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    DATUM    10. Januar 2012
  NUMMER     01
SPERRFRIST




             Maßnahmenpaket gegen Antibiotika-Resistenzen:
             Bundesministerin Aigner legt Entwurf zur
             Änderung des Arzneimittelgesetzes vor

             Mit dem heute vorgelegten Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) stellt
             Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zusätzliche Maßnahmen vor, um der
             Entwicklung von Resistenzen gegen Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung
             vorzubeugen. Die Verschärfung der rechtlichen Bestimmungen zielt im Wesentlichen darauf
             ab, den Einsatz von Antibiotika auf das zur Behandlung von Tierkrankheiten absolut
             notwendige Maß zu beschränken und die Befugnisse der zuständigen Kontroll- und
             Überwachungsbehörden der Bundesländer deutlich zu erweitern. „Wir brauchen jetzt eine
             konzertierte Aktion: eine restriktive und auf ein Minimum beschränkte Anwendung von
             Antibiotika in der Tierhaltung, eine konsequente Überwachung der einschlägigen
             Regelungen und Anwendung von Antibiotika durch die Länderbehörden sowie, wo
             erforderlich, eine konsequente Ahndung von Verstößen“, erklärte Aigner am Dienstag in
             Berlin. Nötig sei auch eine weitere Verbesserung der Haltungsbedingungen für Nutztiere, um
             haltungsbedingte Ansteckungsrisiken der Tiere untereinander zu verringern.


             Aigner appellierte an die Bundesländer, die Kontrollen zu verstärken: „Der Bund sorgt dafür,
             dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben noch effektiver, noch
             schneller und noch unbürokratischer erfüllen können. Die Länder sind nun gefordert, diese
             Möglichkeiten auch auszuschöpfen. Das Ziel, den Einsatz von Antibiotika deutlich zu
             reduzieren, ist nur erreichbar, wenn alle an einem Strang ziehen.“
DATUM    10. Januar 2012                                                                       SEITE 2 VON 2

  NUMMER     01
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             Der Gesetzentwurf, der jetzt zur Anhörung an Länder und Verbände versandt wird,
             sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor:


                 •   Die Überwachungsbehörden der Bundesländer werden einen erweiterten Zugriff auf
                     die erfassten Abgabemengen von Antibiotika zu Monitoringzwecken erhalten, der
                     auch eine verbesserte Überwachungsplanung ermöglicht.

                 •   Tierärzte werden verpflichtet, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der
                     Bundesländer alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika
                     zusammengefasst zu übermitteln. Damit wird die Überwachung deutlich erleichtert,
                     Kontrollen werden vereinfacht und beschleunigt.

                 •   Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, soll die
                     Möglichkeit zur Umwidmung drastisch eingeschränkt werden. Human-Arzneimittel
                     dürfen demnach künftig nur noch unter besonderen Voraussetzungen außerhalb der
                     Zulassung in der Tiermedizin eingesetzt werden..

                 •   Beim Wechsel eines Wirkstoffes und vor einer eventuell erforderlichen Umwidmung
                     sowie bei der wiederholten Anwendung eines Wirkstoffes wird die Erstellung eines
                     sogenannten „Antibiogramms“, also einer Laboruntersuchung über die Wirksamkeit
                     eines Antibiotikums, verpflichtend vorgeschrieben.

                 •   Die mit der Zulassung eines Antibiotikums festgelegten Anwendungsbestimmungen
                     der Packungsbeilage werden für den Tierarzt verbindlich gemacht, eine Abweichung
                     davon wird untersagt.

                 •   Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert:
                     Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene
                     kontrollieren, werden verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß
                     gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für
                     Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten.

                 •   Auch außerhalb des Arzneimittelrechts soll die Transparenz über die Antibiotika-
                     Anwendung erhöht werden und einen restriktiveren Einsatz bewirken. So soll künftig
                     die Zeitspanne, für die der Arzneimittel-Einsatz vor der Schlachtung bestimmter
                     Schlachttiere und Verarbeitung eines Tieres zu dokumentieren und zu übermitteln ist,
                     deutlich ausgeweitet werden. Geregelt werden kann dies im Rahmen der
                     Lebensmittel-Hygienevorschriften. Damit haben die verarbeitenden Betriebe künftig
                     noch genauere Informationen über den Gesundheitsstatus der Tiere.
DATUM    10. Januar 2012                                                                        SEITE 3 VON 3

  NUMMER     01
SPERRFRIST



             Übersicht über weitere geplante Maßnahmen des BMELV:


             Die Transparenz wird deutlich erhöht: Mitte 2012 werden erstmals genaue Daten über die
             in Deutschland in den Verkehr gebrachten Tierarzneimittel-Mengen veröffentlicht.
             Anhand dieser Zahlen wird erkennbar werden, in welchen Postleitzahlbereichen besonders
             intensiv Tierantibiotika an Tierärzte geliefert werden. Zudem wird anhand der neuen Zahlen
             in Verbindung mit den regelmäßig erfassten Resistenzen bei Zoonose-Erregern und
             kommensalen Bakterien analysiert werden können, welche Zusammenhänge zwischen dem
             mengenmäßigen Einsatz von Antibiotika und erkennbaren Hinweisen auf die Antibiotika-
             Resistenzentwicklung bestehen.


             Das Bundeslandwirtschaftsministerium prüft überdies die Vor- und Nachteile einer möglichen
             Einschränkung des Dispensierrechts. Dies soll im Rahmen der kommenden Anhörung mit
             den Ländern und Verbänden diskutiert werden. Beim Dispensierrecht handelt sich um die
             Berechtigung des Tierarztes, für die von ihm behandelten Tiere Arzneimittel herzustellen,
             vom Handel oder vom Hersteller zu beziehen und direkt an den Tierhalter abzugeben. Das
             geltende Dispensierrecht geht zurück auf eine in den 50-er Jahren für die Tierärzte
             geschaffene Ausnahme vom Apothekenmonopol.


             Mit einem neuen Forschungsvorhaben wird zudem die Entwicklung von Indikatoren
             abgeschlossen, über die der Erfolg gesetzgeberischer Maßnahmen messbar gemacht wird.
             Denn allein der Mengenverbrauch von Antibiotika ist als Indikator zur Steuerung einer
             Minimierungsstrategie zu schwach. Gerade bei den für die Therapie von Menschen
             bedeutenden Antibiotika ist der sachgerechte und zielgerichtete Einsatz bei Tieren von
             zentraler Bedeutung.


             Neben dem aktuellen Maßnahmenpaket, das auf die Verhinderung von Antibiotika-
             Resistenzen ausgerichtet ist und sich in die bestehende Antibiotika-Resistenz-Strategie
             (DART) einfügt, wird Bundesministerin Aigner bei der Präsentation der „Charta für
             Landwirtschaft und Verbraucher“ auf der „Grünen Woche“ in Berlin weitere Aktivitäten mit
             Fokus auf die Verbesserung der Tierhaltung und der Tiergesundheit vorstellen. Hierzu
             zählen beispielsweise eine Forschungsoffensive zu Tierhaltung und Tiergesundheit, die
             verbesserte Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen den Haltungsbedingungen und
             dem Tiergesundheitsstatus in der Nutztierhaltung bringen soll sowie eine Initiative, mit der
             die Investitionsförderung im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe des Bundes und der
             Länder zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) auf besonders
             tiergerechte Haltungsformen konzentriert werden soll (inkl. Erhöhung der Fördersätze).
DATUM    10. Januar 2012                                                                                SEITE 4 VON 4

  NUMMER     01
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             HINTERGRUND


             Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen
             auch in Deutschland Fälle von Antibiotika-Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei
             erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika
             letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika gerade bei Tieren, von
             denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich
             sind. Es gibt bereits klare Vorschriften, die den Einsatz von Antibiotika regeln: Nach dem
             Arzneimittelgesetz dürfen Antibiotika nur zur Behandlung von kranken Tieren eingesetzt werden,
             keinesfalls zur Wachstumsförderung. Auch dürfen Antibiotika nicht zur Überdeckung von Krankheiten,
             die durch Haltungsmängel hervorgerufen werden, verabreicht werden. Verstöße gegen diese
             Vorschriften sind strafbar. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften ist grundsätzlich
             Aufgabe der Länderbehörden. Die Länder sind dafür zuständig, Tierarztpraxen und
             Tierhaltungsbetriebe risikoorientiert zu kontrollieren.

             Das BMELV tritt seit Jahren dafür ein, dass beim Einsatz von Antibiotika ein strenger fachlicher
             Maßstab zugrunde gelegt wird. Antibiotika dürfen bei Tieren nur dann eingesetzt werden, wenn dies
             aus therapeutischen Gründen geboten ist. Daher ist bereits vor zehn Jahren im Arzneimittelgesetz
             (AMG) eine Beschränkung der Abgabe von systemisch wirksamen Antibiotika (11. AMG-Novelle) und
             eine Bindung von deren Anwendung an eine vorherige tierärztliche Untersuchung verankert worden.

             2008 wurde die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie "DART" ins Leben gerufen. Zentrales Ziel
             der gemeinsamen Strategie des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für
             Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Bundesministeriums für Bildung und
             Forschung ist die Reduzierung und Verminderung der Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in
             Deutschland. Hauptprogrammpunkte der DART sind: Erfassung der Antibiotikamengen in der
             Veterinärmedizin, permanente Überwachung der Entwicklung der Antibiotika-Resistenzsituation,
             verbesserte Information von Tierärzten, Landwirten und Verbrauchern, Reduzierung des Antibiotika-
             Einsatzes bei Verbesserung der Prophylaxe und Hygiene zur Verhinderung von Infektionskrankheiten,
             eine Antibiotika-Resistenzsituation, die auch in der Zukunft den Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika
             ermöglicht.

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  • 1. Pressestelle Presse- HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 54, 10117 Berlin TEL +49 (0)30 18 529 - 3170 FAX +49 (0)30 18 529 - 3179 E-MAIL pressestelle@bmelv.bund.de mitteilung INTERNET www.bmelv.de DATUM 10. Januar 2012 NUMMER 01 SPERRFRIST Maßnahmenpaket gegen Antibiotika-Resistenzen: Bundesministerin Aigner legt Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vor Mit dem heute vorgelegten Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) stellt Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zusätzliche Maßnahmen vor, um der Entwicklung von Resistenzen gegen Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung vorzubeugen. Die Verschärfung der rechtlichen Bestimmungen zielt im Wesentlichen darauf ab, den Einsatz von Antibiotika auf das zur Behandlung von Tierkrankheiten absolut notwendige Maß zu beschränken und die Befugnisse der zuständigen Kontroll- und Überwachungsbehörden der Bundesländer deutlich zu erweitern. „Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion: eine restriktive und auf ein Minimum beschränkte Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung, eine konsequente Überwachung der einschlägigen Regelungen und Anwendung von Antibiotika durch die Länderbehörden sowie, wo erforderlich, eine konsequente Ahndung von Verstößen“, erklärte Aigner am Dienstag in Berlin. Nötig sei auch eine weitere Verbesserung der Haltungsbedingungen für Nutztiere, um haltungsbedingte Ansteckungsrisiken der Tiere untereinander zu verringern. Aigner appellierte an die Bundesländer, die Kontrollen zu verstärken: „Der Bund sorgt dafür, dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben noch effektiver, noch schneller und noch unbürokratischer erfüllen können. Die Länder sind nun gefordert, diese Möglichkeiten auch auszuschöpfen. Das Ziel, den Einsatz von Antibiotika deutlich zu reduzieren, ist nur erreichbar, wenn alle an einem Strang ziehen.“
  • 2. DATUM 10. Januar 2012 SEITE 2 VON 2 NUMMER 01 SPERRFRIST Der Gesetzentwurf, der jetzt zur Anhörung an Länder und Verbände versandt wird, sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor: • Die Überwachungsbehörden der Bundesländer werden einen erweiterten Zugriff auf die erfassten Abgabemengen von Antibiotika zu Monitoringzwecken erhalten, der auch eine verbesserte Überwachungsplanung ermöglicht. • Tierärzte werden verpflichtet, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der Bundesländer alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Damit wird die Überwachung deutlich erleichtert, Kontrollen werden vereinfacht und beschleunigt. • Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, soll die Möglichkeit zur Umwidmung drastisch eingeschränkt werden. Human-Arzneimittel dürfen demnach künftig nur noch unter besonderen Voraussetzungen außerhalb der Zulassung in der Tiermedizin eingesetzt werden.. • Beim Wechsel eines Wirkstoffes und vor einer eventuell erforderlichen Umwidmung sowie bei der wiederholten Anwendung eines Wirkstoffes wird die Erstellung eines sogenannten „Antibiogramms“, also einer Laboruntersuchung über die Wirksamkeit eines Antibiotikums, verpflichtend vorgeschrieben. • Die mit der Zulassung eines Antibiotikums festgelegten Anwendungsbestimmungen der Packungsbeilage werden für den Tierarzt verbindlich gemacht, eine Abweichung davon wird untersagt. • Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert: Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten. • Auch außerhalb des Arzneimittelrechts soll die Transparenz über die Antibiotika- Anwendung erhöht werden und einen restriktiveren Einsatz bewirken. So soll künftig die Zeitspanne, für die der Arzneimittel-Einsatz vor der Schlachtung bestimmter Schlachttiere und Verarbeitung eines Tieres zu dokumentieren und zu übermitteln ist, deutlich ausgeweitet werden. Geregelt werden kann dies im Rahmen der Lebensmittel-Hygienevorschriften. Damit haben die verarbeitenden Betriebe künftig noch genauere Informationen über den Gesundheitsstatus der Tiere.
  • 3. DATUM 10. Januar 2012 SEITE 3 VON 3 NUMMER 01 SPERRFRIST Übersicht über weitere geplante Maßnahmen des BMELV: Die Transparenz wird deutlich erhöht: Mitte 2012 werden erstmals genaue Daten über die in Deutschland in den Verkehr gebrachten Tierarzneimittel-Mengen veröffentlicht. Anhand dieser Zahlen wird erkennbar werden, in welchen Postleitzahlbereichen besonders intensiv Tierantibiotika an Tierärzte geliefert werden. Zudem wird anhand der neuen Zahlen in Verbindung mit den regelmäßig erfassten Resistenzen bei Zoonose-Erregern und kommensalen Bakterien analysiert werden können, welche Zusammenhänge zwischen dem mengenmäßigen Einsatz von Antibiotika und erkennbaren Hinweisen auf die Antibiotika- Resistenzentwicklung bestehen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium prüft überdies die Vor- und Nachteile einer möglichen Einschränkung des Dispensierrechts. Dies soll im Rahmen der kommenden Anhörung mit den Ländern und Verbänden diskutiert werden. Beim Dispensierrecht handelt sich um die Berechtigung des Tierarztes, für die von ihm behandelten Tiere Arzneimittel herzustellen, vom Handel oder vom Hersteller zu beziehen und direkt an den Tierhalter abzugeben. Das geltende Dispensierrecht geht zurück auf eine in den 50-er Jahren für die Tierärzte geschaffene Ausnahme vom Apothekenmonopol. Mit einem neuen Forschungsvorhaben wird zudem die Entwicklung von Indikatoren abgeschlossen, über die der Erfolg gesetzgeberischer Maßnahmen messbar gemacht wird. Denn allein der Mengenverbrauch von Antibiotika ist als Indikator zur Steuerung einer Minimierungsstrategie zu schwach. Gerade bei den für die Therapie von Menschen bedeutenden Antibiotika ist der sachgerechte und zielgerichtete Einsatz bei Tieren von zentraler Bedeutung. Neben dem aktuellen Maßnahmenpaket, das auf die Verhinderung von Antibiotika- Resistenzen ausgerichtet ist und sich in die bestehende Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART) einfügt, wird Bundesministerin Aigner bei der Präsentation der „Charta für Landwirtschaft und Verbraucher“ auf der „Grünen Woche“ in Berlin weitere Aktivitäten mit Fokus auf die Verbesserung der Tierhaltung und der Tiergesundheit vorstellen. Hierzu zählen beispielsweise eine Forschungsoffensive zu Tierhaltung und Tiergesundheit, die verbesserte Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen den Haltungsbedingungen und dem Tiergesundheitsstatus in der Nutztierhaltung bringen soll sowie eine Initiative, mit der die Investitionsförderung im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe des Bundes und der Länder zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) auf besonders tiergerechte Haltungsformen konzentriert werden soll (inkl. Erhöhung der Fördersätze).
  • 4. DATUM 10. Januar 2012 SEITE 4 VON 4 NUMMER 01 SPERRFRIST HINTERGRUND Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland Fälle von Antibiotika-Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika gerade bei Tieren, von denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind. Es gibt bereits klare Vorschriften, die den Einsatz von Antibiotika regeln: Nach dem Arzneimittelgesetz dürfen Antibiotika nur zur Behandlung von kranken Tieren eingesetzt werden, keinesfalls zur Wachstumsförderung. Auch dürfen Antibiotika nicht zur Überdeckung von Krankheiten, die durch Haltungsmängel hervorgerufen werden, verabreicht werden. Verstöße gegen diese Vorschriften sind strafbar. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften ist grundsätzlich Aufgabe der Länderbehörden. Die Länder sind dafür zuständig, Tierarztpraxen und Tierhaltungsbetriebe risikoorientiert zu kontrollieren. Das BMELV tritt seit Jahren dafür ein, dass beim Einsatz von Antibiotika ein strenger fachlicher Maßstab zugrunde gelegt wird. Antibiotika dürfen bei Tieren nur dann eingesetzt werden, wenn dies aus therapeutischen Gründen geboten ist. Daher ist bereits vor zehn Jahren im Arzneimittelgesetz (AMG) eine Beschränkung der Abgabe von systemisch wirksamen Antibiotika (11. AMG-Novelle) und eine Bindung von deren Anwendung an eine vorherige tierärztliche Untersuchung verankert worden. 2008 wurde die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie "DART" ins Leben gerufen. Zentrales Ziel der gemeinsamen Strategie des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist die Reduzierung und Verminderung der Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in Deutschland. Hauptprogrammpunkte der DART sind: Erfassung der Antibiotikamengen in der Veterinärmedizin, permanente Überwachung der Entwicklung der Antibiotika-Resistenzsituation, verbesserte Information von Tierärzten, Landwirten und Verbrauchern, Reduzierung des Antibiotika- Einsatzes bei Verbesserung der Prophylaxe und Hygiene zur Verhinderung von Infektionskrankheiten, eine Antibiotika-Resistenzsituation, die auch in der Zukunft den Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika ermöglicht.