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    Autorenexemplar




 Nur zum persönlichen Gebrauch, Vervielfältigung jeder Art
                       untersagt
© Harvard Businessmanager
Wie                                 Hilti                               über
Generationen                                                            gute
Führung garantiert
BEST PRACTICE: Der Liechtensteiner HiltiKonzern, bekannt für seine
Bohrhämmer und Befestigungssysteme, wurde stark durch die
Gründerfamilie geprägt. Dennoch klappte der Wechsel zu jüngeren
familienfremden Managergenerationen an der Unternehmensspitze
bereits mehrmals reibungslos. Die Gründe: der Teamgeist in der
Führung, eine mitreißende Vision und die besondere Kultur von Hilti.

Von Heike Bruch und Sabine Poralla




          ist für jedes Unternehmen eine der heikelsten Fragen: Wann ist es für Mit
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      glieder des Topmanagements Zeit, ihre
      Position zu verlassen und Jüngeren Platz
      zu machen? Der Liechtensteiner Hilti
                       Konzern, bekannt für seine Bohrmaschinen, Akku
schrauber und kompletten Befestigungssysteme,
                           hat mit der „Regel 56“ eine klare Antwort gefun
                          den. Kein Mitglied der Geschäftsleitung darf älter
                          als 55 Jahre sein. Was sich simpel und schlüssig
                           anhört, hatte für das Unternehmen dramatische
                          Konsequenzen. „Wir waren ein Team, das fast 13
                         Jahre lang diese Firma gemeinsam entwickelt hat,
                          und innerhalb von 24 Monaten mussten drei von
                           vier Mitgliedern der Geschäftsleitung ihr Amt nie
                         derlegen“, erklärt Pius Baschera, damals CEO und
                        heute Präsident des Verwaltungsrats, des obersten
                            Aufsichtsgremiums des Konzerns. Gleich drei
 Nachfolger musste das alte Führungsteam finden,
 gründlich vorbereiten und anschießend in ihre
 Ämter einführen.
   Heute, mehr als zwei Jahre später, zeigt sich: Die
                          Machtübergabe ist erfolgreich verlaufen. Und das
                          nicht zum ersten Mal. Auch die Führungswechsel
 von Martin Hilti, der das Unternehmen 1941 ge
 gründet, über Jahrzehnte aufgebaut und damit ent
 scheidend geprägt hatte, auf seinen Sohn Michael Hilti und dann zum ersten familienfremden
 CEO Baschera gingen problemlos vonstatten. Das ist alles andere als selbstverständlich. Denn
 gerade ein Gründer hat enormen Einfluss auf die Führung, die Kultur und die Entwicklung eines
 Unternehmens. Verlässt er seine Firma, kommt es häufig zu einem Bruch, der den weiteren
 Erfolg der Organisation bedrohen kann.
Bei Hilti war das anders. Der Konzern ist seit Jahrzehnten Marktführer für Befestigungssysteme
in der Baubranche. Er verzeichnet kontinuierlich zweistellige Wachstumsraten bei Umsatz und
Gewinn und hat seit mehr als zehn Jahren keinen Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen
entlassen. Der Geist des Gründers Martin Hilti ist noch immer in der Kultur und in der Führung
des Unternehmens präsent.
Für diesen Erfolg sind drei Faktoren verantwortlich, die wir im Folgenden genauer vorstellen wer-
den: Ein starkes Team führt das Unternehmen, es verfolgt eine mitreißende Vision sowie eine
darauf abgestimmte Strategie, und seit Jahrzehnten gibt es eine aktive Kulturentwicklung.
Unsere Erkenntnisse beruhen auf ausführlichen Interviews mit den amtierenden und
ausgeschiedenen Topmanagern sowie auf der Auswertung von internen Dokumenten,
Geschäftsberichten und Unternehmensanalysen.
Faktor 1: Starkes Topteam                               Jahrzehnten als Eigentümer sowie als Chef
                                                        von Unternehmensleitung und Verwaltungsrat
Selten finden sich – wie bei Hilti – starke             (eine mit dem Aufsichtsrat in Deutschland
Teams          an       der       Spitze       eines    vergleichbare Funktion) maßgeblich formte.
Familienunternehmens. Stärker verbreitet sind           1972 erlitt er einen
dominante Alleingänger, divenhaftes Verhalten                                 KOMPAKT
oder     gar    Konkurrenzkämpfe        unter    den
Topmanagern. Wie sieht dagegen ein echtes
Team aus, das ein Unternehmen nachhaltig                Gründer haben in der Regel großen Einfluss
erfolgreich führt? Eine Gruppe von Fachleuten           auf ihr Unternehmen. Sie wissen, wohin sie
um die HarvardProfessoren Ruth Wageman                  mit ihrer Firma wollen und prägen die Kultur.
und J. Richard Hackman (siehe Servicekasten             Geben sie ihre Führungsrolle ab, kommt es
Seite 9) hat drei Voraussetzungen für die               oft zu einem Bruch. Die Organisation droht
effektive Zusammenarbeit von Teams ermittelt:           die Orientierung zu verlieren, oder der neue
Die Mitglieder verfolgen nicht nur ihre                 Chef ändert radikal die Marschrichtung.
persönlichen Interessen, sondern tragen zum             Dadurch besteht die Gefahr, dass Manager
Erfolg der Gruppe und deren Zielen bei; sie             und Mitarbeiter sich mehr mit sich selbst
fühlen sich den durchaus herausfordernden               beschäftigen, als sich um das Geschäft zu
gemeinsamen Zielen verpflichtet und verfolgen           kümmern.
diese mit Konsequenz und gemeinschaftlichem
Engagement;         schließlich    wechseln       die   Das Beispiel Hilti: Die Autorinnen haben die
Teammitglieder nicht häufig, es gibt feste
                                                        Führungswechsel bei Hilti untersucht – erst
Verantwortlichkeiten, und die Mitglieder sind
                                                        von Martin Hilti, der das Unternehmen 1941
voneinander abhängig.
                                                        gegründet und fast 50 Jahre geleitet hat, zu
  Ändert sich die Zusammensetzung eines Ge-
                                                        seinem Sohn Michael, dann auf die erste
schäftsleitungsteams, hängt der Erfolg der
                                                        Generation familienfremder Manager, die als
Übergangsphase davon ab, wie stark die
                                                        Viererteam den Konzern führten. Zwischen
Vorgänger ihre Nachfolger unterstützen und
                                                        2005 und 2007 stand der nächste große
coachen.       Letztere   können     so    schneller
                                                        Generationswechsel an, als drei Topleute
gemeinsame Normen und Werte für ihre
                                                        altersbedingt die Geschäftsführung verließen.
Zusammenarbeit entwickeln.
  Zudem ist es ein Vorteil, wenn in einem
                                                        Die drei Erfolgsfaktoren: Trotz dieser erheblichen
Unternehmen nicht alle Macht allein auf eine
Person konzentriert ist. Gibt es ein echtes             Veränderungen an der Spitze verzeichnet der
Team an der Spitze, fällt der Wechsel eines             Konzern seit Jahrzehnten stolze
Managers nicht mehr so stark ins Gewicht; die           Wachstumsraten. Die Autorinnen führen dies
anderen Führungskräfte können den Weggang               auf drei Faktoren zurück – die Topmanager
kompensieren. Die Topleute werden in einem              verstehen sich als echtes Team, sie
echten Team auch eher bereit sein, ihr Wissen           begeistern die Mitarbeiter durch attraktive
und ihre Erfahrung auszutauschen und an den             Visionen und Strategien, und sie haben die
jeweils neuen Kollegen weiterzugeben. Ihr               Unternehmenskultur kontinuierlich gepflegt
Knowhow bleibt der Organisation so über                 und weiterentwickelt.
mehrere        Managergenerationen         erhalten.
Gleichzeitig     können      die   Mitglieder    des
Topteams, wenn sie sich auf eine gemeinsame
Strategie geeinigt haben, diese als Gruppe von
Multiplikatoren in das Unternehmen tragen. Ein
wichtiger Vorteil gegenüber Firmen, in denen
der CEO dominiert und damit der einzig wirklich
entscheidende        Botschafter     für    wichtige
Informationen ist.                                      HEIKE BRUCH
  Bei    Hilti   herrschte     der   Teamgedanke        ist Professorin und Direktorin am Institut für Führung und
keineswegs seit der Unternehmensgründung                Personalmanagement der Universität St. Gallen.
an der Spitze, sondern er hat sich erst im
Laufe der Jahrzehnte entwickelt. Als Martin             SABINE PORALLA
Hilti sein Unternehmen gemeinsam mit seinem             hat am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen
Bruder Eugen 1941 gründete, war vor allem er            promoviert. Seit Februar 2009 ist sie im Bereich Personalmanagement des US-
es, der seine Firma in den folgenden                    amerikanischen Landmaschinenherstellers Agco Corporation tätig.
Herzinfarkt. Dies führte ihm vor Augen,     Teams erhielten zusätzlich zur Gewinnverantwortung
wie gefährlich die Konzentration der        für    ihren  eigenen      Bereich     auch     noch    die
gesamten Verantwortung auf seine            Verantwortung für das Erreichen der Firmenziele
Person war. Er richtete daher ein           insgesamt,    was     sich   auch     in   ihrem    Gehalt
Leitungsteam ein, das gemeinsam mit         widerspiegelte. Alle sollten gemeinsam an der
ihm das Unternehmen führte, und             Weiterentwicklung des Konzerns arbeiten. Nur für die
baute seinen ältesten Sohn Michael          drei Bereiche Konzernstrategie, Nachfolgeplanung
als seinen Nachfolger auf. Der rückte       und Unternehmenskultur blieb die Geschäftsleitung
1990 als CEO an die Stelle seines           allein verantwortlich, da sich die Neuen vor allem im
Vaters,       der     Präsident      des    Operativen bewähren sollten. Allen war klar, dass aus
Verwaltungsrates blieb.                     ihren Reihen die Nachfolger der ausscheidenden
  Michael Hilti trieb die Machtteilung      Topleute kommen würden.
zwischen Management und Familie                           Ihre     Teamfähigkeit       konnten      die
weiter voran, indem er sich 1994 aus                      Manager       nun    im    Alltag   in   der
dem Tagesgeschäft zurückzog: Er                           Zusammenarbeit        mit    den anderen
übernahm         die    Position     des                  Mitgliedern         der          erweiterten
Verwaltungsratspräsidenten, und der                       Geschäftsleitung         beweisen.       Der
Schweizer      Pius   Baschera     wurde                  Auswahlprozess erhielt dadurch eine
erster familienfremder CEO. Baschera                      völlig     neue     Qualität.     Schließlich
setzte auf Kontinuität in der Führung                     unterbreiteten              die          vier
und betonte die Bedeutung des                             Geschäftsleitungsmitglieder             dem
Teamgeistes. Der Deutsche Egbert                          Verwaltungsrat Vorschläge für ihre
Appel, der im selben Jahr mit der                         Nachfolge, die das Gremium auch
Verantwortung für Personal, Finanzen                      unterstützte. Am 1. Januar 2007
und Informatik in die Konzernleitung                      übernahm der Schwede Bo Risberg (er
eintrat, beschreibt diese Haltung so:                     war         bereits        Mitglied      der
„Ein Geschäftsleitungsmitglied muss                       Konzernleitung) die CEOPosition von
bescheiden sein und sich ständig                          Pius Baschera, der wiederum Präsident
selbst hinterfragen. Wir dulden keine                     des     Verwaltungsrates        wurde;   der
Primadonnen                          und                  Deutsche Christoph Loos löste Egbert
Selbstglorifizierungen, weil einer der                    Appel     ab    und    verantwortete      die
Gründe für den Erfolg von Hilti bislang                   Bereiche      Personal,     Finanzen     und
war, dass wir uns nie auf unseren                         Informatik; der Deutsche Stefan Nöken
Lorbeeren ausruhen.“                                      erhielt von Risberg die Zu
  Von 1994 bis Ende 2006 leitete
Baschera       gemeinsam      mit    drei
weiteren Kollegen den Konzern. In
                                            Die Führung von Hilti war zunächst
diesem      Führungsteam       herrschte    auf den Gründer ausgerichtet.
große personelle Stabilität: Neben
Appel war auch der USAmerikaner
                                            Teamgeist entwickelte sich im
Ewald     Hoelker,     der     für    die   Topmanagement erst über
Marktregionen von Hilti zuständig war,
fast die gesamte Zeit über Mitglied
                                            Jahrzehnte.
dieses Gremiums. Als der nächste
Generationswechsel       anstand,    war                   ständigkeit       für     die      einzelnen
Teamfähigkeit wieder eine wichtige                         Produktgruppen, die Supply Chain mit
Eigenschaft, die ein Nachrücker aus                        Produktion, Beschaffung und Logistik
der nächsten Ebene mitbringen sollte.                      sowie den Bereich New Business &
Zwischen Anfang 2005 und Anfang                            Technology; der Schweizer Marco
2007 ersetzten jüngere Manager drei                        Meyrat war bereits Anfang 2005 in die
der vier Geschäftsführungsmitglieder                       Geschäftsleitung        eingezogen       und
– inklusive des CEOs. Damit es nicht                       betreut weltweit alle Marktregionen von
zu Reibungsverlusten kam, erweiterte                       Hilti; er ersetzte Ewald Hoelker.
die   Gruppe       um   Baschera     den                   Alle Beteiligten bemühten sich, den
Führungskreis in dieser Phase um die                       Wechsel reibungslos zu gestalten,
16 Manager der nächsten Ebene. Auf                         indem neue und alte Topleute das
diese Weise würden statt 3 von 4 nur                       Unternehmen eine Zeit lang gemeinsam
3 von 20 Topmanagern ausscheiden,                          führten.     „Wir    haben     Mitte   2006
so die Überlegung.                                         übernommen,         als    der   ehemalige
  Die     neuen       Mitglieder     des                   Executive Board noch im Amt war. Das
sogenannten Executive Management                           war eine einmalige Chance für Hilti.
Denn es wurde nicht            zusammen: „Der personelle Wechsel
gesagt: Sie machen das         war     nichts  Revolutionäres.   Das
bis zum letzten Tag, und       Spektakuläre liegt in diesem sanften,
die Neuen beginnen am          von     langer   Hand    vorbereiteten
1. Januar 2007 und             Übergang, der reibungslos und ohne
ändern erst mal alles“,        jegliches Nebengeräusch vonstatten
erläutert Nöken. Auch          ging.“
nach ihrem Ausscheiden
unterstützten           die
Vorgänger              ihre
Nachfolger:      Baschera
und Hoelker als Mit-
glieder                des
Verwaltungsrates; Appel
als Geschäftsführer des
Martin Hilti Family Trust,
der alle Anteile an Hilti
hält.
  Den Teamgeist an der
Konzernspitze       fördert
auch,       dass        der
Verwaltungsrat
prinzipiell  alle    neuen
Mitglieder              der
Geschäftsleitung intern
rekrutiert.     Die    drei
neuen Topleute hatten
bereits viele Jahre bei
Hilti   gearbeitet.     Sie
waren daher gut mit
Kultur, Besonderheiten
und Gewohnheiten der
Organisation      vertraut,
sie   hatten     dieselben
Normen und Regeln der
Zusammenarbeit
verinnerlicht. Wichtiger
sozialer Klebstoff in der
Geschäftsleitung         ist
sicherlich              der
gemeinsame Glaube an
die Bedeutung der Hilti-
Kultur für den Unterneh-
menserfolg. Dies wird
symbolisch und faktisch
dadurch        unterstützt,
dass                    die
Geschäftsleitung eben-
so wie alle anderen
Teams         bei      Hilti
gemeinsam
Kulturseminare
durchläuft und sich so
als                 Gruppe
weiterentwickelt.      Wie
problemlos              die
Machtübergabe
erfolgte,     fasst     der
heutige
Verwaltungsrats-
präsident        Baschera
die über Jahrzehnte stabile Führung und
Faktor 2: Mitreißende Ziele                        den nachhaltigen Erfolg von Hilti ist die
Der              zweite                            mitreißende Vision und klare
entscheidende Grund für

                                                                  hatte, führte er 1987 die
Hilti will Umsatz, Gewinn und                                     erste               schriftlich
Belegschaft bis 2015 verdoppeln –                                 niedergelegte Strategie
                                                                  ein,     die      sogenannte
und mit dieser Vision die Mitarbeiter                             „Strategy 2000“. Ihren
zu Höchstleistungen motivieren.                                   Inhalt definierten er und
                                                                  sein     Managementteam
                                                                  aus einer Situation der
Strategie des Unternehmens. Das ist
                                                                  Stärke heraus – Hiltis
typisch für Familienunternehmen, bei
                                                                  Umsatz          verzeichnete
denen der Gründer seinen Mitarbeitern
                                                                  damals            zweistellige
und Geschäftspartnern oft eine starke
                                                                  Zuwachsraten. Ziel war
Vision vermitteln kann. Scheidet er aus,
                                                                  es,          durch          das
droht sich das zu ändern und der Sinn
                                                                  Segmentieren                der
der gemeinsamen Arbeit verloren zu
                                                                  Märkte die Prozesse für
gehen. Bei Hilti war das nicht so.
                                                                  Marketing und Verkauf
   Wie sollte eine Vision aussehen, die
                                                                  über die verschiedenen
die Mitarbeiter motiviert, ihre Energie
                                                                  Regionen hinweg zu ver-
voll für das Unternehmen einzusetzen?
                                                                  einheitlichen. Als sein
Sie sollte realistisch, attraktiv, zu-
                                                                  Sohn Michael 1990 an
kunftsgerichtet und glaubwürdig sein.
                                                                  seine Stelle trat, ließ
Realistisch bedeutet, dass die Vision einen
                                                                  dieser       die    Strategie
Bezug zur Wirklichkeit haben muss; sie
                                                                  unverändert. Auch Pius
sollte       herausfordernd,      aber     nicht
                                                                  Baschera hielt 1994 als
illusorisch sein. Attraktiv ist sie, wenn die
                                                                  neuer CEO – anders als
Mitarbeiter an ihr teilhaben wollen und
                                                                  in vielen Unternehmen zu
in      ihr    klare    Vorteile     für    das
                                                                  beobachten ist – im
Unternehmen erkennen. Zukunftsgerichtet
                                                                  Sinne der Nachhaltigkeit
wirkt sie, wenn die Vision den Blick
                                                                  zunächst an der be-
nach          vorn    richtet      und       ein
                                                                  währten Strategie fest.
nachvollziehbares         Bild      der      an-
                                                                  Baschera führte aber verschiedene
gestrebten Zukunft zeichnet. Glaubwürdig
                                                                  Instrumente            ein,       um       die
wird sie, wenn Manager und Mitarbeiter
                                                                  Zukunftstauglichkeit der langfristigen
sie für einen sinnvollen Schritt der
                                                                  Ausrichtung             konsequent          zu
weiteren        Entwicklung      des     Unter-
                                                                  überprüfen.           Das         sogenannte
nehmens          halten,    der      auf     der
                                                                  Wettbewerberradar                und       die
Geschichte und dem aktuellen Zustand
                                                                  Mitarbeiterbefragung,             die      die
der Organisation aufbaut. Nur dann
                                                                  Stimmung im Markt beziehungsweise
vermittelt eine Vision einen Rahmen für
                                                                  im Unternehmen erfassten, ergaben im
künftiges Handeln und sorgt zugleich
                                                                  Jahr 1995 erste Signale für mögliche
für Kontinuität.
                                                                  künftige      Probleme        für   Hilti. So
   Eine klare Vision vermittelt aber nicht
                                                                  schwächte sich das Umsatzwachstum
nur Perspektive und Sinn, sondern
                                                                  ab, und es gelang nicht mehr, mit den
liefert auch einen Maßstab, mit dem
                                                                  gewohnten Maßnahmen Profitabilität
sich die aktuelle Leistung des Unter-
                                                                  und       Produktivität        zu    erhöhen.
nehmens beurteilen lässt. Und sie hilft,
                                                                  Aufbauend          auf     der     bewährten
sich auf das Wichtige zu konzentrieren
                                                                  „Strategy 2000“ setzte das Team um
und Dinge wegzulassen, die nicht der
                                                                  Pius Baschera daher eine neue
Realisierung der Vision dienen.
                                                                  Strategie um, die den Erfolg von Hilti in
   Das gilt auch für den HiltiKonzern.
                                                                  den folgenden Jahrzehnten sichern
Martin Hilti legte viel Wert darauf,
                                                                  sollte. Sie hieß „Champion 3C plus
seinem         Unternehmen        eine     klare
                                                                  culture and people strategy“ und
strategische        Richtung      zu     geben.
                                                                  stand für Exzellenz in den drei
Nachdem er den Konzern in den ersten
                                                                  Bereichen Kundenorientierung, Kompetenz und
vier        Jahrzehnten      nach       dessen
                                                                  Konzentration    (englisch:      „Customer“,
Gründung als Marktführer etabliert
                                                                  „Competence“ und „Concentration“,
daher      3C),    getrieben     von   der   besonderen
Unternehmenskultur und Mitarbeiterorientierung bei
Hilti.
Aus dieser Strategie hat das Topmanagement drei
Initiativen abgeleitet. Unter dem Stichwort Marktreichweite
versuchte es die Kundenorientierung weiter zu
verbessern,           indem        es      beispielsweise
dentelefonischenKundendienstoptimierte,ECom-
merceAngebote einführte oder in Fachmärkten für
Bauprofis kleine Shops mit eigenem Personal
einrichtete, um auch Kleinstabnehmer zu erreichen.
Die operative Exzellenz sollte sich durch die weltweite
Standardisierung und kontinuierliche Verbesserung
von Geschäftsprozessen vor allem mithilfe der
Informationstechnik erhöhen. Schließlich wollte der
Konzern die Produktführerschaft mit innovativen neuen
Geräten und Lösungen verteidigen. Dahinter steckte
aber auch eine Konzentration auf diejenigen
Produkte, mit denen Hilti in den jeweiligen Märkten
die Nummer eins, zwei oder drei sein konnte.
Hilti im Überblick                          Nach und nach kamen weitere
                                                           Produktgruppen hinzu – durchaus mit
Die Geschichte: 1941 gründete Martin Hilti (1915 –
                                                           unterschiedlichem Erfolg. So war der
1997) gemeinsam mit seinem Bruder Eugen (1911 –            Ausflug in den Fassadenund
1964) die Maschinenbau Hilti OHG in Schaan,                Fensterbau während der 80er Jahre
Fürstentum Liechtenstein – mit anfangs fünf                nicht von Dauer. Eine langfristigere
Mitarbeitern. In den 50er Jahren begann er mit der         Ergänzung war der Einstieg in die
Internationalisierung des Unternehmens, indem er ein       Bauchemie (Dichtungsschäume). Das
weltweites Vertriebsnetz aufbaute und ab den 60ern         Produktportfolio reicht heute von Bohr-
Produktionsstätten in Österreich, Deutschland und          und Meißeltechnik über Diamantsägen,
den USA gründete. Anfang der 70er Jahre trat               Bolzensetzgeräte, Messtechnik bis hin
Michael, der älteste Sohn Martin Hiltis, ins               zu Schleifund Schraubtechnik. Dane-
Unternehmen ein. Er wurde 1977 Vorstandsmitglied           ben bietet das Unternehmen auch
und ein Jahr später stellvertretender Vorsitzender der     Dienstleistungen wie Vermietung,
Konzernleitung. 1980 richtete Martin Hilti einen           Leasing und Flottenmanagement der
Familientrust ein, die Familie übertrug auf diese          eigenen Geräte sowie Beratung an.
Stiftung alle Anteile; sie sicherte sich so langfristig
ihren Einfluss auf das Unternehmen. Möglicher Streit       Die Zahlen: Seit der Gründung
unter den Erben sollte sich auf diese Weise nicht auf
                                                           verzeichnet Hilti ein fast ununterbro-
Hilti auswirken können. Das Management reagierte
                                                           chenes Wachstum bei Umsatz, Gewinn
auf die wachsende Größe und Komplexität des
                                                           und Mitarbeitern. Selbst im
Unternehmens, indem es die Firmenkultur
                                                           schwierigen Jahr 2008 wuchs das Un-
systematisch entwickelte und die erste schriftlich
                                                           ternehmen in den lokalen Währungen
fixierte Strategie einführte. Schließlich ging das
                                                           der Absatzmärkte um 7, in Schweizer
Unternehmen 1986 an die Börse, allerdings nur mit
                                                           Franken aber aufgrund von
stimmrechtslosen Anteilsscheinen. 1990 wurde
                                                           Devisenkurseffekten nur um ein
Michael Hilti CEO, vier Jahre später zog er sich auf
                                                           Prozent. Der Umsatz erreichte 4,7
den Posten des Verwaltungsratspräsidenten zurück.
                                                           Milliarden Franken – er hat sich damit
Pius Baschera leitete von nun an als erster
                                                           in zehn Jahren fast verdoppelt. Zum
familienfremder Manager den Konzern. Er trieb die
                                                           Gewinn liegen noch keine aktuellen
Internationalisierung inbesondere nach Asien weiter
                                                           Zahlen vor, aber er wird niedriger sein
voran, in China entstand ein erstes Werk. Nach dem
                                                           als der Reingwinn von 422 Millionen
Einbruch der Konjunktur und einem spürbaren
                                                           Franken aus dem Vorjahr. Insgesamt
Umsatzund Gewinnrückgang beschloss das
                                                           arbeiten 21 000 Mitarbeiter in mehr als
Management 2003, sich von der Börse zurückzu-
                                                           120 Ländern für Hilti.
ziehen, unrentable Werke in Mexiko und den USA zu
                                                             2002          konkretisierte          die
schließen, Prozesse weltweit zu standardisieren und
                                                           Geschäftsleitung       die     finanziellen
die Programme zur Kulturentwicklung zu
                                                           Vorgaben von „Champion 3C“ durch
überarbeiten. 2005 setzte die Verjüngung der
                                                           die „Vision 2008“. Ziel war es, den
Geschäftsleitung ein: Bis Anfang 2007 zogen drei
                                                           Umsatz auf vier Milliarden Schweizer
neue Mitglieder in das Gremium ein; Bo Risberg löste
                                                           Franken zu erhöhen und dabei 450
Baschera als CEO ab, der wiederum Präsident des
                                                           Millionen Franken Gewinn zu erreichen.
Verwaltungsrates wurde.
                                                           Der Erfolg gab Hilti recht: Zwischen
                                                           2003     und    2007      steigerte    das
Die Produkte: Hilti produzierte zunächst Metallteile für
                                                           Unternehmen seine Erlöse von 2,9 auf
die Kraftfahrzeugund Textilindustrie. Nach dem Ende        4,7 Milliarden Franken; parallel dazu
des Zweiten Weltkriegs konzentrierte sich das              verdoppelte sich der Profit von 276 auf
Unternehmen mehr und mehr auf Befestigungs-                533 Millionen Franken.
technik und Maschinen für Bauhandwerker. Anfangs             Entscheidend für den nachhaltigen
waren es Schussgeräte, mit denen sich                      Erfolg war der besondere Umgang mit
beispielsweise Nägel oder Bolzen in Wände treiben          der Strategie. War die „Strategy
lassen. Für den Durchbruch sorgten dann                    2000“       vor     allem      von     der
pneumatische Bohrhämmer, mit denen Handwerker              Unternehmensspitze definiert worden,
leichter als mit herkömmlichen Schlagbohrmaschinen         war „Champion 3C“ mehr ein Rahmen
Beton und andere Materialien bearbeiten können.            für den Konzern, den die einzelnen
„Die Hilti“ mit ihrer typischen roten Farbe wurde bei      Marktorganisationen       dezentral     mit
professionellen Anwendern ein Synonym für diese Art        jeweils eigenen Konzepten füllten. Das
von Maschinen.                                             galt auch für die Definition der Kultur-
Das Unternehmen erweiterte sein Angebot um Dübel,          und Mitarbeiterstrategie. Buchstäblich
Anker und schließlich komplette Befestigungs-              jeder der 14 000 Mitarbeiter, die zum
systeme mit den nötigen Maschinen und Materialien.
Zeitpunkt der Einführung von „Champion 3C“ bei Hilti
beschäftigt waren, sollte die Strategie kennen. Sie
alle nahmen an fünfstündigen Trainings in ihren Abtei-
lungen teil. Riesige Poster vermittelten die Bedeutung
jedes einzelnen Cs und der beiden zentralen Treiber
für jeden Teil der Organisation. Jeder hatte die
Möglichkeit, an diesen Postern mitzuarbeiten, „Die
StrategieWorkshops      haben     jedem     ein   klares
Verständnis der ganzen Firma und seiner Haupt-
themen gegeben. Jeder verstand, was als strate-
gisch angesehen wurde, und konnte helfen, etwas
beizutragen. Seitdem ist der CommitmentLevel bei
Hilti  außerordentlich     hoch“,     fasst    Baschera
zusammen.
Die Geschäftsleitung gab damit gezielt Macht und          Faktor       3:                 Aktive
Verantwortung ab. Sie beschränkte sich auf die Rolle
als Coach für die Führungskräfte in der Organisation,       Kulturentwicklung
als Herausforderer, damit die dezentral definierten         Hilti zeichnet sich seit Langem durch
Ziele auch ambitioniert genug waren, und als                eine besondere Unternehmenskultur
Koordinator der Aktivitäten. Die weitere Entwicklung        aus, die maßgeblich zum Erfolg des
hing      damit       nicht    mehr       allein      von   Konzerns beiträgt. Dabei handelt es
einzelnenFigurenwiedem Gründer anderSpitzeab.               sich um eine Reihe meist unbewusster
  Die Strategie„Champion 3C“ hatte elf Jahre lang           Annahmen, die die Mitglieder der
Gültigkeit; dann führten drei Gründe zu einer Über-         Organisation teilen und die sich in
arbeitung. Zum einen hatte Hilti die Ziele der „Vision      gemeinsamen Werten und aus diesen
2008“ bereits 2006 erreicht; zweitens stand die             abgeleiteten                 Handlungen
Firma neuen Herausforderungen gegenüber, wie                widerspiegeln. In der Anfangsphase
Konsolidierungen in den Märkten, neue Billiganbieter        eines Unternehmens verkörpert meist
und     die    Nachfrage     nach     einer     breiteren   die Gründerfigur durch ihr Verhalten
Produktpalette; drittens wurde zur gleichen Zeit die        die zentralen Werte der Organisation.
Nachfolge in der Geschäftsleitung vorbereitet. Eine         Mit steigender Mitarbeiterzahl und
der ersten Aufgaben des neuen Teams sollte es sein,         Internationalisierung wird es aber
die     Vision     weiterzuentwickeln.      Die     neue    schwieriger, einen Konsens über die
Marschrichtung des Konzerns sollte auf den etab-            gemeinsamen Annahmen herzustellen
lierten strategischen Erfolgsfaktoren von Hilti auf-        und      die    ursprünglichen      Werte
bauen, um für Kontinuität zu sorgen. Zugleich sollte        aufrechtzuerhalten.     Verlässt      der
die neue Geschäftsleitung eigene Akzente setzen, um         Gründer das Unternehmen, geht der
aus dem Schatten der Vorgänger zu treten.                   ursprüngliche Geist meist verloren.
  Nachdem die alte und die neue Geschäftsleitung              Wollen     Familienunternehmer      die
gemeinsam die geltende Strategie grundlegend                Gründerwerte bewahren, müssen sie
hinterfragt und überprüft hatten, entschieden sie           eine kohärente, eigenständige Kultur
2006 gemeinsam, die Kernprinzipien Kundenzu-                entwickeln und diese neuen Mitarbei-
friedenheit und Mitarbeiterorientierung beizubehalten       tern aktiv vermitteln. Dann kann es
und nur die Umsetzungsprozesse zu ändern. Sie               gelingen, die Werte von der Person
fassten die neuen strategischen Ziele in der „Vision        des Gründers zu lösen und sie trotz
2015“ zusammen: Die Kundenzufriedenheit sollte              Wachstums über längere Zeiträume
Werte von über 90 Prozent erreichen, der Umsatz auf         hinweg zu erhalten. Damit die Kultur
acht Milliarden Schweizer Franken und der Gewinn            aber nicht zu einem Korsett wird, muss
auf mindestens 800 Millionen Franken steigen; Hilti         Raum für Veränderungen bleiben.
sollte   zudem     ein    außergewöhnlich     attraktiver   Idealerweise verstehen Führungskräfte
Arbeitgeber mit mehr als 30 000 Mitarbeitern                und Mitarbeiter die Kultur als etwas
werden. Dies war ein aggressiver Wachstumsplan,             Stabiles,          aber          dennoch
bedeutete er doch die Verdopplung von Umsatz,               Entwickelbares, an dem sie in offener
Gewinn und Mitarbeiterzahl.                                 Kommunikation arbeiten. Vorbildliches
CEO Bo Risberg beschreibt die Wirkung dieser                Verhalten Einzelner im Unternehmen,
Vorgaben wie folgt: „Die Vision setzt neue Energie in       beispielhafte     Prozesse    und     der
der Organisation frei, da die Ziele sehr ambitioniert       ständige Austausch über Ereignisse
sind. Sie sind weit genug entfernt und dennoch              prägen         die      Kultur.       Die
konkret genug, dass die Mitarbeiter ein Teil von ihnen      Verantwortlichen sollten zudem Werte
sein wollen.“ Um sie zu erreichen, definierte die           und     Grundüberzeugungen        in  die
Geschäftsleitung die vier strategischen Prioritäten         Managementsysteme integrieren und
Wachstum,      Differenzierung,    Produktivität   sowie    etwa             Verfahren            zur
Mitarbeiter und legte jeweils klare Zwischenziele fest.     Leistungsbeurteilung,       Stellenprofile
Vertreter aller Managementebenen, sowohl im                 oder die Beförderungspolitik darauf
Verwaltungsrat      als   auch   in   der    erweiterten    ausrichten. Erst dann löst sich die
Geschäftsleitung, den Führungsteams im Konzern              Kultur von einzelnen entscheidenden
und in den großen Marktorganisationen, diskutierten         Personen und ist nicht mehr von der
die Vision wie auch die strategischen Prioritäten.          Gründerpersönlichkeit abhängig.
Schließlich präsentierte die neue Geschäftsleitung im
November 2006 die „Vision 2015“ vor dem globalen
Managementteam mit allen 140 Führungskräften in
einem zweitägigen Workshop. Hilti fand mit dem
neuen Konzept die Balance zwischen Kontinuität bei
den Zielen und der nötigen Offenheit für neue
Herausforderungen.
Das bedeutet aber auch, dass die Führung nicht           verpflichtet sich auf diese selbst
mehr allein von der Spitze der Organisation her er-        gewählten Vorgaben, niemand darf
folgt. Eine gelebte Kultur wird für die Mitarbeiter zu     sich        eine       Rückzugsstrategie
einer Richtschnur. Alle wissen, dass bestimmte             offenhalten (daher der Name des
Verhaltensweisen nicht mehr zur Kultur passen.             Seminars; weitere Informationen zu
Willkür oder Egoismus einzelner Führungskräfte sind        dem dahinter stehenden Konzept
so deutlich schwerer möglich. Würde die Ge-                finden    sich    in      unserem       Buch
schäftsleitung gegen geteilte Werte verstoßen, ver-        „Entschlossen führen und handeln“,
löre sie sofort an Glaubwürdigkeit.                        siehe Seite 110). Der letzte Workshop
  Auch bei Hilti bestand die Gefahr, dass sich nach        nennt sich „Pit Stop“ (deutsch:
dem Ausscheiden der Familienmitglieder aus dem             Boxenstopp, der Begriff spielt auf das
Tagesgeschäft die Kultur des Unternehmens verän-           Auftanken und den Reifenwechsel bei
dern würde. Doch Michael Hilti hat bereits 1984 die        der Formel 1 an – Anm. d. Red.). Hier
ersten Workshops für ein Kulturtraining eingeführt –       sollen die Teilnehmer Energie sammeln
auch als Reaktion auf die damals zum ersten Mal            für neue Aufgaben und entscheiden,
stagnierenden Verkaufszahlen. Diese sogenannten            auf    welche      Projekte       sie    sich
InnoSeminare, die das Management in den folgenden          konzentrieren und welche sie beenden
mehr als 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt         wollen. Zudem geht es um die eigene
hat,     dienten    dazu,   bewusst     eine    eigene     Arbeitsbelastung und die WorkLife-
Unternehmenskultur       weltweit   und    auf     allen   Balance der Teammitglieder. Zu jedem
Hierarchieebenen zu schaffen. Das Management               der Seminare gehört es, dass sich die
verband konsequent Strategie und Kultur. Die               Teilnehmer mit den für sie wichtigen
Kulturfaktoren sollten stets zielorientiert sein und       aktuellen Zahlen und Fakten ausein-
entscheidenden Einfluss auf die finanziellen Er-           andersetzen. Sie sollen erkennen,
gebnisse der Firma haben. Auch die gesamte Perso-          welche      eigenen      Schwächen       und
nalpolitik orientierte sich an der Kultur. „Unsere         welche Hindernisse die Leistungs-
Mitarbeiter und die Unternehmenskultur sind nicht          fähigkeit    von   Hilti   beeinträchtigen
weiche Elemente, sondern entscheidende Treiber             sowie            die             Kundenund
des Erfolgs von Hilti – sie sind eines unserer             Mitarbeiterzufriedenheit negativ beein-
wichtigsten       Erfolgsgeheimnisse“,       versichert    flussen; außerdem sollen sie lernen,
Verwaltungsrat Michael Hilti.                              wie sie gegensteuern können.
  2003 ließ die Geschäftsleitung die KulturWorkshops       Das         Topmanagement               steht
grundlegend überarbeiten. Das Ziel: Sie wollte die         uneingeschränkt            hinter         der
Kultur der aktuellen Geschäftsentwicklung und neuen        Kulturentwicklung. So investiert es seit
strategischen Herausforderungen anpassen. Das              Jahrzehnten erhebliche Mittel in das
Management versteht die Kulturentwicklung als              Programm. Allein 2007 gab Hilti rund
andauernden Prozess. Dies spiegelt auch der Name           13,2    Millionen    Franken        für   die
der WorkshopReihe „Our Culture Journey“ (deutsch:          Kulturtrainings aus, die insgesamt
„Unsere Kulturreise“) wider. Für diese Seminare            mehr als 38 000 Arbeitstage in
treffen sich die Arbeitsteams alle 24 Monate abseits       Anspruch nahmen. Zudem investieren
vom     Alltagsgeschäft   für  mehrere     Tage,     um    die Mitglieder der Geschäftsleitung pro
festzulegen, mit welchen Maßnahmen sie die Kultur          Jahr mindestens zehn Tage ihrer
verbessern können. Die Teilnehmer diskutieren              eigenen        Arbeitszeit        in      die
zudem, was jeder von ihnen zum Teamerfolg beiträgt.        Kulturtrainings. Sie testen als erstes
Seit 2007 sind diese Workshops verpflichtend für alle      Team neue WorkshopFormate und
Mitarbeiter.                                               moderieren anschließend die Seminare
  Das Kulturtraining umfasst drei aufeinanderfolgende      der nächsten Hierarchieebene, deren
Seminare, die jeweils zweieinhalb bis vier Tage            Mitglieder wiederum die Seminare
dauern. Im ersten mit dem Namen „Foundation“               ihrer    Untergebenen         leiten.    Alle
(deutsch: Grundlage) geht es um die Voraus-                Führungskräfte        durchlaufen        das
setzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im          Seminar auf diese Weise zweimal.
Unternehmen und die Bedeutung des HiltiLeitbilds –         Selbst der Verwaltungsrat nimmt an
„Wir begeistern unsere Kunden und bauen eine               regelmäßigen Teamseminaren teil.
bessere Zukunft!“ – für die eigene Arbeit. Im                Wie stark jeder Einzelne mit den
Workshop „Rubicon“ (benannt nach dem italieni-             Unternehmenswerten übereinstimmt,
schen Fluss, den Caesar 49 v. Chr. überschritt, um         beeinflusst      entscheidend           seine
die Alleinherrschaft im römischen Reich zu erobern;        Weiterentwicklung und Karriere. So
danach gab es kein Zurück mehr für ihn – Anm. d.           war     bei    über    der     Hälfte     der
Red.) legt das Team neue Ziele sowie Projekte zur          Führungskräfte,      die    Hilti    in  den
Weiterentwicklung der Unternehmenskultur für sich          vergangenen         Jahren         verlassen
fest. Das Team als Ganzes und jeder Einzelne               mussten, mangelnde Einhaltung der
kulturellen Werte Grund für die Kündigung. Die
Kulturentwicklung zeigt zudem messbare Ergebnisse.
Die jährliche Mitarbeiterbefragung, an der 92 Prozent
der Belegschaft teilnahmen, ergab, dass 81 Prozent
Hilti als Arbeitgeber weiterempfehlen würden; 87
Prozent sind stolz darauf, bei Hilti zu arbeiten; und 94
Prozent sind bereit, was immer möglich ist, für den
Unternehmenserfolg zu tun.
schäftsführung altersbedingt innerhalb
Fazit                                                 von wenigen Monaten ausschieden
Dem HiltiManagement gelang es durch                   und durch Jüngere ersetzt wurden.
drei   Faktoren,  eine   erfolgreiche                 Zwar sollte das neue Führungsteam
Unternehmensentwicklung                               für   einen   dynamischen    Aufbruch
                                                      stehen, dennoch war kein Bruch, keine
Jeder zweite gefeuerte HiltiManager                   negative Turbulenz zu spüren. Es
                                                      gelang, das in der Vergangenheit
musste gehen, weil er sich nicht an                   Bewährte – die Erfahrungen, Werte
die Werte des Unternehmens                            und Strategien – als Rückenwind zu
                                                      nutzen. Ein Beleg dafür ist die
gehalten hatte.                                       Balanceleistung in diesem höchst
                                                      innovativen und zugleich traditionellen
über      mehrere      Managergenerationen            Familienunternehmen: Die Führung bei
hinweg zu sichern. Erstens steht bereits              Hilti prägen auf der einen Seite
seit Jahrzehnten eine Gruppe an der                   Kontinuität und auf der anderen Seite
Spitze des Konzerns, die sich als Team                Innovation und Dynamik – diese
versteht und nicht durch Einzelkämpfer                scheinbaren Widersprüche sind die
geprägt ist. Zweitens verfolgt Hilti seit             Grundlage      für    die   nachhaltig
den Zeiten des Gründers Martin Hilti klare            erfolgreiche Entwicklung. ■
strategische      Ziele,  die    von    einer
mitreißenden Vision getragen werden.
Dabei findet das Management stets die
Balance       zwischen     Kontinuität   und
Aufbruchstimmung, weil es immer wieder
neue ambitionierte Ziele definiert. Drittens
investiert das Management seit 1984 in
die systematische Entwicklung einer
starken Kultur, die sich an den Werten                SERVICE
des Gründers orientiert. So ist der Alltag
eines jeden HiltiMitarbeiters durch eine
einzigartige Unternehmenskultur geprägt,              LITERATUR
deren zentrale Werte Integrität, Mut,                 WAGEMAN, R.; NUNES, D.; BURRUSS, J.; HACKMAN, J. R.:
Teamarbeit und Einsatz sind. Manager                  Senior Leadership Teams: What It Takes to Make them Great,
und Mitarbeiter leben die Kultur aktiv und            Harvard Business School Press 2008.
entwickeln sie stetig weiter, aber auch
hier erfolgt die Veränderung eher schritt-            HBM ONLINE
weise als revolutionär.                               (zu beziehen über: www.harvardbusinessmanager.de) BRUCH, H.;
  Wie stark diese Faktoren zum Erfolg von             VOGEL, B.: Die Philosophie der Nummer eins, in: Harvard
Hilti beitragen, zeigt sich nicht zuletzt an          Businessmanager, Juni 2008, Seite 32, Produktnummer 200806032.
den       erfolgreichen     Wechseln       im         BRUCH, H.; GHOSHAL, S.:Vorsicht vor übereifrigen Managern, in:
Geschäftsleitungsteam.       Sie    gelangen          Harvard Businessmanager, 4/2002, Seite 64, Produktnummer
insbesondere deshalb, weil die Topleute               200204064.
die     starke     Unternehmenskultur       in
Managementsysteme überführt hatten.                   Weiterführende Informationen finden Sie im Internet unter der
Dadurch ist es Hilti gelungen, die Ideen              Rubrik „Mehr zum Thema“: www.harvardbusinessmanager.de/heft/
des Gründers von dessen Person zu                     20093.html
lösen     und in      der Organisation     zu
verankern: Nicht mehr er allein inspiriert            KONTAKT
                                                      heike.bruch@unisg.ch
Manager und Mitarbeiter und versorgt
                                                      sabine.poralla@unisg.ch
diese wie eine Batterie mit Energie. Statt-
dessen ist es gelungen, ein Unternehmen
aufzubauen,        in    dem      es    viele
                                                               © 2009 Harvard Businessmanager
Energiequellen gibt, Ideen und Inspiration
von verschiedenen Personen kommen
und die Abhängigkeit von einzelnen Füh-
rungspersönlichkeiten deutlich reduziert
ist.
Das zeigte sich insbesondere im Zuge des „ge-
räuschlosen Übergangs“ in der Geschäftsleitung, als
der CEO und zwei weitere Mitglieder der Ge-

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Fallstudie hilti-(bruch-u-poralla)

  • 1. ffd8ffe000104a4649460001020106f306f30000ffe20c584943435f50524f46494c45 00010100000c484c696e6f021000006d6e74725247422058595a2007ce000200090 00600310000616373704d534654000000004945432073524742000000000000000 0000000000000f6d6000100000000d32d485020200000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00001163707274000001500000003364657363000001840000006c7774707400000 1f000000014626b707400000204000000147258595a00000218000000146758595a0 000022c000000146258595a0000024000000014646d6e640000025400000070646 d6464000002c400000088767565640000034c0000008676696577000003d400000 0246c756d69000003f8000000146d6561730000040c000000247465636800000430 0000000c725452430000043c0000080c675452430000043c0000080c625452430 000043c0000080c7465787400000000436f70797269676874202863292031393938 204865776c6574742d5061636b61726420436f6d70616e790000646573630000000 000000012735247422049454336313936362d322e3100000000000000000000001 2735247422049454336313936362d322e310000000000000000000000000000000 00000000000000000000000 Autorenexemplar Nur zum persönlichen Gebrauch, Vervielfältigung jeder Art untersagt
  • 3. Wie Hilti über Generationen gute Führung garantiert BEST PRACTICE: Der Liechtensteiner HiltiKonzern, bekannt für seine Bohrhämmer und Befestigungssysteme, wurde stark durch die Gründerfamilie geprägt. Dennoch klappte der Wechsel zu jüngeren familienfremden Managergenerationen an der Unternehmensspitze bereits mehrmals reibungslos. Die Gründe: der Teamgeist in der Führung, eine mitreißende Vision und die besondere Kultur von Hilti. Von Heike Bruch und Sabine Poralla ist für jedes Unternehmen eine der heikelsten Fragen: Wann ist es für Mit ffd8ffe000104a4649460001020100c800c80000ffe20c584943435f50524f46494c45000101000 00c484c696e6f021000006d6e74725247422058595a2007ce0002000900060031000061637370 4d5346540000000049454320735247420000000000000000000000000000f6d600010000000 0d32d485020200000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 0000000000000000000000000000000001163707274000001500000003364657363000001840 000006c77747074000001f000000014626b707400000204000000147258595a00000218000000 146758595a0000022c000000146258595a0000024000000014646d6e64000002540000007064 6d6464000002c400000088767565640000034c0000008676696577000003d4000000246c756 d69000003f8000000146d6561730000040c0000002474656368000004300000000c725452430 000043c0000080c675452430000043c0000080c625452430000043c0000080c746578740000 0000436f70797269676874202863292031393938204865776c6574742d5061636b61726420436 f6d70616e790000646573630000000000000012735247422049454336313936362d322e310000 00000000000000000012735247422049454336313936362d322e31000000000000000000000 000000000000000000000000000000000s glieder des Topmanagements Zeit, ihre Position zu verlassen und Jüngeren Platz zu machen? Der Liechtensteiner Hilti Konzern, bekannt für seine Bohrmaschinen, Akku
  • 4. schrauber und kompletten Befestigungssysteme, hat mit der „Regel 56“ eine klare Antwort gefun den. Kein Mitglied der Geschäftsleitung darf älter als 55 Jahre sein. Was sich simpel und schlüssig anhört, hatte für das Unternehmen dramatische Konsequenzen. „Wir waren ein Team, das fast 13 Jahre lang diese Firma gemeinsam entwickelt hat, und innerhalb von 24 Monaten mussten drei von vier Mitgliedern der Geschäftsleitung ihr Amt nie derlegen“, erklärt Pius Baschera, damals CEO und heute Präsident des Verwaltungsrats, des obersten Aufsichtsgremiums des Konzerns. Gleich drei Nachfolger musste das alte Führungsteam finden, gründlich vorbereiten und anschießend in ihre Ämter einführen. Heute, mehr als zwei Jahre später, zeigt sich: Die Machtübergabe ist erfolgreich verlaufen. Und das nicht zum ersten Mal. Auch die Führungswechsel von Martin Hilti, der das Unternehmen 1941 ge gründet, über Jahrzehnte aufgebaut und damit ent scheidend geprägt hatte, auf seinen Sohn Michael Hilti und dann zum ersten familienfremden CEO Baschera gingen problemlos vonstatten. Das ist alles andere als selbstverständlich. Denn gerade ein Gründer hat enormen Einfluss auf die Führung, die Kultur und die Entwicklung eines Unternehmens. Verlässt er seine Firma, kommt es häufig zu einem Bruch, der den weiteren Erfolg der Organisation bedrohen kann. Bei Hilti war das anders. Der Konzern ist seit Jahrzehnten Marktführer für Befestigungssysteme in der Baubranche. Er verzeichnet kontinuierlich zweistellige Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn und hat seit mehr als zehn Jahren keinen Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen entlassen. Der Geist des Gründers Martin Hilti ist noch immer in der Kultur und in der Führung des Unternehmens präsent. Für diesen Erfolg sind drei Faktoren verantwortlich, die wir im Folgenden genauer vorstellen wer- den: Ein starkes Team führt das Unternehmen, es verfolgt eine mitreißende Vision sowie eine darauf abgestimmte Strategie, und seit Jahrzehnten gibt es eine aktive Kulturentwicklung. Unsere Erkenntnisse beruhen auf ausführlichen Interviews mit den amtierenden und ausgeschiedenen Topmanagern sowie auf der Auswertung von internen Dokumenten, Geschäftsberichten und Unternehmensanalysen.
  • 5. Faktor 1: Starkes Topteam Jahrzehnten als Eigentümer sowie als Chef von Unternehmensleitung und Verwaltungsrat Selten finden sich – wie bei Hilti – starke (eine mit dem Aufsichtsrat in Deutschland Teams an der Spitze eines vergleichbare Funktion) maßgeblich formte. Familienunternehmens. Stärker verbreitet sind 1972 erlitt er einen dominante Alleingänger, divenhaftes Verhalten KOMPAKT oder gar Konkurrenzkämpfe unter den Topmanagern. Wie sieht dagegen ein echtes Team aus, das ein Unternehmen nachhaltig Gründer haben in der Regel großen Einfluss erfolgreich führt? Eine Gruppe von Fachleuten auf ihr Unternehmen. Sie wissen, wohin sie um die HarvardProfessoren Ruth Wageman mit ihrer Firma wollen und prägen die Kultur. und J. Richard Hackman (siehe Servicekasten Geben sie ihre Führungsrolle ab, kommt es Seite 9) hat drei Voraussetzungen für die oft zu einem Bruch. Die Organisation droht effektive Zusammenarbeit von Teams ermittelt: die Orientierung zu verlieren, oder der neue Die Mitglieder verfolgen nicht nur ihre Chef ändert radikal die Marschrichtung. persönlichen Interessen, sondern tragen zum Dadurch besteht die Gefahr, dass Manager Erfolg der Gruppe und deren Zielen bei; sie und Mitarbeiter sich mehr mit sich selbst fühlen sich den durchaus herausfordernden beschäftigen, als sich um das Geschäft zu gemeinsamen Zielen verpflichtet und verfolgen kümmern. diese mit Konsequenz und gemeinschaftlichem Engagement; schließlich wechseln die Das Beispiel Hilti: Die Autorinnen haben die Teammitglieder nicht häufig, es gibt feste Führungswechsel bei Hilti untersucht – erst Verantwortlichkeiten, und die Mitglieder sind von Martin Hilti, der das Unternehmen 1941 voneinander abhängig. gegründet und fast 50 Jahre geleitet hat, zu Ändert sich die Zusammensetzung eines Ge- seinem Sohn Michael, dann auf die erste schäftsleitungsteams, hängt der Erfolg der Generation familienfremder Manager, die als Übergangsphase davon ab, wie stark die Viererteam den Konzern führten. Zwischen Vorgänger ihre Nachfolger unterstützen und 2005 und 2007 stand der nächste große coachen. Letztere können so schneller Generationswechsel an, als drei Topleute gemeinsame Normen und Werte für ihre altersbedingt die Geschäftsführung verließen. Zusammenarbeit entwickeln. Zudem ist es ein Vorteil, wenn in einem Die drei Erfolgsfaktoren: Trotz dieser erheblichen Unternehmen nicht alle Macht allein auf eine Person konzentriert ist. Gibt es ein echtes Veränderungen an der Spitze verzeichnet der Team an der Spitze, fällt der Wechsel eines Konzern seit Jahrzehnten stolze Managers nicht mehr so stark ins Gewicht; die Wachstumsraten. Die Autorinnen führen dies anderen Führungskräfte können den Weggang auf drei Faktoren zurück – die Topmanager kompensieren. Die Topleute werden in einem verstehen sich als echtes Team, sie echten Team auch eher bereit sein, ihr Wissen begeistern die Mitarbeiter durch attraktive und ihre Erfahrung auszutauschen und an den Visionen und Strategien, und sie haben die jeweils neuen Kollegen weiterzugeben. Ihr Unternehmenskultur kontinuierlich gepflegt Knowhow bleibt der Organisation so über und weiterentwickelt. mehrere Managergenerationen erhalten. Gleichzeitig können die Mitglieder des Topteams, wenn sie sich auf eine gemeinsame Strategie geeinigt haben, diese als Gruppe von Multiplikatoren in das Unternehmen tragen. Ein wichtiger Vorteil gegenüber Firmen, in denen der CEO dominiert und damit der einzig wirklich entscheidende Botschafter für wichtige Informationen ist. HEIKE BRUCH Bei Hilti herrschte der Teamgedanke ist Professorin und Direktorin am Institut für Führung und keineswegs seit der Unternehmensgründung Personalmanagement der Universität St. Gallen. an der Spitze, sondern er hat sich erst im Laufe der Jahrzehnte entwickelt. Als Martin SABINE PORALLA Hilti sein Unternehmen gemeinsam mit seinem hat am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen Bruder Eugen 1941 gründete, war vor allem er promoviert. Seit Februar 2009 ist sie im Bereich Personalmanagement des US- es, der seine Firma in den folgenden amerikanischen Landmaschinenherstellers Agco Corporation tätig.
  • 6. Herzinfarkt. Dies führte ihm vor Augen, Teams erhielten zusätzlich zur Gewinnverantwortung wie gefährlich die Konzentration der für ihren eigenen Bereich auch noch die gesamten Verantwortung auf seine Verantwortung für das Erreichen der Firmenziele Person war. Er richtete daher ein insgesamt, was sich auch in ihrem Gehalt Leitungsteam ein, das gemeinsam mit widerspiegelte. Alle sollten gemeinsam an der ihm das Unternehmen führte, und Weiterentwicklung des Konzerns arbeiten. Nur für die baute seinen ältesten Sohn Michael drei Bereiche Konzernstrategie, Nachfolgeplanung als seinen Nachfolger auf. Der rückte und Unternehmenskultur blieb die Geschäftsleitung 1990 als CEO an die Stelle seines allein verantwortlich, da sich die Neuen vor allem im Vaters, der Präsident des Operativen bewähren sollten. Allen war klar, dass aus Verwaltungsrates blieb. ihren Reihen die Nachfolger der ausscheidenden Michael Hilti trieb die Machtteilung Topleute kommen würden. zwischen Management und Familie Ihre Teamfähigkeit konnten die weiter voran, indem er sich 1994 aus Manager nun im Alltag in der dem Tagesgeschäft zurückzog: Er Zusammenarbeit mit den anderen übernahm die Position des Mitgliedern der erweiterten Verwaltungsratspräsidenten, und der Geschäftsleitung beweisen. Der Schweizer Pius Baschera wurde Auswahlprozess erhielt dadurch eine erster familienfremder CEO. Baschera völlig neue Qualität. Schließlich setzte auf Kontinuität in der Führung unterbreiteten die vier und betonte die Bedeutung des Geschäftsleitungsmitglieder dem Teamgeistes. Der Deutsche Egbert Verwaltungsrat Vorschläge für ihre Appel, der im selben Jahr mit der Nachfolge, die das Gremium auch Verantwortung für Personal, Finanzen unterstützte. Am 1. Januar 2007 und Informatik in die Konzernleitung übernahm der Schwede Bo Risberg (er eintrat, beschreibt diese Haltung so: war bereits Mitglied der „Ein Geschäftsleitungsmitglied muss Konzernleitung) die CEOPosition von bescheiden sein und sich ständig Pius Baschera, der wiederum Präsident selbst hinterfragen. Wir dulden keine des Verwaltungsrates wurde; der Primadonnen und Deutsche Christoph Loos löste Egbert Selbstglorifizierungen, weil einer der Appel ab und verantwortete die Gründe für den Erfolg von Hilti bislang Bereiche Personal, Finanzen und war, dass wir uns nie auf unseren Informatik; der Deutsche Stefan Nöken Lorbeeren ausruhen.“ erhielt von Risberg die Zu Von 1994 bis Ende 2006 leitete Baschera gemeinsam mit drei weiteren Kollegen den Konzern. In Die Führung von Hilti war zunächst diesem Führungsteam herrschte auf den Gründer ausgerichtet. große personelle Stabilität: Neben Appel war auch der USAmerikaner Teamgeist entwickelte sich im Ewald Hoelker, der für die Topmanagement erst über Marktregionen von Hilti zuständig war, fast die gesamte Zeit über Mitglied Jahrzehnte. dieses Gremiums. Als der nächste Generationswechsel anstand, war ständigkeit für die einzelnen Teamfähigkeit wieder eine wichtige Produktgruppen, die Supply Chain mit Eigenschaft, die ein Nachrücker aus Produktion, Beschaffung und Logistik der nächsten Ebene mitbringen sollte. sowie den Bereich New Business & Zwischen Anfang 2005 und Anfang Technology; der Schweizer Marco 2007 ersetzten jüngere Manager drei Meyrat war bereits Anfang 2005 in die der vier Geschäftsführungsmitglieder Geschäftsleitung eingezogen und – inklusive des CEOs. Damit es nicht betreut weltweit alle Marktregionen von zu Reibungsverlusten kam, erweiterte Hilti; er ersetzte Ewald Hoelker. die Gruppe um Baschera den Alle Beteiligten bemühten sich, den Führungskreis in dieser Phase um die Wechsel reibungslos zu gestalten, 16 Manager der nächsten Ebene. Auf indem neue und alte Topleute das diese Weise würden statt 3 von 4 nur Unternehmen eine Zeit lang gemeinsam 3 von 20 Topmanagern ausscheiden, führten. „Wir haben Mitte 2006 so die Überlegung. übernommen, als der ehemalige Die neuen Mitglieder des Executive Board noch im Amt war. Das sogenannten Executive Management war eine einmalige Chance für Hilti.
  • 7. Denn es wurde nicht zusammen: „Der personelle Wechsel gesagt: Sie machen das war nichts Revolutionäres. Das bis zum letzten Tag, und Spektakuläre liegt in diesem sanften, die Neuen beginnen am von langer Hand vorbereiteten 1. Januar 2007 und Übergang, der reibungslos und ohne ändern erst mal alles“, jegliches Nebengeräusch vonstatten erläutert Nöken. Auch ging.“ nach ihrem Ausscheiden unterstützten die Vorgänger ihre Nachfolger: Baschera und Hoelker als Mit- glieder des Verwaltungsrates; Appel als Geschäftsführer des Martin Hilti Family Trust, der alle Anteile an Hilti hält. Den Teamgeist an der Konzernspitze fördert auch, dass der Verwaltungsrat prinzipiell alle neuen Mitglieder der Geschäftsleitung intern rekrutiert. Die drei neuen Topleute hatten bereits viele Jahre bei Hilti gearbeitet. Sie waren daher gut mit Kultur, Besonderheiten und Gewohnheiten der Organisation vertraut, sie hatten dieselben Normen und Regeln der Zusammenarbeit verinnerlicht. Wichtiger sozialer Klebstoff in der Geschäftsleitung ist sicherlich der gemeinsame Glaube an die Bedeutung der Hilti- Kultur für den Unterneh- menserfolg. Dies wird symbolisch und faktisch dadurch unterstützt, dass die Geschäftsleitung eben- so wie alle anderen Teams bei Hilti gemeinsam Kulturseminare durchläuft und sich so als Gruppe weiterentwickelt. Wie problemlos die Machtübergabe erfolgte, fasst der heutige Verwaltungsrats- präsident Baschera
  • 8. die über Jahrzehnte stabile Führung und Faktor 2: Mitreißende Ziele den nachhaltigen Erfolg von Hilti ist die Der zweite mitreißende Vision und klare entscheidende Grund für hatte, führte er 1987 die Hilti will Umsatz, Gewinn und erste schriftlich Belegschaft bis 2015 verdoppeln – niedergelegte Strategie ein, die sogenannte und mit dieser Vision die Mitarbeiter „Strategy 2000“. Ihren zu Höchstleistungen motivieren. Inhalt definierten er und sein Managementteam aus einer Situation der Strategie des Unternehmens. Das ist Stärke heraus – Hiltis typisch für Familienunternehmen, bei Umsatz verzeichnete denen der Gründer seinen Mitarbeitern damals zweistellige und Geschäftspartnern oft eine starke Zuwachsraten. Ziel war Vision vermitteln kann. Scheidet er aus, es, durch das droht sich das zu ändern und der Sinn Segmentieren der der gemeinsamen Arbeit verloren zu Märkte die Prozesse für gehen. Bei Hilti war das nicht so. Marketing und Verkauf Wie sollte eine Vision aussehen, die über die verschiedenen die Mitarbeiter motiviert, ihre Energie Regionen hinweg zu ver- voll für das Unternehmen einzusetzen? einheitlichen. Als sein Sie sollte realistisch, attraktiv, zu- Sohn Michael 1990 an kunftsgerichtet und glaubwürdig sein. seine Stelle trat, ließ Realistisch bedeutet, dass die Vision einen dieser die Strategie Bezug zur Wirklichkeit haben muss; sie unverändert. Auch Pius sollte herausfordernd, aber nicht Baschera hielt 1994 als illusorisch sein. Attraktiv ist sie, wenn die neuer CEO – anders als Mitarbeiter an ihr teilhaben wollen und in vielen Unternehmen zu in ihr klare Vorteile für das beobachten ist – im Unternehmen erkennen. Zukunftsgerichtet Sinne der Nachhaltigkeit wirkt sie, wenn die Vision den Blick zunächst an der be- nach vorn richtet und ein währten Strategie fest. nachvollziehbares Bild der an- Baschera führte aber verschiedene gestrebten Zukunft zeichnet. Glaubwürdig Instrumente ein, um die wird sie, wenn Manager und Mitarbeiter Zukunftstauglichkeit der langfristigen sie für einen sinnvollen Schritt der Ausrichtung konsequent zu weiteren Entwicklung des Unter- überprüfen. Das sogenannte nehmens halten, der auf der Wettbewerberradar und die Geschichte und dem aktuellen Zustand Mitarbeiterbefragung, die die der Organisation aufbaut. Nur dann Stimmung im Markt beziehungsweise vermittelt eine Vision einen Rahmen für im Unternehmen erfassten, ergaben im künftiges Handeln und sorgt zugleich Jahr 1995 erste Signale für mögliche für Kontinuität. künftige Probleme für Hilti. So Eine klare Vision vermittelt aber nicht schwächte sich das Umsatzwachstum nur Perspektive und Sinn, sondern ab, und es gelang nicht mehr, mit den liefert auch einen Maßstab, mit dem gewohnten Maßnahmen Profitabilität sich die aktuelle Leistung des Unter- und Produktivität zu erhöhen. nehmens beurteilen lässt. Und sie hilft, Aufbauend auf der bewährten sich auf das Wichtige zu konzentrieren „Strategy 2000“ setzte das Team um und Dinge wegzulassen, die nicht der Pius Baschera daher eine neue Realisierung der Vision dienen. Strategie um, die den Erfolg von Hilti in Das gilt auch für den HiltiKonzern. den folgenden Jahrzehnten sichern Martin Hilti legte viel Wert darauf, sollte. Sie hieß „Champion 3C plus seinem Unternehmen eine klare culture and people strategy“ und strategische Richtung zu geben. stand für Exzellenz in den drei Nachdem er den Konzern in den ersten Bereichen Kundenorientierung, Kompetenz und vier Jahrzehnten nach dessen Konzentration (englisch: „Customer“, Gründung als Marktführer etabliert „Competence“ und „Concentration“,
  • 9. daher 3C), getrieben von der besonderen Unternehmenskultur und Mitarbeiterorientierung bei Hilti. Aus dieser Strategie hat das Topmanagement drei Initiativen abgeleitet. Unter dem Stichwort Marktreichweite versuchte es die Kundenorientierung weiter zu verbessern, indem es beispielsweise dentelefonischenKundendienstoptimierte,ECom- merceAngebote einführte oder in Fachmärkten für Bauprofis kleine Shops mit eigenem Personal einrichtete, um auch Kleinstabnehmer zu erreichen. Die operative Exzellenz sollte sich durch die weltweite Standardisierung und kontinuierliche Verbesserung von Geschäftsprozessen vor allem mithilfe der Informationstechnik erhöhen. Schließlich wollte der Konzern die Produktführerschaft mit innovativen neuen Geräten und Lösungen verteidigen. Dahinter steckte aber auch eine Konzentration auf diejenigen Produkte, mit denen Hilti in den jeweiligen Märkten die Nummer eins, zwei oder drei sein konnte.
  • 10. Hilti im Überblick Nach und nach kamen weitere Produktgruppen hinzu – durchaus mit Die Geschichte: 1941 gründete Martin Hilti (1915 – unterschiedlichem Erfolg. So war der 1997) gemeinsam mit seinem Bruder Eugen (1911 – Ausflug in den Fassadenund 1964) die Maschinenbau Hilti OHG in Schaan, Fensterbau während der 80er Jahre Fürstentum Liechtenstein – mit anfangs fünf nicht von Dauer. Eine langfristigere Mitarbeitern. In den 50er Jahren begann er mit der Ergänzung war der Einstieg in die Internationalisierung des Unternehmens, indem er ein Bauchemie (Dichtungsschäume). Das weltweites Vertriebsnetz aufbaute und ab den 60ern Produktportfolio reicht heute von Bohr- Produktionsstätten in Österreich, Deutschland und und Meißeltechnik über Diamantsägen, den USA gründete. Anfang der 70er Jahre trat Bolzensetzgeräte, Messtechnik bis hin Michael, der älteste Sohn Martin Hiltis, ins zu Schleifund Schraubtechnik. Dane- Unternehmen ein. Er wurde 1977 Vorstandsmitglied ben bietet das Unternehmen auch und ein Jahr später stellvertretender Vorsitzender der Dienstleistungen wie Vermietung, Konzernleitung. 1980 richtete Martin Hilti einen Leasing und Flottenmanagement der Familientrust ein, die Familie übertrug auf diese eigenen Geräte sowie Beratung an. Stiftung alle Anteile; sie sicherte sich so langfristig ihren Einfluss auf das Unternehmen. Möglicher Streit Die Zahlen: Seit der Gründung unter den Erben sollte sich auf diese Weise nicht auf verzeichnet Hilti ein fast ununterbro- Hilti auswirken können. Das Management reagierte chenes Wachstum bei Umsatz, Gewinn auf die wachsende Größe und Komplexität des und Mitarbeitern. Selbst im Unternehmens, indem es die Firmenkultur schwierigen Jahr 2008 wuchs das Un- systematisch entwickelte und die erste schriftlich ternehmen in den lokalen Währungen fixierte Strategie einführte. Schließlich ging das der Absatzmärkte um 7, in Schweizer Unternehmen 1986 an die Börse, allerdings nur mit Franken aber aufgrund von stimmrechtslosen Anteilsscheinen. 1990 wurde Devisenkurseffekten nur um ein Michael Hilti CEO, vier Jahre später zog er sich auf Prozent. Der Umsatz erreichte 4,7 den Posten des Verwaltungsratspräsidenten zurück. Milliarden Franken – er hat sich damit Pius Baschera leitete von nun an als erster in zehn Jahren fast verdoppelt. Zum familienfremder Manager den Konzern. Er trieb die Gewinn liegen noch keine aktuellen Internationalisierung inbesondere nach Asien weiter Zahlen vor, aber er wird niedriger sein voran, in China entstand ein erstes Werk. Nach dem als der Reingwinn von 422 Millionen Einbruch der Konjunktur und einem spürbaren Franken aus dem Vorjahr. Insgesamt Umsatzund Gewinnrückgang beschloss das arbeiten 21 000 Mitarbeiter in mehr als Management 2003, sich von der Börse zurückzu- 120 Ländern für Hilti. ziehen, unrentable Werke in Mexiko und den USA zu 2002 konkretisierte die schließen, Prozesse weltweit zu standardisieren und Geschäftsleitung die finanziellen die Programme zur Kulturentwicklung zu Vorgaben von „Champion 3C“ durch überarbeiten. 2005 setzte die Verjüngung der die „Vision 2008“. Ziel war es, den Geschäftsleitung ein: Bis Anfang 2007 zogen drei Umsatz auf vier Milliarden Schweizer neue Mitglieder in das Gremium ein; Bo Risberg löste Franken zu erhöhen und dabei 450 Baschera als CEO ab, der wiederum Präsident des Millionen Franken Gewinn zu erreichen. Verwaltungsrates wurde. Der Erfolg gab Hilti recht: Zwischen 2003 und 2007 steigerte das Die Produkte: Hilti produzierte zunächst Metallteile für Unternehmen seine Erlöse von 2,9 auf die Kraftfahrzeugund Textilindustrie. Nach dem Ende 4,7 Milliarden Franken; parallel dazu des Zweiten Weltkriegs konzentrierte sich das verdoppelte sich der Profit von 276 auf Unternehmen mehr und mehr auf Befestigungs- 533 Millionen Franken. technik und Maschinen für Bauhandwerker. Anfangs Entscheidend für den nachhaltigen waren es Schussgeräte, mit denen sich Erfolg war der besondere Umgang mit beispielsweise Nägel oder Bolzen in Wände treiben der Strategie. War die „Strategy lassen. Für den Durchbruch sorgten dann 2000“ vor allem von der pneumatische Bohrhämmer, mit denen Handwerker Unternehmensspitze definiert worden, leichter als mit herkömmlichen Schlagbohrmaschinen war „Champion 3C“ mehr ein Rahmen Beton und andere Materialien bearbeiten können. für den Konzern, den die einzelnen „Die Hilti“ mit ihrer typischen roten Farbe wurde bei Marktorganisationen dezentral mit professionellen Anwendern ein Synonym für diese Art jeweils eigenen Konzepten füllten. Das von Maschinen. galt auch für die Definition der Kultur- Das Unternehmen erweiterte sein Angebot um Dübel, und Mitarbeiterstrategie. Buchstäblich Anker und schließlich komplette Befestigungs- jeder der 14 000 Mitarbeiter, die zum systeme mit den nötigen Maschinen und Materialien.
  • 11. Zeitpunkt der Einführung von „Champion 3C“ bei Hilti beschäftigt waren, sollte die Strategie kennen. Sie alle nahmen an fünfstündigen Trainings in ihren Abtei- lungen teil. Riesige Poster vermittelten die Bedeutung jedes einzelnen Cs und der beiden zentralen Treiber für jeden Teil der Organisation. Jeder hatte die Möglichkeit, an diesen Postern mitzuarbeiten, „Die StrategieWorkshops haben jedem ein klares Verständnis der ganzen Firma und seiner Haupt- themen gegeben. Jeder verstand, was als strate- gisch angesehen wurde, und konnte helfen, etwas beizutragen. Seitdem ist der CommitmentLevel bei Hilti außerordentlich hoch“, fasst Baschera zusammen.
  • 12. Die Geschäftsleitung gab damit gezielt Macht und Faktor 3: Aktive Verantwortung ab. Sie beschränkte sich auf die Rolle als Coach für die Führungskräfte in der Organisation, Kulturentwicklung als Herausforderer, damit die dezentral definierten Hilti zeichnet sich seit Langem durch Ziele auch ambitioniert genug waren, und als eine besondere Unternehmenskultur Koordinator der Aktivitäten. Die weitere Entwicklung aus, die maßgeblich zum Erfolg des hing damit nicht mehr allein von Konzerns beiträgt. Dabei handelt es einzelnenFigurenwiedem Gründer anderSpitzeab. sich um eine Reihe meist unbewusster Die Strategie„Champion 3C“ hatte elf Jahre lang Annahmen, die die Mitglieder der Gültigkeit; dann führten drei Gründe zu einer Über- Organisation teilen und die sich in arbeitung. Zum einen hatte Hilti die Ziele der „Vision gemeinsamen Werten und aus diesen 2008“ bereits 2006 erreicht; zweitens stand die abgeleiteten Handlungen Firma neuen Herausforderungen gegenüber, wie widerspiegeln. In der Anfangsphase Konsolidierungen in den Märkten, neue Billiganbieter eines Unternehmens verkörpert meist und die Nachfrage nach einer breiteren die Gründerfigur durch ihr Verhalten Produktpalette; drittens wurde zur gleichen Zeit die die zentralen Werte der Organisation. Nachfolge in der Geschäftsleitung vorbereitet. Eine Mit steigender Mitarbeiterzahl und der ersten Aufgaben des neuen Teams sollte es sein, Internationalisierung wird es aber die Vision weiterzuentwickeln. Die neue schwieriger, einen Konsens über die Marschrichtung des Konzerns sollte auf den etab- gemeinsamen Annahmen herzustellen lierten strategischen Erfolgsfaktoren von Hilti auf- und die ursprünglichen Werte bauen, um für Kontinuität zu sorgen. Zugleich sollte aufrechtzuerhalten. Verlässt der die neue Geschäftsleitung eigene Akzente setzen, um Gründer das Unternehmen, geht der aus dem Schatten der Vorgänger zu treten. ursprüngliche Geist meist verloren. Nachdem die alte und die neue Geschäftsleitung Wollen Familienunternehmer die gemeinsam die geltende Strategie grundlegend Gründerwerte bewahren, müssen sie hinterfragt und überprüft hatten, entschieden sie eine kohärente, eigenständige Kultur 2006 gemeinsam, die Kernprinzipien Kundenzu- entwickeln und diese neuen Mitarbei- friedenheit und Mitarbeiterorientierung beizubehalten tern aktiv vermitteln. Dann kann es und nur die Umsetzungsprozesse zu ändern. Sie gelingen, die Werte von der Person fassten die neuen strategischen Ziele in der „Vision des Gründers zu lösen und sie trotz 2015“ zusammen: Die Kundenzufriedenheit sollte Wachstums über längere Zeiträume Werte von über 90 Prozent erreichen, der Umsatz auf hinweg zu erhalten. Damit die Kultur acht Milliarden Schweizer Franken und der Gewinn aber nicht zu einem Korsett wird, muss auf mindestens 800 Millionen Franken steigen; Hilti Raum für Veränderungen bleiben. sollte zudem ein außergewöhnlich attraktiver Idealerweise verstehen Führungskräfte Arbeitgeber mit mehr als 30 000 Mitarbeitern und Mitarbeiter die Kultur als etwas werden. Dies war ein aggressiver Wachstumsplan, Stabiles, aber dennoch bedeutete er doch die Verdopplung von Umsatz, Entwickelbares, an dem sie in offener Gewinn und Mitarbeiterzahl. Kommunikation arbeiten. Vorbildliches CEO Bo Risberg beschreibt die Wirkung dieser Verhalten Einzelner im Unternehmen, Vorgaben wie folgt: „Die Vision setzt neue Energie in beispielhafte Prozesse und der der Organisation frei, da die Ziele sehr ambitioniert ständige Austausch über Ereignisse sind. Sie sind weit genug entfernt und dennoch prägen die Kultur. Die konkret genug, dass die Mitarbeiter ein Teil von ihnen Verantwortlichen sollten zudem Werte sein wollen.“ Um sie zu erreichen, definierte die und Grundüberzeugungen in die Geschäftsleitung die vier strategischen Prioritäten Managementsysteme integrieren und Wachstum, Differenzierung, Produktivität sowie etwa Verfahren zur Mitarbeiter und legte jeweils klare Zwischenziele fest. Leistungsbeurteilung, Stellenprofile Vertreter aller Managementebenen, sowohl im oder die Beförderungspolitik darauf Verwaltungsrat als auch in der erweiterten ausrichten. Erst dann löst sich die Geschäftsleitung, den Führungsteams im Konzern Kultur von einzelnen entscheidenden und in den großen Marktorganisationen, diskutierten Personen und ist nicht mehr von der die Vision wie auch die strategischen Prioritäten. Gründerpersönlichkeit abhängig. Schließlich präsentierte die neue Geschäftsleitung im November 2006 die „Vision 2015“ vor dem globalen Managementteam mit allen 140 Führungskräften in einem zweitägigen Workshop. Hilti fand mit dem neuen Konzept die Balance zwischen Kontinuität bei den Zielen und der nötigen Offenheit für neue Herausforderungen.
  • 13. Das bedeutet aber auch, dass die Führung nicht verpflichtet sich auf diese selbst mehr allein von der Spitze der Organisation her er- gewählten Vorgaben, niemand darf folgt. Eine gelebte Kultur wird für die Mitarbeiter zu sich eine Rückzugsstrategie einer Richtschnur. Alle wissen, dass bestimmte offenhalten (daher der Name des Verhaltensweisen nicht mehr zur Kultur passen. Seminars; weitere Informationen zu Willkür oder Egoismus einzelner Führungskräfte sind dem dahinter stehenden Konzept so deutlich schwerer möglich. Würde die Ge- finden sich in unserem Buch schäftsleitung gegen geteilte Werte verstoßen, ver- „Entschlossen führen und handeln“, löre sie sofort an Glaubwürdigkeit. siehe Seite 110). Der letzte Workshop Auch bei Hilti bestand die Gefahr, dass sich nach nennt sich „Pit Stop“ (deutsch: dem Ausscheiden der Familienmitglieder aus dem Boxenstopp, der Begriff spielt auf das Tagesgeschäft die Kultur des Unternehmens verän- Auftanken und den Reifenwechsel bei dern würde. Doch Michael Hilti hat bereits 1984 die der Formel 1 an – Anm. d. Red.). Hier ersten Workshops für ein Kulturtraining eingeführt – sollen die Teilnehmer Energie sammeln auch als Reaktion auf die damals zum ersten Mal für neue Aufgaben und entscheiden, stagnierenden Verkaufszahlen. Diese sogenannten auf welche Projekte sie sich InnoSeminare, die das Management in den folgenden konzentrieren und welche sie beenden mehr als 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wollen. Zudem geht es um die eigene hat, dienten dazu, bewusst eine eigene Arbeitsbelastung und die WorkLife- Unternehmenskultur weltweit und auf allen Balance der Teammitglieder. Zu jedem Hierarchieebenen zu schaffen. Das Management der Seminare gehört es, dass sich die verband konsequent Strategie und Kultur. Die Teilnehmer mit den für sie wichtigen Kulturfaktoren sollten stets zielorientiert sein und aktuellen Zahlen und Fakten ausein- entscheidenden Einfluss auf die finanziellen Er- andersetzen. Sie sollen erkennen, gebnisse der Firma haben. Auch die gesamte Perso- welche eigenen Schwächen und nalpolitik orientierte sich an der Kultur. „Unsere welche Hindernisse die Leistungs- Mitarbeiter und die Unternehmenskultur sind nicht fähigkeit von Hilti beeinträchtigen weiche Elemente, sondern entscheidende Treiber sowie die Kundenund des Erfolgs von Hilti – sie sind eines unserer Mitarbeiterzufriedenheit negativ beein- wichtigsten Erfolgsgeheimnisse“, versichert flussen; außerdem sollen sie lernen, Verwaltungsrat Michael Hilti. wie sie gegensteuern können. 2003 ließ die Geschäftsleitung die KulturWorkshops Das Topmanagement steht grundlegend überarbeiten. Das Ziel: Sie wollte die uneingeschränkt hinter der Kultur der aktuellen Geschäftsentwicklung und neuen Kulturentwicklung. So investiert es seit strategischen Herausforderungen anpassen. Das Jahrzehnten erhebliche Mittel in das Management versteht die Kulturentwicklung als Programm. Allein 2007 gab Hilti rund andauernden Prozess. Dies spiegelt auch der Name 13,2 Millionen Franken für die der WorkshopReihe „Our Culture Journey“ (deutsch: Kulturtrainings aus, die insgesamt „Unsere Kulturreise“) wider. Für diese Seminare mehr als 38 000 Arbeitstage in treffen sich die Arbeitsteams alle 24 Monate abseits Anspruch nahmen. Zudem investieren vom Alltagsgeschäft für mehrere Tage, um die Mitglieder der Geschäftsleitung pro festzulegen, mit welchen Maßnahmen sie die Kultur Jahr mindestens zehn Tage ihrer verbessern können. Die Teilnehmer diskutieren eigenen Arbeitszeit in die zudem, was jeder von ihnen zum Teamerfolg beiträgt. Kulturtrainings. Sie testen als erstes Seit 2007 sind diese Workshops verpflichtend für alle Team neue WorkshopFormate und Mitarbeiter. moderieren anschließend die Seminare Das Kulturtraining umfasst drei aufeinanderfolgende der nächsten Hierarchieebene, deren Seminare, die jeweils zweieinhalb bis vier Tage Mitglieder wiederum die Seminare dauern. Im ersten mit dem Namen „Foundation“ ihrer Untergebenen leiten. Alle (deutsch: Grundlage) geht es um die Voraus- Führungskräfte durchlaufen das setzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Seminar auf diese Weise zweimal. Unternehmen und die Bedeutung des HiltiLeitbilds – Selbst der Verwaltungsrat nimmt an „Wir begeistern unsere Kunden und bauen eine regelmäßigen Teamseminaren teil. bessere Zukunft!“ – für die eigene Arbeit. Im Wie stark jeder Einzelne mit den Workshop „Rubicon“ (benannt nach dem italieni- Unternehmenswerten übereinstimmt, schen Fluss, den Caesar 49 v. Chr. überschritt, um beeinflusst entscheidend seine die Alleinherrschaft im römischen Reich zu erobern; Weiterentwicklung und Karriere. So danach gab es kein Zurück mehr für ihn – Anm. d. war bei über der Hälfte der Red.) legt das Team neue Ziele sowie Projekte zur Führungskräfte, die Hilti in den Weiterentwicklung der Unternehmenskultur für sich vergangenen Jahren verlassen fest. Das Team als Ganzes und jeder Einzelne mussten, mangelnde Einhaltung der
  • 14. kulturellen Werte Grund für die Kündigung. Die Kulturentwicklung zeigt zudem messbare Ergebnisse. Die jährliche Mitarbeiterbefragung, an der 92 Prozent der Belegschaft teilnahmen, ergab, dass 81 Prozent Hilti als Arbeitgeber weiterempfehlen würden; 87 Prozent sind stolz darauf, bei Hilti zu arbeiten; und 94 Prozent sind bereit, was immer möglich ist, für den Unternehmenserfolg zu tun.
  • 15. schäftsführung altersbedingt innerhalb Fazit von wenigen Monaten ausschieden Dem HiltiManagement gelang es durch und durch Jüngere ersetzt wurden. drei Faktoren, eine erfolgreiche Zwar sollte das neue Führungsteam Unternehmensentwicklung für einen dynamischen Aufbruch stehen, dennoch war kein Bruch, keine Jeder zweite gefeuerte HiltiManager negative Turbulenz zu spüren. Es gelang, das in der Vergangenheit musste gehen, weil er sich nicht an Bewährte – die Erfahrungen, Werte die Werte des Unternehmens und Strategien – als Rückenwind zu nutzen. Ein Beleg dafür ist die gehalten hatte. Balanceleistung in diesem höchst innovativen und zugleich traditionellen über mehrere Managergenerationen Familienunternehmen: Die Führung bei hinweg zu sichern. Erstens steht bereits Hilti prägen auf der einen Seite seit Jahrzehnten eine Gruppe an der Kontinuität und auf der anderen Seite Spitze des Konzerns, die sich als Team Innovation und Dynamik – diese versteht und nicht durch Einzelkämpfer scheinbaren Widersprüche sind die geprägt ist. Zweitens verfolgt Hilti seit Grundlage für die nachhaltig den Zeiten des Gründers Martin Hilti klare erfolgreiche Entwicklung. ■ strategische Ziele, die von einer mitreißenden Vision getragen werden. Dabei findet das Management stets die Balance zwischen Kontinuität und Aufbruchstimmung, weil es immer wieder neue ambitionierte Ziele definiert. Drittens investiert das Management seit 1984 in die systematische Entwicklung einer starken Kultur, die sich an den Werten SERVICE des Gründers orientiert. So ist der Alltag eines jeden HiltiMitarbeiters durch eine einzigartige Unternehmenskultur geprägt, LITERATUR deren zentrale Werte Integrität, Mut, WAGEMAN, R.; NUNES, D.; BURRUSS, J.; HACKMAN, J. R.: Teamarbeit und Einsatz sind. Manager Senior Leadership Teams: What It Takes to Make them Great, und Mitarbeiter leben die Kultur aktiv und Harvard Business School Press 2008. entwickeln sie stetig weiter, aber auch hier erfolgt die Veränderung eher schritt- HBM ONLINE weise als revolutionär. (zu beziehen über: www.harvardbusinessmanager.de) BRUCH, H.; Wie stark diese Faktoren zum Erfolg von VOGEL, B.: Die Philosophie der Nummer eins, in: Harvard Hilti beitragen, zeigt sich nicht zuletzt an Businessmanager, Juni 2008, Seite 32, Produktnummer 200806032. den erfolgreichen Wechseln im BRUCH, H.; GHOSHAL, S.:Vorsicht vor übereifrigen Managern, in: Geschäftsleitungsteam. Sie gelangen Harvard Businessmanager, 4/2002, Seite 64, Produktnummer insbesondere deshalb, weil die Topleute 200204064. die starke Unternehmenskultur in Managementsysteme überführt hatten. Weiterführende Informationen finden Sie im Internet unter der Dadurch ist es Hilti gelungen, die Ideen Rubrik „Mehr zum Thema“: www.harvardbusinessmanager.de/heft/ des Gründers von dessen Person zu 20093.html lösen und in der Organisation zu verankern: Nicht mehr er allein inspiriert KONTAKT heike.bruch@unisg.ch Manager und Mitarbeiter und versorgt sabine.poralla@unisg.ch diese wie eine Batterie mit Energie. Statt- dessen ist es gelungen, ein Unternehmen aufzubauen, in dem es viele © 2009 Harvard Businessmanager Energiequellen gibt, Ideen und Inspiration von verschiedenen Personen kommen und die Abhängigkeit von einzelnen Füh- rungspersönlichkeiten deutlich reduziert ist. Das zeigte sich insbesondere im Zuge des „ge- räuschlosen Übergangs“ in der Geschäftsleitung, als der CEO und zwei weitere Mitglieder der Ge-