Georg FrericksLeiter Unternehmensentwicklung um Sankt Michaelsbund
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MDG-Milieuhandbuch 2013 - Auszug
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Das neue Milieuhandbuch über die "Religiösen und kirchlichen Orientierungen in den Sinus-Milieus".
Zu beziehen über die MDG Medien-Dienstleistung:
www.mdg-online.de
Georg FrericksLeiter Unternehmensentwicklung um Sankt Michaelsbund
1. AUSZUG
MDG-Milieuhandbuch 2013
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus
Im Auftrag der MDG Medien-Dienstleistung GmbH
Heidelberg / München, Januar 2013
Auszug
3. AUSZUG
3
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Warum wir uns als Kirche mit den Sinus-Milieus®
beschäftigen
Die Mitglieder der Kirche finden sich in allen 10 Milieus.
Dieser Milieu-Reichtum ist etwas Wertvolles. Mit vielen
ihrer Angebote erreicht die Kirche aber nur wenige Milieus.
Die Sinus-Milieus bieten eine soziologische Brille,
die der Kirche hilft, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit
ihrer Mitglieder besser zu sehen und zu verstehen.
Diese soziologische Brille hilft auch, uns selbst als Kirche
besser wahrzunehmen und unsere Milieuverengung zu erkennen.
Die Sinus-Milieus sensibilisieren für die Unterschiedlichkeit
von Menschen und für die Vielfalt der Lebensweisen
4. AUSZUG
4
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erkenntnisinteressen
Update der Vorgängerstudie 2005 auf der Grundlage des aktualisierten
Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus
Aktuelle Erkenntnisse, wie Glaube, Religion und Kirche in der heutigen Zeit
verstanden und gelebt werden
Praxisrelevante Befunde, welche Anschlussmöglichkeiten es für die Kirche
in den verschiedenen Bevölkerungsmilieus gibt
Anhaltspunkte für eine milieusensible Pastoral, Hinweise für zeitgemäßes
Kirchen-Marketing und erfolgreiche (mediale) Kommunikation
7. AUSZUG
7
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Konservativ-etabliertes Milieu
10%
Das klassische Establishment:
Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und
Führungsansprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous-
Abgrenzung
Liberal-intellektuelles Milieu
7%
Die aufgeklärte Bildungselite:
liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln;
Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige
intellektuelle Interessen
Milieu der Performer
7%
Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite:
global-ökonomisches Denken; Konsum- und Stil-
Avantgarde; hohe IT- und Multimedia-Kompetenz
Expeditives Milieu
6%
Die ambitionierte kreative Avantgarde:
mental und geografisch mobil, online und offline
vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und
neuen Lösungen
Sozial gehobene Milieus
8. AUSZUG
8
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Bürgerliche Mitte
14%
Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche
Mainstream:
generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung;
Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung,
nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen
Adaptiv-pragmatisches Milieu
9%
Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit
ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül:
zielstrebig und kompromissbereit, hedonistisch und
konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert;
starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit
Sozialökologisches Milieu
7%
Konsumkritisches /-bewusstes Milieu mit normativen
Vorstellungen vom "richtigen" Leben:
ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen;
Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political
Correctness und Diversity
Milieus der Mitte
9. AUSZUG
9
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Traditionelles Milieu
15%
Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- / Nach-
kriegsgeneration:
verhaftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. in
der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit, Kon-
formismus und Anpassung an die Notwendigkeiten
Prekäres Milieu
9%
Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht
mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments:
Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegs-
perspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss
zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte
Hedonistisches Milieu
15%
Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unter-
schicht / untere Mittelschicht:
Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konven-
tionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesell-
schaft
Milieus der unteren Mitte / Unterschicht
10. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Projektrahmen der Studie
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
11. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Qualitativ-ethnografischer Forschungsansatz
Ganzheitlich-verstehender Ansatz – analog zur Vorgängerstudie 2005
– Umfassende, in die Tiefe gehende Analyse der Wahrnehmungs-, Denk- und
Erlebnismuster
– Erfassung der hinter sozialen Normen und Klischees stehenden Bedürfnisse,
Befindlichkeiten, Einstellungen und Motive
Validität der Ergebnisse
– Aufgrund der eingesetzten qualitativ-ethnologischen Methoden können gültige
Aussagen auf vergleichsweise kleiner Stichprobenbasis gewonnen werden
– Über die Sinus-Milieu-Quotierung wird das gesamte Spektrum der Lebenswelten
berücksichtigt
– Dadurch sind alle relevanten Wahrnehmungsmuster und Einstellungsdimensionen
repräsentiert
Das heißt:
Die Ergebnisse der Studie sind gültig im Sinne inhaltlicher Relevanz und Typizität
12. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Stichprobenkonzept
Befragung nur von Mitgliedern der katholischen Kirche
– Ausgetretene oder nicht Getaufte wurden nicht in die Stichprobe einbezogen
– Auch nicht berücksichtigt wurden Angehörige anderer Konfessionen und
Konfessionslose
100 Einzelexplorationen (10 pro Sinus-Milieu®)
– jeweils 5 männliche und 5 weibliche Befragte
– davon jeweils 2 aktive und 3 passive Mitglieder
– Altersquotierung entsprechend den Altersschwerpunkten im jeweiligen Milieu
Die Interviews wurden regional gestreut in Nord-, Süd-, West- und Ostdeutschland
durchgeführt
– Berücksichtigung städtischer und ländlicher Gebiete
13. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Methodische Anlage der Untersuchung
Explorative Einzelfallstudien
– rekrutiert nach Sinus-Milieus, Kirchenmitgliedschaft und
Teilnahmeintensität (aktive vs. passive Mitglieder)
– Einsatz erfahrener, mit dem Thema vertrauter Interviewer
Leitfadengestützte Gespräche von 1½ bis 2 Stunden Dauer
– Non-direktive Exploration
– „Hausaufgabe“ vor bzw. nach dem Interview
(„Das gibt meinem Leben Sinn“ / „So stelle ich mir die ideale Kirche vor“)
Foto-Dokumentation der Wohnwelten
– Durchführung der Gespräche im häuslichen Umfeld der Befragten
Einblicke in gelebte Alltagskontexte, unter Einbindung von religiösen
und kirchlichen Bedürfnissen und Praktiken
14. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Die Erhebungsthemen
Alltagsleben, Lebenswelt: Arbeit, Freizeit, Familie
Das Wichtigste im Leben, Lebensphilosophie und Lebenssinn
Wohlbefinden, Glücksmomente
Spiritualität, Glaube, Religion
Christliches Leben, religiöse Praxis
Wahrnehmung der katholischen Kirche: Die Institution und ihre Veränderung
Wünsche und Erwartungen an die Kirche
Teilnahme am kirchlichen Leben
Ehrenamtliches Engagement
Kirchliche Kommunikation, Pfarrbrief
Sonderthema Spenden
(eigenständiger Forschungsbericht)
neu versus 2005
15. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Ausgewählte, zusammenfassende
Ergebnisse
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
16. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion: Zusammenfassung (1)
Viele Befragte verstehen sich nicht als gläubig im traditionellen Sinn und suchen auch nicht aktiv nach
einer Beziehung zu Gott. Insbesondere in den jungen und unterschichtigen Milieus spielen Glaube und
Religion im Alltag häufig gar keine Rolle mehr.
Bei vielen Befragten ist der Glaube individualisiert – und nicht an die katholische Religion und
Kirche gebunden. Viele bezeichnen sich zwar als religiös, definieren aber den Inhalt ihres Glaubens
ebenso wie ihre Vorstellungen von Gott eher diffus. Kernelemente des katholischen Bekenntnisses
(z. B. Auferstehung von den Toten, Erbsünde, unbefleckte Empfängnis) werden nur noch von
wenigen wörtlich genommen.
Die Verbindlichkeit der katholischen Religion als geschlossenes Glaubenssystem scheint in der Viel-
falt religiöser und spiritueller Angebote verloren gegangen zu sein. Viele stellen sich ein individuelles
Glaubens-Patchwork zusammen und bedienen sich dabei aus vielfältigen (häufig fernöstlichen)
Quellen.
Während von den jungen Milieus die freie Wahl von Glaube und Religion selbstverständlich einge-
fordert wird, finden sich bei (älteren) Angehörigen des traditionellen Segments noch Restbestände
einer dem katholischen Katechismus verpflichteten Lebensführung.
In den Milieus der Traditionellen, der Konservativ-Etablierten und zu einem guten Teil auch der Bür-
gerlichen Mitte gehören Glaube, Religion und Kirche zusammen, geben in ihrer traditionellen Gestalt
Rückhalt, Orientierung und Struktur und sorgen für soziale Einbettung.
17. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion: Zusammenfassung (2)
Weithin überlebt hat sich allerdings die traditionelle (volkskirchliche) Frömmigkeit; sie gilt heute in
den meisten Milieus, auch in denen des traditionellen Segments, als unzeitgemäße, unkritisch-naive
Haltung, der es letztlich an (Selbst)Verantwortung mangelt – und die allenfalls noch in exotischem
Gewand (Mystiker, Mönche, Einsiedler) geschätzt wird.
In den modernen gehobenen Milieus findet häufig eine intellektuell-distanzierte Auseinanderset-
zung mit Fragen der Religion und des Glaubens statt. Die christliche Religion gilt zwar als zentraler
Bestandteil der abendländischen Kultur und als Basis einer allgemein verbindlichen Ethik. Vom
Kanon kirchlicher Glaubenssätze haben sich aber die meisten emanzipiert, und für die persönliche
Ausgestaltung ihres Glaubens haben diese keine Verbindlichkeit.
18. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion:
Das Milieu-Panorama
Expeditive
• Glaube als individuelles Konzept jen-
seits der bestehenden Religionen
• Offenheit für unterschiedlichste
spirituelle Angebote; häufig
Patchwork-Glauben
• Ablehnung institutionalisierten
religiösen Lebens und jeder Art
von religiösem Fanatismus
Sozialökologische
• Ablehnung des normativen
Anspruchs der Religionen;
kirchenkritische Grundhaltung
• Der persönliche Glaube ist nicht an
eine Religion gebunden, häufig
individuelles Glaubens-Patchwork
• Faible für fernöstliche spirituelle
Angebote
Adaptiv-Pragmatische
• Glaube und Religion sind alltags-
fern; aber Offenheit für Kasualien
• Religion und Glaube werden unter
Nützlichkeitsaspekten betrachtet;
Kirche als Dienstleisterin
• Wunsch nach spirituellen Wellness-
Angeboten
Liberal-Intellektuelle
• Interessiert-kritischer Zugang zu
Glauben und Religion(en)
• Religion als zentraler Bestandteil
kulturellen Lebens
• Glaube als Basis einer ethischen
Grundhaltung
• Wunsch nach religiöser Vielfalt
und Ökumene
Performer
• Glaube widerspricht den Kernwerten
Rationalität und Eigenverantwortung
• Glaube als „Exit-Strategie“ aus den
Zwängen des Alltags
• Vorbehalte gegenüber den eta-
blierten Religionen; Katholizismus
ist kaum anschlussfähig an das
moderne Leben
Prekäre
• Häufig fehlende Bezüge zu Religion
und Glaube, Konzentration auf das
Diesseits
• Den wenigen (oft naiv) Gläubigen
spendet ihr Glauben Trost und
Hoffnung
• Verbreitet Enttäuschung durch
Kirche und Kirchenvertreter und
Abwendung vom Glauben
Hedonisten
• Glaube und Religion haben im
Alltag wenig Bedeutung
• Die Bestimmungen der (christ-
lichen) Religion sind einengend
und spaßfeindlich
• Stark individualisierte Glaubens-
konzepte – losgelöst von Kirche,
Religion oder sogar Gott
Konservativ-Etablierte
• Religion als Teil der Familientradition
• Religion als gesellschaftliches
Bindemittel und Hüterin tradi-
tioneller Werte
• Häufig intellektuelle Auseinander-
setzung mit Fragen des Glaubens,
der Ethik und Moral
Bürgerliche Mitte
• Glaube kann (in unsicheren Zeiten)
Rückhalt und Orientierungshilfe sein
• Glaube, Religion und Kirche ge-
hören zusammen; Kirche ist fester
Bestandteil des sozialen Gefüges
• Akzeptanz der ritualisierten
religiösen Praxis (z. B. Gebete)
Traditionelle
• Häufig gläubige Katholiken – von
Kindheit an (traditionelle Volks-
kirche)
• Kaum kritische Auseinandersetzung
mit Glaube, Religion und Kirche
• Religion ist Lebensgrundlage und
Lebenssinn, gibt Halt und Struktur
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19. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion:
Milieutypische Aussagen
Expeditive
„Es gibt die einen, die sind eher so
auf Kräuterhexen-mäßig unterwegs,
dann gibt es welche, die Akupunktur,
Yoga, Ayurveda (…). Und ich finde
alle Richtungen sehr spannend, habe
aber jetzt für mich, glaube ich, noch
nicht so das gefunden, wo ich jetzt
sagen würde, das ist jetzt meins.“
Sozialökologische
„Ich glaube an den Sinn in unserem
Leben, ich glaube an die Unsterblich-
keit der Seele. Ich glaube an eine
Verbindung von allem mit allem, an
einen Zusammenhang von allen
Seelen.“
Adaptiv-Pragmatische
„Das ist mir schon wichtig.
Ich mache Yoga, ich meditiere.
Das ist ja schon sehr spirituell, oder?
Ich glaube schon.“
Liberal-Intellektuelle
„Als ich in Bosnien mal war, habe
ich immer versucht, die örtliche
Moschee anzuschauen und zu
gucken, wie sieht religiöses Leben in
dem Ort aus, wo ich da bin. Weil ich
immer auf der Suche bin nach der
Funktion von Religion.“
Performer
„Ich bin da sehr anpassungsfähig
geworden. Die einen nennen es
gläubig und die anderen nennen es
irgendwie anders. Ich selbst habe da
eigentlich gar keinen Begriff dafür.“
Prekäre
„Als Kind habe ich ihn drum gebeten,
bitte mach. Er hat nicht gemacht.
Deswegen ist das für mich ganz arg
schwer mit diesen Sachen, Geschöpf
Gottes.“
Hedonisten
„Sagen wir so, es ist im Moment
nicht wichtig für mich. Ich würde
nicht sagen, dass mich das
irgendwie trägt oder so.“
Konservativ-Etablierte
„Mein Glaube gibt mir Kraft und
Sinn für das Leben, wobei Glauben
ja keine wissenschaftlich beweisbare
Tatsache ist“
Bürgerliche Mitte
„Warum ich gläubig bin? Weil ich so
erzogen worden bin.“
„Also was für mich wichtig war, ist
dass wir kirchlich geheiratet haben.“
Traditionelle
„Ich glaube, wenn Du keiner Religion
angehörst, fehlt Dir einfach irgend-
wie die Wärme im Leben. Es gibt
einfach den Glauben, ich bin darin
groß geworden.“
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20. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (1)
Quer durch die Milieus sind sich die Befragten einig, dass die katholische Kirche
in Deutschland, so wie sie im Moment ist, keinen Bestand haben wird:
– Auflehnung, Empörung, Widerstand (aber keine Reformation 2.0)
– Die Kirche muss sich verändern und sie wird sich verändern
(weil sie das Potential dazu hat)
– Die Kirche ist besser als ihre derzeitige Führung
Die Vorstellungen dazu sind milieuspezifisch:
– In den gehobenen Milieus sind viele davon überzeugt, dass die katholische Kirche
im Kern unerschütterlich ist. Sie muss ihre Identität bewahren, aber in der Zeit ankommen.
– In den Milieus der Mitte wartet man mit einer ganzen Reihe praktischer Vorschläge auf zur
Abschaffung überholter Regeln und zur Verjüngung und Modernisierung der Ausdrucksformen
von Kirche.
– In den jungen und den unterschichtigen Milieus nimmt man die Kirche – aus der Distanz –
so wie sie ist, weil man ohnehin nicht glaubt, etwas an den verkrusteten Strukturen ändern
zu können. Wenn die Kirche verschwinden würde, wäre das im Alltag ohne Bedeutung.
Wie wird sich die katholische Kirche zukünftig entwickeln?
21. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (2)
Trotz aller Kritik wird viel von der Kirche erwartet. Die Kirche und ihre Dienste werden nach wie
vor gebraucht. Quer durch die Milieus wünschen sich gläubige Katholiken:
– Spirituelle Orientierung, Sicherheit, Sinn
– Seelsorgerische Begleitung in schwierigen Lebenslagen, Kasualien
– Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Fröhlichkeit und Lebendigkeit
– Aussicht auf ein wohlgeordnetes, tröstliches Ende (kirchliche Bestattung)
Die Angst davor, „einfach so verscharrt zu werden“, ist ein wichtiges Argument für den Verbleib
in der Kirche für diejenigen, die angesichts der desolaten Lage der katholischen Kirche am liebsten
austreten würden.
Unabhängig davon erwartet man von der Institution Kirche Beweglichkeit und Reformwilligkeit:
– Mehr Kompetenzen für engagierte Laien
– Mehr Frauen in Leitungsämter; Frauen zu Priesterinnen weihen
– Die Zölibatspflicht für Geistliche aufheben; andere Einstellung zur Empfängnisverhütung und
zur Sexualität
– Sakramente für alle Menschen, die sich als Christen verstehen,
unabhängig von Lebenswandel, sexueller Identität oder Konfession
– Weniger Prachtentfaltung, weniger Machtmissbrauch
– Konzentration auf die Kernaufgaben Gottesliebe und Nächstenliebe
Was wünscht man sich von der katholischen Kirche?
22. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche:
Das Milieu-Panorama
Expeditive
• Gut für andere, man selbst braucht
die Kirche nicht
• Mehr auf Jugendliche eingehen
• Toleranz gegenüber unterschied-
lichen Lebensformen und
Religionen
Sozialökologische
• Deutliches Eintreten für Menschen
in sozialen Notlagen
• Weniger Prachtentfaltung
• Geschlechtergerechtigkeit
• Demokratisierung, Zivilcourage
Adaptiv-Pragmatische
• Biblische Aussagen mehr in
Alltagskontexte einbinden
• Mehr Lebensnähe durch modernes
Marketing
• Verjüngung des Leitungspersonals
Liberal-Intellektuelle
• Grundbedürfnis nach spiritueller
Orientierung bedienen
• Balance zwischen Öffnung und
Kultivierung „uralter Riten“
• Schulterschluss mit anderen
christlichen Konfessionen
überlebenswichtig
Performer
• „Fluctuat nec mergitur“; Unbeweg-
lichkeit ist auch eine Stärke
• Widerspruch zwischen
Modernisierung und Wahrung der
eigenen Identität aushalten
• Klarheit und Beständigkeit
Prekäre
• Düstere Zukunft erwartet
• Einstellung zu Sexualität müsste
sich ändern
• Verlust der Vorbildfunktion durch
Missbrauchsfälle
• Rückbesinnung auf christliche
Grundwerte (Nächstenliebe) nötig
Hedonisten
• Bedeutungsverlust durch
mangelnde Präsenz
• Lockerung von unzeitgemäßen
Vorschriften nötig
• Dennoch sich selbst treu bleiben
• Wachsendes Betätigungsfeld in der
Dritten Welt
Konservativ-Etablierte
• Kein Zweifel am Fortbestand der
katholischen Kirche
• In Deutschland Bedeutungsverlust,
in außereuropäischen Ländern
Bedeutungszuwachs erwartet
• Modernisierung erscheint
unerlässlich
Bürgerliche Mitte
• Gemeindeleitungsaufgaben auch
an Laien übertragen
• Modernisierung, Öffnung, mehr
Menschlichkeit, mehr Lebendigkeit
• Ansprechendere Gottesdienste
• Nachwuchsprobleme bei
Ehrenamtlichen
Traditionelle
• Kirche wird schrumpfen und an
Bedeutung verlieren
• In großen Seelsorgeeinheiten kein
persönlicher Bezug mehr gegeben
• Resignation, wenig Hoffnung
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23. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche:
Milieutypische Aussagen
Expeditive
„Obwohl für mich die Kirche
eigentlich abgeschlossen ist, wäre
Modernisierung wünschenswert.
Weil die Moralen, die sie vermitteln,
sind nicht schlecht.“
Sozialökologische
„Also mehr Demokratie, das wäre
das Allererste. Die Demokratie
dürfte nicht geschlechtsspezifisch
sein, das müsste ganz klar sein. Das
Zweite wäre, dass Bischöfe mit 70
alle aufhören müssten.“
Adaptiv-Pragmatische
„Die müssen das gut verkaufen, gut
verpacken, ein bisschen
interessanter gestalten und mehr
Aufmerksamkeit auf sich lenken im
positiven Sinne.“
Liberal-Intellektuelle
„Die Kirche war mal für Moral
zuständig, und ich hätte gerne, dass
sie wieder zuständig ist, ohne
moralisierend zu sein.“
Performer
„Man muss nicht jeden Trend
mitgehen, aber man muss sich
bewusst sein, in welcher Zeit man
aktiv ist und was man gerade
macht.“
Prekäre
„Sie müssten ein bisschen ein Auge
zudrücken und nicht immer so
kleinlich, ein bisschen weltoffener
werden.“
„Im Grunde genommen zerstört sie
sich selbst.“
Hedonisten
„Das ist schwer zu sagen, sie soll
sich total ändern, was das Ganze
natürlich auch unglaubwürdig
machen würde.“
Konservativ-Etablierte
„Grundsätzlich muss sich unsere
Kirche ganz ernsthaft Gedanken
machen, wie man Leute weiter für
den Glauben begeistert.“
Bürgerliche Mitte
„Wenn da kein Sinneswandel
kommt, wenn sie es nicht schaffen
junge Leute anzusprechen, wird sie
in dieser Form aussterben.“
Traditionelle
„Es geht den Bach runter, denke ich.
In die Kirche geht ja kein Mensch
mehr. Wenn ich mal drin bin, sind
da nur noch alte Omas.“
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24. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Copyright MDG & SINUS-Institut 2013
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25. AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
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