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Thematische Einführung und Reformkonzept
zur Steigerung von Transparenz und Insolvenzsicherung
der Nuklearrückstellungen
Beitrag zum Fachgespräch Atomhaftung und Rückstellungen
der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Berlin, 18.3.2013
Bettina Meyer
Diplom-Volkswirtin
FÖS-Vorstand
bettina.meyer@foes.de
1
Gliederung
I. Definitionen
II. Bestandsaufnahme und Analyse Nuklearrückstellungen
1. Probleme derzeitiger Regelungen – Reformbedarf
2. Zu erwartende Kosten für Stilllegung und Rückbau sowie Entsorgung
3. Reichen die Rückstellungen zur Finanzierung der Kosten?
4. Rückstellungen insgesamt und im Vergleich der EVU
5. Defizite verfügbarer Informationen zu Rückstellungen
6. Wer zahlt, wenn die Rückstellungen nicht ausreichen?
7. Vattenfall Änderung der Rechtsform im 2. HJ 2012 - ein Warnsignal?
III. Reformkonzept zu den Nuklearrückstellungen
–Transparenz und Überprüfung der Nuklearrückstellungen
–Öffentlich-rechtliche Fondslösung für langfristige nukleare Verpflichtungen
–Verbesserung Insolvenzschutz für kurz- und mittelfristige Verpflichtungen
Ausblick - Vergleich Positionen zu Rückstellungen im politischen Raum
2
I. Definitionen (1)
Rückstellungen für nukleare Verpflichtungen
(kurz: Nuklearrückstellungen, Atomrückstellungen)
•Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau
(Kosten der Nachbetriebsphase und für Rückbau der KKW)
•Rückstellungen für Entsorgung der Brennelemente und radioaktiven
Betriebsabfälle, kurz: Entsorgung
(Kosten für Zwischenlagerung, Transport- und Lagerbehälter, Transport,
Wiederaufarbeitung, Endlagerung incl. Such- und Erkundungsverfahren und
Verpackungsanlage)
Probleme
•Begrifflichkeit in der Literatur ist ungenau und heterogen
(Entsorgungsrückstellungen wird als Oberbegriff und Teilmenge verwendet)
•Es gibt keine genaue und verbindliche Abgrenzung der Kostenarten
3
I. Definitionen (2)
Rückstellungen sind nach Handelsrecht Verbindlichkeiten, Verluste
oder Aufwendungen, die hinsichtlich ihrer Entstehung oder Höhe
ungewiss sind. Durch Rückstellungsbildung sollen später zu leistende
Ausgaben den Perioden ihrer Verursachung zugerechnet werden.
Unterscheidung zwischen Konzern- und Betreiberebene
•Energieversorgungsunternehmen (EVU) / Muttergesellschaften
EnBW AG, E.ON AG, RWE AG, Vattenfall Europe AG
•Betreibergesellschaften
KKW-betreibende Tochterunternehmen
4
II. Bestandsaufnahme 1. Probleme derzeitiger Regelungen
bezüglich der Nuklearrückstellungen - Reformbedarf
a) Rückstellungen evtl. nicht hoch genug – insbesondere wenn sich
die zugrunde liegenden Kostenschätzungen als zu niedrig erweisen
b) Fehlende Finanzierungssicherheit wg. Insolvenzgefahr der KKW-
Betreibergesellschaften (keine Einnahmen nach Stilllegung)
- Risiko einer Insolvenz auch der Mutterkonzerne (vier große EVU)
- Risiko, dass bestehende Gewinnabführungs- und Beherrschungs-
verträge bzw. harte Patronatserklärungen gekündigt werden;
diese begründen Zahlungsverpflichtungen der Mutterkonzerne
gegenüber KKW-Tochtergesellschaften
Verpflichtung zum Abschluss besteht derzeit nur bis April 2022
a) Wettbewerbsvorteile durch Innenfinanzierungsmöglichkeiten mit
Rückstellungen (z.B. für Unternehmenskäufe oder Investitionen)
Quantifizierung des Förderwerts: 72 Mrd. € 1970-2012 (real)
Annahme: 3% zusätzlicher Ertrag auf jährlichen Rückstellungsbestand
ggü. Referenz Fondslösung; Berücksichtigung Zinseszinseffekt
5
2. Zu erwartende Kosten für Stilllegung und Rückbau
sowie Entsorgung (1)
Analysegrundlage: Für Deutschland verfügbare Literatur
und Schweizer Kostenstudien 2011
Betrachtungsobjekt: 19 westdeutsche Leistungsreaktoren
(17 vollständig und 4 teilweise rückzubauende KKW)
•Ohne Forschungs- und ostdeutsche Anlagen, weil dafür der Staat die
Kosten für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung trägt
•Nur zukünftig anfallende Kosten sind für Vergleich von Kosten und
Rückstellungen relevant
Ergebnis I: Spannbreite der Kosten von 25-43 Mrd. €
Best-Guess-Schätzung der Kosten: 34 Mrd. €
• 19 Mrd. € für Stilllegung und Rückbau (1 Milliarde € pro KKW)
• 15 Mrd. € für Entsorgung Mrd.
6
2. Zu erwartende Kosten für Stilllegung und Rückbau
sowie Entsorgung (2)
Risiken bei der Prognose der Kosten:
a) Kostenerhöhung bei Stilllegung/Rückbau und Entsorgung
Lösungsvorschlag: Kostenerhöhungs-Risikofaktor; im Best-Guess-Szenario:
- Stilllegung/Rückbau: 0%
(Erfahrungswerte und Synergieeffekte erleichtern Prognose)
- Entsorgung: 20% (3 Mrd. €) (Flyvbjerg geht von
Kostensteigerungen bei Großprojekten von rund 40% aus)
a) Probleme mit dem Endlager nach Verschluss
(Risiko von Bergung, Sanierung, neues Endlager)
Lösungsvorschlag: Risikorücklage (von Experten zu bestimmen,
in Best-Guess-Schätzung 7 Mrd. € zugrunde gelegt)
Ergebnis II: Incl. der beiden Risikozuschläge ist im Best-Guess-
Szenario eine finanzielle Vorsorge von 44 Mrd. € erforderlich
7
Kostenerhöhungsrisiko – Beispiele aus anderen Projekten
Geplante
Kosten
Aktuelle Kosten Mehr-
kosten
Durchschnittliche Mehrkosten bei
• öffentl. Bahnprojekten
• Brückenbauten (lt. Flyvbjerg)
Durchschnittliche Mehrkosten von
• 45%
• 34%
Bau des Flugzeugs Concorde 12 mal so teuer
Oper von Sydney 15 mal so teuer
Kanaltunnel England-Frankreich Doppelt so teuer
IT Projekte (Flyvbjerg / McKinsey) 17% von 1.500 Projekten waren ≥200% teurer
Elbphilharmonie 77 Mio. € > 500 Mio. € (2/2013) > 550%
Flughafen Berlin 3,3 Mrd. € 4,5 Mrd. € (8/2012) 36%
Berliner Hauptbahnhof 300 Mio. € 1,2 Mrd. € 300%
Stuttgart 21 • Schätzung DB + LReg BW
• Studie i.A. BUND und B90/Grüne
4,1 Mrd. €
(12/2009
• 6,8 Mrd. € (2/13)
• 6,9-8,7 Mrd. €
?
Neubau KKW Olkiluoto (Finnland)
Inbetriebnahme 2011 geplant, jetzt 2016
3 Mrd. €
(2005)
8,5-10 Mrd. €
(12/2012)
Faktor 3
(200%)
8
3. Reichen die Nuklearrückstellungen zur Finanzierung
der Kosten von Rückbau und Entsorgung aus ?
• Bestehende Nuklearrückstellungen der EVU: 30,1 Mrd. € Ende 2010;
33,8 Mrd. € Ende 2011, 34-35 Mrd. € Ende 2012.
• Achtung: Rückstellungen ≠ Kostenschätzungen
Rückstellungen sind abgezinst, Anstieg um (reale) Verzinsung
• Von den EVU erwartete Kosten sind unbekannt
• Antwort auf die Frage mit vorliegenden Informationen nicht
hinreichend fundiert möglich!
• Schätzung in FÖS-Studie 5/2012 (vorbehaltlich weiterer Überprüfung):
Nuklearrückstellungen können ausreichend hoch sein, wenn es
keine zusätzlichen realen Kostenerhöhungen gibt und die
Realverzinsung knapp 2% beträgt
• Realverzinsung von ≥ 2% war in Vergangenheit sowohl bei Kapital-
anlagen als auch bei Verwendung Rückstellungen zur Finanzierung von
Investitionen erzielbar – heute nicht mehr – wie wird es zukünftig sein?
9
4. Rückstellungen und zukünftig anfallende Kosten für
Stilllegung/Rückbau und Entsorgung - Vergleich der EVU
10
Erhebliche
Unterschiede
hinsichtlich
- Niveau
- Struktur
- Entwicklung
der Rück-
stellungen
€/kW
5. Defizite verfügbarer Informationen zu Rückstellungen
• Kernkraftwerksscharfe Analyse
Nur für wenige einzelne KKW werden Geschäftsberichte veröffentlicht
• Analyse der genauen Ursachen von Veränderungen
Hinter geringen Veränderungen der Rückstellungen stehen gegenläufige Effekte
(z.B. Auflösung für Inanspruchnahmen, Zuführung durch Aufzinsung)
• Zurechenbarkeit auf Stilllegung/Rückbau und Entsorgung
Vattenfall Europe differenziert nicht; bei anderen EVU ist unklar,
ob dieselbe Abgrenzung der Kostenzurechnung zugrunde liegt
•Was kommt zu expliziten Angaben zu Nuklearrückstellungen noch
hinzu? (E.ON bilanziert Rückstellungen für Rückbau konventioneller
Kraftwerksteile gesondert; Vattenfall weist Rücklagen aus)
•Prognosen der EVU über erwartete Kosten und Fälligkeiten
(verwendete Abzinsungssätze werden dargestellt)
• Welcher Mutterkonzern bilanziert die Rückstellungen für welche
KKW in den Konzernabschlüssen (Krümmel wohl bei keinem EVU)
• Verwendung der Rückstellungen
11
6. Wer zahlt, wenn die Rückstellungen der KKW-
Betreibergesellschaften nicht ausreichen?
1) Muttergesellschaften der KKW-Betreibergesellschaften
2) Bei Insolvenz der Muttergesellschaften oder Kündigung der
Beherrschungsverträge bzw. harten Patronatserklärungen:
•Für Entsorgung ist der Bund zuständig und muss Kosten übernehmen
•Für Stilllegung und Rückbau evtl. zunächst Kostentragung durch Länder?!
„wäre ein Betreiber zum Beispiel wegen Insolvenz nicht zum Abbau des
Reaktors in der Lage, so wäre es Aufgabe der Länder, den Abbau in
Ausführung des Atomrechts sicherzustellen. Es ist sicher nicht
unwahrscheinlich anzunehmen, dass die Länder dann vom Bund verlangen,
ihnen die dabei entstehenden Kosten als so genannte Zweckausgaben nach
Art. 104a Abs. 2 GG zu erstatten.“
(BMU - Bordin/Paul - 2007 auf 13. Atomrechtssymposium)
•Bundesregierung hat Frage nach Finanzierungsverantwortung bei Insolvenz
ausweichend (nicht) beantwortet (BT-Drs. 17/7777)
12
7. Vattenfall Änderung der Rechtsform im 2. HJ 2012
- ein Warnsignal?
• Aus Vattenfall Europe AG wurde Vattenfall GmbH, Eigenkapital von 500 Mio. €
• Schwedische Konzernmutter Vattenfall AB kündigte Beherrschungsvertrag mit
Deutschland-Tochter Vattenfall Europe AG und entzieht sich so seiner (Mit-)
Haftung für die KKW Krümmel, Brunsbüttel und Brokdorf
• Relevant sowohl für das Risiko nuklearer Unfälle als auch das Risiko von
Kostensteigerungen bei Stilllegung, Rückbau und Entsorgung
Handlungsmöglichkeiten?
• Formal macht Vattenfall das, was auch E.ON und RWE praktizieren: eine
deutsche/europäische Muttergesellschaft muss mit Umsätzen und Vermögen
auch für KKW-Sparte einstehen
• Beherrschungsvertrag und damit Haftung des Schwedischen Staats wurde erst
2008 geschaffen
• Aber: Wirtschaftliches Potenzial einer GmbH mit viel kleinerem Geschäfts-
volumen nicht so stark wie eine diversifizierte und international tätige AG
• Bund/Land SH sehen keine Handhabe, Änderung Rechtsform wurde vollzogen
13
Reformbaustein A: Transparenz und Überprüfung
der Nuklearrückstellungen
Zu schaffende Verpflichtungen für EVU
• Volle und transparente Ausweisung aller Rückstellungen für
Stilllegung/Rückbau und Entsorgung von KKW
• Kernkraftwerksscharfe Bilanzierung
• Differenzierung der Nuklearrückstellungen nach Stilllegung/Rückbau
und Entsorgung auf Grundlage verbindlich vorzugebender Abgrenzung
• Veröffentlichungspflicht von Gutachten und EVU-Prognosen
- der Kosten von Stilllegung/Rückbau und Entsorgung
- angenommenen Fälligkeitszeitpunkten und Abzinsungssätzen
• Verwendung der Rückstellungen
• Unabhängige Überprüfung der angemessenen Höhe der gesamten
Nuklearrückstellungen durch den Bund bzw. von dort zu beauftragende
Experten - wie auch vom Bundesrechnungshof gefordert –
sowie Verpflichtung zur Anpassung der Rückstellungen
14
Reformbaustein B: Öffentlich-rechtliche Fondslösung
für langfristige nukleare Verpflichtungen
• Vorteile einer frühzeitig realisierten und weitgehenden Fondslösung:
Vermeidung der Probleme b) Insolvenzgefahr und c) Wettbewerbsvorteile
• Aber: Rechtliche und wirtschaftliche Probleme bei schneller und voller
Verlagerung der Rückstellungen in einen Fonds
- Gleichbehandlungsgebot gegenüber anderen Rückstellungen
- Übermäßige wirtschaftliche Belastung / enteignende Wirkung
• Alle Mutterkonzerne sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Gewinnein-
bruch, gesunkene Erlöse auf Strommarkt, Belastungen Atomausstieg II
und Kernbrennstoffsteuer, Überschuldung, Arbeitsplatzabbau)
• Zentrale Frage: Wie glaubwürdig ist Umbau zu Energiewende-Konzernen?
Rückstellungen können Finanzierung z.B. Offshore unterstützen; durch
erfolgreichen Konzernumbau könnten KKW-Betreiber Verpflichtungen für
Rückbau und Entsorgung schultern
• Kompromissvorschlag in FÖS-Studie: Nur die finanzielle Vorsorge für
langfristige nukleare Verpflichtungen (incl. der beiden Risikozuschläge)
sollte schrittweise in einen zu errichtenden Fonds verlagert werden
15
Reformbaustein C: Verbesserung des Insolvenzschutzes
für kurz- und mittelfristige Verpflichtungen
• Rückstellungen für kurz- und mittelfristige Verpflichtungen können bei
den EVU verbleiben
• Investmentvorschriften analog zur Versicherungswirtschaft
(Pensionsfonds und Lebensversicherungen), aber Ausnahme, soweit zu
definierende Mindestbeträge in eine nachhaltige Energieversorgung
investiert werden (erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Speicher)
• Insolvenzsicherung vorrangig durch Verpflichtung zum
Abschluss von Gewinnabführungs- und Beherrschungs-
verträgen oder harten Patronatserklärungen bis zum
Abschluss aller Arbeiten an Rückbau und Endlagerung
(danach Sicherung durch Fonds)
16
Szenario für die Entwicklung der Rückstellungen und
der Fondseinzahlungen bis 2040
17
Ausblick – Vergleich Positionen zu Rückstellungen im
politischen Raum (S. 72ff Studie)
18
Bundesregierung FÖS/
Greenpeace
SPD (BT-Drs.
17/5901; SPD 2012)
Grüne
(BT-Drs. 17/6119)
A. Trans-
parenz;
staatliche
Über-
prüfung
Derzeitige Regelung
ausreichend, wg. BRH-
Kritik aber stärkere
Kontrolle Entsorgungs-
rückstellungen
Transparenz deutlich steigern (u.a. KKW-scharfe
und nach Rückbau und Entsorgung differenzierte
Bilanzierung; Kostenprognosen veröffentlichen)
Staatliche Überprüfung stärken
B. Fonds-
lösung
Wird abgelehnt Für lang-
fristige Ver-
pflichtungen
(ab 2040) mit
schrittweisen
Einzahlungen
Sicherungs-
fonds für Risiko
nicht
ausreichender
Rückstellungen
Alle Rückstel-
lungen sollen
zügig in Fonds
verlagert
werden
C. Stär-
kung In-
solvenz-
schutz
Derzeitige Regelung
ausreichend
Verpflichtung
Beherrschungs-
verträge /
Patronats-
erklärungen
- -
Weiterführende Fragen
1. Welcher Teil der bestehenden Rückstellungen sollte / kann in welchem
Tempo in einen Fonds verlagert werden?
2. Wie kann man erreichen, dass für finanzielle Vorsorge (Fonds und Rück-
stellungen bei EVU) eine hohe Priorität auf sichere Geldanlagen liegt
und gleichzeitig Investitionen in die Energiewende unterstützt werden?
3. (Wie) kann man verhindern, dass sich (insbes. im Fall von Kostensteige-
rungen) die vier großen EVU aufspalten in eine neue „Bad-Bank-“
Muttergesellschaft der KKW-Betreiber und eine „Profitgesellschaft“
4. (Wie) kann man eine Transparenzpflicht über die konkrete Verwendung
der Rückstellungen gewährleisten?
5. (Wie) ist eine Risikorücklage im Fonds (für das Risiko von heute noch
nicht konkret ermittelbaren Kostensteigerungen für
Stilllegung/Rückbau und Entsorgung) rechtlich umsetzbar?
6. (Wie) ist es rechtlich möglich, für den vorgeschlagenen Fonds ein
Solidarprinzip einzuführen?
19
20
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Mehr Informationen: www.foes.de
• Gemeinnütziger Verein (1994 gegründet)
• Haupttätigkeit: Entwicklung und Vermarktung von Konzepten
ökonomischer Umweltpolitik (Studien, Vorträge, Konferenzen)
• Kompetenzfelder / Studien mit Bezug zur Atompolitik:
– 4/2012 (hier vorgestellt): Rückstellungen (i.A. Greenpeace)
– 10/2009: Atomsteuer / Kernbrennstoffsteuer (i.A. Greenpeace)
– 8/2012: Was Strom wirklich kostet. Vergleich der staatlichen
Förderungen und gesamtgesellschaftlichen Kosten von konventionellen
und erneuerbaren Energien (i.a. von BWE / Greenpeace Energy)
– 9/2012: Externe Kosten der Atomenergie und Reformvorschläge zum
Atomhaftungsrecht. Hintergrundpapier zur Dokumentation von
Annahmen, Methoden und Ergebnissen
(gehört zum Studienpaket „Was Strom wirklich kostet“)
Alle Studien verfügbar unter http://www.foes.de/publikationen/studien/

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  • 3. I. Definitionen (1) Rückstellungen für nukleare Verpflichtungen (kurz: Nuklearrückstellungen, Atomrückstellungen) •Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau (Kosten der Nachbetriebsphase und für Rückbau der KKW) •Rückstellungen für Entsorgung der Brennelemente und radioaktiven Betriebsabfälle, kurz: Entsorgung (Kosten für Zwischenlagerung, Transport- und Lagerbehälter, Transport, Wiederaufarbeitung, Endlagerung incl. Such- und Erkundungsverfahren und Verpackungsanlage) Probleme •Begrifflichkeit in der Literatur ist ungenau und heterogen (Entsorgungsrückstellungen wird als Oberbegriff und Teilmenge verwendet) •Es gibt keine genaue und verbindliche Abgrenzung der Kostenarten 3
  • 4. I. Definitionen (2) Rückstellungen sind nach Handelsrecht Verbindlichkeiten, Verluste oder Aufwendungen, die hinsichtlich ihrer Entstehung oder Höhe ungewiss sind. Durch Rückstellungsbildung sollen später zu leistende Ausgaben den Perioden ihrer Verursachung zugerechnet werden. Unterscheidung zwischen Konzern- und Betreiberebene •Energieversorgungsunternehmen (EVU) / Muttergesellschaften EnBW AG, E.ON AG, RWE AG, Vattenfall Europe AG •Betreibergesellschaften KKW-betreibende Tochterunternehmen 4
  • 5. II. Bestandsaufnahme 1. Probleme derzeitiger Regelungen bezüglich der Nuklearrückstellungen - Reformbedarf a) Rückstellungen evtl. nicht hoch genug – insbesondere wenn sich die zugrunde liegenden Kostenschätzungen als zu niedrig erweisen b) Fehlende Finanzierungssicherheit wg. Insolvenzgefahr der KKW- Betreibergesellschaften (keine Einnahmen nach Stilllegung) - Risiko einer Insolvenz auch der Mutterkonzerne (vier große EVU) - Risiko, dass bestehende Gewinnabführungs- und Beherrschungs- verträge bzw. harte Patronatserklärungen gekündigt werden; diese begründen Zahlungsverpflichtungen der Mutterkonzerne gegenüber KKW-Tochtergesellschaften Verpflichtung zum Abschluss besteht derzeit nur bis April 2022 a) Wettbewerbsvorteile durch Innenfinanzierungsmöglichkeiten mit Rückstellungen (z.B. für Unternehmenskäufe oder Investitionen) Quantifizierung des Förderwerts: 72 Mrd. € 1970-2012 (real) Annahme: 3% zusätzlicher Ertrag auf jährlichen Rückstellungsbestand ggü. Referenz Fondslösung; Berücksichtigung Zinseszinseffekt 5
  • 6. 2. Zu erwartende Kosten für Stilllegung und Rückbau sowie Entsorgung (1) Analysegrundlage: Für Deutschland verfügbare Literatur und Schweizer Kostenstudien 2011 Betrachtungsobjekt: 19 westdeutsche Leistungsreaktoren (17 vollständig und 4 teilweise rückzubauende KKW) •Ohne Forschungs- und ostdeutsche Anlagen, weil dafür der Staat die Kosten für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung trägt •Nur zukünftig anfallende Kosten sind für Vergleich von Kosten und Rückstellungen relevant Ergebnis I: Spannbreite der Kosten von 25-43 Mrd. € Best-Guess-Schätzung der Kosten: 34 Mrd. € • 19 Mrd. € für Stilllegung und Rückbau (1 Milliarde € pro KKW) • 15 Mrd. € für Entsorgung Mrd. 6
  • 7. 2. Zu erwartende Kosten für Stilllegung und Rückbau sowie Entsorgung (2) Risiken bei der Prognose der Kosten: a) Kostenerhöhung bei Stilllegung/Rückbau und Entsorgung Lösungsvorschlag: Kostenerhöhungs-Risikofaktor; im Best-Guess-Szenario: - Stilllegung/Rückbau: 0% (Erfahrungswerte und Synergieeffekte erleichtern Prognose) - Entsorgung: 20% (3 Mrd. €) (Flyvbjerg geht von Kostensteigerungen bei Großprojekten von rund 40% aus) a) Probleme mit dem Endlager nach Verschluss (Risiko von Bergung, Sanierung, neues Endlager) Lösungsvorschlag: Risikorücklage (von Experten zu bestimmen, in Best-Guess-Schätzung 7 Mrd. € zugrunde gelegt) Ergebnis II: Incl. der beiden Risikozuschläge ist im Best-Guess- Szenario eine finanzielle Vorsorge von 44 Mrd. € erforderlich 7
  • 8. Kostenerhöhungsrisiko – Beispiele aus anderen Projekten Geplante Kosten Aktuelle Kosten Mehr- kosten Durchschnittliche Mehrkosten bei • öffentl. Bahnprojekten • Brückenbauten (lt. Flyvbjerg) Durchschnittliche Mehrkosten von • 45% • 34% Bau des Flugzeugs Concorde 12 mal so teuer Oper von Sydney 15 mal so teuer Kanaltunnel England-Frankreich Doppelt so teuer IT Projekte (Flyvbjerg / McKinsey) 17% von 1.500 Projekten waren ≥200% teurer Elbphilharmonie 77 Mio. € > 500 Mio. € (2/2013) > 550% Flughafen Berlin 3,3 Mrd. € 4,5 Mrd. € (8/2012) 36% Berliner Hauptbahnhof 300 Mio. € 1,2 Mrd. € 300% Stuttgart 21 • Schätzung DB + LReg BW • Studie i.A. BUND und B90/Grüne 4,1 Mrd. € (12/2009 • 6,8 Mrd. € (2/13) • 6,9-8,7 Mrd. € ? Neubau KKW Olkiluoto (Finnland) Inbetriebnahme 2011 geplant, jetzt 2016 3 Mrd. € (2005) 8,5-10 Mrd. € (12/2012) Faktor 3 (200%) 8
  • 9. 3. Reichen die Nuklearrückstellungen zur Finanzierung der Kosten von Rückbau und Entsorgung aus ? • Bestehende Nuklearrückstellungen der EVU: 30,1 Mrd. € Ende 2010; 33,8 Mrd. € Ende 2011, 34-35 Mrd. € Ende 2012. • Achtung: Rückstellungen ≠ Kostenschätzungen Rückstellungen sind abgezinst, Anstieg um (reale) Verzinsung • Von den EVU erwartete Kosten sind unbekannt • Antwort auf die Frage mit vorliegenden Informationen nicht hinreichend fundiert möglich! • Schätzung in FÖS-Studie 5/2012 (vorbehaltlich weiterer Überprüfung): Nuklearrückstellungen können ausreichend hoch sein, wenn es keine zusätzlichen realen Kostenerhöhungen gibt und die Realverzinsung knapp 2% beträgt • Realverzinsung von ≥ 2% war in Vergangenheit sowohl bei Kapital- anlagen als auch bei Verwendung Rückstellungen zur Finanzierung von Investitionen erzielbar – heute nicht mehr – wie wird es zukünftig sein? 9
  • 10. 4. Rückstellungen und zukünftig anfallende Kosten für Stilllegung/Rückbau und Entsorgung - Vergleich der EVU 10 Erhebliche Unterschiede hinsichtlich - Niveau - Struktur - Entwicklung der Rück- stellungen €/kW
  • 11. 5. Defizite verfügbarer Informationen zu Rückstellungen • Kernkraftwerksscharfe Analyse Nur für wenige einzelne KKW werden Geschäftsberichte veröffentlicht • Analyse der genauen Ursachen von Veränderungen Hinter geringen Veränderungen der Rückstellungen stehen gegenläufige Effekte (z.B. Auflösung für Inanspruchnahmen, Zuführung durch Aufzinsung) • Zurechenbarkeit auf Stilllegung/Rückbau und Entsorgung Vattenfall Europe differenziert nicht; bei anderen EVU ist unklar, ob dieselbe Abgrenzung der Kostenzurechnung zugrunde liegt •Was kommt zu expliziten Angaben zu Nuklearrückstellungen noch hinzu? (E.ON bilanziert Rückstellungen für Rückbau konventioneller Kraftwerksteile gesondert; Vattenfall weist Rücklagen aus) •Prognosen der EVU über erwartete Kosten und Fälligkeiten (verwendete Abzinsungssätze werden dargestellt) • Welcher Mutterkonzern bilanziert die Rückstellungen für welche KKW in den Konzernabschlüssen (Krümmel wohl bei keinem EVU) • Verwendung der Rückstellungen 11
  • 12. 6. Wer zahlt, wenn die Rückstellungen der KKW- Betreibergesellschaften nicht ausreichen? 1) Muttergesellschaften der KKW-Betreibergesellschaften 2) Bei Insolvenz der Muttergesellschaften oder Kündigung der Beherrschungsverträge bzw. harten Patronatserklärungen: •Für Entsorgung ist der Bund zuständig und muss Kosten übernehmen •Für Stilllegung und Rückbau evtl. zunächst Kostentragung durch Länder?! „wäre ein Betreiber zum Beispiel wegen Insolvenz nicht zum Abbau des Reaktors in der Lage, so wäre es Aufgabe der Länder, den Abbau in Ausführung des Atomrechts sicherzustellen. Es ist sicher nicht unwahrscheinlich anzunehmen, dass die Länder dann vom Bund verlangen, ihnen die dabei entstehenden Kosten als so genannte Zweckausgaben nach Art. 104a Abs. 2 GG zu erstatten.“ (BMU - Bordin/Paul - 2007 auf 13. Atomrechtssymposium) •Bundesregierung hat Frage nach Finanzierungsverantwortung bei Insolvenz ausweichend (nicht) beantwortet (BT-Drs. 17/7777) 12
  • 13. 7. Vattenfall Änderung der Rechtsform im 2. HJ 2012 - ein Warnsignal? • Aus Vattenfall Europe AG wurde Vattenfall GmbH, Eigenkapital von 500 Mio. € • Schwedische Konzernmutter Vattenfall AB kündigte Beherrschungsvertrag mit Deutschland-Tochter Vattenfall Europe AG und entzieht sich so seiner (Mit-) Haftung für die KKW Krümmel, Brunsbüttel und Brokdorf • Relevant sowohl für das Risiko nuklearer Unfälle als auch das Risiko von Kostensteigerungen bei Stilllegung, Rückbau und Entsorgung Handlungsmöglichkeiten? • Formal macht Vattenfall das, was auch E.ON und RWE praktizieren: eine deutsche/europäische Muttergesellschaft muss mit Umsätzen und Vermögen auch für KKW-Sparte einstehen • Beherrschungsvertrag und damit Haftung des Schwedischen Staats wurde erst 2008 geschaffen • Aber: Wirtschaftliches Potenzial einer GmbH mit viel kleinerem Geschäfts- volumen nicht so stark wie eine diversifizierte und international tätige AG • Bund/Land SH sehen keine Handhabe, Änderung Rechtsform wurde vollzogen 13
  • 14. Reformbaustein A: Transparenz und Überprüfung der Nuklearrückstellungen Zu schaffende Verpflichtungen für EVU • Volle und transparente Ausweisung aller Rückstellungen für Stilllegung/Rückbau und Entsorgung von KKW • Kernkraftwerksscharfe Bilanzierung • Differenzierung der Nuklearrückstellungen nach Stilllegung/Rückbau und Entsorgung auf Grundlage verbindlich vorzugebender Abgrenzung • Veröffentlichungspflicht von Gutachten und EVU-Prognosen - der Kosten von Stilllegung/Rückbau und Entsorgung - angenommenen Fälligkeitszeitpunkten und Abzinsungssätzen • Verwendung der Rückstellungen • Unabhängige Überprüfung der angemessenen Höhe der gesamten Nuklearrückstellungen durch den Bund bzw. von dort zu beauftragende Experten - wie auch vom Bundesrechnungshof gefordert – sowie Verpflichtung zur Anpassung der Rückstellungen 14
  • 15. Reformbaustein B: Öffentlich-rechtliche Fondslösung für langfristige nukleare Verpflichtungen • Vorteile einer frühzeitig realisierten und weitgehenden Fondslösung: Vermeidung der Probleme b) Insolvenzgefahr und c) Wettbewerbsvorteile • Aber: Rechtliche und wirtschaftliche Probleme bei schneller und voller Verlagerung der Rückstellungen in einen Fonds - Gleichbehandlungsgebot gegenüber anderen Rückstellungen - Übermäßige wirtschaftliche Belastung / enteignende Wirkung • Alle Mutterkonzerne sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Gewinnein- bruch, gesunkene Erlöse auf Strommarkt, Belastungen Atomausstieg II und Kernbrennstoffsteuer, Überschuldung, Arbeitsplatzabbau) • Zentrale Frage: Wie glaubwürdig ist Umbau zu Energiewende-Konzernen? Rückstellungen können Finanzierung z.B. Offshore unterstützen; durch erfolgreichen Konzernumbau könnten KKW-Betreiber Verpflichtungen für Rückbau und Entsorgung schultern • Kompromissvorschlag in FÖS-Studie: Nur die finanzielle Vorsorge für langfristige nukleare Verpflichtungen (incl. der beiden Risikozuschläge) sollte schrittweise in einen zu errichtenden Fonds verlagert werden 15
  • 16. Reformbaustein C: Verbesserung des Insolvenzschutzes für kurz- und mittelfristige Verpflichtungen • Rückstellungen für kurz- und mittelfristige Verpflichtungen können bei den EVU verbleiben • Investmentvorschriften analog zur Versicherungswirtschaft (Pensionsfonds und Lebensversicherungen), aber Ausnahme, soweit zu definierende Mindestbeträge in eine nachhaltige Energieversorgung investiert werden (erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Speicher) • Insolvenzsicherung vorrangig durch Verpflichtung zum Abschluss von Gewinnabführungs- und Beherrschungs- verträgen oder harten Patronatserklärungen bis zum Abschluss aller Arbeiten an Rückbau und Endlagerung (danach Sicherung durch Fonds) 16
  • 17. Szenario für die Entwicklung der Rückstellungen und der Fondseinzahlungen bis 2040 17
  • 18. Ausblick – Vergleich Positionen zu Rückstellungen im politischen Raum (S. 72ff Studie) 18 Bundesregierung FÖS/ Greenpeace SPD (BT-Drs. 17/5901; SPD 2012) Grüne (BT-Drs. 17/6119) A. Trans- parenz; staatliche Über- prüfung Derzeitige Regelung ausreichend, wg. BRH- Kritik aber stärkere Kontrolle Entsorgungs- rückstellungen Transparenz deutlich steigern (u.a. KKW-scharfe und nach Rückbau und Entsorgung differenzierte Bilanzierung; Kostenprognosen veröffentlichen) Staatliche Überprüfung stärken B. Fonds- lösung Wird abgelehnt Für lang- fristige Ver- pflichtungen (ab 2040) mit schrittweisen Einzahlungen Sicherungs- fonds für Risiko nicht ausreichender Rückstellungen Alle Rückstel- lungen sollen zügig in Fonds verlagert werden C. Stär- kung In- solvenz- schutz Derzeitige Regelung ausreichend Verpflichtung Beherrschungs- verträge / Patronats- erklärungen - -
  • 19. Weiterführende Fragen 1. Welcher Teil der bestehenden Rückstellungen sollte / kann in welchem Tempo in einen Fonds verlagert werden? 2. Wie kann man erreichen, dass für finanzielle Vorsorge (Fonds und Rück- stellungen bei EVU) eine hohe Priorität auf sichere Geldanlagen liegt und gleichzeitig Investitionen in die Energiewende unterstützt werden? 3. (Wie) kann man verhindern, dass sich (insbes. im Fall von Kostensteige- rungen) die vier großen EVU aufspalten in eine neue „Bad-Bank-“ Muttergesellschaft der KKW-Betreiber und eine „Profitgesellschaft“ 4. (Wie) kann man eine Transparenzpflicht über die konkrete Verwendung der Rückstellungen gewährleisten? 5. (Wie) ist eine Risikorücklage im Fonds (für das Risiko von heute noch nicht konkret ermittelbaren Kostensteigerungen für Stilllegung/Rückbau und Entsorgung) rechtlich umsetzbar? 6. (Wie) ist es rechtlich möglich, für den vorgeschlagenen Fonds ein Solidarprinzip einzuführen? 19
  • 20. 20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Mehr Informationen: www.foes.de • Gemeinnütziger Verein (1994 gegründet) • Haupttätigkeit: Entwicklung und Vermarktung von Konzepten ökonomischer Umweltpolitik (Studien, Vorträge, Konferenzen) • Kompetenzfelder / Studien mit Bezug zur Atompolitik: – 4/2012 (hier vorgestellt): Rückstellungen (i.A. Greenpeace) – 10/2009: Atomsteuer / Kernbrennstoffsteuer (i.A. Greenpeace) – 8/2012: Was Strom wirklich kostet. Vergleich der staatlichen Förderungen und gesamtgesellschaftlichen Kosten von konventionellen und erneuerbaren Energien (i.a. von BWE / Greenpeace Energy) – 9/2012: Externe Kosten der Atomenergie und Reformvorschläge zum Atomhaftungsrecht. Hintergrundpapier zur Dokumentation von Annahmen, Methoden und Ergebnissen (gehört zum Studienpaket „Was Strom wirklich kostet“) Alle Studien verfügbar unter http://www.foes.de/publikationen/studien/

Hinweis der Redaktion

  1. z.B. hat E.ON Rückstell. für Rückbau konventionelle Anlagenteile bei „Sonstigen Rückbau- und Entsorgungsverpflichtungen“ stehen, siehe GB 2012, S. 161