1
Bildung in einer digital geprägten Kultur
Prof. Dr. Petra Grell
Vortrag im Rahmen der Bildungskonferenz 2014 der Zentralstelle für die
Weiterbildungs im Handwerk am 18.11.2014 in Berlin
18.11.2014 | Fachbereich Humanwissenschaften| Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik | Prof. Dr. Petra Grell
2
Welche Herausforderung stellen sich
im Bildungsbereich durch die
Veralltäglichung digital-vernetzter
Medien?
1. Welche Erkenntnisse haben wir
über den digitalen Wandel? Welche
Missverständnisse gibt es? Und:
Erkennen wir überhaupt das Neue?
2. Welche Herausforderung können
wir markieren und welche
Probleme entstehen, wenn wir die
Veränderungen ignorieren?
3
• Werkzeug
• Rahmende Umgebung
Flickr CC-by Kate Ter Haar https://www.flickr.com/photos/katerha/
Flickr CC-by-nc Aldo Hoeben https://www.flickr.com/photos/aldo/
„Media'sierung“
5
Neue Praktiken, Kulturen
Bedeutungen, Sinngebung
Videostill: I Forgot My Phone, https://www.youtube.com/watch?v=OINa46HeWg8
6
NICHT DIE WERKZEUGE
FORDERN UNS HERAUS; DIE
RAHMEN UNSERES HANDELS
VERÄNDERN SICH!
7
Flickr CC-by-nc Chris https://www.flickr.com/photos/eisenbahner, Flickr CC-by-nc-sa deetah stefan https://www.flickr.com/photos/50746913@N00/Flickr CC-by
zuerichs strassen https://www.flickr.com/photos/zuerichs-strassen, Flickr CC-by-sa adreasduck https://www.flickr.com/photos/andreasduck/
8
18. Jahrhundert: Gefahren der
Buchkultur – extensive Lektüre
"Der Mangel aller körperlichen
Bewegung beym Lesen, in
Verbindung mit der so gewaltsamen
Abwechslung von Vorstellungen
und Empfindungen führt zu
Schlaffheit, Verschleimungen,
Blähungen und Verstopfung in den
Eingeweiden, die bekanntermaaßen
bey beyden, namentlich bey dem
weiblichen Geschlecht, recht
eigentlich auf die Geschlechtstheile
wirkt.“
Karl G. Bauer, Pädagoge
Felix Müller: Als die Lesesucht die
Menschen krank machte. Artikel in Die
Welt vom 2.11.2012
http://www.welt.de/kultur/history/article110549077/Als-die-Lesesucht-die-Menschen-krank-machte.html
9
18. Jahrhundert: Gefahren der
Buchkultur – extensive Lektüre
Aus "geschmack- und
gedankenloser Lektüre" folge
"unsinnige Verschwendung,
unüberwindliche Scheu vor jeder
Anstrengung, grenzenloser Hang
zum Luxus, Unterdrückung der
Stimme des Gewissens,
Lebensüberdruss und ein früher
Tod
Johann Adam Bergk, Philosoph, 1799
Felix Müller: Als die Lesesucht die
Menschen krank machte. Artikel in Die
Welt vom 2.11.2012
http://www.welt.de/kultur/history/article110549077/Als-die-Lesesucht-die-Menschen-krank-machte.html
10
18. Jahrhundert: Gefahren der
Buchkultur – extensive Lektüre
„Übermäßiges Lesen, schrieb
dieser, rufe Gleichgültigkeit
gegenüber allem hervor, was
nicht mit dem Lesen zu tun
habe. Man vernachlässige den
Haushalt, kümmere sich nicht um
die Kinder.“
Johann Heinrich Campe, Pädagoge
Felix Müller: Als die Lesesucht die
Menschen krank machte. Artikel in Die
Welt vom 2.11.2012
http://www.welt.de/kultur/history/article110549077/Als-die-Lesesucht-die-Menschen-krank-machte.html
11
NEUE PRAKTIKEN IM
UMGANG MIT NEUEN
MEDIEN VERÄNDERN
GESELLSCHAFT UND KULTUR
12
1983
1983
„Perhaps the revolution will fulfil itself only
when people no longer see anything
unusual in the brave New World, when
they see their computer not as a fearsome
challenger to their intelligence but as a
useful linkup of some everyday
gadgets: the calculator, the TV and the
typewriter. Or as Osborne's Adam Osborne
puts it: ‚The future lies in designing and
selling computers that people don't
realize are computers at all.‘“ (Otto
Friedrich. Time Magazin)
http://www.english.illinois.edu/-people-/faculty/debaron/482/482readings/machine%20of%20the%20year.html
13
Medienbiographien verändern sich
2011
Medienpädagogischer
Forschungsverbund
Südwest
(Hg.):
FIM-‐Studie
2011.
Familie,
Interak'on
&
Medien.
StuJgart
2012,
S.
621
3
14
Kinder reagieren auf eine Fotokamera aus dem Jahr 1998
„... Und wo ist jetzt das Bild?“
„Wie
biJe?
Man
zahlt
erst
für
die
Kamera,
dann
zahlt
man
für
den
Film
und
dann
bezahlt
man
noch
mal
für
jedes
einzelne
Foto?“
„So
ein
Aufwand
um
einfach
nur
ein
Foto
zu
machen?“
„Mir
tun
die
Leute
leid,
die
damals
gelebt
haben.“
„Und
ab
wann
gab
es
rich'ge
Kameras?“
https://www.youtube.com/watch?v=DDtWxURLlPk&index=1&list=PLFCAA1C9F5755B266&spfreload=10
16
„Mehr
als
drei
FünUel
gehen
mit
dem
Handy
mindestens
mehrmals
pro
Woche
ins
Internet
oder
nutzen
den
mobilen
Zugang
zu
ihrer
Community.“
(PressemiJeilung
JIM-‐Studie
2013,
mpfs.de)
Foto:
Will
Carter
Photograph
(flickr)
17
Ausstattung von Jugendlichen
Gerätebesitz
von
Jugendlichen
in
%
(12-‐19
Jahre,
Ø
für
Jungen
und
Mädchen)
Geräte
1998
2012
2013
Handy
8
96
96
Internetzugang
/
86
88
Computer/Laptop
35
82
80
Smartphone
/
47
72
Fernsehgerät
60
59
58
Tablet-‐PC
/
7
14
Daten
der
JIM-‐Studie
1999,
2012,
2013
18
2
29
99
8
49
96
12
73
87
0
25
50
75
100
Computer/Laptop
Handy/Smartphone
Tablet
PC
2013
2012
2011
Trend zur mobilen Internetnutzung
Wege
der
Internetnutzung
(2011-‐2013)
in
den
letzten
14
Tagen
(12-‐19
Jahre)
Angaben
in
%
Daten
der
JIM-‐Studie
2013
19
Zwischenfazit
• Onlinenutzung
und
GeräteausstaJung
haben
sich
in
15
Jahren
grundlegend
verändert.
• Mobile
Internetnutzung
ist
innerhalb
weniger
Jahre
für
Jugendliche
zum
selbstverständlichen
Teil
des
Alltags
geworden.
• Erkennen
wir
die
Veränderungen,
das
Neue?
20
Erkennen wir das Neue?
Soziale
Netzwerke:
Im
Jahr
1998
waren
19
%
aller
Jugendlichen
Mitglied
in
einer
kirchlichen/religiösen
Gruppe.
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
21
%
23
%
17
%
15
%
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
21
Erkennen wir das Neue?
Soziale
Netzwerke:
Im
Jahr
1998
waren
19
%
aller
Jugendlichen
Mitglied
in
einer
kirchlichen/religiösen
Gruppe.
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
21
%
23
%
17
%
15
%
!
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
22
Erkennen wir das Neue?
Familienunternehmungen.
Im
Jahr
1998
haben
17
%
der
Jugendlichen
täglich
oder
mehrmals
an
Familienunternehmungen
teilgenommen
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
21
%
16
%
12
%
27
%
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
23
Erkennen wir das Neue?
Familienunternehmungen.
Im
Jahr
1998
haben
17
%
der
Jugendlichen
täglich
oder
mehrmals
an
Familienunternehmungen
teilgenommen
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
21
%
16
%
12
%
27
%
!
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
24
Erkennen wir das Neue?
Lesen
von
Büchern.
Im
Jahr
1998
haben
38%
der
Jugendlichen
täglich
oder
mehrmals
pro
Woche
Bücher
gelesen.
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
42
%
35
%
32
%
39
%
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
25
Erkennen wir das Neue?
42
%
35
%
32
%
39
%
!
Lesen
von
Büchern.
Im
Jahr
1998
haben
38%
der
Jugendlichen
täglich
oder
mehrmals
pro
Woche
Bücher
gelesen.
Wie
viel
Prozent
sind
es
im
Jahr
2013?
Daten
der
JIM-‐Studie
1998,
2013
28
Lebensweltbezogene Artikulation
Erstellen
und
Verbreiten
eigener
Informa'onen
in
Form
von
Einschätzungen,
Nachrichten,
Kommentaren
oder
Produkten
(Filme,
Bilder,
Texte),
z.B.
auf
YouTube,
Vimeo,
Blogs
oder
Microblogs
29
Lebensweltbezogene Artikulation
Erstellen
und
Verbreiten
eigener
Informa'onen
in
Form
von
Einschätzungen,
Nachrichten,
Kommentaren
oder
Produkten
(Filme,
Bilder,
Texte),
z.B.
auf
YouTube,
Vimeo,
Blogs
oder
Microblogs
2
1
3
4
5
30
Streuen und Remixen
Schnelles
Streuen
von
erhaltenen
Informa'onen
an
(ggf.
ausgewählten)
Nutzerkreisen,
Re-‐mixen
oder
Kommen'eren
vor
der
Weiterleitung,
z.B.
über
TwiJer,
über
Rebloggen
auf
Blogs
31
Streuen und Remixen
Schnelles
Streuen
von
erhaltenen
Informa'onen
an
(ggf.
ausgewählten)
Nutzerkreisen,
Re-‐mixen
oder
Kommen'eren
vor
der
Weiterleitung,
z.B.
über
TwiJer,
über
Rebloggen
auf
Blogs
33
Umgang mit dem Neuen
Befähigung
von
Heranwachsenden
und
Erwachsenen
Welche Fähigkeiten benötigen Heranwachsende
und Erwachsene, um in einer digital geprägten
Kultur verantwortlich zu handeln und um diese
Kultur mitgestalten zu können?
34
Herausforderung
• Digital vernetzte Lebenssituationen als
normale Lebenswelt begreifen
• Das substanziell Neue erfassen und
reflektieren
• Partizipations- und Bildungspotentiale
erkennen und nutzen
• Allen die Chancen eröffnen, um sich diese
Möglichkeitsräume erschließen zu können
35
Perspektiven unterschiedlicher Akteure
Praxen
von
Ki.
u.
Jgdl.
Medien-‐
Forschung
WissenschaUlicher
Diskurs
Besorgte
Eltern
Politischer
Diskurs
Medienpäd.
Praxiskonzepte
Mediendidak'k
und
E-‐Learning
36
Vielen Dank!
Prof. Dr. Petra Grell
Technische Universität Darmstadt
http://www.medienbildung.tu-darmstadt.de
Präsentation in Kürze auf Slideshare: http://de.slideshare.net/pgrell
CC-by-nc-sa