Vortrag von J. Reimer und M. Ruppert im Rahmen der Veranstaltung "WCI - Wireless Communication and Information. Mobile Gesellschaft" am 26. Oktober 2012 in Berlin.
2. Gliederung
• Eine kurze Geschichte des GuttenPlag-Wiki
• Ergebnisse der Online-Befragung
• Partizipation ja – aber woran?
• Modellcharakter und Fortbestand des GuttenPlag-Wiki und seiner
Nachfolgeplattformen
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
3. Eine kurze Geschichte des GuttenPlag-Wiki
„PlagDoc“ und
andere starten
das
GuttenPlagWiki
Prof. Andreas
FischerLescano findet
erste
Plagiatsstellen
in zu
Guttenbergs
Dissertation
GuttenPlagWiki zählt
> 230,000 UV
und
~ 2 mio. PI
Die GPWCrowd hat
~180
Plagiatsstellen
auf 435 S.
identifiziert
(Quantcast.com)
zu Guttenberg
tritt zurück
Uni Bayreuth
erkennt zu
Guttenberg
die
Doktorwürde
ab
2011
(...)
(...)
(...)
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
(...)
4. Die Online-Befragung
• Kontaktaufnahme mit GPW-Mitbegründer „PlagDoc“
• Link zur Befragung auf GPW-Startseite
• Befragungszeitraum: 20.-22. Februar 2011 (48 h)
• 4.853 Zugriffe
• 1.034 auswertbare Fragebögen
• 21,3 % der Zugriffe auf FB
• ~0,3 % der ca. 300.000 UV (Quantcast.com) in diesem Zeitraum
• zusätzlich: Interviews mit „PlagDoc“
• (vgl. zum Folgenden etwa: Ruppert/Reimer 2011)
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
5. Soziodemographie
• Alter (n=735):
MW=38,1 SD=12,2
• Geschlecht (n=771):
♂
♀
82,6%
17,4%
• formales Bildungsniveau (n=791):
(Fach-)Abitur:
29,4%
(Fach-)Hochschulabschluss:
63,6%
anderer
Abschluss:
6,0%
noch
Schüler:
1,0%
• höchster akademischer Titel (n=768):
(noch) kein Titel
25,8%
MA
3,5%
StaatsBA
ex.
5,2%
7,6%
Dipl.
28,5%
M. A.
7,2%
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
Dr.
18,8%
Prof.
3,5%
6. Der „doppelte Schwarm“
Tätigkeiten im Wiki (Mehrfachantworten mögl.; n=932)
organisiert
4,6%
selbst nach Plagiaten
gesucht
„harter Kern :
143 aktive
GuttenPlagger
(15,3%)
12,2%
Plagiate kategorisiert
5,5%
Einträge gelesen und
kommentiert
23,1%
70,6%
nur passiv informiert
0%
20%
40%
60%
80%
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
7. Parteipräferenzen
• Die Befragten wurden aufgefordert, an sechs politische Parteien jew. einen der
Ränge 1 bis 6 zu vergeben.
• Mediane der vergebenen Ränge:
Rang 2
Aktive
(121≤n≤123)
Passive
(673≤n≤686)
Rang 3
B90/
Grüne
B90/
Grüne
SPD
SPD
Piraten
Piraten
Rang 4
Rang 5
CDU/CSU
Die Linke
FDP
CDU/CSU
Die Linke
FDP
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
8. Motive
• „Was hat Sie dazu bewogen, bei GuttenPlag mitzumachen?“
Abneigung gegenüber
Guttenberg bzw.
Empörung/ Enttäuschung
über seine Reaktion auf
die Plagiatsvorwürfe
Interesse am Phänomen
'Wikis/Crowdsourcing'
Sorge um den Ruf der
Wissenschaft und den
Wert eines Doktortitels
Aktive (n=129)
51,6%
„Auslöser für meine direkte Beteiligung war
die bis dato relativ laxe Art des
Verteidigungsministers, mit den Vorwürfen
umzugehen.“
„GuttenPlag ist gelebte Demokratie.“
20,0%
64,2%
0% 20% 40% 60% 80%
„Ich habe mich nicht primär aus politischen
Gründen hier beteiligt - im Gegenteil, bisher
hatte ich gerade von zu Guttenberg eine
relativ gute Meinung -, sondern um der
Sache, d.h. dem Ruf der Wissenschaft und
Ehrlichkeit willen.“
„Wenn wir so ein Plagiat durchgehen lassen,
dann entwertet das den Doktortitel
komplett.“
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
9. Partizipation ja – aber woran?
• Wissenschaft? Dafür sprechen:
• ein Motivkomplex
• die transparente und evidenzbasierte Arbeitsweise
• eine Konsequenz: Zu Guttenberg verliert seinen Doktortitel.
• Politik? Dafür sprechen:
• ein Motivkomplex
• die Parteipräferenzen
• eine Konsequenz: Zu Guttenberg tritt von seinem Ministerposten zurück.
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
10. Partizipation ja – aber woran?
• Journalismus? Dafür sprechen:
• die Tätigkeiten der GuttenPlagger (vgl. Reimer/Ruppert 2013; im Druck):
• Recherche & fact-checking
• Aggregation, Ordnung & Darstellung von Informationen
• Kommentierung & Interpretation
• Motiv einzelner GuttenPlagger: Korrektur/Ergänzung der Berichterstattung:
• „Als promovierter Physiker […] ärgert mich die hanebüchene Ignoranz, mit
der die Medien und zu Guttenberg sich dem Thema stellen.“
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
11. Partizipation ja – aber woran?
• Wissenschaft?
• Politik?
• Journalismus?
Oder:
• Partizipation an einem Überschneidungsbereich dieser drei Systeme
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
12. Modellcharakter und Fortbestand
• GuttenPlag ist „verwaist“
• Aber: Modellcharakter:
• SchavanPlag
• VroniPlag: 30 wiss. Arbeiten in Untersuchung; bisher 8 Doktortitel aberkannt
• WulffPlag
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
13. Modellcharakter und Fortbestand
• Pläne für eine Institutionalisierung von Crowdsourcing-Recherche zu komplexen
und brisanten Themen u.a. von „PlagDoc“ (vgl. „PlagDoc“/Kotynek 2012)
• „Können Sie sich vorstellen, weiterhin bei anderen Werken und Autoren in dieser
Form nach Plagiaten zu suchen und sie zu dokumentieren?“ (Aktive: n=139)
Ja:
71,9%
=100 Pers.
Nein:
7,2%
Weiß (noch)
nicht:
20,9%
• Dennoch beteiligte sich bei VroniPlag „nur noch“ eine „Handvoll Leute […], eine
einstellige Anzahl ‚Vollzeit‘ und noch einige mehr, eventuell zweistellig, die im Wiki
ab und zu aktiv sind“ („PlagDoc“)
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
14. Modellcharakter und Fortbestand
• Erfolg des GPW von Masse und Motivation der Partizipierenden abhängig, die auf
zahlreiche Faktoren zurückzuführen sind (vgl. Reimer/Ruppert 2011):
• Bekanntheit der betroffenen Person
• Schwere der Vorwürfe
• Ableitung politischer Forderungen aus wissenschaftlichem Vorwurf
• Neuheit des Phänomens „web-basierte kollaborative Plagiatedokumentation“
à mediale Aufmerksamkeit
à reger Zulauf von Freiwilligen + Aufrechterhaltung ihrer Motivation
• Struktur der Aufgabe „Textvergleich“:
• geringe Anforderungen an sich Beteiligende
• Aufteilbarkeit in Unteraufgaben (wenig zeitintensiv, schnelle
Erfolgserlebnisse)
• leicht auf Wiki-Plattform bearbeitbar
à Fortbestand fraglich..?
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
15. Quellen
Literatur
• Kohring, M. (2005): Wissenschaftsjournalismus. Forschungsüberblick und
Theorieentwurf. Konstanz: UVK.
• „PlagDoc“/Kotynek, M. (2012): Schwarmgedanken. URL: http://
de.guttenplag.wikia.com/wiki/Schwarmgedanken (Stand: 16.10.2012).
• Reimer, J./Ruppert, M. (2011): Das GuttenPlag-Wiki – Theoretische Einordnung
und Analyse der Erfolgsfaktoren eines kollaborativen Internet-Phänomens. In:
Medien Journal, Jg. 35, H. 4, S. 4-17.
• Reimer, J./Ruppert, M. (2013; im Druck): GuttenPlag-Wiki und Journalismus:
das Verhältnis eines neuen Medienakteurs im Social Web zu den traditionellen
Massenmedien. In: Dolata, U./Schrape, J.-F. (Hg.): Internet, Mobile Devices und
die Transformation der Medien. Radikaler Wandel durch schrittweise
Rekonfiguration. Berlin: Edition Sigma. (ISBN: 978-3-8360-3588-0; ISBN EBook: 978-3-8360-0088-8)
• Ruppert, M./Reimer, J. (2011): Im Schwarm. In: Journalist, Jg. 62, H. 4, S.
76-80.
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag
16. Quellen
Abbildungen
• Plagiate-Barcode: URL: http://de.guttenplag.wikia.com/ (Stand: 25.7.2012; Screenshot: JR)
• Artikel auf Sueddeutsche.de: URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/plagiatsvorwurf-gegenverteidigungsminister-guttenberg-soll-bei-doktorarbeit-abgeschrieben-haben-1.1060774 (Stand:
25.7.2012; Screenshot: JR)
• Plagiat in der Einleitung der Dissertation: URL: http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Seite_015
(Stand: 25.7.2012; Screenshot: JR)
• VroniPlag-Grafik: URL: http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/Übersicht (Stand: 16.10.2012;
Screenshot: JR)
• weitere Abbildungen: eigene Abbildungen
weitere Quellen
• http://de.vroniplag.wikia.com (Stand: 16.10.2012)
• http://de.wulffplag.wikia.com (Stand: 16.10.2012)
• http://www.quantcast.com/ (Stand: 16.10.2012)
• http://schavanplag.wordpress.com (Stand: 16.10.2012)
• Interviews mit „PlagDoc“, Mitbegründer des GuttenPlag-Wiki
• Telefon-Interview mit Hauke Janssen, Leiter der Dokumentationsabteilung von Der Spiegel,
10.3.2011
Reimer/Ruppert: eParticipation am Beispiel von GuttenPlag