2. 1
Einleitung
Durch die zunehmende Digitalisierung findet auch die Kommunikation zwischen den
Menschen immer häufiger online, insbesondere über die sozialen Netzwerke, statt. Auch
politische Parteien und Abgeordnete haben mittlerweile Accounts in den sozialen Netzwerken
und möchten möglichst viele Wähler hinzugewinnen. Die sozialen Medien werden
zunehmend als Nachrichtenquelle genutzt. Doch ist es in diesen jedem möglich, beliebige
Informationen und Nachrichten zu veröffentlichen. Dies birgt die Gefahr, dass Meinungen als
Fakt beworben werden oder absichtlich falsche Nachrichten erstellt werden. Die Nutzer
können durch solche Fake News in ihrer Meinungsbildung beeinflusst werden. Durch die
regelrechte Flut an Nachrichten müssen die Nutzer falsche von authentischen Informationen
unterscheiden können. Politische Desinformation kann die wahlberechtigten Bürgerinnen und
Bürger in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen. Im Hinblick auf die bevorstehende
Europawahl im Mai 2019 befürchtet auch die Europäische Kommission
Manipulationsversuche durch gezielte Desinformation.
Betrachtet man nur einmal die aktuellen Nutzerzahlen des sozialen Netzwerks Facebook, wird
deutlich, welche Reichweite die dort veröffentlichten Nachrichten haben können. Die Anzahl
der Nutzer, welche im 4. Quartal 2018 Facebook mindestens einmal im Monat genutzt haben,
beträgt weltweit 2.32 Milliarden. Davon sind 947 Millionen Nutzer aus Europa.1
Das führt zu der Frage: Wird die politische Willensbildung zunehmend durch soziale
Netzwerke beeinflusst und sind die sozialen Medien somit eine Gefahr für die Demokratie?
Im folgenden Text wird diese Fragestellung betrachtet und aufgezeigt, durch welche
Techniken die Meinungsbildung der Menschen beeinflusst werden kann. Zunächst wird eine
kurze Definition der Begriffe Social Bots, Fake News und Filterblase gegeben. Daraufhin
wird dargestellt, wie diese Phänomene in die politische Willensbildung eingreifen können und
warum von ihnen eine potentielle Bedrohung ausgeht. Darauffolgend wird dargestellt, welche
Maßnahmen die Europäische Union bereits getroffen hat. Schließlich wird die Arbeit mit
einem Fazit abgeschlossen.
1 Vgl. https://allfacebook.de/toll/state-of-facebook
3. 2
Social Media – Ein Demokratiekiller?
„President Trump is a total and complete dipshit!“ – Präsident Trump ist ein totaler Vollidiot.
So äußert sich der ehemalige US Präsident Barack Obama in einem Video2
über seinen
Nachfolger; zumindest scheint es so. Dieses Video wurde erstellt und veröffentlicht von
BuzzFeed im April 2018. Es wurde Anfang Dezember 2018 bereits über 5.2 Millionen Mal
aufgerufen. Weiter sagt Obama: „I would never say these things. But someone else would.“
Er würde so etwas also niemals sagen, aber jemand anderes könnte. Daraufhin wird der
Sprecher, Jordan Peele, eingeblendet. Jordan Peele imitiert Obamas Stimme. Das Video ist
ein sogenannter Deep Fake. Es wurde mit der Absicht erstellt, auf die ausgehenden Gefahren
von solchen manipulativen Falschnachrichten aufmerksam zu machen und darauf aufzurufen,
nicht allen Nachrichten im Internet blind zu vertrauen.
Die sozialen Netzwerke sind kaum noch aus dem Leben der jetzigen Generation
wegzudenken. Die Menschen teilen ihre Erlebnisse in Facebook, kommentieren Beiträge auf
Twitter oder folgen Influencern auf Instagram. Social Media hinterlassen immer größere
Spuren in der Gesellschaft. Auch politische Wahlkämpfe werden stets digitaler und finden
zunehmend in sozialen Netzwerken statt. Und dort wird es durch immer neuere Technologien
möglich, provokante Falschnachrichten zu verbreiten und so die Wähler zu beeinflussen. Seit
den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 sind Social Bots und Fake News ein viel
debattiertes Thema. Sie stehen in Verdacht, die Wahlen maßgeblich beeinflusst zu haben. Die
Wähler sollen durch Fake News insbesondere auf Facebook und Twitter beeinflusst worden
sein. Nun befürchtet auch die Europäische Union Manipulationsversuche vor der
bevorstehenden Europawahl 2019.3
Wie groß ist also der Einfluss von Fake News,
Filterblasen und Social Bots auf die politische Willensbildung und die Demokratie? Werden
die Wahlen durch Fake News beeinflusst? Und wie reagiert Europa auf diese potentielle
Bedrohung?
Elementare Bestandteile eines demokratischen Staates
Der Duden beschreibt Demokratie als ein „politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie
Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat“4
. Die wahlberechtigten Bürgerinnen und
2 Vgl. https://m.youtube.com/watch?v=cQ54GDm1eL0
3
Vgl. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-6647_de.htm
4
https://www.duden.de/rechtschreibung/Demokratie
4. 3
Bürger werden in regelmäßigen Abständen dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Dabei
entscheiden sie in verschiedenen Wahlen darüber, welche Vertreter sie im Europäischen
Parlament, im Bundestag, im Landtag und in den Kommunen haben möchten. Die Gewählten
vertreten dabei die Interessen der Wähler. So bestimmt das Volk mit, wer eine bestimmte
Machtposition hat und wie dieser bzw. diese Partei das Land regiert. Diese Verantwortung
setzt voraus, dass der Wähler sich bewusst ist sowohl über die möglichen Konsequenzen
seiner Wahl als auch über die Folgen eines Nichtantritts zur Wahl. Um in einem
demokratischen Staat mitwirken zu können, muss sich der Einzelne mit politischen Fragen
auseinandersetzen und auf Basis genügend Informationen politische Fragen für sich selbst
beantworten und beantworten können.5
Er sollte sich dementsprechend vorher ausreichend
mit politischen Thematiken auseinandergesetzt und sich eine entsprechende Meinung gebildet
haben. Das heißt, ein demokratischer Staat setzt voraus, dass die wahlberechtigten
Bürgerinnen und Bürger sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Voraussetzung dafür ist
folglich: ausreichend Information und korrekte Information. Es müssen genügend
Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung vorhanden sein und diese Informationen müssen
fachlich korrekt sein. Nur wenn dies gegeben ist, können freie Wahlen die tatsächliche,
unverfälschte Position des Volkes wiedergeben. Doch woher erlangt man die benötigten
Informationen?
An diesem Punkt kommen die sozialen Medien ins Spiel. Denn die Rolle der
Informationsbeschaffung kommt in einem demokratischen Staat größtenteils den Medien zu.
Eine Demokratie garantiert den Menschen Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit. So
dürfen erst Tatsachen und Meinungen öffentlich verbreitet werden. Dadurch wird es
ermöglicht, dass jeder Einzelne Zugriff auf ausreichend Informationen hat. Dies wiederum
gewährleistet, dass auch jeder Einzelne die Möglichkeit hat, sich aktiv mit den
unterschiedlichsten Ansichten und Aspekten eines jeden Themas auseinanderzusetzen und
sich infolgedessen seine eigene Meinung bilden kann. Die öffentlichen Massenmedien sind
notwendig zur Informationsbeschaffung und sind maßgeblich an der politischen
Willensbildung beteiligt. Soziale Medien haben also eine bedeutende Funktion in der
Demokratie. Doch wie können die sozialen Medien nun die Demokratie gefährden?
5
Vgl. https://www.bpb.de/izpb/7492/warum-medien-wichtig-sind-funktionen-in-der-demokratie?p=all
5. 4
Social Bots und Fake News
Social Bots, Fake News und Filterblasen. Die Debatten über diese Phänomene häufen sich
zurzeit sehr stark, denn sie stehen im Verdacht, die politische Willensbildung der Menschen
zu beeinflussen.
Doch was sind Social Bots und Fake News? Es existieren verschiedene Arten von Bots. So
gibt es beispielsweise Chatbots und Social Bots. Erstere werden in der Regel erst dann aktiv,
wenn man einen Chat mit ihnen startet. Viele Unternehmen nutzen diese im Bereich des
Kundenservices, da sie so „effizienter“ kommunizieren können.6
Die Chatbots werden dann
dazu eingesetzt, um mit Kunden zu chatten. Dabei ist in der Regel kenntlich gemacht, dass es
sich um einen Bot handelt. Im Gegensatz dazu agieren Social Bots auch von sich aus. Social
Bots werden zurzeit immer häufiger als automatisierte Fake-Profile in den sozialen
Netzwerken eingesetzt. Diese Bots bestehen auf der Grundlage eines Algorithmus und sind in
der Lage, selbstständig zu agieren. Das heißt, sie können sämtliche Beiträge von sich aus
liken, vorgefertigte Kommentare schreiben und Nachrichten in rasanter Geschwindigkeit
verbreiten. Sehr gut programmierte Social Bots können ebenfalls eigenständig Nachrichten
verfassen. Das führt dazu, dass solche Profile kaum noch von realen Menschen zu
unterscheiden sind. Sie können dazu verwendet werden, um Seiten zu überlasten, neue Trends
zu setzen oder andere Personen in sinnlose Kommunikationen zu führen.7
Social Bots und
Fake News stehen in einer engen Beziehung. Denn durch solche Bots ist es möglich, diese
Nachrichten in extremer Schnelligkeit zu verbreiten. Fake News würde man wohl am ehesten
mit Falschnachricht ins Deutsche übersetzen. Doch dies würde der Bedeutung nicht ganz
gerecht, denn das würde nicht mehr implizieren, als dass es irgendwelche Nachrichten sind,
die versehentlich ins Internet gesetzt wurden. Dann würde man dafür sorgen, dass diese
möglichst schnell wieder aus dem Netz verschwinden und richtiggestellt werden. Die
Definition der Fake News sollte aber noch einen weiteren Aspekt berücksichtigen. Nämlich
den der gewollten Beeinflussung der Meinungen. Fake News bezeichnet falsche und
manipulative Nachrichten, die absichtlich erstellt und verbreitet wurden. Fake News sind
gezielte Desinformation mit propagandistischen Tendenzen. Die Leser sind irgendwann nicht
mehr dazu in der Lage, zwischen authentischen und falschen Nachrichten zu unterscheiden.
Aus diesem Grund geht von ihnen auch eine potentielle Gefahr aus und die Nachrichten in
den sozialen Medien sollten kritisch betrachtet werden.
6 Vgl. https://digitaler-mittelstand.de/trends/ratgeber/social-bots-im-unternehmen-besser-als-ihr-ruf-47860
7
Vgl. https://www.bpb.de/252585/was-sind-social-bots
6. 5
Der Begriff der Filterblase
Der Internetaktivist Eli Pariser prägte im Jahr 2011 den Begriff der Filterblase. In seinem
Buch „The Filter Bubble – What The Internet Is Hiding From You“ (2011) beschreibt er, wie
Algorithmen die Inhalte bestimmen, die wir zu sehen bekommen. Dabei bezeichnet er den 04.
Dezember 2009 als den Beginn der „Ära der Personalisierung“.8
An diesem Tag verkündete Google, die personalisierte Suche sei ausgeweitet und verbessert
worden. Zuvor wurde nur die Webaktivität registrierter und eingeloggter User aufgezeichnet
und so die Suchergebnisse angepasst. Das sollte sich von nun an ändern. Der Suchverlauf
eines jeden Nutzers wird gespeichert; dabei ist unerheblich, ob dieser bei Google angemeldet
ist oder nicht. So sollen zukünftige Suchergebnisse individualisiert werden. Die Ergebnisse
werden gefiltert und dem Nutzer in einer algorithmisch berechneten Rangfolge aufgezeigt.9
Durch sämtliche Algorithmen werden also Nachrichten und Suchergebnisse genau auf den
jeweiligen Nutzer abgestimmt. Es werden nur solche Informationen angezeigt, von denen ein
Algorithmus denkt, sie würden den Nutzer interessieren. So bekommt jeder seine ganz
persönliche Ergebnisleiste. Inhalte, welche nicht in das Schema des Nutzers passen, landen
dann beispielsweise ganz am Ende der Suchergebnisse. Eli Pariser beschreibt dies als ein
persönliches und einzigartiges Universum, welches für jeden Einzelnen aus individuellen
Informationen besteht.10
Diesen Zustand nennt er Filterblase. Durch diese Filterblase
entsprechen die gezeigten Informationen immer dem Weltbild des jeweiligen Nutzers. Er
sieht also nur die Interessen, die er selbst vertritt und tritt mit keinen anderen Meinungen und
Ansichten in Kontakt. Folglich setzt er sich auch nicht mit diesen auseinander. Das wiederum
führt dazu, dass der Nutzer in dieser Meinung immer wieder bestärkt wird und sich immer
stärker auf diese eine Ansicht fokussiert.
Ein Experiment in den USA
Wie können diese Phänomene nun die Demokratie gefährden? In einem Experiment11
des
Professors Cass R. Sunstein wurde deutlich, welche Auswirkungen es haben kann, wenn
Menschen derselben politischen Einstellung miteinander diskutieren. Innerhalb dieses
8 Vgl. Pariser, Eli (2011): The Filter Bubble – What The Internet Is Hiding From You, Penguin Books Ltd., S.13
9
Vgl. https://googleblog.blogspot.com/2009/12/personalized-search-for-everyone.html
10
Vgl. Pariser, Eli (2011): The Filter Bubble – What The Internet Is Hiding From You, Penguin Books Ltd., S.21
11 Vgl.
https://scholarship.law.berkeley.edu/cgi/viewcontent.cgi?referer=&httpsredir=1&article=1221&context=californ
ialawreview
7. 6
Experiments wurden die Testpersonen in verschiedene Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe
bestand dabei aus „Konservativen“ und eine andere aus „Liberalen“. Beide Gruppen sollten
sich mit denselben Fragen auseinandersetzen. Dabei wurden bewusst solche Fragen
ausgewählt, welche besonders stark politisch polarisieren, beispielsweise ob die USA einen
Vertrag unterzeichnen soll, um gegen die Erderwärmung zu kämpfen. Nach der Diskussion
sollten die Teilnehmer nochmals einen Fragebogen ausfüllen. Das Ergebnis: Nach dieser
Diskussion vertraten die Teilnehmer eine extremere Position als vorher. Sie trafen in der
Gruppe auf Bestätigung ihrer Ansicht und wurden in ihrer Meinung bestärkt. Und genau
dieses Phänomen tritt täglich in den sozialen Medien auf. Die Filterblase ist dabei nichts
anderes als die Gruppe in dem Experiment. Wenn die Menschen immer nur mit ihresgleichen
debattieren, wenden sich ihre Ansichten zum Extremen. Die Gesellschaft wird zunehmend
polarisiert. Das Problem ist, dass diese Filterblase oft nicht wahrgenommen wird - dass der
Nutzer sich also nicht bewusst ist, dass er sich in einer Filterblase befindet. Im Hinblick auf
politische Thematiken kann dies ein weitreichendes Problem werden. Hat der Nutzer nämlich
eine bestimmte politische Denkweise und klickt entsprechende Beiträge im Internet an, dann
werden ihm zukünftig nur solche Nachrichten angezeigt, die eben dieser politischen
Einstellung entsprechen. Beiträge, welche thematisch hauptsächlich eine andere politische
Ausrichtung behandeln, verschwinden zunehmend aus dem Spektrum der Ergebnisse.
Ebenfalls ist es möglich, dass Nachrichten angezeigt werden, in welchen die nicht dem Nutzer
entsprechende politische Einstellung kritisiert oder negativ behaftet wird. Die Zunahme der
auf den Nutzer abgestimmten politischen Inhalte kann dazu führen, dass er der Auffassung ist,
dass die Mehrheit der Menschen diese Meinung teilt. Auch die politischen Wahlen können
dadurch beeinflusst werden. Denn wenn der Wähler denkt, dass die deutliche Mehrheit
dieselbe politische Meinung vertritt, erscheint er nicht zur Wahl. Fällt das Wahlergebnis dann
plötzlich doch anders aus als erwartet, erscheint er zunächst ungläubig, da er dachte, dass
jeder seine politische Meinung teilt.
Facebook blendet Nachrichten aus
Eli Pariser spricht außerdem in einem Vortrag12
darüber, wie Facebook Einfluss auf die
angezeigten politischen Nachrichten oder Beiträge der Freunde des Nutzers nähme. Er
beschreibt, dass Nachrichten seiner konservativen Freunde plötzlich verschwanden.
12 Vgl. https://www.ted.com/talks/eli_pariser_beware_online_filter_bubbles?language=de
8. 7
Stattdessen wurden ausschließlich Nachrichten seiner liberalen Freunde angezeigt, da er
häufiger auf deren geteilte Links klickte. Aus diesem Beispiel wird nochmals deutlich, wie
stark die sozialen Medien das Verhalten der Nutzer tracken und mit Hilfe von Algorithmen
bestimmte Nachrichten anzeigen und andere ausblenden. Das zeigt, dass Facebook in die
politische Willensbildung eines Menschen enorm eingreift. Somit wird die freie, individuelle
Meinungsbildung beschränkt und der demokratische Grundgedanke niedergelegt. Wenn in
dieser Filterblase hauptsächlich Fake News Informationen verbreiten, kann das problematisch
werden. Insbesondere wenn politische Desinformation überhandnimmt, kann dies stark Politik
und Wahlen beeinflussen. Fake News, welche darauf abzielen, eine bestimmte politische
Ausrichtung zu bestärken oder eine andere negativ zu behaften, manipulieren die politische
Willensbildung des Menschen.
Die Gefahr der Fake News
Warum stellen Fake News eine potentielle Gefahr dar? Fake News werden als Text, Video
oder Bildmaterial veröffentlicht. Heutzutage fällt es leicht, solche Falschnachrichten schnell
im Internet zu verbreiten. Jeder kann etwas online veröffentlichen und in den sozialen Medien
verbreitet sich dies rasant. Oftmals soll durch eine reißerische Überschrift die
Aufmerksamkeit des Lesers gewonnen werden. Die Emotionen des Lesers sollen
angesprochen werden. Denn wenn dieser erst einmal empört ist, dann denkt er nicht mehr
weiter nach, sondern teilt die Nachricht sofort. Je unglaublicher oder beängstigender die
Nachrichten, desto schneller werden sie weitergeleitet und verbreitet. Somit werden
insbesondere Fake News sehr schnell viral und häufiger geteilt als authentische Inhalte.13
Außerdem ist nahezu jeder prinzipiell dazu in der Lage, beispielsweise Videos zu bearbeiten.
Denn es gibt bereits Apps14
die darauf ausgelegt sind und die Technik macht in diesem
Bereich stetig Fortschritte. Durch die neuen Technologien ist es möglich, Videos so zu
bearbeiten, dass sie wie ein original aufgenommenes wirken. Ob Fälschung oder Original
wird dadurch immer schwerer zu identifizieren. Eine noch ziemlich neue Technik ermöglicht
es, sogenannte Deep Fakes zu erstellen. Dieser Begriff ist zusammengestellt aus den
Bezeichnungen Deep Learning und Fake. Deep Learning kennzeichnet eine Methode der
13
Vgl. Borel, Brooke In: Spektrum der Wissenschaft
14 Es gibt beispielsweise das kostenlose Programm namens FakeApp, mit welchem Laien Deepfakes erstellen
können. Lediglich ein PC mit starker Rechenleistung wird dazu benötigt.
Vgl. https://www.chip.de/downloads/Deepfakes-FakeApp_133452282.html
9. 8
Informationsverarbeitung. Dabei lernen Computer aufgrund einer Analyse einer sehr großen
Datenmenge. Dieser Mechanismus beruht auf einer ähnlichen Funktionsweise wie das
menschliche Gehirn. Die Maschine kann dann unter anderem aus diesen Informationen
Muster erkennen.15
Bei der Erstellung der Deep Fakes wird sich auf diese Technik berufen.
Ein Computer analysiert tatsächliche Bild- und Videoaufnahmen eines Menschen und kann
daraus dann bestimmte Muster und typische Mimiken erkennen.
Laut einer Studie der Stanford University bewerten Schüler die Vertrauenswürdigkeit einer
Information anhand des Inhaltes.16
Je mehr Details also eine Nachricht enthält, desto
glaubwürdiger finden die Schüler diese. Auf die Quelle legen sie weniger Wert. Unter
anderem sollten Schüler einer Highschool zwei Facebook-Posts auf ihre Vertrauenswürdigkeit
überprüfen. Dabei war eine Nachricht eine verifizierte von dem Nachrichtenportal Fox News
und die andere von einem ähnlich aussehenden Account. Nur ein Viertel der Befragten
identifizierten die echte Nachricht. Der Unterscheidungsgrund lag hier bei dem blauen
Checkmark. Dieser zeigt überprüfte und von Twitter oder Facebook als seriös eingestufte
Accounts an. Das zeigt, dass es vielen immer schwerer fällt, echte Nachrichten von falschen
zu unterscheiden. Selbst Jugendliche, die sehr viel Zeit im Internet verbringen und von denen
man häufig denkt, sie würden sich auskennen, halten Fake News für wahre Fakten. Das
Problem liegt also auch in der Erkennung von Fake News. Oftmals hinterfragen die Menschen
Nachrichten nicht, sondern schenken ihnen direkt Glauben. Die Gesellschaft sollte demnach
sensibilisiert werden, damit sie kritischer mit Nachrichten in sozialen Netzwerken umgeht und
somit nicht durch Desinformation manipuliert werden kann.
Maßnahmen der Europäischen Union
Was unternimmt Europa gegen diese potentielle Bedrohung? Insbesondere im Hinblick auf
die kommende Europawahl im Mai 2019 fordern die EU-Institutionen verstärkte Sicherheit
bezüglich Meinungsmanipulation im Internet. Die EU-Kommission ermahnt nun die
europäischen Staaten, aktiv gegen Wahlmanipulationen durch soziale Medien vorzugehen. So
15 Vgl. https://www.spektrum.de/news/maschinenlernen-deep-learning-macht-kuenstliche-intelligenz-
praxistauglich/1220451
16
Vgl. https://ed.stanford.edu/news/stanford-researchers-find-students-have-trouble-judging-credibility-
information-online
10. 9
sollen die einzelnen Länder überprüfen, ob die bestehenden Wahlgesetze diesbezüglich
ausreichen oder ob gegebenenfalls Gesetzesänderungen oder neue Gesetze notwendig sind. Es
soll sichergestellt werden, dass die demokratischen Wahlen in jedem Land Europas sicher
sind und geschützt werden.17
Bereits im Frühjahr 2018 legte die Kommission einen
Aktionsplan mit Maßnahmen gegen Desinformation vor. Unter anderem entwickelte sie ein
Konzept für einen Verhaltenskodex. Online-Plattformen haben nun für diesen spezifische
Maßnahmen vorgeschlagen, um Desinformation europaweit zu bekämpfen. Diesen
Verhaltenskodex haben unter anderem Facebook und Google im Oktober 2018 auf
freiwilliger Basis unterzeichnet. So haben sie sich beispielsweise dazu verpflichtet, politische
Werbung zukünftig transparenter zu gestalten, Bots als solche kenntlich zu machen sowie
Fake Accounts intensiver zu bekämpfen und schneller zu löschen.18
Des Weiteren soll ein
Schnellwarnsystem eingerichtet werden, um einen schnellen Austausch sowie eine frühzeitige
Warnung über mögliche Bedrohungen durch Desinformation zwischen den Institutionen und
den Staaten der Europäische Union zu ermöglichen.19
Frankreich ist das erste europäische Land, welches ein Gesetzespaket gegen Fake News
verabschiedete. Die zwei neuen Gesetze sollen zum einen ermöglichen, dass Parteien und
Kandidaten während einer Wahlperiode gegen vorsätzliche Falschinformation in den Medien
vorgehen können. So sollen Richter dazu befähigt sein, die Löschung dieser Inhalte durch
Eilbeschlüsse auf den Plattformen zu veranlassen. Zum anderen müssen soziale Netzwerke
für mehr Transparenz sorgen. Die Urheber gesponserter Informationen sollen demnach
künftig offengelegt werden.20
In Deutschland regte CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus eine
Debatte über Social Bots an. Er sieht in ihnen eine Gefahr für die kommenden Wahlen und
fordert eine Kennzeichnungspflicht für automatisierte Nachrichten. Dem stimmten auch die
SPD und Die Grünen zu.21
Der Bundesrat hatte zuvor bereits eine Kennzeichnungspflicht für
Social Bots vorgeschlagen. Diese sei dringend notwendig und solle schnellstmöglich geregelt
werden.22
Genaue Maßnahmen wurden jedoch noch nicht vorgestellt.
18
Vgl. http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-18-5914_de.htm
19
Vgl. https://ec.europa.eu/germany/news/20181205-aktionsplan-gegen-desinformation_de
20
Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/neues-gesetz-in-frankreich-gegen-fake-news-und-
falschmeldungen-15902399.html
21 Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-gegen-bots-keine-debatte-mit-robotern-
15943490.html
22
Vgl. https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2018/0501-0600/519-
18(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1
11. 10
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten, dass die sozialen Medien durchaus Einfluss auf die
politische Meinungsbildung der Menschen nehmen können. Dieser Einfluss sollte und darf
keineswegs unterschätzt werden. Die Europäische Union steht damit vor einer besonderen
Herausforderung, die es zu meistern gilt. Deshalb ist es von Nöten, dass gerade jetzt alle
europäischen Staaten gemeinsam arbeiten und sich gegenseitig unterstützen. Die EU-
Institutionen haben bereits einige wichtige Entscheidungen im Kampf gegen digitale
Meinungsmanipulation getroffen, doch müssen die einzelnen Staaten diese Maßnahmen noch
intensiver umsetzen. Fake News und Filterblasen können die Gesellschaft zunehmend stark
polarisieren und die freie Meinungsbildung beeinflussen. Durch die sozialen Netzwerke
verbreiten sich manipulative Desinformationen extrem schnell und haben zudem eine sehr
große Reichweite. Da Internet und Social Media eine immer größere Bedeutung zukommt,
kann das schnell zu einem Problem werden. Nämlich dann, wenn die Flut an Fake News
immer größer wird und es schwer wird, zwischen Tatsachen und gezielten
Falschinformationen zu unterscheiden. Dann, wenn man nicht mehr weiß, ob Fakt oder
Meinung. Dann, wenn Social Bots als Manipulationsmaschinen in sozialen Netzwerken
eingesetzt werden. Denn dann kann die Meinung eines Einzelnen, einer Gruppe und
schließlich einer ganzen Gesellschaft in die gewünschte Richtung gelenkt werden. Und dann
stellen ebendiese Social Bots, Fake News und Filterblasen eine Gefahr für die Demokratie
dar. Deshalb liegt es an der Europäischen Union mitsamt ihren Organen, ihren
Mitgliedsstaaten und der Bevölkerung, gegen diese Bedrohung anzukämpfen und die freien
demokratischen Prozesse zu schützen.
12. 11
Literaturverzeichnis
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77
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13. 12
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