1. Die Nacht, in der die Engel sangen
Hallo, mein Name ist David. Ich lebte vor
langer Zeit in einem trockenen und
staubigen Land. Ein kleines Haus aus
Lehmziegeln war mein Zuhause, wo ich
mit meiner Mutter, meinem Vater und
meinem älteren Bruder lebte. Mutter und
der Vater waren Weber, mein älterer
Bruder half ihnen bei ihrem Handwerk.
2. Unsere kleine Familie hatte schwere
Zeiten durchzustehen. Eines abends
sagte mein Vater beim Essen zu mir:
»Sohn, du weißt, wie schwierig es
jetzt für uns ist. Unser Nachbar ist
damit einverstanden, dass er uns am
Ende des Jahres einen Teil von seiner
Wolle gibt, wenn du ihm hilfst,
nachts die Schafe zu hüten.« Ich war
ein Junge von 7 Jahren und half
bereitwillig, meine Familie durch
diese schwierigen Zeiten
hindurchzubringen. So kam es, dass
aus mir ein Schafhirte wurde.
3. Ich saß so manche Nacht draußen im Freien, eingewickelt in mehreren Lagen
von rauhen, gewebten Kleidern, fühlte den Wind auf meinen Wangen und
kauerte mich nahe an das kleine Lagerfeuer, das ein älterer Hirte angezündet
hatte. Die meisten Nächte vergingen ohne besondere Ereignisse, und
irgendwann schliefen wir um das Feuer herum friedlich ein, während die Schafe
auf dem nahen Felde waren. In anderen Nächten mussten wir Wölfe und
Schakale verjagen, die sich nahe an die Herde herangeschlichen hatten. Aber
wir verloren kein einziges Schaf. Gott passte gut auf uns und auf unsere Herde
auf.
4. Ich war der jüngste in unserer
Gruppe von Hirten, und die
Abende waren Zeiten großer
Freude für mich, wenn wir um das
Lagerfeuer herum saßen und
fröhliche alte Lieder sangen. Ein
alter Schäfer – Zacharias war sein
Name – erzählte manchmal
sehnsüchtig vom verheißenen
Messias. Ich erinnere mich noch
daran, wie ich da saß und
ernsthaft zuhörte. Mit seiner
brüchigen Stimme erzählte er von
Einem, der kommen würde, um
uns Leben, Liebe und Freiheit zu
bringen. Einer, der wie unser Hirte
sein würde, der für uns sorgen
und all die herumstreunenden
Schafe wieder in seine Herde
zurückbringen würde.
5. Ich war nun schon seit einigen Monaten ein junger Schafhirte. Es war eine
außergewöhnlich kalte Nacht, die Glut des Lagerfeuers war ausgegangen, wir
kauerten uns zusammen und dämmerten in den Schlaf. Die Schafe hatten sich
zum Schlafen hingelegt und ich erinnere mich noch an meine Gedanken: Was
für eine wunderschöne, sternklare Nacht. Die Sterne sind so groß und
strahlend. Es scheint, als ob ich sie berühren könnte.
6. Doch ganz plötzlich wurde ich
hellwach. Ich öffnete meine
Augen und blinzelte in ein
strahlendes Licht, das meinen
Augen aber nicht schmerzte. Ein
wunderschönes, himmlisches
Wesen schwebte am Himmel
über uns, und sein langes,
goldblondes Haar wehte im
Wind. Zuerst hatten wir Angst,
aber jede Spur von Angst wich
von uns, als der wunderschöne
Engel sprach: »Fürchtet euch
nicht, ich bringe euch Frohe
Botschaft, denn euch ist Heute
in der Stadt Davids der Heiland
geboren, welcher Christus ist,
der Herr. Ihr werdet das Kind
finden, in Windeln gewickelt und
in einer Krippe liegend!«
7. Bevor ich es überhaupt fassen konnte, was ich gehört hatte, war der ganze
Himmel um uns mit einem überirdischen Licht erleuchtet. Ich sah Tausende von
wunderbaren Engeln – ich konnte sie gar nicht zählen, aber es schienen Tausende
zu sein – die sangen: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf
Erden, die guten Willens sind.«
Die Musik und der Gesang erfüllten alles um uns herum mit einer
außergewöhnlichen Harmonie. Wir waren sprachlos! Unsere Augen waren vor
Verwunderung weit geöffnet. Unsere Herzen waren von Freude erfüllt. Unser
Geist schien in den Himmel hochzuschweben.
8. Als der wunderschöne,
harmonische Klang der
Engelsstimmen wieder in der
Nacht verhallte, fiel Zacharias
auf die Knie und rief aus:
»Gelobt sei der Herr! Seine
große Liebe für uns hat Er
gezeigt. Lasst uns hinunter
gehen nach Bethlehem und
das Kind finden, welches
unser Retter und König der
Liebe ist!«
Wenn ich ihn sehen werde,
was kann ich ihm geben? Ich
habe nichts. Ich bin so jung
und so klein und so arm,
dachte ich, als wir zur Stadt
eilten.
9. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als wir an der Tür von einem alten Stall
ankamen. Wir klopften, und die Tür wurde von einem freundlichen Mann geöffnet.
Liebe und Wärme strahlten mit ehrfurchtgebietendem Strahlen und Glanz aus
diesem alten, stinkenden Stall heraus. Wir wussten, dass wir Jesus gefunden hatten.
Ich ging zur Krippe hin, in welcher Er lag, und das wunderschöne Gesicht des
Neugeborenen strahlte vor Liebe und Frieden. Ich kniete mich hin und küsste Seine
kleine Stirn. Tränen füllten meine Augen. Seine Mutter, die neben der Krippe lag,
legte ihren Arm um mich und streichelte mein struppiges Haar. Dieser Moment
veränderte für immer mein Leben.