„Bildung“ im Zeitalter vernetzten Wissens, Denkens, Handelns
1. Dr. Benjamin Jörissen
http://joerissen.name
benjamin@joerissen.name
„Bildung“ im Zeitalter
vernetzten Wissens,
Denkens, Handelns
„Meine Bildung hab‘ ich aus dem Netz“
Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing
13.4.2012
3. BMBF (2010) Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur. Medienbildung für die Persönlichkeitsentwicklung, für die
gesellschaftliche Teilhabe und für die Entwicklung von Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit, S. 5.
4. „Medienbildung umfasst Medien als
Gegenstand des Lernens und das in hohem
Maße selbst gesteuerte und selbst
verantwortete Lernen mit Medien, das im
Lebenslauf zunehmende Bedeutung gewinnt
und eingeübt sein will.“
BMBF (2010) Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur. Medienbildung für die Persönlichkeitsentwicklung, für die
gesellschaftliche Teilhabe und für die Entwicklung von Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit, S. 7.
5. Ist denn das Internet ein Werkzeug,
ein „Gegenstand“?
6. Steht es uns gegenüber?
Können wir es uns gegenüber stellen?
28. Dr. Benjamin Jörissen – www.joerissen.name
Moderne
risen
ng sk
tie ru
Orien
zweite Moderne /
Postmoderne
29. Wilhelm von Humboldt
(1767-1835)
„Der wahre Zweck des
Menschen – nicht der,
welchen die wechselnde
Neigung, sondern welche
die ewig unveränderliche
Vernunft ihm vorschreibt –
ist die höchste und
proportionlirlichste
Bildung seiner Kräfte zu
einem Ganzen.“
Humboldt, Wilhelm von (1792): Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit
des Staates zu bestimmen. In: Ders.: Werke in fünf Bänden. Bd. 1. (3.Aufl.). Darmstadt
30. Wolfgang Klafki
Drei zentrale Aspekte von
Bildung:
Selbstbestimmung
Mitbestimmung
Solidaritätsfähigkeit
Klafki, Wolfgang (1985): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Beiträge zur
kritisch-konstruktiven Didaktik. Weinheim/Basel, S. 17
31. Dr. Benjamin Jörissen – www.joerissen.name
transformatorisch-strukturales Bildungsverständnis
Bildung als Prozess der Transformation von
Selbst- und Weltverhältnissen und Bedingungen
von Kontingenz und Komplexität.
versus Ausbildung (Lernen)
versus Gebildetheit (Kanon)
Marotzki, Winfried (1990): Entwurf einer strukturalen Bildungstheorie.
Weinheim: Deutscher Studien-Verl.
32. Dr. Benjamin Jörissen – www.joerissen.name
Bildung
Orientierung
Umgang
mit Kontingenz
Umorientierung, Flexibilisieru
Reframing, Reflexivität
ng
Tentativität
Exploration,
Kreativität , Als-ob-
Handeln
Offenheit für Fremdheit/
Andersheit
Alterität
33. 3.
Medienbildung –
Bildung in der Netzzeit*
* „Netzzeit“ geklaut bei Peter Glaser, hier aber als Epoche gemeint.
http://blog.zdf.de/hyperland/2011/07/aus-jetztzeit-wird-netzzeit/
35. Par
exion tizip
at
Refl ion
Subjekt Öffentlichkeiten
mediale Architekturen
transaktionale Effekte
(Um-/Gestaltung)
36. Par
exion tizip
at
Refl ion
Subjekt Öffentlichkeiten
mediale Artikulation
mediale Architekturen
transaktionale Effekte
(Um-/Gestaltung)
37. „Wer sich artikuliert, deutet seine
qualitative Erfahrung, indem er sie
(...) zur Sprache, zum Bild, zur Musik
oder wozu auch immer bringt.“
Jung, Matthias (2005): „Making us explicit“: Artikulation als
Organisationsprinzip von Erfahrung. In: Schlette/Jung (2005),
39. „…Symbolmedien haben sich von der
[…] Bindung an das Hier und Jetzt
der Erfahrung gelöst und werden
dafür genutzt, den Sinn den Erlebten
durch Bezug auf intersubjektiv geltende
Systeme der Bedeutungsbestimmung zu
explizieren.“
Jung, Matthias (2005): „Making us explicit“: Artikulation als
Organisationsprinzip von Erfahrung. In: Schlette/Jung (2005),
40. „Netzwerken“
Kreativer Umgang mit kulturellen
Objekten
Vernetzte Wissensarbeit
„Artikulation“: Reflexivität in der
öffentlichen Teilnahme
57. Dr. Benjamin Jörissen
http://joerissen.name
benjamin@joerissen.name
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Folien dieser Präsentation und
weitere Materialien:
www.joerissen.name
Hinweis der Redaktion
Abstract: "Bildung" im Zeitalter vernetzten Wissens, Denkens, Handelns\n\nIn Bezug auf Wissen, Lernen und Bildung lautet die primäre Frage heute nicht mehr, wie der Einzelne Mediendinge, die ihm in seiner Umwelt begegnen und sich ihm je als Chance und Problem stellen, "kompetent nutzen" kann. Denn die medialen Umbrüche der letzten Jahre greifen – von der globalen Makro-Skala bis zur Mikro-Skala kleinster Alltagsvollzüge – zutiefst in die sozialen und kulturellen Gefüge ein. Damit aber verändern sie umfassend die Verhältnisse, in denen wir leben: die sozialen Verhältnisse (deren kopräsente Gemeinschaftsmodelle nun zum Spezialfall eines polypräsenten Netzwerkmodells werden), die dinglichen Verhältnisse (insofern vernetzte, hyperfunktionelle "Gadgets" zentraler Alltagsbestandteil werden) und ebenso die Selbstverhältnisse (indem "das Subjekt" vom Modell neuzeitlicher Autorschaft zu einem Selbst-in-Netzwerken übergeht).\n\nIn diese Komplexitäten also ist die Frage nach einem aktuellen Verständnis von "Bildung" eingebettet. Bildung, die weiterhin diesen Namen verdienen will, muss sich deshalb partizipativ und artikulierend in diese Dynamik einschreiben. Wenn Bildung immer schon im Horizont von Welt gedacht wurde, so muss sie angesichts der umfassenden Mediatisierung als "Bildung im Horizont von Medialität" begriffen werden. - Dies wäre ein angemessenes Verständnis der heutigen Forderung nach "Medienbildung".\n\n
\n
Die übliche Schlussform: 1. Bildung betrifft das Verhältnis von Einzelnen zu ihrer Welt. 2. Diese Welt ist nun voller (neuer) Medien. 3. Also müssen wir das Verhältnis der Einzelnen zu den Medien (durch Bildung) gestalten.\n„Bildung“ ist in diesem Modell eine Konstante, während der „Welt“ immerhin ein gewisses Kontingenzpotenzial, also voraussehbare Ungewissheit, unterstellt wird.\n
1) Medien werden als Gegenstände begriffen, über die man etwas lernen kann, und die man als Werkzeuge verwenden kann, um besser zu lernen.\n2) (Medien-) Bildung wird auf „Lernen“ reduziert: Kompetenzerwerb bezüglich eines besonders leistungsfähigen und komplexen Lerntools, das in der heutigen Lebenswelt immer wichtiger und nützlicher wird.\n
\n
… denn wenn wir dies nicht können, haben wir keine Distanz, können nicht über es verfügen, sondern uns nur in ihm orientieren, so wie in einer Stadt. (Gibt es eine Stadtbenutzungskompetenz? Weltbenutzungskompetenz? Nein, denn beides ist ein umfassender Raum, der allenfalls Horizont die Idee einer gegenständlichen Einheit aufkommen lässt.)\n\n
Insofern es nicht irgendwo, sondern überall ist, nicht. Kann man in etwas hineingehen, aus dem man logisch betrachtet nicht herausgehen kann?\n(Achtung: „Das Internet“ ist nicht = WWW.)\n
Es gibt keine „Nonliner“, nur Menschen, die selbst keinen Internetkontakt per Interface herstellen. Wer am Straßenverkehr teilnimmt, etwas einkauft, Geld abhebt, telefoniert, sich ärztlich behandeln lässt etc., ist Teil einer vernetzten Informationskette, die erstens diese Tätigkeiten organisatorisch/logistisch überhaupt erst ermöglicht, und die sie/ihn zweitens als spezifisches Informationsmoment in dieses Netzwerk einspeist. Man kann nicht mehr entscheiden, ob man „im Internet ist“ oder nicht. Übrigens, haben Sie eine DeutschlandCard?\n
Ein enttäuschendes Beispiel; es demonstriert die Normalität, ja geradezu Trivialität der mobilen Einbettung des Netzes in den Alltag. Online-Recherche mittels eines mobilen, 135 Gramm schweren, tastaturlosen, multisensorischen Miniaturcomputers über eine auf sieben Millionen Bit pro Sekunde gedrosselte Funkverbindung, die mir im Bruchteil einer Zehntelsekunde 182.000 mögliche Informationsquellen zur Pflanzung und Pflege von Clematis zur Verfügung stellte.\nDas Netz ist nicht nur physikalisch „da“; es ist appräsent in der Gartengestaltung.\n(Wie sähe dieses Beispiel nicht bei einem 40something Amateurgärtner mit Facebook-Aversion, sondern bei einer/einem 16-Jährigen aus?)\n\n
Was also ist das Social Web? \n Universales Vernetzungsmedium von Menschen, kulturellen Objekten und Algorithmen\n „Augmented Sociality“\n
\n
(Entzogenheit der Mediosphäre: Invisibilität des Medialen; zugleich Strukturierung dessen, was der Wahrnehmung zugänglich ist.)\n
\n
\n
Das Social Web als ein Aspekt des Internet, der primär im WWW lokalisiert und durch vernetzende und kollaborative Software charakterisiert ist.\n
\n
\n
\n
Netzwerkförmige Ökonomien auf verschiedenen Ebenen: des Long Tail und UGC, der Kollaboration, der Aggretation auf der Hinterbühne als auch auf der Vorderbühne.\n
Technische Netzwerkförmigkeit der Kommunikation: XML/RSS.\n
\n
Netzwerkförmigkeit der Sozialität, Netzwerkförmigkeit der Identität\n
Katalysator sozialer Netzwerke sind Kommunikationsnetzwerke. Möglichkeit der Ausweitung (Vermehrung von weak ties), aber auch Gefahr der Echokammer.\n-> Netzwerke müssen gestaltet werden; sie sind Moment von (in dieser Explizitheit neuen) kulturellen Formen von Sozialität.\n
Post-Privacy\n
\n
\n
\n
\n
Bildung als Entfaltung der Persönlichkeit durch Auseinandersetzung mit einer kulturellen (primär sprachlichen) Welt: Bildung als „Kultur nach der Seite ihrer subjektiven Zueignung“ (Adorno).\nWird nach Krisenerfahrung brüchig: Strukturkrisen, Regulationskrisen, Kohäsionskrisen (Heitmeyer, Wilhelm (1997): Was treibt die Gesellschaft auseinander? Bundesrepublik Deutschland: Auf dem Weg von der Konsens- zur Konfliktgesellschaft. Frankfurt/M.). \n
\n
\n
Dies sind Eigenschaften, die nötig sind auch für kontingente, hyperkomplexe mediatisierte Lebenswelten. \nSie sind jedoch immer noch eher vom Einzelnen aus gedacht und berücksichtigen noch nicht die zunehmend dominante Netzwerkförmigkeit von Identität und Sozialität.\n
\n
\n
Bildung als \n1) reflexiv-transformatorischer Prozess des Subjekts/der Subjektivation. (Ambivalent: Tentativität vs. gouvernementale Anpassung)\n2) partizipatorischer Prozess in Öffentlichkeiten, die weniger dem Agora-Prinzip (gegenseitige Sichtbarkeit, symmetrie) sondern vielmehr dem Netzwerk-Prinzip (Asymmetrien, Netzwerkeffekte) entspricht. (Ambivalente Netzwerkdynamiken: „Achievement“ vs. Echokammer)\n3) „transaktionaler“ („gestaltender“) Prozess der Transformation und Komplexitätssteigerung von medialen „Aktanten“, also letztlich des medialen Raumes selbst (ambivalente Ökonomien: offene Ökonomien vs. kommerzielle walled gardens).\n\nArtikulation / Re-Artikulation als Zentralbegriffe\n\nDiese Prozesse müssen ermöglicht und gestaltet werden. Es geht um die Aufgabe einer Kultivierung im Netz, durch das Netz und für das Netz (d.i. des Netzes selbst).\n
Im Zentrum steht die mediale Artikulation: sie entsteht aus Beiträgen von einzelnen, im Netz i.d.R. als eigenständig-emergentes Artefakt, das zugleich als kulturelles Objekt und/oder Code Prozesse (z.B. virale Effekte) und Strukturen (z.B. Plattformen) ändert.\n1) Bezogen auf das Subjekt ist die Artikulation eine Äußerung mit Anerkennungserwartung, die sowohl individuelle Reflexion als auch soziale Rückmeldung involviert.\n2) Bezogen auf das Netzwerk ist die Artikulation als Emergenz ein „Achievement“, in dem das Netzwerk als amorphes soziales Fluidum exemplarisch Gestalt annimmt.\n3) \nBezogen auf mediale Architekturen ist die Artikulation schlicht ein weiterer Aktant; ein weiteres Element im Netzwerk. Involviert sind hierbei (medien-) kulturelle Lernprozesse, die in die Struktur etwa einer Plattform eingehen.\n
Beispiele sind alle emergenten Artefakte, die aber nicht als werkförmige Entitäten auftreten müssen, sondern auch divergente Flüsse sein können (z.B. Twitter-Streams). Freilich ist der artikulative Charakter von so etwas die Schöpfungshöhe abhängig; d.h. gewisse Artikulationen, auch kollektive, haben eher geringe Reflexions- und Transformationspotenziale.\n
\n
\n
7 Jahre Arbeit, Kerncrew ca. 15, insgesamt 300 Freiwillige. Vertrieb: Internet (Creative Commons) und DVD.\n
ca. 700 Filmprojekte auf der Plattform\n
ca. 700 Filmprojekte auf der Plattform\n
\n
\n
\n
„Jeden Tag werden in der fotocommunity mehr als 9.300 neue Fotos hochgeladen, ca. 60.000 Bildkritiken verfasst und 450 Hobbyfotografen zu neuen Mitgliedern.\nSeit Bestehen der fotocommunity wurden 170 Millionen Bildkritiken verfasst und 20 Millionen Fotos hochgeladen. Derzeit sind in der fotocommunity rund 1.000.000 Mitglieder angemeldet, jeden Monat werden über 200 Millionen Seiten abgerufen.“ (http://www.fotocommunity.net/presse/facts.html, 12.11.2011)\n
„Jeden Tag werden in der fotocommunity mehr als 9.300 neue Fotos hochgeladen, ca. 60.000 Bildkritiken verfasst und 450 Hobbyfotografen zu neuen Mitgliedern.\nSeit Bestehen der fotocommunity wurden 170 Millionen Bildkritiken verfasst und 20 Millionen Fotos hochgeladen. Derzeit sind in der fotocommunity rund 1.000.000 Mitglieder angemeldet, jeden Monat werden über 200 Millionen Seiten abgerufen.“ (http://www.fotocommunity.net/presse/facts.html, 12.11.2011)\n
\n
\n
\n
77.000 B/W-Gruppen. Seit Ende 2010: +7000 B/W-Gruppen, also ca. 20 neue Gruppen/Tag.\n
77.000 B/W-Gruppen. Seit Ende 2010: +7000 B/W-Gruppen, also ca. 20 neue Gruppen/Tag.\n
77.000 B/W-Gruppen. Seit Ende 2010: +7000 B/W-Gruppen, also ca. 20 neue Gruppen/Tag.\n