Die Nutzung von Social-Media-Kanälen ist aus der Kommunikation von Unternehmen nicht mehr wegzudenken, denn sie bieten schnelle und kostengünstige Möglichkeiten auf sich und seine Produkte aufmerksam zu machen. Doch welche rechtlichen Risiken ergeben sich bei der Nutzung der Firmen-Website mit Newsletter, Blog & Co. aber auch auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder XING? Nicht nur die sozialen Medien, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich sind in einem ständigen Wandel.
Mit seinem Vortrag „Rechtssicher durchs Web 2.0!?! – Haftungsfalle Social Media Marketing“ gibt Rechtsanwalt Tim Günther einen Überblick über die rechtlichen Fallstricke bei der Nutzung von Social Media in Marketing und Kommunikation. Der Vortrag informiert sowohl über den aktuellen Stand bei Themen wie Hinweispflichten, Social-Media-Nutzung am Arbeitsplatz, Link-Haftung und rechtskonformer Newsletter-Versand als auch über Abmahnfallen und urheber- sowie markenrechtliche Fragestellungen.
Tim Günther ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und bei der Wirtschaftsrechts-Kanzlei Römermann Rechtsanwälte AG mit Standorten in Hannover, Hamburg und Berlin tätig. Weitere Informationen unter: https://www.roemermann.com/de/kanzlei/rechtsanwaelte/tim-guenther.html
6. „Guidelines“ (= Reputation Management)
Regelung von privater und beruflicher Nutzung
• Keine Pflicht zur Anmeldung bei Facebook od. XING
• Datenlöschung nach Ausscheiden
(LAG Hessen, CCZ 2012, 198)
• Keine Nutzung während Krankheit
• Geheimhaltung (XING-Kontakte = Geschäftsgeheimnisse?)
und Herabsetzung
7. Kündigung
„Boah kotzen die mich an von 02, da sperren sie einfach
das Handy, obwohl schon man schon bezahlt hat ... und
dann behaupten die es wären keine Zahlungen da. Solche
Penner ... Naja ab nächsten Monat habe ich einen neuen
Anbieter ...“
(VGH München, Beschluss vom 29.2.2012)
8. Kündigung
• „Ab zum Arzt und dann Koffer packen“
(ArbG Düsseldorf, 7 Ca 2591/11)
• Beleidigende Äußerungen gegen Ausbilder
„Menschenschinder“ und „Ausbeuter“
(LAG Hamm, Urt. V. 10.10.2011, Az. 5 S 451/12)
• Keine Kündigung wegen grober Beleidigung von
Kollegen auf Facebook bei Handlung im Affekt
(ArbG Duisburg 26.9.2012, 5 Ca 949/12)
9. Suspendierung
„Erst wenn der eigene Bürostuhl brennt, wird Herr Elbers
erkennen, dass man mit Infopavillons keine Brände löscht.“
„Dass es im Rathaus ,im richtigen Flügel‘ brenne und der
Hausherr nicht in fernen Ländern weile, sei ,so
unwahrscheinlich wie ein 6er im Lotto‘.“
10. Suspendierung
Zurechnung von Handlungen des MA für das Unternehmen,
wenn „Förderung des Werbeabsatzes des Unternehmens“
gewollt war
(Landgericht Freiburg GRUR-RR 2014, 256)
Näher zu „Social Media im Arbeitsverhältnis“:
Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, im Erscheinen
https://www.roemermann.com/de/
aktuelles/blog/social-media-im-
arbeitsverhaltnis.html
12. Mailings
Die Zusendung einer Werbe-E-Mail (oder Werbung bei
Twitter, Facebook, etc.) ohne Einwilligung des Empfängers
verstößt gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Einwilligung muss
• vorher
• ausdrücklich
• klar und
• unzweideutig
erfolgen.
14. Mailings
Ein Geschäftsführer haftet persönlich auf Unterlassung,
wenn dieser im Unternehmen keine geeigneten
Maßnahmen ergreift, um unlautere E-Mail-Werbung wegen
der ungeprüften Verwendung der von Dritten erworbenen
Adressbestände zu verhindern.
(OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.11.2009)
15. Mailings
AGB-Ausschluss unwirksam!
• „Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich einverstanden,
dass die von mir oben angegebenen Daten für an mich
gerichtete Werbung (z.B. Informationen über
Sonderangebote, Rabattaktionen) per Post und mittels
ggfs. von mir beantragter Services (SMS oder E-Mail-
Newsletter) ...“
• Verstoß gegen Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB):
„wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung“
(BGH, Urteil v. 16.7.2008)
16. UWG – Unlauterer Wettbewerb
• Gekaufte Nutzermeinungen unlauter nach § 4 Nr. 3 UWG
und nach Nr. 11 „black list“
(vgl. LG Stuttgart Beschl. v. 6.8.2014 – 37 O 34/14)
• Ebenso Astroturfing („Fake-Bewertungen“) bei Dritten
• Gleiches gilt für die Verschleierung des werblichen
Charakters eines Lobes durch MA („Beste RSV“)
(Landgericht Hamburg GRUR-RR 2012, 400)
• AG haftet für Post des Arbeitnehmers auf privater Seite
auch ohne Kenntnis
(LG Freiburg Urt. v. 4.11.2013 – 12 O 83/13)
17. UWG – Unlauterer Wettbewerb
Das Abwerben über XING ist unlauter, wenn
Formulierungen wie „Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich
da angetan haben?“ und „Sie wissen ja hoffentlich, in was für
einem Unternehmen Sie gelandet sind?“ verwendet werden.
Kontaktaufnahme = „geschäftliche Handlung“
(LG Heidelberg, Urt. v. 23.5.2012)
18. Werbeaussagen
• Keine Anmaßung
• Keine Irreführung
• Keine Unwahrheiten
• Keine Selbstverständlichkeiten
• Preiswerbung nur unter Angaben der PAngV
• Vorsicht vor Gewinnspielen
(Kopplung, Druck, Transparenz)
20. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
• Datenschutzerklärung immer dann, wenn selbst Daten
erfasst werden
• Nach § 4 Abs. 1 BDSG sind die Erhebung, Verarbeitung
und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig,
soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift
dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt
hat. Nach Abs. 2 sind personenbezogene Daten beim
Betroffenen (unter dessen Mitwirkung) zu erheben.
21. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
§ 13 Pflichten des Diensteanbieters
• Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des
Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der
Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten
sowie über die Verarbeitung seiner Daten […] in allgemein
verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche
Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.
(KG Beschl. v. 29.4.2011)
(LG Dü, Urt. v. 11.3.2016 -12 O 151/15)
22. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
sog. „Follow up-“ und „After Sales“-Kontakte, d. h. Anrufe, in
denen bspw. angefragt wird, ob angefordertes
Informationsmaterial oder die bestellte Ware zufrieden
stellend waren, oder warum der Kunde die
Geschäftsbeziehung beendet hat, nur zulässig, wenn jeweils
eine den Gegenstand des Anrufs betreffende Einwilligung
vorliegt.
26. Markenrecht
Vorsicht bei Verwendung des
Benutzung geschützter Kennzeichen innerhalb eines
Benutzerkontos in einem sozialen Netzwerk kann
kennzeichenrelevante Nutzerhandlung darstellen
(KG GRUR-RR 2011, 215)
®
27. Markenrecht
• „Vanity-URLs“ (bspw. facebook.com/„Nutzer“) mit
fremden Namen und Marken = Kennzeichenverletzung!
• „Brand Tagging“ birgt die Gefahr der Missbrauchs durch
Wettbewerber (Bekanntheitsschutz)
29. Impressum
Notwendiger Inhalt (nach § 5 Abs. 1 TMG) muss auf der
jeweiligen Internetseite erkennbar, unmittelbar erreichbar und
ständig verfügbar sein.
2-Klick-Regel (BGH Urt. v. 20.7.2006 – I ZR 228/03)
Insbesondere:
• Name und Anschrift der Niederlassung
• Adresse zur Kontaktaufnahme (einschließlich Mail-Adresse)
• zuständige Aufsichtsbehörde
30. Impressum
• Handelsregister (o.ä.) + Registernummer
• Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer
(§ 27a UStG) oder der Wirtschaftsidentifikations-
nummer (§ 139c AO)
• Beachte: bei juristischen Personen die Angabe der
Rechtsform sowie des Vertretungsberechtigten
31. Impressum
Römermann Rechtsanwälte Aktiengesellschaft
Ballindamm 38
20095 Hamburg
Tel.: (040) 300 619 340
Fax: (040) 300 619 341
kanzlei@roemermann.com
Vorsitzender des Aufsichtsrates: Claus-Dieter Schwab
Vertreten durch den Vorstand:
Prof. Dr. Volker Römermann (Vorstandsmitglied)
Ioannis Zaimis (Vorstandsmitglied)
Registergericht des Amtsgericht Hamburg
Registernummer HRB 108795
UmsatzsteuerIDNr: DE815064691
32. Impressum bei Facebook
Der Impressumspflicht des § 5 TMG ist nicht genügt, wenn
ein gewerblicher Facebook-Auftritt kein eigenes Impressum
enthält, sondern dieses lediglich über einen dort
vorhandenen Link auf die eigentliche Website und dort auf
das Impressum erreichbar ist.
LG Aschaffenburg, Urteil v. 19.8.2011 sowie
LG Regensburg, Urteil v. 31.1.2013
OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.8.2013
„kommunikationsbezogene Eigenständigkeit“
33. Blog
„Rechnung vom Anwalt bekommen - 3.500 € für so ‘ne blöde
Scheidung. Frage mich, ob ein Auftragskiller nicht preiswerter
wäre … eigentlich ist es auch unbezahlbar, den Herrn los zu
sein.“
(AG Bergisch-Gladbach, Urteil v. 16.6.2011)
Gleiches gilt für Fotos mit verächtliche Kommentaren (u.a.
„Pack“)
(LG Köln, Urteil v. 11.1.2012)
Vorsicht vor getarnter Werbung in redaktionellen
Inhalten!
34. Pinnwände
„Dummes Stück Scheiße, was ihre geistige Verwirrung zum
Ausdruck bringen muss“ und „Gehirntote in der
Merkelpropaganda“
(Landgericht Hamburg, Beschl. aus 01/2016)
35. Pinnwände
Haftung für Beiträge, wenn keine „ausdrückliche,
unmissverständliche und ernsthafte Distanzierung“ erfolgt.
(KG, Urt. v. 1.12.2009)
Pauschale Distanzierung (bspw. durch Disclaimer)
genügt nicht!
36. Links
Haftung für Links, wenn die fremde Meinung und der Inhalt
zu eigen gemacht wird (= Identifizierung)
(bspw. Twitter-Link: BGH MMR 2008, 400).
Auch Hinweis auf „sehr interessant“
(Landgericht Frankfurt Beschl. v. 20.04.2010)
Aber: Lediglich Verbreitung durch „Teilen“ unschädlich
(OLG Ffm. Urt. v. 26.11.2015 – 16 U 64/15)
37. Bewertungsportale
Grundsatz: Keine Herausgabepflicht der Daten
(BGH Urt. v. 1.7.2014 – VI ZR 345/13)
Kein „zu Eigen machen“ des
Portalbetreibers
Frage: Zumutbare Prüfpflichten?
Bei Bewertungsportalen hoch,
da durch Anonymität hohes
Verletzerpotential
(BGH Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15)
38. Rechtssicher durchs
Web 2.0!?! Haftungsfalle
Social Media
XING Hannover Networking-Event,
06.06.2016
Rechtsanwalt Tim Günther
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz | Fachanwalt für Versicherungsrecht
Dozent der Fresenius Hochschule HH für Wettbewerbs- und Kartellrecht
Römermann Rechtsanwälte AG, Hamburg/Hannover/Berlin
E-Mail: tim.guenther@roemermann.com
Tel: 0511 / 32 66 0-0, www.roemermann.com
Vielen Dank.