Eine Analyse der Organisationskommunikation der Softgarden-eRecruiting GmbH, mit dem Ziel das Business Design zu modifizieren
1. Berlin, den 24.07.2009
Bachelor Thesis
Eine Analyse der Organisationskommunikation
der Softgarden-eRecruiting GmbH, mit dem Ziel
das Business Design zu modifizieren
Jan Schmiedgen Matrikelnummer 357275 (6. Semester) vorgelegt bei
Prof. Maren Hartmann und Prof. Franz Liebl.
2. Bachelor Thesis
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt gegenüber dem Prüfungsausschuss des Studienganges
GWK, dass die vorliegende, dieser Erklärung beigefügte Arbeit selbständig und nur unter
Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis genannten Quellen und Hilfsmittel angefertigt
wurde. Alle Stellen der Arbeit, die anderen Werken, dem Wortlaut oder dem Sinn nach
entnommen wurden, sind kenntlich gemacht. Eine elektronische Fassung der Arbeit ist
an die Gutachter per E-Mail gegangen.
Berlin, den 24.07.2009
Jan Schmiedgen
Kontaktdaten des Autors
Jan Schmiedgen
Wolliner Straße 12a
10435 Berlin
Telefon +49 (030) 54 49 87 39
Telefax +49 (030) 54 49 87 39
Mobil +49 (0173) 3 83 15 26
E-Mail kontakt@schmiedgen.eu
Speicherort: Speedtröte:Users:schmiedgenj:Desktop:Softgarden - Analyse Geschäftsmodell.doc
-2-
4. Bachelor Thesis
Abbildungsverzeichnis
Potential Crises in Corporate Brand Implementation (Schultz u. a., 2005, S. 188) ........................................ 7!
»Business Model Canvas« (nach Osterwalder, 2007)....................................................................................... 9!
Idealtypischer Aufbau einer Personalabteilung in einem Konzern (Schmiedgen u. a., 2009, S. 52) ............... 10!
Der »Markt« von Softgarden (Eigene Darstellung nach Abell 1980, S. 191-198).......................................... 16!
Mission von Softgarden (Schmiedgen u. a., 2009, S.105)............................................................................. 19!
Value Proposition von Softgarden (vgl. Schmiedgen u. a., 2009, S.113)....................................................... 19!
Softgarden Value Proposition Struktur (Eigene Darstellung)........................................................................ 21!
Customer Buying Cycle und Kanalfunktionen (Osterwalder, 2004, S. 67)................................................... 25!
Informationsbedarf der Softgarden-Webnutzergruppen (Schmiedgen, 2009, S. 9) ....................................... 26!
Skizzierter Ausschnitt einer möglichen Channelstrategie für Softgarden (Eigene Darstellung nach Dolan,
2006; Osterwalder, 2004, S. 69 ff.) .............................................................................................................. 27!
Value Shop Diagramm für Softgarden (Eigene Darstellung nach Fjeldstad & Stabell, 1998, S. 424)............ 39!
Kernprozess »01 – Presales« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009) ............................................................. 49!
Kernprozess »02 – Implementierung Taloom« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009).. Error! Bookmark not
defined.!
Kernprozess »03 – Change- und Feature Request« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009)........................... 49!
Kernprozess »04 – Hilfe und Support« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009) ............................................ 49!
Kernprozess »05 – Wartungs- und Releasemangement« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009)................... 49!
Kernprozess »06 – Pilotprojekte / Produktneuentwicklungen« (Eigene Darstellung nach Faber, 2009) ........ 49!
Organisationsstruktur Softgarden (Eigene Darstellung) ................................................................................ 54!
Einige Gestaltungsanmutungen des neuen Softgarden Corporate Designs .................................................... 51!
Tabellenverzeichnis
Kundengruppen und ihre Merkmale (Faber, 2009) ...................................................................................... 11!
Komprimierte Darstellung wesentlicher Insights (Schmiedgen u. a., 2009, S. 81-83) ................................... 13!
Kundengruppen- / Kundenfunktionsmatrix (Eigene Darstellung nach Abell, 1980)..................................... 15!
Vergleich alte vs. neue Recruitingstrategien (Quelle: http://www.jobs2web.com/what-we-do/ (Unbekannt,
Zugriff am 02.06.2009)) .............................................................................................................................. 18!
Kommunikations- und Vertriebskanäle von Softgarden (Eigene Darstellung nach Osterwalder, 2009) ........ 25!
Customer Interface Softgarden (nach Osterwalder, 2004, S. 78) .................................................................. 29!
-4-
5. Bachelor Thesis
Abkürzungsverzeichnis
BMS Bewerber-Management System, Bewerber-Management Software
bzgl. Bezüglich
bzw. beziehungsweise
CBC Customer Buying Cycle
d. h. das heißt
EAN Einzigartiges Aktivitäten Netzwerk
et al. et altera
ggf. gegebenenfalls
HR Human Resources
Hrsg. Herausgeber
i. d. R. in der Regel
ICT Information & Communication Technologies
IKT Informations- & Kommunikationstechnologien
IS Information System
i. S. im Sinne
o. ä. oder ähnliche(s)
o. g. oben genannte(n)
o. J. ohne Jahresangabe
S. Seite(n)
SGE Strategische Geschäftseinheit (Businessbereich eines Konzerns)
SBU Strategic Business Unit (siehe oben)
SEO Search Engine Optimization (Suchmaschinenoptimierung)
sog. so genannte(n)
Taloom eRecruitingsoftwaresuite (das Flagschiffprodukt Softgardens)
TQM Total Quality Management
u. a. unter anderem
u. U. unter Umständen
z. B. zum Beispiel
-5-
6. Bachelor Thesis
1 Einleitung
Im Rahmen unseres GWK-Kommunikationsprojektes hat meine Projektgruppe
»Fünffacher Lutz« eine Kommunikationsstrategie für unseren Auftraggeber Softgarden,
einen Softwareanbieter für eRecruitinglösungen, entwickelt. Unsere Aufgabe bestand u. a.
darin, die aktuelle Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Produkte aus
Kundensicht zu erforschen, Alltag und Bedürfnisse der Kunden zu eruieren, das eigene
Selbstverständnis zu artikulieren und im gleichen Atemzug eine Analyse der
Kernkompetenzen speziell im Vergleich zum Wettbewerb vorzunehmen. Ziel war, die
konzeptionellen Rahmenbedingungen in Form einer Positionierung zu schaffen, die
Softgarden zukünftig mehr Bekanntheit, Akzeptanz und ein hinsichtlich des
Unternehmensimages geschärftes Profil verschaffen soll (vgl. Rebriefing in Schmiedgen,
Fıçıcıoğlu, & Baldermann, 2009, S. 91). Im Rahmen der Forschung wurden daher
umfangreiche Analysen durchgeführt, auf deren Informationsbasis diese Arbeit basiert,
womit ich auch gleich zum Grund überleiten möchte, warum ich das Thema dieser
Thesis gewählt habe.
Die neue Positionierung und die mit ihr verbundenen Versprechen sind sehr
ambitioniert. Sie sind eine Mischung aus den persönlichen Visionen der Gründer, partiell
bereits vorhandenen Kompetenzen und den teils offensichtlichen, teils latenten
Bedürfnissen der Kunden Softgardens. Von der Organisationsrealität des Unternehmens
werden sie aktuell aber nur ungenügend widergespiegelt. Da das Unternehmen
gleichwohl schnell mit seinem neuen Auftritt nach Außen auftreten will, besteht die
Gefahr, dass wesentliche Bereiche des »Geschäftssystems Softgarden« diese Ansprüche
noch nicht oder nur ungenügend reflektieren, geschweige denn, dass sie in die Köpfe und
Herzen der Mitarbeiter übergegangen sind. Dies ist in der Praxis nicht unüblich und
wurde in dem Buch »Corporate Branding – Purpose, People, Process« (Schultz, Antorini,
& Csaba, 2005) treffend als »Sugar Coating«-Problem beschrieben. Oft scheuen die
Unternehmen nämlich – teils aus Unwissenheit, teils aus Bequemlichkeit und der Hatz
nach schnellen »Erfolgen« – den Kraftakt der gründlichen Implementierung der
Corporate Brand, die alle Facetten der Organisation durchdringt.
Unser Kommunikationsprojekt war also nur der erste Schritt, wenn auch ein
wesentlicher, der Wege und Chancen für Softgarden aufzuzeigen vermochte, der nun aber
auch umfangreiche Veränderungen für Softgarden mit sich bringen muss.
Veränderungen, die alle Bereiche des Unternehmens betreffen: Mitarbeiter, Partner,
Prozesse, Kommunikationswege u. s. w. – sprich, weite Teile des derzeitigen
Geschäftsmodells. Welche Aufgaben Softgarden noch vor sich hat, um sein neues
-6-
7. Bachelor Thesis
Markenversprechen in die Realität umzusetzen, zeigt »Abbildung 1«. Derzeit befindet sich
das Unternehmen irgendwo zwischen »Cycle 1 und 2«.
Abbildung 1: Potential Crises in Corporate Brand Implementation (Schultz u. a., 2005, S. 188)
Damit Softgarden diese Herausforderungen gezielt angehen kann, ist es notwendig, zu
ermitteln, an welchen Stellen Gaps zwischen dem Anspruch der neuen
Kommunikationsbemühungen und der aktuellen Organisationswirklichkeit (und somit
auch der derzeitigen Organisationskommunikation) bestehen. Ziel dieser Arbeit soll daher
sein, anhand einer Geschäftsmodellontologie jene Bausteine zu untersuchen, die einen
Einfluss auf die Organisationskommunikation Softgardens haben et vice versa. Der Fokus
wird dabei stets auf die externe Kommunikation gegenüber Softgardens wichtigsten
Kundengruppen gelegt werden. Überlegungen zu anderen Stakeholdern,
unternehmenskulturelle Betrachtungen und interne Abläufe o. ä. sind nicht Bestandteil
der Arbeit. Als Nebenziel möchte ich meine gewählte Ontologie auf »Praxistauglichkeit«
bzgl. einer Geschäftsmodellanalyse testen. Daher dokumentiere ich in jedem
Analyseschritt kurz, welche Probleme ich in der jeweiligen Phase zu lösen hatte.
Ausgangspunkt meiner Betrachtung ist die im Projekt erarbeitete Value Proposition, die
im Kapitel »3.2 Value Proposition« noch einmal kurz (aus einem geringfügig anderen
Blickwinkel) angerissen wird. Ich habe mich bemüht, sinnvoll und relativ seitengenau an
wichtigen Stellen auf die Ergebnisse unserer Projektdokumentation zu verweisen.
Dennoch setzt die Arbeit in weiten Teilen für ihr Verständnis das Wissen aus der
Softgarden-Projektmappe voraus.
-7-
8. Bachelor Thesis
2 Forschungsaufbau
Als theoretische Grundlage für meine Analyse habe ich die Geschäftsmodellontologie von
Alexander Osterwalder gewählt, da ich diese in einer Hausarbeit untersuchen durfte und
bereits mit ihr vertraut bin. Eine kurze Darstellung der Konzeptualisierung befindet sich
auf der nächsten Seite.
Um die Analyse durchführen zu können, benötigte ich umfangreiches Daten- und
Informationsmaterial, das ich mir gemeinsam mit Softgarden in workshopähnlichen
Interviewsituationen erarbeitete. Eine Dokumentation selbiger in Form von Mitschnitten
oder Transkriptionen gibt es nicht, da die Zusammenkünfte teilweise bis zu sechs
Stunden dauerten und ihre nachträgliche Darstellung den Umfang dieser Arbeit
gesprengt hätte. Im Detail basiert diese Arbeit auf folgenden Materialien:
Der Softgarden-Projektmappe, persönlicher teilnehmender Beobachtung1 im Softgarden-
Büro Berlin, vier Interviews à mind. zwei Stunden mit dem Geschäftsführer Herrn Faber,
einem Interview mit dem Geschäftsführer Stefan Schüffler, einem Gespräch mit dem
»Head of Account Services and Implementation« Norman Zander sowie zahlreichen
internen Unterlagen, die mir das Unternehmen freundlicherweise zu Verfügung stellte.
Alle in den Interviews entstandenen Materialien wurden von mir nachbereitet und mind.
einmal vom Interviewpartner gegengeprüft. Den umfangreichsten Input lieferten Herrn
Fabers Ausführungen, weshalb ich mich im Dokument oft explizit auf ihn beziehe.
3 Die Geschäftsmodellontologie
Die im Dokument verwendete Geschäftsmodellontologie fußt auf der Forschung, die
Alexander Osterwalder unter Betreuung von Yves Pigneur und Christopher Tucci an der
»Ecole des Hautes Etudes Commerciales« der Universität Lausanne, im Rahmen seiner
Dissertation durchgeführt hat. Ich habe sie als Grundgerüst für diese Arbeit ausgewählt,
weil er über einen sehr ausgiebigen Vergleich und eine Synthese der wichtigsten Autoren
des Forschungsfeldes (Osterwalder, 2006, S. 12 f.; Osterwalder, 2004, S. 48 f.) a) eine
einheitliche Notation geschaffen hat, mit der sich ein Geschäftsmodell darstellen lässt und
b) die wesentlichen Bausteine und ihre Interdependenzen herausgearbeitet hat.
1
Im Zeitraum von Mai 2009 bis Juni 2009, im Rahmen der Vorort-Begleitung des Corporate Design-Relaunches im Nachgang
zum Projekt.
-8-
9. Bachelor Thesis
Abbildung 2: »Business Model Canvas« (nach Osterwalder, 2007)
Daher versuche ich im Folgenden anhand der von Osterwalder in »How to Describe and
Improve your Business Model to Compete Better (2007)« und »Business Model Generation - A
Handbook for Visionaries, Game Changers & Challengers (unveröffentlichtes
Buchmanuskript, 2009)« empfohlenen Schritte eine Bestandsaufnahme des Business
Designs Softgardens vorzunehmen – allerdings immer im Hinblick auf die Bedeutung des
jeweiligen Bausteins für die Organisationskommunikation et vice versa.
Die Reihenfolge der Analyse orientiert sich im Wesentlichen an seinen oben genannten
Publikationen. Jeder Abschnitt wird zunächst in einer grauen Textbox mit den
wichtigsten Fragen eingeleitet, die Osterwalder empfiehlt für den Analyseschritt zu
beantworten (Osterwalder, 2007, 2009). Jene Aspekte, die keine oder scheinbar nur
wenig Relevanz bzgl. der Organisationskommunikation besitzen werden nicht näher
untersucht. Am Ende jeden Schrittes stelle ich kurz, dar ob bzw. welche praktischen
Probleme ich in der Beantwortung der Fragen hatte und hebe ggf. noch einmal die
Bedeutung des Bausteins für die Kommunikation Softgardens hervor. An manchen
Stellen werden auch Querverweise zu anderen Autoren gezogen.
Die Bausteine werden in dieser Reihenfolge untersucht: 1) Kundensegmente (S. 10),
2) Value Proposition (S. 14), 3) Kanäle (S. 23), 4) Kundenbeziehungen (S. 28),
5) Revenue Model (S. 31), 6) Schlüsselressourcen (S. 33), 7) Schlüsselaktivitäten
(S. 35), 8) Partner Netzwerk (S. 41) und 9) Kostenstruktur (S. 43).
-9-
10. Bachelor Thesis
3.1 Kundensegmente
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Gibt es Kunden, die es wert sind, sie in eine eindeutige Kategorie zu fassen, weil...
... wir ihnen ein einzigartiges Angebot machen?
... wir sie durch verschiedene Kommunikations- und Vertriebskanäle erreichen?
... wir unterschiedliche Beziehungen mit ihnen unterhalten (z. B.: eher persönlich)?
... sie beträchtliche Unterschiede in ihrer Profitabilität aufweisen?
... sie willens sind, für verschiedene Aspekte des Angebots zu bezahlen?
Im ersten Schritt soll die Frage beantwortet werden, wer eigentlich die (wichtigsten)
Kunden von Softgarden sind. Für wen schafft Softgarden Wert? Und falls möglich, wie
können Kundengruppen geclustert werden?
Diese erst einmal einfach anmutenden Fragen sind bei näherer Betrachtung gar nicht so
einfach zu beantworten. So gibt es zunächst »den einen Personaler« als Kunde gar nicht.
Viel mehr besteht die Personalabteilung eines etwas größeren und funktional
ausdifferenzierten Unternehmens aus verschiedenen Personen mit unterschiedlichen
Bedürfnissen und Motivationsstrukturen (vgl. Schmiedgen u. a., 2009, S. 120-130).
Lediglich in kleineren Unternehmen (KMU) werden diese Aufgaben von einer Person in
Personalunion ausgeführt. »Abbildung 3« zeigt den Ausschnitt »Personal« der
Aufbauorganisation eines Konzerns auf.
Abbildung 3: Idealtypischer Aufbau einer Personalabteilung in einem Konzern (Schmiedgen u. a., 2009, S. 52)
- 10 -
11. Bachelor Thesis
Jede der einzelnen Funktionsebenen würde sich aus anderen Motivationen und seiner
jeweiligen Bedürfnisstruktur für Aspekte von Softgardens Angebot entscheiden1. Dies
wiederum bedeutet, dass für jede eine andere Value Proposition entworfen werden
müsste. Wie aber bereits im Projektbericht aufgezeigt wurde, sind am
Kaufentscheidungsprozess alle drei Ebenen mehr oder weniger beteiligt. Daher mussten
sie – mit der Folge einer höheren Abstraktion von Kundenfunktionen im Abellschen
Sinne (vgl. Abell, 1980, S. 170 ff.) und Value Proposition – zu dem Segment
zusammengefasst werden, das bisher am häufigsten von Softgarden bedient wurde. Herr
Faber und ich nennen es »Konzernpersonaler«. Sie machen derzeit 90% von Softgardens
Kunden aus und lizenzieren derzeit eher exklusive Lösungen. Jedoch wird bei der zweiten
Gruppe, den »Personalern im Mittelstand« zukünftig das stärkere Wachstum erwartet
(geplantes Massengeschäft). Wir konnten die folgenden Faktoren identifizieren, die
rechtfertigen, diese zwei Gruppen zu formen (vgl. Abell, 1980, S. 179 ff.).
Faktoren Konzernpersonaler Personaler Mittelstand
Preissensitivität Preis spielt eine untergeordnete Rolle, Sehr hoch.
da die Unternehmen den Wert eines
BMS nur schwer oder gar nicht
einschätzen können.
Vollsortiments- oder Derzeit noch Systemlösungen Egal
Systemlösung (Insellösungen) ! zukünftig mehr und
mehr Komplettlösungen
Internationalität International Eher national
Offene Stellen (p. a.) > 1000 > 50
Profitabilität Hoch Niedrig
Wachstumsaussichten Niedrig Hoch
Betreuungsaufwand Hoch Zukünftig: Sehr niedrig, da ASP-Lösung
(Wegfall von Implementierung und
Statistische Daten Konzernpersonaler Personaler Mittelstand
Kunden in 2009 19 2
Beitrag zum 95% 5%
Gesamtergebnis
in 2008
Intendierter Beitrag zum 50% 50%
Gesamtergebnis
in 2011
Tabelle 1: Kundengruppen und ihre Merkmale (Faber, 2009)
1
Vorstand / Geschäftsführung z. B. für Aspekte des „Employer Branding“ oder „Kosteneinsparen“, während der Recruiter sich eher
für „Arbeitserleichterung durch hohe Usability oder Prozessoptimierung“ begeistern lassen würde. Natürlich sind alle Aspekte
interdependent und bedingen somit einander. Jedoch ist streng genommen die Funktion, die die Software oder das Unternehmen
für die einzelnen Ebenen erfüllt, jedesmal eine andere.
- 11 -
12. Bachelor Thesis
Wie man sehen kann, ist das eigentlich wichtigste Kriterium die Anzahl der Bewerber,
denn daran kann man die Größe des Unternehmens und somit einige andere Faktoren
ableiten. Eine feinere Binnendifferenzierung innerhalb der Gruppen in weitere Typen (z.
B. die »designaffinen Konzernpersonaler1«) erschien uns nicht sinnvoll, da uns nicht
genügend Abgrenzungsmerkmale dafür vorlagen.
PROBLEME DES ANALYSESCHRITTES »3.1 KUNDENSEGMENTE«
Osterwalder empfiehlt, die Kundensegmente als Startpunkt einer Geschäftsmodellanalyse zu
betrachten. Für ein bestehendes Geschäftsmodell resp. eine Status-quo-Betrachtung erscheint
es mir auch durchaus sinnvoll, hierfür zunächst eine in seinen Eingangsfragen implizierte
Innenperspektive einzunehmen. Für die Weiterentwicklung eines Business Design allerdings
würden mir die Fragen nicht genügen, da dort Segmente nur im Nachgang über die Datenbasis
einer Analyse von Kundenbedürfnissen gebildet werden könnten, für die m. E. der Schritt »3.2
Value Proposition« (S. 14) zuerst gegangen werden müsste.
Auch fiel es Herrn Faber und mir schwer, geeignete Faktoren zu finden, die uns eine eindeutige
Abgrenzung für eine sinnvolle Segmentierung erlauben. Dies ist der Grund, weshalb »Tabelle
1« die zwei Gruppen nur recht grob, ja fast trivial, beschreiben kann. Abell half uns hier auch
kaum weiter, da er als Segmentierungs- und Beschreibungskriterien unter anderem eine
Betrachtung von »User Industry« und »Size« (vgl. Abell, 1980, S. 170) in B2B-Kontexten
empfiehlt. Dies war bei Softgarden aber nicht möglich, da Personalprozesse unabhängig von
der Branche immer ähnlich laufen und die Größe eines Unternehmens nicht immer zwingend
etwas über sein Bewerbungsaufkommen aussagen muss.
Nachdem wir also wissen, wer die aktuellen Kundengruppen Softgardens sind, können
wir sie nun mit weiteren Daten – speziell zu Bedürfnissen, Motivationen und
Erwartungen gegenüber möglichen Problemlösungsoptionen – anreichern. Hierfür liegen
uns einige Erkenntnisse aus der Projektmappe (Schmiedgen, Fıçıcıoğlu, & Baldermann,
2009) vor, die im folgenden noch einmal kurz in »Tabelle 2« angerissen werden sollen.
Dabei ist zu beachten, dass die Darstellung für beide identifizierten Kundensegmente gilt.
Denn sowohl die Gruppe der »Konzernpersonaler« als auch die »Personaler im
Mittelstand« haben ähnliche Bedürfnisstrukturen. Die Organisationskommunikation von
Softgarden muss also diese Bedürfnisse resp. Probleme adressieren und zeigen, welche
Lösungen das Unternehmen hierfür parat hält.
1
Softgarden-Software wurde im Rahmen unserer Forschung mehrfach attestiert, dass sie das (nutzer)freundlichste Design im
Wettbewerbsumfeld hat. Dies war daher unter anderem auch oft ein Faktor, sich für eine Softgardenlösung zu entscheiden.
Der Faktor »Design« spielte allerdings nicht für alle Befragten eine gleich große Rolle.
- 12 -
13. Bachelor Thesis
Insight Zusammenfassung
General Insight Permanent steigender Kosten- und Effizienzdruck wird an die Personaler
Problemgrundlagen und weitergegeben. Gute Bewerber lassen sich immer schwerer finden (u. a. durch
Motive für die Nutzung Trends wie: demografischer Wandel, verändertes Mediennutzungsverhalten, etc.).
einer BMS oder einer Daher stehen die Personaler unter einem Erfolgsdruck, dem sie versuchen zu entgegnen
Alternativlösung mit: HR-Prozessoptimierung (Time to fill), Kostenreduktion (Cost per Hire) sowie
(vgl. S. 16) Imageaufbau (Employer Branding). Hinzu kommt Druck vom Controlling, die HR-
Leistungen messbarer und transparenter zu gestalten (vgl. auch S. 16 und S. 15).
Category Insight Der Category Insight unserer Forschung lautete:
Wahrnehmung „Leider ist der Markt schier unüberblickbar: Woher soll ich also wissen, welche HR-
des »Marktes« Softwarelösung mir helfen könnte? Und wie soll ich einen Maßstab anlegen, um zu
beurteilen, ob ein Anbieter „kompetent“ ist?“
Auf die Spitze getrieben könnte das aber auch bedeuten: „Ich weiß nicht, welche
Alternativlösung (Abell, 1980, S. 196 ff.) mir am besten helfen könnte, meine Probleme
(Funktionen) zu lösen.“ ! Nicht umsonst sind aus ehemaligen Personalmarketing-
agenturen, die vorher mit dem Schreiben von Software keine Berührungspunkte hatten,
BMS-Anbieter hervorgegangen (z. B. »Milch & Zucker«). Das erklärt auch, dass Anbieter
wie der Personalberater »Unique« teuer Leistungen verkaufen, die eine BMS spielend um
einiges effizienter abbilden könnte. Der verunsicherte Personaler aber vertraut der
»Kompetenz« dieses Anbieters zunächst scheinbar mehr, als der eines Unternehmens mit
Wurzeln im »personalfernen« Softwarebereich (vgl. auch S. 16, Alternativanbieter).
Daraus ergeben sich folgende (teils latente) Wünsche bezgl. eines Lösungsanbieters:
Brand Insight Fachliche Ebene
Erwartungen an HR-Know-how (Antizipieren von Kundenwünschen und Entwicklungen im
einen »Problem- Personalbereich sowie Beherrschung einer gleichen Sprachbasis)
lösungsanbieter« ständiges Impulsgeben
Proaktive Zusammenarbeit (Nicht nach dem Mund reden,
An die Hand genommen werden)
Professionelle Ebene
Schnelle, ausgiebige und transparente Informationen;
persönliche Betreuung, feste Ansprechpartner
„Ich fühle mich dann sicher, wenn mir ein Anbieter nicht das erzählt, was mir alle erzählen
und ich merke, dass er mich anleitet, ohne mir Anleitungen zu geben.“
Product Insight „Ich möchte ein System, das meine Recruitingprobleme von heute löst und die von
Anforderungen an morgen kennt.“
eine BMS (sofern sie als Keinen Aufwand ! nichts lernen müssen (mglst. keine Schulungen); Individualisierbarkeit
eine Lösungsalternative und Flexibilität der Software; Schnittstellen zu anderen Systemen;
für oben beschriebene
Probleme realisiert wird)
Tabelle 2: Komprimierte Darstellung wesentlicher Insights (Schmiedgen u. a., 2009, S. 81-83)
- 13 -
14. Bachelor Thesis
3.2 Value Proposition
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Was ist unser Markt?
Was bieten wir dem Markt an? Was will der Markt?
Welche Kundenbedürfnisse deckt jedes Nutzenversprechen ab?
Bieten wir den verschiedenen Kundensegmenten unterschiedliche Servicelevel an?
Nachdem wir also die Kundensegmente und ihre Bedürfnisse identifiziert haben, widmen
wir uns im Folgenden dem Angebot, das Softgarden ihnen für deren Befriedigung
offeriert.
Osterwalder empfiehlt hier, für jedes Kundensegment zu ermitteln, welches
Nutzenversprechen Softgarden ihm abgeben kann oder besser noch, gemäß ihrer
Bedürfnisstrukturen sollte. Da wir unsere Kundengruppen bereits kennen und nun um
die Perspektive Bedürfnisse (hier Kundenfunktionen) erweitern, sind wir schon beim
zweiten Schritt einer Marktdefinition nach Abell (Abell, 1980) angelangt. Für Herrn
Faber und mich bestand die Herausforderung zunächst darin, die vielen ermittelten
Kundenfunktionen bzw. -bedürfnisse in sinnvollen Gruppen mit einem vertretbaren
Abstraktionsgrad zu aggregieren. Unser Vorgehen stellte sich daher wie folgt dar:
1) Die aus unserer Forschung vorliegenden Erkenntnisse, über die derzeitigen
Kundenbedürfnisse sowie die von Softgarden antizipierten zukünftigen Bedürfnisse1
(Schmiedgen u. a., 2009, S. 68-84) nutzen wir, um sie 2) zunächst alle ungeordnet
aufzulisten. 3) Diese Aufstellung wiederum clusterten wir gemeinsam in übergreifende
Nutzen- bzw. Funktionskategorien. 4) Die entstandenen Kategorien dienten uns dann als
Funktionen für eine Marktbestimmung im Abellschen Sinne.
Das Ergebnis unserer Bemühungen ist in »Tabelle 3« abgebildet. Interessanterweise gibt
es kaum Unterschiede zwischen den Kundensegmenten. Für beide sind die Funktionen
»Kostenreduktion«, »HR-Prozessoptimierung«, »Imageaufbau intern und extern« sowie »HR-
Controlling und Reporting« entscheidungsrelevant, wobei letzteres beim Mittelständler
derzeit noch eine eher untergeordnete Rolle spielt (daher die hellgraue Färbung in der
Tabelle).
Über allen Funktionen schwebt latent das Problem der Unsicherheit der Personaler bezgl.
möglicher Lösungsalternativen. So wissen sie oft nicht, wie sie die Funktionen
»Imageaufbau« oder »Prozessoptimierung« am besten lösen sollen oder wer ihnen dabei
1
Die »Erschließung neuer Recruitingkanäle« als Funktion mussten wir bewusst außen vor lassen, da dies eine Status-quo-
Betrachtung unnötig verkompliziert hätte und sich die Kunden derer Dringlichkeit derzeit ohnedies noch nicht gewahr sind
(Schmiedgen u. a., 2009, Kap. Verdichtung in Insights).
- 14 -
15. Bachelor Thesis
helfen könnte. Daher resultiert aus der Unsicherheit noch ein weiteres starkes (obgleich
auch oft latentes) Bedürfnis nach »Führung und Orientierung« (vgl. Bedürfnis des
»AndieHandNehmens«, Schmiedgen u. a., 2009, S. 66). Sie wünschen sich von einem
Lösungsanbieter Impulse und ein tiefgreifendes Verständnis für ihre Probleme. Dies
beinhaltet auch das »Verständnis von Bewerberbedürfnissen, -verhaltensweisen und -
mediennutzung«, über die sie mehr erfahren wollen. Da eine solche
»Impulsgebungsfunktion« quasi über allen anderen Funktionen darüberschwebt und sich
auf alle Aspekte dieser bezieht, haben wir sie nicht explizit mit aufnehmen können. Sie
kann aber als nächsthöherer Abstraktionsgrad der vier Kundenfunktionen gesehen werden
(vgl. auch »Mission Statement« auf S. 19).
Kundenfunktionen Kundengruppen
Konzern Mittelständler
Kostenreduktion
Matching (evaluieren eines Bewerbers gegen eine Kriterienliste)
Offene Stellen schnell besetzen
HR-Prozessoptimierung
Administrative Entlastung des operativen Personalgeschäftes
(HR-Routineaufgaben über ICT automatisieren)
Zeit sparen
Erhöhung der Reaktionszeiten
Arbeitsworkflow mit Fachbereichen verbessern (z. B. zentrale
Verwaltung Bewerberhistorie über gesamtes Unternehmen)
Vereinfachung der Personalbeschaffungsprozesse
(Online-)Stellenanzeigen erstellen
(Online-)Stellen schalten (gleichzeitig in mehreren Börsen)
Bewerberpool anlegen (leicht pflegbar)
Stellen intern verwalten (inkl. verbesserte interne Suche)
HR-Controlling und Reporting
Sichtbarmachen von HR-Leistungen
innerhalb des Unternehmens
Effizienzpotentiale aufdecken
Imageaufbau intern / extern
extern: Unternehmen gegenüber den Bewerbern
intern: Personalabteilung innerhalb des Unternehmens
Aufwertung Employer Image über die Nutzung
von elektronischen Bewerbungskanälen
neuen Branchenstandards entsprechen wollen
Corporate Identity / Corporate Design-Standards verankern
Tabelle 3: Kundengruppen- / Kundenfunktionsmatrix (Eigene Darstellung nach Abell, 1980)
Da eine Betrachtung der Value Proposition nicht losgelöst vom Wahrnehmungskontext
der Personaler vorgenommen werden kann, ist primär weniger die Frage interessant, wer
nun direkte oder indirekte Wettbewerber für Softgarden sind, sondern auf welche Art
- 15 -
16. Bachelor Thesis
und Weise die Kundengruppen oben beschriebene Probleme/Funktionen noch glauben
lösen zu können. Wenn wir das wissen, können wir Rückschlüsse ziehen, warum unser
Angebot evtl. nicht attraktiv genug ist oder an welchen Stellen wir es noch nicht explizit
und verständlich genug kommunizieren. Vor diesem Hintergrund lohnt nun auch die
Durchführung des dritten Schritts einer Marktanalyse nach Abell: Die Betrachtung
möglicher Lösungsalternativen.
Abbildung 4: Der »Markt« von Softgarden (Eigene Darstellung nach Abell 1980, S. 191-198)
Alternativdienstleister für die Erfüllung jeweils mind. einer der vier identifizierten
Hauptfunktionen aus Sicht der Kunden könnten sein:
1) Andere Anbieter von BMS, 2) Personalberatungen, -beschaffer oder -headhunter (z. B. von
Unique über Kienbaum bis Hays) sowie Personalmarketingberater (TMP), die alle große
Überschneidungen in ihrem Leistungsportfolio aufweisen, weswegen wir sie in einer
Gruppe verdichtet haben, 3) Personalorganisations und –prozessberater (Dr. Gerke) sowie
4) Werbe- und Kommunikationsagenturen (DEBA – Deutsche Employer Branding
Akademie, Interactive Tools). Die Alternativen »Inhouse lösen (Selber machen)« oder
»Unternehmensberatung« werden sehr selten in Betracht gezogen und sind daher hier
zunächst außen vor gelassen.
Erweitert um diese Perspektive muss Softgarden, wie »Abbildung 4« zeigt, im Relevant-
Set seiner Kunden nun gegen Lösungsalternativen antreten (vgl. »Themenwettbewerb«,
Schmiedgen u. a., 2009, S. 92-97), die gar keine BMS anbieten. D. h. der »Markt«,
respektive der Lösungsraum für die einzelnen Kundenbedürfnisse ist größer als man hätte
zunächst vermuten können. Legt man dem noch die Annahme zugrunde, dass sich die
Kunden in einem gewissen Maße irrational verhalten, spricht nichts dagegen, dass sie z.
- 16 -
17. Bachelor Thesis
B. Aufgaben, wie das »gleichzeitige Schalten von Anzeigen in Onlinestellenbörsen« statt
von einer hocheffizienten und relativ gesehen, kostengünstigen Softwarelösung wie
»Softgarden Jopo« von einem Dienstleister erledigen lassen, der die Schaltung händisch
mit viel Personal vornimmt1.
Das bedeutet, Softgarden muss gegenüber seinen Kunden auf Augenhöhe mit diesen
Wettbewerbern kommunizieren. Und dies, obwohl diese aus Kundensicht viele Jahre
mehr an Erfahrung haben und vom Leistungsportfolio eher »personalnah«
wahrgenommen werden als Softgarden mit seinem IT-Background. Möchte man nun
also die derzeitige Organisationskommunikation von Softgarden analysieren und die
Neuformulierung der Softgarden-Value Proposition verstehen, muss dies immer vor
diesem Hintergrund geschehen.
Um die Frage nach der Marktdefinition und daraus resultierender Value Proposition nun
abschließend klären zu können, müssen lt. Abell noch die folgenden vier Faktoren
berücksichtigt werden: 1) Was könnte das Unternehmen aus der Betrachtung von
Umfeldgelegenheiten tun? 2) Was kann es tun im Bezug auf Fähigkeiten und Ressourcen?
3) Was will es (meist zunächst das Management) tun im Bezug auf persönliche und
kollektive Werte? 4) Was sollte es im Sinne von weiter gefassten ethischen und
gesellschaftlichen Überlegungen tun? Für ein besseres Verständnis der Value Proposition
sollen die ersten drei Fragen2 im Folgenden kurz beantwortet werden.
1 – Umfeld
Neue Technologien ändern das Bewerberverhalten und somit geltende Regeln und
Standards im Markt für Personalbeschaffung – et vice versa – rapide und irreversibel (vgl.
Schmiedgen u. a., 2009, Kap. 4.4 Markt- und Umfeldanalyse). Softgarden hat schon früh
erkannt, dass dieser Strukturwandel eine Chance ist und möchte seinen Kunden a)
Orientierung in einem sie verunsichernden Umfeld geben, b) ihnen neue innovative
Zugänge zu Bewerbern schaffen und an Orten rekrutieren, wo noch gestern niemand
einen potentiellen Mitarbeiter vermutet hätte, oder dieser für eine Anwerbung
unerreichbar gewesen wäre. »Tabelle 4« zeigt einen beispielhaften Ausschnitt dieser neuen
Regeln, derer sich viele Personaler teilweise noch gar nicht gewahr sind und für die
Softgarden bereits jetzt Lösungen antizipieren muss.
1
Das Beispiel ist aus der Praxis. Unter anderem verdient damit die Personalberatung »Unique« ihr Geld. Die Personaler in den
Unternehmen haben teilweise noch Berührungsängste oder fehlendes techn. Wissen im Umgang mit webbasierten Stellenschalten.
Unique übernimmt diese daher Schaltung mit eigens dafür abgestellten Mitarbeitern, die dies händisch vornehmen und dem
Kunden pro Schaltung vergleichsweise kostenintensiv in Rechnung stellen.
2
Abells vierter Einflussfaktor für die Business Definition trifft für Softgarden nur begrenzt zu, da das Unternehmen sehr klein ist.
Lediglich die Ansprüche seiner Stakeholder (vgl. Schmiedgen u. a., 2009, S. 37) und gesetzliche Rahmenbedingungen (z. B.
Datenschutzbestimmungen o. ä.) beeinflussen den Handlungsspielraum des Anbieters, können aber hier nicht en détail erläutert
werden.
- 17 -
18. Bachelor Thesis
Recruiting Strategies
Old Strategies New Strategies
Paid job boards Search engines (Google, Yahoo!);
Job aggregators (Simply Hired, Juju)
Employee referrals Social networks (Facebook, Myspace, LinkedIn)
Headhunters Research portals (ZoomInfo, Jigsaw)
One-time applicant use Passive candidates; Past applicants; Boomerang hires
Web-only response Mobile candidate capture (text messaging, voice apply)
Results not measured Total recruitment analytics
Tabelle 4: Vergleich alte vs. neue Recruitingstrategien
(Quelle: http://www.jobs2web.com/what-we-do/ (Unbekannt, Zugriff am 02.06.2009))
Für die Formulierung einer Value Proposition als Messlatte für die Bewertung der
Organisationskommunikation bedeutet das: Softgarden muss seinen Kunden das Gefühl
geben, für sie voraus zu denken, aber gleichzeitig ihren derzeitigen Problembewusstseins-
und Wissensstand in der Ansprache berücksichtigen.
2 – Fähigkeiten und Ressourcen
Die über unsere Marktforschung ermittelten Kundenfunktionen, marktbeeinflussenden
Umfeldfaktoren und Trends sind die eine Seite der Medaille, man könnte hier sagen, die
Seite des »Market-based Views«. Für das Abgeben eines Werteversprechens allerdings
sollte auch die Seite des »Resource-based Views« betrachtet werden, um die Frage zu
beantworten, ob das Unternehmen überhaupt in der Lage ist, auf diese
Herausforderungen zu reagieren. Aus Gründen der Straffung dieser Arbeit wird auf eine
Analyse der Ressourcen an dieser Stelle verzichtet. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass
diese auf S. 33 unter Punkt »3.6 Schlüsselressourcen« noch einmal vorgenommen wird,
allerdings unter geringfügig anderen Prämissen.
3 – Vision, Mission
Neben Marktchancen und ggf. branchenstrukturellen Zwängen gibt es natürlich noch
andere treibende Kräfte für die Formulierung des Angebotszuschnitt eines Unternehmens:
z. B. persönliche Ziele und Werthaltungen von Mitarbeitern und Management sowie die
Erwartungshaltungen der wichtigsten Stakeholder (vgl. Schultz, 2007, S. 49 ff.). So
formuliert z. B. Softgarden seine Vision folgendermaßen: „Wir wollen Innovationsführer
auf dem deutschen – zukünftig auch internationalen – eRecruitingmarkt werden: Softgarden
soll auch in Zukunft bereits heute die Personalbeschaffungsprobleme von morgen lösen. Wir
beabsichtigen damit unsere Tradition fortzusetzen, der »Blaupausenschreiber« für progressive
eRecruiting-Software in unserem Segment zu sein.“ (Schmiedgen u. a., 2009, S. 104) Dieser
Anspruch äußert sich auch im Mission Statement des Unternehmens:
- 18 -
19. Bachelor Thesis
Mission
Ein Unternehmen, das es gar nicht geben dürfte, das
eRecruiting-Probleme löst, die noch gar nicht existieren.
Mit Zuhören, Imagination, technischem Know-how sowie Liebe zum Detail überraschen
wir unsere Kunden immer wieder aufs Neue und zeigen ihnen neue Effizienzpotentiale im
eRecruiting auf, dass sie sich fragen, wie sie noch gestern ohne unsere Ideen
auskommen konnten.
Abbildung 5: Mission von Softgarden (Schmiedgen u. a., 2009, S.105)
Hier zeigt sich wieder stark die Funktion des »Impulsgebens«, aus der sich die anderen
vier Kundenfunktionen ableiten. Softgarden zeigt seinen Kunden, wie moderne Bewerber
heute und morgen »ticken«, schafft innovative Zugänge i. S. neuer Kanäle zu ihnen
(Impulsfunktion, Prozessoptimierung), zeigt auf, wie diese neuen Zugänge effizient
genutzt (Prozessoptimierung, Kostenreduktion) und getrackt werden können
(Controlling und Reporting). Und all dies führt letztendlich zu besseren, qualifizierteren
Bewerbungen und einer Wertsteigerung der »Employer Brand«.
Ableitung der Value Proposition von Softgarden
Im Rahmen des Kommunikationsprojektes haben wir daher all diese Nutzen in einer
zentralen Value Proposition gebündelt:
Softgarden ist der eRecruitingpionieer, der schon heute die technologischen Brücken der
Zukunft baut, auf denen ich1 mit meinen Bewerbern von morgen zusammenfinden kann.
Abbildung 6: Value Proposition von Softgarden (vgl. Schmiedgen u. a., 2009, S.113)
Die Art und Weise, in der Softgarden dieses Versprechen gewährleisten will und gemäß
unserer Forschung auch sollte, ist von Attributen wie überraschend, unaufgefordert,
antizipierend, verständnisvoll und innovativ gekennzeichnet. In allem müsste nach den
Wünschen der Personaler auch fundiertes HR-Wissen impliziert sein. Diese Punkte
stellen daher Prüfsteine dar, die die Value Proposition begleiten.
Ein unterschiedliches Wertversprechen für unsere Kundengruppen »Konzernpersonaler«
und »Personaler Mittelstand« haben wir nicht formuliert, da die Bedürfnisstrukturen sich
nur marginal unterscheiden (z. B. bezüglich der Funktion »Controlling und Reporting«).
1
Hier: »Der Personaler«
- 19 -
20. Bachelor Thesis
Die Value Proposition wurde nach dem Kommunikationsprojekt anschließend auch in
einem neuen Claim zusammengefasst, der die alte Tagline „Softgarden – eRecruiting
solutions“ ersetzt. Er lautet „Softgarden ...won’t believe it’s eRecruiting!“ und soll oben
genannte Punkte verdichtet kommunizieren.
Die Erarbeitung der Value Proposition ist nun zwar abgeschlossen, aber „[...] selecting a
new value proposition does not guarantee success. Managners need to re-architect the
organizational system in ways that allow them to effectively deliver the value proposition,
and create a unique defensible position.“ (Kambil, Ginsberg, & Bloch, 1996, S. 30). Das
heißt, das Versprechen kann nur garantiert werden, wenn die anderen Komponenten
eines Business Designs auf sie ausgerichtet werden (können). Kambil, Ginsberg & Bloch
sprechen hierbei z. B. von einer »Value Architecture«, bestehend aus den drei
Komponenten »Organisationsstruktur und –prozesse«, »Technologie« sowie »Führungsstil
und Kultur« . Auch Knox, Maklan & Thompson integrieren in ihrem Konzept der
UOVP (Unique Organization Value Proposition) das gesamte Auslieferungssystem und
Channelmanagement eines Unternehmens (vgl. Knox, Maklan, & Thompson, 2000, S.
147), um sicherzustellen, dass das Versprechen eingelöst werden kann: „In essence, the
UOVP brand is the organization’s visible set of credentials throughout the supply chain.“
(Knox u. a., 2000, S. 140) Sie fordern für den Fall einer Änderung der UOVP daher
konsequenterweise auch das Re-Engineering jener Teile der Business Designs, die von ihr
betroffen sind. Ergo – alles muss sich an der neuen Softgarden-Value Proposition messen
lassen. Um eine diesbezügliche Analyse etwas einfacher und übersichtlicher zu gestalten
und das Versprechen in den folgenden Abschnitten besser evaluieren zu können, ist es im
Folgenden noch einmal kurz »checklistenartig« in seine bereits oben genannten
Bestandteile gegliedert (vgl. auch »Softgarden Fremdbild-SOLL«, Schmiedgen u. a.,
2009, S. 111).
- 20 -
21. Bachelor Thesis
Abbildung 7: Softgarden Value Proposition Struktur (Eigene Darstellung)
Osterwalder empfiehlt, als letzen Schritt der Value Proposition-Analyse pro
Wertversprechen noch die zugehörigen Produkt- und Servicebündel zu beschreiben. Für
die Stand-alone Softwarelösungen ist dies recht einfach, da sie jeweils einer oder zwei der
vier Kundenfunktionen zugeordnet werden könnten (z. B. die Trackingsoftware »Jobtric«
zu »Controlling und Reporting«). Allerdings sind sie so neu, dass sie in eine Analyse des
Status-quo nicht mit einbezogen werden können. Die große Suite »Taloom« dagegen ist
schwerer zu fassen, umfasst eigentlich alle Kundenfunktionen und ihre Betrachtung
erlaubt gute Rückschlüsse bezüglich der Erfüllung von Versprechen auf
Unternehmensebene. Deshalb greift diese Arbeit im Folgenden auch überwiegend auf
Erfahrungen mit dieser Software zurück.
Aus diesen Gründen verzichte ich an dieser Stelle auch auf eine erneute Beschreibung der
Produkte, ihrer derzeitigen (sowie zukünftigen) Servicelevel und auf die von Osterwalder
vorgeschlagene Detailaufgliederung der Value Proposition in Value Life Cycle, Value
Level und Price Level (Osterwalder, 2004, S. 50 ff.). Diese Elemente sollen ohnehin
indirekt in späteren Abschnitten kurz umrissen werden.
PROBLEME DES ANALYSESCHRITTES »3.2 VALUE PROPOSITION«
Marktdefinition
Die Value Proposition musste sinnvollerweise a) aus Kundensicht und b) im Kontext möglicher
Alternativlösungen betrachtet werden. Dafür erschien mir eine Betrachtung des Marktes nach
Abell auf den Seiten 15 ff. nötig. Wie bereits angerissen, bereiteten dabei folgende
Fragestellungen praktische Probleme: Wie detailliert stelle ich die Kundenfunktionen dar?
Welche Funktionen aggregiere ich? Welche nicht?
Für die Handhabung der Funktionen gibt Abell einige Tipps: „Functions have to be separated
conceptually from the way the function is performed (»technology«) and the attributes or
- 21 -
22. Bachelor Thesis
benefits that a customer may percieve as important criteria for choice“ (Abell, 1980, S. 170).
Lt. Abell gibt es daher drei Möglichkeiten der nicht zweideutigen Identifikation von Funktionen:
1) Impliziert die Ausführung der einen Aktivität bereits die Ausführung der anderen, so ist dies
eine komplementäre Funktion („Complementary Function“, Abell, 1980, S. 171) und kann
zusammengefasst werden.
2) Sind Funktionen »ähnlich«, können sie aggregiert werden, da es wahrscheinlich ist, dass ein
Produkt (eine Lösung) beide ausführen kann. (Abell, 1980, S. 171-172).
3) Haben Funktionen keinen Bezug zueinander – „such is the case when a customer has a
range of needs to satify, each of which is quite separate and different“Abell, 1980, S. 172) –
werden sie getrennt behandelt.
Um also der praktischen Probleme Herr zu werden, schlägt Abell vor, die Kundenfunktions-
dimension unter Berücksichtigung dieser drei Möglichkeiten kreativ zu segmentieren, um
Kundenbedürfnisse präziser befriedigen zu können. Mir hat dieser Rat, speziell das komplexe
State-of-the-Art-Softwarethema betreffend, wenig geholfen, da eine Suite wie Taloom so viele
Kundenfunktionen erfüllt, dass man diese gar nicht mehr übersichtlich darstellen kann.
Außerdem fragt sich, ob die Art des Produktes nicht schon eine Kundenfunktion darstellen
kann (z. B. die Funktion »IT-gestützte Abbildung von Personalprozessen«). Auch haben wir aus
Rücksichtnahme auf die Nicht-IT-Alternativlösungen die Funktionsdimension dergestalt
gegliedert, dass die Funktionskategorien über viele Lösungsanbieter aus Personalersicht
vergleichbar werden. Auf einer Funktionsebene, die ihren Schwerpunkt mehr auf IT legen
würde, wären wir auf der Achse Alternativlösungen zu einem ganz anderen
Wettbewerbsumfeld gekommen. Dann hätte sich nämlich die Kategorie »BMS-Anbieter« feiner
ausdifferenziert, z. B. grob in »ERP-Gesamtlösungen«, »HR-Gesamtlösungen«, »HR-
Teillösungen« (z. B. Stand-alone Produkte) usw. Ergo mussten wir für eine handhabbare
Betrachtung der komplexen Materie einige Reduktionsentscheidungen treffen und Optionen
ausblenden. Die einzigen Grundlagen, die uns dafür zur Verfügung standen, waren unsere
Forschungsergebnisse und Herrn Fabers Erfahrung.
Formulierung der Value Proposition
Nachdem wir die Funktionen und Alternativlösungen ermittelt hatten, gingen die
Schwierigkeiten weiter. Streng genommen steht nämlich bereits jede Funktion für eine Value
Proposition – sogar einzelne Unterkategorien der Funktionen (siehe S. 15) könnten die
Bedürfnisse weiter Teile der Softgarden-Kundengruppen befriedigen. Im Umkehrschluss
könnte dies bedeuten, dass die Kundengruppen hätten weiter ausdifferenziert werden können
was aber nicht praktikabel gewesen wäre, da dies eher etwas mit dem spezifischen Customer-
Life-Cycle der einzelnen Kundensegmente zu tun hat: So wird ein »Personaler Mittelstand«, der
vorerst nur die Funktion des »Multipostings« nutzt, früher oder später auch Bedürfnisse für
weitere Funktionen wie »Tracking / Erfolgskontrolle« entwickeln. Osterwalder schreibt dazu
„[...] a segment may have several value propositions. A value proposition may be offered to
several segments [...]“ (Osterwalder, 2007, S. 11). Da die Software mehr oder weniger modular
ist, hätte somit jedes Segment verschiedenste Nutzenversprechen, je nach dem, welche
Funktionen (hier im wahrsten Sinne des Wortes) es gerade benötigt. Das heißt, die Value
Proposition auf Produktebene besteht aus einem Bündel an Nutzenversprechen und die
einzelnen Produkt-Value Propositions wiederum ergeben dann das etwas abstraktere
Wertversprechen auf Unternehmensebene.
- 22 -
23. Bachelor Thesis
3.3 Kanäle
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Durch welche Kommunikations- und Vertriebskanäle ereichen wir unseren
Markt bzw. promoten und liefern wir unsere Nutzenversprechen aus?
Wie gut funktioniert jeder Kanal bzw. wie teuer oder kosteneffizient ist er im einzelnen?
Durch welche Kanäle erreichen wir unsere definierten Kundensegmente?
Nachdem die Betrachtung der Value Proposition abgeschlossen ist, gilt es, die
Kommunikations- und Vertriebskanäle zu ermitteln, die Softgarden nutzt, um sein
Nutzenversprechen auszuliefern.
Eine Unterscheidung von Kanälen für die beiden Softgarden-Kundensegmente gibt es bis
dato nicht. Zukünftig ist dies zwar im Hinblick auf das Massengeschäft mit kleineren
KMU’s geplant (z. B. »Premium-Hotline« vs. »Selbsthilfe im Forum«), kann aber für
diese Analyse vernachlässigt werden.
Interessant dagegen ist die Frage, über welche Kanäle die Kundensegmente von
Softgarden denn bedient werden wollen und wie es de facto derzeit geschieht. So äußerten
viele Personaler in unserer Projektforschung ganz konkrete Vorstellungen darüber, wie sie
sich eine Zusammenarbeit mit Softgarden wünschen. Speziell die Informationspolitik des
Unternehmens z. B. beim Auswechseln von Ansprechpartnern, bezüglich »heimlicher«
Softwareupdates oder andere kritische Punkte in der Zusammenarbeit wurden bemängelt.
Hier wünschten sie sich, z. B. Newsletter nicht nur für Marketingzwecke zu nutzen
sondern auch als Ankündigungstool für Releasewechsel, Updates oder andere
Neuigkeiten. Auch tiefergehende Informationen zur Bedienung der Software
(Handbuchproblematik), FAQ-Listen oder andere mehrwertsteigernde Dienste (die in
den Augen der Befragten allerdings »Selbstverständlichkeiten« darstellen) werden
schmerzlich vermisst und u. a. ganz konkret speziell für die Sales und After Sales-Phasen
auf der Website erwartet. Für die Organisationskommunikation von Softgarden bedeutet
dies, dass die Möglichkeiten einiger Kanäle nicht oder nur teilweise ausgereizt werden.
»Tabelle 6« auf S. 29 stellt alle von Herrn Faber und mir ermittelten Kanäle kurz dar und
zeigt auf, welcher Kanal welchen Schwerpunkt in den Phasen des »Customer Buying
Cycle« und somit auch dem »Value Life Cycle« (vgl. Osterwalder, 2004, S. 67) legt. Um
die Bedeutung einer Kanaloptimierung für die Organisationskommunikation
herauszuarbeiten, wird im Folgenden exemplarisch eine kurze Detailuntersuchung der
Website vorgenommen.
- 23 -
24. Bachelor Thesis
- 24 -
Tabelle 5: Kommunikations- und Vertriebskanäle von Softgarden (Eigene Darstellung nach Osterwalder, 2009)
Legende: ! = ungenutztes Potential lt. Forschung | ! = derzeit keine Nutzung in dieser Phase | " = Nutzung in dieser Phase
25. Bachelor Thesis
Die Softgarden Website
Wie »Abbildung 8« zeigt, kann jeder Kanal verschiedene Aufgaben über den »Customer
Buying Cycle« wahrnehmen. Ziel muss daher sein, zunächst zu ermitteln, welche Kanäle
von unseren Kundengruppen präferiert werden, wie diese untereinander und mit
Kundenroutinen integriert sein sollten und wie sie kosteneffizient bewirtschaftet werden
können. Auf Basis dieser Informationen kann der richtige Mix oder besser der richtige
Zuschnitt an Kanälen gewählt werden, um die Value Proposition(s) am Markt zu
platzieren und zu erfüllen. Dabei gilt: „The art is to find the the right balance between the
different types of channels, to integrate them in a way to create a great customer
experience, and to maximize revenues.“ (Osterwalder, 2009) Die richtige Balance betrifft
auch die Überprüfung auf mögliche Channelkonflikte (Beispiel: »Direktvertrieb über die
Website« kannibalisiert »Händlergeschäft«), die aber bei Softgarden nicht vorliegen, da
das Unternehmen größtenteils ohnehin von TMPs Vertriebsteam abhängig ist (vgl. S. 36
! Pre-Sales) und dies auch explizit so wünscht.
Abbildung 8: Customer Buying Cycle und Kanalfunktionen (Osterwalder, 2004, S. 67)
Betrachtet man nun die Website www.softgarden.de (Stand: 01.07.2009) als
offensichtlich wichtigsten Kanal des Unternehmens, fällt auf, dass sich sowohl derzeitiges
Themenspektrum als auch hinterlegter Content lediglich auf die Phasen Awareness bzw.
ein wenig auch Evaluation beziehen. Für erstere sollen eine werbliche Ansprache und
kurze Präsentation von Unternehmen und Produkten sorgen, für letztere die
Downloadmöglichkeit von Case Studies und einiger Kundenzitate. Die Kauf-,
Implementierungs- und Nachkaufphase werden, wie auf der Vorseite in »Tabelle 6«
dargestellt, weder durch Materialien noch durch zur Verfügung gestellte Funktionen
abgedeckt. Allerdings stellen gerade diese Phasen die kritischsten Schritte dar, in denen
wesentliche Teile der neuen Value Proposition wie »An die Hand nehmen«, »Führen«,
»Proaktiv sein« oder gar »Überraschen« erfüllt werden müssen. Ein Kunde könnte sonst
schnell zu einem Gedanken á la „Wenn Softgarden mir schon keine Brücken baut, wie soll es
das dann zwischen meinen Bewerbern und mir schaffen?“ verleitet werden und
schlussfolgern: „Softgarden – won’t believe it’s Service!“. ! Welche Tools, Dokumente und
Funktionen den Kundengruppen Softgardens lt. Projektforschung in diesen Phasen
- 25 -
26. Bachelor Thesis
helfen könnten, wurde bereits kurz in der Projektmappe (Schmiedgen u. a., 2009, Kap.
6.10 Kontaktpunktanalyse) erörtert und ist nun detaillierter im Softgarden-
Onlinekonzept festgehalten (Schmiedgen, 2009). »Abbildung 9« zeigt einen Ausschnitt
relevanten Contents aus dem Onlinekonzept, den der Kanal beherbergen könnte. Die
Online-Nutzergruppen und ihr entsprechender Status entsprechen grob den einzelnen
Phasen des CBC: Vom Zufallsuser (Awareness) über den Rechercheuser (Evaluation) bis
hin zum angemeldeten Accountuser und Kunden (Purchase, After Sales).
Abbildung 9: Informationsbedarf der Softgarden-Webnutzergruppen (Schmiedgen, 2009, S. 9)
Die rot gerahmten Bereiche der Tabelle kennzeichnen jene Inhalte, die teilweise bereits
heute den Softgarden Kundengruppen über den Kanal »Website« zur Verfügung gestellt
werden. Alle anderen Bereiche und ihr Potential für den Beweis der neuen Value
Proposition liegen derzeit noch brach, obgleich das Medium geradezu prädestiniert1 dafür
wäre, diese Inhalte auszuliefern. Dies wird unter anderem sichtbar, wenn man sich einmal
die Mühe macht, die optimierte Website in einer »Channelstrategie« zu visualisieren und
somit auch auf ihre Integration mit den anderen Kanälen zu prüfen.
1
Es hält mit Bravour einer Prüfung aller Kriterien, die einen »guten« Kanal nach Osterwalder ausmachen, stand: Es ist
hochverfügbar und daher der Wunschkanal der Personaler. Es ist extrem kosteneffizient, hervorragend mit anderen Kanälen
integrierbar und lässt sich (da Softgarden nur Onlineprodukte vertreibt) hervorragend mit »Kundenroutinen« integrieren, da diese
ihre Aufgaben ohnehin online erledigen (müssen).
- 26 -
27. Bachelor Thesis
Abbildung 10: Skizzierter Ausschnitt einer möglichen Channelstrategie für Softgarden
(Eigene Darstellung nach Dolan, 2006; Osterwalder, 2004, S. 69 ff.)
Das Schaubild erhebt zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, erfüllt aber seinen
Zweck und zeigt bereits in diesem kleinen Ausschnitt die vielfältigen Möglichkeiten und
das Potential, das der Webseitenkanal bieten kann. Brächte man die Analyse der
einzelnen Kanäle nun zu Ende, so würde man lt. Osterwalder für jedes
Nutzenversprechen umreißen, über welche Kanäle es welchen Kundensegmenten
abgegeben bzw. eingelöst wird. Ich möchte es aber an dieser Stelle bei diesem Beispiel
belassen, da es m. E. genügt, um bestehenden Handlungsbedarf im Hinblick auf die
Optimierung der Unternehmenskommunikation zu illustrieren.
PROBLEME DES ANALYSESCHRITTES »3.3 KANÄLE«
Die Ermittlung der einzelnen Kanäle und ihre Funktionsweise über den »Customer Buying- und
Customer Life Cycle« stellte uns vor keine große Herausforderung. Problematisch wurde es,
als ich Herrn Faber bat, darzulegen welchen Gesamtbeitrag zum Funktionieren des
Geschäftsmodells jeder Kanal leistet und wie er im Hinblick auf Kosteneffizienz zu beurteilen
sei (womit wieder hätte überprüft werden können, welcher Wunschkanal der Personaler das
beste »Aufwand-Nutzenverhältnis« und somit eine hohe Bedeutung für die
Organisationskommunikation haben könnte). Ersteres ließ sich noch mit gesundem
Menschenverstand ermitteln, letzteres allerdings konnte Herr Faber mangels einer
verlässlichen Datenbasis nur grob schätzen. Eine genaue kennzahlengestützte Überprüfung
der Kanaleffizienz fand bis dato einfach nicht statt. Nur für die Website konnte er mir aus seiner
Erfahrung heraus sagen, dass sie nach »persönlichem Kontakt« der wohl effizienteste Kanal
sei. Zukünftig wird, wo technisch möglich, eine Erfolgsmessung der wichtigsten Kanäle über
»Referer-Fragebogen«, Trackingsoftware oder andere Methoden ermittelt. Ansonsten ist eine
Beurteilung nur über weiche Faktoren, wie Gefühl oder Erfahrung von Personen aus dem.
- 27 -
28. Bachelor Thesis
3.4 Kundenbeziehungen
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Welche Art von Beziehung erwartet jedes Kundensegment von uns und wie
sollte sie gepflegt werden? ! Welche Beziehungen haben wir bereits etabliert?
Wie zeit-, kosten- und ressourcenintensiv sind sie?
Wie integriert stellen sie sich mit dem Rest des Geschäftsmodells dar?
Eine weitere wesentliche Businessdesignentscheidung ist die differenzierte Ausgestaltung
des Beziehungsmanagements mit den identifizierten Kundensegmenten. Osterwalder
schlägt vor, hier zunächst pro Kundensegment zu untersuchen, welche Beziehungsarten
man für jedes Nutzenversprechen, das man abgibt, aufrechterhält. Jede so identifizierte
Beziehungsart wird, so empfiehlt er weiter, mit Informationen über Ressourcenintensität,
Zeitaufwendung und andere Kosten angereichert. Auch dies gestaltete sich bei Softgarden
als nicht so kompliziert, da a) derzeit beide Kundensegmente gleich behandelt werden
und b) eine bewusste Gestaltung von Kundenbeziehungen im Unternehmen praktisch
kaum vorliegt. Herr Faber berichtete von sporadischen Maßnahmen, wie dem
»Verschenken« bzw. kostenlosen Freischalten neuer Minifunktionalitäten in »Taloom«.
Als Beispiel führte er an, dass 2008 ein Newsfeed in das System integriert wurde, der alle
Änderungen in der Datenbank, Updates und Patches sowie Benachrichtigungen auf der
Startseite anzeigt. Der RSS-Feed wurde allen Kunden kostenlos in das System eingebettet
und per Newsletter angekündigt. Allerdings gab Herr Faber im gleichen Atemzug zu:
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft! (lacht) Aber der große Wurf ist so etwas
natürlich nicht. Bezogen auf unser Markenattribut »überraschend« ist das dann wohl auch
nur eine kleine Überraschung.“ (Faber, 2009) Als institutionalisierte Beziehungsart kann
dieses Beispiel daher nicht in die Analyse der Organisationskommunikation mit
einfließen.
Überhaupt konnten wir, wie in »Tabelle 6« zu sehen ist, nur drei Beziehungstypen
identifizieren: Schulungen, gebührenpflichtiger Support und eine Support-Flatrate. Weitere
typische Motivationen für die gezielte Gestaltung von Kundenbeziehungen, wie
Neuakquise, Kundenbindung, Absatzsteigerung (z. B. über Upselling) oder ganz einfach
die Erfüllung der Value Proposition über den gesamten Customer Buying- und Life Cycle
manifestieren sich derzeit bis auf »persönliche Assistenz« nicht in weiteren konkreten
Beziehungsarten (wie z. B. Self-Service, Automated Services, Communities, Co-Creation,
o. ä.).
- 28 -
29. Bachelor Thesis
Aktuelle Kundenbeziehungen bei Softgarden
Customer Equity Akquise Retention Add-on Selling
Beschreibung Softgarden möchte und muss seinen Kunden nach dem Kauf und der Testphase im Softgarden versucht jenen
Umgang mit seinen Softwareprodukten helfen. Die intensivsten Beziehungen Kunden, die eine kleine
bestehen daher während des Betriebs der Systeme zum (techn.) Support. Der Stand-alone-Lösung
Support ist somit die wichtigste Quelle für das Sammeln von Kundenbedürfnissen, gekauft haben, auch
deren Kenntnis wiederum die Funktionalität der Software prägt. 9
! Komplementärprodukte zu
vertreiben oder sie zu
einem Upgrade auf die
große Lösung »Taloom« zu
bewegen.
Name ! Schulung(en) 0900er-Hotline Premiumflat-Hotline !
Beschreibung des - Kunden, die nach Ende Kunden, die die Es gibt weder
Beziehungs- der Testphase ihre kostenpflichtige institutionalisierten
mechanismus Anliegen äußern Premium-Supportflatrate Rabbattsysteme, -
möchten, müssen dies zu ihrer Software gebucht schlüssel noch sonstige
! über eine kostenpflichtige haben, können in den Vorteile, um Erweiterung
Hotline vornehmen. Auch Geschäftszeiten jederzeit oder Upgrade attraktiv zu
der E-Mailsupport ihre Anliegen an das gestalten. Allerdings
unterliegt einem Unternehmen richten. werden individuelle
Abrechnungsschlüssel. Angebote verhandelt.
Begründung Die Recruiter und andere Die Kunden würden Wer Schwierigkeiten bei
Anwender (z. B. aus den sonst wegen jedem der kognitiven
Fachabteilungen) müssen Kleinstanliegen und aus Bewältigung der
an die Software, ihre Bequemlichkeit anrufen. Aufgabe, die Software zu
Besonderheiten und den ! Daher diese monetäre bedienen, oder aber
spezifisch eingerichteten Hürde, die die Hemm- wirklich viel
! Workflow heran geführt schwelle steigern soll, Beratungsbedarf hat, !
werden. Dies ist der zum Telefon zu greifen. dem wird empfohlen
einzige Zeitpunkt, an Wer trotzdem viel diesen Extraservice zum
dem Softgarden fast alle Beratung benötigt, für Festpreis mit garantierten
Anwender eines den gibt es das Angebot Erreichbarkeiten zu
Unternehmens einmal zu der nächsten Spalte. buchen.
Gesicht bekommt.
CBC-Phase(n) ! After Sales After Sales After Sales After Sales
Kanal ! Direktkontakt Support-Hotline Support-Hotline !
Akteur(e) ! Softgarden Softgarden Softgarden Softgarden
Zielkunde(n) ! Alle (nur Taloomnutzer) Alle Alle Alle
Tabelle 6: Customer Interface Softgarden (nach Osterwalder, 2004, S. 78)
In der Akquisephase wird, wie zu sehen ist, derzeit vorhandenes Potential, Beziehungen
aufzubauen, kaum genutzt, allerdings soll sich das lt. Herrn Faber ändern, wenn die
Stand-alone Produkte z. B. über Empfehlungsmarketing promotet werden und ein neues
Instrument, das sog. »White-Paper-Abonnement« eingeführt wird. Da das
9
Kunden die z. B. bereits die Multipostingsoftware »Jopo« nutzen, haben früher oder später auch Interesse an der Lösung für die
Erfolgskontrolle der Anzeigenschaltung über »Jobtric«.
- 29 -
30. Bachelor Thesis
Zukunftsmusik ist, lasse ich dies zunächst außen vor, weise aber erneut kurz darauf hin,
dass die kleinen Stand-alone-Tools einen Türöffnungscharakter haben sollen. Sie sollen
die Basis für a) Upselling-Bemühungen und b) die Grundlage für das Sammeln weiterer
Kundenbedürfnisse von vorher schwer erreichbaren Kunden sein, auf deren Fundament
weitere ausgefeiltere Tools angeboten werden können. Dies ist sogar erfolgskritisch für das
Unternehmen, da viele der derzeitigen Kunden »Taloom« eher als Interimslösung
einsetzen und der Markt für die großen Lösungen bereits aufgeteilt ist. Potentielle
Wechsler können also nur erreicht werden, wenn Softgarden mit seinen kleinen
Zusatztools einen signifikanten Mehrwert für diese Kunden generiert und eine darauf
basierende Beziehung strategisch intensiviert. Vor diesem Hintergrund fragt sich, warum
in der letzten Spalte in »Tabelle 6« kein diesbezügliches Programm aufgelegt wurde. Das
Up-Selling läuft eher spontan, ungeplant und ohne Ausrichtung auf die Value
Proposition.
Apropos Value Proposition, auch die Spalten drei bis fünf stellen eines klar deutlich dar:
Die im Nutzenversprechen verankerte »Proaktivität«, das »Impulsgeben« und die
»Überraschungsmomente«, aber auch das »AndieHandnehmen und Führen« sind in den
einzelnen Beziehungsarten kaum, meist eher gar nicht ausgeprägt. Softgarden tendiert
dazu, Kundenwünsche eher passiv aufzunehmen. Dabei ist es Usus, den Kunden seine
Wünsche so explizit formulieren zu lassen, dass es möglichst keine Übersetzungs- und
Verständnisprobleme mehr geben und 1:1 so programmiert werden kann, wie er es sich
wünscht. Dafür muss er meist auch noch doppelt bezahlen, nämlich für die Hotline und
die anschließende Entwicklung der Anfrage. Sehen so »aktives Antizipieren von
Kundenwünschen«, »Erfahrung« und »HR-Know-how« aus (vgl. auch Beziehungskritik
der Kunden in Schmiedgen u. a., 2009, Kap. 5.4 Das Markenbild von Softgarden) ?
Gerade im optimierteren Austausch mit den Kunden liegen daher die größten Chancen
für Softgarden, um seine Value Proposition(s) in die Tat umzusetzen.
Anknüpfungspunkte bestehen viele. Beispielsweise gibt es Kunden, die mangels Initiative
von Softgarden eigene Handbücher für die Software geschrieben haben. Warum sollte
man derlei Engagement nicht in moderierte Austausch- oder gar gemeinsame
Entwicklungsprozesse im Sinne von Co-Creation überführen können? Aber auch allein
ein simples Forum oder nutzergepflegte FAQ-Listen auf der Website (wie in »3.3 Kanäle«
beschrieben) könnten die kostenpflichtigen (da ressourcenintensiven) Beziehungsmodi
um »kundenfreundlichere« (hier Community bzw. Self-Service) ergänzen. Dies ist für ein
Softwareunternehmen mit »Pioniercharakter«, das »technologische Brücken« bauen
möchte, eigentlich eine absolute Selbstverständlichkeit.
Zwar hielt mir Herr Faber in unseren Interviews immer entgegen, dass speziell die
»Konzernpersonaler« keine Zeit haben, sich in Communities auszutauschen (daher die
schnelle Support-Flatrate mit festem Ansprechpartner), allerdings denke ich, dass dies
- 30 -
31. Bachelor Thesis
eine Frage der entsprechenden Anreize ist, die hier allerdings nicht diskutiert werden
kann. Zukünftig kommt Softgarden ohnehin nicht um eine Etablierung neuer
Beziehungsmodi, wie oben beschrieben, herum, da das Massengeschäft mit den
»Personalern Mittelstand« eine ganz andere Struktur aufweisen wird.
Fazit
Ich empfehle Softgarden dringend anhand seiner neuen Value Proposition(s) (vgl. S. 21)
alle Beziehungsarten, Kontaktpunkte und Kanäle zu seinen Kundensegmenten darauf zu
prüfen, ob sie die Versprechen auch adäquat einzulösen in der Lage sind und ggf. neue
Formen des Austauschs zu entwickeln. Eine Idee aus dem Kommunikationsprojekt wurde
z. B. vor dem Hintergrund der IT-Lastigkeit von Softgardens Personal und der daraus
resultierenden mangelnden Empathie gegenüber Personalerbedürfnissen geboren: Sie
sieht vor, für jeden Programmierer einen Paten auf Kundenseite zu finden, der ihn
periodisch einen Tag lang durch das Unternehmen und seinen Arbeitsalltag führt. Dabei
kann der Programmierer auch die Nutzung der Software im Alltagskontext der Personaler
beobachten. Dieser Beziehungsmodus, nennen wir ihn »Personalerpatenprogramm«, wäre
z. B. eine von unzähligen Möglichkeiten für die gewinnbringende Intensivierung und
Pflege von Kundenbeziehungen.
PROBLEME DES ANALYSESCHRITTES »3.4 KUNDENBEZIEHUNGEN«
Im Gespräch mit Herrn Faber stellte es uns vor Schwierigkeiten, abzugrenzen, was genau denn
eine Kundenbeziehung nun ist. So ist die »Schulung« streng genommen ein speziell
funktionierender Beziehungsmechanismus , der sich der Beziehungsart »Personal Assistance«
10
zuordnen lässt. Aber führt man die Schulung getrennt auf oder stellt man die Kategorie
»Persönliche Betreuung« im Ganzen dar, um ein umfängliches Bild zu erhalten? Wir haben uns
hier wie auch bei den eigentlich in eine gleiche Kategorie gehörenden »Hotlines« für eine
Einzeldarstellung entschieden, da uns diese praktikabler in der Anwendung erschien.
3.5 Revenue Model
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Was sind unsere Erlöszuflüsse?
Was sind die Erlöszuflüsse von jedem Kundensegment und jedem Nutzenversprechen?
Wie hoch ist der Beitrag der einzelnen Erlöszuflüsse prozentual zum Gesamtergebnis?
Nachdem die Kundenbeziehungen beleuchtet wurden, widmeten wir uns dem
Erlösmodell von Softgarden. Osterwalder unterscheidet grundlegend in zwei Arten von
Erlöszuflüssen: Zum einen nennt er »Transaktionserlöse durch Einmalzahlungen«
10
Die Beschreibung, welche Funktion die Beziehung auf welche Art und Weise erfüllt (Osterwalder, 2004, S. 73).
- 31 -
32. Bachelor Thesis
(Implementierung) und zum anderen »Regelmäßige Erlöse aus laufenden Zahlungen«
(Lizenzen, Support Fee). Softgarden nutzt beide Arten (Softgarden, 2009).
Die Pricing-Mechanismen bei Softgarden sind bewusst sehr einfach und transparent
gehalten. So gibt es keine marktkonditionenabhängigen Preise, die sich dynamisch
verändern könnten. Softgarden setzt lediglich auf zwei einfache Mechaniken:
1) Listenpreise für Produkte und Manntagessätze, die jährlich angepasst werden, sowie 2)
produktfeatureabhängige Preise, die sich je nach gebuchten Software(zusatz)-Modulen
gestalten.
Die Implementierung und das Customizing von Taloom im ersten Jahr eines Kaufes
machen derzeit noch ⅔ des Beitrages zum Gesamtergebnisses des Unternehmens aus. Die
restlichen ⅓ werden durch Lizenzgebühren der Folgejahre und die Stand-alone Produkte
eingenommen.
Im Bezug auf die Organisationskommunikation des Unternehmens und die Auslieferung
der Value Proposition(s) stellen sich bei einer Betrachtung des Ertragsmodells folgende
Fragen: Für was und wie bezahlen unsere Kunden derzeit? Wofür sind sie wirklich
willens, etwas zu entrichten und wie würden sie bevorzugen, zu zahlen? (vgl. Osterwalder,
2009) Ersteres wurde bereits oben kurz skizziert. Letzteres ist aber gerade im Hinblick auf
die Value Proposition spannend zu eruieren. Leider lagen zu diesem Thema aus unserer
Projektforschung keinerlei Ergebnisse vor. Aber die Frage trägt den Keim für
Ertragsmodellinnovationen in sich: So könnten Gebühren auch alternativ erhoben
werden, z. B. nach tatsächlich im System eingegangenen Bewerbungen (! zahlt dann ein
auf Wertversprechen »Kostenreduktion« / »Controlling und Reporting« / »überraschende
Ideen«). Im zukünftigen Massengeschäft mit der »kleinen Taloomlösung Peppertrace«
wird ein solches On-Demand-/On-Use-Preismodell lt. Herrn Faber vorraussichtlich eine
Rolle spielen und Multiposting wird z. B. nach Anzahl der geschalteten Stellenanzeigen
abgerechnet. Lediglich Extraleistungen wie Beratung und Live-Support werden dann
noch nach Stundensätzen berechnet.
So vielfältig die Möglichkeiten scheinen, so komplex ist eine Umsetzung im Detail.
Dieser kurze Anriss zum Thema soll daher zunächst genügen und sollte lediglich als
Denkanstoß dienen, auch den Spielraum des Ertragsmodells auf seine kommunikative
Funktion bzgl. unserer Nutzenversprechen zu prüfen.
- 32 -
33. Bachelor Thesis
3.6 Schlüsselressourcen
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Auf welche Ressourcen sind wir angewiesen zum Betrieb unseres Geschäftsmodells?
In welcher Beziehung steht jede dieser Ressourcen zu unserem Nutzenversprechen
und seinen zugehörigen Kundensegmenten, Kanälen und Beziehungen?
Für die Einlösung seiner Value Proposition(s) benötigt Softgarden diverse
geschäftskritische Ressourcen. Schlüsselressourcen können entweder Eigentum sein,
geleast oder durch Partner ergänzt werden. Sie können in eine physische, finanzielle,
intellektuelle oder personelle Kategorie eingeordnet werden. Im Folgenden sollen nach
diesen Bereichen kurz die Schlüsselressourcen Softgardens und ihre entsprechende
Bedeutung für die Value Proposition(s) dargestellt werden.
Physische Assets
Eines der für die Einlösung des Werteversprechens allerwichtigsten Assets von Softgarden
ist zweifelsohne seine Servertechnik. Die Live-Server stehen in einem hochverfügbaren
Rechenzentrum des Partners »Host Europe«, die Testserver bei Softgarden-Saarbrücken.
Die sonstige IT-Infrastruktur ist bis auf wenige Daten ebenso wenig erfolgskritisch wie
Büroausstattung und Softwarelizenzen. Mehr physische Assets besitzt das Unternehmen
nicht.
Intellektuell
Wichtige intellektuelle Schlüsselressourcen dagegen um so mehr: So gewinnt nach fast
fünf Jahren am Markt die Marke zunehmend an Bedeutung, da das Unternehmen
langsam bekannter wird. Speziell die Ergebnisse des Kommunikationsprojektes sollen nun
einen entscheidenenden Beitrag dazu leisten, die Marke als Schlüsselressource zu stärken.
Dies kann aber nur gelingen, wenn sich die neuen Markenversprechen in allen
Äußerungen und Taten des Unternehmens manifestieren, wie diese Arbeit zeigen soll.
Patente und Copyrights besitzt das Unternehmen zwar keine, aber dafür steckt Geistiges
Eigentum à 36 Mannjahre, à 1,5 Millionen Zeilen Programmcode in der Softgarden-
Software. Eine der wichtigsten Schlüsselressourcen – interessanterweise aber nicht die
Wichtigste, wie man auf den ersten Blick meinen könnte (siehe Kundendatenbank).
Aber auch Partnerschaften, wie z. B. im Vertrieb mit »TMP«, in der Texterkennung mit
»Textkernel« oder der Servertechnik mit »Host Europe« stellen Ressourcen dar, die
wertvoll und bis auf »Host Europe« schwer zu kopieren sind (vgl. »3.8 Partner Netzwerk«,
S. 41 ff.).
- 33 -
34. Bachelor Thesis
Die wertvollsten intellektuellen Ressourcen stellen zweifelsohne die Bewerberdatenbanken
der Kunden11 dar, die Softgarden – soweit datenschutzrechtlich unbedenklich – für
anonyme Auswertungen, Statistiken oder gar für eigene passive Bewerberdatenbanken
nutzen könnte. Bisher haben Datenschutzfesseln eine solche Nutzung verhindert, aber
evtl. könnte zukünftig daraus ein neues Geschäft erwachsen. Die Datenbanken sind damit
die einzige Ressource, die nicht ohne weiteres (wie z. B. die Programmierung) ersetzt
werden könnte (und zwar sowohl für die Kunden als auch für Softgarden) und die auch
nicht zugekauft werden kann. Sie könnte z. B. als Grundlage für
Bewerberforschungsvorhaben genutzt werden (! aufzeigen, »wie die Bewerber ticken«).
Die Ergebnisse dieser Forschung in White Papers publiziert trügen wiederum zur
Erfüllung der Value Proposition bei. Aber auch dies ist noch Zukunftsmusik.
Human(kapital)
Auf der Seite der sog. Human Resources gibt es drei bis vier Hauptakteure/ -gruppen, die
erfolgskritisch sind für die Erfüllung der Value Proposition: 1) Die Entwickler Stefan
Schüffler (GF Konzeption / F&E) und Andreas Kaster (Senior Programmer Taloom), der
allerdings mit gewisser Vorlaufzeit ersetzbar wäre (Faber, 2009). 2) Der Ideen- und
Innovationsgarant Dominik Faber (GF Strategie / Innovation). 3) Die einzige Person, die
neben Herrn Faber tiefere Einblicke in die Bedürfnisstrukturen der Personaler hat und
ein gewisses HR-Know-how besitzt: Norman Zander (Support / Implementierung).
4) Und zu guter letzt die Kunden, die sowohl als Ideenlieferanten dienen und die sich
regelmäßig zu freiwilliger Marktforschung zur Verfügung stellen (siehe Kernprozess »06 –
Pilotprojekte und Produktneuentwicklungen« auf S. 37 und 49 ! Erst verkaufen, dann
bauen).
Finanziell
Das Managen finanzieller Assets entfällt lt. Herrn Faber bei Softgarden weitestgehend, da
kaum Projekte vorfinanziert werden, sondern alle Produkte auf Kundenkosten entwickelt
werden (siehe Kernprozess »06 – Pilotprojekte und Produktneuentwicklungen« auf S. 37
und 49 ! Erst verkaufen, dann bauen).
Fazit
Eine isolierte Betrachtung der Schlüsselressourcen erscheint mir nicht zweckmäßig. Sie
müssen sinnvollerweise gemeinsam mit dem Schritt »Schlüsselaktivitäten« identifiziert
und zugeordnet werden. Erst dann werden ihre jeweiligen Bedeutungen sichtbar und es
zeigt sich, wo welche Ressource stark mit Prozessen verknüpft ist, die entscheidend zur
Einlösung der Value Proposition beitragen.
11
Derzeit sind fast zwei Millionen Bewerberprofile in den Datenbanken erfasst. Die Hälfte davon nicht älter als zwei Jahre.
- 34 -
35. Bachelor Thesis
3.7 Schlüsselaktivitäten
ZU BEANTWORTENDE SCHLÜSSELFRAGEN
Was sind die Hauptaktivitäten die wir durchführen um unser Geschäftsmodell zu betreiben?
Für welche Nutzenversprechen, Kanäle oder Beziehungen leisten sie einen Beitrag?
Welche Schlüsselressourcen liegen ihnen zu Grunde?
Welche Schlüsselaktivitäten müssen wir für die Einlösung unserer Value Proposition(s)
durchführen? Und für unsere Vertriebskanäle, Kundenbeziehungen und Erlöszuflüsse?
Nachdem das vorherige Kapitel einen knappen Überblick darüber verschafft hat, welche
Ressourcen für die Einlösung der Value Proposition benötigt werden, bzw. auf welchen
kritischen Schlüsselressourcen Softgardens aktuelles Geschäftsmodell fußt, soll nun eine
andere Perspektive eingenommen werden, die eng damit verknüpft ist (weil sie u. a. auf
den Ressourcen basiert, et vice versa): nämlich die Betrachtung der Schlüsselaktivitäten.
Osterwalder empfiehlt für eine Analyse, zunächst anhand der bereits ermittelten
Bausteine des Business Designs für alle Nutzenversprechen zu ermitteln, welche
Aktivitäten für ihre Einlösung notwendig sind. Da dieser Schritt im eigentlichen Sinne
die Dekomposition der Wertkette darstellt, mit dem Ziel, die Art der Wertschöpfung zu
verstehen, dies aber eine Detailbetrachtung von Geschäftsprozessen unumgänglich macht
(was wiederum sehr komplex ist), habe ich gemeinsam mit Herrn Faber folgendes
Vorgehen gewählt:
Zunächst haben wir 1) die sechs wichtigsten Kernprozesse ausgewählt und analysiert, die
lt. Meinung Herrn Fabers »Softgardeneigen«, schwer zu kopieren, wichtig im Bezug auf
eine Untersuchung der Organisationskommunikation und besonders erfolgskritisch für
die Exekution des Geschäftsmodells sind. Dabei kristallisierten sich die folgenden
Kernprozesse heraus: Pre Sales, Implementierung von Taloom, Change und Feature Requests,
Hilfe und Support, Wartungs- und Releasemanagement sowie die Initiierung von
Pilotprojekten bzw. Produktneuentwicklungen (eine detaillierte Darstellung der Prozesse
befindet sich inkl. einer Legende für die verwendete Notation im Anhang auf den Seiten
49-49). Anhand der Prozesse untersuchte ich dann 2) an welchen Stellen es lt. Aussage
der Kunden unserer Projektforschung Probleme gab und wo offensichtlich Abläufe der
Value Proposition zuwiderlaufen könnten. 3) In einem letztem Schritt versuche ich das
Wertschöpfungssystem Softgardens in ein theoretisches Konzept einzubetten und
Implikationen für die Organisationskommunikation abzuleiten.
- 35 -
36. Bachelor Thesis
Im Folgenden werden für jeden der sechs Kernprozesse wesentliche Aspekte, die die
Organisationskommunikation resp. die Einlösung der Nutzenversprechen betreffen, kurz
erörtert und kritisiert. Jeder der Aspekte ist abhängig vom jeweiligen Kernprozess
durchnummeriert und entsprechend rot in den Flowcharts im Anhang gekennzeichnet.
Analyse der kritischen Kernprozesse
01 – Pre Sales (Prozess-Flowchart: S. 49): Wie bereits in vorherigen Kapiteln deutlich
geworden ist, spielt TMP eine zentrale Rolle, nicht nur für das Funktionieren Softgardens
Geschäftsmodells – speziell in der Akquise – sondern gerade auch in kommunikativer
Hinsicht. So erfahren viele Kunden von Softgarden zum ersten Mal über TMP (01.1), z.
B. im Rahmen einer Empfehlung oder Akquisition. Softgarden selber lernen sie dann erst
am Telefon oder bei der ersten Präsentation persönlich kennen (01.2). Somit ist der
Vertrauenstransfer TMPs auf Softgarden ein zentraler Erfolgsfaktor. Ohne TMP wäre die
Kommunikation der – in der Pre-Salesphase – so wichtigen Nutzenversprechen »HR-
und Employer Branding Know-how« sowie »Erfahrungswerte« ungleich schwieriger und
derzeit eigentlich gar nicht zu beweisen. Aber auch im seltenen Falle einer von TMP
unabhängigen Geschäftsanbahnung erfüllt der Hinweis auf das Beratungshaus im
Hintergrund seinen Zweck und »bürgt« für die genannten Versprechen.
02 – Implementierung Taloom (Prozess-Flowchart: S. Error! Bookmark not defined.): Die
Implementierungsphase ist eine der kritischsten Vorgänge und bietet neuen Kunden das
erste Mal die Chance, die Value Propositions zu evaluieren. Wie die Forschung im
Kommunikationsprojekt gezeigt hat, gibt es aber gerade hier Probleme, die den
Nutzenversprechen »An die Hand nehmen und führen«, »Proaktivität« und »HR-Know-
how« zuwiderlaufen: So werden die Kunden z. B. mit einem für sie intransparenten,
hochkomplizierten »Implementation-Workbook« (02.1) alleine gelassen (vgl. Schmiedgen
u. a., 2009, S. 78-85). Wegen daraus resultierenden Verständnisschwierigkeiten erfahren
sie wiederum erst zu spät, wenn bestimmte Dinge (techn.) nicht funktionieren können
(02.2). Dies zieht sich weiter in die Schulungen (02.4), für die weder Vorbereitungs-
noch Begleitmaterial vorhanden ist (vgl. auch die Ausführungen in »Kanäle« und
»Kundenbeziehungen«) bis schließlich hin zum Roll-out, in dem z. B. kein (pro)aktives
Begleiten der Neukunden beim Testen des Systems institutionalisiert ist, sondern in dem
lediglich auf reguläre Change Requests (02.5) »gewartet wird«.
03 – Change und Feature Requests (Prozess-Flowchart: S. 49): Dieser Prozess(loop) ist der
eigentliche Ursprung Talooms in seiner heutigen Komplexität, da streng genommen die
ganze Software nur aus Change- und Feature Requests entstanden ist. So ist eines der am
stärksten zu beobachtenden Muster bei Softgarden das Folgende: »Der Kunde ruft an
(03.1), schildert sein Problem und erklärt explizit, wie er sich die Lösung in Softwareform
vorstellt. Softgarden prüft die Machbarkeit, programmiert den Wunsch und verkauft das
zunächst als Individualsoftware umgesetzte Feature ggf. weiteren Kunden.« Sollte das Feature
- 36 -
37. Bachelor Thesis
offiziell sehr aufwändig sein oder gibt es Verständnisprobleme seitens Softgarden (was
häufig u. a. auch aufgrund mangelndem »HR-Know-how« der Fall ist), wird ggf. ein
Workshop anberaumt. Eine proaktive Komponente, wie z. B. ein institutionalisiertes
Feedbackprogramm, das Kundenbedürfnisse antizipieren helfen könnte, gibt es nicht. Im
Hinblick auf die Wertversprechen »Impulsgeben, Proaktivität und Überraschung«, aber
auch »AndieHandnehmen und führen« sowie »HR-Prozessoptimierung« u. s. w.,
bestünde hier also ein Überarbeitungsbedarf der Aktivitäten. Das Muster setzt sich aber
auch fort, wenn man die Abläufe im Releasemanagement betrachtet.
05 – Wartungs- und Releasemanagement (Prozess-Flowchart: S. 49): Auch hier ist wieder die
softgardentypische Passivität zu beobachten. Zwar überwacht Softgarden seine Systeme in
techn. Hinsicht und pflegt Listen mit Issues, die in den nächsten Releases geändert,
verbessert oder im Falle von Bugs behoben werden sollten, dennoch fragt es eher selten
bezgl. neuer Releasewünsche (pro)aktiv bei seinen Kunden nach. Wenn es dies einmal tut,
dann nicht in Form eines Dialogs oder gemeinsamen Ideenentwickelns, sondern in Form
einer Liste à la »Wollen Sie dies oder das? Ja/Nein« (05.1). Die Ideen in der Liste stammen
dabei überwiegend auch von anderen Kunden. Üblicherweise jedoch kommt jenes
unaufgeforderte Feedback (05.2) vom Kunden, das in der Issues-Liste gesammelt wird,
über deren Umsetzung Softgarden intern entscheidet (05.3). D. h., die Kunden sind nicht
am Entscheidungsprozess, welches Feature im nächsten Schritt priorisiert werden soll
beteiligt (vgl. auch Kritik in »Kundenbeziehungen« und »Kanäle«). Die Kunden werden
aber nicht nur nicht eingebunden, sie werden, wie unsere Projektforschung zeigte (vgl.
Schmiedgen u. a., 2009, S. 85), auch noch ungenügend über die Releasewechsel
informiert (05.4). Auch hier besteht also Handlungsbedarf und diese Aktivitäten müssen
noch entsprechend auf die neuen Nutzenversprechen ausgestaltet werden.
06 – Pilotprojekte und Produktneuentwicklungen (Prozess-Flowchart: S. 49): Interessant
wird es allerdings, wenn man sich den Ablauf einer typischen Produktneuentwicklung
(intern »Piloten« genannt) betrachtet. Diese Schlüsselaktivität ist die einzige proaktive
und impulsgebende, die Herr Faber und ich ermitteln konnten. Allerdings zeigt sie auch
eines der größten Probleme des Unternehmens auf. Derzeit fehlt nämlich (auch basierend
auf fehlendem Austausch mit Personalern sowie mangelndem HR-Wissen) speziell in
Saarbrücken (dem IT-lastigeren Standort) eine Ideen- und Austauschkultur, die neue
Impulse bezüglich Mehrwertschöpfung aus Kundensicht generiert. Bis heute sind alle
Ideen für neue Produkte oder Verbesserungen von Herrn Faber gekommen (06.1), die
nach entsprechender Vorbereitung »nur noch programmiert« werden mussten. Herr
Faber ist daher derzeit die einzige Person bei Softgarden, die das Ohr am Kunden hat und
entsprechenden Input proaktiv in Geschäftsideen und Anwendungen umwandelt (!
Innovationsquelle: »Pionierversprechen und Impulsfunktion«). Der Support kennt zwar
die Bedürfnisse der Kunden, agiert aber nur reaktiv (vgl. S. 29 »Kundenbeziehungen«).
- 37 -
38. Bachelor Thesis
Deshalb besteht auch hier dringender Handlungsbedarf, den Softgarden allerdings bereits
erkannt hat, weshalb es aktuell sowohl seine Prozesse als auch personelle Strukturen
überarbeitet.
Clever – wenn auch etwas heikel – ist dagegen die typische Vorgehensweise, neue Ideen
als Fakeprototypen interessierten Kunden zu präsentieren und sie dabei im Glauben zu
lassen, das Produkt existiere bereits (06.2). Ist ihr Interesse erst geweckt, wird die Idee
verkauft und sie zahlen quasi die Entwicklungskosten. Softgarden muss diese daher nicht
vorfinanzieren und minimiert unternehmerisches Risiko. Kritisch und die Value
Propositions konterkarierend wäre nur der Fall, dass Softgarden nach einer
Fakeprototypenpräsentation in einer zweiten Machbarkeitsprüfung merkt, dass die
Umsetzung der Idee techn. nicht realisierbar ist. Dies ist aber bisher nicht eingetreten und
das Risiko geht Softgarden lt. Aussage Herrn Fabers gerne ein. Diese von außen
betrachtet etwas dreiste Aktivität zahlt ironischerweise in vollster Weise auf unsere
Wertversprechen ein und wird, wie die Erfahrung gezeigt hat, aus Kundensicht begeistert
aufgenommen. Man kann getrost sagen, dass sie einer der Erfolgsgeheimnisse des
Unternehmens ist, denn auch Taloom hatte seine Anfänge diesem Verkaufsvorgehen zu
verdanken.
Zusammenfassung und Fazit
Betrachtet man nun die wesentlichen Aufgabenschritte dieser Kernprozesse mit dem Ziel,
die Art der Wertschöpfung zu verstehen und diese in einen theoretischen Rahmen
einzubetten, zeigt sich, dass das Konzept der Wertkette à la Porter an dieser Stelle nicht
greift, da sowohl das derzeitige Muster »Kunde formuliert Problem ! Softgarden prüft
Lösungsmöglichkeiten ! setzt eine davon um ! und verbessert stetig« als auch das von
Herrn Faber intendierte Muster »Softgarden antizipiert Problem ! formuliert es gemeinsam
genauer mit Kunden ! entwickelt Lösung ! und verbessert stetig« eher dem zyklischen
Konzept eines Value Shop entsprechen: „Value shops [...] are firms, that rely on intensive
technology to solve a customer problem. [...] Thus while the chain performs a fixed set of
activities that enables it to produce a standard product in large numbers, the shop
schedules activities and applies ressources in a fashion that is dimensioned and
appropriate to the needs of the client’s problem.“ (vgl. Fjeldstad & Stabell, 1998, S. 420).
- 38 -
39. Bachelor Thesis
Alle von Stabell & Fjeldstad erwähnten Charakteristiken12 eines Value Shops treffen auf
Softgarden zu13 (1998, S. 421-423). Eine Erläuterung und Begründung selbiger muss ich
mir zwecks Fokussierung an dieser Stelle sparen. Stattdessen soll im Folgenden die
Wertschöpfungslogik Softgardens kurz in Form eines Value Shop Diagramms
(»Abbildung 11«) dargestellt werden, anhand dessen man gut erkennen kann, dass derzeit,
wie bereits mehrfach beschrieben, die Aktivität »Problemidentifikation« eher auf passiver
Aufnahme von explizit formulierten Kundenwünschen besteht (siehe auch das Problem
der HR-unerfahrenen »IT-Bude« in Schmiedgen u. a., 2009, S. 66 f.).
Abbildung 11: Value Shop Diagramm für Softgarden (Eigene Darstellung nach Fjeldstad & Stabell, 1998, S. 424)
Wenn dieser Schritt zukünftig, wie in der Value Proposition angestrebt, »proaktiv«,
»impulsgebend« und mit versprochenem »HR-Know-how« von statten gehen soll, dann
wird Softgarden nicht um eine Rekonfiguration seiner Schlüsselaktivitäten herum
kommen, was wiederum auch ein Überdenken der anderen Bausteine des
Geschäftsmodells nötig macht. Offensichtlich wird dies, um ein kleines Beispiel zu
12
Charakterisitken der Wertschöpfungslogik eines Value Shops: Value Information Asymmetry / Configured to deal with unique
Cases / Cyclical, iterative and interruptable Activities / Significant sequential and reciprocal interdependence between Activities /
Multiple Discipilines and Specialities in spiralling Activity Cycles / Problem-independent Information Acquisition Activities /
Levering Expertise / Coperformance of Support and Primary Activites / Referrals based on Reputation and Relationship (vgl.
Fjeldstad & Stabell, 1998, S. 421-423)
13
Die Software »Taloom« hingegen könnte man als Value Network betrachten, die aus den Aktivitäten des Value Shops
hervorgegangen ist, da sie eine Vermittlungsfunktion in Form einer techn. Plattform besitzt: „The mediating technology faciliates
exchange relationships among customers distributed in space and time. The firm itself is not the network. It provides a networking
service.“ (Fjeldstad & Stabell, 1998, S. 427 ff.) Das heißt, streng genommen fließen hier zwei Wertschöpfungslogiken ineinander,
was aber auch daran liegt, das Taloom für sich eigentlich auch ein eigenes Geschäftsmodell innerhalb des Softgarden-Business
Designs darstellen könnte. Ein tiefergehende Betrachtung der Implikationen dessen auf die Organisationskommunikation kann
diese Arbeit ob ihres Umfangs allerdings nicht leisten.
- 39 -