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Nürnberger Einblicke
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 Die liebe Not der Stadt mit ihren Astronomen – und umgekehrt
                                                 von Pierre Leich


W       ährend für hiesige Astronomen Haushaltspoli-
        tik bislang eher eine Frage war, wer bei küchen-
basierten Tätigkeiten maximale Ungeschicklichkeit an
                                                           gen übernehmen, doch die Verhandlungen wollten
                                                           zunächst nicht recht in Gang kommen.
                                                              Da fügte es sich gut, daß am Abend der Teleskop-
den Tag legt, dürften die gegenwärtigen Verhandlun-        einweihung Dr. Oscar Schneider – Bundesminister
gen mit der Nürnberger Stadtspitze das Interesse           a. D. und Vereinsmitglied – sowie die Nürnberger Bür-
sprunghaft gesteigert haben.                               germeisterin Helen Jungkunz Klemens Gsell ins Gebet
   Als 1994 die finanzielle Selbständigkeit einzelner      nahmen. Als Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion
Dienststellen erhöht und sog. Plafonds eingerichtet        reichte dieser nun den Antrag ein, „den Betrieb der
wurden, faßte der Stadtrat auch einige Zuordnungen         Nürnberger Sternwarte am Rechenberg dem Verein zu
neu. Das Nicolaus-Copernicus-Planetarium kam so            übertragen und dafür von der Stadt Nürnberg einen
zum Bildungszentrum – der Nürnberger Volkshoch-            angemessenen Unterhaltszuschuß für den kleinen Bau
schule. Neben einem renovierungsbedürftigen Gebäu-         zu leisten.“
de und veralteter Technik hatte das Planetarium auch          Mit dem „angemessenen Unterhaltszuschuß“ ist die
die Sternwarte im Gepäck. Sie war unter dem                ganze Problematik auch schon erfaßt. Wäre der Griff
langjährigen Leiter Dr. Eckhard Pohl in erster Linie       nach den Sternen nicht mit einem Griff in die Stadt-
der Sammelplatz freiwilliger Assistenten für dessen        kasse verbunden, wäre sicher längst eine Einigung
wissenschaftliche Helligkeitmessungen an Veränderli-       erzielt worden. Doch im Plafond des Bildungszentrum
chen Sternen. Nach dem überraschenden Ableben              waren die 4000 – 8000 DM Aufwendungen für die
Dr. Pohls wurde das Planetarium mit einem Planetari-       Sternwarte im Budget des Planetariums niemals sepa-
ums-Mann besetzt. Dr. Uwe Lemmers engagierte               rat ausgewiesen und die Übernahme macht nach
Arbeit bestätigte die Sicht des Kulturausschusses,         Berechnungen der NAA Betriebsmittel von 24 000
wenngleich der Umbau des EWAG-Gebäudes nicht               DM notwendig.
darüber hinwegtäuschen darf, daß die Erneuerung der           Wo sollen die herkommen? Das Planetarium
Projektionseinrichtungen noch bevorsteht.                  braucht jede Mark und das BZ muß in den kommen-
   Die Sternwarte dümpelte derweil dahin bis die           den drei Jahren eine Kürzung um je 1 % der Personal-
NAA mit großem zeitlichen Einsatz einen laufenden          kosten hinnehmen.
Betrieb mit Führungen, Arbeitskreisen, Vorträgen,             Auch wenn BZ-Direktor Siegfried Kett keinen
Kursen und Publikationen einrichtete. Das jüngst voll-     Zweifel an seiner Anerkennung für die NAA läßt,
endete Teleskop-Remake von Gröbel et al. war der           bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten, den Ver-
vorläufige Höhepunkt.                                      waltungsvorschlag für den Kulturausschuß am 2. Juli
   Auf die Erfordernisse einer „kundenorientierten“        zu erraten. Eine Grundsatzentscheidung des Stadtrats
Sternwarte läßt sich als Anhängsel des Planetariums        ist nötig, um die Existenz der Sternwarte als volksbil-
jedoch nicht mehr angemessen reagieren. Die Bewälti-       dende Einrichtung sicher zu stellen. Gerade zum
gung von 5000 Besuchern allein anläßlich des Kome-         Jubiläumsjahr 2000 würde es der Stadt gut zu Gesich-
ten Hale-Bopp macht eine Struktur nötig, die ein           te stehen, nicht nur die historische Tradition von Eim-
attraktives Programm sicher stellt und den anfallenden     marts Sternwarte an der Vestnertor-Bastion zu würdi-
Managementbedarf effizient bewältigt.                      gen, sondern die Voraussetzungen zu schaffen, dem
   Kein Zweifel: Die Sternwarte sollte der NAA über-       gewachsenen Interesse einer breiten Bevölkerung an
tragen werden. Der Verein hat gezeigt, daß er dazu in      astronomischen Fragen entgegenzukommen.
der Lage ist und würde auch die Erhaltung des Gebäu-          Übrigens: Sitzungen des Kulturausschusses sind
des sowie die Erweiterung der technischen Einrichtun-      öffentlich.


Regiomontanusbote 3/1999 · 12. Jahrgang

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