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A Rechtsgrundlagen


A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen




Die Freiheit der Kunst und
ihre Schranken
                                                                                A
                                                                                1.5
Professor Dr. Ulrich Karpen                                                     S. 1
Direktor der Forschungsstelle für Kulturverfassungs- und -verwaltungsrecht im
Seminar für Öffentliches Recht und Staatslehre der Universität Hamburg


Inhalt                                                                 Seite


1.    Die Kunst ist frei! Kunst stößt an!                                  2
1.1   Von Wilhelm Busch zu Niki de Saint-Phalle                            2
1.2   Schranken der Kunstausübung                                          2
1.3   Fragen                                                               2
2.    Was ist überhaupt Kunst?                                             3
2.1   Definitionsverbot?                                                   3
2.2   Definitionsversuche                                                  4
2.3   Nicht-Kunst                                                          5
3.    Werk- und Wirkbereich der Kunst                                      6
3.1   Zum sachlichen Geltungsbereich der Kunstfreiheitsgarantie            6
3.2   Aufführung, Vertrieb, Werbung                                        6
3.3   Der persönliche Geltungsbereich des Kunstfreiheitsrechtes            7
4.    Schranken der Kunstfreiheit                                          7
4.1   Abwägung von Kunstfreiheit und anderen Verfassungsgütern             7
4.2   Menschenwürde und Persönlichkeitsschutz als Schranken der
      Kunstfreiheit                                                        8
4.3   Jugendschutz als Schranke der Kunstfreiheit                         12
4.4   Kunstfreiheit, Eigentum, Baurecht                                   13
4.5   Kunst und Staatssymbole                                             14
4.6   Straßenkunst                                                        16
5.    Kunstfreiheit und andere Grundrechte                                18
6.    Kunstförderung                                                      19




                                             22 Kultur & Recht November 2003
A Rechtsgrundlagen


       A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen




       1.      Die Kunst ist frei! Kunst stößt an!
       1.1     Von Wilhelm Busch zu Niki de Saint-Phalle
A
1.5    "Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden".
       Darf man lärmende Straßenkunst vertreten?
S. 2

       Niki de Saint-Phalles Großplastiken sehen manche als obszöne Machtwerke an.
       Darf man sie abräumen, in Museen verbannen? Die Frankfurter Aufführung des
       Theaterstücks "Der Müll, die Stadt und der Tod" von Rainer Werner Faßbinder
       führte zur Bühnenbesetzung, die Absetzung durch den Intendanten und Gerichts-
       verfahren.

       1.2     Schranken der Kunstausübung

       Die Freiheit der Kunst ist die Frage nach ihren Grenzen. "Kunst und Wissen-
       schaft, Forschung und Lehre sind frei", heißt Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des
       Grundgesetzes. Es gibt – anders als etwa in der Eigentumsgarantie des Artikels
       14 – keinen Vorbehalt eines einschränkenden Gesetzes Artikel 14 Absatz 1 lautet:
       "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken
       werden durch Gesetze bestimmt". Ist der Künstler also völlig frei, kann er tun und
       lassen, was er will? Andererseits: Deine Freiheit endet dort, wo die Nase Deines
       Nachbarn beginnt! Sollte dieser Grundsatz gerade für die Kunst nicht gelten?
       Sicherlich nicht, so wichtig die Kunst für uns alle ist: völlig grenzenlos kann sie
       nicht sein. Es ist aber wichtig: während die Ausübung der meisten Grundrechte –
       Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit, Versammlungsfreiheit – umfassend durch Vor-
       schriften geregelt ist, fehlt für die Kunstausübung ein generelles, normatives
       Regelwerk, das von vornherein den Rahmen für ein gemeinverträgliches Verhal-
       ten absteckt. Es gibt Presse- und Rundfunkgesetze, eine Gewerbe- und eine
       Handwerksordnung, ein Versammlungsgesetz, aber kein "Kunstgesetz". Da die
       Kunst aber nicht schrankenlos sein kann und es auch nicht ist, war und ist die
       Rechtsprechung aufgerufen, Schranken zu entwickeln, mehr oder weniger auf der
       schmalen Grundlage der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie des Arti-
       kels 5 Grundgesetz. Dieser Aufgabe haben sich der Bundesgerichtshof, das Bun-
       desverwaltungsgericht, vor allem aber das Bundesverfassungsgericht in einer
       Fülle von Entscheidungen unterzogen, die inzwischen ein recht übersichtliches
       Bild der großen Freiheit der Kunst, aber auch ihrer Schranken entworfen haben.

       1.3     Fragen

       Dieses Bild gibt es im Folgenden darzustellen. Es stellen sich wichtige Fragen:

       -    Was ist Kunst? Was ist nicht Kunst, sondern Handwerk, Gewerbe, andere
            Tätigkeit?



       22 Kultur & Recht November 2003
A Rechtsgrundlagen


A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen




-    Wer ist Träger der Kunstfreiheit? Nur der Künstler, oder auch der "Vermitt-
     ler", der Verleger, der Werbeagent?
-    Welche Schranken der Kunstfreiheit ergeben sich etwa aus dem Persönlich-
     keitsrecht anderer, etwa des Dargestellten, aus Vorschriften des Jugendschut-
                                                                                     A
     zes, dem Straßenverkehrs- und Baurecht usw.
-    Ist alles Kunst, was sich Kunst nennt? Ist nicht manches Meinungsäußerung,
                                                                                     1.5
     Ausdruck der Religionsfreiheit, der Versammlungsfreiheit?                       S. 3
-    Und gibt es nur Schranken der Kunst, nicht auch (staatliche) Kunstförderung?



2.      Was ist überhaupt Kunst?
2.1     Definitionsverbot?

Kunst ist ein autonomer und eigengesetzlicher Lebensbereich, der sich einer
klaren und zupackenden Definition verschließt. Weil Kunst immer auch das krea-
tiv geschaffene "ganz Neue", bisher "Ungesehene", "Unerhörte" sein kann, das in
unbekannte Regionen vorstößt, könnte man meinen, man könne und dürfe Kunst
nicht definieren. Denn jede Definition verharre doch im Hergebrachten, könne
gerade avantgardistische Kunst, die gerade darauf abziele, die Grenzen der Kunst
zu erweitern, nicht angemessen umschreiben. Daran ist etwas Wahres, und den-
noch muss der Versuch einer Definition gewagt werden. Denn es geht um einen
Verfassungsbegriff, der den Schutzbereich eines Grundrechtes beschreibt. Es
geht nicht an, dass Juristen, die die Verfassung verstehen sollen und anzuwenden
haben – gerade im Streitfall! -, vor der Aufgabe die Waffen strecken, diesen
Kernbegriff angemessen zu definieren.

Zu sagen, was "Kunst" ist, ist auch unproblematisch, soweit allgemein anerkannte
Werke der Malerei, Plastik, der Baukunst, Literatur, Musik, des Theaters in Rede
stehen. Problematischer wird es schon bei Happenings, bei der Abgrenzung von
Pornographie und Kunst, der Benutzung von Kunst zu parteipolitischen Zwecken,
etwa auf Wahlplakaten. Was ist hier Kunst, was schlichte Meinungsäußerung?
Schwierig wird es, wenn die Grenze zwischen satirischer Kunst und Verleum-
dung, zur Diffamierung zu ziehen ist. Die Satire ist eine Kunstgattung, die mit
Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen arbeitet. Hier muss differen-
ziert gewertet werden. Der Aussagekern muss aus der oft reißerischen, grellen
Einkleidung herausinterpretiert werden, beide getrennt am Maßstab eines Kunst-
begriffes gemessen werden. Die Beurteilung der satirischen Einkleidung wird –
gerade bei Kollisionen mit anderen Rechtsgütern, etwa der Menschenwürde
dargestellter Personen – milder ausfallen können als die des Aussagekerns, wenn
man dem Grundrecht der Kunstfreiheit den notwendigen weiten Spielraum belas-
sen will.




                                                22 Kultur & Recht November 2003
A Rechtsgrundlagen


       A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen




       2.2    Definitionsversuche

       Juristen lieben begriffliche "Kästchen", und so haben sie den verfassungsrechtli-
       chen Kunstbegriff in dreifacher Weise zu bestimmen unternommen. Zunächst hat
A
       das Bundesverfassungsgericht in der ersten Leitentscheidung ("Mephisto"-
1.5
       Beschluss)1 versucht, einen materialen, wertbezogenen Kunstbegriff zu entwi-
S. 4   ckeln.

       "Der Lebensbereich "Kunst" ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr
       allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Von ihnen hat die Auslegung des
       Kunstbegriffes der Verfassung auszugehen. Das Wesentliche der künstlerischen
       Betätigung ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen,
       Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu
       unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein
       Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzu-
       lösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunst-
       verstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar
       unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers"

       Kritiker meinten, dieser Begriff hafte zu sehr am idealistischen Kunstverständnis
       der Ästhetik.

       Gleiches hat man dem formalen, typologischen Kunstbegriff vorgeworfen, der
       sich an den etablierten Werktypen orientiert, also etwa Malen, Musizieren, Dich-
       ten. Kunst ist, was diesen Werktypen entspricht oder ihnen nahe kommt. Dem
       Vorteil einer solchen formalen Betrachtungsweise, ideologiefrei zu sein, steht der
       Nachteil gegenüber, dass es ihr nahe zu unmöglich ist, neue Werktypen zu erfas-
       sen.

       Schließlich hat es das BVerfG2 mit einem "zeichentheoretischen" Kunstbegriff
       versucht. Es hat gefragt, ob dem in Rede stehenden Werk "im Wege einer fortge-
       setzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutungen zu entnehmen seien.
       Auch dieser Begriff erfasst etwas Zutreffendes, gibt aber Anlass zu Fragen. Legt
       er nicht indirekt Qualitätsmaßstäbe an, enthält also Elemente von (staatlichem)
       "Kunstrichtertum"? Wird nicht manches erfasst, was keine Kunst ist, nur weil es
       sich "vieldeutig", "tiefsinnig" gibt?

       In seiner Leitentscheidung aus dem Jahre 1984 ("Anachronistischer Zug")3 hat
       das Gericht letztlich eingeräumt, dass es unmöglich sei, Kunst generell zu defi-
       nieren. Es kommt also darauf an, unter Anwendung der drei möglichen Defini-
       tionsansätze im Einzelfall zu entscheiden, was Kunst ist und nicht. Deshalb
       ist bei einer Darstellung von Reichweite und Grenzen der Kunstfreiheitsgarantie
       immer wieder auf die Entscheidungen der Gerichte zu schauen. Dabei ist die
       inhaltliche Seite des Kunstgrundrechtes ("was ist Kunst"?) von der personellen
       ("wer ist Künstler i.S. des Artikels 5"?) und der institutionellen ("wo findet Kunst
       statt? Museen, Theater etc.") zu unterscheiden.

       22 Kultur & Recht November 2003

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Karpen: Die Freiheit der Kunst und ihre Schranken

  • 1. A Rechtsgrundlagen A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen Die Freiheit der Kunst und ihre Schranken A 1.5 Professor Dr. Ulrich Karpen S. 1 Direktor der Forschungsstelle für Kulturverfassungs- und -verwaltungsrecht im Seminar für Öffentliches Recht und Staatslehre der Universität Hamburg Inhalt Seite 1. Die Kunst ist frei! Kunst stößt an! 2 1.1 Von Wilhelm Busch zu Niki de Saint-Phalle 2 1.2 Schranken der Kunstausübung 2 1.3 Fragen 2 2. Was ist überhaupt Kunst? 3 2.1 Definitionsverbot? 3 2.2 Definitionsversuche 4 2.3 Nicht-Kunst 5 3. Werk- und Wirkbereich der Kunst 6 3.1 Zum sachlichen Geltungsbereich der Kunstfreiheitsgarantie 6 3.2 Aufführung, Vertrieb, Werbung 6 3.3 Der persönliche Geltungsbereich des Kunstfreiheitsrechtes 7 4. Schranken der Kunstfreiheit 7 4.1 Abwägung von Kunstfreiheit und anderen Verfassungsgütern 7 4.2 Menschenwürde und Persönlichkeitsschutz als Schranken der Kunstfreiheit 8 4.3 Jugendschutz als Schranke der Kunstfreiheit 12 4.4 Kunstfreiheit, Eigentum, Baurecht 13 4.5 Kunst und Staatssymbole 14 4.6 Straßenkunst 16 5. Kunstfreiheit und andere Grundrechte 18 6. Kunstförderung 19 22 Kultur & Recht November 2003
  • 2. A Rechtsgrundlagen A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen 1. Die Kunst ist frei! Kunst stößt an! 1.1 Von Wilhelm Busch zu Niki de Saint-Phalle A 1.5 "Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden". Darf man lärmende Straßenkunst vertreten? S. 2 Niki de Saint-Phalles Großplastiken sehen manche als obszöne Machtwerke an. Darf man sie abräumen, in Museen verbannen? Die Frankfurter Aufführung des Theaterstücks "Der Müll, die Stadt und der Tod" von Rainer Werner Faßbinder führte zur Bühnenbesetzung, die Absetzung durch den Intendanten und Gerichts- verfahren. 1.2 Schranken der Kunstausübung Die Freiheit der Kunst ist die Frage nach ihren Grenzen. "Kunst und Wissen- schaft, Forschung und Lehre sind frei", heißt Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Es gibt – anders als etwa in der Eigentumsgarantie des Artikels 14 – keinen Vorbehalt eines einschränkenden Gesetzes Artikel 14 Absatz 1 lautet: "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch Gesetze bestimmt". Ist der Künstler also völlig frei, kann er tun und lassen, was er will? Andererseits: Deine Freiheit endet dort, wo die Nase Deines Nachbarn beginnt! Sollte dieser Grundsatz gerade für die Kunst nicht gelten? Sicherlich nicht, so wichtig die Kunst für uns alle ist: völlig grenzenlos kann sie nicht sein. Es ist aber wichtig: während die Ausübung der meisten Grundrechte – Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit, Versammlungsfreiheit – umfassend durch Vor- schriften geregelt ist, fehlt für die Kunstausübung ein generelles, normatives Regelwerk, das von vornherein den Rahmen für ein gemeinverträgliches Verhal- ten absteckt. Es gibt Presse- und Rundfunkgesetze, eine Gewerbe- und eine Handwerksordnung, ein Versammlungsgesetz, aber kein "Kunstgesetz". Da die Kunst aber nicht schrankenlos sein kann und es auch nicht ist, war und ist die Rechtsprechung aufgerufen, Schranken zu entwickeln, mehr oder weniger auf der schmalen Grundlage der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie des Arti- kels 5 Grundgesetz. Dieser Aufgabe haben sich der Bundesgerichtshof, das Bun- desverwaltungsgericht, vor allem aber das Bundesverfassungsgericht in einer Fülle von Entscheidungen unterzogen, die inzwischen ein recht übersichtliches Bild der großen Freiheit der Kunst, aber auch ihrer Schranken entworfen haben. 1.3 Fragen Dieses Bild gibt es im Folgenden darzustellen. Es stellen sich wichtige Fragen: - Was ist Kunst? Was ist nicht Kunst, sondern Handwerk, Gewerbe, andere Tätigkeit? 22 Kultur & Recht November 2003
  • 3. A Rechtsgrundlagen A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen - Wer ist Träger der Kunstfreiheit? Nur der Künstler, oder auch der "Vermitt- ler", der Verleger, der Werbeagent? - Welche Schranken der Kunstfreiheit ergeben sich etwa aus dem Persönlich- keitsrecht anderer, etwa des Dargestellten, aus Vorschriften des Jugendschut- A zes, dem Straßenverkehrs- und Baurecht usw. - Ist alles Kunst, was sich Kunst nennt? Ist nicht manches Meinungsäußerung, 1.5 Ausdruck der Religionsfreiheit, der Versammlungsfreiheit? S. 3 - Und gibt es nur Schranken der Kunst, nicht auch (staatliche) Kunstförderung? 2. Was ist überhaupt Kunst? 2.1 Definitionsverbot? Kunst ist ein autonomer und eigengesetzlicher Lebensbereich, der sich einer klaren und zupackenden Definition verschließt. Weil Kunst immer auch das krea- tiv geschaffene "ganz Neue", bisher "Ungesehene", "Unerhörte" sein kann, das in unbekannte Regionen vorstößt, könnte man meinen, man könne und dürfe Kunst nicht definieren. Denn jede Definition verharre doch im Hergebrachten, könne gerade avantgardistische Kunst, die gerade darauf abziele, die Grenzen der Kunst zu erweitern, nicht angemessen umschreiben. Daran ist etwas Wahres, und den- noch muss der Versuch einer Definition gewagt werden. Denn es geht um einen Verfassungsbegriff, der den Schutzbereich eines Grundrechtes beschreibt. Es geht nicht an, dass Juristen, die die Verfassung verstehen sollen und anzuwenden haben – gerade im Streitfall! -, vor der Aufgabe die Waffen strecken, diesen Kernbegriff angemessen zu definieren. Zu sagen, was "Kunst" ist, ist auch unproblematisch, soweit allgemein anerkannte Werke der Malerei, Plastik, der Baukunst, Literatur, Musik, des Theaters in Rede stehen. Problematischer wird es schon bei Happenings, bei der Abgrenzung von Pornographie und Kunst, der Benutzung von Kunst zu parteipolitischen Zwecken, etwa auf Wahlplakaten. Was ist hier Kunst, was schlichte Meinungsäußerung? Schwierig wird es, wenn die Grenze zwischen satirischer Kunst und Verleum- dung, zur Diffamierung zu ziehen ist. Die Satire ist eine Kunstgattung, die mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen arbeitet. Hier muss differen- ziert gewertet werden. Der Aussagekern muss aus der oft reißerischen, grellen Einkleidung herausinterpretiert werden, beide getrennt am Maßstab eines Kunst- begriffes gemessen werden. Die Beurteilung der satirischen Einkleidung wird – gerade bei Kollisionen mit anderen Rechtsgütern, etwa der Menschenwürde dargestellter Personen – milder ausfallen können als die des Aussagekerns, wenn man dem Grundrecht der Kunstfreiheit den notwendigen weiten Spielraum belas- sen will. 22 Kultur & Recht November 2003
  • 4. A Rechtsgrundlagen A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen 2.2 Definitionsversuche Juristen lieben begriffliche "Kästchen", und so haben sie den verfassungsrechtli- chen Kunstbegriff in dreifacher Weise zu bestimmen unternommen. Zunächst hat A das Bundesverfassungsgericht in der ersten Leitentscheidung ("Mephisto"- 1.5 Beschluss)1 versucht, einen materialen, wertbezogenen Kunstbegriff zu entwi- S. 4 ckeln. "Der Lebensbereich "Kunst" ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Von ihnen hat die Auslegung des Kunstbegriffes der Verfassung auszugehen. Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie, schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzu- lösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunst- verstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers" Kritiker meinten, dieser Begriff hafte zu sehr am idealistischen Kunstverständnis der Ästhetik. Gleiches hat man dem formalen, typologischen Kunstbegriff vorgeworfen, der sich an den etablierten Werktypen orientiert, also etwa Malen, Musizieren, Dich- ten. Kunst ist, was diesen Werktypen entspricht oder ihnen nahe kommt. Dem Vorteil einer solchen formalen Betrachtungsweise, ideologiefrei zu sein, steht der Nachteil gegenüber, dass es ihr nahe zu unmöglich ist, neue Werktypen zu erfas- sen. Schließlich hat es das BVerfG2 mit einem "zeichentheoretischen" Kunstbegriff versucht. Es hat gefragt, ob dem in Rede stehenden Werk "im Wege einer fortge- setzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutungen zu entnehmen seien. Auch dieser Begriff erfasst etwas Zutreffendes, gibt aber Anlass zu Fragen. Legt er nicht indirekt Qualitätsmaßstäbe an, enthält also Elemente von (staatlichem) "Kunstrichtertum"? Wird nicht manches erfasst, was keine Kunst ist, nur weil es sich "vieldeutig", "tiefsinnig" gibt? In seiner Leitentscheidung aus dem Jahre 1984 ("Anachronistischer Zug")3 hat das Gericht letztlich eingeräumt, dass es unmöglich sei, Kunst generell zu defi- nieren. Es kommt also darauf an, unter Anwendung der drei möglichen Defini- tionsansätze im Einzelfall zu entscheiden, was Kunst ist und nicht. Deshalb ist bei einer Darstellung von Reichweite und Grenzen der Kunstfreiheitsgarantie immer wieder auf die Entscheidungen der Gerichte zu schauen. Dabei ist die inhaltliche Seite des Kunstgrundrechtes ("was ist Kunst"?) von der personellen ("wer ist Künstler i.S. des Artikels 5"?) und der institutionellen ("wo findet Kunst statt? Museen, Theater etc.") zu unterscheiden. 22 Kultur & Recht November 2003