Onlinebeteiligung in der Gesellschaft und bei den Grünen
1. Onlinebeteiligung
in der Gesellschaft
und bei den Grünen
Gefion Thuermer @GefionT
University of Southampton, CDT Web Science
Neue Zeiten. Neue Antworten. Startkonvent zum Grundsatzprogramm
Berlin, 14/04/2018
2. Worum geht’s?
• Onlinebeteiligung – in der Gesellschaft
– Was ist Onlinebeteiligung?
– Was ist daran problematisch?
• Onlinebeteiligung – bei den Grünen
– Wer beteiligt sich bei den Grünen, jetzt und zukünftig?
– Was bedeutet das?
• Was könnt ihr tun?
4. Was ist Onlinebeteiligung?
CC BY 2.0 - BotMultichillTCC-0CC-0
CC BY-SA 3.0
Wikimedia Foundation
CC BY 3.0 – Jason Tropp CC BY-SA 3.0 – John WIlkins
5. Was soll Onlinebeteiligung erreichen?
Diversität / Inklusion Gleichberechtigung
CC BY-SA 2.0 Scott Maxwell CC 0
6. Wer nutzt das Internet, und wie?
• Beeinflusst von: Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen,
Bevölkerungsschicht, Abstammung, Fürsorge
• 13% der Haushalte nutzen es nicht täglich
• 50% der Bevölkerung nutzen es nicht für politische
Beteiligung
• Männer um 25, mit Uniabschluss, ohne Kinder, mit
geringem Einkommen, beteiligen sich am meisten
• Wer gewohnt ist, Dinge online zu tun, nutzt es auch eher für
politische Beteiligung
7. Was ist das Problem?
• Sowohl Nutzer als auch Nutzen des Internets sind
ungleichmäßig verteilt
• Onlinebeteiligung ist ein Zeichen von Privileg per se
• Online-Beteiligung gleicht Offline-Benachteiligung nicht
aus
9. Wer beteiligt sich jetzt schon?
• Beamte
• Ältere
• Aktive
• Gut vernetzte
Kein Unterschied nach Geschlecht, Bildung, oder Einkommen
10. Wer hat nicht vor,
die eigene Beteiligung zu ändern?
• Tägliche Internetnutzung
• Mitglieder mit Netzwerk auf oder über Landesebene
• Aktive Nutzer
• Niedrige Bewertung des Tools
• ‘Beteiligung wird für mich nicht einfacher‘
• Ältere
• Frauen
11. Wer hat vor, sich mehr zu beteiligen?
• Internetnutzung
• Höhere Bewertung des jeweiligen Tools
• ‘Beteiligung wird für mich einfacher’
• Uniabschluss
• Jüngere Mitglieder
• Männer
12. Was bedeutet das für
Onlinebeteiligung bei den Grünen?
• Aktive und gut vernetzte Mitglieder beteiligen sich online –
aber erhöhen ihre Beteiligung nicht. Das ist eine Chance für
weniger Aktive, um aufzuholen.
• Niedrigeres Engagement von Frauen online untergräbt die
(bestehende?) Geschlechtergerechtigkeit
13. Was könnt ihr tun?
• Werbung machen und Mitglieder schulen
– Wer Tools versteht und glaubt dass sie Beteiligung
einfacher machen, wird auch mehr teilnehmen
• Frauen fördern
– Ihr tut es offline – ihr solltet es auch online tun
• Gezielt Gruppen ansprechen die ihr einbinden wollt
– Menschen ohne Uniabschluss, mit geringem
Einkommen, Eltern …
15. Quellen
• Brock, A., Kvasny, L. & Hales, K., 2010. CULTURAL APPROPRIATIONS OF TECHNICAL CAPITAL.
Information, Communication & Society, 13(7), pp.1040–1059.
• Emmer, M., Vowe, G. and Wolling, J. (2011) Bürger online: die Entwicklung der politischen Online-
Kommunikation in Deutschland. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.
• Gil de Zúñiga, H. et al., 2010. Digital Democracy: Reimagining Pathways to Political Participation.
Journal of Information Technology & Politics, 7(1), pp.36–51.
• Halford, S. & Savage, M., 2010. RECONCEPTUALIZING DIGITAL SOCIAL INEQUALITY.
Information, Communication & Society, 13(7), pp.937–955.
• Thuermer, G., Roth, S., O’Hara, K., and Staab, S., 2018. Everybody thinks online participation is great
– for somebody else. In Proceedings of the 10th ACM Conference on Web Science, 2018
• Vowe, G., 2014. Digital Citizens und Schweigende Mehrheit: Wie verändert sich die politische
Beteiligung der Bürger durch das Internet? Ergebnisse einer kommunikations-wissenschaftlichen
Langzeitstudie. In Internet und Partizipation. Springer, pp. 25–52.
• Zhang, W., 2010. TECHNICAL CAPITAL AND PARTICIPATORY INEQUALITY IN
EDELIBERATION. Information, Communication & Society, 13(7), pp.1019–1039.
Hinweis der Redaktion
Onlinebeteiligung kann über diverse Medien realisiert werden. Es gibt zahllose Tools, um verschiedene Ziele zu erreichen oder Aufgaben zu erledigen.
Wichtiger ist aber, dass, egal welche Tools konkret genutzt werden, die Beteiligung selbst in einen Prozess eingebettet ist, dass sie ein Ziel hat.
Insbesondere dann wenn Beteiligung im Rahmen einer Partei institutionalisiert ist – dazu später mehr.
Onlinebeteiligung wird oft zuerst mit Sozialen Medien assoziiert, insbesondere wenn dort Unterstützung für Themen oder Projekte (oder Parteien) rekrutiert wird.
Webseiten – besonders interaktive, die beispielsweise Kommentarfunktionen anbieten
Email – Kommunikation mit Individuen oder in Gruppen, etwa über Mailinglisten
Forums – Onlinediskussionen
Social Media – Twitter, Facebook etc.; Interaktionen, Informationen verbreiten, einfache Einstiegspunkte geben; beschränkt durch Netzwerkeffekte / Filterbubbles
Wikis – Dokumentation, Diskussion
Umfragen – LimeSurvey, SurveyMonkey - Basisbefragung
Abstimmungstools – für Entscheidungen oder Meinungsbilder
Argument Mapping – Kollaborative Entwicklung von Argumenten
Diversität und Gleichberechtigung sind eng verwandt, aber nicht identisch.
Diversität meint sowohl die Inklusion von Menschen mit Benachteiligungen, etwa Behinderungen, aber auch schlicht Andersdenkende. Je größer und breiter die Gruppe der Beteiligten ist, desto mehr verschiedene Blickwinkel und Ideen können in den Prozess einfließen. Desto breiter kann auch der Konsens werden.
Gleichberechtigte Teilhabe ist ein grundlegender Anspruch von Demokratie. Darum ist sie auch in einer politischen Partei, und insbesondere bei den Grünen, zentral. Es ist Teil der Grünen Identität. Darum ist es wichtig, dass – auch online – alle die Möglichkeit haben sich einzubringen.
Ungleichheit
Es ist nicht ganz falsch dass im Internet alle gleich sind. Genau betrachtet ist es aber eher anders herum: Alle die online sind, sind irgendwie gleich.
Demokratische Prozesse benötigen gleichberechtigte Teilhabe.
Aber das Internet ist strukturell ungleich, sowohl was seine Nutzer als auch deren Nutzen angeht.
Das Internet zu nutzen ist ein Zeichen von Privileg per se.
Insbesondere für politische Beteiligung.
Das ist so, weil alle die sich online beteiligen und diese Tools benutzen bereits privilegiert sind – sie haben Zugang zu diversen Ressourcen, wie Bildung, Zeit, Geld, Kontakte
Etwa 88% der Bevölkerung von Deutschland nutzt das Internet (http://www.internetworldstats.com/stats9.htm).
Die Menge der Internetnutzer in der Partei ist ähnlich. Das bedeutet, dass über 10% der Mitglieder von Onlinebeteiligung nicht profitieren können.
Onlinebeteiligung gleicht Offline-Benachteiligung nicht aus.
Strukturelle Ungleichheiten werden reproduziert oder verschärft
Benachteiligte Gruppen haben nicht die nötigen Ressourcen um sich online zu beteiligen (Zhang)
Nicht jeder ist online, und nicht alle die online sind, haben die gleichen Vorteile davon. (Halford & Savage)
Selbsterfüllende Prophezeihung: Wer das Tool mag und denkt es wird helfen, wird sich auch mehr beteiligen