Eine neue Arbeitskultur, die Leistung und gleichzeitig Gesundheit fördert, braucht vor allem eine neue Führungskultur. Denn die Führungskultur, die in den meisten deutschen Unternehmen existiert, stammt im Kern noch aus dem Zeitalter der Industrialisierung. Kein Wunder, dass diese Führungskultur nicht mehr in das Zeitalter der Wissensgesellschaft passt, wo sich Werte deutlich bei Mitarbeitern gewandelt haben - und nicht nur bei der Generation Y.
Damit sich die Führungskultur wandeln kann, braucht es bei jeder einzelnen Führungskraft zunächst die Erkenntnis: die Basis der Macht, beruhend auf Autorität aus der Industriekultur, "funktioniert" nicht mehr im 21. Jahrhundert.
Autorität muss ein neues Fundament haben, damit von ihr in unserer Wissensgesellschaft noch Führung und Gestaltung ausgehen kann. Dann wandelt sich auch langsam die Arbeitskultur und Leistung sowie Gesundheit kommen wieder in eine angemessenere Balance.
Gute Arbeit braucht neue Autorität in der Führung
1. 13.05.14 baumannpartner.com 1
Gute Arbeit braucht neue Autorität –
wie der Wandel in der Haltung zu Autorität
bei Führungskräften zu guter (Führungs-) Kultur führt
Frank H. Baumann-Habersack
2. Beobachtungen
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aus der Beratungspraxis
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§ es gibt in vielen Unternehmen Seminare zu Burn-Out-Prophylaxe, Achtsamkeitstraining,
Yoga in der Mittagspause, betriebliche Sozialberatung, Zuschüsse zu Sport- und
Gesundheitskursen, betriebliches Gesundheitsmanagement, usw.
§ neue Aufgaben/ Aufträge werden i. d. R. auf bestehende Mitarbeitende verteilt und wenn,
dann nur zeitverzögert mit mehr Personalressourcen bewältigt
§ die Führungsspannen sind häufig groß, zwischen 9 und 20 Mitarbeitende, im gewerblichen
Bereich teilweise noch größer
§ immer noch werden die meisten Führungskräfte aufgrund ihrer Sach- und Fachkenntnis
ausgewählt (»der beste Sachbearbeiter wird zum Chef der Sachbearbeiter«)
§ es besteht häufig eine sehr große Lücke zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden im
Wissen und in der Handlungsfähigkeit in den Themen Kommunikation, Gruppendynamik
und Konfliktmanagement
§ viele Führungskräfte, insbesondere aus kleinen und mittelständischen Organisationen
und/ oder aus eher technischen bzw. zahlen-lastigen Aufgabenfeldern bilden sich, wenn
überhaupt, nur fachlich fort
3. Rückblick – 1 . 2
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... aus welcher (Unternehmens-) Kultur wir kommen
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§ Ende des 18. Jahrhunderts: Adam Smith begründete den Liberalismus mit der Idee, dass
der freie Markt ein ethisch hinreichend gesellschaftliches Organisationsprinzip sei
... allseitiger Egoismus der Marktteilnehmer dient dem Allgemeinwohl
§ als Folge wurde Arbeit zu einem zentralen Wert: wer nichts arbeitete, galt nichts
... Friedrich Schiller: die Arbeit ist des Bürgers Zierde
§ für Immanuel Kant bedeutete Muße »Leblosigkeit«: »je mehr wir beschäftigt sind, je mehr
fühlen wir, dass wir leben«
§ die im 19. Jahrhundert massiv einsetzende Industrialisierung zeigte schnell, dass im Sinne
des Liberalismus Arbeit den Produkten einen Wert verlieh, aber der Egoismus der
Marktteilnehmer nicht zu allgemeinem Wohlstand führte. Arbeit wurde selbst zu einer
(billigen) Ware
§ Ausbeuterische Löhne, eine teilweise bis ins Extrem getriebene Arbeitsteilung und der auf
breiter Front stattfindende Einsatz von Menschen an Maschinen, führte für Millionen von
Menschen in den Industriebetrieben des 19. Jhds zu einer Jahrzehnte andauernden Qual
Quelle: »Arbeit«, Joachim Bauer, Verlag Blessing, 2013
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Rückblick – 2 . 2
... aus welcher (Unternehmens-) Kultur wir kommen
§ Marx und Hegel erkannten früh, dass die Mechanisierung der Arbeit zu Monotonie und
Sinnentleerung führen
§ das Konzept des Taylorismus, welches in vielen Fabriken des 19. und 20. Jhds eingeführt
wurde, machte und macht den Menschen selbst zu einer Maschine
§ Paul Lafargue beschrieb in seiner Polemik von 1880 »Das Recht auf Faulheit«, dass die
Arbeiter mit überbordender Arbeit alle schönen Anlagen in sich abtöten und zu
menschlichen Wracks werden
§ Ernst Jüngers Konzept der menschlichen Arbeit hat das Denken unserer (Ur-) Großeltern bis
in die heutige Zeit beeinflusst. Für Jünger war Arbeit Ausdruck der »primären Vitalität des
Menschen«. Der Arbeitsraum war unbegrenzt, ebenso die Arbeitszeit.
§ Bis ins späte 19. Jhd. waren tägliche Arbeitszeiten zwischen 12 und 16 Stunden sowie
Wochenarbeitszeiten von bis zu über 80 Stunden die Norm – wurden Anfang des 20. Jhds
durch Druck der Arbeiterbewegung auf etwa 55 Stunden zurückgeführt
§ Arbeit für Kinder wurde erst 1939 in Preußen gesetzlich verboten
Quelle: »Arbeit«, Joachim Bauer, Verlag Blessing, 2013
5. Unternehmenskultur
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welche Funktion hat Unternehmenskultur?
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§ Unternehmenskultur ist wie eine Art Kompass: sie erleichtert die Kommunikation und die
Entscheidungsfindung – sie bewertet vor, was (un-) wichtig ist
§ dadurch ist sie auch eine Art Selbststeuerungsmechanismus, da viele Fragen »klar« bzw.
beantwortet sind, was einerseits zu Effizienz führen anderseits aber auch Veränderungen
hemmen kann
Kultur
Verhalten
beeinflusst/
hält aufrecht
beeinflusst/
hält aufrecht
7. Wechselwirkungen von Kultur
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mit Autorität in der Führung
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alte Haltung
zu Autorität
Verunsicherung
und Angst
Kreativlosigkeit
führt zu
Demotivation/
Resignation
Abgabe von
Verantwortung
Fehler/
schlechte Arbeit
rechtfertigt/
bestärkt
erzeugtführt zu
führt zu führt zu
8. Zusammenhänge
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Kultur – gute Arbeit – neue Autorität
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neue Haltung
zu Autorität
Sicherheit und
Vertrauen
Kreativität
führt zu
rechtfertigt/
bestärkt
erzeugtführt zu
führt zu führt zu
MotiviationMitverantwortung
guter Arbeit
9. neue Autorität in der Führung
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was ist das?
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Präsenz
Quelle: in Anlehnung an Ofner und Steinkeller, 2011
Impulskontrolle
undDeeskalation
Führungskoalition
Gewaltlosigkeit
positive
Beziehung
Transparenz
Wiedergut-
machung
die 7 Säulen der neuen Autorität
10. Zusammenhänge
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Kultur – gute Arbeit – neue Autorität
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neue Haltung
zu Autorität
Sicherheit und
Vertrauen
führt zu
Kreativität
rechtfertigt/
bestärkt
erzeugtführt zu
führt zu führt zu
MotiviationMitverantwortung
guter Arbeit
11. Handlungsideen für Führung
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für Beiträge zu guter Arbeit
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§ Solidarisieren Sie sich mit anderen Führungskräften und weisen nach, dass Überforderung
langfristig dem Unternehmen/ der Organisation wirtschaftlich schadet
§ Übernehmen Sie Verantwortung für gute Strukturen und minimieren z. B. Mehrfach-
funktionen/ Rollen, harmonisieren Ziele Bereichs-/ Team übergreifend, minimieren
Ressourcenengpässe bzw. sorgen für transparente Verteilungskriterien
§ Übernehmen Sie Verantwortung für »gute Kultur«, z. B. für transparente Entscheidungs-
kriterien, halten Sie ein Pläuschchen bei Tee/ Kaffee mit Ihren Mitarbeitenden ohne
spezielle Inhalte, achten und wahren Sie Grenzen, fördern Sie konstruktive
Konfliktbearbeitung
§ Fangen Sie bei sich selbst an: Reflektieren Sie Ihre Haltung zu Burn-Out/ Überforderung als
auch zu Nähe – Distanz zu Ihren Mitarbeitenden mit einem »Sparringspartner«
§ ...
12. Handlungsideen für Mitarbeitende
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für Beiträge zu guter Arbeit
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§ Achten Sie auf sich selbst und Ihren Selbstwert und wem Sie Einfluss auf sich erlauben
§ nutzen Sie Programme zur individuellen Burn-Out Prophylaxe
§ unterscheiden Sie klar: was ist wirklich mein Anteil an meiner Überforderung und was trägt
die Struktur und Kultur meiner Organisation/ meines Unternehmens dazu bei
- lassen Sie für den letzten Teil die Verantwortung bei der Führung
§ nehmen Sie Ihr ggf. schlechtes Gewissen ernst (Schuldgefühle) und sortieren Sie dies mit
einem Coach/ einem Therapeuten bzw. Therapeutin
§ Erarbeiten Sie sich (mit Unterstützung) Wahlmöglichkeiten für Beschäftigung – in anderen
Unternehmen, Organisationen, Branchen – bilden Sie sich fort
§ Solidarisieren Sie sich mit anderen – arbeiten Sie in der ArbeitnehmerInnen-Vertretung mit
oder gründen eine
§ ...
13. Handlungsideen für »PersonalerInnen«
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für Beiträge zu guter Arbeit
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§ beim Recruiting/ bei der Auswahl von Führungskräften: achten Sie auf eine (ausgewogene)
Beziehungsorientierung der Persönlichkeit bzw. bei den Werten des Menschen
§ qualifizieren Sie nicht nur Führungskräfte, sondern auch Mitarbeitende in den
entscheidenden Feldern Kommunikation, Gruppendynamik und Konfliktkompetenz
(Minimierung der Bildungsschere)
§ Beraten Sie EntscheiderInnen, welche Preise das Unternehmen bei Überforderung von
Mitarbeitenden durch dysfunktionale Strukturen/ Kulturen langfristig zahlt
§ Beziehen Sie (eine) Position – übernehmen Sie Mitverantwortung
§ Arbeiten Sie an der Entwicklung einer aktiven Konfliktkultur in Ihrer Organisation/ Ihrem
Unternehmen
§ ...
14. Handlungsideen für BeraterInnen
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für Beiträge zu guter Arbeit
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§ Fragen Sie sich wohlwollend kritisch: welche Überforderungssysteme halte ich durch meine
Arbeit mit aufrecht/ in Balance und verzögere dadurch mit die vielleicht notwendige
Veränderungskrise?
- wann beende ich Aufträge bzw. nehme diese gar nicht erst an?
§ Wie sollte ich arbeiten bzw. was sollte ich (nur) anbieten, um (kleine) Unterschiede
einzuführen, die einen Unterschied machen ...?
§ Übernehmen Sie Mit-Verantwortung: spiegeln Sie Ihren AuftraggeberInnen Ihren
subjektiven Eindruck der Kultur/ Struktur – auch wenn es nicht honoriert wird (ideell als
auch monetär)
§ Sie selbst sind das »Produkt«: achten Sie auf Ihre Grenzen (der Überforderung).
Sorgen Sie für gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen bei Ihren Aufträgen. Trauen Sie
sich dabei konstruktiv »anzuecken« (... und gleich die erste Intervention zu landen)
§ ...