1. BURNOUT
TABUTHEMA AUF DEM ARBEITSMARKT
Wenn deine Kraft zu Ende geht
Hilfe • Information • Beratung
für ArbeitnehmerInnen
KAMMER FÜR ARBEITER
UND ANGESTELLTE
FÜR STEIERMARK
2. Burnout ist ein Alarmzeichen.
Immer mehr ArbeitnehmerInnen fühlen sich dem
zunehmenden Druck am Arbeitsplatz nicht mehr
gewachsen. Diese Broschüre setzt sich auf vielfältige Weise
mit diesem Phänomen der neuen Arbeitswelt auseinander
und gibt Informationen über Entstehung von Burnout und
den Umgang damit.
Darüber hinausgehende Hilfe und Beratung
ergänzen ab sofort das Dienstleistungsangebot der
steirischen Arbeiterkammer.
Ihr
Walter Rotschädl
AK-Präsident
5. INHALTSVERZEICHNIS
1. Daten zu Ihrer Information 5
2. Wie kann Burnout entstehen? 6
3. Burnout verläuft in Phasen 7
4. Wen kann Burnout treffen? 11
5. Wie können Sie selbst auf sich achten und damit
gegen Burnout vorsorgen? 13
6. Unser Angebot für Sie 16
AK Infoservice
7. 1. DATEN ZU IHRER INfORMATION
Derzeit vergeht in Österreich kaum eine Woche, in der nicht in einer Ta-
geszeitung oder in einem Wochenmagazin das Thema Burnout beleuchtet
wird.
Ist das wirklich so wichtig? werden Sie fragen.
Wir meinen „JA“ , da viele ArbeitnehmerInnen zu den Betroffenen gezählt
werden müssen. Vielleicht gehören auch Sie dazu, haben sich bis heute
aber nicht getraut, für sich aktiv zu werden? Damit sind Sie in unserer
Gesellschaft leider nicht allein.
In Summe stehen Österreichs ArbeitnehmerInnen ihren Unternehmen an
rund 2 Millionen Krankenstandstagen pro Jahr wegen seelisch stressbe-
dingter Ursachen nicht zur Verfügung. Ein hoher Stressfaktor ist bei rund
2/3 aller Leiden (auch für ihr zukünftiges Leben) mitverantwortlich.
Für den Bereich der Europäischen Union und ihre Erwerbsbevölkerung
dürfen folgende Zahlen als gesichert angenommen werden:
n 7% der gesamten Berufsbevölkerung sind Burnout-Betroffene
n 16% müssen als akut gefährdet eingestuft werden
n 25% sind dem Kreis der chronisch müden, erschöpften
Personen zuzuzählen.
Das Auftreten von Burnout wird wahrscheinlicher, wenn zwischen den An-
forderungen eines Arbeitsplatzes und dem Menschen, der ihnen genügen
soll, eine Kluft entsteht und diese noch anwächst.
Das Anwachsen dieser Kluft kann vielfältige Ursachen haben.
Eine wesentliche Ursache liegt in einem Arbeitsplatz, der menschliche
Werte zugunsten wirtschaftlicher in den Hintergrund rückt.
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8. 2. WIE KANN BURNOUT ENTSTEHEN?
Es geht zuerst um die Kluft zwischen den Anforderungen eines Arbeits-
platzes und um den Menschen, der ihn ausfüllt. Wird diese Kluft zu groß,
kann es zu einer Arbeitsüberlastung kommen.
Diese Überlastung bedeutet, dass
n zu viel Arbeit
n in zu wenig Zeit
n mit zu geringem Mitteleinsatz
zu erledigen ist. Die Überlastung aus der Arbeit nimmt dabei mit ihrer
Bewältigungsgeschwindigkeit zu.
Eine weitere Möglichkeit für eine Kluft ist gegeben, wenn über die eigene
Arbeit keine oder nur mangelhafte Kontrolle besteht. Wenn Sie bereit sind,
Verantwortung für Ihre Arbeit zu übernehmen, dann sind starre Kontroll-
mechanismen ein schlechtes Vorzeichen für Ihre Bestrebungen. Für Sie
übersetzt bedeuten solche Strukturen, dass man Ihnen wenig an Eigenin-
itiative und Spielraum zugesteht.
Eine dritte Kluft liegt in einem Mangel an Anerkennung und ist ein we-
sentliches und entscheidendes Kriterium für die Entstehung von Burnout.
Oder haben Sie sich schon jemals zu heftig gelobt gefühlt ?
Diese Anerkennung ist eine Form der Belohnung, deren Bedeutung leider
viel zu gering geschätzt wird! Belohnung ist keine Einbahnstraße: Wann
haben Sie KollegInnen zuletzt wegen deren fachlicher Leistung gelobt?
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9. 3. BURNOUT VERLäUfT IN PHASEN
Als ein mögliches Ablaufschema dürfen wir Ihnen einen Zyklus grafisch
darstellen. Der Weg von der anfänglichen Überforderungbis zur völligen
Erschöpfung kann Jahre dauern, mitunter aber auch in wenigen Monaten
vollzogen sein.
Der Burnout-Zyklus nach Freudenberger/North
Die Erschöpfung schleicht sich in den Menschen ein. Sie kommt meist
ganz unauffällig, viele von uns haben die Warnsymptome der Anfangs-
phase schon einmal oder auch öfter durchlebt. Haben einen Ausgang aus
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10. der Anfangsphase gefunden oder sind den Weg in die nächste Phase ge-
gangen. Manchmal werden auch Phasen übersprungen, und es geht dann
wieder zurück.
Aber das funktioniert nicht immer!
Die Erschöpfung kann zum ernsten Problem werden. Sichern Sie sich Un-
terstützung!
Die Phasen haben mitunter ganz charakteristische Merkmale.
Zu Beginn
Wir spüren oft ein starkes Engagement für berufliche Ziele. Wir verbringen
viel Zeit an unseren Arbeitsplätzen, sprechen oft auch noch in der Freizeit
über unsere Leistungen. Wir arbeiten vielleicht an Projekten, nehmen Ar-
beit sogar nach Hause mit.
In der Arbeitswelt sind diese Tugenden erwünscht, gelten als äußerst po-
sitiv.
Der Schwung lässt nach
Abschnittsweise wird unsere Arbeit beschwerlicher. Wir spüren, dass Auf-
gaben gar keinen Spaß machen, und fühlen uns lustlos. Aber nicht immer,
nur hie und da.
Abb: Ursachentriade
Auch in Familie, Partnerschaft und Freundeskreis schalten wir zurück.
Treffen empfinden wir erstmals als mühevoll.
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11. Was passiert mit mir? Auf der Suche nach der Schuld!
Mit sich allein, können Sie sich ja durchaus eingestehen, das vieles in der
Arbeit nicht mehr so gut wie früher läuft. Und immer wieder kommen die
Fragen nach dem Warum.
Änderungen bei sich oder anderen, bei KollegInnen oder in der Familie,
im Freundeskreis werden bewertet. Irgendwo muss ja die Schuld dafür zu
finden sein. Sie sind auf der Suche und haben mitunter auch Lösungen
parat. Vielleicht stoßen Sie andere in dieser Phase mit Ihrer aggressiven
Art vor den Kopf oder sind einfach traurig und tun sich selbst leid?
Wäre alles nur wieder so wie am Anfang! Sie würden sich ja wieder in die
Arbeit versenken.
Der Druck steigt, die Motivation lässt nach
In dieser Phase verringern sich Motivation und Leistungsfähigkeit rasch.
Sie versuchen sich als Betroffene/r jedes Problem, und sei es noch so
schwierig, einfach zu erklären. Dafür braucht es Schuldige, und die sind
meistens rasch zur Hand.
Ob in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz: immer das gleiche Muster.
Wenn Herr oder Frau A nicht wären gäbe es viele der eigenen Probleme
nicht.
Ihre Interessen verflachen völlig
Es gibt jetzt nichts mehr, über das Sie sich ärgern können. Leider können
Sie sich aber auch über nichts mehr freuen. Sie fühlen sich einfach nur
unwohl, erschöpft und ausgelaugt.
Ihre Kontakte im Privatbereich, die Ihnen früher wichtig waren, werden im-
mer weniger. Der Grund dafür könnte auch sein, dass Sie gemieden wer-
den. Sie gelten als ein schwieriger Mensch und Gesprächspartner, dessen
Nähe man nicht unbedingt sucht.
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12. Tiefe Zweifel kommen auf
In dieser Phase werden die Zweifel an der eigenen Person immer stärker.
Langsam beginnen sie alles infrage zu stellen: Es geht um Ihr Wertesys-
tem, um Fragen in Ihrem Privatleben, um berufliche Entscheidungen, und
liegen sie noch so lange zurück.
Sie hinterfragen, zweifeln, hinterfragen, zweifeln … und finden keine Ant-
worten.
Begleitend zu diesen Phasen, die Möglichkeit besteht schon sehr früh,
können unterschiedlichste psychosomatische Störungen auftreten.
Als Beispiele seien angeführt:
n Herz-/Kreislauferkrankungen
n Magen-/Darmerkrankungen
n Hauterkrankungen
Durch die Tabuisierung von Burnout werden diese Erkrankungen oft mit
ihrer wahren Ursache nicht im Zusammenhang gesehen.
10 AK Infoservice
13. 4. WEN KANN BURNOUT TREffEN?
Die Antwort auf diese Frage ist relativ einfach: jede und jeden.
Burnout kann entstehen, wenn man sich entscheidet, Ansprüchen aus
beruflichem oder privatem Umfeld unter allen Umständen genügen zu
müssen.
n Es kann Sie als junge ArbeitnehmerInnen treffen, wenn Sie ganz mas-
siv nach Anerkennung und Leistung streben. Sie wollten alles umset-
zen, was Sie gelernt haben und beweisen, wozu Sie fähig sind. Aber
war auch Ihr berufliches Umfeld für Ihr Engagement geeignet?
n Sie sind ein Mann im Alter von 40. Sie haben beruflich zu kämpfen und
zu gewinnen gelernt. In Ihrer Familie ist eine Änderung eingetreten.
Plötzlich und unerwartet wird von Ihnen mehr Engagement eingefor-
dert. Ist das nun mit Ihrem Leben vereinbar oder hat das ganz einfach
perfekt zu funktionieren und vereinbar zu sein?
n Sie sind männlich oder weiblich und 50. Sie waren sich Ihres Arbeits-
platzes immer sicher. Und jetzt: Ihr Unternehmen steht vor „struktu-
rellen Veränderungen“. Sie stehen vor einem absoluten Neubeginn
und müssen Ihre Leistungsfähigkeit täglich beweisen. Eine Alternative
haben Sie nicht. Denken Sie doch an Kredite und Sorgepflichten.
n Sie sind eine Frau von Mitte/Ende 30. Sie pendeln zwischen Kinder-
versorgung, Schule, Arbeitsplatz, Herd, Waschmaschine, Bewältigung
und Perfektion. Wir sprechen hier über die Realität, mit der Frauen in
der Regel konfrontiert sind. Wie lange halten Sie diesem Druck noch
stand?
n Sie haben sich Ihr ganzes Leben bemüht. Nun können Sie eine Auf-
gabe großartig bewältigen, haben durch Ihre Routine und Ihr Wissen
auch ein wenig mehr Zeit zum Verschnaufen. Leider haben Sie Ihre
Arbeit verloren: Junge KollegInnen mit besseren Voraussetzungen
– sprich Qualifikationen – waren auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Und
dann haben Sie noch sehr oft das Kostenargument gehört.
AK Infoservice 11
14. Wir könnten nun die Beispiele und den Kreislauf weiterdrehen. Egal wie
weit. Es besteht bei Burnout immer der Begleitumstand, dass Sie irgend
etwas irgendjemandem beweisen müssen. Damit ist Burnout eine Folge-
erscheinung von fremdem oder selbst erzeugtem Druck.
1 AK Infoservice
15. 5. WIE KöNNEN SIE SELBST AUf SICH ACHTEN
UND DAMIT gEgEN BURNOUT VORSORgEN?
Für die ArbeitnehmerInnen geht es um die Bereitschaft, sich mit schwie-
rigen Arbeitsbeziehungen auseinanderzusetzen. Dabei müssen sie sich
den daraus resultierenden Problemen und Folgen stellen.
Sie sollten nicht versuchen, Burnout-Probleme auszusitzen!
Letztlich geht es für die steirischen ArbeitnehmerInnen darum, sich auf
Fragen zu konzentrieren, deren Veränderung sie selbst einleiten und
mitbestimmen können.
Ziel unserer Bestrebungen ist die Aufrechterhaltung ihrer körperlichen
und geistigen Leistungsfähigkeit.
Haus der Arbeitsfähigkeit aus AUVA, Ausbildung SFK 4
AK Infoservice 1
16. Wir dürfen Ihnen hier einige Beispiele für eine sinnvolle Vorsorge anbie-
ten:
n Achten Sie auf ihre Zielsetzungen
Gestalten Sie Ihre Zielvorgaben erreichbar. Brechen Sie Ihre Ziele auf Teil-
ziele herunter und achten Sie auf eine ausgewogene Zeitplanung. Ambi-
tioniert – nicht kühn!
n Arbeit und Freizeit
Versuchen Sie Ihre Arbeitszeiten tunlichst einzuhalten. Ihre Freizeitaktivi-
täten sind keine Fortschreibung Ihrer Arbeitsaufgaben und sollten davon
entkoppelt sein. Pflegen Sie in Ihrer Freizeit keine dem Beruf ähnlichen
Interessen.
n Familie und Freunde
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für Ihre sozialen Kontakte. Setzen Sie
damit einen bewussten Kontrapunkt zu Ihrer Arbeit. Verschieben Sie pri-
vate Termine nicht: Das ist eine Frage der Wertigkeit.
n Ihre Grenzen
Zeigen Sie Ihre Grenzen! Halten Sie diese auch bewusst ein, denn nur
dadurch kann Ihr Gegenüber erkennen, dass Ihnen diese wichtig sind.
Haben Sie bestimmte Regeln vereinbart, dann gilt Gleiches wie für Ihre
Grenzen. Sollte es Ihnen leichter fallen, dann versehen Sie Regelbrüche
mit Sanktionen. Die Sanktion hat aber nur dann Sinn, wenn sie auch ein-
gehalten wird.
n Ihr Urlaub gehört ihnen!
Sie brauchen in Ihrem Urlaub weder Laptop noch Handy. Versuchen Sie
ohne Ihre Arbeitsbegleiter auszukommen, und gehen Sie regelmäßig auf
Urlaub. Geben Sie sich selbst einen Rhythmus dafür vor, und halten Sie
diesen ein.
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17. Wenn heute in Führungsetagen von Unternehmen so oft von der Nach-
haltigkeit die Rede ist, dann wird es auch möglich sein, den Arbeitneh-
merInnen als wesentlichstem Baustein des Erfolgs ein anderes Bild als
das der Selbstausbeutung als erstrebenswert zu präsentieren.
Eine Gesellschaft, die sich mit Verhältnissen in Unternehmen abfindet, die
zu Burnout führen, ist weder verantwortungsbewusst und nachhaltig noch
ressourcenschonend, auf Dauer gesehen auch absolut unwirtschaftlich.
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18. 6. UNSER ANgEBOT füR SIE
Wir sind gerne für Sie da und freuen uns über Ihr Interesse!
Wir bieten ArbeitnehmerInnen:
n Hilfe
n Beratung
n Information
n Vertraulichkeit
Wenn wir Sie unterstützen können, zögern Sie nicht:
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark
Hans-Resel-Gasse 8–14, 8020 Graz
OE Betriebsbetreuung/ArbeitnehmerInnenschutz
Burnoutberatung
Tel.: 057799-2494
E-Mail: arbeitstechnik@akstmk.at
Fax: 05 7799 2499
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