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Rüth: Umsatzsteuersätze und -befreiungen bei Kultureinrichtungen. Ein kurzer Überblick über das anwendbare Recht
1. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Umsatzsteuersätze und -befreiungen bei
Kultureinrichtungen
Ein kurzer Überblick über das anwendbare Recht
Dr. Henning H. Rüth
Rechtsanwalt (dr. iur.), Diplom-Finanzwirt (FH), Senior Manager der Service
Line Indirect Tax Services von KPMG in Hamburg, ständiger Mitarbeiter der
Zeitschriften Umsatzsteuer-Berater (UStB) und EU-Umsatzsteuer-Berater (EU-
UStB).
Inhalt Seite
1. Einführung/Problembeschreibung 2
1.1 Eingangsseite (Vorsteuer) 2 E
1.2 Ausgangsseite (Umsatzsteuer) 3 3.3
2. Steuerbefreiung 5
S. 1
2.1 § 4 Nr. 20 a UStG 5
2.2 § 4 Nr. 20 b UStG 7
2.3 § 4 Nr. 22 UStG 7
2.4 § 19 UStG 8
3. Ermäßigter Steuersatz 9
3.1 § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG 9
3.2 § 12 Abs. 2 Nr. 7 b UStG 10
3.3 § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG 11
3.4 § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG 11
3.5 § 12 Abs. 2 Nr. 8 b UStG 12
4. Regelsteuersatz 12
Checkliste Steuerbefreiung 7
Checkliste Kleinunternehmer 9
Checkliste Ermäßigter Steuersatz für Theater pp. 10
Dieser Artikel ergänzt und vertieft den Beitrag E 3.1 von Helmut Rundshagen
und sollte mit diesem zusammen gelesen werden.
Kultur & Recht April 2009
2. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
1. Einführung/Problembeschreibung
Die Frage des zutreffenden Umsatzsteuersatzes stellt sich für Kultureinrichtungen
(wie auch für andere umsatzsteuerliche Unternehmer) an zwei Stellen, nämlich
zum einen auf der Eingangsseite (Vorsteuer), zum anderen auf der Ausgangsseite
(Umsatzsteuer).
In Betracht kommen sowohl der volle Steuersatz (derzeit 19 %), der ermäßigte
Steuersatz (7 %) wie auch Steuerbefreiungen (also gewissermaßen 0 % Umsatz-
steuer, was aber bei Kultureinrichtungen regelmäßig mit dem Verlust des Vor-
steuerabzugs verbunden ist1).
1.1 Eingangsseite (Vorsteuer)
Wird der Kultureinrichtung eine Rechnung mit zu hohem Steuerausweis gestellt,
kann sie maximal die zutreffende Steuer als Vorsteuer abziehen (sofern sie denn
selbst steuerpflichtige Ausgangsleistungen erbringt und daher ganz oder teilweise
E zum Vorsteuerabzug berechtigt ist).
3.3 (Anmerkung: Da die einzelnen Steuerermäßigungen und Befreiungen erst im
Folgenden ausführlich beschrieben werden, sind die Beispiele an dieser Stelle
S. 2 lediglich abstrakt dargestellt.)
Beispiel 1: Eine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Kultureinrichtung
erhält eine Rechnung, auf der über eine erbrachte Leistung wie folgt abge-
rechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 19 % € 190
Gesamtbetrag € 1.190
Zutreffend wäre die Anwendung einer Steuerbefreiung gewesen.
Lösung:
Die Umsatzsteuer ist nicht als Vorsteuer abziehbar (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG) und
wird in voller Höhe zum Kostenfaktor, sofern die Rechnung nicht berichtigt wird.
Beispiel 2: Eine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Kultureinrichtung
erhält eine Rechnung, auf der über eine erbrachte Leistung wie folgt abge-
rechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 19 % € 190
Gesamtbetrag € 1.190
Zutreffend wäre die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) gewesen.
Kultur & Recht April 2009
3. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Lösung:
Die Umsatzsteuer ist nur teilweise als Vorsteuer abziehbar, und zwar in Höhe von
€ 77,85 (7 % aus € 1.190). Teilweise wird wohl auch vertreten, dass ein Vorsteu-
erabzug nur in Höhe von € 70 (7 % auf € 1.000) oder gar nicht möglich ist, da die
Rechnung einen unzutreffenden Umsatzsteuersatz ausweist und daher nicht ord-
nungsgemäß ist (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG)2. Soweit die Umsatzsteuer nicht als
Vorsteuer abzugsfähig ist wird sie zum Kostenfaktor, sofern die Rechnung nicht
berichtigt wird.
1.2 Ausgangsseite (Umsatzsteuer)
Stellt die Kultureinrichtung selbst Rechnungen mit unzutreffendem Umsatzsteu-
erausweis, so stellen sich für den Leistungsempfänger die gleichen Schwierigkei-
ten wie oben unter 1.1 für die Kultureinrichtung geschildert.
Ist der Steuerausweis zu hoch, wird die zuviel ausgewiesene Steuer trotzdem
geschuldet und muss an das Finanzamt abgeführt werden (§ 14 c UStG), ohne
dass der Leistungsempfänger sie als Vorsteuer abziehen könnte. E
3.3
Beispiel 1: Eine Kultureinrichtung stellt eine Rechnung, auf der über eine
S. 3
erbrachte Leistung wie folgt abgerechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 19 % € 190
Gesamtbetrag € 1.190
Zutreffend wäre die Anwendung einer Steuerbefreiung gewesen.
Lösung:
Die Umsatzsteuer ist in ausgewiesener Höhe an das Finanzamt abzuführen. Eine
Rechnungskorrektur ist allerdings grundsätzlich möglich. Zum Vorsteuerabzug
des Leistungsempfängers siehe Beispiel 1 oben.
Beispiel 2: Eine Kultureinrichtung erhält eine Rechnung, auf der über
eine erbrachte Leistung wie folgt abgerechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 19 % € 190
Gesamtbetrag € 1.190
Zutreffend wäre die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) gewesen.
Kultur & Recht April 2009
4. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Lösung:
Die Umsatzsteuer ist in ausgewiesener Höhe an das Finanzamt abzuführen, und
zwar in Höhe von € 77,85 nach allgemeinen Grundsätzen und Höhe von € 112,15
wegen § 14 c UStG. Eine Rechnungskorrektur ist allerdings grundsätzlich möglich.
Zum Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers siehe oben unter 1.1, Beispiel 2.
Ist der Steuerausweis zu niedrig, wird dennoch die nach Gesetz angefallene Um-
satzsteuer geschuldet und muss an das Finanzamt abgeführt werden.
Beispiel 3: Eine Kultureinrichtung stellt eine Rechnung, auf der über eine
erbrachte Leistung wie folgt abgerechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 7 % € 70
Gesamtbetrag € 1.070
Zutreffend wäre die Anwendung des vollen Steuersatzes (19 %) gewesen.
E
3.3 Lösung:
S. 4
Die Umsatzsteuer ist in Höhe von € 170,84 (19 % aus € 1.070,–) an das Finanz-
amt abzuführen. Der Leistungsempfänger hat einen Vorsteuerabzug in Höhe von
€ 70, da dies der ausgewiesene Steuerbetrag ist3.
Beispiel 4: Eine Kultureinrichtung erhält eine Rechnung, auf der über
eine erbrachte Leistung wie folgt abgerechnet wird:
Leistung (genaue Beschreibung erforderlich) € 1.000
Umsatzsteuer, 0 % € 0
Gesamtbetrag € 1.000
(Steuerfrei nach § ….)
Zutreffend wäre die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) gewesen.
Lösung:
Die Umsatzsteuer ist in Höhe von € 65,42 (7 % aus € 1.000) an das Finanzamt
abzuführen. Der Leistungsempfänger hat keinen Vorsteuerabzug, da keine Um-
satzsteuer in der Rechnung ausgewiesen ist.
Es zeigt sich also, dass bei unzutreffender Anwendung der Steuersätze bzw.
-befreiungen immer eine Differenz zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer ent-
steht, und zwar ausschließlich zu Gunsten des Fiskus. Bitte beachten Sie, dass zu
wenig gezahlte Umsatzsteuer und zu Unrecht abgezogene Vorsteuerbeträge nach
§ 233a AO zu verzinsen sind. In der Praxis erweisen sich die Zinsbeträge teilwei-
Kultur & Recht April 2009