Kompetenzen sind der Schlüssel zur erfolgreichen Arbeitsmarktintegration. Um diese aufzudecken, hat die Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit den sieben Wohlfahrtsverbänden und unterstützt durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) Kompetenzkarten für die Potenzialanalyse in der Migrationsberatung entwickelt. Dieses offen lizensierte Instrument wurde auf dem 2. Zukunftskongress Integration und Migration am 20. September 2016 in Berlin vorgestellt und in den breiteren Kontext der Anerkennung informellen Lernens eingeordnet.
Kompetenzkarten für die Potenzialanalyse – Praxisnah, Anschlussfähig, Flexibel, Visualisiert
1. Kompetenzkarten für die Potenzialanalyse
Praxisnah, Anschlussfähig, Flexibel, Visualisiert
Berlin, 20. September 2016
2. Wachsende Zahl Geringqualifizierter trotz Fachkräftemangel
20.09.2016
0,75
Mio.
1,1
Mio.
0
200,000
400,000
600,000
800,000
1,000,000
1,200,000
2015 2020
Mio. Mio.
Geringqualifizierte in Deutschland Bedarf Menschen mit Berufsabschluss
Quellen: BIBB-Report 23/14 Tabelle 3; IAB aktueller Bericht 17/2015; eigene Berechnungen; vbw 2012
Aus Geringqualifizierten Fachkräfte machen.
2. Zukunftskongress Migration und Integration 2
3x seltener in
Weiterbildung
4x häufiger
arbeitslos
3. 20.09.2016 3
Quelle: Heisig & Solga (2013)
Kompetenzen und Arbeitsmarktchancen
von gering Qualifizierten in Deutschland
Ohne Berufsabschluss
bringen in Deutschland
auch umfangreiche
Grundkompetenzen
keine besseren
Arbeitsmarktchancen
Alltagsmathematische Kompetenz (PIAAC-Befragung)
2. Zukunftskongress Migration und Integration
5. EU-Ratsempfehlung 2012
Anerkennung:
“ein Verfahren, bei dem eine zugelassene Stelle bestätigt, dass eine Person die anhand
eines relevanten Standards gemessenen Lernergebnisse erzielt hat”
(Rat der EU, 2012, S.5)
Zwei Ziele:
1. Informelles Lernen aufdecken
2. Lernergebnissen einen Wert geben
2. Zukunftskongress Migration und Integration 20.09.2016 5
6. Der Anerkennungsprozess ist in vier Schritte unterteilt
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Selbsterkenntniss über eigene
Befähigung erzeugen
DokumentationIdentifikation
Lernen
Zertifizierung Bewertung
Belege mit einem Referenz-
standard vergleichen
Belege für Lernergebnisse
sammeln
Formale Abschlüsse
(oder Teilabschlüsse) ausstellen
20.09.2016 6
7. Kompetenzanerkennung ist in FIN und F heute schon Realität –
Deutschland ist hier noch ein Entwicklungsland
1. Recht: schwer zugängliche Externenprüfung und für
Migranten das Anerkennungsgesetz
2. Verfahren: nur unverbindliche Kompetenzpässe und in
Ausnahmen Vollanerkennung
3. Finanzierung: weitgehend ungeregelt
4. Organisation: hunderte verschiedene zuständige
Stellen ohne einheitliche Standards
5. Beratung: keine umfassende zugängliche Infrastruktur,
Verfahren bei Zielgruppen kaum bekannt
20.09.2016 7
www.bertelsmann-stiftung.de/kompetenzanerkennung
2. Zukunftskongress Migration und Integration
9. 2. Zukunftskongress Migration und Integration
Zu
schriftlastig
Zu
zeitaufwändig
Zu
komplex
inkompatibel
mit Arbeits-
agenturen
Zu
theoretisch
Nicht mehr Instrumente aber
praktischere!
20.09.2016 9
Keines der vorhandenen Instrumente ist sowohl valide als auch praktisch
10. 2. Zukunftskongress Migration und Integration
Zu
schriftlastig
Zu
zeitaufwändig
Zu
komplex
inkompatibel
mit Arbeits-
agenturen
Zu
theoretisch
Visualisiert
Modular-
isiert
Einfach und
schnell zu
handhaben
Kompatibel
mit Arbeits-
agenturen
Praktisch
Dabei:
Neues Instrument auf existierenden aufbauen
20.09.2016 10
Folgende Eigenschaften sollten erfüllt sein
11. 20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 11
Online
Survey
Experten-Interviews + Hintergrundbroschüre08/14 – 02/15
Workshop-Zyklus
Toolbox-Entwicklung
03/15 - 07/15
Testphase Tool Box 07/15 - 10/15
10/15 - 12/15Feedback- und Anpassungsphase zur Tool Box
AugJul Okt Dez Feb Apr JunSept Nov Jan Mrz Mai Aug SeptJul
2014 2015
Projektstart
06/14
Okt Nov Dez
Experten-Interviews +
Hintergrundbroschüre
Abschluss Phase I:
Hintergrundbroschüre
02/15
Lenkungsgruppe
Workshop
Zyklus
Lenkungsgruppe
Abschluss Phase II:
Protoyp Tool box +
Handreichung
07/15
Start der
Testphase
Reflektions-
workshop/
Steering
committee
Abschluss
konferenz
Abschluss
Phase III: Ende
der Testphase
10/15
AbschlussPhase IV:
Finale Toolbox und
Handreichung
12/15
Projektende
Train-the-Trainer
Workshop
1,5 Jahre Entwicklungszeit
13. Die Kompetenzkartenbox
2. Zukunftskongress Migration und Integration
46 Kompetenzen
11 Interessen
9 x ergänzende Informationen
Dokumentationsvorlagen
7 Sprachen
Einfache Sprache
“kultur-neutrale”
Visualisierung
Erklär-Video
20.09.2016 13
Berater
Klient
14. 10 Soziale Kompetenzen
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Rot gerahmte
Kompetenzen
werden auch im
Profiling der
Arbeitsagenturen
verwendet
20.09.2016 14
18 Personale Kompetenzen
15. 18 Fach- und Methodenkompetenzen
2. Zukunftskongress Migration und Integration 20.09.2016 15
11 Interessen
16. 9 Karten mit weiterführendem Material & 3 Verstärkungskarten
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Arbeiten am PC
Musikinstrumente
Werkstoffe
Information zu Sprachtests
Klassifikation der Wirtschaftszweige
Verlinkung verschiedener Profiling &
Beratungsinstrumente
…
20.09.2016 16
17. Dokumentation: Fokus liegt auf den Stärken, nicht den Schwächen
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Dokumentationsvorlage und Leitfaden für
anschließende Beratungsgespräche
20.09.2016 17
18. Handreichung zusammengefasst auf nur einer Seite
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Ein vollständiges Erklär-Video finden Sie hier
20.09.2016 18
20. Evaluation der Praxis bestätigt positive Erfahrungen – 202 Befragte
Kompetenzkarten decken bisher unbefriedigten Bedarf (52 %)
Kompetenzkarten in mindestens jeder 4./2. Beratung eingesetzt (58 % / 20 %)
Kompetenzkarten bieten konkrete Hilfestellungen, z. B. für das Verfassen von
Bewerbungen und Lebensläufen (48 %)
Klienten schneller und besser kennengelernt (65 %)
Bessere Dokumentation der Kompetenzfeststellung (63 %)
Beratung mit Kompetenzkarten bereitet sehr gut auf anschließende Potenzialanalysen wie
die der Agentur für Arbeit bzw. der Jobcenter vor (61 %)
Praxisnähere Beratung möglich (57 %)
Flexiblere Gestaltung der Beratung möglich (48 %)
Zeitsparendere Beratung möglich (40 %)
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 20
21. Was ist Ihre Prognose zum zukünftigen Einsatz des Kartensets?
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 21
57,1
24,0
15,3
Ich gehe davon aus,
dass ich das Kartenset
in Zukunft häufiger als
bislang einsetzen werde
Quelle: Online-Befragung Migrationsberatung (Kompetenzkarten); n = 196; Werte < 3% werden nicht aufgeführt
Angaben in %
Ich gehe davon aus, dass ich
das Kartenset in Zukunft seltener
als bislang einsetzen werde
Ich gehe davon aus, dass
ich das Kartenset in Zukunft
im selben Umfang wie bislang
einsetzen werde
keine Aussage möglich
keine Angabe
22. Wem würden Sie die Nutzung des Kartensets weiterempfehlen?
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 22
17,7
15,5
22,1
17,7
35,4
56,9
59,1
61,9
70,2
70,2
0 20 40 60 80 100
Ansprechpartnern des Förderprogramms
Integration durch Qualifizierung (IQ)
Durchführern von Integrationskursen
Beratern der Jugendmigrationsdienste (JMD)
Beratern der Agenturen
für Arbeit oder der Jobcenter
Beratern in der Migrationsberatung für
Erwachsene (MBE)
Ja, würde ich weiterempfehlen Ja, habe ich bereits empfohlen
Angaben in %
Quelle: Online-Befragung Migrationsberatung (Kompetenzkarten), n = 181
23. Nutzung weit über die Migrationsberatung für Erwachsene hinaus
Agenturen für Arbeit und Jobcenter
weitere Stellen der Verwaltung:
Flüchtlingskoordination
Bildungsmanagement
Sozialmanagement
Bildungswerke
Volkshochschulen (u. a. Deutsch als Fremdsprache, Bildungsberatung)
freie Bildungsträger
ehrenamtlichen Initiativen
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 23
24. Reichweite der Karten
835 Boxen wurden im Dezember 2015 an 540 Migrationsberatungsbüros verteilt
1. Auflage: die verbleibenden 186 Stück nach einem Monat ausverkauft
2. Auflage: 1365 Stück nach 3 Tagen vergriffen
3. Auflage: 1.250 Stück innerhalb weniger Tage vergriffen
4. Auflage: 5000 Stück, davon zwischen Juli und August 4000 verschickt
11.300 Seitenaufrufe der Website
Seit dem 01.08.2016 offen lizensiert unter CC BY SA 4.0
Bereits mehrere Anfragen zur Weiterentwicklung der Karten innerhalb Deutschlands & EU
Ab heute haben die Karten noch 2 zusätzliche Sprachen: Farsi & Tigrinya
Link zum Download der Karten: www.bertelsmann-stiftung.de/kompetenzkarten
2. Zukunftskongress Migration und Integration 20.09.2016 24
25. Gliederung
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration
1 Anerkennung non-formalen und informellen Lernens
2 Kompetenzkarten: Kompetenzen von Migranten aufdecken
3 Ausblick: Berufliche Kompetenzen erfassen
25
26. Der Anerkennungsprozess ist in vier Phasen untergliedert
2. Zukunftskongress Migration und Integration
Selbsterkenntniss über eigene
Befähigung erzeugen
DokumentationIdentifikation
Lernen
Zertifizierung Bewertung
Belege mit einem Referenz-
standard vergleichen
Belege für Lernergebnisse
sammeln
Formale Qualifikation
(oder Teilqualifkation) ausstellen
20.09.2016 26
27. Kaum Kompetenzen
vorhanden
Teilweise
Kompetenzen
vorhanden
Zahlreich Kompetenzen
vorhanden
Kompetenzniveau 1 Kompetenzniveau 2 Kompetenzniveau 3
Anerkennung von Kompetenzen eröffnet Chancen & nutzt Potentiale
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration
Bereich Fehlerdiagnose
„Fehlerspeicher auslesen“
„Fehler diagnostizieren“
…
GESAMT
Kompetenzprofil
Bereich Reparatur
„Auspuffreparatur“
„Bremsenreparatur“
…
GESAMT
Bereich Service
„Ölwechsel“
„Ölfilterwechsel“
…
GESAMT
27
28. Bestehende Verfahren zur Kompetenzerfassung ungeeignet
20.09.20162. Zukunftskongress Migration und Integration 28
formale Anerkennung nur bei Vollabschluss
(für 80-90 % der Flüchtlinge ungeeignet)
Hürden bestehender Instrumente
zeitaufwendig und teuer
(Qualifikationsanalyse: ca. 3.000 € pro
Kandidat, mehrere Tage, 60 Fälle in 2013)
fragen Kompetenzen per
Selbsteinschätzung ab
sind in deutscher Sprache verfasst
haben hohen schriftlichen Anteil
Neue, standardisierte Verfahren benötigt
Bereits erworbene Kompetenzen erkennen, anerkennen und nutzen für Berufseinstieg
und Weiterqualifizierung bis zum Vollberuf
Was sagt uns der Sichttest?Video- und Simulationsbasierte Ansätze
ermöglichen zuverlässige Erfassung der
Handlungskompetenz
29. www.bertelsmann-stiftung.de
Besuchen Sie uns auch auf
Dr. Martin Noack
Senior Project Manager
Programm Lernen fürs Leben
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Straße 256 | 33311 Gütersloh | Germany
Phone: +49 5241 81-81476 | Fax: +49 5241 81-681544
E-Mail: martin.noack@bertelsmann-stiftung.de
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Hinweis der Redaktion
Integration in Arbeit ist der Schlüssel
Allerdings verfügen nur wenige Geflüchteten über einen in D anerkannten Abschluss
Ihre Kompetenzen bleiben meist unsichtbar
Geflüchtete sind aber nicht die einzigen mit unsichtbaren Kompetenzen
Was ist die Herausforderung?
Wo genau liegt das Problem?
Was tut die Bertelsmann Stiftung in diesem Feld?
Was muss passieren?
Wie funktioniert das?
Wo stehen wir?
19.200 bestandene Prüfungen aufgrund von Berufserfahrung in 2015
14.500 erfolgte Gleichwertigkeitsbescheide in 2015
Was haben wir konkret zur Lösung beigetragen?
First test simple tasks/competence fields, then medium-hard, then difficult areas.