Lars B. Sucher testet Messestände. In seiner Kolumne berichtet er über
all das, was ihm in den Messehallen der Welt dabei so auffällt.
»Es gibt Tage, da wünsche ich mir, ich könnte Restaurants testen
oder Hotels. Entspannt am gedeckten Tisch sitzen und ein halbwegs
gepflegtes 4-Gänge-Menü verspeisen oder den Zimmerservice
auf Trab halten – das verspricht in der Regel mehr Vergnügen.«
AUS DEM TAGEBUCH EINES MESSETESTERS | Kolumnensammlung 2017
1. »AUS DEM TAGEBUCH
EINES MESSETESTERS«
Die Erlebnisse und Eindrücke des Lars B. Sucher
aus den Messehallen dieser Welt.
KOLUMNENSAMMLUNG
2. Seite 3
Auf besonderen Wunsch unserer News-
letter Empfänger tragen wir in diesem
Dokument die bisher erschienen Kolumnen
von Lars B. Sucher zusammen. Erstmals
verraten wir an dieser Stelle ein großes
Geheimnis: Lars B. Sucher steckt ein biss-
chen in jedem von uns. Nichts desto trotz
werden wir auch weiterhin die Erlebnisse
und Erfahrungen von unserem geschätzen
und imaginären Kollegen als emotionalen
Abschluss unserer kommenden Newsletter
veröffentlichen. Die Folgen 4 und 5 sind
schon in Arbeit. Damit die Zeit bis dahin
nicht zu lang wird, nun viel Spaß mit den
ersten drei Erlebnissberichten.
1
2
3
FOLGENÜBERSICHT
ALS DONGO FLIEGEN LERNTE
Seite 4
WICHTIG IST AUF’M STAND
Seite 8
DAS ENDE VOM LEAD
Seite 12
SAMMLUNG DER BISHER ERSCHIENENEN KOLUMNEN
Kolumne – Intro
3. Seite 5
Doch irgendwer muss es ja tun. Also
mache ich mich auf den Weg, betrete
das Messegelände und fädele mich in
den Strom der Besucher aus aller Her-
ren Länder. Auf meiner Agenda steht
Lars B. Sucher testet Messestände. In seiner Kolumne berichtet er über all das,
was ihm in den Messehallen der Welt dabei so auffällt. »Es gibt Tage, da wün-
sche ich mir, ich könnte Restaurants testen oder Hotels. Entspannt am gedeckten
Tisch sitzen und ein halbwegs gepflegtes 4-Gänge-Menü verspeisen oder den
Zimmerservice auf Trab halten – das verspricht in der Regel mehr Vergnügen als
ein Job auf einer internationalen Maschinenbau-Leitmesse mitten im Winter.«
ALS DONGO FLIEGEN LERNTE
FOLGE 1 – AUS DEM TAGEBUCH EINES MESSETESTERS
diesmal die Firma Dongelmann und
Söhne, ihres Zeichens Weltmarktführer
für elektronische Unterdruckspritzguss-
ventilpumpen. Ein erfolgreicher deut-
scher Mittelständler, wie er im Buche
steht, mit einem Jahresumsatz, der nur
knapp unter dem Bruttosozialprodukt
von Madagaskar liegen dürfte.
Schon von weitem ist das Dongelmann-
Logo zu sehen. Wie eine Leuchtreklame
auf einem Hochhaus prankt es über dem
riesigen, architektonisch aufwändig ge-
stalteten Stand. Nicht schlecht, denke
ich. Was das Budget für den Messe-
bauer angeht, hat man sich offenbar
nicht lumpen lassen. Von der Decke
hängt Dongo, das Firmenmaskottchen,
ein prall gefüllter Dickhäuter-Ballon,
der mit den Ohren wackeln kann. Auf
riesigen Mediatekturwänden bewegen
sich Ventilpumpen in Zeitlupe und gie-
ßen Unterdruck in den Spritz.
Zumindest nehme ich an, dass sie das
tun. Von den Produkten habe ich, um
ehrlich zu sein, keinen blassen Schimmer.
Aber das muss ich auch nicht.
mich tief über eine der Produktvitrinen.
Für die Messestandbesatzung bin ich
jetzt das perfekte Opfer. Gleich müsste
neben mir das obligatorische »Kann
ich Ihnen helfen?« ertönen. Ruhig zäh-
le ich die Sekunden, bis es soweit ist …
Bei 635 gebe ich auf und werfe erneut
einen Blick auf die Standbetreuer, die
jedoch alles dafür tun, um mit den
Besuchern keinen Blickkontakt auf-
nehmen zu müssen. Sechs Mitarbeiter
stehen einheitlich gekleidet und frisch
frisiert auf der Fläche und spielen
eine Runde Messemikado. Vermutlich
muss der Erste, der sich bewegt, für
alle anderen Kaffee holen. Nun gut.
Immerhin hat mich die Dame am Info-
tresen entdeckt. Ihr Blick spricht Bände.
Er verrät mir, dass sie sich keinen Zen-
timeter von ihrem Standplatz fortbe-
wegen darf. Ich soll doch besser die
Kollegen fragen. Die sind schließlich
genau dafür hier.
Das sehen die offenbar anders. Eine
blonde Mittdreißigerin und ein Hipster-
bartträger – Kleidung und Namens-
schilder weisen sie unzweifelhaft als
Standmitarbeiter aus – stehen wenige
Meter von mir entfernt und sind in ein
Gespräch vertieft, das sich bei genau-
erem Hinsehen als Flirt entpuppt. Die
beiden haben nur Augen füreinander
und bemerken nicht, wie ein russischer
Oligarch mit einem Koffer voller Bargeld
Folge 1 – Als Dongo fliegen lernte
» Ich teste die Fähigkeit des
Personals, Besucher aktiv
anzusprechen und zielgerichtet
zu beraten. «
Das erwartet jedenfalls die Dongel-
mann-Geschäftsführung von mir, die
ihren Mitarbeitern natürlich nichts
von diesem Praxistest verraten hat.
Ich mime zunächst den technisch in-
teressierten Fachbesucher und beuge
4. Seite 7
hilflos über den Stand irrt und nach
einem Ansprechpartner sucht. End-
lich sprechen sie den Russen an …
und bitten ihn, ein Foto zu schießen.
Dann danken sie artig und widmen
sich wieder ihrem Tête-à-tête.
Ich schaue auf die Uhr. 15 Minuten sind
vergangen, in denen ich das Gefühl
hatte, eine Tarnkappe zu tragen. Ich be-
schließe, eine kurze Pause einzulegen
und nehme im Catering-Bereich Platz,
der kulinarische Genüsse weit über
dem Messedurchschnitt verspricht. Als
eine Servicekraft an meinen Tisch eilt,
behaupte ich mit Herrn Meiermann
verabredet zu sein.
Den Namen hatte ich mir zwar nur aus-
gedacht, dennoch scheint er mir die Tür
zur uneingeschränkten Bewirtung zu
öffnen. Ich lasse mir etwas gebeizten
Kabeljau mit Birne und Brunnenkresse
sowie einen vorzüglichen Spätburgun-
der bringen.
Nach einer halben Stunde gehe ich
gestärkt in den Präsentationsbereich
zurück. Die Mikado-Profis trainieren
bereits für die neue Saison. Sie erin-
nern mich an Angler, die stundenlang
am Ufer sitzen, ohne ihre Angelruten
zum Einsatz zu bringen.
Eine größere Gruppe von Anzugträgern
hat sich unterdessen fachsimpelnd vor
einem der Ausstellungsstücke versam-
melt. In letzter Sekunde gelingt es dem
am nähesten stehenden Standmitarbei-
ter das Handy zu zücken und sich telefo-
nierend an ihnen vorbei zu schleichen.
Ich schüttle ratlos den Kopf. Es wäre
so leicht gewesen! Ein paar freundli-
che Worte und schon hätte er gewusst,
aus welchem Unternehmen die Gäste
kommen, was sie auf der Messe suchen
und wer von ihnen am Entscheidungs-
prozess beteiligt ist. Leichter kommt
man nirgends an Neukunden heran.
Kurzentschlossen nehme ich mich der
Gruppe an und schließe für Dongel-
mann kurz darauf ganz unbehelligt
mehrere Verträge im sechsstelligen
Bereich ab. Im Anschluss gebe ich eine
Pressekonferenz, empfange die Bundes-
kanzlerin, prämiere die Teilnehmer
eines Gewinnspiels … Keine Reaktion
bei der Standbesatzung.
Allmählich bin ich mit meinem Latein
am Ende. Irritiert ziehe ich mich erneut
in den Catering-Bereich zurück und bedie-
ne mich am üppigen Kuchenbüffet. Es hilft
nichts. Um die Aufmerksamkeit der Stand-
betreuer auf mich zu ziehen und endlich
angesprochen zu werden, muss ich offen-
bar zum letzten Mittel greifen. Entschlos-
sen trete ich an Dongo heran und bringe
ihn ins Schwingen. Keiner reagiert. Dongo
wackelt fröhlich mit den Ohren. Er erin-
nert mich an eines meiner Kinderbücher, in
dem ein Elefant davon träumte, fliegen zu
können. Das bringt mich auf eine Idee. Ich
organisiere eine Leiter, kappe die Befesti-
gung und öffne das Ventil. Dongo legt die
Ohren an und pfeift, begleitet von einem
lauten Zischen, unter die Hallendecke, wo
er kunstvolle Pirouetten dreht. Ein paar
chinesische Messegäste filmen die Szene
per Smartphone und befördern die Auf-
nahmen umgehend in die sozialen Netze.
Tage später verzeichnet das Auswertungs-
tool der Dongelmann-Website verstärkte
Zugriffe aus dem asiatischen Raum, die sich
bis heute keiner der Webstatistiker erklären
kann.
Nachdem selbst Dongos Abflug beim Per-
sonal keine Regung erzeugt, gebe ich auf.
Ich hole meine Kamera hervor, um ein
paar Fotos für meine Dokumentation zu
schießen. Plötzlich kommt Bewegung in
die Standbesatzung. Wie von der Tarantel
gestochen, laufen sie auf mich zu.
»Was tun Sie da?« fährt mich einer
der vermeintlichen Lethargiker an.
»Bitte stecken Sie die Kamera ein,
wir wollen nicht, dass unser Stand
fotografiert wird.«
»Oh, Entschuldigung – Um ehrlich zu
sein, ging es mir weniger um den
Stand sondern um das Personal.
Ihre Firma hat mich beauftragt …«
»… Ach so. Das ist natürlich was
anderes. – Kommt ihr mal bitte alle
zusammen! Hier will jemand ein
Gruppenfoto von uns machen.«
Folge 1 – Als Dongo fliegen lernte
Ihre Ansprachestrategie folgt dem
Motto: »Wenn die Fische gefangen
werden wollen, dann sollen sie doch
selbst in den Eimer springen.«
5. Seite 9
Folge 2 – Wichtig ist auf’m Stand
WICHTIG IST AUF’M STAND*
FOLGE 2 – AUS DEM TAGEBUCH EINES MESSETESTERS
»Los geht’s«, die Messe läuft und ich
blicke erwartungsvoll ins weite Rund.
Das Team hat in den letzten Tagen in-
tensiv trainiert. Es wurden die Strate-
gie und die Taktik besprochen, Positio-
nen festgelegt und Standards einstudiert.
Die Mannschaft ist hochmotiviert und
hat sich auf die kommende Heraus-
forderung eingeschworen. Aber reicht
das, um im internationalen Geschäft zu
bestehen? Wir werden sehen.
Die ersten Minuten sind von der Vorsicht
geprägt. Kaum einer der Erstberater
begibt sich in Eins-zu-Eins-Situationen.
Selbst Kollegin Müller, sonst immer eine
der Aktivposten, hält sich noch zurück.
Doch da, wie aus heiterem Himmel, die
erste gelungene Aktion. Herr Schubert,
wagt einen Vorstoß und steht goldrich-
tig, als zwei Brasilianer den Stand pas-
sieren wollen. Das macht er gut! Aber
dann vertändelt er das Gespräch leicht-
fertig und die beiden Herren setzen
ihren Rundgang fort. Schade, da hätte
er mehr draus machen können.
Einige Meter davon entfernt, bahnt
sich die nächste verheißungsvolle Situ-
ation an. Herr Schulze-Wagner fasst
sich ein Herz und nimmt aus satter
Entfernung eine Gruppe asiatischer
Besucher ins Visier. Gekonnt kreuzt
Lars B. Sucher testet Messestände. In seiner Kolumne berichtet er über all das, was
ihm in den Messehallen der Welt dabei so auffällt. »Es gibt Tage, da wünsche ich
mir, ich könnte Restaurants testen oder Hotels. Entspannt am gedeckten Tisch
sitzen und ein halbwegs gepflegtes 4-Gänge-Menü verspeisen oder den Zimmerser-
vice auf Trab halten.«
Unser Messetester und Coach Lars B. Sucher beschäftigt sich diesmal mit dem
Thema Messetraining. Mit der Erfahrung aus unzähligen Messeschulungen und
Teamvorbereitungen weiß er genau, worauf es ankommt, um im entscheiden-
den Moment zur Stelle zu sein und die sich bietenden Chancen eiskalt zu nutzen.
Lesen Sie in unserer neuen Kolumne, was er von der Außenlinie aus beobachtet hat.
(* frei nach Alfred ›Adi‹ Preißler)
er den Laufweg und erreicht die Dele-
gation kurz bevor sie ins Abseits läuft.
Doch was macht er jetzt? Er tippt einer
der weiblichen Besucherinnen auf die
Schulter. Ein klarer Regelverstoß, der
von den Mitgliedern der Gruppe sofort
geahndet wird. Eine Viererkette baut
sich vor ihm auf und schaut ihn grim-
mig an. Doch Schulze-Wagner ist ein
Mann der Tat. Der geht auch mal dahin,
wo’s wehtut. Also versucht er es direkt
… und tatsächlich lächelt einer der
Herren plötzlich freundlich und folgt
ihm in die Mitte des Stands. Das ist
noch mal gut gegangen. Schulze-Wagner
geht jetzt auf ›Nummer Sicher‹ und
spielt den Gesprächsball an einen der
First Contact Reps weiter. Gut gesehen!
So kann es klappen. Es macht sich halt
bezahlbar, sich bei der Teamvorberei-
tung auf die individuellen Aufgaben zu
konzentrieren. Eigentlich verständlich,
ein Torwart trainiert ja auch nicht das
Treten von Ecken.
Endlich hat nun auch Frau Krüger ihre
Anfangsnervosität abgelegt und geht
in die Offensive. Doch nach einem
halbherzigen »Kann ich Ihnen helfen?«
(Antwort: »Danke, ich schau mich
nur um.«) ist die Chance auch schon
wieder dahin. Das ist mangelhaftes
Zweikampfverhalten. Das lässt sich auch
6. Seite 11
Folge 2 – Wichtig ist auf’m Stand
nicht damit entschuldigen, dass man
heute nicht auf heimischen Terrain
unterwegs ist.
Besser macht es dagegen Frau Müller.
Als Außendienstlerin ist sie gewohnt,
lange Wege zu gehen. Sie bringt sich
hervorragend in Position und stoppt
gekonnt einen amerikanischen
Geschäftsmann. Es folgt eine geschickte
Verlagerung auf den Stand. Dort kann
sie sich die Ecke aussuchen. Sie fackelt
nicht lange und dribbelt zum Ansprache-
tool. Das ist schulbuchmäßig vorge-
tragen! Wenig später folgt der Pass
in die Tiefe des Raumes, den Herr Kaiser,
der First Contact Rep, wunderbar
aufnimmt. Ein beeindruckendes
Zusammenspiel der einzelnen Mann-
schaftsteile!
»Messen sind ein Mannschafts-
sport. Wir gewinnen nur, wenn
unser Zusammenspiel stimmt.«
Zeit für das Halbzeitrésumé! Gelegen-
heit, um das Team neu einzustellen,
Fehler abzustellen und neue Energie
für die zweite Hälfte des Tages zu
sammeln. Bis auf ein paar individuelle
Patzer und Unsicherheiten beim
Herauslaufen war das schon ein ganz
gelungener Auftritt. Etwas mehr
Entschlossenheit könnte nicht schaden.
Manchmal fehlten nur ein paar Zenti-
meter, um zum Abschluss zu kommen.
Darauf lässt sich aufbauen.
Ich nutze die Gelegenheit, um einen Blick
auf den benachbarten Stand zu werfen.
Die Formation der Standbetreuer hat
sich vor der durchaus beeindruckenden
Produktpräsentation aufgebaut, als
wären sie Wachleute. Sie starren sehr
kompetent geradeaus. Von aktiver
Besucheransprache oder dem mehr-
stufigen Vertriebsprozess hat man hier
offenbar noch nie etwas gehört. Mit
einer solchen taktischen Aufstellung
wird das Unternehmen auf der Messe
nicht weit kommen. Obwohl es eigent-
lich in die Champions League gehört.
Aufgrund des bekannten Firmennamen
hat sich jetzt tatsächlich einer der Asia-
ten aus der Gruppe auf den Stand verirrt
und steht plötzlich mutterseelenallein
vor einem der Mitarbeiter. Der kann
nicht rechtzeitig ausweichen und stol-
pert geradewegs ins Kundengespräch.
Der Asiate zückt seine Visitenkarte
und übergibt sie stilgerecht. Doch was
macht der Mitarbeiter denn jetzt?
Er zückt seinen Kugelschreiber und
notiert sich etwas auf der Karte. Sein
Gesprächspartner schaut ihn entsetzt
an, als hätte ihm der Vertriebler gerade
ein Gesichtstattoo verpasst. Da hat er
sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.
Dann steckt er die Karte auch noch in
seine Gesäßtasche. Da hätte er alles
klarmachen können und dann so etwas.
Jetzt wird’s natürlich doppelt schwer.
Nun klingelt auch noch sein Handy. Da
lässt er den Mann einfach stehen …
unfassbar! Eine hundertprozentige
Chance kläglich vergeben.
»Die Ansprachen und Übergaben
klappen jetzt immer besser.
Das sind zwingende Aktionen,
genau wie sie im Training
einstudiert wurden.«
Zurück zu unserem Stand. Hier versucht
Herr Schubert gerade einen Besucher
anzusprechen, der direkt vom Stand
eines Mitbewerbers kommt. Das wird
ein echter Prüfstein! Doch der Besucher
schüttelt nach der Ansprache nur eilig
mit dem Kopf und zeigt das Ticket des
Fliegers, den er erreichen muss. Kate-
gorie unhaltbar. Da kann man nichts
machen.
Frau Krüger tritt inzwischen stark ver-
bessert auf. Sie glänzt mit vielen gelun-
genen Aktionen und guten Steilvorla-
gen für die Kollegen aus dem Vertrieb.
Und wenn es sein muss, schüttelt sie
auch mal einen hartnäckigen Verfolger
ab. Schließlich ist die Spielzeit auf der
Messe zu wertvoll, um sie mit Geplänkel
zu vergeuden.
Schon brechen die letzten Minuten an.
Dem einen oder anderen sind die Stra-
pazen jetzt anzusehen. Jetzt nur nicht
auf dem falschen Fuß erwischen lassen
und immer auf die Körpersprache achten.
Faul? Nie und nimmer! Im Gegenteil:
Hier wurde vieles richtig gemacht. Das
Ergebnis kann sich sehen lassen. Darauf
lässt sich morgen aufbauen. Oder, um es
in Abwandlung eines Satzes von Matthias
Sammer zu sagen:»Der nächste Messe-
tag ist immer der nächste .«
7. Seite 13
Folge 3 – Das Ende vom Lead
DAS ENDE VOM LEAD
FOLGE 3 – AUS DEM TAGEBUCH EINES MESSETESTERS
Ich befinde mich auf einer großen In-
vestitionsgütermesse. Hier sind sie alle.
Ob Automotiv, Energiewirtschaft, Logis-
tik, Maschinenbau, Kreativbranche …
Das ideale Testfeld, um herauszufinden,
wie es denn nun wirklich um das Lead
Management bestellt ist.
Also stürze ich mich ins Getümmel,
wähle nach dem Zufallsprinzip einen
Stand aus, greife mir eine der dort aus-
gelegten Broschüren und beginne darin
zu blättern. Es dauert nicht lange und
neben mir ertönt das obligatorische
»Kann ich Ihnen helfen?«.
Wobei mein Gesprächspartner das ›ich‹
eher als ›ick‹ intoniert, wie es manche
Berliner tun. Am Broschürenregal hatte
ich etwas von Keramikindustrie und
Automatisierung aufgeschnappt. Das
sollte ausreichen, um nicht sofort als
Branchenfremder aufzufliegen.
Der Standberater stellt sich als ›Schröder‹
vor und beginnt, mich in die Geheim-
nisse seiner Maschinen einzuweihen.
Das macht er durchaus routiniert und
mit hohem Unterhaltungsfaktor. Ich
erfahre, dass er bereits zum 20. Mal
auf dieser Messe ist.
»Da hat man jede Frage schon mal ge-
hört«, erklärt er lässig. Von mir will er
allerdings nichts wissen. Hat er eventuell
doch bemerkt, dass ich alles andere als
ein potenzieller Kunde bin?
Etwa jeder zweite Besucher von Fachmessen gibt an, nach einem Gespräch am
Messestand nie wieder von der Firma gehört zu haben. Und das obwohl seine Kon-
taktdaten aufgenommen wurden. Das berichtet das e-commerce Magazin und
bezieht sich dabei auf eine repräsentative Umfrage. Wir wollten uns unser eigenes
Bild machen und schickten unseren Messetester Lars B. Sucher auf Erkundungstour.
Lars B. Sucher testet Messestände. In seiner Kolumne berichtet er über all das,
was ihm in den Messehallen der Welt dabei so auffällt. »Es gibt Tage, da wün-
sche ich mir, ich könnte Restaurants testen oder Hotels. Entspannt am gedeck-
ten Tisch sitzen und ein halbwegs gepflegtes 4-Gänge-Menü verspeisen oder
den Zimmerservice auf Trab halten.«
Als ich mich wenig später als Tester zu
erkennen gebe und frage, auf welche
Weise seine Firma die Messekontakte
dokumentiert, weist er auf eine glä-
serne Box mit Einwurfschlitz.
»Dort können Sie Ihre Visitenkarte ein-
werfen. Da nehmen Sie auch am Ge-
winnspiel teil.« Ich schaue Schröder
verwundert an. Er haucht mir ein
»Ick halt ja davon ja nüscht« ins Ohr.
»Unser Vertrieb kommt ja kaum mit
den Bestandskunden hinterher. Wat
soll ich denen noch Neujeschäft über-
helfen.« Anscheinend hat sich an mei-
nem ratlosen Gesichtsausdruck nichts
geändert, was Schröder dazu bringt,
das Problem weiter zu präzisieren.
»Nach der Messe hat ja
sowieso keener Zeit, um die
alle anzurufen. Die meisten
von uns jehen danach erst
mal in Urlaub.«
»Sie glauben ja nich, wie anstren-
gend so ne Woche ist«, bittet er
um Verständnis und beißt von
einer Brezel ab. »Man kommt ja
selten vor 2 Uhr ins Bett bei den
ganzen Veranstaltungen.«
8. Seite 15
Ich verabschiede mich und wechsle
in die benachbarte Halle, wo ich mich
wenig später am Stand eines Medizin-
technikunternehmens wiederfinde.
Noch bevor ich herausfinden kann, mit
wem ich es zu tun habe, stürmt eine
hochgewachsene Brünette auf mich zu.
Mit der linken Hand umklammert sie
ein Klemmbrett mit einem mehrseitigen
Leadbogen.
Ihr – wenngleich auch freundlich vor-
getragenes – Fragenstakkato erinnert
mich an die Formulare, die man in man-
chen Arztpraxen oder bei der Einreise
in die Vereinigten Staaten ausfüllen
muss. Fragen, auf die ich zurückhaltend
reagiere, beantwortet sie sich prakti-
scherweise gleich selbst und trägt die
Informationen fein säuberlich ein.
»Unser Vertrieb will es immer ganz genau
wissen« entschuldigt sie ihre Gründ-
lichkeit.
Ich nicke ehrfürchtig.
»So, Herr …«, nervös blättert sie in
ihren Bögen.
»Sucher«, helfe ich geduldig weiter.
»Ach ja, Herr Sucher. Das hätten wir
dann schon mal. Worüber darf ich
Ihnen denn mehr erzählen?«
Ich gestehe ihr den eigentlichen Grund
meines Besuchs. Sie quittiert das mit
einer in Falten gelegten Stirn und sucht
panisch nach einem Feld, in dem sie
diese Besonderheit vermerken kann.
Was sie denn von den neuen techni-
schen Möglichkeiten bei der Leader-
fassung halte, möchte ich wissen, um
den peinlichen Augenblick zu überbrü-
cken. Die Messeverantwortlichen aus
ihrem Hause sind der Meinung, dass
man ja nicht jede Mode mitmachen
müsse, erklärt sie lächelnd. Außerdem
geht doch nichts über den guten alten
Leadbogen.
»Ja, zugegeben … die gehen zuweilen
verloren, die angehefteten Visitenkarten
lösen sich und können nicht richtig zu-
geordnet werden, die Handschrift ist
nicht leserlich und keiner weiß mehr,
wer den Bogen ausgefüllt hat … Und
natürlich dauert es ewig, bis die Daten
in das CRM-System übertragen sind …
aber ansonsten gibt es eigentlich keine
Nachteile.«
In Gedanken versunken schaut sie an
mir vorbei und erinnert mich an eine
Tennisspielerin, die einem zu lang ge-
ratenen Passierball hinterherblickt.
Da ich es bei meinen ersten beiden
Gesprächen mit Vertretern der alten
Schule zu tun hatte, zieht es mich nun
in die Hallen der Unternehmen, die in
der digitalen Welt zu Hause sind. Jede
zweite Firma trägt hier einen der
Begriffe Systems, Solutions oder Smart
im Namen. Für Laien wie mich ist es
schier unmöglich herauszubekommen,
was genau die einzelnen Firmen tun.
Doch wie es der Zufall so will, entdecke
ich tatsächlich den Stand eines Unter-
nehmens, das Lead-Management-Soft-
ware verkauft. Ich signalisiere einem
der Standbetreuer mein Interesse.
Seine Augen strahlen, als hätte ich ihn
mit nichts glücklicher machen können,
als mit der Bitte um eine kurze Präsen-
tation. Beseelt nimmt er meine Visiten-
karte entgegen und scannt sie mit
seinem iPad ein. Auf dem Display kann
ich erkennen, wie meine Kontaktda-
ten in den richtigen Eingabefeldern
erscheinen.
»Sobald die Gesprächsnotizen gespei-
chert sind«, erklärt er, »wird der Besu-
cher sofort automatisch kategorisiert,
sein Potenzial bewertet und dem rich-
tigen Vertriebsmitarbeiter zugeordnet.
Schon während der Messe haben Sie
exakte Daten zu den Besucherzahlen
und den jeweiligen Interessenschwer-
punkten. Sie können Auswertungen
vornehmen und live darauf reagieren.«
Der Vertreter der Digitalfraktion scheint
von dem, was auf seinem Tablet vor
sich geht, völlig fasziniert zu sein. Seit
Längerem hat er den Blick schon nicht
mehr vom Bildschirm gelöst. Fast scheint
es, als hätte er vergessen, dass er sich
in einem Messegespräch befindet. Ich
stelle mich versuchsweise hinter ihn – er
bemerkt es nicht. Aus dieser Perspektive
kann ich allerdings eine Ansammlung von
Menschen erkennen, die an der Stirn-
seite des Standes eine Schlange bilden.
Dort könnte die Damentoilette sein.
Allerdings befinden sich überwiegend
Herren unter den Wartenden. Der Be-
rater hat inzwischen das Objekt meiner
Aufmerksamkeit bemerkt.
Folge 3 – Das Ende vom Lead
»Sonst fühlt sich das ja wie
Kaltakquise an, wenn die
Kollegen Sie nach der Messe
einmal anrufen möchten.«
9. Seite 17
E-Mail-Account. Es ist schon da.«
Noch immer fehlen mir die Worte.
»Sie werden Verständnis dafür haben,
dass ich mich nun unseren anderen
Gästen zuwenden muss.«
Er grüßt und dreht sich um 180 Grad,
um auf den nächsten Besucher zuzu-
steuern. Genau in diesem Moment tritt
die Bedienung mit dem Kaffeetablett
an uns heran. Eine Sekunde Unacht-
samkeit reicht und der Eisenmann und
die zierliche Servicekraft stoßen zusam-
men. Der Kaffee ergießt sich über das
runde Bauteil, das wir Menschen als
Kopf bezeichnen. Ein greller Signalton
ertönt und sorgt dafür, dass ein halbes
Dutzend Techniker panisch aus dem
Inneren des Messestandes herausströ-
men. ›Robbie‹ sagt keinen Mucks mehr.
Ich nutze die Aufregung, um mich aus
dem Staub zu machen. Für heute habe
ich genug gesehen. Als ich ins Freie
trete, scheint die Sonne. Meine Laune
bessert sich. Ich verlasse das Messege-
lände mit einem Lead ääh … einem Lied
auf den Lippen.
Folge 3 – Das Ende vom Lead
Auch hier bedanke ich mich höflich
und steuere den nächsten Stand an.
Kaum habe ich die Ausstellungsfläche
betreten, rollt ein putziges Roboter-
männchen auf mich zu.
»Herzlich willkommen, Herr Sucher. Es
freut mich, dass Sie den Weg zu uns
gefunden haben.«
»Woher wissen Sie, wer ich bin?«, frage
ich ihn verduzzt und wundere mich
kein bisschen, dass ich den Roboter
sieze.
»Sie tragen ein Namensschild«, ant-
wortet er trocken.
»Ach ja, natürlich.«
»Aber ganz ehrlich, das hätte ich nicht
gebraucht. Sie nutzen doch eine dieser
Messe-Apps. Damit haben Sie zuge-
stimmt, dass Ihre Profildaten weiter-
gegeben werden dürfen … Es stand im
Kleingedruckten.«
Ich starre ihn sprachlos an.
»Darf ich Ihnen einen Kaffee bringen
lassen? Mit Milch und Zucker, so wie
immer?«
Langsam wird mir der Roboter un-
heimlich.
»Sie interessieren sich für unser
Lead-Management«, informiert mich
der Kleine und lässt keinen Zweifel dar-
an, dass es sich bei diesem Satz um
keine Frage handelt. Ich nicke einge-
schüchtert.
»Nun – wie Sie sehen, setzen wir an
unserem Stand vollständig auf künstli-
che Intelligenz. Über einen Großteil der
Informationen, die unser Vertrieb be-
nötigt, verfügen wir bereits, bevor ein
Besucher hier ankommt. Im Gespräch
konzentrieren wir uns dann auf das
Wesentliche. Meist zeigen wir den Kun-
den einen Film mit Produktinformati-
onen.« Während er das sagt, wird auf
seinem Korpus ein Bildschirm sichtbar.
»Ich messe die biomechani-
schen Schwingungen, die durch
die Bilder beim Betrachter
ausgelöst werden.
Dadurch wissen wir immer, wonach
die Leads eigentlich suchen. Je nach
Kategorie schicken wir dann sofort
nach dem Gespräch ein Dankeschön,
ein Broschürenpaket mit Detail-
informationen und ein personalisier-
tes Video. Schauen Sie mal in Ihren
»Leider haben wir zu wenig Ein-
gabegeräte mitgebracht. Wer
konnte denn mit solch einem
Andrang rechnen?«
»Oh, das sind unsere Besucher die
noch auf die Erfassung ihrer Kontak-
daten warten.«
10. Seite 19
» Messebesucher sind wie
Wundertüten – man weiß nie
was in ihnen steckt «
Thomas Weber
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Telefon: (+49) 5337 · 926 32 - 93
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Wenn Sie Fragen oder Abstimmungsbedarf haben – Anruf genügt!
Durch die Arbeit für die unterschiedlichsten Unternehmen in den verschiedensten
Branchen und Märkten haben wir in den letzten 20 Jahren eine Menge Erfahrung
und Sicherheit gesammelt. Mit viel Wissen und großem persönlichen Engagement
können wir unseren Kunden deshalb immer wieder neue Inspirationen und Per-
spektiven bieten. Insbesondere wenn es darum geht, die Vertriebsorientierung zu
verstärken und zielsicher den persönlichen Kontakt zu erfolgversprechenden Messe-
besuchern herzustellen. Denn dafür werden Messen auch in Zukunft die beste
Plattform sein.
Fricke inszeniert.