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Italien vor den Parlamentswahlen:
Was kommt nach Monti?
Eine kurze Bestandsaufnahme wichtiger
Produkt- und Arbeitsmarktreformen




Autor: Jürgen Matthes
Telefon: 0221 4981-754
matthes@iwkoeln.de
2

1. Großer Reformbedarf in Italien


Italien steht mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen vor enorm wichtigen
Weichenstellungen – sowohl für das eigene Land, als auch für die Eurozone. Es geht
um die Frage, ob die nächste Regierung den eingeschlagenen Reformkurs beibehält,
oder ob sie das gerade erst mühsam zurückgewonnene Vertrauen wieder verspielt –
und sich die Euro-Schuldenkrise deshalb womöglich wieder zuspitzt.
Seit der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi Mitte November 2011 seinen
Rücktritt einreichte, hat eine technokratische Übergangsregierung unter Mario Monti
die Amtsgeschäfte geführt. Der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar war angetre-
ten, um Italien fit für die Zukunft zu machen. Er wollte es zudem mit ersten, aber ent-
scheidenden Schritten aus der Euro-Schuldenkrise herausführen. Dazu hat die Ex-
pertenregierung unter Monti ein umfangreiches Reformprogramm aufgelegt, das
zahlreiche lange bekannte Schwächen der italienischen Wirtschaft endlich angeht:
das chronisch schwache Wachstum, die geringe Beschäftigungsquote und den er-
heblichen Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit.


Abbildung 1

                                  Produktivität und Exportmarktanteile*
30                             - Veränderung zwischen 2000 und 2012 in Prozent -
                                   Gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität           Exportperformance*
20

10

 0

-10

-20

-30

-40
        IRL   USA      S    FIN    UK      J     SP    GR       P    D      F    AU     NL    CAN     DK     B     I

      * Die Exportperformance stellt die Veränderung der Exporte von Waren und Dienstleistungen eines Landes ins
      Verhältnis zu der Entwicklung der Exportmärkte des betreffenden Importlandes (also zu der Entwicklung der
      gesamten Importe des Landes); Zunahme signalisiert einen Exportmarktanteilsgewinn
      Quellen: OECD, Institut der deutschen Wirtschaft Köln




Tatsächlich schneidet Italien im internationalen Vergleich beim Produktivitätswachs-
tum nur sehr schwach ab und hat zudem besonders stark an Exportmarktanteilen
3

verloren (Abbildung 1). An die nötigen Reformen hatte sich zuvor kaum einer der
etablierten Politiker so richtig herangetraut. Die Widerstände wichtiger Interessen-
gruppen schienen zu groß zu sein. Auch wenn die Regierung unter Mario Monti nicht
alle Probleme anging, manches zu zaghaft anpackte und einige Reformen erst noch
bis zum Ende umgesetzt werden müssen – die Experten sind sich einig: So lobte
etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
die Reformen im September 2012 als mutig, ehrgeizig und weitreichend. Der Interna-
tionale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union (EU) stimmen ähnliche Tö-
ne an.
Die Reformagenda ist auch deshalb so breit, weil die Erfahrung Deutschlands und
auch anderer Länder gezeigt haben, dass nur entschiedenes und umfassendes Vor-
gehen neues Vertrauen schafft. Zudem können auf diese Weise viele Korrekturen
ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Staatshaushalt und Verwaltung
sind dabei ebenso im Fokus (vgl. iwd 2012, Nr. 14, S. 4) wie Produkt- und Arbeits-
märkte, die hier genauer betrachtet werden.




2. Mehr Wettbewerb auf Produktmärkten


Ein umfangreiches Reformpaket für die Produktmärkte hat das italienische Parlament
im März 2012 in seinen Grundzügen beschlossen. Es hat zum Ziel, den in vielen Be-
reichen der Wirtschaft Italiens sehr eingeschränkten Wettbewerbsdruck zu steigern,
wobei für die Änderungen teilweise längere Übergangsfristen vorgesehen sind. Mit
seinen Reformen will Monti nicht nur die oftmals überhöhten Preise zum Nutzen der
Verbraucher senken, wie der Ministerpräsident werbewirksam verkündete. Weil Kon-
kurrenz das Geschäft belebt, hofft er zudem, so die Produktivität anzukurbeln – und
damit auch die Wettbewerbsfähigkeit.
Montis Reformen setzen nach Angaben des IWF an der Energieversorgung und vie-
len privaten und öffentlichen Dienstleistungen an. Insgesamt liefern diese Branchen
rund 40 Prozent der Vorleistungen für die Wirtschaft. Günstigere Zulieferprodukte
könnten also die gesamte italienische Ökonomie wettbewerbsfähiger machen.


Liberalisierungen bei den freien Berufen
In den freien Berufen mangelt es besonders an Wettbewerb. So ist die Regulierung
nach Angaben der OECD hier so stark wie in kaum einem anderen Industrieland
(Abbildung 2). Zugangsbeschränkungen und Mindestpreise sorgen hier seit langem
dafür, dass Notare, Apotheker und andere freie Berufsgruppen überhöhte Preise und
4

Einkommen auf Kosten der Allgemeinheit erzielen können. Gerade junge, gut aus-
gebildete Menschen bleiben oft von den Berufen ausgeschlossen.
Abbildung 2

                              Regulierungsgrad freier Berufe*
3,5                                - Skala von 0 (wenig) bis 6 (stark) -


3,0


2,5


2,0


1,5


1,0


0,5


0,0
       S    UK   IRL   FIN   USA   DK   NL      J     SP     F      B      P   AU   GR   D   CAN   I

      * umfasst u.a. Wirtschaftsprüfung, Anwälte, Notare, Ingenieure, Architekten
      Quelle: OECD




Hier setzen nun zahlreiche Reformen an. Mindestgebühren sollen weitgehend abge-
schafft und der Zugang zu den freien Berufen durch Veränderung der Qualifikations-
anforderungen erleichtert werden. Zudem wird, ebenfalls um mehr Konkurrenz zu
erzeugen, die Zahl der Notare und Apotheker erhöht, etwa indem die Voraussetzun-
gen für die Gründung neuer Apotheken erleichtert werden. Zudem können mehr Arz-
neien von Drogerien verkauft werden statt wie bisher nur von Apotheken.


Liberalisierungen im Energie- und Transportwesen
In Italien ist Strom aufgrund von Monopolstrukturen und ineffizienter Produktionswei-
sen sehr teuer. So zahlt die Industrie in Italien für Strom sehr viel mehr als in ande-
ren Industriestaaten (Abbildung 3). Das ist eine weitere Bürde für die Wettbewerbs-
fähigkeit.
Daher soll auch im Energiemarkt mehr Wettbewerb entstehen, etwa indem die Regu-
lierungsbehörden gegenüber dem Monopolanbieter ENI gestärkt werden. Auch soll
ENI bis Mai 2013 das Gasnetz abgeben, damit andere Gaswettbewerber mit ihren
Konkurrenzangeboten nicht so leicht behindert werden können. Weil in Italien viel
5

Elektrizität aus Gas hergestellt wird, hofft man so auch auf niedrigere Strompreise –
und mehr Wettbewerbsfähigkeit.


Abbildung 3

                                   Strompreise für die Industrie
30,0                           - in US-Cent je Kilowattstunde im Jahr 2011 -


25,0


20,0


15,0


10,0


 5,0


 0,0
       USA CAN     S    FIN   DK     NL   F     GR       UK   B     P     SP   IRL   AU   D   J   I

       Strompreise: Kanada: 2010, Österreich: 2008, USA: Ohne Steuern;
       Quelle: IEA




Im Transportwesen bestehen bei der Eisenbahn ähnliche netzbezogene Probleme.
Hier geht es beispielsweise darum, dass andere Anbieter das Highspeed-Bahnnetz
zu gleichen Bedingungen wie der frühere Staatsanbieter Trenitalia nutzen können.
Nicht nur, um dies sicherzustellen, wurde eine neue unabhängige Regulierungsbe-
hörde für den Transportbereich gegründet. Sie soll für mehr Wettbewerb und Effizi-
enz sorgen – und damit wiederum auch für einen Zugewinn an Wettbewerbsfähig-
keit. Denn beim Export von Industriegütern fallen natürlich auch im Inland zunächst
Transportkosten an.




3. Reformen der Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik


Die Arbeitslosigkeit in Italien war zwar lange relativ niedrig, aber die Beschäftigungs-
quote ist im internationalen Vergleich mit 57 Prozent sehr gering (Abbildung 4) – vor
allem die der Frauen sowie der jungen und älteren Arbeitnehmer. Zudem herrscht
6

eine tiefe Spaltung zwischen festen und atypisch beschäftigten Arbeitnehmern.
Schuld daran ist unter anderem ein umfassender Kündigungsschutz, der Unterneh-
men vor Neueinstellungen zurückschrecken lässt.
Abbildung 4

                                     Beschäftigungsquote*
80                                     - Angaben in Prozent -

70

60

50

40

30

20

10

 0
     NL   DK    S    AU   CAN    D     UK    J   FIN   USA      P   F   B    IRL   GR   SP   I

     * Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung im Erwerbsalter im Jahr 2010
     Quelle: OECD




So greifen relativ strikte Regeln für größere Entlassungen von fünf oder mehr Mitar-
beitern in Italien schon für Unternehmen ab 15 Beschäftigten – in vielen anderen In-
dustrieländern gelten hier höhere Schwellenwerte. Zudem stufen Arbeitsgerichte Ent-
lassungen häufig als ungerechtfertigt ein und verlangen nach dem (oft zeitverzöger-
ten) Richterspruch in der Regel eine volle Lohnnachzahlung für die Zeit nach der
Entlassung. Wohl auch deshalb enden rund 60 Prozent der Kündigungen vor dem
Arbeitsgericht, in Deutschland liegt diese Quote nur bei drei Prozent. Das macht Ent-
lassungen – und damit indirekt auch Einstellungen – für Unternehmen zu einem risi-
koreichen Unterfangen.
Eine Arbeitsmarktreform, die am Kündigungsschutz ansetzt, ist im politischen Pro-
zess leider ziemlich verwässert worden. Hier wird man erst abwarten müssen, ob
sich in der Praxis wirklich etwas zum Besseren wendet. Aber es gibt noch einige wei-
tere Maßnahmen, die an der Spaltung des Arbeitsmarktes und der geringen Beschäf-
tigungsquote einiger Berufsgruppen ansetzen. So soll die relativ hohe Jugendarbeits-
losigkeit mittelfristig dadurch bekämpft werden, dass in Anlehnung an Vorbilder in
Deutschland und Österreich Ausbildungsprogramme geschaffen werden, mit denen
7

jungen Menschen der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden soll. Darüber
hinaus wurden die Anreize reduziert, atypische Stellen zu schaffen.
Einen wichtigen und bemerkenswerten Durchbruch gab es daneben vor allem bei der
Lohnfindung zwischen den Tarifpartnern. Denn ein Hauptgrund für die verschlechter-
te Wettbewerbsfähigkeit Italiens liegt darin, dass sich die Löhne bislang zu wenig
nach der Produktivitätsentwicklung richten und teils auch noch an die Inflation (ohne
Energiepreise) gekoppelt sind.
Hier haben Gewerkschaften und Arbeitgeber in einer Art Bündnis für Arbeit nun be-
schlossen, dass die Inflationsbindung aufgegeben und die Lohnfindung stärker auf
die Betriebsebene verlagert wird. Öffnungsklauseln sollen zudem (ähnlich wie in
Deutschland) Firmen mit Problemen ermöglichen, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten
und von Lohnvereinbarungen abzuweichen, die auf nationaler Ebene getroffen wur-
den. Damit diese neuen Regeln auch genutzt werden, will der Staat Steuererleichte-
rungen für Lohnzahlungen gewähren, die in dieser Weise produktivitätsorientiert ab-
geschlossen wurden.




4. Ausblick


Gegenwärtig zeigt der Reformaufbruch in der italienischen Wirtschaft noch keine
rechte Wirkung, wohl weil die Konjunkturkrise derzeit zu tief ist. Doch mittelfristig
dürfte das Vertrauen wiederkehren, und es dann auch mit dem Wachstum wieder
deutlich aufwärts gehen. So schätzt die OECD, dass die eingeleiteten Reformen Ita-
lien über zehn Jahre einen Wachstumsschub von insgesamt zusätzlichen vier Pro-
zent des BIP bringen dürften. Auch ein anderer Punkt spricht mittelfristig für einen
verhaltenen Optimismus. Denn anders als etwa in Griechenland, Portugal und vor
allem Spanien ist die private Verschuldung in Italien nicht besonders hoch und dürfte
damit die Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren nicht bremsen.
Doch damit die Reformdividende auch wirklich eingefahren werden kann, darf die
nächste Regierung die weitere Umsetzung nicht verwässern oder gar den Kurs wie-
der umkehren. Dazu müssen zu viele Reformbaustellen erst noch endgültig ge-
schlossen werden Im Bildungs- und Innovationssystem, das noch viele Mängel auf-
weist, hat Italien zudem noch einen längeren Weg vor sich.
Fazit: Die Herausforderungen für die neue italienische Regierung sind enorm – und
auch die Verantwortung für das Land wie für ganz Europa. Denn wenn Italien fällt,
wird es auch für die Eurozone kaum noch ein Halten geben.

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Italien vor den Parlamentswahlen - Was kommt nach Monti?

  • 1. IW policy paper · 2/2013 Italien vor den Parlamentswahlen: Was kommt nach Monti? Eine kurze Bestandsaufnahme wichtiger Produkt- und Arbeitsmarktreformen Autor: Jürgen Matthes Telefon: 0221 4981-754 matthes@iwkoeln.de
  • 2. 2 1. Großer Reformbedarf in Italien Italien steht mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen vor enorm wichtigen Weichenstellungen – sowohl für das eigene Land, als auch für die Eurozone. Es geht um die Frage, ob die nächste Regierung den eingeschlagenen Reformkurs beibehält, oder ob sie das gerade erst mühsam zurückgewonnene Vertrauen wieder verspielt – und sich die Euro-Schuldenkrise deshalb womöglich wieder zuspitzt. Seit der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi Mitte November 2011 seinen Rücktritt einreichte, hat eine technokratische Übergangsregierung unter Mario Monti die Amtsgeschäfte geführt. Der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar war angetre- ten, um Italien fit für die Zukunft zu machen. Er wollte es zudem mit ersten, aber ent- scheidenden Schritten aus der Euro-Schuldenkrise herausführen. Dazu hat die Ex- pertenregierung unter Monti ein umfangreiches Reformprogramm aufgelegt, das zahlreiche lange bekannte Schwächen der italienischen Wirtschaft endlich angeht: das chronisch schwache Wachstum, die geringe Beschäftigungsquote und den er- heblichen Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Abbildung 1 Produktivität und Exportmarktanteile* 30 - Veränderung zwischen 2000 und 2012 in Prozent - Gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität Exportperformance* 20 10 0 -10 -20 -30 -40 IRL USA S FIN UK J SP GR P D F AU NL CAN DK B I * Die Exportperformance stellt die Veränderung der Exporte von Waren und Dienstleistungen eines Landes ins Verhältnis zu der Entwicklung der Exportmärkte des betreffenden Importlandes (also zu der Entwicklung der gesamten Importe des Landes); Zunahme signalisiert einen Exportmarktanteilsgewinn Quellen: OECD, Institut der deutschen Wirtschaft Köln Tatsächlich schneidet Italien im internationalen Vergleich beim Produktivitätswachs- tum nur sehr schwach ab und hat zudem besonders stark an Exportmarktanteilen
  • 3. 3 verloren (Abbildung 1). An die nötigen Reformen hatte sich zuvor kaum einer der etablierten Politiker so richtig herangetraut. Die Widerstände wichtiger Interessen- gruppen schienen zu groß zu sein. Auch wenn die Regierung unter Mario Monti nicht alle Probleme anging, manches zu zaghaft anpackte und einige Reformen erst noch bis zum Ende umgesetzt werden müssen – die Experten sind sich einig: So lobte etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Reformen im September 2012 als mutig, ehrgeizig und weitreichend. Der Interna- tionale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union (EU) stimmen ähnliche Tö- ne an. Die Reformagenda ist auch deshalb so breit, weil die Erfahrung Deutschlands und auch anderer Länder gezeigt haben, dass nur entschiedenes und umfassendes Vor- gehen neues Vertrauen schafft. Zudem können auf diese Weise viele Korrekturen ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Staatshaushalt und Verwaltung sind dabei ebenso im Fokus (vgl. iwd 2012, Nr. 14, S. 4) wie Produkt- und Arbeits- märkte, die hier genauer betrachtet werden. 2. Mehr Wettbewerb auf Produktmärkten Ein umfangreiches Reformpaket für die Produktmärkte hat das italienische Parlament im März 2012 in seinen Grundzügen beschlossen. Es hat zum Ziel, den in vielen Be- reichen der Wirtschaft Italiens sehr eingeschränkten Wettbewerbsdruck zu steigern, wobei für die Änderungen teilweise längere Übergangsfristen vorgesehen sind. Mit seinen Reformen will Monti nicht nur die oftmals überhöhten Preise zum Nutzen der Verbraucher senken, wie der Ministerpräsident werbewirksam verkündete. Weil Kon- kurrenz das Geschäft belebt, hofft er zudem, so die Produktivität anzukurbeln – und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit. Montis Reformen setzen nach Angaben des IWF an der Energieversorgung und vie- len privaten und öffentlichen Dienstleistungen an. Insgesamt liefern diese Branchen rund 40 Prozent der Vorleistungen für die Wirtschaft. Günstigere Zulieferprodukte könnten also die gesamte italienische Ökonomie wettbewerbsfähiger machen. Liberalisierungen bei den freien Berufen In den freien Berufen mangelt es besonders an Wettbewerb. So ist die Regulierung nach Angaben der OECD hier so stark wie in kaum einem anderen Industrieland (Abbildung 2). Zugangsbeschränkungen und Mindestpreise sorgen hier seit langem dafür, dass Notare, Apotheker und andere freie Berufsgruppen überhöhte Preise und
  • 4. 4 Einkommen auf Kosten der Allgemeinheit erzielen können. Gerade junge, gut aus- gebildete Menschen bleiben oft von den Berufen ausgeschlossen. Abbildung 2 Regulierungsgrad freier Berufe* 3,5 - Skala von 0 (wenig) bis 6 (stark) - 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 S UK IRL FIN USA DK NL J SP F B P AU GR D CAN I * umfasst u.a. Wirtschaftsprüfung, Anwälte, Notare, Ingenieure, Architekten Quelle: OECD Hier setzen nun zahlreiche Reformen an. Mindestgebühren sollen weitgehend abge- schafft und der Zugang zu den freien Berufen durch Veränderung der Qualifikations- anforderungen erleichtert werden. Zudem wird, ebenfalls um mehr Konkurrenz zu erzeugen, die Zahl der Notare und Apotheker erhöht, etwa indem die Voraussetzun- gen für die Gründung neuer Apotheken erleichtert werden. Zudem können mehr Arz- neien von Drogerien verkauft werden statt wie bisher nur von Apotheken. Liberalisierungen im Energie- und Transportwesen In Italien ist Strom aufgrund von Monopolstrukturen und ineffizienter Produktionswei- sen sehr teuer. So zahlt die Industrie in Italien für Strom sehr viel mehr als in ande- ren Industriestaaten (Abbildung 3). Das ist eine weitere Bürde für die Wettbewerbs- fähigkeit. Daher soll auch im Energiemarkt mehr Wettbewerb entstehen, etwa indem die Regu- lierungsbehörden gegenüber dem Monopolanbieter ENI gestärkt werden. Auch soll ENI bis Mai 2013 das Gasnetz abgeben, damit andere Gaswettbewerber mit ihren Konkurrenzangeboten nicht so leicht behindert werden können. Weil in Italien viel
  • 5. 5 Elektrizität aus Gas hergestellt wird, hofft man so auch auf niedrigere Strompreise – und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Abbildung 3 Strompreise für die Industrie 30,0 - in US-Cent je Kilowattstunde im Jahr 2011 - 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 USA CAN S FIN DK NL F GR UK B P SP IRL AU D J I Strompreise: Kanada: 2010, Österreich: 2008, USA: Ohne Steuern; Quelle: IEA Im Transportwesen bestehen bei der Eisenbahn ähnliche netzbezogene Probleme. Hier geht es beispielsweise darum, dass andere Anbieter das Highspeed-Bahnnetz zu gleichen Bedingungen wie der frühere Staatsanbieter Trenitalia nutzen können. Nicht nur, um dies sicherzustellen, wurde eine neue unabhängige Regulierungsbe- hörde für den Transportbereich gegründet. Sie soll für mehr Wettbewerb und Effizi- enz sorgen – und damit wiederum auch für einen Zugewinn an Wettbewerbsfähig- keit. Denn beim Export von Industriegütern fallen natürlich auch im Inland zunächst Transportkosten an. 3. Reformen der Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik Die Arbeitslosigkeit in Italien war zwar lange relativ niedrig, aber die Beschäftigungs- quote ist im internationalen Vergleich mit 57 Prozent sehr gering (Abbildung 4) – vor allem die der Frauen sowie der jungen und älteren Arbeitnehmer. Zudem herrscht
  • 6. 6 eine tiefe Spaltung zwischen festen und atypisch beschäftigten Arbeitnehmern. Schuld daran ist unter anderem ein umfassender Kündigungsschutz, der Unterneh- men vor Neueinstellungen zurückschrecken lässt. Abbildung 4 Beschäftigungsquote* 80 - Angaben in Prozent - 70 60 50 40 30 20 10 0 NL DK S AU CAN D UK J FIN USA P F B IRL GR SP I * Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung im Erwerbsalter im Jahr 2010 Quelle: OECD So greifen relativ strikte Regeln für größere Entlassungen von fünf oder mehr Mitar- beitern in Italien schon für Unternehmen ab 15 Beschäftigten – in vielen anderen In- dustrieländern gelten hier höhere Schwellenwerte. Zudem stufen Arbeitsgerichte Ent- lassungen häufig als ungerechtfertigt ein und verlangen nach dem (oft zeitverzöger- ten) Richterspruch in der Regel eine volle Lohnnachzahlung für die Zeit nach der Entlassung. Wohl auch deshalb enden rund 60 Prozent der Kündigungen vor dem Arbeitsgericht, in Deutschland liegt diese Quote nur bei drei Prozent. Das macht Ent- lassungen – und damit indirekt auch Einstellungen – für Unternehmen zu einem risi- koreichen Unterfangen. Eine Arbeitsmarktreform, die am Kündigungsschutz ansetzt, ist im politischen Pro- zess leider ziemlich verwässert worden. Hier wird man erst abwarten müssen, ob sich in der Praxis wirklich etwas zum Besseren wendet. Aber es gibt noch einige wei- tere Maßnahmen, die an der Spaltung des Arbeitsmarktes und der geringen Beschäf- tigungsquote einiger Berufsgruppen ansetzen. So soll die relativ hohe Jugendarbeits- losigkeit mittelfristig dadurch bekämpft werden, dass in Anlehnung an Vorbilder in Deutschland und Österreich Ausbildungsprogramme geschaffen werden, mit denen
  • 7. 7 jungen Menschen der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden soll. Darüber hinaus wurden die Anreize reduziert, atypische Stellen zu schaffen. Einen wichtigen und bemerkenswerten Durchbruch gab es daneben vor allem bei der Lohnfindung zwischen den Tarifpartnern. Denn ein Hauptgrund für die verschlechter- te Wettbewerbsfähigkeit Italiens liegt darin, dass sich die Löhne bislang zu wenig nach der Produktivitätsentwicklung richten und teils auch noch an die Inflation (ohne Energiepreise) gekoppelt sind. Hier haben Gewerkschaften und Arbeitgeber in einer Art Bündnis für Arbeit nun be- schlossen, dass die Inflationsbindung aufgegeben und die Lohnfindung stärker auf die Betriebsebene verlagert wird. Öffnungsklauseln sollen zudem (ähnlich wie in Deutschland) Firmen mit Problemen ermöglichen, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten und von Lohnvereinbarungen abzuweichen, die auf nationaler Ebene getroffen wur- den. Damit diese neuen Regeln auch genutzt werden, will der Staat Steuererleichte- rungen für Lohnzahlungen gewähren, die in dieser Weise produktivitätsorientiert ab- geschlossen wurden. 4. Ausblick Gegenwärtig zeigt der Reformaufbruch in der italienischen Wirtschaft noch keine rechte Wirkung, wohl weil die Konjunkturkrise derzeit zu tief ist. Doch mittelfristig dürfte das Vertrauen wiederkehren, und es dann auch mit dem Wachstum wieder deutlich aufwärts gehen. So schätzt die OECD, dass die eingeleiteten Reformen Ita- lien über zehn Jahre einen Wachstumsschub von insgesamt zusätzlichen vier Pro- zent des BIP bringen dürften. Auch ein anderer Punkt spricht mittelfristig für einen verhaltenen Optimismus. Denn anders als etwa in Griechenland, Portugal und vor allem Spanien ist die private Verschuldung in Italien nicht besonders hoch und dürfte damit die Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren nicht bremsen. Doch damit die Reformdividende auch wirklich eingefahren werden kann, darf die nächste Regierung die weitere Umsetzung nicht verwässern oder gar den Kurs wie- der umkehren. Dazu müssen zu viele Reformbaustellen erst noch endgültig ge- schlossen werden Im Bildungs- und Innovationssystem, das noch viele Mängel auf- weist, hat Italien zudem noch einen längeren Weg vor sich. Fazit: Die Herausforderungen für die neue italienische Regierung sind enorm – und auch die Verantwortung für das Land wie für ganz Europa. Denn wenn Italien fällt, wird es auch für die Eurozone kaum noch ein Halten geben.