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18  AUTOMOBIL INDUSTRIE  5 | 2015
WIRTSCHAFT & MOBILITÄT    Management Recruiting
LOKALE MANAGER
GEFRAGT
Deutsche Firmen besetzen Schlüsselpositionen in China immer noch
gerne mit Managern aus der Heimat. Doch Kostenvorteile, wachsende
Kompetenz und längerfristige Bindung sprechen für chinesische Kräfte.
Die Frage ist nur: Wie findet und hält man sie?
R
und drei Jahrzehnte ist es her, dass
der erste Santana vom Band des
Shanghai Volkswagen Joint Ven-
tures gerollt ist. Seitdem hat sich
China für die deutsche Automobilindustrie
zum wichtigsten Produktionsstandort
außerhalb des Heimatmarkts und zum
bedeutendsten Absatzmarkt entwickelt.
Nach Befragungen deutscher Unterneh-
men vor Ort zählt das Thema Personal zu
den größten geschäftlichen Herausforde-
rungen, gleich nach den schnell ansteigen-
den Lohnkosten (siehe Ranking auf S. 19).
Die Frage lautet also: Wie findet und hält
man qualifiziertes Personal für
Schlüsselpositionen?
Da auf dem chinesischen Arbeitsmarkt
dem steigenden Bedarf an Führungskräften
nur eine begrenzte Anzahl qualifizierter
Kräfte gegenübersteht, dürfte sich der Kon-
kurrenzdruck ungebremst fortsetzen.
NACHTEIL FÜR ZULIEFERER
Besonders schwer wird es für deutsche
Zulieferer, die im Kampf um die besten Köp-
fe mit den prestigeträchtigen internationa-
len OEMs konkurrieren. Auch lokale Auto-
mobilhersteller sind in den letzten Jahren in
der Gunst gut ausgebildeter Manager
gestiegen.
Wer keine wettbewerbsfähige Vergütung
zahlt und keine attraktiven Anreize schaffen
kann, wird seine besten Manager in China
daher rasch an die Konkurrenz verlieren.
Wollten deutsche Automobilunterneh-
men Schlüsselpositionen in China besetzen,
so griffen sie bis vor einigen Jahren insbe-
sondere in der Aufbauphase in erster Linie
auf Expatriates, kurz Expats zurück, also auf
Chinesische Mitarbeiter sind in der dortigen Fertigung unentbehrlich. Auch auf Managementebene sind sie immer stärker gefragt.
FOTO:DAIMLER
AUTOMOBIL INDUSTRIE  5 | 2015 19
JJ ANALYSE DES FÜHRUNGSVERHALTENS
Bei deutschen Führungskräften sind die Kommunikations- und Innovationsfähigkeit stärker
ausgeprägt, während chinesische Führungskräfte im Vergleich eher kooperativ führen und
empathischer in Erscheinung treten.
ins Ausland entsendete Fachkräfte. Heute
setzen viele Unternehmen vermehrt auf die
Kompetenz gut ausgebildeter chinesischer
Führungskräfte oder auf sogenannte lokale
Expats, die bereit sind, sich längerfristig an
den Standort in China zu binden, und mit
den kulturellen Unterschieden bereits ver-
traut sind.
Ein weiterer Grund dafür, dass sich deut-
sche OEMs und Zulieferer aktiv am Arbeits-
markt vor Ort umsehen, liegt an den zusätz-
lichen Kosten, die für die Entsendung von
Expats entstehen. Dazu gehören beispiels-
weise die Bereitstellung einer Wohnung auf
Firmenkosten und Zulagen für das Schul-
geld der Kinder.
Das klassische Expat-Modell, das auf eine
befristete Entsendung von drei bis fünf Jah-
ren mit anschließender Rückkehrgarantie in
die deutsche Zentrale setzt, scheint zuneh-
mend der Vergangenheit anzugehören.
Deutsche Manager sind jedoch weiterhin
dort begehrt, wo spezielles Expertenwissen
gefragt ist, etwa in der Entwicklung oder in
der Qualitätssicherung.
Auch in der obersten Führungsebene set-
zen einige Unternehmen weiterhin auf
Expats, die als Bindeglied zwischen der Mut-
tergesellschaft und der Chinaorganisation
agieren. Oftmals wird dann entweder der
Posten des Geschäftsführers oder des
Finanzleiters der Chinagesellschaft mit
einem Expat besetzt.
Da die Bewertung des Führungsstils chi-
nesischer Manager in der Praxis häufig mit
Vorurteilen behaftet ist und somit mögliche
Potenziale ungenutzt bleiben, ist es hilf-
reich, sich einige Unterschiede im Führungs-
verhalten im Vergleich zu deutschen Mana-
gern vor Augen zu führen.
SPEZIFISCHES FÜHRUNGS­
VERHALTEN
Mit diesem Thema hat sich das EU SME
Centre in Peking, das mittelständische euro-
päische Unternehmen beim Markteintritt in
China unterstützt, im Rahmen einer
umfangreichen internationalen Befragung
beschäftigt. Dort wurde deutlich, dass bei-
spielsweise die Kommunikations- und Inno-
vationsfähigkeit deutscher Führungskräfte
stärker ausgeprägt ist. Dagegen pflegen
chinesische Führungskräfte im Vergleich
einen eher kooperativen Führungsstil und
treten empathischer in Erscheinung.
Die Erkenntnisse der Studie tragen zu
einem besseren Verständnis für die jeweili-
gen Führungsstile bei; sie helfen dabei, Ent-
wicklungsfelder sowohl der deutschen als
auch der chinesischen Manager aufzudecken
und gezielt zu fördern.
Einige Personalberater haben sich genau
auf die Besetzung dieser erfolgskritischen
Schlüsselpositionen spezialisiert. Doch wer
einen lokalen Anbieter beauftragt, muss
aufpassen: Oftmals fehlt diesem das Ver-
ständnis für die spezifischen Anforderungen
des Auftraggebers. Das kann dann zu einem
wenig zielgerichteten Massenrecruiting füh-
ren.
Auch die Vertraulichkeit bei der Direktan-
sprache potenzieller Kandidaten wird häufig
nicht ausreichend gewährleistet. In einigen
Fällen werden selbst bei den eigenen Klien-
ten Kandidaten aktiv abgeworben.
Für den Auftraggeber ist es daher wichtig,
im Vorfeld die Qualität des Personalberaters
zu evaluieren. Ein seriöser Anbieter sollte
einen strukturierten Suchprozess vorlegen
können.
Zudem sollten im Vorfeld verbindliche
Standards vereinbart werden. Dazu gehört
beispielsweise, dass kostenlos nach einem
Ersatzkandidaten gesucht wird, wenn der
Kandidat das Unternehmen noch vor Ablauf
der Probezeit verlässt beziehungsweise vom
Unternehmen als nicht geeignet eingestuft
wird.
Neben Qualität ist Schnelligkeit ein ent-
scheidender Faktor im Kampf um die besten
Talente. Wer sich für die Personalentschei-
dung zu lange Zeit nimmt, läuft Gefahr, die
besten Kandidaten an die Konkurrenz zu
verlieren.
Ebenso wichtig sind die eignungsdiagnos-
tische Kompetenz und das interkulturelle
Feingefühl des Beraters, damit dieser in
einem persönlichen Interview herausfinden
kann, ob der Kandidat für die gesuchte
Vakanz in Frage kommt oder nicht. ‹
Oliver Liegel ist Leiter des Automotive-
Recruiting bei der Personalberatung Signium.
QUELLE:EUSMECENTRE
90
80
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60
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20
10
0
konservativinnovativtechnisch
selbst
strategisch
überzeugend
offen
reizbargehem
m
t
strukturierttaktisch
kom
m
unikativ
delegierend
kontrollierendFeedbackm
anagenddom
inantproduktiv
kooperierend
konsensfähigautoritär
em
pathisch
China Deutschland
Qualifizierte Mitarbeiter in China zu finden,
ist für Firmen eine Top-Herausforderung.
JJ HERAUSFORDERUNGEN
Steigende Lohnkosten
75,2 %
Finden qualifizierter Mitarbeiter
74,1 %
Halten qualifizierter Mitarbeiter
67,2 %
Langsames Internet
59,1 %
Bürokratie/administrative Hürden
58,7 %
Schutz geistigen Eigentums
57,7 %
Protektionismus
56,1 %
Steigende Rohstoff- und Energiepreise
54,5 %
Bevorzugte Behandlung lokaler Unternehmen
50,2 %
Korruption
49,1 %
Umfrage* unter deutschen Unternehmen in
China: Bitte bewerten Sie Ihre aktuellen ge-
schäftlichen Herausforderungen. *Angaben in 2014
QUELLE:AHKBUSINESSCONFIDENCESURVEY2014

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Executive Search & Recruiting in China: Lokale Manager gefragt

  • 1. 18  AUTOMOBIL INDUSTRIE  5 | 2015 WIRTSCHAFT & MOBILITÄT    Management Recruiting LOKALE MANAGER GEFRAGT Deutsche Firmen besetzen Schlüsselpositionen in China immer noch gerne mit Managern aus der Heimat. Doch Kostenvorteile, wachsende Kompetenz und längerfristige Bindung sprechen für chinesische Kräfte. Die Frage ist nur: Wie findet und hält man sie? R und drei Jahrzehnte ist es her, dass der erste Santana vom Band des Shanghai Volkswagen Joint Ven- tures gerollt ist. Seitdem hat sich China für die deutsche Automobilindustrie zum wichtigsten Produktionsstandort außerhalb des Heimatmarkts und zum bedeutendsten Absatzmarkt entwickelt. Nach Befragungen deutscher Unterneh- men vor Ort zählt das Thema Personal zu den größten geschäftlichen Herausforde- rungen, gleich nach den schnell ansteigen- den Lohnkosten (siehe Ranking auf S. 19). Die Frage lautet also: Wie findet und hält man qualifiziertes Personal für Schlüsselpositionen? Da auf dem chinesischen Arbeitsmarkt dem steigenden Bedarf an Führungskräften nur eine begrenzte Anzahl qualifizierter Kräfte gegenübersteht, dürfte sich der Kon- kurrenzdruck ungebremst fortsetzen. NACHTEIL FÜR ZULIEFERER Besonders schwer wird es für deutsche Zulieferer, die im Kampf um die besten Köp- fe mit den prestigeträchtigen internationa- len OEMs konkurrieren. Auch lokale Auto- mobilhersteller sind in den letzten Jahren in der Gunst gut ausgebildeter Manager gestiegen. Wer keine wettbewerbsfähige Vergütung zahlt und keine attraktiven Anreize schaffen kann, wird seine besten Manager in China daher rasch an die Konkurrenz verlieren. Wollten deutsche Automobilunterneh- men Schlüsselpositionen in China besetzen, so griffen sie bis vor einigen Jahren insbe- sondere in der Aufbauphase in erster Linie auf Expatriates, kurz Expats zurück, also auf Chinesische Mitarbeiter sind in der dortigen Fertigung unentbehrlich. Auch auf Managementebene sind sie immer stärker gefragt. FOTO:DAIMLER
  • 2. AUTOMOBIL INDUSTRIE  5 | 2015 19 JJ ANALYSE DES FÜHRUNGSVERHALTENS Bei deutschen Führungskräften sind die Kommunikations- und Innovationsfähigkeit stärker ausgeprägt, während chinesische Führungskräfte im Vergleich eher kooperativ führen und empathischer in Erscheinung treten. ins Ausland entsendete Fachkräfte. Heute setzen viele Unternehmen vermehrt auf die Kompetenz gut ausgebildeter chinesischer Führungskräfte oder auf sogenannte lokale Expats, die bereit sind, sich längerfristig an den Standort in China zu binden, und mit den kulturellen Unterschieden bereits ver- traut sind. Ein weiterer Grund dafür, dass sich deut- sche OEMs und Zulieferer aktiv am Arbeits- markt vor Ort umsehen, liegt an den zusätz- lichen Kosten, die für die Entsendung von Expats entstehen. Dazu gehören beispiels- weise die Bereitstellung einer Wohnung auf Firmenkosten und Zulagen für das Schul- geld der Kinder. Das klassische Expat-Modell, das auf eine befristete Entsendung von drei bis fünf Jah- ren mit anschließender Rückkehrgarantie in die deutsche Zentrale setzt, scheint zuneh- mend der Vergangenheit anzugehören. Deutsche Manager sind jedoch weiterhin dort begehrt, wo spezielles Expertenwissen gefragt ist, etwa in der Entwicklung oder in der Qualitätssicherung. Auch in der obersten Führungsebene set- zen einige Unternehmen weiterhin auf Expats, die als Bindeglied zwischen der Mut- tergesellschaft und der Chinaorganisation agieren. Oftmals wird dann entweder der Posten des Geschäftsführers oder des Finanzleiters der Chinagesellschaft mit einem Expat besetzt. Da die Bewertung des Führungsstils chi- nesischer Manager in der Praxis häufig mit Vorurteilen behaftet ist und somit mögliche Potenziale ungenutzt bleiben, ist es hilf- reich, sich einige Unterschiede im Führungs- verhalten im Vergleich zu deutschen Mana- gern vor Augen zu führen. SPEZIFISCHES FÜHRUNGS­ VERHALTEN Mit diesem Thema hat sich das EU SME Centre in Peking, das mittelständische euro- päische Unternehmen beim Markteintritt in China unterstützt, im Rahmen einer umfangreichen internationalen Befragung beschäftigt. Dort wurde deutlich, dass bei- spielsweise die Kommunikations- und Inno- vationsfähigkeit deutscher Führungskräfte stärker ausgeprägt ist. Dagegen pflegen chinesische Führungskräfte im Vergleich einen eher kooperativen Führungsstil und treten empathischer in Erscheinung. Die Erkenntnisse der Studie tragen zu einem besseren Verständnis für die jeweili- gen Führungsstile bei; sie helfen dabei, Ent- wicklungsfelder sowohl der deutschen als auch der chinesischen Manager aufzudecken und gezielt zu fördern. Einige Personalberater haben sich genau auf die Besetzung dieser erfolgskritischen Schlüsselpositionen spezialisiert. Doch wer einen lokalen Anbieter beauftragt, muss aufpassen: Oftmals fehlt diesem das Ver- ständnis für die spezifischen Anforderungen des Auftraggebers. Das kann dann zu einem wenig zielgerichteten Massenrecruiting füh- ren. Auch die Vertraulichkeit bei der Direktan- sprache potenzieller Kandidaten wird häufig nicht ausreichend gewährleistet. In einigen Fällen werden selbst bei den eigenen Klien- ten Kandidaten aktiv abgeworben. Für den Auftraggeber ist es daher wichtig, im Vorfeld die Qualität des Personalberaters zu evaluieren. Ein seriöser Anbieter sollte einen strukturierten Suchprozess vorlegen können. Zudem sollten im Vorfeld verbindliche Standards vereinbart werden. Dazu gehört beispielsweise, dass kostenlos nach einem Ersatzkandidaten gesucht wird, wenn der Kandidat das Unternehmen noch vor Ablauf der Probezeit verlässt beziehungsweise vom Unternehmen als nicht geeignet eingestuft wird. Neben Qualität ist Schnelligkeit ein ent- scheidender Faktor im Kampf um die besten Talente. Wer sich für die Personalentschei- dung zu lange Zeit nimmt, läuft Gefahr, die besten Kandidaten an die Konkurrenz zu verlieren. Ebenso wichtig sind die eignungsdiagnos- tische Kompetenz und das interkulturelle Feingefühl des Beraters, damit dieser in einem persönlichen Interview herausfinden kann, ob der Kandidat für die gesuchte Vakanz in Frage kommt oder nicht. ‹ Oliver Liegel ist Leiter des Automotive- Recruiting bei der Personalberatung Signium. QUELLE:EUSMECENTRE 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 konservativinnovativtechnisch selbst strategisch überzeugend offen reizbargehem m t strukturierttaktisch kom m unikativ delegierend kontrollierendFeedbackm anagenddom inantproduktiv kooperierend konsensfähigautoritär em pathisch China Deutschland Qualifizierte Mitarbeiter in China zu finden, ist für Firmen eine Top-Herausforderung. JJ HERAUSFORDERUNGEN Steigende Lohnkosten 75,2 % Finden qualifizierter Mitarbeiter 74,1 % Halten qualifizierter Mitarbeiter 67,2 % Langsames Internet 59,1 % Bürokratie/administrative Hürden 58,7 % Schutz geistigen Eigentums 57,7 % Protektionismus 56,1 % Steigende Rohstoff- und Energiepreise 54,5 % Bevorzugte Behandlung lokaler Unternehmen 50,2 % Korruption 49,1 % Umfrage* unter deutschen Unternehmen in China: Bitte bewerten Sie Ihre aktuellen ge- schäftlichen Herausforderungen. *Angaben in 2014 QUELLE:AHKBUSINESSCONFIDENCESURVEY2014