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Sanierung eines Kulturdenkmals


Rathaus Burgkunstadt in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt


Das Rathaus von Burgkunstadt ist eines der schönsten Fachwerkrathäuser in Franken und
gilt als das Hauptwerk des bedeutendsten Meisters des barocken Fachwerkbaus in Franken,
Jörg Hoffmann aus Zeil am Main. Mit einer umfassenden und denkmalgerechten Sanierung
ist es gelungen, das altehrwürdige Gebäude in seiner ursprünglichen Form für die Nachwelt
zu erhalten und durch einen Anbau so zu erneuern, dass es heutigen Anforderungen
entspricht.


Seit mehr als 320 Jahren prägt das Bauwerk mit seinem steilen Giebeldach und dem mit
Wetterfahne bekrönten Türmchen als Wahrzeichen die reizvolle Stadtsilhouette. 1689 wurde
das reich verzierte Fachwerkgeschoss von Baumeister Hans Gebelein und Zimmermann
Jörg Hoffmann auf die über 900 Jahre alten Grundmauern der ehemaligen „Altenburg ob
Kunstadt“ gesetzt. Mauersockel und Baugrund haben eine bewegte Geschichte: Erstmals
erwähnt wurde die Burg Kunstadt im Jahr 1059 als Sitz des Grafen, dem Vorgänger des
späteren bischöflich-bambergischen Ministerialen. In Kriegen mehrfach zerstört, sind die
beiden jetzigen Sockelgeschosse im Zuge der letzten frühmittelalterlichen Umwehrung zu
einem quadratischen „Burghaus“ umgestaltet worden, das später der Sitz des Kastellans
werden sollte. Ende des 15. Jahrhunderts wurde unter Verwendung alten Steinmaterials
nach Westen erweitert und es erfolgte eine Nutzungsänderung des Baukörpers in ein
Brauhaus samt Darren.


Kulturdenkmal


Der Kunsthistoriker Georg Dehio schreibt in seinem "Handbuch der Deutschen
Kunstdenkmäler": „Die Anlage der ältesten Rathäuser ist überall gleichartig: ein frei am
Markte stehender, zweistöckiger, stark gestreckter Rechteckbau, der nichts enthält als zwei
Säle, ein jeder ein ganzes Stockwerk für sich in Anspruch nehmend. Der untere ist Kaufhaus
für die feineren, schutzbedürftigeren Waren..., der obere in wechselnder Verwendung
Bürgersaal, Gerichtssaal, Festsaal für Tanz und Gelage... Während dieser einfachste Typus
für kleinere Städte noch längere Zeit genügte, traten mit dem wachsenden Umkreis der
städtischen Verwaltungstätigkeit neue Bedürfnisse ein....“


In Burgkunstadt war dies erst in den 70er Jahren der Fall, bedingt durch die Bayerische
Gemeinde-Gebietsreform. Glücklicherweise erkannte der Stadtrat die Bedeutung des
Fachwerkrathauses als Kulturdenkmal und beschloss, das Bauwerk nicht einem reinen
Zweckbau zu opfern, sondern es zu erhalten und zeitgemäß zu erweitern.


Alt und Neu


Den 1974/75 durchgeführten Planungswettbewerb entschieden die Nürnberger Architekten
Scherzer + Scherzer + Partner für sich. Ihr Entwurf sah vor, den historischen Altbau in seiner
städtebaulichen Wirkung zu erhalten und einen zweigeschossigen Neubau terrassenförmig
hangabwärts zu entwickeln, um die Fernwirkung des hoch aufragenden Altbaus nicht zu
beeinträchtigen.


Für den Altbau war ursprünglich lediglich eine Innenrenovierung geplant gewesen. Weil aber
Untersuchungen ergaben hatten, dass die Holzsäulen in der Eingangshalle teilweise
vermorscht waren und den statischen Erfordernissen nicht mehr standhielten, war die
Auswechslung aller Erdgeschossstützen unvermeidlich. Auch bei der Erneuerung des
aufgesetzten Fachwerkgeschosses traten Schäden an Holzbalken und Fachwerk zutage,
und schließlich musste die morsche Nord-Ost-Ecke mit ihren Fachwerk-Schnitzereien völlig
restauriert werden.


Doch trotz dieser Totalrenovierung, die von 1978 bis 1980 erfolgte, wurden Ende 2000 am
gesamten Gebäude, insbesondere aber an den Bauteilen des zweiten Geschosses und des
Daches, erhebliche konstruktive Schäden fest gestellt und in den Innenräumen eine hohe
Schadstoffbelastung gemessen.


Schäden am Schmuckfachwerk


An der West- und Südfassade hatten sich einzelne Gefache gelockert und drohten aus der
Fachwerkwand zu fallen. Außerdem waren durch Feuchtigkeitseinwirkung die Schwellen,
Ständer und Riegel im Bereich der Zapfanschlüsse zum Teil stark zerstört. Die deckend
ausgeführten Lasuranstriche der gesamten Holzoberflächen waren aufgrund ihrer
Schichtdicke nicht mehr dampfdiffusionsoffen und zeigten sich kraqueliert, aufgeschüsselt
und abgewittert. Unter den Anstrichen ergaben Holzfeuchtemessungen doppelt so hohe
Feuchtewerte wie an farbfreien Stelle. Die Holzteile waren ausgewittert und pilzbefallen, und
die mit Kitt verschlossenen Fehlstellen waren durch Holzbewegung und
Bindemittelabwanderung rissig geworden und lösten sich ab. Dies hatte ein Eindringen von
Regenwasser zur Folge und zu den ganz erheblichen Bauschäden geführt.
Sanierung des Holzfachwerks


Auf Grundlage des festgestellten Schadensbildes erfolgte in enger Abstimmung mit der
Denkmalpflege die Planung der umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen am Fachwerk
und an der Bausubstanz.


Für die Sanierungsarbeiten an den Holzbauteilen fand der beauftragte Innungs-Malerbetrieb
Friedmann aus Scheßlitz in der Firma Caparol den idealen Partner. Gemeinsam mit Caparol
Fachberater Robert Schmid und in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz legte man das
Vorgehen und die geeigneten Produkte fest.


Vorbereitend musste zunächst das Fachwerk mechanisch gereinigt und aufbereitet sowie
schadhaftes Altholz erneuert werden. Zum Verfüllen der Risse und Vertiefungen in den nicht
maßhaltigen Holzbauteilen kam die Histolith Sanopas-Holzrisspaste von Caparol zur
Anwendung. Das Material besteht aus Leinöl, Naturfasern sowie natürlichen Füllstoffen und
besitzt in Bezug auf Härte, Elastizität und thermischem Verhalten holzähnliche
Eigenschaften, wobei das ölhaltige Bindemittel der Paste das Eindringen von Wasser im
Rissbereich verhindert.


Anschließend wurde das gesamte Schmuckfachwerk mit Histolith Leinölfarbe in den vom
Denkmalschutz festgelegten Farbtönen gestrichen. Die Farbtöne der Histolith Farbtonkarte
basieren auf rein anorganischen Pigmenten und sind in Zusammenarbeit mit
Landesdenkmalämtern und Diözesen entstanden. Sie beruhen teilweise auf
restauratorischen Befunden an historischen Bauwerken.


Innen und Außen


Bei den Sanierungsarbeiten der Innenräume wurde festgestellt, dass die Holzteile durch die
lösemittel- und schwermetallhaltigen Lacke, mit denen in den 70er Jahren renoviert worden
war, stark mit Schadstoffen belastet waren. Daher mussten im Zuge der Sanierungsarbeiten
die Wände und Decken abgebeizt und gereinigt werden. Für die farbliche Neufassung der
Oberflächen wählte man Histolith Bio-Innensilikat, eine wasserdampfdurchlässige,
lösemittelfreie und nicht brennbare Mineralfarbe für innen. Das sichtbare Innenfachwerk, die
Deckenbalken sowie Türen und Türrahmen wurden granitgrau mit Capacryl PU-Satin, einem
aromatenfreien Lack mit hoher Kratz- und Stoßfestigkeit, beschichtet.
Sicherheitshalber ließ man auch die Holzteile des 1978 zeitgleich mit der Sanierung des
Altbaus errichteten Rathausanbaus untersuchen. Leider wurden auch hier die Grenzwerte
um das 20-fache überschritten. Da die Kosten eines Neubaus die Kosten für eine
Entkernung und Sanierung nur unwesentlich überschritten, entschieden sich die
Verantwortlichen für den Abbruch und Neubau des Anbaus aus der 70er Jahren. Auch für
die Planung des neuen Anbaus galt die Vorgabe, sich architektonisch dem historischen
Altbau unterzuordnen. Alt- und Neubau sind durch ein offenes Treppenhaus verbunden.
Diese Fuge bildet die Schnittstelle, sie bezieht sich auf den Altbau und bewahrt dennoch
einen eigenständigen Charakter.


Ziel der denkmalgerechten Sanierung und des Umbaus war es, das Fachwerkrathaus als
bedeutendes Kulturdenkmal zu erhalten und dessen Wertigkeit zu betonen. Nach Abschluss
der aufwändigen Arbeiten erstrahlt das Bauwerk in neuem Glanz, nicht als museale Hülle
oder Kulisse im Stadtbild, sondern bestens gerüstet für die Zukunft und dank Um- und Anbau
bereit, auch heutigen Anforderungen an ein funktionales Verwaltungsgebäude gerecht zu
werden.


Susanne Mandl
Bildunterschriften




Foto 2010_10




Die Sanierung erforderte von allen am Bau beteiligten viel Sachverstand und Liebe zum
Detail.


Foto 2010_19




Die Gestaltung des offenen Verbindungsbaus mit dem Treppenhaus orientiert sich trotz
Eigenständigkeit am Altbau.
Foto 2010_3




Der Fachwerkbau wurde unter konsequenter Beachtung denkmalpflegerischer Vorgaben von
Grund auf renoviert und instand gesetzt.


Foto 2010_8




Die originale Farbigkeit wurde durch eine restauratorische Befunduntersuchung erforscht.


Foto 2010_9




Die wiederhergestellte Farbigkeit ist kräftig aber nicht bunt. Sie lebt aus dem Kontrast von
Holz und Gefach und lässt die beeindruckenden Holzschnitzarbeiten wunderbar zur Geltung
kommen.
Foto 2010_14




Ziel der denkmalgerechten Sanierung und des Umbaus war es, das Fachwerkrathaus als
bedeutendes Kulturdenkmal zu erhalten und dessen Wertigkeit zu betonen.


Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Martin Duckek
Bautafel


Bauherr
Stadt Burgkunstadt
Erster Bürgermeister Heinz Petterich


Architekt Altbau
Reinhold Huth, Burgkunstadt


Architekt Neubau
Dr. Eschenbacher GdbR, Kulmbach


Denkmalpflege
Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Konservator Dr. Karl-Heinz Betz
Schloss Seehof, Dipl. Ing. (Univ.) Andrea Behrendt
Bauarchiv Thierhaupten, Martim Saar


Ausführender Malerbetrieb
Friedmann GmbH, Scheßlitz

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  • 1. Sanierung eines Kulturdenkmals Rathaus Burgkunstadt in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt Das Rathaus von Burgkunstadt ist eines der schönsten Fachwerkrathäuser in Franken und gilt als das Hauptwerk des bedeutendsten Meisters des barocken Fachwerkbaus in Franken, Jörg Hoffmann aus Zeil am Main. Mit einer umfassenden und denkmalgerechten Sanierung ist es gelungen, das altehrwürdige Gebäude in seiner ursprünglichen Form für die Nachwelt zu erhalten und durch einen Anbau so zu erneuern, dass es heutigen Anforderungen entspricht. Seit mehr als 320 Jahren prägt das Bauwerk mit seinem steilen Giebeldach und dem mit Wetterfahne bekrönten Türmchen als Wahrzeichen die reizvolle Stadtsilhouette. 1689 wurde das reich verzierte Fachwerkgeschoss von Baumeister Hans Gebelein und Zimmermann Jörg Hoffmann auf die über 900 Jahre alten Grundmauern der ehemaligen „Altenburg ob Kunstadt“ gesetzt. Mauersockel und Baugrund haben eine bewegte Geschichte: Erstmals erwähnt wurde die Burg Kunstadt im Jahr 1059 als Sitz des Grafen, dem Vorgänger des späteren bischöflich-bambergischen Ministerialen. In Kriegen mehrfach zerstört, sind die beiden jetzigen Sockelgeschosse im Zuge der letzten frühmittelalterlichen Umwehrung zu einem quadratischen „Burghaus“ umgestaltet worden, das später der Sitz des Kastellans werden sollte. Ende des 15. Jahrhunderts wurde unter Verwendung alten Steinmaterials nach Westen erweitert und es erfolgte eine Nutzungsänderung des Baukörpers in ein Brauhaus samt Darren. Kulturdenkmal Der Kunsthistoriker Georg Dehio schreibt in seinem "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler": „Die Anlage der ältesten Rathäuser ist überall gleichartig: ein frei am Markte stehender, zweistöckiger, stark gestreckter Rechteckbau, der nichts enthält als zwei Säle, ein jeder ein ganzes Stockwerk für sich in Anspruch nehmend. Der untere ist Kaufhaus für die feineren, schutzbedürftigeren Waren..., der obere in wechselnder Verwendung Bürgersaal, Gerichtssaal, Festsaal für Tanz und Gelage... Während dieser einfachste Typus für kleinere Städte noch längere Zeit genügte, traten mit dem wachsenden Umkreis der städtischen Verwaltungstätigkeit neue Bedürfnisse ein....“ In Burgkunstadt war dies erst in den 70er Jahren der Fall, bedingt durch die Bayerische Gemeinde-Gebietsreform. Glücklicherweise erkannte der Stadtrat die Bedeutung des
  • 2. Fachwerkrathauses als Kulturdenkmal und beschloss, das Bauwerk nicht einem reinen Zweckbau zu opfern, sondern es zu erhalten und zeitgemäß zu erweitern. Alt und Neu Den 1974/75 durchgeführten Planungswettbewerb entschieden die Nürnberger Architekten Scherzer + Scherzer + Partner für sich. Ihr Entwurf sah vor, den historischen Altbau in seiner städtebaulichen Wirkung zu erhalten und einen zweigeschossigen Neubau terrassenförmig hangabwärts zu entwickeln, um die Fernwirkung des hoch aufragenden Altbaus nicht zu beeinträchtigen. Für den Altbau war ursprünglich lediglich eine Innenrenovierung geplant gewesen. Weil aber Untersuchungen ergaben hatten, dass die Holzsäulen in der Eingangshalle teilweise vermorscht waren und den statischen Erfordernissen nicht mehr standhielten, war die Auswechslung aller Erdgeschossstützen unvermeidlich. Auch bei der Erneuerung des aufgesetzten Fachwerkgeschosses traten Schäden an Holzbalken und Fachwerk zutage, und schließlich musste die morsche Nord-Ost-Ecke mit ihren Fachwerk-Schnitzereien völlig restauriert werden. Doch trotz dieser Totalrenovierung, die von 1978 bis 1980 erfolgte, wurden Ende 2000 am gesamten Gebäude, insbesondere aber an den Bauteilen des zweiten Geschosses und des Daches, erhebliche konstruktive Schäden fest gestellt und in den Innenräumen eine hohe Schadstoffbelastung gemessen. Schäden am Schmuckfachwerk An der West- und Südfassade hatten sich einzelne Gefache gelockert und drohten aus der Fachwerkwand zu fallen. Außerdem waren durch Feuchtigkeitseinwirkung die Schwellen, Ständer und Riegel im Bereich der Zapfanschlüsse zum Teil stark zerstört. Die deckend ausgeführten Lasuranstriche der gesamten Holzoberflächen waren aufgrund ihrer Schichtdicke nicht mehr dampfdiffusionsoffen und zeigten sich kraqueliert, aufgeschüsselt und abgewittert. Unter den Anstrichen ergaben Holzfeuchtemessungen doppelt so hohe Feuchtewerte wie an farbfreien Stelle. Die Holzteile waren ausgewittert und pilzbefallen, und die mit Kitt verschlossenen Fehlstellen waren durch Holzbewegung und Bindemittelabwanderung rissig geworden und lösten sich ab. Dies hatte ein Eindringen von Regenwasser zur Folge und zu den ganz erheblichen Bauschäden geführt.
  • 3. Sanierung des Holzfachwerks Auf Grundlage des festgestellten Schadensbildes erfolgte in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege die Planung der umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen am Fachwerk und an der Bausubstanz. Für die Sanierungsarbeiten an den Holzbauteilen fand der beauftragte Innungs-Malerbetrieb Friedmann aus Scheßlitz in der Firma Caparol den idealen Partner. Gemeinsam mit Caparol Fachberater Robert Schmid und in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz legte man das Vorgehen und die geeigneten Produkte fest. Vorbereitend musste zunächst das Fachwerk mechanisch gereinigt und aufbereitet sowie schadhaftes Altholz erneuert werden. Zum Verfüllen der Risse und Vertiefungen in den nicht maßhaltigen Holzbauteilen kam die Histolith Sanopas-Holzrisspaste von Caparol zur Anwendung. Das Material besteht aus Leinöl, Naturfasern sowie natürlichen Füllstoffen und besitzt in Bezug auf Härte, Elastizität und thermischem Verhalten holzähnliche Eigenschaften, wobei das ölhaltige Bindemittel der Paste das Eindringen von Wasser im Rissbereich verhindert. Anschließend wurde das gesamte Schmuckfachwerk mit Histolith Leinölfarbe in den vom Denkmalschutz festgelegten Farbtönen gestrichen. Die Farbtöne der Histolith Farbtonkarte basieren auf rein anorganischen Pigmenten und sind in Zusammenarbeit mit Landesdenkmalämtern und Diözesen entstanden. Sie beruhen teilweise auf restauratorischen Befunden an historischen Bauwerken. Innen und Außen Bei den Sanierungsarbeiten der Innenräume wurde festgestellt, dass die Holzteile durch die lösemittel- und schwermetallhaltigen Lacke, mit denen in den 70er Jahren renoviert worden war, stark mit Schadstoffen belastet waren. Daher mussten im Zuge der Sanierungsarbeiten die Wände und Decken abgebeizt und gereinigt werden. Für die farbliche Neufassung der Oberflächen wählte man Histolith Bio-Innensilikat, eine wasserdampfdurchlässige, lösemittelfreie und nicht brennbare Mineralfarbe für innen. Das sichtbare Innenfachwerk, die Deckenbalken sowie Türen und Türrahmen wurden granitgrau mit Capacryl PU-Satin, einem aromatenfreien Lack mit hoher Kratz- und Stoßfestigkeit, beschichtet. Sicherheitshalber ließ man auch die Holzteile des 1978 zeitgleich mit der Sanierung des Altbaus errichteten Rathausanbaus untersuchen. Leider wurden auch hier die Grenzwerte um das 20-fache überschritten. Da die Kosten eines Neubaus die Kosten für eine
  • 4. Entkernung und Sanierung nur unwesentlich überschritten, entschieden sich die Verantwortlichen für den Abbruch und Neubau des Anbaus aus der 70er Jahren. Auch für die Planung des neuen Anbaus galt die Vorgabe, sich architektonisch dem historischen Altbau unterzuordnen. Alt- und Neubau sind durch ein offenes Treppenhaus verbunden. Diese Fuge bildet die Schnittstelle, sie bezieht sich auf den Altbau und bewahrt dennoch einen eigenständigen Charakter. Ziel der denkmalgerechten Sanierung und des Umbaus war es, das Fachwerkrathaus als bedeutendes Kulturdenkmal zu erhalten und dessen Wertigkeit zu betonen. Nach Abschluss der aufwändigen Arbeiten erstrahlt das Bauwerk in neuem Glanz, nicht als museale Hülle oder Kulisse im Stadtbild, sondern bestens gerüstet für die Zukunft und dank Um- und Anbau bereit, auch heutigen Anforderungen an ein funktionales Verwaltungsgebäude gerecht zu werden. Susanne Mandl
  • 5. Bildunterschriften Foto 2010_10 Die Sanierung erforderte von allen am Bau beteiligten viel Sachverstand und Liebe zum Detail. Foto 2010_19 Die Gestaltung des offenen Verbindungsbaus mit dem Treppenhaus orientiert sich trotz Eigenständigkeit am Altbau.
  • 6. Foto 2010_3 Der Fachwerkbau wurde unter konsequenter Beachtung denkmalpflegerischer Vorgaben von Grund auf renoviert und instand gesetzt. Foto 2010_8 Die originale Farbigkeit wurde durch eine restauratorische Befunduntersuchung erforscht. Foto 2010_9 Die wiederhergestellte Farbigkeit ist kräftig aber nicht bunt. Sie lebt aus dem Kontrast von Holz und Gefach und lässt die beeindruckenden Holzschnitzarbeiten wunderbar zur Geltung kommen.
  • 7. Foto 2010_14 Ziel der denkmalgerechten Sanierung und des Umbaus war es, das Fachwerkrathaus als bedeutendes Kulturdenkmal zu erhalten und dessen Wertigkeit zu betonen. Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Martin Duckek
  • 8. Bautafel Bauherr Stadt Burgkunstadt Erster Bürgermeister Heinz Petterich Architekt Altbau Reinhold Huth, Burgkunstadt Architekt Neubau Dr. Eschenbacher GdbR, Kulmbach Denkmalpflege Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Konservator Dr. Karl-Heinz Betz Schloss Seehof, Dipl. Ing. (Univ.) Andrea Behrendt Bauarchiv Thierhaupten, Martim Saar Ausführender Malerbetrieb Friedmann GmbH, Scheßlitz