2. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Autor:
Dipl. Ing. Peter Kainhofer
Automatisierungs- und Regelungstechnik
Energietechnik
Angewandte Kybernetik
.
Wien, Januar 2013
2. Auflage
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
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3. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Seminarziel:
Das Ziel dieses Seminares ist es, Zusammenhänge von komplexen Regelkreisen von thermischen
Prozessen zu erkennen und zu analysieren sowie das neue „Verfahren zur Temperierung eines eine
Energieverteilungseinrichtung durchströmenden Nutzmediums“ am Beispiel eines Warmwasser-
kreislaufes kennenzulernen. Es werden Methoden vorgestellt, wie man anhand der Regelung von
Energieflüssen verschiedene Energieerzeuger miteinander vernetzen kann.
Das Seminar ist bestimmt für Prozesstechnologen, Maschinenbauer und Automatisierungstechniker,
die sich mit der Planung und der Inbetriebnahme von thermischen Prozessen sowie mit der
Ausschreibung für solche Anlagen beschäftigen. Dieses Seminar fördert das systemische Denken
und ist deshalb auch für außertechnische Bereiche zu empfehlen.
Inhalt:
• Regelung von thermischen Prozessen
• Einführung in die Technische Thermodynamik
• Rechenfunktionen
• Grundlagen der prozesstechnischen Regelungstechnik
• Gesamtregelkonzepte von komplexen Energieanlagen
• Erkennen von Optimierungspotenzial anhand von Trendanalysen
• Erkennen und Nutzen von Einsparmöglichkeiten
• Anwendungsbeispiele
Dauer des Seminares:
2 Wochen
Voraussetzung:
Workshop Grundlagen der prozesstechnischen Regelungstechnik
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Seminarziele / Inhalte Seite 3 von 176
4. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Vorwort
Information, Energie und Regelung sind die Grundelemente der Natur. Das sind die
Ergebnisse der neuen Quantenphysik und der Kybernetik.
Die Natur funktioniert durch unzählige vernetzte und ineinander verschachtelte Regelkreise. Der
Mensch versucht immer mehr, sich die Natur unterzuordnen, indem er in diese natürlichen
Regelkreisläufe eingreift. Durch zu starkes Eingreifen gefährden wir aber den natürlichen
Regelprozess der Natur und damit auch uns selbst. Deshalb müssen wir das Verhalten der Natur
genauer beobachten und die Zusammenhänge besser verstehen lernen. (1)
Zum besseren Verstehen brauchen wir aber eine neue erweiterte Sichtweise und vernetztes Denken.
Diese neue systemische Sichtweise werden wir in diesem Seminar anhand von konkreten
Beispielen aus der Praxis üben.
Die größte Herausforderung unserer Zivilisation ist es, unsere Lebensweise und unseren Bedarf an
Energie zur Erhaltung der Lebensqualität an das Verhalten der Natur anzupassen. Großartige
Wissenschaftler wie Hans-Peter Dürr und Frederic Vester haben die Grundlagen dafür erarbeitet.
Ich möchte meine langjährige Erfahrung einbringen, einige dieser Vorschläge in die Praxis
umzusetzen.
Die Veränderungen in unserer Natur erfordern es, die Energieversorgung sowohl an die Natur als
auch an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen. Das erfordert nicht nur eine neue Sichtweise in
der Gesamtplanung sondern auch das Zusammenwirken von verschiedenen Bereichen. Zur
Erreichung dieser Ziele ist eine autonome und intelligente regionale Energieversorgung die
wahrscheinlich ökologisch und ökonomisch beste Lösung. Wir werden uns in diesem Seminar
besonders mit dieser Form der Energieversorgung auseinandersetzen.
Damit das Ziel der Verbesserung der Qualität, der Verfügbarkeit und der
Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann, muss der Prozess der Energieversorgung,
der Energielieferung und der Energieverteilung als Gesamtes betrachtet werden.
Diese technischen Herausforderungen verlangen jedoch hochqualifizierte und hochmotivierte
Fachkräfte. Für diese Fachkräfte wurde dieses Seminar erstellt.
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Vorwort Seite 4 von 176
5. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Inhaltsverzeichnis
Formelzeichen ............................................................................................................................ 7
1 Regelung von komplexen thermischen Prozessen .........................................................................10
1.1 Herkömmliche Energieregelkonzepte ...................................................................................10
1.2 Neues Gesamtenergieregelkonzept .......................................................................................12
2 Einführung in die Technische Thermodynamik .............................................................................17
2.1 Grundlagen der Thermodynamik ..........................................................................................18
2.2 Erster Hauptsatz der Thermodynamik ..................................................................................23
2.3 Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik ...............................................................................33
2.4 Wärmeübertragung, Wärmeaustauscher ...............................................................................40
3 Rechenfunktionen ..........................................................................................................................45
3.1 Durchflusskorrektur ..............................................................................................................45
3.2 Wärmestrom, therm. Leistung ..............................................................................................50
4 Grundlagen der Prozesstechnischen Regelungstechnik .................................................................53
4.1 Grundbegriffe ........................................................................................................................53
4.2 Die Regelstrecke ...................................................................................................................55
4.2.1 Regelstrecken mit Ausgleich .............................................................................................57
4.2.2 Regelstrecken ohne Ausgleich ...........................................................................................62
4.2.3 Kennlinien von Regelstrecken ...........................................................................................64
4.3 Stetige Regler ........................................................................................................................66
4.4 Regelkreise mit stetigen Reglern ..........................................................................................69
4.5 Dreipunkt- Schrittregler mit quasistetigem Verhalten ..........................................................74
4.6 Erhöhung der Regelgüte von komplexen Energiekreisen .....................................................75
5 Gesamtregelkonzepte für komplexe Prozesse ................................................................................78
5.1 Zielsetzung ............................................................................................................................81
5.2 Analyse des Ist- Zustandes....................................................................................................85
5.3 Erstellen der neuen R&I- Schemata ......................................................................................93
5.3.1 Regelkonzept Energieerzeugung .......................................................................................95
5.3.2 Regelkonzept Energietransport ..........................................................................................98
5.3.3 Regelkonzept Energieverteilung ........................................................................................99
5.4 Mechanische und elektrische Umbauten, Kosten ...............................................................100
5.5 Auswahl der Messgeräte, Stellgeräte und Antriebe ............................................................101
5.6 Erstellen einer Funktionsbeschreibung ...............................................................................102
5.6.1 Struktur und Aufbau der Funktionsbeschreibung ............................................................102
5.6.2 Mathematische Funktionen, Regelungsfunktionen ..........................................................103
5.6.3 An- und Abfahrbeschreibung...........................................................................................114
5.6.4 Protokollierung ................................................................................................................115
5.7 Engineering, Montage und Inbetriebnahme ........................................................................120
5.8 Feinoptimierung, Leistungstest ...........................................................................................120
5.9 Auswertung der Energie- und Wirtschaftsdaten .................................................................125
6 Erkennen von Optimierungspotenzial anhand von Trendanalysen ..............................................126
6.1 Soll- Zustand der Dynamik eines thermischen Prozesses ...................................................126
6.2 Vergleich des Regelverhaltens vor und nach der Optimierung ..........................................128
7 Erkennen und Nutzen von Einsparmöglichkeiten ........................................................................130
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6. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
7.1 Energiebilanzen...................................................................................................................130
7.2 Kesselhaus ..........................................................................................................................135
7.3 Druckluft .............................................................................................................................140
7.4 Elektrische Antriebe............................................................................................................143
7.5 Wärmerückgewinnung ........................................................................................................153
7.6 Prozessanlagen ....................................................................................................................157
8 Anwendungsbeispiele ..................................................................................................................162
8.1 Optimale Nutzung von Abwärme und Alternativenergien .................................................162
8.2 Schnelle und energiesparende Prozessregelung ..................................................................165
8.3 Beispiele für dezentrale Energieversorgung .......................................................................169
9 Literaturverzeichnis......................................................................................................................172
10 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................174
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7. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Formelzeichen
A Fläche M spezifische Ausstrahlung
a Absorptionskoeffizient Ms -, des schwarzen Körpers
a Beschleunigung Md Drehmoment
B Anergie m Masse
b spezifische Anergie n Drehzahl
c Geschwindigkeit n Stickstoffanteil (Brennstoff)
c spezifische Wärmekapazität n Stoffmenge (kmol)
cp -, konst. Druck (isobar) o Sauerstoffanteil (Brennstoff)
cv -, konst. Vol. (isochor) o Sauerstoffmenge (zur Verbrennung)
Cm molare Wärmekapazität P Leistung
Cmp -, konst. Druck (isobar) Pdiss dissipierte Leistung
Cmv -, konst. Vol. (isochor) Pe Kupplungsleistung
cs Schallgeschwindigkeit Pei Eigenbedarfsleistung
d Durchlasskoeffizient (Strahlung) Pgen Generatorleistung
d Durchmesser Pind indizierte Leistung
E Exergie, Arbeitsfähigkeit Pkl Klemmenleistung
Eg Exergie eines geschlossenen Systems Pt technische Leistung
Eq Exergie der Wärme Pr Prandtl-Zahl
Ev Exergieverlust p Druck, Absolutdruck
E* Exergie des strömenden Fluids pabs Absolutdruck
e spezifische Exergie pamb atmosphärischer Bezugsdruck
F Faraday-Konstante pd Differenzdruck (allgemein)
F freie Energie (Helmholtz-Funktion) pe Überdruck (über Atmosphärendruck)
F Kraft pkin kinetischer Druck (Staudruck)
G freie Enthalpie (Gibbs-Funktion) pt Totaldruck (Strömung)
G Gewichtskraft p* Partialdruck
g Fallbeschleunigung Q Wärme
H Enthalpie ˙
Q Wärmestrom, Wärmeleistung
Hm molare Enthalpie
Qrev Wärme bei reversiblen Vorgängen
Ho, Hu spezifischer Brennwert, Heizwert
q auf die Masse bezogene Wärme
h spezifische Enthalpie
q Wärmestromdichte,
h Höhe, Länge ˙
Heizflächenbelastung
h Wasserstoffanteil (Brennstoff)
qa Abgasverlust
I elektrische Stromstärke
qf spezifische Flüssigkeitsenthalpie
k Boltzmann-Konstante
R Gaskonstante
k Wärmedurchgangskoeffizient
Rd Wärmedurchgabgswiderstand
l Länge
Ri individuelle Gaskonstante
l Verbrennungsluftmenge
Rl Wärmeleitwiderstand
la Luftgehalt des Abgases
Rm molare (universelle) Gaskonstante
M molare Masse
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8. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Rü Wärmeübergangswiderstand z Höhe
Re Reynolds-Zahl
r Radius a Wärmeübergangskoeffizient
r Raumanteil b Schaufelwinkel
r Reflexionskoeffizient (Strahlung) g Volumenausdehnungskoeffizient
r spezifische Verdampfungsenthalpie g Wichte
rw Arbeitsverhältnis d Wandstärke
S Entropie
e Emissionskoeffizient
s spezifische Entropie
ζ exergetischer Wirkungsgrad
T thermodynamische Temperatur
h dynamische Viskosität
t Celsius-Temperatur
h Wirkungsgrad
U innere Energie
hc Carnot-Faktor, hth beim Carnot-
U elektrische Spannung
Prozess
u spezifische innere Energie
u Umfanggeschwindigkeit hf feuerungstechnischer Wirkungsgrad
V Volumen hges Gesamtwirkungsgrad
Vf Volumen der feuchten Luft hisen isentroper Wirkungsgrad
Vm molares Volumen hK Kesselwirkungsgrad
v spezifisches Volumen hth thermischer Wirkungsgrad
vf, vt Abgasmenge, feucht, trocken k Isentropenexponent, Verhältnis cp/cv
W Arbeit l Luftverhältnis bei der Verbrennung
Wdiss Dissipationsenergie l Wellenlänge
We Kupplungsarbeit l Wärmeleitfähigkeit
Wg Gesamtarbeit (geschl. System) m Massenanteil
Wind indizierte Arbeit n kinematische Viskosität
Wk Arbeit des irreversiblen Kreisprozesses n stöchiometrische Zahl
Wkrev Arbeit des reversiblen Kreisprozesses
x Heizzahl
Wn Nutzarbeit an der Kolbenstange
r Dichte
WR Reaktionsarbeit
r innere Verdampfungsenthalpie
Wr Reibungsarbeit
r* Partialdichte
Wt techn. Arbeit (offenes System)
Wtrev reversible techn. Arbeit s spezifische Schmelzenthalpie
Wt* techn. Arbeit (incl. kinet. und pot. s Stefan-Boltzmann-Konstante
Energie) t Zeit
Wu Verschiebearbeit f Einspritzverhältnis
Wv Volumenänderungsarbeit (Verbrennungsmotor)
w spezifische Arbeit f relative Feuchte
w Geschwindigkeit fEQ Energiequalitätsgrad
w Wasseranteil (Brennstoff) y äußere Verdampfungsenthalpie
x Dampfgehalt im Nassdampf y Durchflussfunktion (Düsenströmung)
x Feuchtegehalt feuchter Luft w Winkelgeschwindigkeit
y Stoffmengenanteil
Z Realgasfaktor
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9. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Indizes L, l Luft
Mi Mischungswert
0 Zustand bei 0 K oder 0 °C m mechanisch
1 vor der Zustandsänderung m Mittelwert
2 nach der Zustandsänderung m molare Größe
12 Änderung vom Zustand 1 nach 2 n physikalischer Normzustand (0 °C;
a Abgas, Verbrennungsgas 1,01325 bar)
a Komponente, Gemisch n Nullpunkt
ab abgeführt o Otto-Prozess
ad adiabat ORC Organic Rankine Cycle
amb Umgebungszustand pol polytrop
B, b Brennstoff r Reibung
b Bezugszustand, Umgebungszustand rev (hochgestellt) reversibel
b Komponente (Gemisch) s Sättigungs-, Siedezustand
c Komponente (Gemisch) s Seiliger-Prozess
car Carnot-Prozess st Stirling-Prozess
c/r Clausius-Rankine-Prozess t total (Druck)
D Dampfkraftanlage t trocken
D, d Dampf th thermisch
diss Dissipation tr Tripelpunkt
e effektiv (Nutz-) u in Umfangrichtung
er Ericsson-Prozess u Umgebung
f feucht, Flüssigkeit u unvollständig verbrannt
G Gasturbinenanlage v vor der Verbrennung
GUD GUD-Kraftwerk w Wand
g Gas w Wasser
g geschlossen (System) w Welle
i beliebige Komponente WP Wärmepumpe
i Impuls x beliebiger Zwischenzustand, Variable
ib isobar x Nassdampf
ich isochor z zwischenüberhitzt
id ideal zu zugeführt
ind indiziert t Taupunkt
isen isentrop ' siedende Flüssigkeit
ith isotherm " Sattdampf
j Joule-Prozess ˙ zeitlche Ableitung eines Wertes, z.B.
k Kesselaustritt Massenstrom
k Kreisprozess * Änderung der kinet. und pot. Energie
k, kr kritisch berücksichtigt
kin kinetisch (Druck) * brennwertbezogen (Wirkungsgrad)
kon Kondensation (im Abgas) * Partialgröße (Gemisch)
KM Kältemaschine
KV Kolbenverdichter
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10. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
1 Regelung von komplexen thermischen Prozessen
1.1 Herkömmliche Energieregelkonzepte
Thermische Prozesse sind mit den herkömmlichen passiven Regelungsmethoden (Konstanthaltung
der Temperatur oder des Druckes in einem Kreislaufmedium) durch die großen Verzugszeiten
meistens sehr schwer regelbar. Die Verzugszeiten sind abhängig vom Volumen, der Dichte, der
Wärmeübertragung, der Entfernung und der Geschwindigkeit des Kreislaufmediums. Passive
Regelungssysteme reagieren erst nach der Rückmeldung auf Änderungen des Prozesses. So kann
zum Beispiel eine Änderung der Energieabnahme der Verbraucher erst mit meist großer Verspätung
beim Energieerzeuger gemessen und geregelt werden.
Um dennoch die notwendige Energie für größere Änderungen zur Verfügung zu stellen, werden
z.B. bei großen Heißwassernetzen Warmwasserspeicher verwendet. Außerdem wird die
Rücklauftemperatur in diesen Netzen hoch gehalten (zusätzlicher Energiespeicher des
Heißwassernetzes). Dies bewirkt jedoch erhebliche Energieverluste.
Vor allem in den Industriebetrieben wird ein sehr großer Aufwand für die Kühlung von
Kreislaufmedien betrieben, die enorme Energieverluste bewirken.
Abbildung 1-01 Beispiel für herkömmliche Regelkonzepte
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
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11. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Merkmale der Regelung eines Energiekreises nach der traditionellen Methode:
1.) Die Rücklauftemperatur des Energiekreises variiert je nach Energieverbrauch. Die Diffe-
renzdruckregelung überwindet hauptsächlich die Rohrleitungswiderstände und ist nicht di-
rekt abhängig vom Energieverbrauch.
2.) Durch die Energieerzeuger wird meistens die Netzvorlauftemperatur geregelt. Durch die
meist großen Verzugszeiten von zwischen den Energieverbrauchern und den Energieerzeu-
gern ist daher eine Konstanthaltung der Netzvorlauftemperatur vor allem bei großen Ände-
rungen des Energieverbrauches nicht möglich. Dies führt meist zu Temperaturschwankun-
gen im Netz.
3.) Bei der Energieverteilung wird die Vorlauftemperatur der einzelnen Prozesse geregelt.
Durch die Verzugszeiten sowie durch die schwankende Vorlauftemperatur kommt es bei
größeren Änderungen des Energieverbrauches ebenfalls zu einem instabilen Verhalten.
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12. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
1.2 Neues Gesamtenergieregelkonzept
(2)
Bei dieser auf langjähriger Erfahrung basierenden Entwicklung handelt es sich um ein Konzept, das
auf der Energiebilanzierung als Grundlage für die Zusammenführung der einzelnen unter-
geordneten Regelungen der Energieverteilung, des Energietransportes und der Energieerzeugung
basiert. Anhand des neuen Gesamtenergieregelkonzeptes sowie der Programmierung und
Parametrierung der Softwarebausteine in einem leistungsfähigen Prozessleitsystem werden die
einzelnen Regelkreise miteinander verbunden und harmonisch abgestimmt. Damit wird das
Regelverhalten des gesamten Energiesystems sowohl bei Änderungen des Energieverbrauches als
auch bei Störungen um ein vielfaches verbessert. Es wird so viel Energie erzeugt, wie gerade
gebraucht wird. Mit dieser neuen Methode lassen sich auch andere Energieformen wie z.B.
Abwärme oder geothermische Energie ohne weiteres einbinden. Das neue System erkennt sofort
jede Änderung des Energieverbrauches im Prozess und kann deshalb sehr schnell reagieren.
Zusätzlich werden die mechanischen und elektrischen Einrichtungen geschont und die Lebensdauer
dieser Einrichtungen um ein Vielfaches verlängert. Aufgrund der schnellen Reaktionszeiten sowie
des stabilen Regelverhaltens können optimale Betriebsparameter eingestellt werden. Das
Heißwassernetz braucht kaum mehr verlustreiche Zwischenspeicher. Außerdem kann die
Rücklauftemperatur erheblich abgesenkt werden. Ebenso kann die Energieabfuhr durch die
Kühlung von Kreislaufmedien minimiert werden. Die abgeführte Energie kann wieder in die
Energieerzeugung eingebunden werden.
Abbildung 1-02 Verbrauchsgeführtes Gesamtenergieregelkonzept
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Kap.1: Regelung von komplexen thermischen Prozessen Seite 12 von 176
13. Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Merkmale der Regelung eines Energiekreises nach der neuen Methode:
1.) Die Rücklauftemperatur des Energiekreises wird möglichst konstant gehalten. Dies erreicht
man durch eine vom Energieverbrauch abhängige Änderung des Durchflusses im Energie-
transport.
2.) Die Energieerzeugung wird nach der Leistung des Energieverbrauches geregelt. Die Netz-
vorlauftemperatur wird lediglich durch einen speziellen Temperaturregler langsam (nach
dem Zeitverhalten des Energiekreises) korrigiert.
Durch die neuartige Leistungsregelung mit Temperaturkorrektur können verschiedene Ener-
gieerzeuger je nach Energieverbrauch dynamisch hintereinander geschaltet werden.
3.) Bei der Energieverteilung wird die aus dem jeweiligen Energieverbrauch berechnete Vor-
lauftemperatur in den Wärmetauscher geregelt. Die Vorlauftemperatur zum Prozess wird
ähnlich wie bei der Energieerzeugung durch einen speziellen Temperaturregler korrigiert.
Dadurch wird das Regelverhalten ebenfalls verbessert. Die Vorlauftemperatur der Kreis-
laufmedien für die einzelnen Prozesse kann auch bei schnellen Änderungen der Energieab-
nahme konstant gehalten werden. Dies bewirkt eine schonende Fahrweise und eine gleich-
mäßige Produktqualität sowie eine Erhöhung der Produktivität (kaum mehr Einschränkun-
gen in der Produktion).
Struktureller Aufbau
Regelung der Energieflüsse
Einbindung von Störfaktoren
Das zusammenhängende und strukturiert aufgebaute Regelkonzept
der Gesamtenergieregelung basiert auf den Energieflüssen eines
energetischen Systems. Es ist das Ergebnis von jahrzehntelanger
Erfahrung im Engineering und in der Inbetriebsetzung von
komplexen Industrie- und Energieanlagen.
Die wissenschaftlichen Grundlagen für dieses Konzept ergeben sich
aus den Erkenntnissen der Naturwissenschaften Thermodynamik und
Kybernetik.
Seminar Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Kap.1: Regelung von komplexen thermischen Prozessen Seite 13 von 176