Banken und Versicherungen sind mit Blick auf das in sie gelegte Vertrauen besonders sensibel. Eine Branche, die jahrzehntelange Beziehungen zu ihren Kunden anstrebt, ist auf eine exzellente Reputation angewiesen. Wie schneidet der Wirtschaftszweit nach den Krisenjahren im Internet ab?
1. UNTERNEHMEN & ORGANISATIONEN
Imageanalyse (2): Finanzbranche
VERTRAUEN
VERSPIELT
Banken und Versicherungen sind mit Blick auf das in sie gelegte
Vertrauen besonders sensibel. Eine Branche, die jahrzehntelange
Beziehungen zu ihren Kunden anstrebt, ist auf eine exzellente
Reputation angewiesen. Wie schneidet der Wirtschaftszweig
nach den Krisenjahren im Internet ab?
TEXT: Frank Sanders
„Deutsche Bank überrascht mit Riesengewinn“ titelte Spiegel verschwunden? Für das Rating haben Kuhn, Kammann & Kuhn,
Online im Februar dieses Jahres. Entgegen den Erwartungen der Hidden Images und das prmagazin zehn Banken und die fünf
Analysten hatte das größte deutsche Finanzinstitut im Krisen- größten Versicherungskonzerne sowie deren Führungskräfte
jahr 2009 mehr Gewinn gemacht als erwartet. Mittlerweile spru- unter die Lupe genommen (zur Methode siehe „Das Rating“,
deln bei den meisten Banken und Versicherungen wieder die Seite 30).
Gewinne. Selbst die in einigen EU-Staaten schwelenden Finanz-
krisen können den Optimismus nicht trüben. Steigende Umsätze, höhere Gewinne und die immer öfter geäu-
Gute Zahlen sind das eine, Glaubwürdigkeit und Vertrauen ßerte Zuversicht in den endlich wieder beginnenden Auf-
in die Zukunft der Unternehmen das andere. Wie schneiden schwung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Banken
Banken und Versicherungen im Internet ab? Wie werden dort und Versicherungen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung im
die Leistungen der Unternehmen und ihrer Führungskräfte Internet schlecht abschneiden. 55 Prozent aller Ergebnisse sind
kommentiert? Gelten die Institutionen noch als glaubwürdig, in der „Gefahrenzone“ D bis F angesiedelt, mehr als 30 Prozent
oder ist das meiste Vertrauen wegen staatlicher Intervention aller Ergebnisse liegen sogar im Bereich „mangelhaft“ bis „un-
und fehlerhafter Investments im Orkus der Finanzmarktkrise genügend“ (Kategorien E und F). Nur knapp ein Viertel
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2. KAUM LICHTGESTALTEN
Die Wahrnehmung der CEOs in der digitalen Öffentlichkeit ist noch
mieser als die ihrer Unternehmen. Überraschend auch hier:
das schlechte Abschneiden von Josef Ackermann in der Kategorie
Management-Performance.
Trotz seiner unbestritten erfolgreichen Unternehmens- mäßigkeit und Ineffizienz) konterkariert. Ähnlich gegen-
führung scheint die Qualität von Deutsche-Bank-Chef sätzlich verläuft die Kommunikation über charakterliche
Josef Ackermann in der digitalen Öffentlichkeit nicht an- Aspekte. So steht Ermisch zwar für Eloquenz, Standhaftig-
zukommen. Ein Blick in die Daten verrät: Positive profi- keit und Entschlossenheit, gilt aber ebenso als umstritten,
lierende Aspekte sind Mangelware – trotz einer insgesamt unnachgiebig und planlos.
sehr hohen Visibilität. Die Frankfurter haben es kaum Und was macht Axa-Chef Frank Keuper zum Topmana-
geschafft, mit positiven Sachlagen entsprechende Diskus- ger? Während er im Punkt Persönlichkeit eher blass bleibt,
sionen und Emotionen zu seiner Person auszulösen. Viel- verhilft ihm der Ruf als gründlicher und korrekter Experte
mehr scheint nüchterne Sachlichkeit angesagt. Womöglich bei gleichzeitig sehr wenigen negativen Profilierungen im
ist es ein gewolltes Manöver der Kommunikationsabteilung, Performance-Bereich zu diesem Spitzenplatz.
die persönlichen Aspekte der Reizfigur Ackermann aus-
zublenden. Zwei CEOs sind in diesem Rating nicht berücksichtigt: Gerd
Andere Führungspersönlichkeiten fallen nicht nur durch Häusler (BayernLB) und Dietrich Voigtländer (WestLB). Beide
große Unterschiede zwischen Kompetenzwahrnehmung erreichten nicht die für dieses Rating notwendige Min-
und Persönlichkeit auf, sondern auch durch extreme Diffe- destdatengrundlage (1.000 Nennungen im Zusammenhang
renzen in ihrer Wahrnehmung. Exemplarisch dafür steht mit den zugrundeliegenden Schlüsselwörtern und Bewer-
der inzwischen abgelöste BayernLB-Chef Stefan Ermisch. tungen). Im Fall der BayernLB wurde der ehemalige Vor-
Seine stark positive Profilierung als unerschütterlicher Vi- standsvorsitzende Stefan Ermisch untersucht, um gegebenen-
sionär wird in der Kategorie Management-Performance falls Rückschlüsse aus der Reputation des CEO auf das
durch eine ebenso stark negative Profilierung (etwa Mittel- Unternehmen zu ziehen.
F Beste Wertung: A Ein Blitz symbolisiert einen besonders hohen Anteil positiver und negativer
Extremwerte an der Gesamtwertung
Reputation Rating 2010 / Finanzen / Manager
Führungsspitze Präsenz Persönlichkeit Management-Performance
F E D C B A F E D C B A F E D C B A
Ackermann (Deutsche Bank)
Blessing (Commerzbank)
Bomhard (Munich Re)
Diekmann (Allianz)
Dunkel (Nord LB)
Ermisch (Bayern LB)
Haas (Talanx)
Keuper (Axa)
Kirsch (DZ Bank)
Meister (Generali)
Nonnenmacher (HSH)
Schröder (KfW)
Vetter (LBBW)
Weimer (HypoVereinsbank)
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3. UNTERNEHMEN & ORGANISATIONEN
Imageanalyse (2): Finanzbranche
F Beste Wertung: A Ein Blitz symbolisiert einen besonders hohen Anteil positiver und negativer
Extremwerte an der Gesamtwertung
Reputation Rating 2010 / Finanzen / Unternehmen
Führungsspitze Präsenz Markenerlebnis Performance
F E D C B A F E D C B A F E D C B A
Allianz
Axa
Bayern LB
Commerzbank
Deutsche Bank
DZ Bank
Generali
HSH
HypoVereinsbank
KfW
LBBW
Munich Re
Nord LB
Talanx
West LB
DAS RATING
Für die Ermittlung der Rating-Einstu- menhang mit definierten Begriffen er- Ob und wie Begriffe profilieren be-
fungen werden hunderttausende Mei- wähnen. Beispielsweise enthält die ziehungsweise die Reputation beein-
nungsäußerungen in Social Media, mehrere hundert Wörter umfassende flussen, zeigen die anderen Kategorien.
Blogs, Foren und Onlineportalen der Liste zur Reputationsdimension „Mar- Unter „Markenerlebnis“ sind sämtliche
Printmedien ausgewertet. Tabu sind kenerlebnis“ Begriffe wie Qualität und Begriffscluster subsumiert, die sich aus
nur die Homepages der untersuchten Ehrlichkeit. Auf dieser Basis werden Erfahrungen mit einer Firma ergeben
Unternehmen. Diese Art der Kommu- zunächst absolute Trefferzahlen ermit- (Unternehmen, Marke, Produkt, Ser-
nikationsanalyse im Internet hat gegen- telt. Sie geben Aufschluss über die vice). Unter „Performance“ wird aus-
über klassischen Methoden wie Um- Sichtbarkeit des Unternehmens, aber schließlich wirtschaftliche Semantik
fragen den Vorteil, die unbeeinflusste noch nicht darüber, ob die Begriffe gefasst, etwa Cluster zu Aktien-, Um-
Meinung der Stakeholder abzubilden. profilierend und somit reputations- satz- und Gewinnentwicklung sowie
Ein so genannter Metacrawler trägt fördernd (positiv wie negativ) sind. Zukunftsfähigkeit. Die gleiche Me-
mithilfe von Suchmaschinen alle on- Möglich ist das erst durch die Gegen- thode gilt für die Firmenchefs. In
line verfügbaren Texte zusammen, die überstellung der Anzahl positiver und der Rubrik „Persönlichkeit“ werden ihre
die untersuchten Firmen im Zusam- negativer Nennungen. Charaktereigenschaften analysiert,
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4. rangiert mit der Einstufung A und B im grünen Bereich. Reputa- kann ihr Image daher schneller Schaden nehmen. Besonders die
tionsverluste der Vergangenheit sind noch lange nicht wettge- Kombination aus insgesamt schlechter Rating-Einstufung und
macht, vertrauensbildende Maßnahmen zwingend nötig. hoher Polarität der Einzelergebnisse birgt Gefahren.
Zu den überraschenden Ergebnissen zählt das schlechte Ab- Ähnlich wie bei der Deutschen Bank haben die positiven
schneiden der Deutschen Bank. Das Beispiel macht deutlich, wirtschaftlichen Kennzahlen der Allianz einen wohltuenden
dass große Unterschiede zwischen guten Quartalszahlen und Effekt für die Gesamtreputation im Internet. Bleiben sie aus,
der Kommunikation über das Unternehmen bestehen. Ein Blick könnte die Gesamtnote aber schnell in den Keller rutschen.
auf die Daten verrät: Zwar profiliert sich die Deutsche Bank Kommunikative Defizite herrschen bei der Allianz der Analyse
überdurchschnittlich in Begriffsclustern zu Gewinn, Jahresab- zufolge vor allem in den Bereichen Forschung, Innovation,
schluss und Marktführerschaft. Aspekte wie Kommunikation, Modernität und Strategie.
Innovation und Modernität werden jedoch negativ beurteilt und
bewirken ein schlechtes Abschneiden. Noch stützen die posi- Eine gute Reputation ergibt sich auch aus einer hohen emotio-
tiven, harten Fakten den Finanzriesen. Schlechtere Kennzahlen nalen Bindung. Nur wenige untersuchte Unternehmen können
in der Zukunft könnten aber schnell in ein kommunikatives damit punkten, was sicher auch in der Natur der eher konserva-
Waterloo führen. tiv und sachlich ausgerichteten Branche liegt. Positiv fällt auf:
Dass die Commerzbank im Vergleich zur Deutschen Bank Die Talanx Versicherungen profilieren sich im Unterschied zu
besser abschneidet, verwundert auf den ersten Blick. Das Thema den meisten anderen Firmen nicht nur über sachlich orientierte,
Rettungsschirm scheint im Internet nicht negativ besetzt zu trockene Themen wie Marktführerschaft und Umsatzvolumen,
sein. So sticht die Commerzbank mit überdurchschnittlich vie- sondern weisen mit Bewertungen wie „empfehlenswert“, „ein-
len Nennungen im Bereich fallende Aktienkurse zwar negativ zigartig“, „weitsichtig“ und „vielversprechend“ positive emotio-
hervor, gleicht das aber mit überdurchschnittlicher Präsenz in nale Konnotationen auf. Das kann als Ergebnis einer guten Kon-
positiven Begriffsclustern zu Innovation und Fortschritt wieder zern-PR gewertet werden, die ihre Inhalte so kommuniziert,
aus – ein vielversprechendes und ausbaufähiges Profil. dass die Themen weitere Debatten im Internet auslösen. Unter
allen Beteiligten im Rating profilieren sich nur die Landesbank
Vier Unternehmen weisen ein starkes Spannungsverhältnis Baden-Württemberg und die NordLB mit ähnlich angelegten
in ihrer Markenwahrnehmung auf. Allianz, Axa, BayernLB und Kommunikationsmustern.
Munich Re haben einen besonders hohen Anteil an Extremwer-
ten. Ihnen fehlt im Netz eine Art kommunikativer Resonanzkör- Frank Sanders ist Leiter Corporate Relations bei der Kölner
per, eine stabile Grundreputation. Im Fall von Veränderungen Agentur für Wirtschaftskommunikation Kuhn, Kammann & Kuhn.
die Thesaurusliste „Management-Per- liche Markierungen mit einem Blitzsym- nent laufender Prozesse. Welches Un-
formance“ bildet die fachliche Kom- bol stehen für ein Spannungsverhältnis, ternehmen, welche Marke und welcher
petenz und Führungsstärke des Vor- in dem sich die Marke oder der CEO CEO erfreuen sich wachsender Beliebt-
standsvorsitzenden ab. befindet. In diesen Fällen gibt es einen heit im Netz? Wer stürzt in der Gunst
hohen Anteil positiver und negativer der User ab? Um die Dynamik abbil-
Die Ratingstufen „A“ bis „F“ geben das Extremwerte. Eine wichtige Erkennt- den zu können, nahm Hidden Images
Verhältnis von positiven und negati- nis, denn polarisierte, nicht konsistente Mitte Juni 2010 eine Nullmessung
ven Assoziationen an. Je mehr positive Wahrnehmung weisen auf Chancen über alle untersuchten Branchen vor
und je weniger negative Verbindungen und Risiken in der Kommunikation und wird die Daten 2011 mit denen
ein Unternehmen auf sich vereint, hin. Schon kleinste Veränderungen aus einer neuen Analyse vergleichen.
desto besser die Rating-Einstufung in können große Auswirkungen haben. Im Fokus: Handel, Automobil, Tele-
Richtung A. Insgesamt gibt es sechs kommunikation, Finanzen, Elektronik
Stufen, jede steht für eine spezifische Eine gute Onlinereputation ist kein und Energie. Die nächste Untersuchung
Wertbandbreite zwischen den nume- einmal erworbenes, statisches Gut, son- erscheint in der November-Ausgabe
rischen Werten 1 (A) und 4 (F). Zusätz- dern Produkt verschiedener, perma- des prmagazins.
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