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Die Hegde-Fonds, der Finanzmarkt und der freie Markt. Oder: Worüber man wirklich mal hätte reden sollen...
Am 28.8.11 geschah es: Für einen leider viel zu kurzen Moment blitzte die Möglichkeit einer wirklich interessanten Diskussion über den Finanzmarkt auf: In seinem Artikel „Hedge-Fonds suchen nach Orientierung“ bretterte das Handelsblatt mal so richtig rein – die bisher getragene Maske der gesellschaftlichen oder gar finanzwirtschaftlichen Vernunft störte offenbar nur noch. Denn jetzt gings es ans Eingemachte: Die „Freiheit der Marktteilnehmer“ wird als Argument ins Spiel gebracht – und sinnlos demontiert. Und das geht folgendermaßen…
Wie hieß es bei Loriot (Gott hab ihn selig) einmal so schön: “Im liberalen Sinne heißt liberal nicht nur liberal“. Wie tiefsinnig dieser Satz war, zeigt sich ausgerechnet wenige Tage nach seinem Ableben…   Also: Angesichts der Gefährdung des „fragilen Fundaments“ der bisher bekannten Finanzarchitektur fühlte sich das Handelsblatt jetzt wohl moralisch gezwungen, mal unter Zuhilfenahme von ein paar Zitaten von Hegde-Fonds-Managern tacheless zu sprechen.  
  Also:   -Teile der bisher bekannten Architektur, so heisst es, „sind bereits zerfallen“.  - Von freien und funktionierenden Märkten könne längst keine Rede mehr sein - Staat und Notenbanken dominierten den Markt bereits durch Eingriffe  - Regierungen beschnitten die Freiheit der Marktteilnehmer durch neue Regelwerke
  Das Interessante an diesen durchaus nicht falschen Feststellungen ist der ebenso richtige logische Schluss des Handelsblatts: Durch all diese Entwicklungen seien nicht nur Hedge-Fonds-Manager, sondern auch andere Kapitalanleger zu völlig anderen Denk- und Verhaltensweisen gezwungen.   Da kann man nur sagen: Danke, dass es mal jemand ausgesprochen hat. Denn diese neuen Denk- und Verhaltensweisen sind schon seit langem überfällig!
Neoliberalismus im Indikativ
  Blöd daran ist nur: Das Handelsblatt nimmt hier eben an keiner Stelle neutral berichtende Position ein. Bei genauerer Lektüre des Artikels stellt man fest: In keiner der genannten Äußerungen wird die indirekte Rede verwendet. Alles steht fein säuberlich im Indikativ. Ganz im Sinne eines: Genau so ist das! Bei der Nutzung des Indikativs dürfte es sich also wohl eher nicht um eine redaktionelle Schwäche oder Fehlleistung halten, sondern um eine astreine politisch-neoliberale Bekenntnis des Handelsblatts.
  Das kann und soll man diesem Medium ja nicht verdenken. Seine Klientel sind sicherlich diejenigen, die sich zumindest gedanklich gern hinter solche Feststellungen und hinter Hedge-Fonds stellen – und vielleicht auch gerne so ein paar (Zitat) "Superhirne der Börse" wären, die eben mit ihren Absolute-Return-Konzepten aus allem Rendite machen, was bei drei nicht auf dem Baum ist.
  Aber leider wird dabei weder in Richtung von gesellschaftlicher Verantwortung oder gar eines Befürwortens der Beschneidung der sogenannten Freiheit des Marktes gesprochen noch der Begriff des „freien Marktes“ einmal reflektiert. Er wird einfach als gegeben hingenommen.
Wohl auch deshalb ist der Schluss, den das Handelsblatt in diesem Artikel zieht, leider wieder allzu profan, kurz gedacht und sterbenslangweilig: Weil dies alles so sei, so versucht uns das Handelsblatt beizubringen, müssten die armen Hedge-Fonds nun entweder in weniger regulierte Länder gehen – oder eben den Investoren „ihr Geld zurückgeben“.
Naja, interessant an dieser Art, im politischen Indikativ zu schreiben, bleibt aber trotzdem dass dieser Artikel wie kaum ein anderer wenigstens für einen kurzen Moment ganz offen die politische Debatte suchte. Zu suchen schien.   Nachdenken wäre die bessere Alternative gewesen. Das zwingt jetzt wieder uns, im Konjunktiv zu schreiben: Worüber man hätte reden sollen…
Die verpasste Chance
Schade eigentlich. Denn hätte das Handelsblatt die Sache mal noch weiter so schön apodiktisch auf den Punkt gebracht, hätte man nun endlich mal eine Basis gefunden, auf der man zwar wohl kaum diskutieren, sich aber deutlich entscheiden kann:  
  Denn hier ging es – wie gesagt leider nur für einen kurzen Moment - mal nicht um Finanzmarkt-Technik. Es ging um die Freiheit des Finanzmarktes. Und da könnte es wirklich mal um die sehr grundsätzliche Frage gehen: Ist sie wirklich ein Selbstzweck und gar ein höchstes schützenswertes Gut?
Von dort aus hätte man dann darüber sprechen können: Warum wächst denn offenbar nicht nur bei den Europäern, sondern auch bei vielen Amerikanern der Zweifel an diesem Selbstzweck und an der dienen Funktion des Marktes? Warum fängt ein Großteil der Amerikaner an, diese „Freiheit, die das Handelsblatt meint“, zu beschneiden? Und das, obwohl sie ja von Haus aus die Motoren des Finanzmarkts, wie wir ihn heute kennen, sind. Sind das jetzt alles Kommunisten oder Kollektivisten?
Da hätte man sich dann vortrefflich darüber unterhalten können, dass das Ganze am Freiheitsbegriff selbst hängt: Dass auch die Amerikaner nun anfangen, den Finanzmarkt in seiner Freiheit zu „beschneiden“, hat nun wohl etwas damit zu tun, dass der Finanzmarkt schlussendlich eben doch keine Insel ist, sondern eben auch nur als ein integraler Bestandteil der Gesellschaft überleben kann. Und getreu des auf die Freiheit des Einzelnen basierenden amerikanischen Pragmatismus wird dieser Finanzmarkt nun also (vielleicht, hoffentlich) wirklich geschoren. Warum?
Nein, hier geht es nicht etwa um das Recht des Stärkeren. Die Amerikaner sind längst nicht so dumm und schwarzweiss in ihrem Denken, wie man das aus diversen Showdowns in Western gelernt zu haben glaubt.
Der amerikanische Freiheitsbegriff
Der amerikanische Pragmatismus und Liberalismus folgt in großen Teilen der Philosophie des Engländers John Stuart Mill und insbesondere sein im Jahr 1859 erschienenen Buch „On Liberty“. Stuart Mill ist einer der Väter des angelsächsischen Utilitarismus – also einem gesellschaftlichen Denken, das zwei einfache Zwecke verfolgt, die wohl jeder Amerikaner in der Schule beigebracht bekommt:
  MaximizeHappiness MinimizeSuffering
Gut und moralisch „richtig“ ist hier alles, was erstens das Glück möglichst vieler Menschen steigert und andererseits das Leiden möglichst vieler Menschen minimiert. Solange das gegeben ist, darf jeder machen, was er will. Es gibt nur eben diese eine Grenze: Sobald das Handeln des Einzelnen beginnt, vielen zu schaden, gibt’s was auf die Löffel. Der einzige Grund für ein massives gesellschaftliches (staatliches) Eingreifen in die Handlungsfreiheit des Einzelnen ist im Utilitarismus: „Sich selbst zu schützen.“ So schrieb Mill:
 „Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“
Das mag aus kontinentaleuropäischer Sicht eine relativ einfache Philosophie sein. Untern Strich ist sie aber doch insofern recht wirksam, als man sie eben sowohl auf Staatspolitik als auch auf das Verhalten des einzelnen Bürgers oder eben auch Marktteilnehmers abbilden kann. Wer dazu beiträgt, das Glück der Gemeinschaft zu maximieren, macht es richtig. Wer nicht, der nicht.
Also: Solange der Finanzmarkt nachweisen konnte, dass er das Glück der Gemeinschaft erhöhte, war er ok. Nun ist er es eben, ganz zweckmäßig in seiner jetzigen systemischen Form nicht mehr ok. Und hier ist eben der Scheidepunkt, den man nun offenbar langsam erreicht: Lange, wohl zu lange ging man davon aus, dass der „freie“ Finanzmarkt, wie wir ihn kennen, mit all seinen Wetten, seiner offenen und grenzenlose Spekulation, seiner kalten Zahlenbasiertheit, seiner ungezügelten Profitorientierung und seinen immer komplexeren „strukturierten Produkten“ dazu dienen konnte, das Glück der Menschen zu steigern.
Heute beginnen auch bei denjenigen, die ihn linear mit dem Begriff  der „Freiheit“ gleichsetzten, die Zweifel hochzukommen. Denn wie sich ja deutlich zeigte, ist die Effekt nicht mehr wahrzunehmen. Wer kürzlich den Bekenner-Artikel des FAZ-Mitherausgebers Frank Schirmacher über den englischen Konservativen Charles Moore („Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“, 15.8.11) gelesen hat, weiss vielleicht, was das für Zweifel sind. Dabei ist die Sache doch gar nicht so kompliziert – und man muss den Finanzmarkt und den Kapitalismus ja gar nicht radikal abschaffen. Es reicht, wenn man ihn eben wieder vom Kopf auf die Füsse stellt…:
Der Fehler der Hedge-Fonds und des gesamten Systems war wohl ganz einfach: Es hat seine dienende Funktion vergessen. Es hat vergessen, dass „MaximizeHappiness“ und „maximize Profits“ nicht immer dasselbe ist. Und es hat vergessen, dass es auch darum geht „das Leiden zu mindern“.
Ausdruck dieses Vergessen ist die vielbeklagte Ablösung des Finanzmarktes von der Realwirtschaft. Die hatte ja sogar Bundespräsident Wulff in seiner oft unzureichend zitierten Brandrede vor den Nobelpreisträgern in Lindau doch immerhin auch erwähnt:
„Der Finanzsektor muss wieder in eine dienende Rolle zurückfinden und zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung beitragen. Wir brauchen gut funktionierende, leistungsfähige globale Kapitalmärkte, die dabei helfen, Risiken zu beherrschen, anstatt sie zu schaffen.“
Wer macht es denn noch „richtig“?
Und spätestens an dieser Stelle sollte auch einmal wieder deutlich werden, warum wir uns so gerne und so oft für Sparkassen und Genossenschaftsbanken aussprechen. Wir tun das einfach deshalb, weil diese zwei Säulen des dreigliedrigen Bankensystems in Deutschland eben in ihrer einfältigen regional und kommunal geprägten Sichtweisen und Satzung vor allem genau den Zwecken des amerikanischen utilitaristischen Freiheitsbegriffs dienen: Indem sie das Geld der Sparer verwenden, um in der Region Kredite für Investitionen zu vergeben, tragen sie zur Steigerung des Glücks und zur Minderung des Leidens bei. Und zwar nach Möglichkeit ganz ohne Umwege. So einfach ist das? Aber ja!
Fehler machen ist nicht das Problem
Und bitteschön: Dass auch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken Fehler gemacht haben, dass auch sie an der einen oder anderen Stelle dachten, dass das große globale Spiel mit dem Geld die bessere Lösung ist, dass auch sie zum Teil das Geld ihrer Anleger verbrannt haben, dass sie jede Menge Fehler gemacht haben, dass sie zum Teil sogar völlig abstruse Bauherrenmodelle und geschlossene Fonds verkauften, bleibt ja unbenommen. Aber einen Vorwurf kann man ihnen wirklich nicht machen: Dass sie jemals Treiber dieses profitorientierten Systems gewesen wären. Und das ist eben der Punkt, auf den es uns eigentlich ankommt.
Fazit
So hat das Handelsblatt also eine wunderbare Chance zum Nachdenken über Freiheit eröffnet - und leider gleich wieder verschlossen. Und das auch noch in einer Profanität, die langsam einfach nur noch langweilig ist: Denn die üble und sinnlose Wirkung des Beschneidens der Freiheit, die das Handelsblatt da wohl „meinte“, wird durch Argumente begründet, die langweiliger und auch dümmlicher nicht sein könnten:
Die aktuellen Leerverkaufsverbote, so lesen wir, brächten sowieso nichts, weil die Hedge-Fonds ja eh immer Wege fänden, sie zu umgehen - zum Beispiel durch die Nutzung unterschiedlicher Derivatetypen. Na bitte. Dann hat der Handelsblatt-Artikel ja doch noch was Konkretes gebracht: Man weiß jetzt, was zu tun ist: Finger weg von Derivaten!
Was bleibt am Ende noch zu sagen? Zu sagen bleibt wohl, dass die angelsächsische Philosophie zwar immer schon sehr freiheitlich und immer sehr gegenwartsbezogen war. Dass aber auch der amerikanische Freiheitsbegriff sich am Ende immer selbst an seinen Zielen und Ergebnissen maß.
In ihrer einfachen utilitaristischen Philosophie bestimmt sich das moralisch richtige einfach nicht wie bei Kant als komplexes Gedankenkonstruktur einer „reinen Vernunft“, sondern einfach als gesellschaftliche Zweckmäßigkeit. Nein, das ist nicht besonders kompliziert – dafür aber einfach zu verstehen und zu beurteilen.
Und das ist wohl das Problem des Handelsblatt und auch mancher Politiker. Der komplexe europäische Freiheitsbegriff und der einfache amerikanische Utilitarismus lassen sich nicht so einfach in einen Topf werfen und umrühren. Aber über beide lohnt es sich nachzudenken.
Und wenn man da mal über den letztgenannten nachdenkt, wird schnell klar: Die Freiheit des Finanzmarktes ist ab dem Zeitpunkt nicht mehr liberal (also freiheitlich), wo sie die grundlegenden Zwecke des amerikanischen – und letztlich auch des europäischen und chinesischen – Systems nicht mehr erfüllt: Und das ist halt das Streben nach mehr Happiness und weniger Leiden für alle.
Übrigens: Speziell in Deutschland hat ja drolligerweise die erste große Initiative, das Volk in großem Stil mit Aktien glücklich zu machen, so derartig nicht geklappt, dass wir Deutschen bis heute keinen Bock mehr auf dieses Spiel haben. Erinnern wir uns noch an die Volksaktie der Telekom?…
Also, was lehrt uns dieses eigentlich? Vielleicht nur das eine: Wenn wir wissen wollen, wir unsere Bänker so über Freiheit und Finanzmarkt denken, können wir sie ja beim nächsten Filialbesuch einfach mal fragen,
-         ob die Bank für uns mehr Geld im Finanzmarkt oder in der Region anlegt -         welche Funktion der Finanzmarkt aus seiner professionellen Sicht einnehmen sollte -         welche Funktion der Finanzmarkt aus seiner persönlichen Sicht tatsächlich einnimmt -         ob er lieber einfaches Festgeld oder Indexfonds verkauft -         was er selbst von dieser Diskussion hält.
Wenn uns die Antworten gefallen, dann bleiben wir bei der Bank. Und wenn nicht? Ja, dann halt nicht! Denn zum Glück sind wir ja auch frei – nicht nur der Finanzmarkt. Wir müssen also das Spiel nicht mitspielen. Noch etwas? Na klar! Zum Beispiel könnt Ihr einfach
Noch etwas? Na klar! Zum Beispiel könnt Ihr einfach -         unsere Seiten in Facebook und im Web an Eure Freunde und Bekannten weiterempfehlen -         diesen Artikel teilen -         Eure Bank auf unserer Website www.gute-banken.de bewerten und gegebenenfalls empfehlen   Das würde allen helfen. Und ganz ehrlich: uns auch!
  P.S: Als Belohnung fürs Durchhalten bis zum Schluss gibt’s hier noch den Link zu Loriot…   http://www.youtube.com/watch?v=msizyUXR-no
Gute-Banken.de  Die Plattform für kritische BankkundInnen Berichten, bewerten, diskutieren- selber Denken!
Die Hedge-Fonds, der Finanzmarkt und der freie Markt

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Die Hedge-Fonds, der Finanzmarkt und der freie Markt

  • 1. Die Hegde-Fonds, der Finanzmarkt und der freie Markt. Oder: Worüber man wirklich mal hätte reden sollen...
  • 2. Am 28.8.11 geschah es: Für einen leider viel zu kurzen Moment blitzte die Möglichkeit einer wirklich interessanten Diskussion über den Finanzmarkt auf: In seinem Artikel „Hedge-Fonds suchen nach Orientierung“ bretterte das Handelsblatt mal so richtig rein – die bisher getragene Maske der gesellschaftlichen oder gar finanzwirtschaftlichen Vernunft störte offenbar nur noch. Denn jetzt gings es ans Eingemachte: Die „Freiheit der Marktteilnehmer“ wird als Argument ins Spiel gebracht – und sinnlos demontiert. Und das geht folgendermaßen…
  • 3. Wie hieß es bei Loriot (Gott hab ihn selig) einmal so schön: “Im liberalen Sinne heißt liberal nicht nur liberal“. Wie tiefsinnig dieser Satz war, zeigt sich ausgerechnet wenige Tage nach seinem Ableben…   Also: Angesichts der Gefährdung des „fragilen Fundaments“ der bisher bekannten Finanzarchitektur fühlte sich das Handelsblatt jetzt wohl moralisch gezwungen, mal unter Zuhilfenahme von ein paar Zitaten von Hegde-Fonds-Managern tacheless zu sprechen.  
  • 4.   Also:   -Teile der bisher bekannten Architektur, so heisst es, „sind bereits zerfallen“. - Von freien und funktionierenden Märkten könne längst keine Rede mehr sein - Staat und Notenbanken dominierten den Markt bereits durch Eingriffe - Regierungen beschnitten die Freiheit der Marktteilnehmer durch neue Regelwerke
  • 5.   Das Interessante an diesen durchaus nicht falschen Feststellungen ist der ebenso richtige logische Schluss des Handelsblatts: Durch all diese Entwicklungen seien nicht nur Hedge-Fonds-Manager, sondern auch andere Kapitalanleger zu völlig anderen Denk- und Verhaltensweisen gezwungen.   Da kann man nur sagen: Danke, dass es mal jemand ausgesprochen hat. Denn diese neuen Denk- und Verhaltensweisen sind schon seit langem überfällig!
  • 7.   Blöd daran ist nur: Das Handelsblatt nimmt hier eben an keiner Stelle neutral berichtende Position ein. Bei genauerer Lektüre des Artikels stellt man fest: In keiner der genannten Äußerungen wird die indirekte Rede verwendet. Alles steht fein säuberlich im Indikativ. Ganz im Sinne eines: Genau so ist das! Bei der Nutzung des Indikativs dürfte es sich also wohl eher nicht um eine redaktionelle Schwäche oder Fehlleistung halten, sondern um eine astreine politisch-neoliberale Bekenntnis des Handelsblatts.
  • 8.   Das kann und soll man diesem Medium ja nicht verdenken. Seine Klientel sind sicherlich diejenigen, die sich zumindest gedanklich gern hinter solche Feststellungen und hinter Hedge-Fonds stellen – und vielleicht auch gerne so ein paar (Zitat) "Superhirne der Börse" wären, die eben mit ihren Absolute-Return-Konzepten aus allem Rendite machen, was bei drei nicht auf dem Baum ist.
  • 9.   Aber leider wird dabei weder in Richtung von gesellschaftlicher Verantwortung oder gar eines Befürwortens der Beschneidung der sogenannten Freiheit des Marktes gesprochen noch der Begriff des „freien Marktes“ einmal reflektiert. Er wird einfach als gegeben hingenommen.
  • 10. Wohl auch deshalb ist der Schluss, den das Handelsblatt in diesem Artikel zieht, leider wieder allzu profan, kurz gedacht und sterbenslangweilig: Weil dies alles so sei, so versucht uns das Handelsblatt beizubringen, müssten die armen Hedge-Fonds nun entweder in weniger regulierte Länder gehen – oder eben den Investoren „ihr Geld zurückgeben“.
  • 11. Naja, interessant an dieser Art, im politischen Indikativ zu schreiben, bleibt aber trotzdem dass dieser Artikel wie kaum ein anderer wenigstens für einen kurzen Moment ganz offen die politische Debatte suchte. Zu suchen schien.   Nachdenken wäre die bessere Alternative gewesen. Das zwingt jetzt wieder uns, im Konjunktiv zu schreiben: Worüber man hätte reden sollen…
  • 13. Schade eigentlich. Denn hätte das Handelsblatt die Sache mal noch weiter so schön apodiktisch auf den Punkt gebracht, hätte man nun endlich mal eine Basis gefunden, auf der man zwar wohl kaum diskutieren, sich aber deutlich entscheiden kann:  
  • 14.   Denn hier ging es – wie gesagt leider nur für einen kurzen Moment - mal nicht um Finanzmarkt-Technik. Es ging um die Freiheit des Finanzmarktes. Und da könnte es wirklich mal um die sehr grundsätzliche Frage gehen: Ist sie wirklich ein Selbstzweck und gar ein höchstes schützenswertes Gut?
  • 15. Von dort aus hätte man dann darüber sprechen können: Warum wächst denn offenbar nicht nur bei den Europäern, sondern auch bei vielen Amerikanern der Zweifel an diesem Selbstzweck und an der dienen Funktion des Marktes? Warum fängt ein Großteil der Amerikaner an, diese „Freiheit, die das Handelsblatt meint“, zu beschneiden? Und das, obwohl sie ja von Haus aus die Motoren des Finanzmarkts, wie wir ihn heute kennen, sind. Sind das jetzt alles Kommunisten oder Kollektivisten?
  • 16. Da hätte man sich dann vortrefflich darüber unterhalten können, dass das Ganze am Freiheitsbegriff selbst hängt: Dass auch die Amerikaner nun anfangen, den Finanzmarkt in seiner Freiheit zu „beschneiden“, hat nun wohl etwas damit zu tun, dass der Finanzmarkt schlussendlich eben doch keine Insel ist, sondern eben auch nur als ein integraler Bestandteil der Gesellschaft überleben kann. Und getreu des auf die Freiheit des Einzelnen basierenden amerikanischen Pragmatismus wird dieser Finanzmarkt nun also (vielleicht, hoffentlich) wirklich geschoren. Warum?
  • 17. Nein, hier geht es nicht etwa um das Recht des Stärkeren. Die Amerikaner sind längst nicht so dumm und schwarzweiss in ihrem Denken, wie man das aus diversen Showdowns in Western gelernt zu haben glaubt.
  • 19. Der amerikanische Pragmatismus und Liberalismus folgt in großen Teilen der Philosophie des Engländers John Stuart Mill und insbesondere sein im Jahr 1859 erschienenen Buch „On Liberty“. Stuart Mill ist einer der Väter des angelsächsischen Utilitarismus – also einem gesellschaftlichen Denken, das zwei einfache Zwecke verfolgt, die wohl jeder Amerikaner in der Schule beigebracht bekommt:
  • 21. Gut und moralisch „richtig“ ist hier alles, was erstens das Glück möglichst vieler Menschen steigert und andererseits das Leiden möglichst vieler Menschen minimiert. Solange das gegeben ist, darf jeder machen, was er will. Es gibt nur eben diese eine Grenze: Sobald das Handeln des Einzelnen beginnt, vielen zu schaden, gibt’s was auf die Löffel. Der einzige Grund für ein massives gesellschaftliches (staatliches) Eingreifen in die Handlungsfreiheit des Einzelnen ist im Utilitarismus: „Sich selbst zu schützen.“ So schrieb Mill:
  • 22.  „Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“
  • 23. Das mag aus kontinentaleuropäischer Sicht eine relativ einfache Philosophie sein. Untern Strich ist sie aber doch insofern recht wirksam, als man sie eben sowohl auf Staatspolitik als auch auf das Verhalten des einzelnen Bürgers oder eben auch Marktteilnehmers abbilden kann. Wer dazu beiträgt, das Glück der Gemeinschaft zu maximieren, macht es richtig. Wer nicht, der nicht.
  • 24. Also: Solange der Finanzmarkt nachweisen konnte, dass er das Glück der Gemeinschaft erhöhte, war er ok. Nun ist er es eben, ganz zweckmäßig in seiner jetzigen systemischen Form nicht mehr ok. Und hier ist eben der Scheidepunkt, den man nun offenbar langsam erreicht: Lange, wohl zu lange ging man davon aus, dass der „freie“ Finanzmarkt, wie wir ihn kennen, mit all seinen Wetten, seiner offenen und grenzenlose Spekulation, seiner kalten Zahlenbasiertheit, seiner ungezügelten Profitorientierung und seinen immer komplexeren „strukturierten Produkten“ dazu dienen konnte, das Glück der Menschen zu steigern.
  • 25. Heute beginnen auch bei denjenigen, die ihn linear mit dem Begriff  der „Freiheit“ gleichsetzten, die Zweifel hochzukommen. Denn wie sich ja deutlich zeigte, ist die Effekt nicht mehr wahrzunehmen. Wer kürzlich den Bekenner-Artikel des FAZ-Mitherausgebers Frank Schirmacher über den englischen Konservativen Charles Moore („Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“, 15.8.11) gelesen hat, weiss vielleicht, was das für Zweifel sind. Dabei ist die Sache doch gar nicht so kompliziert – und man muss den Finanzmarkt und den Kapitalismus ja gar nicht radikal abschaffen. Es reicht, wenn man ihn eben wieder vom Kopf auf die Füsse stellt…:
  • 26. Der Fehler der Hedge-Fonds und des gesamten Systems war wohl ganz einfach: Es hat seine dienende Funktion vergessen. Es hat vergessen, dass „MaximizeHappiness“ und „maximize Profits“ nicht immer dasselbe ist. Und es hat vergessen, dass es auch darum geht „das Leiden zu mindern“.
  • 27. Ausdruck dieses Vergessen ist die vielbeklagte Ablösung des Finanzmarktes von der Realwirtschaft. Die hatte ja sogar Bundespräsident Wulff in seiner oft unzureichend zitierten Brandrede vor den Nobelpreisträgern in Lindau doch immerhin auch erwähnt:
  • 28. „Der Finanzsektor muss wieder in eine dienende Rolle zurückfinden und zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung beitragen. Wir brauchen gut funktionierende, leistungsfähige globale Kapitalmärkte, die dabei helfen, Risiken zu beherrschen, anstatt sie zu schaffen.“
  • 29. Wer macht es denn noch „richtig“?
  • 30. Und spätestens an dieser Stelle sollte auch einmal wieder deutlich werden, warum wir uns so gerne und so oft für Sparkassen und Genossenschaftsbanken aussprechen. Wir tun das einfach deshalb, weil diese zwei Säulen des dreigliedrigen Bankensystems in Deutschland eben in ihrer einfältigen regional und kommunal geprägten Sichtweisen und Satzung vor allem genau den Zwecken des amerikanischen utilitaristischen Freiheitsbegriffs dienen: Indem sie das Geld der Sparer verwenden, um in der Region Kredite für Investitionen zu vergeben, tragen sie zur Steigerung des Glücks und zur Minderung des Leidens bei. Und zwar nach Möglichkeit ganz ohne Umwege. So einfach ist das? Aber ja!
  • 31. Fehler machen ist nicht das Problem
  • 32. Und bitteschön: Dass auch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken Fehler gemacht haben, dass auch sie an der einen oder anderen Stelle dachten, dass das große globale Spiel mit dem Geld die bessere Lösung ist, dass auch sie zum Teil das Geld ihrer Anleger verbrannt haben, dass sie jede Menge Fehler gemacht haben, dass sie zum Teil sogar völlig abstruse Bauherrenmodelle und geschlossene Fonds verkauften, bleibt ja unbenommen. Aber einen Vorwurf kann man ihnen wirklich nicht machen: Dass sie jemals Treiber dieses profitorientierten Systems gewesen wären. Und das ist eben der Punkt, auf den es uns eigentlich ankommt.
  • 33. Fazit
  • 34. So hat das Handelsblatt also eine wunderbare Chance zum Nachdenken über Freiheit eröffnet - und leider gleich wieder verschlossen. Und das auch noch in einer Profanität, die langsam einfach nur noch langweilig ist: Denn die üble und sinnlose Wirkung des Beschneidens der Freiheit, die das Handelsblatt da wohl „meinte“, wird durch Argumente begründet, die langweiliger und auch dümmlicher nicht sein könnten:
  • 35. Die aktuellen Leerverkaufsverbote, so lesen wir, brächten sowieso nichts, weil die Hedge-Fonds ja eh immer Wege fänden, sie zu umgehen - zum Beispiel durch die Nutzung unterschiedlicher Derivatetypen. Na bitte. Dann hat der Handelsblatt-Artikel ja doch noch was Konkretes gebracht: Man weiß jetzt, was zu tun ist: Finger weg von Derivaten!
  • 36. Was bleibt am Ende noch zu sagen? Zu sagen bleibt wohl, dass die angelsächsische Philosophie zwar immer schon sehr freiheitlich und immer sehr gegenwartsbezogen war. Dass aber auch der amerikanische Freiheitsbegriff sich am Ende immer selbst an seinen Zielen und Ergebnissen maß.
  • 37. In ihrer einfachen utilitaristischen Philosophie bestimmt sich das moralisch richtige einfach nicht wie bei Kant als komplexes Gedankenkonstruktur einer „reinen Vernunft“, sondern einfach als gesellschaftliche Zweckmäßigkeit. Nein, das ist nicht besonders kompliziert – dafür aber einfach zu verstehen und zu beurteilen.
  • 38. Und das ist wohl das Problem des Handelsblatt und auch mancher Politiker. Der komplexe europäische Freiheitsbegriff und der einfache amerikanische Utilitarismus lassen sich nicht so einfach in einen Topf werfen und umrühren. Aber über beide lohnt es sich nachzudenken.
  • 39. Und wenn man da mal über den letztgenannten nachdenkt, wird schnell klar: Die Freiheit des Finanzmarktes ist ab dem Zeitpunkt nicht mehr liberal (also freiheitlich), wo sie die grundlegenden Zwecke des amerikanischen – und letztlich auch des europäischen und chinesischen – Systems nicht mehr erfüllt: Und das ist halt das Streben nach mehr Happiness und weniger Leiden für alle.
  • 40. Übrigens: Speziell in Deutschland hat ja drolligerweise die erste große Initiative, das Volk in großem Stil mit Aktien glücklich zu machen, so derartig nicht geklappt, dass wir Deutschen bis heute keinen Bock mehr auf dieses Spiel haben. Erinnern wir uns noch an die Volksaktie der Telekom?…
  • 41. Also, was lehrt uns dieses eigentlich? Vielleicht nur das eine: Wenn wir wissen wollen, wir unsere Bänker so über Freiheit und Finanzmarkt denken, können wir sie ja beim nächsten Filialbesuch einfach mal fragen,
  • 42. -         ob die Bank für uns mehr Geld im Finanzmarkt oder in der Region anlegt -         welche Funktion der Finanzmarkt aus seiner professionellen Sicht einnehmen sollte -         welche Funktion der Finanzmarkt aus seiner persönlichen Sicht tatsächlich einnimmt -         ob er lieber einfaches Festgeld oder Indexfonds verkauft -         was er selbst von dieser Diskussion hält.
  • 43. Wenn uns die Antworten gefallen, dann bleiben wir bei der Bank. Und wenn nicht? Ja, dann halt nicht! Denn zum Glück sind wir ja auch frei – nicht nur der Finanzmarkt. Wir müssen also das Spiel nicht mitspielen. Noch etwas? Na klar! Zum Beispiel könnt Ihr einfach
  • 44. Noch etwas? Na klar! Zum Beispiel könnt Ihr einfach -         unsere Seiten in Facebook und im Web an Eure Freunde und Bekannten weiterempfehlen -         diesen Artikel teilen -         Eure Bank auf unserer Website www.gute-banken.de bewerten und gegebenenfalls empfehlen   Das würde allen helfen. Und ganz ehrlich: uns auch!
  • 45.   P.S: Als Belohnung fürs Durchhalten bis zum Schluss gibt’s hier noch den Link zu Loriot…   http://www.youtube.com/watch?v=msizyUXR-no
  • 46. Gute-Banken.de Die Plattform für kritische BankkundInnen Berichten, bewerten, diskutieren- selber Denken!