What if You Could See the Future of Your Business?
Artikel-Planung-Unplanbares-2015-06
1. BUSINESS MODEL SIMULATION
Mit allem rechnen –
Wie plant man das
„Unplanbare“?
Die Softline AG bekommt die Risiken des
Projektgeschäfts mit einem innovativen
Planungsmodell besser in den Griff.
3. TRY BEFORE YOU FLY
3
Mit allem rechnen – Wie plant
man das „Unplanbare“?
Die Softline-Gruppe ist als
Dienstleister im Bereich der Informa-
tions- und Kommunikationstechnolo-
gie auf IT-Consulting, IT-Support und
Software Asset Management spezia-
lisiert. Das börsennotierte Unterneh-
men mit Sitz in Leipzig ist europaweit
tätig und hat Niederlassungen in
Frankreich, Belgien und den Nieder-
landen.
Die Softline AG stand vor der
Herausforderung, eine rollierende
Unternehmensplanung auf Monats-
basis für die gesamte Gruppe zu er-
stellen. Dazu lieferten die Gesell-
schaften monatlich Planwerte in ei-
nem Excel-Template. Die Konsolidie-
rung erfolgte nicht automatisch, was
eine Vielzahl manueller Tätigkeiten
nach sich zog. Außerdem erforderte
die Abstimmung der internen Liefer-
und Leistungsbeziehungen erhebli-
che zeitliche Ressourcen. Das
Hauptproblem bestand allerdings in
der mangelnden Qualität der Planum-
sätze, deren Vorhersage sich auf-
grund des Projekt-
geschäftes als
schwierig erwies.
Projektgeschäft
richtig planen
Für Unternehmen mit Projektge-
schäft ist die Planung der Umsätze
nicht leicht, sofern das Projekt nicht
bereits beauftragt oder gar fakturiert
ist. Anders als beim sogenannten
Serien- oder Massengeschäft kommt
der Umsatz nicht kontinuierlich, son-
dern eher sporadisch, aber wenn,
dann gleich in größeren Brocken. Wie
soll man also planen? Meist werden
Wahrscheinlichkeiten verwendet, um
diese Unsicherheiten zu berücksich-
tigen. Die Wahrscheinlichkeit, den
Auftrag für ein Projekt zu bekommen,
wird dann beispielsweise mit 30 Pro-
zent angenommen. Diese Prozent-
werte variieren und sind von vielerlei
Faktoren abhängig. Die Softline AG
ver-
wendet hierzu eine mehrstufige Diffe-
renzierung der Angebotsphase (Abb.
unten). Welchen Wert soll man jetzt
aber als Umsatz für ein noch nicht
beauftragtes Projekt ansetzen? Das
Nominalvolumen des Projektes? Si-
cher nicht, wenn die Eintrittswahr-
scheinlichkeit bei 30 Prozent liegt.
Oder nur Projekte berücksichtigen,
die mehr als eine 50-50-Chance ha
Die Softline AG bekommt die Risiken des
Projektgeschäfts mit einem innovativen
Planungsmodell besser in den Griff.
4. BUSINESS MODEL SIMULATION
!4
ben? Dann fallen aber immer alle
Angebote in ihrer frühen Phase
durchs Raster. Vielleicht doch den
Erwartungswert, also Projektvolumen
mal Wahrscheinlichkeit. Aber auch
das ist nicht richtig, weil ein 200.000-
Euro- Projekt mit 30 Prozent Ein-
trittswahrscheinlichkeit ja nicht zu
einem sicheren 60.000-Euro-Projekt
wird. Entweder werden es 200.000
Euro oder gar nichts. Wie es aussieht,
helfen hier die einfachen Grundre-
chenarten nicht weiter.
Mit allem rechnen
Da die Softline AG immer eine
größere Anzahl von Projekten in der
Angebotsphase hat, ist eine Simulati-
on die Lösung. Gegeben ist eine so-
genannte „Projekt-Pipeline“, die alle
angebotenen Einzelprojekte mit dem
jeweiligen Betrag und der dazugehö-
rigen Eintrittswahrscheinlichkeit ent-
hält. Außerdem gibt es zu jedem Pro-
jekt einen Schätzwert, in wie vielen
Monaten das Projekt beauftragt wird.
Stellen Sie sich vor, es gibt 100 an-
gebotene Projekte und für jedes Pro-
jekt gibt es einen Topf mit 100 Losen.
Nehmen wir ein Beispielprojekt mit
einem Volumen von 20.000 Euro und
einer Eintrittswahrscheinlichkeit von
30 Prozent. Dann enthält dieser Topf
30 Lose, auf denen jeweils 20.000
Euro stehen und 70 Lose, auf denen
eine Null steht. Zieht man nun aus
jedem der hundert Projekttöpfe ein
Los und summiert die Beträge aller
gezogenen hundert Lose, erhält
man ein mögliches Gesamtprojekt-
volumen. Wenn man das viele Male,
vielleicht tausendmal wiederholt,
nennt man das Monte-Carlo-Simula-
tion. Man muss im Beispiel jeweils
hundert Lose mal
tausend Ziehun-
gen, also hun-
derttausend Lose
ziehen. Selbst gut
bezahlte Prakti-
kanten verlieren
dabei Lust und
Laune. Ihr Com-
puter erledigt die-
se Aufgabe zum
Glück in Sekun-
den. Im Ergebnis
erhält man aus
allen Ziehungen
Tausend mögliche
Projektvolumen
(Abb. unten). Da
wir auch für jedes
Projekt den Zeitpunkt der Beauftra-
gung simuliert haben, erhalten wir
nun für jeden Monat eine Häufigkeits-
verteilung der simulierten neuen Pro-
jektvolumen und können daraus z.B.
folgende Aussagen ableiten: Im
Durchschnitt werden wir in 3 Mona-
ten für 3 Mio. neue Projekte generie-
ren. Mit einer Wahrscheinlichkeit von
80 Prozent werden wir nicht mehr als
5 Mio. erzielen. Und es gibt nur eine
sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass
wir weniger als eine Mio. erhalten. Für
jeden Monat erhält man nun eine
Bandbreite der möglichen Projektzu-
gänge und kommt damit einer weit
verbreiteten, aber noch viel zu selten
umgesetzten Anforderung an das
Controlling nach, nämlich der Ver-
zahnung von Unternehmensplanung
und Risikomanagement. Im Gegen-
satz zu einer einwertigen Planung
täuscht eine Bandbreite keine
Scheingenauigkeit vor, indem sie
zeigt, was passieren wird, sondern
sie zeigt vielmehr, was passieren
kann. Je größer das Portfolio, desto
kleiner wird dabei die Bandbreite,
also das Risiko des Umsatzes.
5. !5
Neben den bereits
fakturierten Umsätzen
und dem wahrschein-
lichen Umsatz aus der
„Projekt-Pipeline“ um-
fasst die Umsatzpla-
nung der Softline AG
noch eine weitere
Komponente (Abb.
rechts). Wenn man nur
die bereits fakturierten
und angebotenen Pro-
jekte heranziehen
würde, wäre irgend-
wann Schluss, da die
Projekte nur ein paar
Monate Vorlaufzeit
haben. Die Softline AG
plant daher auch jenen
Umsatzbestandteil,
der aus Projekten re-
sultieren wird, die
momentan weder be-
auftragt noch angeboten sind, die
aber gemäß der Geschäftslogik in der
Zukunft dazukommen sollten. Aus
der Historie haben wir dazu ermittelt,
wie viele Projekte pro Monat mit wel-
chem Volumen angeboten wurden
und welche Vorlaufzeit diese bis zur
Beauftragung hatten. Aus dieser Ana-
lyse ergaben sich für diese Parameter
drei Verteilungen, mit denen die zu-
künftige „Projekt-Pipeline“ simuliert
wurde. Die Monte-Carlo-Maschine
simuliert also für die Zukunft alle
möglichen „Projekt-Pipelines“, die
entstehen könnten. Daraus werden
dann, wie oben beschrieben, die dar-
aus resultierenden Umsätze für die
fernere Zukunft simuliert.
Entscheidungs-
unterstützung statt
Zahlensalat
In der Praxis stellen wir fest, dass
Unternehmensplanung oftmals noch
ein aufwendiges „Zahlenspiel“ ist, an
dessen Ende man sich auf Planzah-
len einigt, die man dann mit Ist-Wer-
ten vergleicht, die Gründe für die Ab-
weichung sucht und dann versucht
gegenzusteuern. Die Softline AG ver-
steht ihre Planung vielmehr als Steue-
rungsinstrument. Mit dem vorgestell-
ten Simulationsmodell, das auf der
„Projekt-Pipeline“ basiert, werden
zum Beispiel die Planwerte der Toch-
tergesellschaften plausibilisiert. Das
Modell zeigt, wie viele Angebote sich
in welchem Status befinden müssten,
damit der gemeldet Planwerte ent-
steht. Dem Vorstand steht damit ein
wichtiges Hilfsmittel für die Abstim-
mung mit den Geschäftsführern der
Tochtergesellschaften zur Verfügung.
Neben dem Projektvolumen ist
der Personalbestand an Beratern die
andere wichtige Einflussgröße der
Planung. Im Planungsmodell der
Softline AG werden die simulierten
Projektvolumen in Beratertage umge-
rechnet und zunächst in ein „Lager“,
dem sogenannten Backlog, einge-
stellt. Dieser Backlog-Bestand wird
dann durch die verfügbaren Berater
abgearbeitet. Fließen weniger neue
Projekttage ins Backlog als Berater-
kapazität zur Verfügung steht, ent-
steht auch weniger Umsatz. Die Aus
6. !6
lastung der Berater sinkt. Fließen
dagegen mehr neue Tage zu als ab-
gearbeitet werden können, dann
steigt der Umsatz jedoch nicht ana-
log, sondern wird durch die Perso-
nalkapazität begrenzt. Vereinfacht
heißt das: Weniger Projektvolumen
schlägt sich unmittelbar in weniger
Umsatz nieder, mehr Volumen jedoch
nur bis zu einer bestimmten Grenze in
mehr Umsatz.
Die Auswirkungen solcher klassi-
schen Kapazitätsentscheidungen
kann man in einem solchen Simulati-
onsmodell schnell und kostengünstig
durchspielen. Für die Softline AG gibt
das Planungsmodell damit wichtige
Indikationen für die Personalplanung,
indem es zeigt, was der richtige Mit-
arbeiterbestand ist, um einerseits
eine adäquate Auslastung der Bera-
ter sicherzustellen, andererseits aber
nicht zu viele Beratertage vor sich
her zu schieben und das Backlog
ungesund aufzubauen.
Integriert statt isoliert
Das kleine Wörtchen „integriert“
wird in Bezug auf die Unterneh-
mensplanung fast inflationär ver-
wendet, wobei nicht selten unklar
bleibt, was eigentlich damit gemeint
ist. Für die Softline AG waren damit
zwei wesentliche Komponenten ver-
bunden. Zum einen ist die Planung
aller Tochtergesellschaften in einem
Tool integriert, was nicht nur eine
automatische Konsolidierung ermög-
licht, sondern vor allem auch alle
internen Liefer- und Leistungsbezie-
hungen richtig abbildet. Zum anderen
erzeugt das neue Planungstool die
GuV- und Liquiditätsplanung immer
simultan, d.h. wenn sich eine Planan-
nahme verändert, wird automatisch
ein neues Set an Planzahlen für beide
Planungen erzeugt. Dazu wurden die
unternehmensspezifischen Ursache-
Wirkungs-Beziehungen im Berech-
nungsmodell integriert. Zum Beispiel
werden für die Planung der Umsatz-
komponente in der Gewinn- und Ver-
lustrechnung die bestehenden Forde-
rungen aus dem Buchhaltungssystem
und die „Projekt-Pipeline“ aus einem
Projektmanagementtool importiert.
Die Berechnungslogik simuliert die
Planumsätze, und durch die Verwen-
dung sogenannter „Geldwerdungs-
faktoren“ werden diese auf der Zeit-
achse bezüglich ihres Zahlungszeit-
punktes verschoben (Abb. unten),
woraus sich die Zahlungseingänge
für die Liquiditätsplanung ergeben.
Die Verzahnung von Aufwendungen
und Zahlungsausgängen erfolgt nach
dem gleichen Prinzip und ist integra-
ler Bestandteil des neuen Planungs-
tools. Lästige Überleitungsrechnun-
gen zwischen Ergebnis- und Liquidi-
tätsplanung entfallen damit.
7. !7
Das richtige
Werkzeug
Das Tool wurde nicht mit einer
Planungssoftware, sondern mit Ana-
lytica, einem speziellen Modellie-
rungs- und Simulationswerkzeug,
erstellt. Mit Analytica können indivi-
duelle Rechenmodelle einfach und
schnell entwickelt werden. Dies gilt
insbesondere dann, wenn die Zu-
sammenhänge sehr komplex sind
und man deswegen mit Excel an die
Grenzen stößt. Analytica vereint
mehrere Werkzeuge in einem. Es
kann visualisieren, rechen und simu-
lieren.
Im Gegensatz zu Excel und an-
deren Planungswerkzeu-
gen stehen erstmal nicht
die Zahlen im Vorder-
grund, sondern die Vi-
sualisierung der Zusam-
menhänge (Abb. rechts).
Daher können Modelle
und deren Berechnungs-
logik von Dritten einfach
nachvollzogen werden.
Das Modell wird transpa-
rent und ist keine Black-
Box, die bestenfalls der
versteht, der das Modell
gebaut hat. Berech-
nungsformeln werden in
einer lesbaren Sprache
geschrieben und nicht in
der des Computers. Zum
Beispiel berechnet sich
der Umsatz aus Menge *
Preis und nicht aus E21*$D$5. Außer-
dem entfällt das wilde Erstellen von
weiteren Tabellen und zusätzlichen
Arbeitsblättern, wenn man weitere
Dimensionen berücksichtigen möch-
te. Wenn die verkaufte Menge von
100 Stück nach Ländern und Produk-
te „aufgedröselt“ werden soll, ist das
in Excel in einer zweidimensionalen
Tabelle noch einfach möglich. Aber
kennen Sie das Problem, wenn dann
weitere Dimensionen, wie z.B. Pro-
duktgruppen oder Währungen hinzu-
kommen? Analytica kann mit bis zu
18 (!) Dimensionen rechnen, ohne
diese in den Formeln explizit berück-
sichtigen zu müssen. Die Software
kümmert sich darum, dass die richti-
gen Dimensionen zusammenfinden.
Und zu guter Letzt: Unsere Models
lieben Monte Carlo. Denn Analytica
enthält dieses Simulationsverfahren
als Standardfunktionalität, und somit
können alle Unsicherheiten berück-
sichtigt werden, was insbesondere
für Planungen ein wichtiges und un-
verzichtbares Hilfsmittel sein sollte.