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Drehen | Schneiden | Texten
Faustregeln aus der TV-Praxis
Ralph Kühnl
ralph.kuehnl@rnf.de
www.rnf.de
twitter.com/kirscheplotzer
Es gelten alle Regeln des „klassischen“ Journalismus:
Themenfindung, Recherche, Ansprechpartner
Aber: Die „klassischen“ Aufgaben machen nur etwa 30% der
Arbeit aus. 70% sind TV-spezifisch und kommen on top.
Was macht TV-Arbeit so aufwändig?
TV-Journalismus – mal so grundsätzlich...
Die „klassischen“ Aufgaben machen nur etwa 30% der Arbeit aus.
70% sind TV-spezifisch und kommen on top.
 Bilder besorgen: Man muss zwingend zum Ereignis hin – und
zwar schnell
 O-Töne: Viele Menschen haben Angst vor der Kamera
 Rechtliche Aspekte, z.B. Recht am eigenen Bild, sind zu
beachten
 Zeit: Dreh und Nachbearbeitung sind zeitintensiv
 Kosten: Personal und Technik sind teuer (Kamera, Schnitt,
Studio, Sendeinfrastruktur, Distribution)
 Fernsehen ist Planung
TV-Journalismus – mal so grundsätzlich...
Film planen:
 Format
 Zielgruppe
 Länge
 Erzählfaden (Treatment)
Drehen | Schneiden | Texten
Daraus ergeben sich:

Kameraführung

Schnittrhythmus

Interviewanteile

Bildübergänge

Verwendung von Musik
Drehen | Schneiden | Texten
 Lichtsituation checken (Weißabgleich, Blende)
 Hintergrund checken
 Faustregel: Nur eine Kamerabewegung pro Einstellung
 Bei Schwenk, Fahrt und Zoom: Stand vor und nach der
Kamerabewegung
 Szenen auflösen (auf Anschlüsse achten)
 Neutrale Bildein- und ausgänge anbieten
 Unterschiedliche Einstellungsgrößen beachten (Bildsprünge)
 Zwischenschnitte nicht vergessen
 Auf die Achse achten!
Drehen | Schneiden | Texten
Bildkomposition
 Vorder-, Mittel-, Hintergrund
 Bewusster Einsatz von Unschärfen
 „Dreiecks-Regel“
Drehen | Schneiden | Texten
Wieviel muss ich drehen? (1/2)

Faustregel: Ein Bild (Einstellung) steht im fertigen Beitrag
durchschnittlich 3 – 6 Sekunden (Standbild kürzer, Schwenk &
Zoom länger)

Eine Szene ist ca. 20 – 30 Sekunden lang.
Das heißt (je nach Charakter des Beitrags):

Pro Szene: 4 – 10 Einstellungen

Pro Sendeminute: 13 – 16 Einstellungen
Drehen | Schneiden | Texten
Wieviel muss ich drehen? (2/2)
 Jede Einstellung auf dem Rohmaterial hat Vorlauf und Nachlauf
 Es gibt Verschnitt, mehrere Versuche etc.
 Jede Einstellung nimmt durchschnittlich 30 Sek. (+/-)
Rohmaterial in Anspruch
→ Faustregel: in der aktuellen Berichterstattung produziert man in
einem Drehverhältnis ca. 1:8 – 1:10
→ Aus 15 Min. Rohmaterial kann ein Beitrag von ca. 2 Min
entstehen
Drehen | Schneiden | Texten
O-Töne
 Platz für Bauchbinde einplanen
 Gesprächspartner muss ins Bild schauen
 Richtungen wechseln
 Als Reporter auf klaren Satzbau des Gesprächspartners achten
 Hintergrund sollte mit Gesprächspartner korrespondieren
 Hintergründe mit Tiefe bevorzugen
Drehen | Schneiden | Texten
 „Der Film entsteht im Schnitt“
 Filmaufbau: Stärkstes Bild an den Anfang, ggfls. Treatment
ändern
 Faustregel: Totale auf Totale geht nicht; groß auf groß geht
 Anschlüsse und Achsen beachten
 Umschnitte möglichst in die Bewegung schneiden
 O-Töne geben einer Geschichte Authentizität
 O-Töne sollten persönliche Befindlichkeiten des
Gesprächspartners ausdrücken; keine reinen Erklär-O-Töne
Drehen | Schneiden | Texten
Der „klassische Zweiminüter“

0'20 Einstieg in den Beitrag (nah am Bild)

0'20 O-Ton 1 (z.B. Experte)

0'40 Erklärteil (ausführlich, abstrakt)

0'20 O-Ton 2 (Gegenposition oder „vox pops“)

0'20 Resümee, Ausblick
Drehen | Schneiden | Texten
 Das Bild antexten, aber nicht vorlesen
 Text-Bild-Scheren vermeiden
 Einfache Sätze, konkrete Angaben
 „Mut zum Punkt“
 Keine Fremdwörter
 Keine modalen Hilfsverben
 Keine Passivkontruktionen
 Keine Substantivierungen / Keine -ung-Wörter
 Sätze müssen keine Sätze sein
Drehen | Schneiden | Texten
 Wellenförmig texten – Zuschauer auch bei komplexen Themen
wieder zurück an den Beitrag führen
Drehen | Schneiden | Texten
Ralph Kühnl
Sender: www.rnf.de
Blog: plotzerblog.de
Twitter: twitter.com/kirscheplotzer

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  • 1. Drehen | Schneiden | Texten Faustregeln aus der TV-Praxis Ralph Kühnl ralph.kuehnl@rnf.de www.rnf.de twitter.com/kirscheplotzer
  • 2. Es gelten alle Regeln des „klassischen“ Journalismus: Themenfindung, Recherche, Ansprechpartner Aber: Die „klassischen“ Aufgaben machen nur etwa 30% der Arbeit aus. 70% sind TV-spezifisch und kommen on top. Was macht TV-Arbeit so aufwändig? TV-Journalismus – mal so grundsätzlich...
  • 3. Die „klassischen“ Aufgaben machen nur etwa 30% der Arbeit aus. 70% sind TV-spezifisch und kommen on top.  Bilder besorgen: Man muss zwingend zum Ereignis hin – und zwar schnell  O-Töne: Viele Menschen haben Angst vor der Kamera  Rechtliche Aspekte, z.B. Recht am eigenen Bild, sind zu beachten  Zeit: Dreh und Nachbearbeitung sind zeitintensiv  Kosten: Personal und Technik sind teuer (Kamera, Schnitt, Studio, Sendeinfrastruktur, Distribution)  Fernsehen ist Planung TV-Journalismus – mal so grundsätzlich...
  • 4. Film planen:  Format  Zielgruppe  Länge  Erzählfaden (Treatment) Drehen | Schneiden | Texten Daraus ergeben sich:  Kameraführung  Schnittrhythmus  Interviewanteile  Bildübergänge  Verwendung von Musik
  • 5.
  • 6. Drehen | Schneiden | Texten  Lichtsituation checken (Weißabgleich, Blende)  Hintergrund checken  Faustregel: Nur eine Kamerabewegung pro Einstellung  Bei Schwenk, Fahrt und Zoom: Stand vor und nach der Kamerabewegung  Szenen auflösen (auf Anschlüsse achten)  Neutrale Bildein- und ausgänge anbieten  Unterschiedliche Einstellungsgrößen beachten (Bildsprünge)  Zwischenschnitte nicht vergessen  Auf die Achse achten!
  • 7.
  • 8. Drehen | Schneiden | Texten Bildkomposition  Vorder-, Mittel-, Hintergrund  Bewusster Einsatz von Unschärfen  „Dreiecks-Regel“
  • 9. Drehen | Schneiden | Texten Wieviel muss ich drehen? (1/2)  Faustregel: Ein Bild (Einstellung) steht im fertigen Beitrag durchschnittlich 3 – 6 Sekunden (Standbild kürzer, Schwenk & Zoom länger)  Eine Szene ist ca. 20 – 30 Sekunden lang. Das heißt (je nach Charakter des Beitrags):  Pro Szene: 4 – 10 Einstellungen  Pro Sendeminute: 13 – 16 Einstellungen
  • 10. Drehen | Schneiden | Texten Wieviel muss ich drehen? (2/2)  Jede Einstellung auf dem Rohmaterial hat Vorlauf und Nachlauf  Es gibt Verschnitt, mehrere Versuche etc.  Jede Einstellung nimmt durchschnittlich 30 Sek. (+/-) Rohmaterial in Anspruch → Faustregel: in der aktuellen Berichterstattung produziert man in einem Drehverhältnis ca. 1:8 – 1:10 → Aus 15 Min. Rohmaterial kann ein Beitrag von ca. 2 Min entstehen
  • 11. Drehen | Schneiden | Texten O-Töne  Platz für Bauchbinde einplanen  Gesprächspartner muss ins Bild schauen  Richtungen wechseln  Als Reporter auf klaren Satzbau des Gesprächspartners achten  Hintergrund sollte mit Gesprächspartner korrespondieren  Hintergründe mit Tiefe bevorzugen
  • 12. Drehen | Schneiden | Texten  „Der Film entsteht im Schnitt“  Filmaufbau: Stärkstes Bild an den Anfang, ggfls. Treatment ändern  Faustregel: Totale auf Totale geht nicht; groß auf groß geht  Anschlüsse und Achsen beachten  Umschnitte möglichst in die Bewegung schneiden  O-Töne geben einer Geschichte Authentizität  O-Töne sollten persönliche Befindlichkeiten des Gesprächspartners ausdrücken; keine reinen Erklär-O-Töne
  • 13. Drehen | Schneiden | Texten Der „klassische Zweiminüter“  0'20 Einstieg in den Beitrag (nah am Bild)  0'20 O-Ton 1 (z.B. Experte)  0'40 Erklärteil (ausführlich, abstrakt)  0'20 O-Ton 2 (Gegenposition oder „vox pops“)  0'20 Resümee, Ausblick
  • 14. Drehen | Schneiden | Texten  Das Bild antexten, aber nicht vorlesen  Text-Bild-Scheren vermeiden  Einfache Sätze, konkrete Angaben  „Mut zum Punkt“  Keine Fremdwörter  Keine modalen Hilfsverben  Keine Passivkontruktionen  Keine Substantivierungen / Keine -ung-Wörter  Sätze müssen keine Sätze sein
  • 15. Drehen | Schneiden | Texten  Wellenförmig texten – Zuschauer auch bei komplexen Themen wieder zurück an den Beitrag führen
  • 16. Drehen | Schneiden | Texten Ralph Kühnl Sender: www.rnf.de Blog: plotzerblog.de Twitter: twitter.com/kirscheplotzer