gilt a1 ∈ (b ), a2 ∈ (b ),
  • 35. 34 RAINER SCHULZE-PILLOT da man (bj+1 ) ⊇ bj wegen bj+1 |bj hat. Also ist a1 ± a2 ∈ (b ) ⊆ I und xa ∈ (b ) ⊆ I f¨r alle x ∈ R, was die Idealeigenschaft von I zeigt. u Da R ein Hauptidealring ist, gibt es d ∈ I mit I = (d), und zu d gibt es ein n ∈ N mit d ∈ (bn ), also bn |d. Wegen bj+1 |bj f¨r alle j folgt bj |d f¨r u u alle j ≥ n. Da andererseits d|bj wegen (d) = I f¨r alle j gilt, ist d zu u allen bj mit j ≥ n assoziiert, d.h., die bj mit j ≥ n sind alle zueinander assoziiert. Schritt 2: Existenz einer Zerlegung in unzerlegbare Elemente. Falls a ∈ R, a ∈ R× keine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer Elemente besitzt, so ist es insbesondere selbst nicht unzerlegbar, hat also eine Zerlegung a = bc mit b ∈ R× , c ∈ R× , also ist weder b noch c assoziiert zu a. Wenigstens eines von b und c hat dann ebenfalls keine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer Ele- mente, da man sonst diese beiden Zerlegungen zu einer Zerlegung von a zusammensetzen k¨nnte. o Falls es also in RR× Elemente gibt, die keine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer Elemente besitzen, so k¨nnen wir rekursiv eine unendli- o che Folge von Elementen aj ∈ R konstruieren mit i) aj+1 |aj f¨r alle j ∈ N u ii) aj+1 ist nicht assoziiert zu aj (j ∈ N) iii) aj hat keine Zerlegung in unzerlegbare Elemente Da dies in einem Hauptidealring nach Schritt 1 unm¨glich ist, haben wir o gezeigt, dass in einem Hauptidealring jede Nichteinheit eine Zerlegung in ein Produkt unzerlegbarer Elemente hat. Schritt 3: In einem Hauptidealring ist jedes unzerlegbare Element prim. Sei n¨mlich q ∈ R unzerlegbar, a, b ∈ R mit q|ab. Falls q |a gilt, so a kann ein gemeinsamer Teiler von a und q nicht zu q assoziiert sein, er muss dann wegen der Unzerlegbarkeit von q eine Einheit sein, d.h., wir haben ggT(a, q) = 1. Es gibt daher nach 3.4 x, y ∈ R mit xa + yq = 1. Es folgt b = b(xa + yq) = xab + yqb, wegen q|ab haben wir also q|b, was zu zeigen war. Schritt 4: Eindeutigkeit der Zerlegung Die Eindeutigkeit einer Zerlegung in Primelemente (= unzerlegbare Elemente) nach Schritt 3) folgt jetzt genauso wie im zweiten Beweis der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in Z.