Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Tobias J. Knoblich: Geschäftsfeldentwicklung. Strategisches Management am Beispiel eines Kulturverbandes
1. Planung und Steuerung D 1.3
Strategie und Entwicklung
Geschäftsfeldentwicklung
Strategisches Management
am Beispiel eines Kulturverbandes
Tobias J. Knoblich
Der Beitrag zeigt am Beispiel des Landesverbandes Soziokultur Sachsen e. V. auf, welche Instru-
mente die Geschäftsfeldentwicklung als Element eines strategischen Managements braucht. Als
Plädoyer für ein gesundes Maß an Formalisierung geht er dabei auf den Zusammenhang zwischen
Satzung, Geschäftsordnung, Geschäftsverteilung und Verbandspolitik ein. Weiterhin beleuchtet er
auf dieser Grundlage die Möglichkeiten der gezielten Entwicklung identifizierter Geschäftsfelder
sowie die inhärenten Wachstumsmöglichkeiten einer Organisation mit klarem Leitbild. Beispielhaft
verdeutlicht wird dies an der Etablierung eines neuen Geschäftsfeldes im Verband.
Gliederung Seite
1. Ein Kulturverband und seine Aufgaben – zur Einführung 2
2. Strategische Planung 3
2.1 Grundlagen der Verbandspolitik 3
2.2 Geschäftsfeldanalyse und politische Effekte 6
3. Entwicklung vorhandener und/oder neuer Geschäftsfelder 9
3.1 Wachstum in einem vorhandenen Geschäftsfeld 10
3.2 Zur Etablierung eines neuen Geschäftsfeldes 14
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2. D 1.3 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
1. Ein Kulturverband und seine Aufgaben –
zur Einführung
Kulturverbände als Bau- Kulturverbände sind mitgliedschaftlich organisierte Interessenvertreter
steine parlamentarischer von Akteuren oder Institutionen unterschiedlicher Kultursparten. In
Demokratie der Rechtsform des eingetragenen Vereins wirken sie mit gemeinnüt-
ziger Orientierung im Dritten Sektor, also zwischen Staat und Markt.
Sie vermitteln zwischen den durch sie repräsentierten legitimen Wir-
kungs- und Geltungsinteressen im Kulturbereich und der politischen
Steuerung sowie Förderpolitik des Staates bzw. der Kommunen.
Weiterhin übernehmen sie Aufgaben der Vernetzung und Qualifizie-
rung der Akteure, beraten in fachlicher oder organisationsbezogener
Hinsicht und informieren die Öffentlichkeit über Leistungen oder
Probleme im jeweiligen Vertretungsbereich.
Verbände gelten allgemein als elementare Bausteine der parlamentari-
schen Demokratie. Sie sichern Einflussnahme nach außen und Stabili-
tät nach innen. Ihr Aufbau folgt auch im Kulturbereich der föderalen
Struktur Deutschlands, so dass wir im wesentlichen Regional-, Lan-
des- und Bundesverbände unterscheiden. Der Spitzenverband der
Bundeskulturverbände ist der nach Fachsektionen gegliederte Deut-
sche Kulturrat e. V.1
Der Legitimationsdruck, der auf dem Kulturbereich lastet und vor
allem der Krise öffentlicher Haushalte entspringt, macht auch vor
Verbänden keinen Halt. Sie müssen sich immer stärker auch als
Dienstleister verstehen, die Aufgaben, auch wenn sie nicht zum Kern-
geschäft gehören, selbstverständlich übernehmen. Verbandswachstum
und Bedeutungssteigerung bleiben jedoch immer stark abhängig vom
politischen Rahmen. Ein Beispiel aus der Soziokultur soll dies ver-
deutlichen:
Der Staat übergibt Während die LAG Soziokultur Niedersachsen e. V. als beliehene Un-
Verantwortung, nimmt ternehmerin des Landes Niedersachsen Fördermittel eigenständig
sie aber auch im strate- bewirtschaften und an Projektträger weiterreichen durfte, dies jedoch
gischen Eifer zurück im Zuge eines Regierungswechsels wieder vollständig einstellen
musste, übernimmt der Dachverband in Hessen für das Land die Ent-
wicklung des Kulturportals im Internet.
Deutlich wird an beiden Situationen, dass Verbände insbesondere den
Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben entlasten können. Sie sind im
Kern kleine, aber kompetente Wissens- und Erfahrungsträger, die die
Kulturszene oft weit über ihren unmittelbaren Zuständigkeitsbereich
hinaus überblicken. In der Regel verfügen sie über eine effektive Ge-
schäftsstelle sowie kurze und erprobte Entscheidungswege, da sie
permanent im politischen Raum agieren müssen.
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3. Planung und Steuerung D 1.3
Strategie und Entwicklung
Doch erklärt nicht nur der Druck von außen und die im „schwachen Zivilgesellschaft und
Politikfeld Kultur“ häufig anzutreffende Angst vor Marginalisierung aktivierender Staat
die Übernahme neuer Aufgaben, vielmehr verlangt die innerverbandli-
che Erwartungshaltung an Leistung und Prestige der Organisation
nach fortlaufender Analyse des Wirkungsfeldes und Einflussgewinn.
Das Leitbild eines „aktivierenden Staates“ verdeutlicht die Zweisei-
tigkeit dieses Prozesses, in dem Übergabe von Verantwortung an zi-
vilgesellschaftliche Akteure und der Wille zur bürgernahen Umset-
zung von Aufgaben zusammenspielen.
Im Folgenden wird am Beispiel des Verbandsmanagements dargestellt,
wie auf der Grundlage entwickelter und systemimmanenter Manage-
mentansätze sinnvoll geplant und die Erweiterung von Geschäftsfel-
dern erwogen werden kann. Die hier entwickelten Elemente der Pla-
nung und Steuerung von Kulturverbänden lassen sich auch auf andere
Bereiche des Kulturmanagements übertragen.
2. Strategische Planung
2.1 Grundlagen der Verbandspolitik
Management im Kulturverband heißt zum überwiegenden Teil Reakti- Zur Dialektik von
on auf Mitgliederanfragen, politische Prozesse oder kulturpolitische Reaktion und Planung
Diskurse. Da Verbände in der Regel ein bestimmtes Territorium abde-
cken, müssen sie zudem einen erheblichen Teil ihrer Energie für Be-
reisungen aufwenden. Wenn man allein bedenkt, dass Verbandsperso-
nal ausgesprochen knapp und bei einer Förderung der öffentlichen
Hand in seinem Einsatz relativ festgelegt ist, wird klar, wie gering
Spielräume im Alltagsgeschäft ausfallen.
In erster Linie muss es hier also darum gehen, die wenigen Ressour-
cen effektiv zu bewirtschaften, Klarheit in den kurz-, mittel- und lang-
fristigen Aufgaben des Verbandes zu erlangen und mögliche Erweite-
rungen der Geschäftstätigkeit organisch zu entwickeln.
Häufig herrscht die Annahme vor, die Satzung habe mit der Beschrei-
bung grundsätzlicher Aufgaben und Ziele eine universelle Gültigkeit,
weiterer Instrumente bedürfe es nicht. Nicht selten zerfasert der Dis-
kurs über die Stoßrichtung der Verbandsarbeit in konkrete Maßnah-
men, die unzureichend verallgemeinert und planerisch dargestellt
werden. Eine Bündelung der Aufgaben ist aber nicht allein deshalb
notwendig, weil sonst Prioritätensetzungen oder Arbeitsplanungen
unmöglich werden, sondern auch, weil eine gemeinsame Verständi-
gung über die Entwicklung des Verbandes gelingen muss. Nicht zu-
letzt das Zusammengehörigkeitsgefühl und ein Bewusstsein für die
Umsetzung einer gemeinsamen Mission erzwingen die regelmäßige
Erneuerung und Konkretisierung der Arbeitsaufträge, was die Mess-
barkeit (Erfolgskontrolle) von Ergebnissen einschließt.
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4. D 1.3 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
Eine Satzung kann hier nur basale Orientierung bieten, bedarf aber
gewiss auch von Zeit zu Zeit der Novellierung. Grundsätzlich gilt, was
Peter Schwarz festgestellt hat:
Problem: Verbände „Verbände … zeichnen sich vielfach durch einen sehr geringen For-
meiden Formalisierungen malisierungsgrad ihrer Tätigkeit aus, ganz besonders im Bereich der
Leitungsorgane, der Ausschüsse und der Geschäftsstelle. (…) Man
hält sich bei Abläufen lieber an Tradition, Erfahrung und Routine als
an offizielle Normen.“2
Kompetenzen und Für ein gelingendes Arbeiten im operativen Geschäft, das die sat-
Zuständigkeiten regeln zungsgemäßen Ziele auf der Beschlussgrundlage von Mitgliederver-
sammlung und Vorstand umsetzt, müssen zunächst Kompetenzen und
Zuständigkeiten klar geregelt sein. Dies geschieht in einer Geschäfts-
und Finanzordnung sowie mit Hilfe eines Geschäftsverteilungsplans,
die die Satzung näher ausgestalten. Letzterer macht sichtbar, wie kon-
kret die Verbandsaufgaben von wem umzusetzen sind. In der Zusam-
menschau und Abstimmung mit den Stellenbeschreibungen kann man
von einer Grundlage sprechen, die eine gezielte Bewirtschaftung von
Personalstellen sowie eine Personalentwicklung erst erlaubt.
Zwischen den Beschlüssen der Entscheidungsgremien und der Ge-
schäftsstelle, die das operative Geschäft umsetzt, muss nun die Ver-
ständigung über die Ziele der Verbandsarbeit stattfinden, wenn es
nicht bei „Tradition, Erfahrung und Routine“ bleiben soll, die sich
auch kein Verband mehr als alleinige instrumentelle Vernunft leisten
sollte.
Selbstbild und Das Konkrete der Beschlüsse bedarf einer kategorialen Basis, die Ge-
strategische Planung schäftsfelder abbildet und intern gewichtet. Dazu dient eine ausformu-
lierte Verbandspolitik, die im günstigsten Falle mit einem Leitbild
oder einer vergleichbaren normativen Grundlage der Selbstvergewis-
serung korrespondiert. Beide Dokumente müssen – aufbauend auf
Entwürfen der Geschäftsführung und des Vorstandes – von der Mit-
gliederversammlung diskutiert, ergänzt oder in Teilen verworfen und
schließlich verabschiedet werden.
Die Qualität dieser Dokumente umreißt Peter Schwarz wie folgt: „Für
Leitbild und Verbandspolitik gilt: Ihr Zweck wird völlig verfehlt,
wenn sie bloß aus eleganten, jedoch nichtssagenden Formeln mit einer
gewissen PR-Trächtigkeit bestehen. Beide Dokumente müssen Syste-
me konkreter Grundsatzentscheidungen sein und Ziele, Verhaltens-
richtlinien und Prinzipien (für Strukturen, Leistungen) verbindlicher
Art enthalten. Nur dann sind sie auch in dem Sinne gebrauchsfähig,
als sie Eckwerte, Richtgrößen und Normen festlegen, welche als Ori-
entierungshilfen und Entscheidungskriterien für die nachgelagerten
Führungselemente dienen können.“3
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