Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Anneta Käfer: Social Franchising als Kooperationsform
1. J 1.12
„Kultur für Alle“ – Eine neue Perspektive
Social Franchising als Kooperationsform
Anneta Käfer
Mehr und mehr gemeinnützige Organisationen sehen sich vor der Herausforderung, neben sozio-
politischen und kulturellen auch finanzielle und juristische Herausforderungen zu bewältigen. Die
vorhandenen Gelder müssen dabei immer weiter aufgeteilt werden, der Konkurrenzdruck wächst
stetig. Diese Situation macht es notwendig, über alternative Wege nachzudenken. Es gibt zahlreiche
ausgezeichnete Ansätze, Ideen und Konzepte auf regionaler und lokaler Ebenen, die Probleme er-
folgreich gelöst haben. Jetzt gilt es, die Ideen zu verbreiten und nicht das Rad immer wieder neu zu
erfinden.
Gliederung Seite
1. Einführung 2
2. Franchising – Methode zur Verbreitung bewährter Konzept-Ideen 4
2.1 Kommerzielles Franchising 4
2.1.1 Merkmale von Franchise-Systemen 5
2.1.2 Kriterien zur Franchisierbarkeit von Produkten bzw. Leistungen 7
2.2 Social Franchising 8
2.2.1 Merkmale 9
2.2.2 Kernelemente 10
2.2.3 Wesentliche Unterschiede zwischen dem kommerziellen und Social Franchising 10
2.2.4 Finanzierung von Social Franchise-Systemen 12
3. Schnittstellen-Modell zur systematischen Projektreplizierung 13
3.1 Das Modell – Eine Annäherung 14
3.2 Das Modell – Eine Visualisierung 15
4. Schlussfolgerung 17
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2. J 1.12 Best Practice
Beispiele aus den Kultursparten
1. Einführung
Hilmar Hoffman hat bereits 1979 eine „Kultur für Alle“ gefordert:
„Jeder Bürger muss grundsätzlich in die Lage versetzt werden, Ange-
bote in allen Sparten und mit allen Spezialisierungsgraden wahrzu-
nehmen, und zwar mit zeitlichem Aufwand und einer finanziellen
Beteiligung, die so bemessen sein muss, dass keine einkommensspezi-
fischen Schranken aufgerichtet werden.“1
„Kultur für alle Kinder Ist „Kultur für Alle“2 bzw. „Kultur für alle Kinder und Jugendlichen“
und Jugendlichen“ eine utopische Vorstellung oder nur eine Frage der richtigen Strategie?
Wie ist es möglich, Kultur wirklich allen in Deutschland lebenden
Menschen, unabhängig von Herkunft, Alter, Nationalität und sozialer
Schicht zugänglich zu machen?
Kulturelle Angebote Denn eines ist immer noch Realität in Deutschland: Wenn heute in
sind nicht für jeden Deutschland von „Kultur für Alle“ gesprochen wird, ist eine bestimm-
zugänglich te Palette an Angeboten für gewisse Gruppen bzw. Teile der Bevölke-
rung gemeint. Kulturelle Angebote sind somit nicht für jeden Men-
schen zugänglich. Gewisse Kenntnisse bzw. ein gewisser Grad an
Bildung werden vorausgesetzt, was die Zugänglichkeit erheblich be-
schränkt. Auch wird zwischen unverbindlichen Freizeitangeboten für
breite Bevölkerungsgruppen und traditionellen und professionellen
Künsten für eine vermeintliche Elite unterschieden.
Wie können diese Schranken durchbrochen werden, um „Kultur für
Alle“ zu ermöglichen? Welche Hindernisse gilt es zu überwinden?
Kinder und Jugendliche Wenn die nachwachsenden Generationen nicht an Kultur herangeführt
müssen an Kultur werden, ist eine Gesellschaft, in welcher große Teile der Bevölkerung
herangeführt werden am kulturellen Leben rezeptiv und produktiv teilnehmen, künftig nicht
vorstellbar. Die Zielsetzung sollte also sein, von Grund auf zu begin-
nen, bei den Kindern und Jugendlichen. Und am besten erreicht man
alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von Herkunft und Schicht,
in den Schulen.
Feste Verankerung von Um dem Ziel „Kultur für Alle“ einen Schritt näher zu kommen, kön-
kultureller Bildung im nen zwei Akteure und zwei ausschlaggebende Aspekte vorgebracht
Schulalltag werden. Länder und Kommunen sowie der Non-Profit-Sektor sind die
aktiv handelnden Akteure. Sie sind aufgefordert, die Situation der
kulturellen Bildung zu verbessern.3 Als ausschlaggebende Aspekte
können die feste Verankerung von kultureller Bildung im Schulalltag
und im Lehrplan als ein entscheidender Aspekt genannt werden und
hier sind die Länder als Zuständige für das Schul- und Erziehungswe-
sen gefragt. Zum anderen kann ein taktisches Vorgehen des Non-
Profit-Sektors durch die strategische Verbreitung bewährter kultureller
Bildungsprojekte vorgebracht werden.
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3. Best Practice J 1.12
Beispiele aus den Kultursparten
Kulturelle Bildung und somit der Zugang zur Kultur wird für Kinder
und Jugendliche zu einem Glücksspiel, insofern als dass die Berüh-
rung mit Kultur nur demjenigen zuteil wird, der entweder motivierte
und engagierte Lehrer oder kulturaffine Eltern hat.
Obwohl sich der gemeinnützige Sektor schon im Wandel befindet, Transfer von Projekten
stellt der Transfer von Projekten immer noch eine Ausnahme dar. Hin- stellt immer noch eine
dernisse sind oftmals mangelnde Transparenz und Vernetzung, die ein Ausnahme dar
schnelles und unkompliziertes voneinander Lernen ermöglichen wür-
den. Ein weiteres Problem ist die geringe Bereitschaft, Ideen und Er-
fahrungen weiterzugeben bzw. neue, andere Ansätze zu verwenden.
Und schließlich sollte es im gemeinnützigen Bereich nicht in erster Lösung von gesamt-
Linie darum gehen, zu beweisen, wie innovativ und eigenständig Pro- gesellschaftlichen
jekte entwickelt und durchführt werden können, sondern um die (im Problemen
besten Fall) Lösung von gesamtgesellschaftlichen Problemen.
Deshalb sollten in einem nächsten Schritt die zur Verfügung stehenden Bewährte Projektideen
Mittel eingesetzt werden, um bereits erprobte und bewährte Projekt- verbreiten
ideen zu verbreiten, Netzwerke aufzubauen und einen Erfahrungsaus-
tausch zwischen den Einrichtungen anzuregen, um so vielen Kindern
und Jugendlichen wie möglich die Teilhabe an Kultur zu ermöglichen.
Ein solcher Projekttransfer würde auch eine gute Grundlage für eine
stetige Optimierung der einzelnen Projekte und Verfahren darstellen.
Die nationalen und globalen Herausforderungen des öffentlichen und
gemeinnützigen Sektors nehmen stetig zu. Ihre Ressourcen sind je-
doch endlich und knapp bemessen. Akteure aus unterschiedlichen
Bereichen (Wissenschaftler, Praktiker, politische Entscheidungsträger)
sind sich einig, dass aktuelle Herausforderungen – wie z. B. Armut,
Umweltzerstörung oder Krankheit – angegangen werden können und
dass es meist nicht an Wissen und Erfahrung, sondern an der richtigen
Umsetzung scheitert.
Das vorhandene Wissen muss daher effektiver zur Lösung der vielen Vorhandenes Wissen
verschiedenen gesellschaftlichen Herausforderungen nachhaltig ge- effektiver nutzen
nutzt werden. Vielfach werden neue Projekte lokal oder sogar regional
angeregt und durchgeführt, jedoch trotz erfolgreicher Durchführung
und Resonanz nicht weiter verbreitet. Stattdessen werden Ressourcen,
wie Zeit und Geld, in neue, vermeintlich innovative, Projekte inves-
tiert. Dabei wird von gemeinnützigen Organisationen das Rad immer
wieder neu erfunden, anstatt das vorhandene und bewährte Rad weiter
zu drehen.
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4. J 1.12 Best Practice
Beispiele aus den Kultursparten
2. Franchising – Methode zur Verbreitung
bewährter Konzept-Ideen
„Franchising“ kann als die erfolgreichste Methode zur systematischen
Replizierung im kommerziellen Sektor bezeichnet werden und gilt
heute als das meist verbreitete Vertriebs- und Marketingsystem. Die
meisten Franchise-Systeme in Deutschland sind mit 46 % auf den
Dienstleistungssektor ausgerichtet, dann folgen der Handel mit 32 %,
das Gastgewerbe (15 %) und das Handwerk (7 %), nahezu alle drei
Stunden eröffnet ein neuer Franchisenehmer sein eigenes Restaurant.
2.1 Kommerzielles Franchising
Franchising als Distributionskanal ist das am häufigsten verwendete,
vertraglich vereinbarte, vertikale Marketing-System. Dieses zeichnet
aus, dass voneinander unabhängige Organisationen, aus den unter-
schiedlichen Ebenen von Produktion und Ab-
satz, vertraglich aneinander gebunden sind.
Dadurch werden Kostenersparnisse und mehr
Einfluss auf den Absatz möglich.
Der Ursprung des Begriffs „Franchise“
„Franchise“ = die Unternehmensform,
kommt aus dem mittelalterlichen Frankreich.
„Franchising“ = die unternehmerische
Tätigkeit Damals wurde der Begriff zur Vergabe von
Privilegien zwischen Staat und Produzenten
bzw. Herstellern von Erzeugnissen verwendet.
Der Staat vergab diese Vorrechte gegen Entgelt. Das Franchising ent-
wickelte sich seither ständig weiter und passte sich den Märkten an.
Mitte des 19. Jahrhunderts verstand man Franchising als die kommer-
zielle Nutzung von Rechten Dritter. Nach dem zweiten Weltkrieg
wurde das Franchising an die Erfordernisse von Massenmärkten ange-
passt. Zum reinen Produktvertrieb bzw. dem Dienstleistungsangebot
kam vermehrt der Aufbau von Systemidentitäten hinzu. Durch einheitli-
che Auftritte wurde u.a. die Markenbildung gefördert und dem Kunden
die eindeutige Unterscheidung der Angebote und Systeme ermöglicht.
Eine partnerschaftliche Kurz gesagt handelt es sich beim Franchising um ein Vertriebssystem
Basis ist das A und O (für Sach- und/oder Dienstleistungen) auf partnerschaftlicher Basis.
Das Unternehmen, der so genannte Franchise-Geber, räumt mehreren
Partnern, den so genannten Franchise-Nehmern, das Recht ein, mit
seinen Produkten/Dienstleistungen und unter seinem Namen ein Ge-
schäft zu betreiben. Der Franchise-Nehmer hat das Recht und die
Pflicht, gegen Entgelt (Eintritts- bzw. Franchise-Gebühren), die Pro-
dukte im Sinne des Franchise-Gebers zu vermarkten. Franchising
bringt die Vorteile des direkten und indirekten Vertriebs zusammen. So
profitieren beide Vertragspartner von einheitlichem Markenauftritt, der
direkten Marktnähe und dem überdurchschnittlichen Engagement des
rechtlich selbstständigen Franchise-Nehmers.
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