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Lehrstuhl für                              Grundlagen                Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                    der modernen Flugführung        Rev.:  1.4
TU München                                                           Seite: 1



Inhalt

1. Einleitung                                                                   5

2. Aufgabenstellung in der Navigation und Flugführung                           5
       2.1 Definition der Flugführung                                           9

       2.1.1 Mensch                                                             9

       2.1.2 Gesetz                                                             10

       2.1.3 Flugmechanik / Flugleistung / Flugregelung                         12

       2.1.4 Meteorologie                                                       12

              2.1.4.1 Atmosphäre                                                13

              2.1.4.2 Druck                                                     15

              2.1.4.3 Temperatur                                                23

              2.1.4.4 Wind                                                      24

              2.1.4.5 Wichtige Wetterphänomene für die Luftfahrt                25

       2.1.5 Flugvorbereitung                                                   28

       2.1.6 Flugsicherung                                                      30

       2.1.7 Navigation                                                         33

                      2.1.7.1 Grundlegende Begriffe der Navigation              36

              2.1.7.2 Astronavigation                                           40

              2.1.7.3 Dopplernavigation                                         41

              2.1.7.4 Loran                                                     41

              2.1.7.5 Omega/VLF                                                 42

              2.1.7.6 VOR                                                       43

              2.1.7.7 NDB                                                       45

              2.1.7.8 DME                                                       46
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Flugsystemdynamik                      der modernen Flugführung       Rev.:  1.4
TU München                                                            Seite: 2



              2.1.7.9 Anflug                                                     48

              2.1.7.10 Radarnavigation                                           50

              2.1.7.11 Sichtnavigation und konventionelles Koppeln               51

              2.1.7.12 Flächennavigation                                         52

              2.1.7.13 Trägheitsnavigation                                       54

              2.1.7.14 Satellitennavigation                                      54

       2.2 Literaturhinweise                                                     55

3. Funktionsweise heutiger Navigationssysteme                                    58
       3.1 VOR                                                                   58

       3.2 NDB                                                                   61

       3.3 DME                                                                   65

       3.4 ILS                                                                   67

       3.5 Satellitennavigation                                                  71

              3.5.1 Entwicklungsgeschichte der Satellitennavigation              71

              3.5.2 Komponenten der Satellitennavigation                         72

                     3.5.2.1 Das Raumsegment                                     73

                     3.5.2.2 Das Kontrollsegment                                 74

                     3.5.2.3 Das Nutzersegment                                   75

              3.5.3 GPS Funktionsweise                                           76

                     3.5.3.1 Signalerzeugung                                     77

                     3.5.3.2 Positionsbestimmung                                 81

              3.5.4 Fehlerquellen                                                91

              3.5.5 Genauigkeit von GPS                                          94

              3.5.6 Differential GPS                                             96

              3.5.7 GPS Anflüge                                                  97
Lehrstuhl für                             Grundlagen               Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                   der modernen Flugführung       Rev.:  1.4
TU München                                                         Seite: 3



       3.6 Trägheitsnavigation                                                98

              3.6.1 Komponenten von Trägheitsnavigationssystemen              98

              3.6.2 Funktionsweise der Trägheitsnavigation                    102

       3.7 Radar                                                              111

              3.7.1 Primärradar                                               113

              3.7.2 Sekundärradar                                             119

              3.7.3 Antennen                                                  120

       3.8 Literaturhinweise                                                  121

4. Anwendung und Integration von Flugführungssystemen
in der Praxis                                                                 124

       4.1 FMS                                                                124

       4.2 Automatische Flugführung                                           131

       4.3 Datalink                                                           135

       4.4 Antikollisionswarnsystem (TCAS)                                    138

              4.4.1 Systemkomponenten von TCAS                                141

              4.4.2 Funktionsweise von TCAS                                   142

       4.5 Bodenannäherungswarnsystem (GPWS)                                  152

       4.6 Militärische Flugführungssysteme                                   163

       4.7 Flugführung auf Flugplätzen                                        167

5. Zukunftstechnologien                                                       170

       5.1 Virtuelle Sicht und Flugwegdarstellung                             170

       5.2 Flugführung auf Flugplätzen                                        170

       5.3 TCAS III                                                           173

       5.4 EGPWS                                                              173

       5.5 FANS                                                               174
Lehrstuhl für                                 Grundlagen                          Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                       der modernen Flugführung                  Rev.:  1.4
TU München                                                                        Seite: 4



6. Der Mensch im Cockpit                                                                      176

7. Anhang                                                                                     178

8. Abkürzungsverzeichnis                                                                      189

9. Literaturverzeichnis                                                                       194




Das vorliegende Skript wurde am Lehrstuhl für Flugsystemdynamik (vorher Lehrstuhl für Flugmechanik &
Flugregelung) der TU München von Prof. Dr.-Ing. Otto Wagner und Dipl.-Ing. Ingo Sturhan erstellt.

Für Kritiken bzw. Verbesserungsvorschläge haben sie die Möglichkeit unter sturhan@tum.de Ihre Wünsche
mitzuteilen – vielen Dank!
Lehrstuhl für                               Grundlagen                         Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                     der modernen Flugführung                 Rev.:  1.4
TU München                                                                     Seite: 5



1. Einleitung
In der Lernunterlage Grundlagen der modernen Flugführung soll dem Studenten ein Einblick
in die Flugführungssysteme heutiger Verkehrs- und Militärluftfahrzeuge gegeben werden.
Zunächst wird die Entwicklungsgeschichte anhand einiger historischer und bereits veralteter
Verfahren und Geräte vorgestellt, die von den Anfängen der Fliegerei bis zum Beginn der
80er Jahre reichen. Anschließend wird mit der Einführung des Glascockpits (z.B. Airbus) die
Entwicklung der Flugführungstechnik bis zum heutigen Stand erklärt (z.B. GPS bzw. GNSS,
IRS/INS und FMS). Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem prinzipiellen Verständnis der
wissenschaftlichen und technischen Zusammenhänge. Typische Themengebiete sind bei-
spielsweise Trägheits- und Satellitennavigation, Ground Proximity Warning System (GPWS)
oder Traffic Alert & Collision Avoidance System (TCAS).

Dem Studenten soll durch Aufzeigen von Vor- und Nachteilen der technischen Anlagen und
der Schnittstellenthematik von Mensch-Maschine im Cockpit, die Problematik bei der Ent-
wicklung heutiger aber auch zukünftiger Flugführungssysteme näher gebracht werden.

Am Ende einzelner Abschnitte sowie im Anhang werden für den interessierten Studenten
Verweise auf weiterführende Literatur oder Informationsquellen (z.B. Internet, Firmen...) ge-
geben. Abschließend werden mögliche Entwicklungen bestehender Systeme und neue Zu-
kunftstechnologien dargestellt.

Es sei bereits hier angemerkt, dass diese Unterlage keinen Ersatz für eine fundierte Ausbil-
dung an den entsprechenden Systemen in der Praxis sein kann. Im Unterricht werden zum
besseren Verständnis zusätzlich interaktive Demonstrationen und Lehrfilme gezeigt. Abge-
rundet wird die Vorlesung durch eine zusätzlich gehaltene Übung, die den vermittelten Lehr-
stoff an Beispielen vertiefen soll. Um einen weiteren praktischen Einblick in die Thematik zu
erhalten wird auf das Flugführungspraktikum verwiesen.


2. Aufgabenstellung in der Flugführung
In diesem Kapitel werden die Gründe für eine immer weiter fortschreitende Entwicklung der
Flugführung dargelegt. In einem zweiten Abschnitt werden einige einfache Zusammenhänge
aus den Bereichen der Flugführung (z.B. Navigationsbegriffe) erklärt, die es auch dem Laien
ermöglicht, einen Einstieg in die später behandelten Themen zu bekommen. Zunächst wird in
Tabelle 1 ein grober Überblick über die Luftfahrtgeschichte und ihre technischen Entwicklun-
gen gegeben.


Tab. 1 Entwicklung und Geschichte der Luftfahrt [4;5]

     Zeit/Ort                                        Ereignis
1799, England        Sir George Cayley entwarf das Konzept des Flugzeugs mit starren
                     Tragflächen; es diente als Grundlage für spätere Flugzeugentwicklungen
1804, England        Sir G. Cayley experimentierte mit Flugdrachen um die Rätsel um den Auftrieb,
                     Antrieb und die Kontrolle zu erforschen; erster Entwurf eines Gleitflugzeuges
1890, Deutschland Otto Lilienthal experimentierte mit selbstgebauten Gleitflugzeugen;
Lehrstuhl für                            Grundlagen                     Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                  der modernen Flugführung             Rev.:  1.4
TU München                                                              Seite: 6



                  Entdeckung des gekrümmten Profils für die Auftriebsoptimierung; Li-
                  lienthalpolare;
                  Lilienthal starb bei einem Flugversuch 1896
1903, USA Kitty Orwille und Wilbur Wright gelingt der erste angetriebene Motorflug
Hawk              (~37m; 12s) mit dem Flugzeug Flyer ; weitere Experimente zur geziel-
                  ten Untersuchung von Profilen im ersten Windkanal
1906, Frankreich Alberto Santos Dumont flog als erster mit einem Motorflugzeug 59 m
                  weit in 3 m Höhe in Europa
1907, Frankreich Paul Cornu flog als erster mit einem durch zwei sich drehende Tragflä-
                  chen angetriebenen Luftfahrzeug ⇒ erster Hubschrauber
1908, Italien     Erster Alleinflug einer Frau
1908              Funkpeilung mit einem Funksender an Bord eines Zeppelins
1909, Frankreich Louis Bleriot flog über den Ärmelkanal von Frankreich nach England
                  (42 km); Eindecker Bleriot XI mit verdrehbaren Flächen zur Steuerung
                  (Wright Patent)
1910, Europa      Erste Alpenüberquerung durch den Perueaner Jorge Chavez
1911, USA         Erste Landung auf einem Kriegsschiff
1913              Basisausführung der Cockpitinstrumentierung: Fahrt-, Höhenmesser,
                  künstlicher Horizont und Wendezeiger
1914, USA         Erster Linienbetrieb zwischen St. Petersburgh und Tampa in Florida
1914-1918         Einführung der Luftwaffe als Kriegsmittel; Entwicklung der Querruder
Erster Weltkrieg und erste Experimente mit Metallbauweise; Entwicklung der Bordkano-
                  ne die durch die Propellerebene schießt
1916, USA         Gründung der Boeing Werke durch William Boeing
1918, USA         Gründung der NACA als Vorläufer der späteren NASA
1919              Erstflug der Junkers F 13
1920              ASME (= American Society of Mechanical Engineers) entwirft typi-
                  sches Instrumentenbrett (T - Anordnung)
1926              Erster Flug über den Nordpol durch Cdr. Richard Byrd
1927              Charles Lindbergh überquert als erster den Atlantik nonstop von New
                  York nach Paris; Spirit of St. Louis
1929, USA         Doolittle führt Blindflug durch
1930              Anfänge der Funknavigation
1932              Erstflug der Ju 52
1933, USA         Erster Airliner Boeing 247 wird in Dienst gestellt
1937, USA         Explosion des Luftschiffes Hindenburg in Lakehurst ⇒ Ende der Luft-
                  schifffahrt
1937              Instrumenten Landesystem (ILS) wird in Deutschland und den USA
                  demonstriert
1937 – 1945       Immer schneller und höher fliegende Flugzeuge und Hubschrauber;
Zweiter Weltkrieg Weiterentwicklung von Radar- und Navigationstechnologien
                  Luftwaffe wird kriegsentscheidend; Me/Bf 109 wird zum bis heute meist
                  gebauten Flugzeug ca. 35000 Stück
1939, Deutschland Erster Flug mit einem Düsenflugzeug He 178 durch Erich Warsitz
1939, USA         4 motoriges Flugzeug (Boeing 307) mit ca. 50 Instrumenten ausgestattet
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1940              UKW Funk und Radar
1943              Langstrecken Funknavigation LORAN A
1944              Funknavigation mit Hilfe von DECCA
1947, USA         4-motoriges Flugzeug (DC6) mit elektrisch angetriebenen Kreiseln,
                  Fluxgate - Fernkompass und Bordradar
1947, USA         Durchbrechen der Schallmauer durch Pilot Chuck Yeager im Horizon-
                  talflug mit dem Raketenflugzeug Bell X1; 1072 km/h bzw. Ma = 1.015
                  in 12600 m Höhe
1949, USA         Einführung der F86 Sabre; Pfeilflügel und Überschallflugzeug, radarge-
                  stützte Zielerfassung
1955              Vollautomatische Landung; Trägheitsnavigation
1957              Erstflug der Boeing 707
1959              Erster ’Um die Welt Flug’ mit einer Boeing 707 von PAN AM
1960              Erste autonome Antikollisionssysteme; Langstreckennavigation
                  LORAN C
1962              Beginn des Aufbaus des Langstreckennavigationssystems OMEGA
1964, USA         Einführung des ersten auf Satelliten gestützten Navigationssystem
                  TRANSIT der US Navy
1965              Synthetische Informationsdarstellung im Cockpit (Head up Display)
1967, USA         Erste automatische Landung im Linienbetrieb mit einer B707
1969, Frankreich Erster Flug der Concorde; Überschallflug bis Ma = 2.2
1969, USA         Erstflug der Boeing 747
1969/70           Zusammenschluss von Deutschland und Frankreich zum Bau der ge-
                  meinsamen A 300; Gründung der Airbus Industrie in Toulouse
1972, Frankreich Erstflug der Airbus A300; Einführung des Glascockpits
1973 USA          Weiterentwicklung des 621 B Programms der US Air Force in das heu-
                  tige Satellitennavigationssystems NAVSTAR GPS
1979, Ärmelkanal Erster Flug mit einem Muskelkraftflugzeug über den Ärmelkanal durch
                  Mac Cready
1981, USA         Erster Flug der Columbia (Space Shuttle)
1985, USA         Ende der dritten Entwicklungsphase und erste allgemeine Operationsfä-
                  higkeit des NAVSTAR GPS
23.12.1986        Erstmalige nonstop Umrundung der Erde ohne Auftanken > VOYAGER
                  von Burt Ruton
1987, Frankreich Erstflug der A 320; Weiterentwicklung des Glascockpits und Einführung
                  der Fly - by - wire Steuerung
1991, Frankreich Erstflug der A 340
27.03.1994        Erstflug des Eurofighters – Gemeinschaftsprojekt von Spanien, Italien,
Deutschland       Großbritanien und Deutschland
02.06.1994, USA   Erstflug der B 777; größtes 2-motoriges Jetflugzeug
25.07.2000 Frank- Absturz einer Concorde nach dem Start in Paris Charles de Gaulle
reich
24.10.2000 USA    Erstflug des Joint Strike Fighters X35 JSF > Senkrechtstartfähigkeit
19.12.2000 Frank- Offizieller Programmstart der A3XX, die ab diesem Datum A380 heißt.
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reich             Die A380 soll in der Frachtversion ein Startgewicht bis zu 583t haben
                  und als Passagierversion über 500 Personen transportieren
23.04.2001 Frank- Erstflug des A340-600 in Toulouse, dem bisher längsten, zivilen Flug-
reich             zeug der Welt (75.30 m Länge)
22.02.2002 USA    Erstflug des UCAV X-45 (unmanned combat air vehicle)
Juni 2002 USA     Erste Boeing 747-400 ER (extended range) hat ihren Roll Out in Seattle
01.02.2003 USA    Absturz des ersten Space Shuttles Columbia (heißes Plasma beschädigt
                  Flügelstruktur beim Wiedereintritt)
23.11.2003 Argen- Weltrekord Streckensegelflug (Klaus Ohlmann) mit 2174 km in den
tinien            Anden / Südamerika (dynamischer Segelflug – Wellenflug)
26.11.2003 Frank- Letzter Flug der Concorde
reich
08.04.2004 USA    Erstflug eines privaten Raumflugkörpers von Burt Ruton SPACE SHIP
                  ONE
16.11.2004 USA    Erreichen von Ma 10 mit der X-43 A (SCRAMJET – Verbrennung bei
                  Überschallströmung)
17.01.2005 Frank- Roll out des Airbus A380 in Toulouse
reich
27.04.2005 Frank- Erstflug des Airbus A380
reich
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2.1 Definition der Flugführung
Die Flugführung hat die Aufgabe einen Flug zwischen seinem Start- und Zielort in allen sei-
nen Flugabschnitten entsprechend des Missionsaspekts (z.B. Sicherheit, Wirtschaftlichkeit
etc.) zu ermöglichen. Sie stellt in geeigneter Weise Informationen für den Pilot und Regler
durch Anzeigen im Cockpit zur Verfügung. Neben den Informationen über den Flugzustand
betreffen diese die aktuelle Position und den aktuellen Flugweg, sowie die von der Flugsiche-
rung vorgegebenen Bahngrößen (z.B. Höhe und Kurs) und die daraus abgeleiteten Sollwerte
für die Flugzustandsgrößen (z.B. Nickwinkel θ oder Hängewinkel Φ). Die Flugführung opti-
miert weiterhin die Umgebungsbedingungen des Arbeitsplatzes im Cockpit, insbesondere die
vielfältigen Bedienelemente. Eine weitere immer wichtiger gewordene Aufgabe ist der Ein-
satz von regelungstechnischen Einrichtungen, die den Piloten in zunehmendem Maße seiner
Führungsaufgabe entlasten sollen [40].

Wie dem Leser vielleicht aufgefallen ist, umfasst der Begriff der Flugführung mehrere Fach-
bereiche. Neben der Meteorologie (meteorology) oder der Flugsicherung (air traffic control)
stellt die Navigation einen Hauptaspekt in der Flugführung dar. Abbildung 1 gibt einen Über-
blick über die anderen an der Flugführung beteiligten Bereiche.




           Mensch                Gesetz        Flugmechanik/~leistung und Flugregelung




                                        Flugführung




   Navigation            Meteorologie         Flugvorbereitung             Flugsicherung


Abb.1           Bereiche der Flugführung


2.1.1 Mensch

Der Mensch bzw. Pilot hat die Aufgabe der Überwachung des Flugablaufs und ist für die kor-
rekte Verarbeitung der Informationen seiner Cockpitsysteme (z.B. Autopilot, Flight Manage-
ment System [FMS]) und Anweisungen der Flugsicherung verantwortlich. Diese Aufgaben
stehen unter dem Ziel das Flugzeug entsprechend dem Zweck (= Mission) optimal zu führen.
Zum Beispiel haben Flugverkehrsgesellschaften ein besonderes Interesse ihre Passagiere si-
cher und möglichst wirtschaftlich von einem zum anderen Ort zu bringen. Im Vergleich dazu
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interessiert das Militär beispielsweise die schnelle und unbemerkte Aufklärung (z.B. Einsatz
von Nachbrenner oder Tiefflug) feindlichen Gebietes; hierbei spielt der wirtschaftliche As-
pekt eine untergeordnete Rolle. Der Pilot hat im Vergleich zu früher, als mehr das manuelle
Fliegen im Vordergrund stand, im Laufe der technischen Weiterentwicklung primär Manage-
mentaufgaben übernommen, die ihn immer mehr von der eigentlichen Aufgabe des Steuerns
seines Flugzeugs entfernen.


2.1.2 Gesetz

Die Beschränkungen, die durch den Staat bzw. durch das Gesetz die Flugführung beeinflus-
sen, werden durch Artikel 1 des Luftfahrtgesetzes deutlich:
„...die Nutzung des Luftraums ist frei, solange sie nicht durch andere Regeln beschränkt ist.“
Jeder Staat behält sich damit vor, die Nutzung des eigenen Luftraums z.B. durch Ausschrei-
bung verschiedener Lufträume zu reglementieren. Früh wurde allerdings erkannt, dass um die
Vorteile des weltweiten Luftverkehrs nutzen zu können, bestimmte internationale, verbindli-
che Regelungen zwischen den Ländern getroffen werden müssen. Diese Aufgabe wird heute
von internationalen Dachverbänden – wie der ICAO (international civil aviation organisation;
Montreal) oder der IATA (international airline transport association; Montreal) – zusammen
mit den nationalen Luftfahrtbehörden (Luftfahrtbundesamt [LBA] in Deutschland oder Fede-
ral Aviation Authority [FAA] in den USA) wahrgenommen (z.B. Abkommen von Chicago
1944).

In Abbildung 2 und 3 wird ein Überblick über die wichtigsten Luftraumstrukturen und Luft-
raumregeln gegeben.




Abb.2          Luftraumstruktur in Deutschland [1]


 Luftraum      Art der    Höchstzulässige Ge-       Sprechfunkverkehr           Freigaben durch
               Flüge      schwindigkeit                                         Flugsicherung
      A             IFR      nicht vorgeschrieben    dauernde Hörbereitschaft      erforderlich
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 (v.a. in USA)
      B            IFR/VFR    nicht vorgeschrieben   dauernde Hörbereitschaft     erforderlich
 (v.a. in USA)
    C&               IFR      Nicht vorgeschrieben
Kontrollzone                                         dauernde Hörbereitschaft     erforderlich
 (CTR) C            VFR        250 kt unter FL 100
  D& Kon-
  trollzone
                   IFR/VFR     250 kt unter FL 100   dauernde Hörbereitschaft     erforderlich
  (CTR) D
                     IFR       250 kt unter FL100    dauernde Hörbereitschaft     erforderlich
      E
                    VFR                                 nicht erforderlich      nicht erforderlich
                    IFR        250 kt unter FL 100   dauernde Hörbereitschaft      erforderlich
      F
                    VFR                                 nicht erforderlich      nicht erforderlich
      G             VFR        250 kt unter FL 100      nicht erforderlich      nicht erforderlich


FL  = Flugfläche (Flight Level)
IFR = Flug nach Instrumentenflugregeln (instrument flight rules)
VFR = Flug nach Sichtflugregeln (visual flight rules)




gerade (even)
Flugflächen (FL)




ungerade (odd)
Flugflächen (FL)




Abb.3            Vorgabe der Flughöhen abhängig von der Flugrichtung [2]
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Abb.4         Ausweichregeln für Flugzeuge in gleicher Höhe [2]


2.1.3 Flugmechanik / Flugleistung / Flugregelung

In diesem Fachbereich sind die physikalischen Grundlagen für die Bewegung des Flugzeuges
niedergelegt. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Bewegungsdynamik darstellen und letztendlich die
gesamten Flugbereichsgrenzen (flight envelope) des Flugzeugs festlegen. Die Informationen
aus der Flugmechanik fließen direkt in die Auslegung von Regelsystemen und damit in die
Flugführung selbst ein.

Beispielsweise ist es für einen Militärpiloten von Interesse, welchen Kurvenradius r oder ma-
ximale Rollrate p sein Flugzeug im Stande ist zu leisten. Luftfahrtgesellschaften hingegen
interessieren sich mehr für Aussagen über die aerodynamische Güte (Gleitzahl E, Auftriebs-
und Widerstandsbeiwerte ca, cw oder spezifischer Treibstoffverbrauch c...). Aus diesen Infor-
mationen können beispielsweise Reichweite (Breguet´sche Reichweitenformel) oder Start-
und Landestrecke berechnet werden.

                                        A V    m1
Breguet’sche Reichweitenformel R =          ln
                                        W cg m1 − mk

                                     kg 
c = spezifischerKraftstoffverbrauch  
                                     sN 
m1 = Abflugmasse; mk = Kraftstoffmasse


2.1.4 Meteorologie

Als die Lehre vom Wetter und der Dynamik der Atmosphäre stellt die Meteorologie (griech.:
meteoros = in der Luft schwebend; logica = Lehre folgerichtigen Denkens) einen wichtigen
Beitrag zur sicheren und wirtschaftlichen Flugdurchführung dar. Als Beispiel seien die treib-
stoffsparende Nutzung von Starkwindbändern (jet streams) genannt, die auf Langstreckenflü-
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gen von Nordamerika nach Europa eine Flugstundenersparnis von einer Stunde und mehr
erbringen. Diese Starkwindbänder wirken als Rückenwind mit bis zu 250 km/h. Im umge-
kehrten Fall ist es wichtig die genaue Lage dieser Winde vorherzusagen, um ihnen auf dem
Flug nach Nordamerika auszuweichen (Gegenwind!).

In den folgenden Kapiteln wird auf einige wichtige Phänomene der Meteorologie, die in der
Flugführung eine Rolle spielen, eingegangen.


2.1.4.1 Atmosphäre

Die Atmosphäre stellt ein sehr komplexes dynamisches System dar, das sehr vielen Einfluss-
faktoren unterworfen ist. Erdrotation, Sonneneinstrahlung, physikalische Oberflächenbeschaf-
fenheit sind nur einige dieser Faktoren. In Abbildung 5 wird der Schichtaufbau der Atmo-
sphäre, wie er für die militärische und zivile Luftfahrt interessant ist, erklärt.




Abb. 5        Schichtaufbau der Atmosphäre; [8; S. 24]


Die Atmosphäre stellt zum einen den Bewegungsraum für die Luftfahrt dar, zum anderen
dient sie aber auch als Bezugsgrundlage für den Leistungsvergleich von Flugzeugen oder
Flugtriebwerken. Zu diesem Zwecke wurde von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation
(ICAO) die internationale Standardatmosphäre (ISA) eingeführt. Die Zahlenwerte der Stan-
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dardatmosphäre beschreiben Mittelwerte der in der Atmosphäre vorkommenden Zustände, die
auf 45° Breite bezogen sind. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Parameter.

Tab.2          Internationale Standardatmosphäre (ISA)

Luftdruck in Meereshöhe (mean sea level;      1013.25 hPa
MSL)
Temperatur in MSL                             15 °C/288.15 K
Temperaturgradient in der Troposphäre         - 0.65 °C/100 m
(dT/dh)
Troposphärentemperatur (konstant)             - 56.5 °C/ 216.65 K
Stratosphärentemperatur 11-20km               - 56.5 °C/ 216.65 K
(konstant)
Luftdichte in MSL                             1.225 kg/m3
Luftfeuchtigkeit                              0%
Polytropenkoeffizient n                       1.235
Skalenhöhe H0                                 8432.1 m


Troposphäre

Die Troposphäre (griech.: trope =Drehung, Wendung; sphaira = (Erd)kugel), ist die unterste
Schicht in der Atmosphäre. Sie enthält ¾ der gesamten Atmosphärenmasse und den gesamten
Wasserdampf (z.B. Wolken). Weiterhin spielt sich in der Troposphäre fast das gesamte Wet-
tergeschehen ab. Die Höhe dieser untersten Atmosphärenschicht, die jahreszeitlichen
Schwankungen unterworfen ist, reicht von ca. 8 km an den Polen bis zu 17 km am Äquator
(starke Konvektion der warmen Luft). Die Temperatur nimmt durchschnittlich um 6.5 K/km
ab (vgl. Standardatmosphäre). Am Boden beträgt sie 15 °C und fällt bis zur Grenze der Luft-
schicht (Tropopause) auf – 56 °C [8].

Die Tropopause (griech.: pauin = beendigen) stellt die obere Grenze der Troposphäre dar, die
zwischen 8 und 17 km liegt. Ab der Tropopause schließt sich ein Bereich konstanter Tempe-
ratur (Isothermie) an, der den Beginn der Stratosphäre kennzeichnet.

Stratosphäre

Die Stratosphäre (griech.: stratum = Decke; sphaira = (Erd)kugel) folgt auf die Troposphäre
bzw. ~pause. Die Temperatur bleibt im unteren Teil (bis ca. 25 km) der Stratosphäre zunächst
konstant (Isothermie) und nimmt anschließend mit einem Temperaturgradienten von ungefähr
2.5 K/km zu (Inversion). Grund für die Zunahme ist die Absorption von Strahlung an Mole-
külen, insbesondere in der Ozonschicht. Die Luftfeuchte ist fast Null, weshalb kaum Wolken-
bildung stattfindet.

Die Stratopause als obere Grenzschicht der Stratosphäre reicht von ca. 50 bis 60 km. Die
Temperatur in dieser Höhe hat einen konstanten Verlauf (Isothermie) und liegt bei 0 °C
manchmal bis 50 °C (schwankende Ozonkonzentrationen) [8].
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2.1.4.2 Druck

Unter dem Luftdruck wird die Gewichtskraft einer unendlich hohen Luftsäule bezogen auf
eine Querschnittsfläche verstanden. Entsprechend der physikalischen Definition gilt für den
Druck:

                                                     F[ N ]
                                         P[ Pa ] =
                                                     A[m 2 ]

Der Druck wird mit sogenannten Barometern gemessen. Die internationale Standardeinheit
(SI Einheit) für den Druck ist das Pascal (Pa). In der Luftfahrt gibt es aus historischen Grün-
den weitere Druckeinheiten, die in Tabelle 3 zusammengefasst sind.

Tab.3           Druckeinheiten [52]

                        1 N/mm2 1 N/m2         1 Pascal        1 Hektopascal   1 Bar   1 Millibar
                                                 [Pa]              [hPa]       [bar]     [mbar]
1 N/mm2                    1          10-6       10-6               10-8       10-11       1
1 N/m2                    106          1           1                10-2        10-5      10-2
1 Pascal [Pa]             106          1           1                10-2        10-5      10-2
1 Hektopascal [hPa]       108         102         102                1          10-3       1
1 Bar [bar]               1011        10-         105               103          1        10-3
1 Millibar [mbar]         108         10-         102                1          103        1

Vereinzelt kommt noch die Einheit Millimeter bzw. Inch Quecksilbersäule [mmHg] vor:

                1 mmHg = 133,322 Pa = 1.33322 mbar

                760 mmHg = 1013.25 hPa (Standarddruck der ISA auf MSL)

                1 inHg = 0.0295 hPa

                29.92 inHg (Inch Quecksilbersäule) = 1013.25 hPa



Der Druck ist die Ursache für den Wind und andere dynamische Vorgänge in der Atmosphäre
(z.B. Wettergeschehen mit den Hoch- und Tiefdruckgebieten). Er dient in der Luftfahrt dazu,
mit Hilfe des Höhenmessers die Flughöhe zu bestimmen. Als Grundlage dazu dient die
Grundgleichung der Aerostatik. Mit ihrer Hilfe lässt sich die barometrische Höhenformel
ableiten, die als Grundlage der Höhenmessung verwendet wird.
Lehrstuhl für                                   Grundlagen                        Datum: 27.09.2007
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Kräftegleichgewicht am differentiellen Volumenelement dAdz der Atmosphäre [41; S. 9ff]:

                   dp                                              dp
               −p+   dz dA                       (1)   dz = −
                   dz                                           gρ ( p , T )



  dz                   − gρdzdA

                                                                    p
                                                               1         dp
               + pdA                               (2)   z=−
                                                               g   ∫ ρ ( p, T )
                                                                   p0




                                                   Grundgleichung der Aerostatik



Bei barotropem Zustand ρ(p, T) = ρ(p) ist die Integration von Gleichung (2) möglich:



                                    1              1
                       ρ  p  n  T  n −1
              (3)         =  =  ;                             Polytropenbeziehung
                       ρ 0  p0 
                            
                                  T 
                                   0

Index 0 gilt für den Bodenwert auf Meereshöhe z = 0 m

                                    p
                              1           dp
                                  g ∫
        (3) in (2)     z=−
                             ρ0                1
                                   p0
                                         p n
                                         p 
                                           0




                                             n −1
                                                 
                                  n  p  n                                             p0   RT
              (4)      z = −H 0          − 1 ;
                                        p                       mit Skalenhöhe H 0 =        = 0
                                n − 1  0                                             ρ0 g   g
                                                 

Die Skalenhöhe entspricht gerundet 8430 m der Höhe einer Luftsäule, die auf Meereshöhe
(Index 0) einen Druck von p0 = 1013.25 hPa und eine Dichte von ρ0 = 1.225 kg/m3 hat (Werte
der Standard – Atmosphäre - ISA). Aufgrund der schwierigeren Zusammenhänge in der poly-
tropen Atmosphäre wird zur Druckmessung die isotherme (n=1) Atmosphäre verwendet. Die
Temperaturabhängigkeit wird zum Teil über mechanische Ausgleichsmechanismen oder den
Luftdatenrechner (air data computer; ADC) korrigiert.
Lehrstuhl für                                       Grundlagen                      Datum: 27.09.2007
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Isotherme Atmosphäre:           T(z) = const.

                                 n =1
                (5)                           p
                                 ρ = ρ0
                                              p0

(5) in (4) bzw. n → 1 ergibt [41; S 13]:




                                       p 
                          z = − H 0 ln 
                                      p 
                                       0
                (6)                       z
                                                                  Barometrische Höhenformel
                          p   ρ     −
                            =    = e H0
                          p0 ρ 0




Die Flughöhenmessung erfolgt über die Messung des aktuellen Umgebungsluftdruckes p in
Bezug zum Bodenluftdruck p0. Dieser Bezugsluftdruck kann vom Pilot an seinem Höhenmes-
ser eingestellt werden (vgl. Abb.6).




                                                                                Hunderter Schritte [ft]




Tausender Schritte [ft]




                                                                         Anzeige für den Bezugsdruck
                                                                         [mbar bzw. inHg]

Wahlmöglichkeit für den Bezugsdruck

Angezeigte Höhe: 29600 ft

Abb. 6          Höhenmesser [10; S. 37]
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Bei der Höhenmessung werden drei verschiedene Bezugsluftdrücke unterschieden. Nach dem
meteorologische Q-Schlüssel gibt es das QNH, QFE und QNE.

QFE =            Luftdruck der am Boden (z.B. am Flugplatz) aktuell gemessen wird

QNH =            Theoretischer Luftdruck der auf Meereshöhe (mean sea level; MSL oder NN)
                 herrscht. Er wird vom QFE aus nach den Verhältnissen der Standardatmosphä-
                 re zurückgerechnet. Steht ein Flugzeug auf dem Flugplatz und stellt der Pilot
                 die Höhe des Flugplatzes über MSL (elevation) ein, erhält er automatisch das
                 richtige QNH in seiner Anzeige für den Bezugsdruck.

QNE =            Luftdruck in MSL bei Standardatmosphäre (1013.25 hPa). Auf ihn beziehen
                 sich die Flugflächenangaben (flight levels; FL). Die QNE Einstellung wird bei
                 der von der Flugsicherung vorgegebenen Übergangshöhe (transition altitude;
                 TA) durchgeführt. Umgekehrt wird beim Anflug bei der ebenfalls vorgegebe-
                 nen Übergangsfläche (transition level; TL) der Bezugsdruck wieder auf das
                 QNH des jeweiligen Flughafens umgestellt.




Flugfläche FL 131 (13123 ft)/4000 m (∆p=500hPa) aktueller Druck p=513.25 hPa

                                              Höhe (height) 3598 m/11803 ft (∆449.75 hPa)

Übergangsfläche (transiton level) z.B.FL70        QNE auf QNH

                                                          Druckhöhe (Pressure Altitude) 4000 m/13123 ft
                                                          (∆p=500hPa) auf QNE 1013.25 hPa bezogen

Übergangshöhe (transiton altitude) 5000 ft        QNH auf QNE




                  QFE 963 hPa

Elevation 480 m/1574 ft (∆p=60 hPa)                               wahre Höhe (true altitude) 4078m
                                                                  13379 ft (∆p = 509.75 hPa) > hier im
                                                                  Vergleich zur Flugfläche (bezogen auf
                                                                  QNE)

QNE 1013.25 hPa

                 QNH 1023 hPa                               Setzhöhe ∆p=9.75hPa ~ 78m/256 ft

MSL

Abb. 7 Höhenmessung
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Der Begriff der wahren Höhe (true altitude) beschreibt den wahren Abstand zwischen Flug-
zeug und Meereshöhe bzw. überflogenem Gelände. Diese Höhe ist im Reiseflug nicht so
wichtig, da alle Flugzeuge nach dem Flugflächensystem (Höhe bezogen auf QNE 1013.25
hPa) fliegen und somit den gleichen Fehler haben. Interessant wird die wahre Höhe, wenn
sich das Flugzeug dem Boden (Berge, Landebahn…), z.B. während Anflügen, nähert. Exis-
tiert jetzt eine größere Differenz zwischen angezeigter Höhe und wahrer Höhe besteht die
Gefahr ein falsches Sinkprofil zu fliegen. Im ungünstigsten Fall, wenn die wahre Höhe also
geringer als die angezeigte Höhe ist, kann es zu einem sog. CFIT (controlled flight into ter-
rain) kommen, bei dem das Flugzeug Bodenberührung erfährt und abstürzt. Eine derartige
Abweichung der wahren Höhe von der angezeigten Höhe tritt ein, wenn die Luftmasse sehr
kalt ist. Dann nämlich ist der Abnahmegradient des Druckes mit der Höhe größer als in der
Standardatmosphäre (vgl. barometrische Höhenstufe) und damit die angezeigte Höhe zu groß.
Diese Problematik kann besonders schwerwiegend bei GPS Anflügen sein (vgl. Kap. 3.5.7)

Ein weiterer Begriff der Höhenmessung ist die barometrische Höhenstufe. Sie gibt an wie-
viel Meter ein Druckunterschied von einem Hektopascal ergibt. Näherungsweise kann von
den folgenden Werten ausgegangen werden:

                     auf Meereshöhe:            8 m/hPa

                     ab 5500 m:               16 m/hPa

                     ab 11000 m:              32 m/hPa

                     ab 16500 m:              64 m/hPa

Aus den obigen Werten ergibt sich als Faustformel eine Halbierung/Verdopplung des Luft-
drucks/Höhenstufe pro 5500 m, was bei gleicher Druckdifferenz einem mit der Höhe wach-
sendem Höhenunterschied entspricht.

Neben der Höhe lässt sich mit dem Druck auch die Geschwindigkeit berechnen. Dazu wird
der statische und dynamische Druck benötigt. Dabei gibt der statische Druck den Luftdruck
der ruhenden Umgebungsluft an und der dynamische den Gesamtdruck aus ruhender und be-
wegter Luft (potentieller + kinetischer Anteil). Nach der Bernoulli Gleichung führen Druck-
änderungen zu Änderungen der Geschwindigkeit.

Kompressible Strömung [41; S. 28 ff]:

                             W2    κ p
                      (1)       +        + gz = const. ;             Bernoulli für adiabate Strö-
                              2   κ −1 ρ
                             mung

                                                                                   κ
                                                                                         
                                          ρ             2          κ −1     2  κ −1    
                     (2)     p0 − p∞ =        W 2∞              1+      Ma ∞        − 1
                                          2          κMa ∞ 2         2                 
                                                                                         

                                   q∞                          cp0
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                                                   p0 − p∞
                                    (3)                    = c po ≥ 1 ;                   kinetischer Druck ≥ Staudruck
                                                     q∞

                                                                                            ⇒ (innere    Reibung)



cp0 muss bei der Geschwindigkeitsmessung über einen Korrekturfaktor berücksichtigt werden.

                                                                          Korrekturfaktor


                3




               2,5
                                                                                                             2,44




                2



                                                                                                1,7
         Cp0




               1,5                                                                                                           cpo


                                                                   1,28


                                            1,06
                1        1




               0,5




                0
                     0                    0,5                  1                            1,5          2             2,5
                                                                              Ma




Abb. 8                       Korrekturfaktor cp0; [41; S. 36]

                                                              2 p0 − p∞
aus (2) und (3) :                   (4)            W∞ =
                                                              ρ 0 c p0

Inkompressible Strömung ( κ = ∞ ) [41; S. 40.ff]:

                                                          ρ                           ρ
                                    (5)            p∞ +       W 2∞ = p +                    W 2 = p0 ;   inkompressibler Bernoulli
                                                          2                           2

                                                                                ρ
                                                   p0 − p∞ = q∞ =
                                                                                            2
                                    (6)                                             W∞ ;                 Staudruck q
                                                                                2

                                                               p0 − p ∞
                                    (7)            W∞ = 2
                                                                          ρ
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Die in den Gleichungen (4) und (7) berechneten Größen sind Geschwindigkeiten der freien
Luft, also derjenigen mit der sich das Flugzeug gegenüber der Luft bewegt. Sie ist ausschlag-
gebend für die aerodynamischen Vorgänge am Flugzeug und wird als wahre Geschwindigkeit
(true air speed, TAS) bezeichnet. Bewegt sich das Luftfahrzeug in einer ruhenden Atmo-
sphäre, so stimmt die TAS mit der Geschwindigkeit über Grund (ground speed, GS) überein.
Entsprechend ist die GS bei Gegenwind (head wind) geringer und bei Rückenwind (tail wind)
größer als die TAS. Damit nimmt die GS eine entscheidende Rolle bei der Navigation ein, da
sich aus ihr die Flugzeit berechnen lässt. Die Zusammenhänge dieser zwei Geschwindigkeiten
lässt sich anschaulich in einem Vektordiagramm (Abb. 9) darstellen.

Dabei bedeuten

              VWind          = Windgeschwindigkeitsvektor

              VCWC           = Querwindkomponente (cross wind component)

              VHWC/TWC       = Gegen-/Rückenwindkomponente (tail/head wind component)

              vCWC                                                      vCWC

vHWC                                                      vTWC

                    vwind                                               vwind



                 vTAS                                     vTAS

              vGS                                                       vGS




              vGS < vTAS                                         vGS > vTAS

Abb. 9        Gegen/Rückenwind

Neben der VTAS und der VGS gibt es noch eine dritte wichtige Geschwindigkeit, die angezeigte
Geschwindigkeit VIAS (indicateed airspeed). Sie ist diejenige Geschwindigkeit, die der Pilot
auf seinem Geschwindigkeitsmesser ablesen kann. Sie unterscheidet sich teilweise erheblich
von der VTAS oder VGS, da in die angezeigte Geschwindigkeit (VIAS) mehrere Fehlerquellen
eingehen:

                                           VIAS

Instrumentenfehler: max. +/- 5 kt als Eich- und Temperaturgang Restfehler
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Statikdruckquellenfehler: entsteht aus der Schwierigkeit den statischen Druck im bewegten
Flugzeug exakt zu messen (Verwirbelungen der umgebenden Struktur etc.); Fehler liegt bei
+/- 5 kt oder 3% und kann über Tabellen kompensiert werden, woraus die Calibrated
Airspeed erhalten wird

                                              VCAS

Kompressibillitätsfehler: er ist abhängig von der Machzahl und muss bei Geschwindigkeiten
über 200 kt und/oder Höhen über 20000 ft aufgrund der Kompressibilitätseffekte beachtet
werden. Eine Korrektur führt auf die Equivalent Airspeed

                                               VEAS

Dichtefehler: er entsteht aufgrund der mit der Höhe abnehmenden Dichte. Mit Tabellen kann
dieser Fehler ebenfalls korrigiert werden, woraus sich die True Airspeed ergibt.

                                               VTAS

Die aufgeführten Fehler werden heute in modernen Flugzeugen über die Luftdatenrechner (air
data computer; ADC) korrigiert [10]. In den Abbildungen 10 und 11 sind typische Anzeigen
für die Geschwindigkeiten dargestellt.



       Maximale Geschwindigkeit                          Maximale Geschwindigkeit      Machzahl




                                                                                         Anzeige VIAS

               vorgewählte Geschwindigkeit (Autopilot)




                    Geschwindigkeit für Landeklappen

               momentane VIAS

                                       Geschwindigkeitszeiger          speed bugs (Markierungen)




               Minimalgeschwindigkeit (αmax speed)

Trendvektor der Geschwindigkeit

Geschwindigkeitsband (Speedtape)                      konventioneller Geschwindigkeitsmesser

Abb. 10        Anzeige der VIAS; [6]
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GS (394 kt)                        TAS (388kt)




Windrichtung (249°)

Windstärke (16 kt)




                            Flugzeugsymbol (eigene Position)

Abb. 11        Darstellung der GS, TAS und der Windrichtung und ~stärke; [6]



2.1.4.3 Temperatur

Die Temperatur (lat.: temperatura = gehörige Mischung) ist ein Maß für den Wärmezustand
einer Materie. Es gibt verschiedene Temperaturskalen, die je unterschiedliche Fixpunkte ha-
ben und auch verschieden eingeteilt sind: Celsius, Reamur, Kelvin und Fahrenheit sind die
bekanntesten. In den Naturwissenschaften wird mit Kelvin gerechnet; in anderen Bereichen
wird Celsius verwendet. Die Fahrenheit-Skala wird nur noch in Großbritannien und in den
USA verwendet. In folgender Übersicht werden die für die Luftfahrt wichtigen Einheiten vor-
gestellt:
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Tab.4          Temperaturen [52]

                        Bezugspunkte                           Umrechnung
                        0°C = Gefrierpunkt des Wassers

Grad Celsius [°C]       100°C = Siedepunkt des Wassers
                                                               °C =
                                                                      (° F − 32) ⋅ 5
                                                                            9


                        Dezimalsystem                          °C = K − 273.15°C
                        32°F = Schmelztemperatur von Eis              9 ⋅ °C
                                                               °F =          + 32
                                                                         5
Grad Fahrenheit [°F] 212°F = Siedepunkt des Wassers
                                                                      9 ⋅ (K − 273.15)
                                                               °F =                    + 32
                                                                              5
                        180 gleichgroße Teile
                                                               K = °C + 273.15

Kelvin [K]              0K = absoluter Nullpunkt
                                                               K=
                                                                      (° F − 32) ⋅ 5 + 273.15
                                                                           9




2.1.4.4 Wind

Mit dem Begriff Wind werden horizontale und vertikale Verschiebungen der Luftmasse ver-
standen. Die Ursache des Windes sind Druckunterschiede in der Atmosphäre. Danach stellt
der Wind eine vektorielle Größe dar, die nach Stärke und Richtung bestimmt ist. Die Rich-
tungsinformation gibt an, aus welcher Richtung der Wind weht. Die Windstärke wird in Kno-
ten (1 kt = 1.852 km/h) oder Meter pro Sekunde angegeben. Folgendes Windbeispiel besagt,
dass der Wind aus 270° mit 25 kt weht.

                              Wind:                270/25

Die Bedeutung des Windes für die Flugführung liegt zum einen darin, dass er die Geschwin-
digkeit über Grund beeinflusst und zum anderen, den Anflug von Luftfahrzeugen auf die
Landebahn mit den Seitenwindkomponenten (cross wind component) beeinflusst. Die Beein-
flussung der Geschwindigkeit über Grund macht sich besonders im Reiseflug bemerkbar, bei
dem der Treibstoffverbrauch maßgeblich von der Rücken- oder Gegenwindkomponente ab-
hängt (vgl. Abb. 9 auf Seite 20).

Bei der Planung von Start und Landebahnen werden die Richtungen der Bahnen immer in die
Hauptwindrichtungen gelegt, um die an- und abfliegenden Flugzeuge möglichst geringen Sei-
tenwindkomponenten auszusetzen. Der Grund liegt in einer Beschränkung der Flugzeuge für
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maximale Seitenwindkomponenten. Tabelle 5 gibt einige Beispiele zu maximal zugelassenen
Seitenwindkomponenten.

Tab. 5        Seitenwindkomponenten; [11]

Seitenwindkomponente [kt] Anflugart/Wetterbedingung                  Flugzeugmuster
           30             alle besser CAT 1 / bei tro-                Boeing 737-3/5
                          ckener Bahn
           20             CAT 1 / Sicht (RVR) < 800m                         „
                          bis 550 m
           15             CAT 2 / Sicht (RVR) bis                            „
                          300 m
           10             CAT 3A / Sicht (RVR) bis                           „
                          200 m

RVR = runway visual range; Entfernung, aus der gerade noch die Anflugbefeuerung sichtbar
ist (vgl.Kap.2.1.7.9).

An einigen Flughäfen mit jahreszeitlich oder geographisch unterschiedlichen Windrichtungen
gibt es besondere Seitenwindbahnen. Beispiele hierfür sind in Abbildung 12 gezeigt.




London Heathrow (LHR)               Köln-Bonn (CGN)                     Hamburg (HAM)

Abb. 12       Ausrichtung von Lande- /Startbahnen
              (Hauptwindrichtung und Seitenwindbahn)


2.1.4.5 Wichtige Wetterphänomene für die Luftfahrt

In diesem Kapitel werden einige der Wettererscheinungen erklärt, die für die Luftfahrt größe-
re Bedeutung haben. Sie beeinflussen beispielsweise die Wirtschaftlichkeit im Fluge, Sicher-
heit als auch die Kapazität von Flughäfen.


Gewitter (thunderstorm)

Voraussetzung für die Entstehung von Gewittern ist eine hochreichend feuchte und labile
Luftschichtung. Durch Konvektion entstehen Gewitterwolken (Cumulonimbus [CB] Wol-
ken), die bis in mehrere Kilometer Höhe reichen (in den Tropen teilweise bis in die Strato-
sphäre) und Gebiete extremer Turbulenz mit Blitzschlag und starken Niederschlägen darstel-
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len. Aufgrund ihrer geringen horizontalen Ausdehnung lassen sich Gewitterwolken mit Hilfe
des Wetterradars gut umfliegen. Probleme können entstehen, wenn viele Gewitter dicht ge-
drängt stehen oder Gewitter um Flughäfen entstehen. Durch hohen An- und Abflugverkehr
können beträchtliche Einbußen in der An-/ Abflugkapazität entstehen, was letztendlich zu
Warteschleifen und Verspätungen führt.


Scherwinde (wind shear) / extreme Fallwinde (downdraft/microburst)

Diese Phänomene entstehen v.a. bei sehr großen Gewitterwolken mit großer Konvektivität.
Abbildung 13 zeigt eine charakteristische Struktur der Microbursts.




                                Gegenwind                  Rückenwind
                                                           Sehr gefährlich bei der Landung;
                                                           Überschießen der Bahn!!

                            Gefahrengebiet für Windscherungen, da hier ein
                            abrupter Wechsel von Gegen- auf Rückenwind stattfinden kann



Abb. 13       Wind Shear und Microburst; [42; S. 6.20/3]

Im Bereich der Fallwinde (downdrafts) können so hohe Sinkgeschwindigkeiten entstehen,
dass selbst Triebwerke mit Vollschub nicht mehr in der Lage sind das Flugzeug aus der Ge-
fahrenzone zu bringen. Eine andere Gefahr stellen die plötzlich auftretenden Windscherungen
dar. Dies sind schnelle Änderungen nach Richtung und Geschwindigkeit der Luftströmungen.
Es wird in zwei Arten unterschieden:

              Wind shear rise      =       plötzliche Zunahme der Windgeschwindigkeit

              Wind shear drop      =       plötzliche Abnahme der Windgeschwindigkeit

Beide Erscheinungsformen stellen eine große Gefahr für an- und abfliegende Flugzeuge dar,
insbesondere bei Gegen- oder Rückenwind. Schon viele Unfälle wurden dadurch verursacht.
Die Vorhersage und Erkennung durch die Piloten gestaltet sich bis heute sehr schwierig. Ver-
suche zur Früherkennung basieren auf Windmessungen, Dopplereffekt und der Anwendung
von Licht- bzw. Laserimpulsen (z.B. LIDAR = light detection and ranging oder TDWR =
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terminal doppler weather radar). Die momentan einzige Möglichkeit der Verhinderung von
Zwischenfällen besteht in der Strategie derartige Wetterphänomene abzuwarten oder zu um-
fliegen. Der Vorteil der Microburst liegt in ihrer kurzen Dauer.


Starkwindbänder (jet streams)

Starkwindbänder kommen in der oberen Troposphäre und der unteren Stratosphäre vor. Sie
sind schmale Luftströmungen mit starken vertikalen und horizontalen Windscherungen. Diese
Luftströmungen können mehrere tausend Kilometer lang sein und weisen Spitzengeschwin-
digkeiten bis zu 200 kt auf. Die Ursache der Jet Streams sind extreme Temperaturgegensätze
in den oberen Atmosphärenschichten. Es gibt auf der Welt mehrere Starkwindbänder, die ent-
sprechend ihrer geographischen Lage benannt sind (z.B. Polarfront Jet über dem Nordatlantik
von West nach Ost). In der zivilen Luftfahrt werden die hohen Geschwindigkeiten der Luft-
ströme besonders auf Langstreckenflügen als Rückenwind ausgenutzt. Die Lage der Stark-
windbänder hilft also Treibstoff zu sparen (Rücken – und Gegenwindaspekt) und die Flugzeit
zu verkürzen [8].


Vereisung (icing)

Vereisung beeinträchtigt den Flugverkehr besonders in den kalten Jahreszeiten, wenn sich an
Flugzeugteilen (z.B. Triebwerke, Tragflügel etc.) am Boden oder in der Luft Eis ansetzt. Der
Eisansatz entsteht zum einen durch unterkühlte Flüssigkeiten, die beim Auftreffen auf die
Oberfläche ihre Energie abgeben und festfrieren, und zum anderen durch Niederschläge in
Form von Schnee, Eisregen (= unterkühlte Regentropfen), Graupel etc. Die meiste Vereisung
tritt bei Temperaturen zwischen 0°C bis –8°C auf (z.B. in Wolken oder Nebel) und beschränkt
sich meist auf die Staupunkte (z.B. Profilnase, Antennen oder Scheiben) an Flugzeugen. Ty-
pische Eisformen sind: Klareis, Rauheis und Reif. Die negative Wirkung des Eisansatzes be-
ruht auf einer Verminderung des Auftriebs, Erhöhung des Widerstandes und des Gewichts
sowie einer Beeinträchtigung der Steuerorgane und Motoren.

Um diesen Nachteilen zu entgegnen, wurden eine Reihe von Gegenmaßnahmen entwickelt:

-      Wetterberatung: Lokalisierung von Vereisungszonen und deren Vermeidung im
                       Flug

-      Technische Hilfsmittel: Unterscheidung in

                     Mechanische Mittel: pneumatisch aufblasbare Gummibalgs zum
                                         Absprengen des Eises an der Profilnase

                     Thermische Mittel: elektrische, pneumatische Beheizung der
                                        kritischen Bereiche wie z.B. Propellerblätter,
                                        Cockpitscheiben, Triebwerkseinläufe etc.

                     Chemische Mittel:     Flüssigkeiten auf Glykolbasis zur Herabsetzung
                                           des Gefrierpunktes von Wasser
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Allgemein wird in De-Icing und Anti-Icing unterschieden. De-Icing bezeichnet das tatsächli-
che Entfernen von Eisansatz, wohingegen Anti-Icing die vorbeugende Behandlung von Ober-
flächen zur Vermeidung von Eisansatz bedeutet.


2.1.5 Flugvorbereitung

Die Flugvorbereitung stellt einen sehr wichtigen Bereich vor der Durchführung von Flügen
dar. Hier wird die Flugstrecke nach meteorologischen, sicherheitsrelevanten und wirtschaftli-
chen Gesichtspunkten optimal ausgewählt. Folgende Punkte werden behandelt:

       -   Windrichtungen und Stärke in den verschiedenen Höhen und am Zielflughafen.
           Beispielsweise darf die maximal zulässige Seitenwindkomponente (crosswind) des
           jeweiligen Flugzeugtyps nicht überschritten werden (Boeing 737 hat ein Limit von
           30kt = 54km/h).

       -   Einschränkungen der Flugsicherung auf der Strecke und am Ziel bzw. Aus-
           weichflughafen; z.B. zu umfliegende Sperrgebiete, Funktion von Navigationsanla-
           gen (Anflughilfen etc...), Hindernisse im Anflugbereich wie Kräne oder Baustel-
           len.

           Derartige Informationen werden den Piloten bei der Flugvorbereitung über die No-
           tice to Airmen (NOTAM) von der Flugsicherung zur Verfügung gestellt.

       -   Berechnung der Flugzeit und des Treibstoffverbrauchs im Flugplan (flight
           plan) entsprechend dem Gewicht des Flugzeuges. Diese Berechnung erfolgt heute
           im kommerziellen Flugbereich über dafür spezialisierte Fachbereiche (= Flugpla-
           nung – flight dispatch) der Luftfahrtgesellschaften. Die berechneten Flugpläne
           können weltweit von einem Zentralrechner abgerufen werden. Die gesetzlich vor-
           geschriebenen Treibstoffmengen werden wie folgt eingeteilt:


       Trip Fuel:            Treibstoff, um von A nach B zu fliegen

       Contingency Fuel : Kraftstoff für unvorhergesehene Ereignisse während des
                          Flugablaufs z.B.: An-/Abflugverspätung, stärkerer Gegenwind
                          als vorhergesagt, Durchstartmanöver etc. Basiert auf
                          statistischen Durchschnittswerten für zusätzlich benötigten
                          Kraftstoff auf der jeweiligen Flugstrecke. So beträgt der
                          Contigency Fuel nach Frankfurt aufgrund der hohen
                          Verkehrsdichte um die 20 Minuten, dagegen z.B. nach Nürnberg
                          nur etwa 8 Minuten.

       Alternate Fuel:       Kraftstoff, um vom Zielflughafen zum Ausweichflughafen zu
                             Fliegen.


       Final Reserve Fuel : Kraftstoff, um 30 Minuten Warteschleifen in 1500ft (450m)
       (Holding Fuel)       Höhe am Ausweichflughafen (Fixwert) fliegen zu können
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       Minimum
       Take Off Fuel:       Mindestkraftstoff an der Startposititon auf der Startbahn

       Extra Fuel:          durch die Cockpitbesatzung bestimmter Zusatzkraftstoff z.B. für
                            zu erwartende Schließung von Landebahnen wegen
                            Schneeräumarbeiten, oder extremen Wetterverhältnissen

       Take Off Fuel:       Minimum Take Off Fuel + Extra Fuel

       Taxi Fuel:           Fixwert abhängig vom Flugzeugtyp. Er soll den
                            Treibstoffverbrauch für das Anlassen der Triebwerke, Rollen
                            (taxi) zur Startbahn etc. abdecken.

       Block Fuel:          Kraftstoff, auf den das Flugzeug aufgetankt wird


Abbildung 14 gibt die Abhängigkeiten der einzelnen Treibstoffmengen am Beispiel eines Flu-
ges von Frankfurt (FRA) nach Lissabon (LIS) an.


       Trip Fuel                                          7337          02:43

       Contingency Fuel                                    660          00:15

       Alternate Fuel                                      1541         00:32           Faro

       Final Reserve Fuel                                  1281         00:30

Σ      Minimum Take Off Fuel                             10819          04:00

       Extra Fuel                                          600          00:15

Σ      Take Off Fuel                                     11419          04:15

       Taxi Fuel                                           250          00:05

Σ      Block Fuel                                        11669          04:20


Abb. 14 Gesetzlich geforderte Treibstoffmengen; [12]

       -   Kontrolle der Wettersituation am Ziel- und Ausweichflughafen, damit sicherge-
           stellt ist, dass eine Landung möglich ist. Hierbei zu beachtende Punkte sind die
           Sichtweite, Wolkenuntergrenze und Windverhältnisse. Für eine automatische Lan-
           dung nach Kategorie III (CAT III) sind derzeit eine Mindestsichtweite von 200 m
           vorgeschrieben. Würde also die gemeldete Sicht niedriger sein, wäre ein Anflug
           gesetzlich nicht zulässig (weitere Informationen zu Wetterminima siehe Kap.
           2.1.7.9 ).
       -
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2.1.6 Flugsicherung

Die Flugsicherung stellt diejenige Bodeneinrichtung dar, die für die reibungslose und sichere
Führung der Flugzeuge in der Luft zuständig ist. Über den aufzugebenden Flugplan erfährt
die Flugsicherung auf welchen Routen die Flugzeuge wann fliegen möchten. Der Flugplan
muss mindestens eine Stunde vor der geplanten Abflugzeit aufgegeben werden. Anschließend
findet eine Selektion entsprechend der Kapazität der einzelnen durchflogenen Sektoren statt.
Kommt es dabei an einer Stelle zu Engpässen werden sogenannte Startfenster (slots) verge-
ben. Diese Startfenster stellen einen fünfzehnminütigen Zeitraum dar, in der das betroffene
Flugzeug gestartet sein muss. Typische Gründe für die Slots sind überfüllte Lufträume oder
Personalmangel in einer Flugsicherungsstelle.

Bei der Kontrolle über den Luftverkehr bedienen sich die Lotsen der Hilfe des Radars (vgl
Kap. 3.7). Dabei überwacht je ein Zweierteam von Fluglotsen einen bestimmten Luftsektor,
so dass auf seinem Streckenflug ein Flugzeug von einem zum nächsten Kontrollsektor weiter-
gereicht wird. Dabei werden die Informationen über die einzelnen zu überwachenden Flug-
zeuge auf sogenannten Kontrollstreifen festgehalten, die jedem Sektor zur Verfügung stehen.
Auf diesen Ausdrucken (vgl. Abb. 15) findet der Lotse die für seinen Sektor wichtigen Daten
(z.B. Höhe, Ankunftszeit an bestimmten Wegpunkten etc.)
                                                                    Startflughafen (Düsseldorf/EDDL)


                                                                            Abflugzeit       Flugzeit zw. DKB
vorauss. Flugzeit zw.             Funkrufzeichen/Flugnummer                                  und WLD
Frankfurt (FFM) und
Dinkelsbühl (DKB)       gewünschte         Flugzeugtyp       vorhergehender
                        Flugfläche (FL)                      Meldepunkt (FFM)
                                                                                     Zielflughafen
                                                                                     (München/EDDM)
                        230          A 320                 FFM              0545
         3
                               LH 848                      DKB              EDDL EDDM B1                    3
                                                                            FFM R9 MIQ
                                          470              WLD


        geplante Reisegeschwindigkeit      nächster Meldepunkt      Meldepunkt auf den         Streckenführung
        Knoten                             (Walda/WLD)              sich der Meldestreifen
                                                                    bezieht
Abb. 15          Kontrollstreifen der Lotsen; [23; S. 326]

Einen Überblick der Kontrollsektoren gibt folgende Darstellung:

Rollkontrolle (ground oder apron)                    Überwachung und Steuerung des Verkehrs auf
                                                     dem Flughafen bzw. Vorfeld

Turm (tower)                                         Erteilung von Start - und Landeerlaubnissen,
                                                     sowie Überwachung des Verkehrs in der Kon-
                                                     trollzone (Luftraum D; vgl. Abb.2 auf Seite 8)
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Abflugradar (departure)                    Überwachung und Steuerung des abfliegenden
                                           Verkehrs

Streckenflugradar (radar)                  Überwachung und Steuerung der Luftfahrzeuge
                                           im Reiseflug

Anflugradar (arrival/aproach)              Überwachung und Steuerung des anfliegenden
                                           Verkehrs, insbesondere der Führung (z.B. radar
                                           vector) der Flugzeuge auf das Instrumenten-
                                           landesystem (ILS)
Turm (tower)

Abb.16        Aufteilung von Kontrollsektoren und Übergabereihenfolge der Flugzeuge


Für die sichere Führung (z.B. Vermeidung von Zusammenstössen, Wirbelschleppen etc.) der
Flugzeuge arbeiten die Fluglotsen mit sogenannten Staffelungsverfahren (separation
procedures). Dabei wird das Flugzeug zu anderen Luftfahrzeugen horizontal und vertikal
gestaffelt. Je nach Flugphase (z.B. An-/Abflug, Streckenflug) werden unterschiedliche
Staffelungsverfahren angewendet. In Abbildung 17 wird ein kurzer Überblick über die
wichtigsten Staffelungsverfahren gegeben.


   COMPOSITE SEPARATION                              WAKE TURBULENCE SEPARATION




                            Staffelungsverfahren (separation)


   VERTICAL SEPARATION          HORIZONTAL SEPARATION             RADAR SEPARATION



Abb. 17       Staffelungsverfahren [13; S. 260ff]




       Heavy aircraft:      Flugzeuge mit mehr als 136 t Gewicht (z.B. B 747 / A340)
       Medium aircraft:     Flugzeuge mit einem Gewicht zwischen 7 t und 136 t (z.B.
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                               A320/321 oder B737)
       Light aircraft:         Flugzeuge mit weniger als 7 t Gewicht (z.B. C 172, King Air)

Abb. 18        Wirbelschleppenstaffelung
               (WAKE TURBULENCE SEPARATION) [13; S. 260ff]




               1000 ft (300m) unter FL 290 (8850m)
               2000 ft (600m) über FL 290*




* Reduced Vertical Separation (RVSM) Luftraum über z.B. Teilen von Europa und dem Nordatlantik;
  zur Erhöhung der Luftraumkapazität wird über FL 290 die vertikale Staffelung auf 1000ft reduziert


Abb. 19        Vertikale Staffelung (VERTICAL SEPARATION) [13; S. 260ff]


                                                        Zeit

                                Longitudinal

                                                        Distanz
Horizontale Staffelung

                                                        Geographisch

                                Lateral


                                                        Kurs


Abb. 20        Horizontale Staffelung (HORIZONTAL SEPARATION) [13; S. 260ff]




                                                       3-5NM



horizontaler Abstand zwischen 3 und 5 NM; abhängig von Höhe und Entfernung zur Radar-
station abhängig

Abb. 21        Radarstaffelung (RADAR SEPARATION) [13; S. 260ff]
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Composite Staffelung = Vertikale Staffelung + laterale Staffelung


Abb. 22       Composite Staffelung (COMPOSITE SEPARATION) [13; S. 260ff]


Die geringste Staffelung in der Praxis sind 1000 ft vertikaler Abstand und 3 NM horizontaler
Abstand. Unter bestimmten Auflagen (Sicht, Wolkenuntergrenze, Sichtkontakt zu anderem
Flugzeug) dürfen diese Werte im Nahbereich von Flughäfen zur Kapazitätssteigerung unter-
schritten werden (z.b. Anflug Frankfurt)




                                                  1000 ft



                                                   3 NM




Abb. 23       Minimalabstand bei der Staffelung [13; S. 260]


2.1.7 Navigation

Navigation als Wissenschaft ist im wesentlichen ein Teilgebiet der angewandten Mathematik
und der Physik. Ihre Bedeutung wächst mit der steigenden Mobilität des Menschen immer
mehr. Seit 1940 hat die Bedeutung der Navigation ebenfalls im militärischen Bereich stark an
Bedeutung zugenommen. Heute nimmt die Navigation einen nicht mehr wegzudenkenden
Bereich auf allen Transportmitteln zu Wasser (Schiffe, U-Boote) zu Lande (Autos, Militär-
truppen) und in der Luft (zivile/militärische Flugzeuge, Raketen, Drohnen) ein. Die Navigati-
on ist wie folgt definiert [14]:

„ Navigation ist die Führung eines Fahrzeugs und die Bestimmung seines Standorts “


In der Praxis hat diese Definition folgende zwei Bedeutungen [15]:

   1. Möglichst exakte Bestimmung der Position und Geschwindigkeit relativ zu einem
      Bezugspunkt.

   2. Planung und Durchführung von Manövern (z.B. Flugmanöver), die notwendig sind,
      um von einem Punkt zu einem anderen Punkt zu gelangen.

Aus der Zweckbestimmung des Transportmittels ergeben sich die Voraussetzungen, unter
denen ein Flug zwischen zwei Punkten durchgeführt werden soll. Dabei spielen die Zeit (z.B.
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schnell oder langsam fliegen) die Wirtschaftlichkeit (z.B. möglichst wenig Treibstoff
verbrauchen) und die Genauigkeit der Navigation eine wichtige Rolle. Beispielsweise besteht
in der zivilen Verkehrsluftfahrt die Aufgabe darin, sein Ziel durch eine Kombination von
Zeit-, Wirtschaftlichkeits- und Genauigkeitsaspekten zu erreichen. Dem Aspekt der Wirt-
schaftlichkeit wird dabei besondere Bedeutung zugemessen. Wird dagegen ein militärischer
Einsatz betrachtet, spielt der Zeit- und Genauigkeitsaspekt eine dominierende Rolle [16; S.
3ff].

Neben der Planung und Führung ist die Orts- und Geschwindigkeitsbestimmung ein wichtiger
Teil der Navigation. Dabei wird prinzipiell in zwei Hauptgruppen unterschieden:


                     Koppelnavigation (dead reckoning)


Navigation


                     Positionsbestimmung durch Messung (fixing)


Abb. 24       Hauptgruppen der Navigation [16; S.4]


Koppelnavigation:            Von einer bekannten Ausgangsposition wird unter
(dead reckoning)             Zugrundelegung von Richtung (direction), Geschwindigkeit
                             (speed) und Zeit (time) der augenblickliche Standort errechnet.
                             Damit hängt die Genauigkeit des so ermittelten Ortes davon ab,
                             wie genau die Ausgangsposition und die Parameter für die
                             Berechnung sind [16].


Positionsbestimmung
durch Messung:               Hier ist es nicht notwendig zu wissen, wo sich das Flugzeug
(fixing)                     zuvor befunden hat bzw. in welche Richtung es sich momentan
                             bewegt. Bei dieser Art der Positionsbestimmung ist es jedoch er-
                             forderlich, zu wissen, wo sich der Bezugspunkt befindet, auf den
                             sich die Messung bezieht. Das Fixing kann also immer nur eine
                             relative Navigation sein, insofern als im Einzelfall nur gesagt
                             werden kann, dass sich das Flugzeug in einer bestimmten Rich-
                             tung und Entfernung zu einem Bezugspunkt befindet [16].


Bei der Positionsbestimmung durch Messung wird ein geometrischer Ort festgelegt (Gerade,
Kreis oder Hyperbel), auf dem sich das Flugzeug gerade befindet. Dieser geometrische Ort
wird als Standlinie (line of position, LOP oder Area of position) bezeichnet. Eine Standlinie
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ist somit die Gesamtheit aller Orte, für die ein Messwert konstant ist. Abbildung 25 gibt einen
Überblick über die Hauptgruppen der Standlinien.


                      Astronomische Standlinie




Standlinie            Funkstandlinie




                      Terrestrische Standlinie

Abb. 25 Standlinien [16; S. 5]


In der Praxis geschieht die Führung und Ortung von Flugzeugen in aller Regel wechselweise
durch Koppelnavigation und Positionsbestimmung durch Messung (Fix Monitored Dead
Reckoning) [14].

Innerhalb der Navigationsverfahren kann zwischen unterschiedlichen Arten der Navigation
unterschieden werden. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die allgemeinen Verfahren.



Tab. 6        Navigationsverfahren und ~arten [35]

                              Koppelnavigationsverfahren
                              Koppelnavigationsverfahren
                               Navigationsart               Anwendung
         autonom/                   Trägheitsnavigation*    Kurz-, Mittel- und Langstre-
      bodenunabhängig                                       ckennavigation
             ~                       Doppler-Navigation     Kurz-, Mittel- und Langstre-
                                                            ckennavigation
                                                            Moderne Navigation zur op-
              ~                       Flächennavigation     timierten Nutzung des Luft-
                                                            raums auf Kurz-, Mittel- und
                                                            Langstrecke
                               Konventionelles Koppeln      Sichtflugnavigation in der
                               nach Sicht und mit Hilfe von allgemeinen Luftfahrt (VFR)
                               Richtung, Zeit, Geschwindig-
                               keit, Höhe und Wind
                    Positionsbestimmung durch Messung (fixing)
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         bodenabhängig                Navigationsart                        Anwendung
               ~                      Funknavigation (VOR, NDB,             Kurz-, Mittel- und Langstre-
                                      LORAN, OMEGA...)                      ckennavigation
                 ~                    Astronavigation                       Polar- und Langstreckenflüge
                 ~                    Sichtnavigation terrestrische         Flüge in niedrigen Höhen bei
                                      Navigation)                           gutem Wetter (VFR)
                                                                            Nutzung v.a. in Verbindung
                                                                            mit Flächenavigation; große
                 ~                    Satellitennavigation                  Verbreitung in der allgemei-
                                                                            nen Luftfahrt mit Handgerä-
                                                                            ten
* in der Praxis ist die Trägheitsnavigation aufgrund ihrer Korrekturen (up dates) mit Hilfe von bodengestützten
  Anlagen (z. B. DME) nicht mehr als autonom anzusehen



2.1.7.1 Grundlegende Begriffe in der Navigation

In diesem Kapitel sollen einige wichtige Grundbegriffe aus der Flugnavigation erklärt wer-
den, die den daran anschließenden Stoff leichter verständlich machen.

Geschwindigkeit: Unterteilung in wahre Geschwindigkeit gegenüber der Luft (TAS),
[kt oder km/h]            angezeigte Geschwindigkeit (IAS) und Geschwindigkeit gegenüber
                          Grund (GS; vgl. auch 2.4.1.2 Druck)

Höhe [m oder ft]: Unterteilung in Flugfläche (FL), Höhe über Grund (Height), Höhe über
                  MSL (Altitude), Druckhöhe (Pressure Altitude - PA) und Flugplatzhöhe
                  über MSL (Elevation - ELEV; vgl. Kap.2.4.1.2 Druck)

Kurs [°]:                 Angabe von Richtungen im geographischen (NED, north-east-down)
                          Koordinatensystem. Die Hauptbezugsrichtung ist Norden, und wird in
                          geographisch (true north, TN/T), magnetisch (magnetic north, MN/M)
                          und Kompass (compass north, CN/C) Nord unterschieden. Abbildung
                          26 gibt die Zusammenhänge der einzelnen Nordrichtungen an, die vom
                          Piloten während der Flugplanung und dem Flug selbst berücksichtigt
                          werden müssen.

                          Magnetisch Nord ist dadurch bedingt, dass der magnetische Nordpol
                          nicht mit dem geographischen Nordpol übereinstimmt. Der magnetische
                          Nordpol unterliegt geringfügigen Schwankungen und liegt zur Zeit im
                          Bereich der Prince of Wales Inseln im nördlichen Teil der Nordwest
                          Territories in Kanada [53].

                          Kompass Nord entsteht durch die Instrumentenfehler im Kompass. Die
                          wichtigsten Fehler sind:

                               systembedingte Fehler durch Inklination und Deklination
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                            Einbaufehler: Deviation durch magnetische Störfelder anderer In-
                            strumente
                            Instrumentenfehler: Lagerreibung
                            Betriebsfehler: Beeinflussung der Anzeige durch Beschleunigung
                            (z.B. im Kurvenflug oder bei Änderungen der Schubhebelstellung)

                       Derartige Fehler treten hauptsächlich bei den einfachen Flüssig-
                       keitsgeräten (im Volksmund auch Schnapskompass genannt) auf. In
                       modernen Flugzeugen ist der Richtungsbezug magnetisch Nord.

                        TN
                 MN                  CN



                      VAR    DEV
                        -     +              VAR = Variation oder auch Ortsmissweisung (OM)
                                      DEV = Deviation

                                      Vorzeichenregel:

                                               Abweichung nach:            Westen          Osten

                                      Vorzeichen:                      -            +

        Westen               Osten    (West is best – East is least)


Abb. 26          Verschiedene Nordrichtungen




Neben den Bezugsrichtungen TN, MN und CN gibt es eine zweite Unterscheidung in den
Kursangaben:

                       Course (C)     =       geplanter Kurs über Grund
                       Heading        =       Steuerkurs den der Pilot mit seinem Flugzeug
                       (HDG/H)        fliegt (Richtung der Flugzeuglängsachse)

                       Track          =        tatsächlicher Kurs den das Flugzeug über Grund
                       (T)                     zurücklegt

Aus diesen beiden Unterscheidungen ergeben sich die unterschiedlichen Kurse (vgl. Abbil-
dung 27): TT, TH, TC, MC, MH, MT, CC, CH, CT

Vorhaltewinkel:        Der Windvorhaltewinkel (wind correction angle, WCA) korrigiert den
(WCA)                  Windversatz und führt im Idealfall dazu, dass der geplante Kurs (Cour-
                       se, C) mit dem tatsächlichen Kurs über Grund (track, T) übereinstimmt
                       (vgl. Abbildung 27). Der WCA ist also der Winkel zwischen geplantem
                       Kurs und dem Steuerkurs des Flugzeugs.
Lehrstuhl für                            Grundlagen                      Datum: 27.09.2007
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TU München                                                               Seite: 38



Driftwinkel:        Der Driftwinkel (drift angle) gibt den Unterschied zwischen dem
(DA)                Steuerkurs (Course, C) und dem tatsächlichen bzw. geplanten Kurs über
                    Grund (track, T bzw. course, C) an (vgl. Abbildung 27). Sollte die Be-
                    rechnung des Windvorhaltewinkels nicht korrekt gewesen sein, setzt
                    sich der Driftwinkel aus erwarteter und zusätzlicher Drift zusammen.

Großkreis:          Kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten auf einer Kugel; im
(Orthodrome)        Gegensatz dazu ist die Gerade in einer Ebene die kürzeste Entfernung
                    zwischen zwei Punkten. Der Großkreis ergibt sich als Schnittfigur zwi-
                    schen einer Kugel und einer Ebene, die den Kugelmittelpunkt enthält.

Kursgleiche:        Verbindungslinie zwischen zwei Punkten auf der Kugel, die unter kon-
(Loxodrome)         stantem Kurs geflogen werden kann.
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                    TN
                         MN
                                                                                Wind
                                         CN

                              DEV (+)

                         VAR/
                           OM (+)                                         CT

                                                  CC

                                                 CH

                                         MC

                                   MH    MT

                               TC

                         TH                                       DAe
                                                                  WCA             DAz
                              TT




DA = DAe + DAz ; DAe = erwartete Drift DAz = zusätzliche Drift
im Idealfall gilt DA = - WCA = DAe


Berechnung der Steuerkurse (Heading, H):

TH = TC + WCA
MH = TH − VAR(OST + / WEST −) + WCA
CH = TH − VAR(OST + / WEST−) − DEV (OST + / WEST −) + WCA
Vorzeichen WCA: < 0 (Wind von links); > 0 (Wind von rechts)
Die Berechnung der übrigen Kurse (Track und Course) ergeben sich aus obiger Abbildung

Beispiel:                TC (=TT) = 090°, WCA = 5°, VAR = -3°; DEV = +1°

TH = 090° + 5° = 095°
MH = 090° – (-3°) + 5° = 092°
CH = 090° - (-3°) – 1° + 5° = 097

                                                                  TC/TT
                                                                 WCA
                                                                               Wind
                                                                 TH
Abb. 27         Kursbezeichnungen
Lehrstuhl für                              Grundlagen                       Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                    der modernen Flugführung               Rev.:  1.4
TU München                                                                  Seite: 40



2.1.7.2 Astronavigation

Bei der Astronavigation (astronomical or celestial navigation) erfolgt die Standortbestimmung
durch die Höhenbeobachtung von Gestirnen an der Himmelskugel. Dieses Verfahren stammt
ursprünglich aus der Seefahrt und verwendet als Hilfsmittel einen Sternenalmanach sowie
einen Sextanten. Mit dem Sextanten wird der Elevationswinkel vom Horizont zum Stern be-
stimmt, woraus sich eine elliptische Standlinie (LOP) um den Fußpunkt des anvisierten Sterns
ergibt (vgl. Abb. 28).

Durch Wiederholung dieser Prozedur mit einem zweiten Stern ergibt sich eine zweite Standli-
nie (LOP), die sich mit der ersten in zwei Punkten schneidet. Mit Hilfe von Daten aus dem
Sternalmanach lässt sich diese Zweideutigkeit der Position ausschließen.




                                                                               p


                                           H0
                                                                            p+H0


                                     H                      LOP Radius d
                                                  d

                                                                        Fußpunkt des an-
                                                                        gepeilten Sterns


                                                      90°- H0 – p              LOP


                                    R0


                                           Erde


d = R0 (90°- H0 – p);

R0 = 6371 km

Abb. 28        Astronavigation
Lehrstuhl für                                Grundlagen                      Datum: 27.09.2007
Flugsystemdynamik                      der modernen Flugführung              Rev.:  1.4
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2.1.7.3 Doppler-Navigation

Das Dopplerradar ist eine spezielle Form des Radars, mit dem vom Flugzeug aus die Ge-
schwindigkeit über Grund und die Abdrift bestimmt und kontinuierlich angezeigt werden. Das
Dopplerradar kann mit Navigationscomputern oder anderen Navigationssystemen kombiniert
werden. Doppler wurde in den 60er und 70er Jahren verwendet (z.B. B707 auf Polflügen),
spielt aber in der heutigen Verkehrsluftfahrt keine Rolle mehr.

Die Grundlage dieser Anlagen basiert auf dem Doppler-Effekt.

                                    v 
                       f E = f S 1 ± R    fE = empfangene Frequenz
                                     c 
                                             fS = gesendete Frequenz; c = Geschwindigkeit
                                                                          der Funkwelle
Annäherung: + (fE > fS); Entfernung: - (fE < fS)


2.1.7.4 LORAN

LORAN (long range navigation) ist ein Langstreckensystem, das ursprünglich aus der See-
fahrt, insbesondere bei der Führung von U-Booten, stammt. Vorgänger ist das LORAN A, das
eine geringere Reichweite und Genauigkeitsfehler hatte. LORAN C arbeitet im relativ stabi-
len Niederfrequenzband und kann sehr große Strecken bis 5200 km abdecken (+/- 4.6 km).
Eine Weiterentwicklung ist LORAN D (militärisch), das eine größere Genauigkeit aufweist
(+/- 183 m). LORAN hat in der kommerziellen Luftfahrt keine Bedeutung mehr und wird nur
noch vereinzelt in der allgemeinen Luftfahrt in den USA angetroffen.

LORAN gehört zu den Hyperbelverfahren. Bei ihnen erfolgt die Standortbestimmung eben-
falls mittels zweier Standlinien (LOP), die aber jetzt keine Geraden sondern Hyperbeln (Li-
nien konstanter Abstandsdifferenz von zwei gegebenen Punkten) sind. Um einen Fixpunkt
bestimmen zu können, braucht das LORAN C System ein Netz oder eine Kette von mindes-
tens drei Stationen. Eine davon ist Hauptstation (master) und die anderen zwei sind Sekundär-
stationen (slave). Der Master sendet eine ununterbrochene Folge von niederfrequenten (100
kHz) Impulsen , die die Sekundärstationen veranlassen ähnliche Signale auszustrahlen. Der
LORAN C Empfänger entschlüsselt alle diese Signale, trennt die Haupt- von den Sekundär-
signalen, berücksichtigt den Zeitverlust bis zum Auslösen der Sekundärsignale und berechnet
dann die Zeitunterschiede zwischen dem Eingang der Haupt- und der einzelnen Sekundärsig-
nale.

Befindet sich beispielsweise ein Flugzeug gleich weit von der Hauptstation und einer Sekun-
därstation, treffen die Signale gleichzeitig ein. Da sich elektromagnetische Wellen mit Licht-
geschwindigkeit (c ~ 300000 km/s) ausbreiten, lassen sich die Zeitmessungen bzw. Zeitdiffe-
renzen direkt in Entfernungen umrechnen. Daraus ergeben sich die Linien konstanter Ab-
standsdifferenz (Hyperbeln; vgl. Abb. 29). Mit einer zweiten Station ergibt sich eine weitere
Standlinie, die mit der ersten Schnittpunkte bildet, die die augenblickliche Position des Flug-
zeuges darstellen [19].
Lehrstuhl für                             Grundlagen                      Datum: 27.09.2007
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Abb. 29       Hyperbelnavigationsverfahren LORAN C [19; S. 40]


2.1.7.5 OMEGA/VLF

OMEGA/VLF ist ein Langstreckensystem, das im Bereich der Längstwellen (VLF) mit sehr
niedrigen Frequenzen (unter 30 kHz) arbeitet. Genaugenommen werden zwei Systeme unter-
schieden:

OMEGA: System für Flugnavigation (amerikanische Küstenwache); 8 Sender

VLF: leistungsstarkes Kommunikationssystem (ursprünglich von der US Navy) mit bis zu
    1000 kW Sendeleistung bei 7 Sendern.

Die Sender versorgen einen Umkreis bis zu 20000 km mit Signalen. Jeder der acht OMEGA
Stationen sendet ein Reihe von drei Frequenzen, die immer in der gleichen Reihenfolge und
mit gleichem Zeitabstand zwischen den Frequenzen, aber unterschiedlichem Zeitabstand nach
der letzten Frequenz (vor Beginn des neuen Zyklus), gesendet werden. Der OMEGA Emp-
fänger kann jede Station an ihrem Sendeschema identifizieren. Weiterhin benutzt der Emp-
fänger das einmalige Muster einer Station, um den Phasenunterschied zwischen Sendung und
Empfang zu messen. Aus den Phasenunterschieden werden hyperbolische Standlinien entwi-
ckelt (ähnlich LORAN). Der weitere Weg der Positionsbestimmung soll hier wegen der
Komplexität nicht weiterverfolgt werden. Typische Stichpunkte sind die Betriebsarten “Abso-
lut“ und “Relativ“, Hyperbelbahnen etc.
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  • 1. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 1 Inhalt 1. Einleitung 5 2. Aufgabenstellung in der Navigation und Flugführung 5 2.1 Definition der Flugführung 9 2.1.1 Mensch 9 2.1.2 Gesetz 10 2.1.3 Flugmechanik / Flugleistung / Flugregelung 12 2.1.4 Meteorologie 12 2.1.4.1 Atmosphäre 13 2.1.4.2 Druck 15 2.1.4.3 Temperatur 23 2.1.4.4 Wind 24 2.1.4.5 Wichtige Wetterphänomene für die Luftfahrt 25 2.1.5 Flugvorbereitung 28 2.1.6 Flugsicherung 30 2.1.7 Navigation 33 2.1.7.1 Grundlegende Begriffe der Navigation 36 2.1.7.2 Astronavigation 40 2.1.7.3 Dopplernavigation 41 2.1.7.4 Loran 41 2.1.7.5 Omega/VLF 42 2.1.7.6 VOR 43 2.1.7.7 NDB 45 2.1.7.8 DME 46
  • 2. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 2 2.1.7.9 Anflug 48 2.1.7.10 Radarnavigation 50 2.1.7.11 Sichtnavigation und konventionelles Koppeln 51 2.1.7.12 Flächennavigation 52 2.1.7.13 Trägheitsnavigation 54 2.1.7.14 Satellitennavigation 54 2.2 Literaturhinweise 55 3. Funktionsweise heutiger Navigationssysteme 58 3.1 VOR 58 3.2 NDB 61 3.3 DME 65 3.4 ILS 67 3.5 Satellitennavigation 71 3.5.1 Entwicklungsgeschichte der Satellitennavigation 71 3.5.2 Komponenten der Satellitennavigation 72 3.5.2.1 Das Raumsegment 73 3.5.2.2 Das Kontrollsegment 74 3.5.2.3 Das Nutzersegment 75 3.5.3 GPS Funktionsweise 76 3.5.3.1 Signalerzeugung 77 3.5.3.2 Positionsbestimmung 81 3.5.4 Fehlerquellen 91 3.5.5 Genauigkeit von GPS 94 3.5.6 Differential GPS 96 3.5.7 GPS Anflüge 97
  • 3. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 3 3.6 Trägheitsnavigation 98 3.6.1 Komponenten von Trägheitsnavigationssystemen 98 3.6.2 Funktionsweise der Trägheitsnavigation 102 3.7 Radar 111 3.7.1 Primärradar 113 3.7.2 Sekundärradar 119 3.7.3 Antennen 120 3.8 Literaturhinweise 121 4. Anwendung und Integration von Flugführungssystemen in der Praxis 124 4.1 FMS 124 4.2 Automatische Flugführung 131 4.3 Datalink 135 4.4 Antikollisionswarnsystem (TCAS) 138 4.4.1 Systemkomponenten von TCAS 141 4.4.2 Funktionsweise von TCAS 142 4.5 Bodenannäherungswarnsystem (GPWS) 152 4.6 Militärische Flugführungssysteme 163 4.7 Flugführung auf Flugplätzen 167 5. Zukunftstechnologien 170 5.1 Virtuelle Sicht und Flugwegdarstellung 170 5.2 Flugführung auf Flugplätzen 170 5.3 TCAS III 173 5.4 EGPWS 173 5.5 FANS 174
  • 4. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 4 6. Der Mensch im Cockpit 176 7. Anhang 178 8. Abkürzungsverzeichnis 189 9. Literaturverzeichnis 194 Das vorliegende Skript wurde am Lehrstuhl für Flugsystemdynamik (vorher Lehrstuhl für Flugmechanik & Flugregelung) der TU München von Prof. Dr.-Ing. Otto Wagner und Dipl.-Ing. Ingo Sturhan erstellt. Für Kritiken bzw. Verbesserungsvorschläge haben sie die Möglichkeit unter sturhan@tum.de Ihre Wünsche mitzuteilen – vielen Dank!
  • 5. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 5 1. Einleitung In der Lernunterlage Grundlagen der modernen Flugführung soll dem Studenten ein Einblick in die Flugführungssysteme heutiger Verkehrs- und Militärluftfahrzeuge gegeben werden. Zunächst wird die Entwicklungsgeschichte anhand einiger historischer und bereits veralteter Verfahren und Geräte vorgestellt, die von den Anfängen der Fliegerei bis zum Beginn der 80er Jahre reichen. Anschließend wird mit der Einführung des Glascockpits (z.B. Airbus) die Entwicklung der Flugführungstechnik bis zum heutigen Stand erklärt (z.B. GPS bzw. GNSS, IRS/INS und FMS). Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem prinzipiellen Verständnis der wissenschaftlichen und technischen Zusammenhänge. Typische Themengebiete sind bei- spielsweise Trägheits- und Satellitennavigation, Ground Proximity Warning System (GPWS) oder Traffic Alert & Collision Avoidance System (TCAS). Dem Studenten soll durch Aufzeigen von Vor- und Nachteilen der technischen Anlagen und der Schnittstellenthematik von Mensch-Maschine im Cockpit, die Problematik bei der Ent- wicklung heutiger aber auch zukünftiger Flugführungssysteme näher gebracht werden. Am Ende einzelner Abschnitte sowie im Anhang werden für den interessierten Studenten Verweise auf weiterführende Literatur oder Informationsquellen (z.B. Internet, Firmen...) ge- geben. Abschließend werden mögliche Entwicklungen bestehender Systeme und neue Zu- kunftstechnologien dargestellt. Es sei bereits hier angemerkt, dass diese Unterlage keinen Ersatz für eine fundierte Ausbil- dung an den entsprechenden Systemen in der Praxis sein kann. Im Unterricht werden zum besseren Verständnis zusätzlich interaktive Demonstrationen und Lehrfilme gezeigt. Abge- rundet wird die Vorlesung durch eine zusätzlich gehaltene Übung, die den vermittelten Lehr- stoff an Beispielen vertiefen soll. Um einen weiteren praktischen Einblick in die Thematik zu erhalten wird auf das Flugführungspraktikum verwiesen. 2. Aufgabenstellung in der Flugführung In diesem Kapitel werden die Gründe für eine immer weiter fortschreitende Entwicklung der Flugführung dargelegt. In einem zweiten Abschnitt werden einige einfache Zusammenhänge aus den Bereichen der Flugführung (z.B. Navigationsbegriffe) erklärt, die es auch dem Laien ermöglicht, einen Einstieg in die später behandelten Themen zu bekommen. Zunächst wird in Tabelle 1 ein grober Überblick über die Luftfahrtgeschichte und ihre technischen Entwicklun- gen gegeben. Tab. 1 Entwicklung und Geschichte der Luftfahrt [4;5] Zeit/Ort Ereignis 1799, England Sir George Cayley entwarf das Konzept des Flugzeugs mit starren Tragflächen; es diente als Grundlage für spätere Flugzeugentwicklungen 1804, England Sir G. Cayley experimentierte mit Flugdrachen um die Rätsel um den Auftrieb, Antrieb und die Kontrolle zu erforschen; erster Entwurf eines Gleitflugzeuges 1890, Deutschland Otto Lilienthal experimentierte mit selbstgebauten Gleitflugzeugen;
  • 6. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 6 Entdeckung des gekrümmten Profils für die Auftriebsoptimierung; Li- lienthalpolare; Lilienthal starb bei einem Flugversuch 1896 1903, USA Kitty Orwille und Wilbur Wright gelingt der erste angetriebene Motorflug Hawk (~37m; 12s) mit dem Flugzeug Flyer ; weitere Experimente zur geziel- ten Untersuchung von Profilen im ersten Windkanal 1906, Frankreich Alberto Santos Dumont flog als erster mit einem Motorflugzeug 59 m weit in 3 m Höhe in Europa 1907, Frankreich Paul Cornu flog als erster mit einem durch zwei sich drehende Tragflä- chen angetriebenen Luftfahrzeug ⇒ erster Hubschrauber 1908, Italien Erster Alleinflug einer Frau 1908 Funkpeilung mit einem Funksender an Bord eines Zeppelins 1909, Frankreich Louis Bleriot flog über den Ärmelkanal von Frankreich nach England (42 km); Eindecker Bleriot XI mit verdrehbaren Flächen zur Steuerung (Wright Patent) 1910, Europa Erste Alpenüberquerung durch den Perueaner Jorge Chavez 1911, USA Erste Landung auf einem Kriegsschiff 1913 Basisausführung der Cockpitinstrumentierung: Fahrt-, Höhenmesser, künstlicher Horizont und Wendezeiger 1914, USA Erster Linienbetrieb zwischen St. Petersburgh und Tampa in Florida 1914-1918 Einführung der Luftwaffe als Kriegsmittel; Entwicklung der Querruder Erster Weltkrieg und erste Experimente mit Metallbauweise; Entwicklung der Bordkano- ne die durch die Propellerebene schießt 1916, USA Gründung der Boeing Werke durch William Boeing 1918, USA Gründung der NACA als Vorläufer der späteren NASA 1919 Erstflug der Junkers F 13 1920 ASME (= American Society of Mechanical Engineers) entwirft typi- sches Instrumentenbrett (T - Anordnung) 1926 Erster Flug über den Nordpol durch Cdr. Richard Byrd 1927 Charles Lindbergh überquert als erster den Atlantik nonstop von New York nach Paris; Spirit of St. Louis 1929, USA Doolittle führt Blindflug durch 1930 Anfänge der Funknavigation 1932 Erstflug der Ju 52 1933, USA Erster Airliner Boeing 247 wird in Dienst gestellt 1937, USA Explosion des Luftschiffes Hindenburg in Lakehurst ⇒ Ende der Luft- schifffahrt 1937 Instrumenten Landesystem (ILS) wird in Deutschland und den USA demonstriert 1937 – 1945 Immer schneller und höher fliegende Flugzeuge und Hubschrauber; Zweiter Weltkrieg Weiterentwicklung von Radar- und Navigationstechnologien Luftwaffe wird kriegsentscheidend; Me/Bf 109 wird zum bis heute meist gebauten Flugzeug ca. 35000 Stück 1939, Deutschland Erster Flug mit einem Düsenflugzeug He 178 durch Erich Warsitz 1939, USA 4 motoriges Flugzeug (Boeing 307) mit ca. 50 Instrumenten ausgestattet
  • 7. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 7 1940 UKW Funk und Radar 1943 Langstrecken Funknavigation LORAN A 1944 Funknavigation mit Hilfe von DECCA 1947, USA 4-motoriges Flugzeug (DC6) mit elektrisch angetriebenen Kreiseln, Fluxgate - Fernkompass und Bordradar 1947, USA Durchbrechen der Schallmauer durch Pilot Chuck Yeager im Horizon- talflug mit dem Raketenflugzeug Bell X1; 1072 km/h bzw. Ma = 1.015 in 12600 m Höhe 1949, USA Einführung der F86 Sabre; Pfeilflügel und Überschallflugzeug, radarge- stützte Zielerfassung 1955 Vollautomatische Landung; Trägheitsnavigation 1957 Erstflug der Boeing 707 1959 Erster ’Um die Welt Flug’ mit einer Boeing 707 von PAN AM 1960 Erste autonome Antikollisionssysteme; Langstreckennavigation LORAN C 1962 Beginn des Aufbaus des Langstreckennavigationssystems OMEGA 1964, USA Einführung des ersten auf Satelliten gestützten Navigationssystem TRANSIT der US Navy 1965 Synthetische Informationsdarstellung im Cockpit (Head up Display) 1967, USA Erste automatische Landung im Linienbetrieb mit einer B707 1969, Frankreich Erster Flug der Concorde; Überschallflug bis Ma = 2.2 1969, USA Erstflug der Boeing 747 1969/70 Zusammenschluss von Deutschland und Frankreich zum Bau der ge- meinsamen A 300; Gründung der Airbus Industrie in Toulouse 1972, Frankreich Erstflug der Airbus A300; Einführung des Glascockpits 1973 USA Weiterentwicklung des 621 B Programms der US Air Force in das heu- tige Satellitennavigationssystems NAVSTAR GPS 1979, Ärmelkanal Erster Flug mit einem Muskelkraftflugzeug über den Ärmelkanal durch Mac Cready 1981, USA Erster Flug der Columbia (Space Shuttle) 1985, USA Ende der dritten Entwicklungsphase und erste allgemeine Operationsfä- higkeit des NAVSTAR GPS 23.12.1986 Erstmalige nonstop Umrundung der Erde ohne Auftanken > VOYAGER von Burt Ruton 1987, Frankreich Erstflug der A 320; Weiterentwicklung des Glascockpits und Einführung der Fly - by - wire Steuerung 1991, Frankreich Erstflug der A 340 27.03.1994 Erstflug des Eurofighters – Gemeinschaftsprojekt von Spanien, Italien, Deutschland Großbritanien und Deutschland 02.06.1994, USA Erstflug der B 777; größtes 2-motoriges Jetflugzeug 25.07.2000 Frank- Absturz einer Concorde nach dem Start in Paris Charles de Gaulle reich 24.10.2000 USA Erstflug des Joint Strike Fighters X35 JSF > Senkrechtstartfähigkeit 19.12.2000 Frank- Offizieller Programmstart der A3XX, die ab diesem Datum A380 heißt.
  • 8. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 8 reich Die A380 soll in der Frachtversion ein Startgewicht bis zu 583t haben und als Passagierversion über 500 Personen transportieren 23.04.2001 Frank- Erstflug des A340-600 in Toulouse, dem bisher längsten, zivilen Flug- reich zeug der Welt (75.30 m Länge) 22.02.2002 USA Erstflug des UCAV X-45 (unmanned combat air vehicle) Juni 2002 USA Erste Boeing 747-400 ER (extended range) hat ihren Roll Out in Seattle 01.02.2003 USA Absturz des ersten Space Shuttles Columbia (heißes Plasma beschädigt Flügelstruktur beim Wiedereintritt) 23.11.2003 Argen- Weltrekord Streckensegelflug (Klaus Ohlmann) mit 2174 km in den tinien Anden / Südamerika (dynamischer Segelflug – Wellenflug) 26.11.2003 Frank- Letzter Flug der Concorde reich 08.04.2004 USA Erstflug eines privaten Raumflugkörpers von Burt Ruton SPACE SHIP ONE 16.11.2004 USA Erreichen von Ma 10 mit der X-43 A (SCRAMJET – Verbrennung bei Überschallströmung) 17.01.2005 Frank- Roll out des Airbus A380 in Toulouse reich 27.04.2005 Frank- Erstflug des Airbus A380 reich
  • 9. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 9 2.1 Definition der Flugführung Die Flugführung hat die Aufgabe einen Flug zwischen seinem Start- und Zielort in allen sei- nen Flugabschnitten entsprechend des Missionsaspekts (z.B. Sicherheit, Wirtschaftlichkeit etc.) zu ermöglichen. Sie stellt in geeigneter Weise Informationen für den Pilot und Regler durch Anzeigen im Cockpit zur Verfügung. Neben den Informationen über den Flugzustand betreffen diese die aktuelle Position und den aktuellen Flugweg, sowie die von der Flugsiche- rung vorgegebenen Bahngrößen (z.B. Höhe und Kurs) und die daraus abgeleiteten Sollwerte für die Flugzustandsgrößen (z.B. Nickwinkel θ oder Hängewinkel Φ). Die Flugführung opti- miert weiterhin die Umgebungsbedingungen des Arbeitsplatzes im Cockpit, insbesondere die vielfältigen Bedienelemente. Eine weitere immer wichtiger gewordene Aufgabe ist der Ein- satz von regelungstechnischen Einrichtungen, die den Piloten in zunehmendem Maße seiner Führungsaufgabe entlasten sollen [40]. Wie dem Leser vielleicht aufgefallen ist, umfasst der Begriff der Flugführung mehrere Fach- bereiche. Neben der Meteorologie (meteorology) oder der Flugsicherung (air traffic control) stellt die Navigation einen Hauptaspekt in der Flugführung dar. Abbildung 1 gibt einen Über- blick über die anderen an der Flugführung beteiligten Bereiche. Mensch Gesetz Flugmechanik/~leistung und Flugregelung Flugführung Navigation Meteorologie Flugvorbereitung Flugsicherung Abb.1 Bereiche der Flugführung 2.1.1 Mensch Der Mensch bzw. Pilot hat die Aufgabe der Überwachung des Flugablaufs und ist für die kor- rekte Verarbeitung der Informationen seiner Cockpitsysteme (z.B. Autopilot, Flight Manage- ment System [FMS]) und Anweisungen der Flugsicherung verantwortlich. Diese Aufgaben stehen unter dem Ziel das Flugzeug entsprechend dem Zweck (= Mission) optimal zu führen. Zum Beispiel haben Flugverkehrsgesellschaften ein besonderes Interesse ihre Passagiere si- cher und möglichst wirtschaftlich von einem zum anderen Ort zu bringen. Im Vergleich dazu
  • 10. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 10 interessiert das Militär beispielsweise die schnelle und unbemerkte Aufklärung (z.B. Einsatz von Nachbrenner oder Tiefflug) feindlichen Gebietes; hierbei spielt der wirtschaftliche As- pekt eine untergeordnete Rolle. Der Pilot hat im Vergleich zu früher, als mehr das manuelle Fliegen im Vordergrund stand, im Laufe der technischen Weiterentwicklung primär Manage- mentaufgaben übernommen, die ihn immer mehr von der eigentlichen Aufgabe des Steuerns seines Flugzeugs entfernen. 2.1.2 Gesetz Die Beschränkungen, die durch den Staat bzw. durch das Gesetz die Flugführung beeinflus- sen, werden durch Artikel 1 des Luftfahrtgesetzes deutlich: „...die Nutzung des Luftraums ist frei, solange sie nicht durch andere Regeln beschränkt ist.“ Jeder Staat behält sich damit vor, die Nutzung des eigenen Luftraums z.B. durch Ausschrei- bung verschiedener Lufträume zu reglementieren. Früh wurde allerdings erkannt, dass um die Vorteile des weltweiten Luftverkehrs nutzen zu können, bestimmte internationale, verbindli- che Regelungen zwischen den Ländern getroffen werden müssen. Diese Aufgabe wird heute von internationalen Dachverbänden – wie der ICAO (international civil aviation organisation; Montreal) oder der IATA (international airline transport association; Montreal) – zusammen mit den nationalen Luftfahrtbehörden (Luftfahrtbundesamt [LBA] in Deutschland oder Fede- ral Aviation Authority [FAA] in den USA) wahrgenommen (z.B. Abkommen von Chicago 1944). In Abbildung 2 und 3 wird ein Überblick über die wichtigsten Luftraumstrukturen und Luft- raumregeln gegeben. Abb.2 Luftraumstruktur in Deutschland [1] Luftraum Art der Höchstzulässige Ge- Sprechfunkverkehr Freigaben durch Flüge schwindigkeit Flugsicherung A IFR nicht vorgeschrieben dauernde Hörbereitschaft erforderlich
  • 11. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 11 (v.a. in USA) B IFR/VFR nicht vorgeschrieben dauernde Hörbereitschaft erforderlich (v.a. in USA) C& IFR Nicht vorgeschrieben Kontrollzone dauernde Hörbereitschaft erforderlich (CTR) C VFR 250 kt unter FL 100 D& Kon- trollzone IFR/VFR 250 kt unter FL 100 dauernde Hörbereitschaft erforderlich (CTR) D IFR 250 kt unter FL100 dauernde Hörbereitschaft erforderlich E VFR nicht erforderlich nicht erforderlich IFR 250 kt unter FL 100 dauernde Hörbereitschaft erforderlich F VFR nicht erforderlich nicht erforderlich G VFR 250 kt unter FL 100 nicht erforderlich nicht erforderlich FL = Flugfläche (Flight Level) IFR = Flug nach Instrumentenflugregeln (instrument flight rules) VFR = Flug nach Sichtflugregeln (visual flight rules) gerade (even) Flugflächen (FL) ungerade (odd) Flugflächen (FL) Abb.3 Vorgabe der Flughöhen abhängig von der Flugrichtung [2]
  • 12. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 12 Abb.4 Ausweichregeln für Flugzeuge in gleicher Höhe [2] 2.1.3 Flugmechanik / Flugleistung / Flugregelung In diesem Fachbereich sind die physikalischen Grundlagen für die Bewegung des Flugzeuges niedergelegt. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Bewegungsdynamik darstellen und letztendlich die gesamten Flugbereichsgrenzen (flight envelope) des Flugzeugs festlegen. Die Informationen aus der Flugmechanik fließen direkt in die Auslegung von Regelsystemen und damit in die Flugführung selbst ein. Beispielsweise ist es für einen Militärpiloten von Interesse, welchen Kurvenradius r oder ma- ximale Rollrate p sein Flugzeug im Stande ist zu leisten. Luftfahrtgesellschaften hingegen interessieren sich mehr für Aussagen über die aerodynamische Güte (Gleitzahl E, Auftriebs- und Widerstandsbeiwerte ca, cw oder spezifischer Treibstoffverbrauch c...). Aus diesen Infor- mationen können beispielsweise Reichweite (Breguet´sche Reichweitenformel) oder Start- und Landestrecke berechnet werden. A V m1 Breguet’sche Reichweitenformel R = ln W cg m1 − mk  kg  c = spezifischerKraftstoffverbrauch    sN  m1 = Abflugmasse; mk = Kraftstoffmasse 2.1.4 Meteorologie Als die Lehre vom Wetter und der Dynamik der Atmosphäre stellt die Meteorologie (griech.: meteoros = in der Luft schwebend; logica = Lehre folgerichtigen Denkens) einen wichtigen Beitrag zur sicheren und wirtschaftlichen Flugdurchführung dar. Als Beispiel seien die treib- stoffsparende Nutzung von Starkwindbändern (jet streams) genannt, die auf Langstreckenflü-
  • 13. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 13 gen von Nordamerika nach Europa eine Flugstundenersparnis von einer Stunde und mehr erbringen. Diese Starkwindbänder wirken als Rückenwind mit bis zu 250 km/h. Im umge- kehrten Fall ist es wichtig die genaue Lage dieser Winde vorherzusagen, um ihnen auf dem Flug nach Nordamerika auszuweichen (Gegenwind!). In den folgenden Kapiteln wird auf einige wichtige Phänomene der Meteorologie, die in der Flugführung eine Rolle spielen, eingegangen. 2.1.4.1 Atmosphäre Die Atmosphäre stellt ein sehr komplexes dynamisches System dar, das sehr vielen Einfluss- faktoren unterworfen ist. Erdrotation, Sonneneinstrahlung, physikalische Oberflächenbeschaf- fenheit sind nur einige dieser Faktoren. In Abbildung 5 wird der Schichtaufbau der Atmo- sphäre, wie er für die militärische und zivile Luftfahrt interessant ist, erklärt. Abb. 5 Schichtaufbau der Atmosphäre; [8; S. 24] Die Atmosphäre stellt zum einen den Bewegungsraum für die Luftfahrt dar, zum anderen dient sie aber auch als Bezugsgrundlage für den Leistungsvergleich von Flugzeugen oder Flugtriebwerken. Zu diesem Zwecke wurde von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) die internationale Standardatmosphäre (ISA) eingeführt. Die Zahlenwerte der Stan-
  • 14. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 14 dardatmosphäre beschreiben Mittelwerte der in der Atmosphäre vorkommenden Zustände, die auf 45° Breite bezogen sind. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Parameter. Tab.2 Internationale Standardatmosphäre (ISA) Luftdruck in Meereshöhe (mean sea level; 1013.25 hPa MSL) Temperatur in MSL 15 °C/288.15 K Temperaturgradient in der Troposphäre - 0.65 °C/100 m (dT/dh) Troposphärentemperatur (konstant) - 56.5 °C/ 216.65 K Stratosphärentemperatur 11-20km - 56.5 °C/ 216.65 K (konstant) Luftdichte in MSL 1.225 kg/m3 Luftfeuchtigkeit 0% Polytropenkoeffizient n 1.235 Skalenhöhe H0 8432.1 m Troposphäre Die Troposphäre (griech.: trope =Drehung, Wendung; sphaira = (Erd)kugel), ist die unterste Schicht in der Atmosphäre. Sie enthält ¾ der gesamten Atmosphärenmasse und den gesamten Wasserdampf (z.B. Wolken). Weiterhin spielt sich in der Troposphäre fast das gesamte Wet- tergeschehen ab. Die Höhe dieser untersten Atmosphärenschicht, die jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist, reicht von ca. 8 km an den Polen bis zu 17 km am Äquator (starke Konvektion der warmen Luft). Die Temperatur nimmt durchschnittlich um 6.5 K/km ab (vgl. Standardatmosphäre). Am Boden beträgt sie 15 °C und fällt bis zur Grenze der Luft- schicht (Tropopause) auf – 56 °C [8]. Die Tropopause (griech.: pauin = beendigen) stellt die obere Grenze der Troposphäre dar, die zwischen 8 und 17 km liegt. Ab der Tropopause schließt sich ein Bereich konstanter Tempe- ratur (Isothermie) an, der den Beginn der Stratosphäre kennzeichnet. Stratosphäre Die Stratosphäre (griech.: stratum = Decke; sphaira = (Erd)kugel) folgt auf die Troposphäre bzw. ~pause. Die Temperatur bleibt im unteren Teil (bis ca. 25 km) der Stratosphäre zunächst konstant (Isothermie) und nimmt anschließend mit einem Temperaturgradienten von ungefähr 2.5 K/km zu (Inversion). Grund für die Zunahme ist die Absorption von Strahlung an Mole- külen, insbesondere in der Ozonschicht. Die Luftfeuchte ist fast Null, weshalb kaum Wolken- bildung stattfindet. Die Stratopause als obere Grenzschicht der Stratosphäre reicht von ca. 50 bis 60 km. Die Temperatur in dieser Höhe hat einen konstanten Verlauf (Isothermie) und liegt bei 0 °C manchmal bis 50 °C (schwankende Ozonkonzentrationen) [8].
  • 15. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 15 2.1.4.2 Druck Unter dem Luftdruck wird die Gewichtskraft einer unendlich hohen Luftsäule bezogen auf eine Querschnittsfläche verstanden. Entsprechend der physikalischen Definition gilt für den Druck: F[ N ] P[ Pa ] = A[m 2 ] Der Druck wird mit sogenannten Barometern gemessen. Die internationale Standardeinheit (SI Einheit) für den Druck ist das Pascal (Pa). In der Luftfahrt gibt es aus historischen Grün- den weitere Druckeinheiten, die in Tabelle 3 zusammengefasst sind. Tab.3 Druckeinheiten [52] 1 N/mm2 1 N/m2 1 Pascal 1 Hektopascal 1 Bar 1 Millibar [Pa] [hPa] [bar] [mbar] 1 N/mm2 1 10-6 10-6 10-8 10-11 1 1 N/m2 106 1 1 10-2 10-5 10-2 1 Pascal [Pa] 106 1 1 10-2 10-5 10-2 1 Hektopascal [hPa] 108 102 102 1 10-3 1 1 Bar [bar] 1011 10- 105 103 1 10-3 1 Millibar [mbar] 108 10- 102 1 103 1 Vereinzelt kommt noch die Einheit Millimeter bzw. Inch Quecksilbersäule [mmHg] vor: 1 mmHg = 133,322 Pa = 1.33322 mbar 760 mmHg = 1013.25 hPa (Standarddruck der ISA auf MSL) 1 inHg = 0.0295 hPa 29.92 inHg (Inch Quecksilbersäule) = 1013.25 hPa Der Druck ist die Ursache für den Wind und andere dynamische Vorgänge in der Atmosphäre (z.B. Wettergeschehen mit den Hoch- und Tiefdruckgebieten). Er dient in der Luftfahrt dazu, mit Hilfe des Höhenmessers die Flughöhe zu bestimmen. Als Grundlage dazu dient die Grundgleichung der Aerostatik. Mit ihrer Hilfe lässt sich die barometrische Höhenformel ableiten, die als Grundlage der Höhenmessung verwendet wird.
  • 16. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 16 Kräftegleichgewicht am differentiellen Volumenelement dAdz der Atmosphäre [41; S. 9ff]:  dp  dp −p+ dz dA (1) dz = −  dz  gρ ( p , T ) dz − gρdzdA p 1 dp + pdA (2) z=− g ∫ ρ ( p, T ) p0 Grundgleichung der Aerostatik Bei barotropem Zustand ρ(p, T) = ρ(p) ist die Integration von Gleichung (2) möglich: 1 1 ρ  p  n  T  n −1 (3) =  =  ; Polytropenbeziehung ρ 0  p0    T   0 Index 0 gilt für den Bodenwert auf Meereshöhe z = 0 m p 1 dp g ∫ (3) in (2) z=− ρ0 1 p0  p n  p   0 n −1   n  p  n  p0 RT (4) z = −H 0    − 1 ; p  mit Skalenhöhe H 0 = = 0 n − 1  0   ρ0 g g   Die Skalenhöhe entspricht gerundet 8430 m der Höhe einer Luftsäule, die auf Meereshöhe (Index 0) einen Druck von p0 = 1013.25 hPa und eine Dichte von ρ0 = 1.225 kg/m3 hat (Werte der Standard – Atmosphäre - ISA). Aufgrund der schwierigeren Zusammenhänge in der poly- tropen Atmosphäre wird zur Druckmessung die isotherme (n=1) Atmosphäre verwendet. Die Temperaturabhängigkeit wird zum Teil über mechanische Ausgleichsmechanismen oder den Luftdatenrechner (air data computer; ADC) korrigiert.
  • 17. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 17 Isotherme Atmosphäre: T(z) = const. n =1 (5) p ρ = ρ0 p0 (5) in (4) bzw. n → 1 ergibt [41; S 13]:  p  z = − H 0 ln  p   0 (6) z Barometrische Höhenformel p ρ − = = e H0 p0 ρ 0 Die Flughöhenmessung erfolgt über die Messung des aktuellen Umgebungsluftdruckes p in Bezug zum Bodenluftdruck p0. Dieser Bezugsluftdruck kann vom Pilot an seinem Höhenmes- ser eingestellt werden (vgl. Abb.6). Hunderter Schritte [ft] Tausender Schritte [ft] Anzeige für den Bezugsdruck [mbar bzw. inHg] Wahlmöglichkeit für den Bezugsdruck Angezeigte Höhe: 29600 ft Abb. 6 Höhenmesser [10; S. 37]
  • 18. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 18 Bei der Höhenmessung werden drei verschiedene Bezugsluftdrücke unterschieden. Nach dem meteorologische Q-Schlüssel gibt es das QNH, QFE und QNE. QFE = Luftdruck der am Boden (z.B. am Flugplatz) aktuell gemessen wird QNH = Theoretischer Luftdruck der auf Meereshöhe (mean sea level; MSL oder NN) herrscht. Er wird vom QFE aus nach den Verhältnissen der Standardatmosphä- re zurückgerechnet. Steht ein Flugzeug auf dem Flugplatz und stellt der Pilot die Höhe des Flugplatzes über MSL (elevation) ein, erhält er automatisch das richtige QNH in seiner Anzeige für den Bezugsdruck. QNE = Luftdruck in MSL bei Standardatmosphäre (1013.25 hPa). Auf ihn beziehen sich die Flugflächenangaben (flight levels; FL). Die QNE Einstellung wird bei der von der Flugsicherung vorgegebenen Übergangshöhe (transition altitude; TA) durchgeführt. Umgekehrt wird beim Anflug bei der ebenfalls vorgegebe- nen Übergangsfläche (transition level; TL) der Bezugsdruck wieder auf das QNH des jeweiligen Flughafens umgestellt. Flugfläche FL 131 (13123 ft)/4000 m (∆p=500hPa) aktueller Druck p=513.25 hPa Höhe (height) 3598 m/11803 ft (∆449.75 hPa) Übergangsfläche (transiton level) z.B.FL70 QNE auf QNH Druckhöhe (Pressure Altitude) 4000 m/13123 ft (∆p=500hPa) auf QNE 1013.25 hPa bezogen Übergangshöhe (transiton altitude) 5000 ft QNH auf QNE QFE 963 hPa Elevation 480 m/1574 ft (∆p=60 hPa) wahre Höhe (true altitude) 4078m 13379 ft (∆p = 509.75 hPa) > hier im Vergleich zur Flugfläche (bezogen auf QNE) QNE 1013.25 hPa QNH 1023 hPa Setzhöhe ∆p=9.75hPa ~ 78m/256 ft MSL Abb. 7 Höhenmessung
  • 19. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 19 Der Begriff der wahren Höhe (true altitude) beschreibt den wahren Abstand zwischen Flug- zeug und Meereshöhe bzw. überflogenem Gelände. Diese Höhe ist im Reiseflug nicht so wichtig, da alle Flugzeuge nach dem Flugflächensystem (Höhe bezogen auf QNE 1013.25 hPa) fliegen und somit den gleichen Fehler haben. Interessant wird die wahre Höhe, wenn sich das Flugzeug dem Boden (Berge, Landebahn…), z.B. während Anflügen, nähert. Exis- tiert jetzt eine größere Differenz zwischen angezeigter Höhe und wahrer Höhe besteht die Gefahr ein falsches Sinkprofil zu fliegen. Im ungünstigsten Fall, wenn die wahre Höhe also geringer als die angezeigte Höhe ist, kann es zu einem sog. CFIT (controlled flight into ter- rain) kommen, bei dem das Flugzeug Bodenberührung erfährt und abstürzt. Eine derartige Abweichung der wahren Höhe von der angezeigten Höhe tritt ein, wenn die Luftmasse sehr kalt ist. Dann nämlich ist der Abnahmegradient des Druckes mit der Höhe größer als in der Standardatmosphäre (vgl. barometrische Höhenstufe) und damit die angezeigte Höhe zu groß. Diese Problematik kann besonders schwerwiegend bei GPS Anflügen sein (vgl. Kap. 3.5.7) Ein weiterer Begriff der Höhenmessung ist die barometrische Höhenstufe. Sie gibt an wie- viel Meter ein Druckunterschied von einem Hektopascal ergibt. Näherungsweise kann von den folgenden Werten ausgegangen werden: auf Meereshöhe: 8 m/hPa ab 5500 m: 16 m/hPa ab 11000 m: 32 m/hPa ab 16500 m: 64 m/hPa Aus den obigen Werten ergibt sich als Faustformel eine Halbierung/Verdopplung des Luft- drucks/Höhenstufe pro 5500 m, was bei gleicher Druckdifferenz einem mit der Höhe wach- sendem Höhenunterschied entspricht. Neben der Höhe lässt sich mit dem Druck auch die Geschwindigkeit berechnen. Dazu wird der statische und dynamische Druck benötigt. Dabei gibt der statische Druck den Luftdruck der ruhenden Umgebungsluft an und der dynamische den Gesamtdruck aus ruhender und be- wegter Luft (potentieller + kinetischer Anteil). Nach der Bernoulli Gleichung führen Druck- änderungen zu Änderungen der Geschwindigkeit. Kompressible Strömung [41; S. 28 ff]: W2 κ p (1) + + gz = const. ; Bernoulli für adiabate Strö- 2 κ −1 ρ mung κ   ρ 2  κ −1 2  κ −1  (2) p0 − p∞ = W 2∞  1+ Ma ∞  − 1 2 κMa ∞ 2  2     q∞ cp0
  • 20. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 20 p0 − p∞ (3) = c po ≥ 1 ; kinetischer Druck ≥ Staudruck q∞ ⇒ (innere Reibung) cp0 muss bei der Geschwindigkeitsmessung über einen Korrekturfaktor berücksichtigt werden. Korrekturfaktor 3 2,5 2,44 2 1,7 Cp0 1,5 cpo 1,28 1,06 1 1 0,5 0 0 0,5 1 1,5 2 2,5 Ma Abb. 8 Korrekturfaktor cp0; [41; S. 36] 2 p0 − p∞ aus (2) und (3) : (4) W∞ = ρ 0 c p0 Inkompressible Strömung ( κ = ∞ ) [41; S. 40.ff]: ρ ρ (5) p∞ + W 2∞ = p + W 2 = p0 ; inkompressibler Bernoulli 2 2 ρ p0 − p∞ = q∞ = 2 (6) W∞ ; Staudruck q 2 p0 − p ∞ (7) W∞ = 2 ρ
  • 21. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 21 Die in den Gleichungen (4) und (7) berechneten Größen sind Geschwindigkeiten der freien Luft, also derjenigen mit der sich das Flugzeug gegenüber der Luft bewegt. Sie ist ausschlag- gebend für die aerodynamischen Vorgänge am Flugzeug und wird als wahre Geschwindigkeit (true air speed, TAS) bezeichnet. Bewegt sich das Luftfahrzeug in einer ruhenden Atmo- sphäre, so stimmt die TAS mit der Geschwindigkeit über Grund (ground speed, GS) überein. Entsprechend ist die GS bei Gegenwind (head wind) geringer und bei Rückenwind (tail wind) größer als die TAS. Damit nimmt die GS eine entscheidende Rolle bei der Navigation ein, da sich aus ihr die Flugzeit berechnen lässt. Die Zusammenhänge dieser zwei Geschwindigkeiten lässt sich anschaulich in einem Vektordiagramm (Abb. 9) darstellen. Dabei bedeuten VWind = Windgeschwindigkeitsvektor VCWC = Querwindkomponente (cross wind component) VHWC/TWC = Gegen-/Rückenwindkomponente (tail/head wind component) vCWC vCWC vHWC vTWC vwind vwind vTAS vTAS vGS vGS vGS < vTAS vGS > vTAS Abb. 9 Gegen/Rückenwind Neben der VTAS und der VGS gibt es noch eine dritte wichtige Geschwindigkeit, die angezeigte Geschwindigkeit VIAS (indicateed airspeed). Sie ist diejenige Geschwindigkeit, die der Pilot auf seinem Geschwindigkeitsmesser ablesen kann. Sie unterscheidet sich teilweise erheblich von der VTAS oder VGS, da in die angezeigte Geschwindigkeit (VIAS) mehrere Fehlerquellen eingehen: VIAS Instrumentenfehler: max. +/- 5 kt als Eich- und Temperaturgang Restfehler
  • 22. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 22 Statikdruckquellenfehler: entsteht aus der Schwierigkeit den statischen Druck im bewegten Flugzeug exakt zu messen (Verwirbelungen der umgebenden Struktur etc.); Fehler liegt bei +/- 5 kt oder 3% und kann über Tabellen kompensiert werden, woraus die Calibrated Airspeed erhalten wird VCAS Kompressibillitätsfehler: er ist abhängig von der Machzahl und muss bei Geschwindigkeiten über 200 kt und/oder Höhen über 20000 ft aufgrund der Kompressibilitätseffekte beachtet werden. Eine Korrektur führt auf die Equivalent Airspeed VEAS Dichtefehler: er entsteht aufgrund der mit der Höhe abnehmenden Dichte. Mit Tabellen kann dieser Fehler ebenfalls korrigiert werden, woraus sich die True Airspeed ergibt. VTAS Die aufgeführten Fehler werden heute in modernen Flugzeugen über die Luftdatenrechner (air data computer; ADC) korrigiert [10]. In den Abbildungen 10 und 11 sind typische Anzeigen für die Geschwindigkeiten dargestellt. Maximale Geschwindigkeit Maximale Geschwindigkeit Machzahl Anzeige VIAS vorgewählte Geschwindigkeit (Autopilot) Geschwindigkeit für Landeklappen momentane VIAS Geschwindigkeitszeiger speed bugs (Markierungen) Minimalgeschwindigkeit (αmax speed) Trendvektor der Geschwindigkeit Geschwindigkeitsband (Speedtape) konventioneller Geschwindigkeitsmesser Abb. 10 Anzeige der VIAS; [6]
  • 23. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 23 GS (394 kt) TAS (388kt) Windrichtung (249°) Windstärke (16 kt) Flugzeugsymbol (eigene Position) Abb. 11 Darstellung der GS, TAS und der Windrichtung und ~stärke; [6] 2.1.4.3 Temperatur Die Temperatur (lat.: temperatura = gehörige Mischung) ist ein Maß für den Wärmezustand einer Materie. Es gibt verschiedene Temperaturskalen, die je unterschiedliche Fixpunkte ha- ben und auch verschieden eingeteilt sind: Celsius, Reamur, Kelvin und Fahrenheit sind die bekanntesten. In den Naturwissenschaften wird mit Kelvin gerechnet; in anderen Bereichen wird Celsius verwendet. Die Fahrenheit-Skala wird nur noch in Großbritannien und in den USA verwendet. In folgender Übersicht werden die für die Luftfahrt wichtigen Einheiten vor- gestellt:
  • 24. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 24 Tab.4 Temperaturen [52] Bezugspunkte Umrechnung 0°C = Gefrierpunkt des Wassers Grad Celsius [°C] 100°C = Siedepunkt des Wassers °C = (° F − 32) ⋅ 5 9 Dezimalsystem °C = K − 273.15°C 32°F = Schmelztemperatur von Eis 9 ⋅ °C °F = + 32 5 Grad Fahrenheit [°F] 212°F = Siedepunkt des Wassers 9 ⋅ (K − 273.15) °F = + 32 5 180 gleichgroße Teile K = °C + 273.15 Kelvin [K] 0K = absoluter Nullpunkt K= (° F − 32) ⋅ 5 + 273.15 9 2.1.4.4 Wind Mit dem Begriff Wind werden horizontale und vertikale Verschiebungen der Luftmasse ver- standen. Die Ursache des Windes sind Druckunterschiede in der Atmosphäre. Danach stellt der Wind eine vektorielle Größe dar, die nach Stärke und Richtung bestimmt ist. Die Rich- tungsinformation gibt an, aus welcher Richtung der Wind weht. Die Windstärke wird in Kno- ten (1 kt = 1.852 km/h) oder Meter pro Sekunde angegeben. Folgendes Windbeispiel besagt, dass der Wind aus 270° mit 25 kt weht. Wind: 270/25 Die Bedeutung des Windes für die Flugführung liegt zum einen darin, dass er die Geschwin- digkeit über Grund beeinflusst und zum anderen, den Anflug von Luftfahrzeugen auf die Landebahn mit den Seitenwindkomponenten (cross wind component) beeinflusst. Die Beein- flussung der Geschwindigkeit über Grund macht sich besonders im Reiseflug bemerkbar, bei dem der Treibstoffverbrauch maßgeblich von der Rücken- oder Gegenwindkomponente ab- hängt (vgl. Abb. 9 auf Seite 20). Bei der Planung von Start und Landebahnen werden die Richtungen der Bahnen immer in die Hauptwindrichtungen gelegt, um die an- und abfliegenden Flugzeuge möglichst geringen Sei- tenwindkomponenten auszusetzen. Der Grund liegt in einer Beschränkung der Flugzeuge für
  • 25. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 25 maximale Seitenwindkomponenten. Tabelle 5 gibt einige Beispiele zu maximal zugelassenen Seitenwindkomponenten. Tab. 5 Seitenwindkomponenten; [11] Seitenwindkomponente [kt] Anflugart/Wetterbedingung Flugzeugmuster 30 alle besser CAT 1 / bei tro- Boeing 737-3/5 ckener Bahn 20 CAT 1 / Sicht (RVR) < 800m „ bis 550 m 15 CAT 2 / Sicht (RVR) bis „ 300 m 10 CAT 3A / Sicht (RVR) bis „ 200 m RVR = runway visual range; Entfernung, aus der gerade noch die Anflugbefeuerung sichtbar ist (vgl.Kap.2.1.7.9). An einigen Flughäfen mit jahreszeitlich oder geographisch unterschiedlichen Windrichtungen gibt es besondere Seitenwindbahnen. Beispiele hierfür sind in Abbildung 12 gezeigt. London Heathrow (LHR) Köln-Bonn (CGN) Hamburg (HAM) Abb. 12 Ausrichtung von Lande- /Startbahnen (Hauptwindrichtung und Seitenwindbahn) 2.1.4.5 Wichtige Wetterphänomene für die Luftfahrt In diesem Kapitel werden einige der Wettererscheinungen erklärt, die für die Luftfahrt größe- re Bedeutung haben. Sie beeinflussen beispielsweise die Wirtschaftlichkeit im Fluge, Sicher- heit als auch die Kapazität von Flughäfen. Gewitter (thunderstorm) Voraussetzung für die Entstehung von Gewittern ist eine hochreichend feuchte und labile Luftschichtung. Durch Konvektion entstehen Gewitterwolken (Cumulonimbus [CB] Wol- ken), die bis in mehrere Kilometer Höhe reichen (in den Tropen teilweise bis in die Strato- sphäre) und Gebiete extremer Turbulenz mit Blitzschlag und starken Niederschlägen darstel-
  • 26. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 26 len. Aufgrund ihrer geringen horizontalen Ausdehnung lassen sich Gewitterwolken mit Hilfe des Wetterradars gut umfliegen. Probleme können entstehen, wenn viele Gewitter dicht ge- drängt stehen oder Gewitter um Flughäfen entstehen. Durch hohen An- und Abflugverkehr können beträchtliche Einbußen in der An-/ Abflugkapazität entstehen, was letztendlich zu Warteschleifen und Verspätungen führt. Scherwinde (wind shear) / extreme Fallwinde (downdraft/microburst) Diese Phänomene entstehen v.a. bei sehr großen Gewitterwolken mit großer Konvektivität. Abbildung 13 zeigt eine charakteristische Struktur der Microbursts. Gegenwind Rückenwind Sehr gefährlich bei der Landung; Überschießen der Bahn!! Gefahrengebiet für Windscherungen, da hier ein abrupter Wechsel von Gegen- auf Rückenwind stattfinden kann Abb. 13 Wind Shear und Microburst; [42; S. 6.20/3] Im Bereich der Fallwinde (downdrafts) können so hohe Sinkgeschwindigkeiten entstehen, dass selbst Triebwerke mit Vollschub nicht mehr in der Lage sind das Flugzeug aus der Ge- fahrenzone zu bringen. Eine andere Gefahr stellen die plötzlich auftretenden Windscherungen dar. Dies sind schnelle Änderungen nach Richtung und Geschwindigkeit der Luftströmungen. Es wird in zwei Arten unterschieden: Wind shear rise = plötzliche Zunahme der Windgeschwindigkeit Wind shear drop = plötzliche Abnahme der Windgeschwindigkeit Beide Erscheinungsformen stellen eine große Gefahr für an- und abfliegende Flugzeuge dar, insbesondere bei Gegen- oder Rückenwind. Schon viele Unfälle wurden dadurch verursacht. Die Vorhersage und Erkennung durch die Piloten gestaltet sich bis heute sehr schwierig. Ver- suche zur Früherkennung basieren auf Windmessungen, Dopplereffekt und der Anwendung von Licht- bzw. Laserimpulsen (z.B. LIDAR = light detection and ranging oder TDWR =
  • 27. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 27 terminal doppler weather radar). Die momentan einzige Möglichkeit der Verhinderung von Zwischenfällen besteht in der Strategie derartige Wetterphänomene abzuwarten oder zu um- fliegen. Der Vorteil der Microburst liegt in ihrer kurzen Dauer. Starkwindbänder (jet streams) Starkwindbänder kommen in der oberen Troposphäre und der unteren Stratosphäre vor. Sie sind schmale Luftströmungen mit starken vertikalen und horizontalen Windscherungen. Diese Luftströmungen können mehrere tausend Kilometer lang sein und weisen Spitzengeschwin- digkeiten bis zu 200 kt auf. Die Ursache der Jet Streams sind extreme Temperaturgegensätze in den oberen Atmosphärenschichten. Es gibt auf der Welt mehrere Starkwindbänder, die ent- sprechend ihrer geographischen Lage benannt sind (z.B. Polarfront Jet über dem Nordatlantik von West nach Ost). In der zivilen Luftfahrt werden die hohen Geschwindigkeiten der Luft- ströme besonders auf Langstreckenflügen als Rückenwind ausgenutzt. Die Lage der Stark- windbänder hilft also Treibstoff zu sparen (Rücken – und Gegenwindaspekt) und die Flugzeit zu verkürzen [8]. Vereisung (icing) Vereisung beeinträchtigt den Flugverkehr besonders in den kalten Jahreszeiten, wenn sich an Flugzeugteilen (z.B. Triebwerke, Tragflügel etc.) am Boden oder in der Luft Eis ansetzt. Der Eisansatz entsteht zum einen durch unterkühlte Flüssigkeiten, die beim Auftreffen auf die Oberfläche ihre Energie abgeben und festfrieren, und zum anderen durch Niederschläge in Form von Schnee, Eisregen (= unterkühlte Regentropfen), Graupel etc. Die meiste Vereisung tritt bei Temperaturen zwischen 0°C bis –8°C auf (z.B. in Wolken oder Nebel) und beschränkt sich meist auf die Staupunkte (z.B. Profilnase, Antennen oder Scheiben) an Flugzeugen. Ty- pische Eisformen sind: Klareis, Rauheis und Reif. Die negative Wirkung des Eisansatzes be- ruht auf einer Verminderung des Auftriebs, Erhöhung des Widerstandes und des Gewichts sowie einer Beeinträchtigung der Steuerorgane und Motoren. Um diesen Nachteilen zu entgegnen, wurden eine Reihe von Gegenmaßnahmen entwickelt: - Wetterberatung: Lokalisierung von Vereisungszonen und deren Vermeidung im Flug - Technische Hilfsmittel: Unterscheidung in Mechanische Mittel: pneumatisch aufblasbare Gummibalgs zum Absprengen des Eises an der Profilnase Thermische Mittel: elektrische, pneumatische Beheizung der kritischen Bereiche wie z.B. Propellerblätter, Cockpitscheiben, Triebwerkseinläufe etc. Chemische Mittel: Flüssigkeiten auf Glykolbasis zur Herabsetzung des Gefrierpunktes von Wasser
  • 28. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 28 Allgemein wird in De-Icing und Anti-Icing unterschieden. De-Icing bezeichnet das tatsächli- che Entfernen von Eisansatz, wohingegen Anti-Icing die vorbeugende Behandlung von Ober- flächen zur Vermeidung von Eisansatz bedeutet. 2.1.5 Flugvorbereitung Die Flugvorbereitung stellt einen sehr wichtigen Bereich vor der Durchführung von Flügen dar. Hier wird die Flugstrecke nach meteorologischen, sicherheitsrelevanten und wirtschaftli- chen Gesichtspunkten optimal ausgewählt. Folgende Punkte werden behandelt: - Windrichtungen und Stärke in den verschiedenen Höhen und am Zielflughafen. Beispielsweise darf die maximal zulässige Seitenwindkomponente (crosswind) des jeweiligen Flugzeugtyps nicht überschritten werden (Boeing 737 hat ein Limit von 30kt = 54km/h). - Einschränkungen der Flugsicherung auf der Strecke und am Ziel bzw. Aus- weichflughafen; z.B. zu umfliegende Sperrgebiete, Funktion von Navigationsanla- gen (Anflughilfen etc...), Hindernisse im Anflugbereich wie Kräne oder Baustel- len. Derartige Informationen werden den Piloten bei der Flugvorbereitung über die No- tice to Airmen (NOTAM) von der Flugsicherung zur Verfügung gestellt. - Berechnung der Flugzeit und des Treibstoffverbrauchs im Flugplan (flight plan) entsprechend dem Gewicht des Flugzeuges. Diese Berechnung erfolgt heute im kommerziellen Flugbereich über dafür spezialisierte Fachbereiche (= Flugpla- nung – flight dispatch) der Luftfahrtgesellschaften. Die berechneten Flugpläne können weltweit von einem Zentralrechner abgerufen werden. Die gesetzlich vor- geschriebenen Treibstoffmengen werden wie folgt eingeteilt: Trip Fuel: Treibstoff, um von A nach B zu fliegen Contingency Fuel : Kraftstoff für unvorhergesehene Ereignisse während des Flugablaufs z.B.: An-/Abflugverspätung, stärkerer Gegenwind als vorhergesagt, Durchstartmanöver etc. Basiert auf statistischen Durchschnittswerten für zusätzlich benötigten Kraftstoff auf der jeweiligen Flugstrecke. So beträgt der Contigency Fuel nach Frankfurt aufgrund der hohen Verkehrsdichte um die 20 Minuten, dagegen z.B. nach Nürnberg nur etwa 8 Minuten. Alternate Fuel: Kraftstoff, um vom Zielflughafen zum Ausweichflughafen zu Fliegen. Final Reserve Fuel : Kraftstoff, um 30 Minuten Warteschleifen in 1500ft (450m) (Holding Fuel) Höhe am Ausweichflughafen (Fixwert) fliegen zu können
  • 29. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 29 Minimum Take Off Fuel: Mindestkraftstoff an der Startposititon auf der Startbahn Extra Fuel: durch die Cockpitbesatzung bestimmter Zusatzkraftstoff z.B. für zu erwartende Schließung von Landebahnen wegen Schneeräumarbeiten, oder extremen Wetterverhältnissen Take Off Fuel: Minimum Take Off Fuel + Extra Fuel Taxi Fuel: Fixwert abhängig vom Flugzeugtyp. Er soll den Treibstoffverbrauch für das Anlassen der Triebwerke, Rollen (taxi) zur Startbahn etc. abdecken. Block Fuel: Kraftstoff, auf den das Flugzeug aufgetankt wird Abbildung 14 gibt die Abhängigkeiten der einzelnen Treibstoffmengen am Beispiel eines Flu- ges von Frankfurt (FRA) nach Lissabon (LIS) an. Trip Fuel 7337 02:43 Contingency Fuel 660 00:15 Alternate Fuel 1541 00:32 Faro Final Reserve Fuel 1281 00:30 Σ Minimum Take Off Fuel 10819 04:00 Extra Fuel 600 00:15 Σ Take Off Fuel 11419 04:15 Taxi Fuel 250 00:05 Σ Block Fuel 11669 04:20 Abb. 14 Gesetzlich geforderte Treibstoffmengen; [12] - Kontrolle der Wettersituation am Ziel- und Ausweichflughafen, damit sicherge- stellt ist, dass eine Landung möglich ist. Hierbei zu beachtende Punkte sind die Sichtweite, Wolkenuntergrenze und Windverhältnisse. Für eine automatische Lan- dung nach Kategorie III (CAT III) sind derzeit eine Mindestsichtweite von 200 m vorgeschrieben. Würde also die gemeldete Sicht niedriger sein, wäre ein Anflug gesetzlich nicht zulässig (weitere Informationen zu Wetterminima siehe Kap. 2.1.7.9 ). -
  • 30. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 30 2.1.6 Flugsicherung Die Flugsicherung stellt diejenige Bodeneinrichtung dar, die für die reibungslose und sichere Führung der Flugzeuge in der Luft zuständig ist. Über den aufzugebenden Flugplan erfährt die Flugsicherung auf welchen Routen die Flugzeuge wann fliegen möchten. Der Flugplan muss mindestens eine Stunde vor der geplanten Abflugzeit aufgegeben werden. Anschließend findet eine Selektion entsprechend der Kapazität der einzelnen durchflogenen Sektoren statt. Kommt es dabei an einer Stelle zu Engpässen werden sogenannte Startfenster (slots) verge- ben. Diese Startfenster stellen einen fünfzehnminütigen Zeitraum dar, in der das betroffene Flugzeug gestartet sein muss. Typische Gründe für die Slots sind überfüllte Lufträume oder Personalmangel in einer Flugsicherungsstelle. Bei der Kontrolle über den Luftverkehr bedienen sich die Lotsen der Hilfe des Radars (vgl Kap. 3.7). Dabei überwacht je ein Zweierteam von Fluglotsen einen bestimmten Luftsektor, so dass auf seinem Streckenflug ein Flugzeug von einem zum nächsten Kontrollsektor weiter- gereicht wird. Dabei werden die Informationen über die einzelnen zu überwachenden Flug- zeuge auf sogenannten Kontrollstreifen festgehalten, die jedem Sektor zur Verfügung stehen. Auf diesen Ausdrucken (vgl. Abb. 15) findet der Lotse die für seinen Sektor wichtigen Daten (z.B. Höhe, Ankunftszeit an bestimmten Wegpunkten etc.) Startflughafen (Düsseldorf/EDDL) Abflugzeit Flugzeit zw. DKB vorauss. Flugzeit zw. Funkrufzeichen/Flugnummer und WLD Frankfurt (FFM) und Dinkelsbühl (DKB) gewünschte Flugzeugtyp vorhergehender Flugfläche (FL) Meldepunkt (FFM) Zielflughafen (München/EDDM) 230 A 320 FFM 0545 3 LH 848 DKB EDDL EDDM B1 3 FFM R9 MIQ 470 WLD geplante Reisegeschwindigkeit nächster Meldepunkt Meldepunkt auf den Streckenführung Knoten (Walda/WLD) sich der Meldestreifen bezieht Abb. 15 Kontrollstreifen der Lotsen; [23; S. 326] Einen Überblick der Kontrollsektoren gibt folgende Darstellung: Rollkontrolle (ground oder apron) Überwachung und Steuerung des Verkehrs auf dem Flughafen bzw. Vorfeld Turm (tower) Erteilung von Start - und Landeerlaubnissen, sowie Überwachung des Verkehrs in der Kon- trollzone (Luftraum D; vgl. Abb.2 auf Seite 8)
  • 31. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 31 Abflugradar (departure) Überwachung und Steuerung des abfliegenden Verkehrs Streckenflugradar (radar) Überwachung und Steuerung der Luftfahrzeuge im Reiseflug Anflugradar (arrival/aproach) Überwachung und Steuerung des anfliegenden Verkehrs, insbesondere der Führung (z.B. radar vector) der Flugzeuge auf das Instrumenten- landesystem (ILS) Turm (tower) Abb.16 Aufteilung von Kontrollsektoren und Übergabereihenfolge der Flugzeuge Für die sichere Führung (z.B. Vermeidung von Zusammenstössen, Wirbelschleppen etc.) der Flugzeuge arbeiten die Fluglotsen mit sogenannten Staffelungsverfahren (separation procedures). Dabei wird das Flugzeug zu anderen Luftfahrzeugen horizontal und vertikal gestaffelt. Je nach Flugphase (z.B. An-/Abflug, Streckenflug) werden unterschiedliche Staffelungsverfahren angewendet. In Abbildung 17 wird ein kurzer Überblick über die wichtigsten Staffelungsverfahren gegeben. COMPOSITE SEPARATION WAKE TURBULENCE SEPARATION Staffelungsverfahren (separation) VERTICAL SEPARATION HORIZONTAL SEPARATION RADAR SEPARATION Abb. 17 Staffelungsverfahren [13; S. 260ff] Heavy aircraft: Flugzeuge mit mehr als 136 t Gewicht (z.B. B 747 / A340) Medium aircraft: Flugzeuge mit einem Gewicht zwischen 7 t und 136 t (z.B.
  • 32. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 32 A320/321 oder B737) Light aircraft: Flugzeuge mit weniger als 7 t Gewicht (z.B. C 172, King Air) Abb. 18 Wirbelschleppenstaffelung (WAKE TURBULENCE SEPARATION) [13; S. 260ff] 1000 ft (300m) unter FL 290 (8850m) 2000 ft (600m) über FL 290* * Reduced Vertical Separation (RVSM) Luftraum über z.B. Teilen von Europa und dem Nordatlantik; zur Erhöhung der Luftraumkapazität wird über FL 290 die vertikale Staffelung auf 1000ft reduziert Abb. 19 Vertikale Staffelung (VERTICAL SEPARATION) [13; S. 260ff] Zeit Longitudinal Distanz Horizontale Staffelung Geographisch Lateral Kurs Abb. 20 Horizontale Staffelung (HORIZONTAL SEPARATION) [13; S. 260ff] 3-5NM horizontaler Abstand zwischen 3 und 5 NM; abhängig von Höhe und Entfernung zur Radar- station abhängig Abb. 21 Radarstaffelung (RADAR SEPARATION) [13; S. 260ff]
  • 33. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 33 Composite Staffelung = Vertikale Staffelung + laterale Staffelung Abb. 22 Composite Staffelung (COMPOSITE SEPARATION) [13; S. 260ff] Die geringste Staffelung in der Praxis sind 1000 ft vertikaler Abstand und 3 NM horizontaler Abstand. Unter bestimmten Auflagen (Sicht, Wolkenuntergrenze, Sichtkontakt zu anderem Flugzeug) dürfen diese Werte im Nahbereich von Flughäfen zur Kapazitätssteigerung unter- schritten werden (z.b. Anflug Frankfurt) 1000 ft 3 NM Abb. 23 Minimalabstand bei der Staffelung [13; S. 260] 2.1.7 Navigation Navigation als Wissenschaft ist im wesentlichen ein Teilgebiet der angewandten Mathematik und der Physik. Ihre Bedeutung wächst mit der steigenden Mobilität des Menschen immer mehr. Seit 1940 hat die Bedeutung der Navigation ebenfalls im militärischen Bereich stark an Bedeutung zugenommen. Heute nimmt die Navigation einen nicht mehr wegzudenkenden Bereich auf allen Transportmitteln zu Wasser (Schiffe, U-Boote) zu Lande (Autos, Militär- truppen) und in der Luft (zivile/militärische Flugzeuge, Raketen, Drohnen) ein. Die Navigati- on ist wie folgt definiert [14]: „ Navigation ist die Führung eines Fahrzeugs und die Bestimmung seines Standorts “ In der Praxis hat diese Definition folgende zwei Bedeutungen [15]: 1. Möglichst exakte Bestimmung der Position und Geschwindigkeit relativ zu einem Bezugspunkt. 2. Planung und Durchführung von Manövern (z.B. Flugmanöver), die notwendig sind, um von einem Punkt zu einem anderen Punkt zu gelangen. Aus der Zweckbestimmung des Transportmittels ergeben sich die Voraussetzungen, unter denen ein Flug zwischen zwei Punkten durchgeführt werden soll. Dabei spielen die Zeit (z.B.
  • 34. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 34 schnell oder langsam fliegen) die Wirtschaftlichkeit (z.B. möglichst wenig Treibstoff verbrauchen) und die Genauigkeit der Navigation eine wichtige Rolle. Beispielsweise besteht in der zivilen Verkehrsluftfahrt die Aufgabe darin, sein Ziel durch eine Kombination von Zeit-, Wirtschaftlichkeits- und Genauigkeitsaspekten zu erreichen. Dem Aspekt der Wirt- schaftlichkeit wird dabei besondere Bedeutung zugemessen. Wird dagegen ein militärischer Einsatz betrachtet, spielt der Zeit- und Genauigkeitsaspekt eine dominierende Rolle [16; S. 3ff]. Neben der Planung und Führung ist die Orts- und Geschwindigkeitsbestimmung ein wichtiger Teil der Navigation. Dabei wird prinzipiell in zwei Hauptgruppen unterschieden: Koppelnavigation (dead reckoning) Navigation Positionsbestimmung durch Messung (fixing) Abb. 24 Hauptgruppen der Navigation [16; S.4] Koppelnavigation: Von einer bekannten Ausgangsposition wird unter (dead reckoning) Zugrundelegung von Richtung (direction), Geschwindigkeit (speed) und Zeit (time) der augenblickliche Standort errechnet. Damit hängt die Genauigkeit des so ermittelten Ortes davon ab, wie genau die Ausgangsposition und die Parameter für die Berechnung sind [16]. Positionsbestimmung durch Messung: Hier ist es nicht notwendig zu wissen, wo sich das Flugzeug (fixing) zuvor befunden hat bzw. in welche Richtung es sich momentan bewegt. Bei dieser Art der Positionsbestimmung ist es jedoch er- forderlich, zu wissen, wo sich der Bezugspunkt befindet, auf den sich die Messung bezieht. Das Fixing kann also immer nur eine relative Navigation sein, insofern als im Einzelfall nur gesagt werden kann, dass sich das Flugzeug in einer bestimmten Rich- tung und Entfernung zu einem Bezugspunkt befindet [16]. Bei der Positionsbestimmung durch Messung wird ein geometrischer Ort festgelegt (Gerade, Kreis oder Hyperbel), auf dem sich das Flugzeug gerade befindet. Dieser geometrische Ort wird als Standlinie (line of position, LOP oder Area of position) bezeichnet. Eine Standlinie
  • 35. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 35 ist somit die Gesamtheit aller Orte, für die ein Messwert konstant ist. Abbildung 25 gibt einen Überblick über die Hauptgruppen der Standlinien. Astronomische Standlinie Standlinie Funkstandlinie Terrestrische Standlinie Abb. 25 Standlinien [16; S. 5] In der Praxis geschieht die Führung und Ortung von Flugzeugen in aller Regel wechselweise durch Koppelnavigation und Positionsbestimmung durch Messung (Fix Monitored Dead Reckoning) [14]. Innerhalb der Navigationsverfahren kann zwischen unterschiedlichen Arten der Navigation unterschieden werden. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die allgemeinen Verfahren. Tab. 6 Navigationsverfahren und ~arten [35] Koppelnavigationsverfahren Koppelnavigationsverfahren Navigationsart Anwendung autonom/ Trägheitsnavigation* Kurz-, Mittel- und Langstre- bodenunabhängig ckennavigation ~ Doppler-Navigation Kurz-, Mittel- und Langstre- ckennavigation Moderne Navigation zur op- ~ Flächennavigation timierten Nutzung des Luft- raums auf Kurz-, Mittel- und Langstrecke Konventionelles Koppeln Sichtflugnavigation in der nach Sicht und mit Hilfe von allgemeinen Luftfahrt (VFR) Richtung, Zeit, Geschwindig- keit, Höhe und Wind Positionsbestimmung durch Messung (fixing)
  • 36. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 36 bodenabhängig Navigationsart Anwendung ~ Funknavigation (VOR, NDB, Kurz-, Mittel- und Langstre- LORAN, OMEGA...) ckennavigation ~ Astronavigation Polar- und Langstreckenflüge ~ Sichtnavigation terrestrische Flüge in niedrigen Höhen bei Navigation) gutem Wetter (VFR) Nutzung v.a. in Verbindung mit Flächenavigation; große ~ Satellitennavigation Verbreitung in der allgemei- nen Luftfahrt mit Handgerä- ten * in der Praxis ist die Trägheitsnavigation aufgrund ihrer Korrekturen (up dates) mit Hilfe von bodengestützten Anlagen (z. B. DME) nicht mehr als autonom anzusehen 2.1.7.1 Grundlegende Begriffe in der Navigation In diesem Kapitel sollen einige wichtige Grundbegriffe aus der Flugnavigation erklärt wer- den, die den daran anschließenden Stoff leichter verständlich machen. Geschwindigkeit: Unterteilung in wahre Geschwindigkeit gegenüber der Luft (TAS), [kt oder km/h] angezeigte Geschwindigkeit (IAS) und Geschwindigkeit gegenüber Grund (GS; vgl. auch 2.4.1.2 Druck) Höhe [m oder ft]: Unterteilung in Flugfläche (FL), Höhe über Grund (Height), Höhe über MSL (Altitude), Druckhöhe (Pressure Altitude - PA) und Flugplatzhöhe über MSL (Elevation - ELEV; vgl. Kap.2.4.1.2 Druck) Kurs [°]: Angabe von Richtungen im geographischen (NED, north-east-down) Koordinatensystem. Die Hauptbezugsrichtung ist Norden, und wird in geographisch (true north, TN/T), magnetisch (magnetic north, MN/M) und Kompass (compass north, CN/C) Nord unterschieden. Abbildung 26 gibt die Zusammenhänge der einzelnen Nordrichtungen an, die vom Piloten während der Flugplanung und dem Flug selbst berücksichtigt werden müssen. Magnetisch Nord ist dadurch bedingt, dass der magnetische Nordpol nicht mit dem geographischen Nordpol übereinstimmt. Der magnetische Nordpol unterliegt geringfügigen Schwankungen und liegt zur Zeit im Bereich der Prince of Wales Inseln im nördlichen Teil der Nordwest Territories in Kanada [53]. Kompass Nord entsteht durch die Instrumentenfehler im Kompass. Die wichtigsten Fehler sind: systembedingte Fehler durch Inklination und Deklination
  • 37. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 37 Einbaufehler: Deviation durch magnetische Störfelder anderer In- strumente Instrumentenfehler: Lagerreibung Betriebsfehler: Beeinflussung der Anzeige durch Beschleunigung (z.B. im Kurvenflug oder bei Änderungen der Schubhebelstellung) Derartige Fehler treten hauptsächlich bei den einfachen Flüssig- keitsgeräten (im Volksmund auch Schnapskompass genannt) auf. In modernen Flugzeugen ist der Richtungsbezug magnetisch Nord. TN MN CN VAR DEV - + VAR = Variation oder auch Ortsmissweisung (OM) DEV = Deviation Vorzeichenregel: Abweichung nach: Westen Osten Vorzeichen: - + Westen Osten (West is best – East is least) Abb. 26 Verschiedene Nordrichtungen Neben den Bezugsrichtungen TN, MN und CN gibt es eine zweite Unterscheidung in den Kursangaben: Course (C) = geplanter Kurs über Grund Heading = Steuerkurs den der Pilot mit seinem Flugzeug (HDG/H) fliegt (Richtung der Flugzeuglängsachse) Track = tatsächlicher Kurs den das Flugzeug über Grund (T) zurücklegt Aus diesen beiden Unterscheidungen ergeben sich die unterschiedlichen Kurse (vgl. Abbil- dung 27): TT, TH, TC, MC, MH, MT, CC, CH, CT Vorhaltewinkel: Der Windvorhaltewinkel (wind correction angle, WCA) korrigiert den (WCA) Windversatz und führt im Idealfall dazu, dass der geplante Kurs (Cour- se, C) mit dem tatsächlichen Kurs über Grund (track, T) übereinstimmt (vgl. Abbildung 27). Der WCA ist also der Winkel zwischen geplantem Kurs und dem Steuerkurs des Flugzeugs.
  • 38. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 38 Driftwinkel: Der Driftwinkel (drift angle) gibt den Unterschied zwischen dem (DA) Steuerkurs (Course, C) und dem tatsächlichen bzw. geplanten Kurs über Grund (track, T bzw. course, C) an (vgl. Abbildung 27). Sollte die Be- rechnung des Windvorhaltewinkels nicht korrekt gewesen sein, setzt sich der Driftwinkel aus erwarteter und zusätzlicher Drift zusammen. Großkreis: Kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten auf einer Kugel; im (Orthodrome) Gegensatz dazu ist die Gerade in einer Ebene die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten. Der Großkreis ergibt sich als Schnittfigur zwi- schen einer Kugel und einer Ebene, die den Kugelmittelpunkt enthält. Kursgleiche: Verbindungslinie zwischen zwei Punkten auf der Kugel, die unter kon- (Loxodrome) stantem Kurs geflogen werden kann.
  • 39. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 39 TN MN Wind CN DEV (+) VAR/ OM (+) CT CC CH MC MH MT TC TH DAe WCA DAz TT DA = DAe + DAz ; DAe = erwartete Drift DAz = zusätzliche Drift im Idealfall gilt DA = - WCA = DAe Berechnung der Steuerkurse (Heading, H): TH = TC + WCA MH = TH − VAR(OST + / WEST −) + WCA CH = TH − VAR(OST + / WEST−) − DEV (OST + / WEST −) + WCA Vorzeichen WCA: < 0 (Wind von links); > 0 (Wind von rechts) Die Berechnung der übrigen Kurse (Track und Course) ergeben sich aus obiger Abbildung Beispiel: TC (=TT) = 090°, WCA = 5°, VAR = -3°; DEV = +1° TH = 090° + 5° = 095° MH = 090° – (-3°) + 5° = 092° CH = 090° - (-3°) – 1° + 5° = 097 TC/TT WCA Wind TH Abb. 27 Kursbezeichnungen
  • 40. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 40 2.1.7.2 Astronavigation Bei der Astronavigation (astronomical or celestial navigation) erfolgt die Standortbestimmung durch die Höhenbeobachtung von Gestirnen an der Himmelskugel. Dieses Verfahren stammt ursprünglich aus der Seefahrt und verwendet als Hilfsmittel einen Sternenalmanach sowie einen Sextanten. Mit dem Sextanten wird der Elevationswinkel vom Horizont zum Stern be- stimmt, woraus sich eine elliptische Standlinie (LOP) um den Fußpunkt des anvisierten Sterns ergibt (vgl. Abb. 28). Durch Wiederholung dieser Prozedur mit einem zweiten Stern ergibt sich eine zweite Standli- nie (LOP), die sich mit der ersten in zwei Punkten schneidet. Mit Hilfe von Daten aus dem Sternalmanach lässt sich diese Zweideutigkeit der Position ausschließen. p H0 p+H0 H LOP Radius d d Fußpunkt des an- gepeilten Sterns 90°- H0 – p LOP R0 Erde d = R0 (90°- H0 – p); R0 = 6371 km Abb. 28 Astronavigation
  • 41. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 41 2.1.7.3 Doppler-Navigation Das Dopplerradar ist eine spezielle Form des Radars, mit dem vom Flugzeug aus die Ge- schwindigkeit über Grund und die Abdrift bestimmt und kontinuierlich angezeigt werden. Das Dopplerradar kann mit Navigationscomputern oder anderen Navigationssystemen kombiniert werden. Doppler wurde in den 60er und 70er Jahren verwendet (z.B. B707 auf Polflügen), spielt aber in der heutigen Verkehrsluftfahrt keine Rolle mehr. Die Grundlage dieser Anlagen basiert auf dem Doppler-Effekt.  v  f E = f S 1 ± R  fE = empfangene Frequenz  c  fS = gesendete Frequenz; c = Geschwindigkeit der Funkwelle Annäherung: + (fE > fS); Entfernung: - (fE < fS) 2.1.7.4 LORAN LORAN (long range navigation) ist ein Langstreckensystem, das ursprünglich aus der See- fahrt, insbesondere bei der Führung von U-Booten, stammt. Vorgänger ist das LORAN A, das eine geringere Reichweite und Genauigkeitsfehler hatte. LORAN C arbeitet im relativ stabi- len Niederfrequenzband und kann sehr große Strecken bis 5200 km abdecken (+/- 4.6 km). Eine Weiterentwicklung ist LORAN D (militärisch), das eine größere Genauigkeit aufweist (+/- 183 m). LORAN hat in der kommerziellen Luftfahrt keine Bedeutung mehr und wird nur noch vereinzelt in der allgemeinen Luftfahrt in den USA angetroffen. LORAN gehört zu den Hyperbelverfahren. Bei ihnen erfolgt die Standortbestimmung eben- falls mittels zweier Standlinien (LOP), die aber jetzt keine Geraden sondern Hyperbeln (Li- nien konstanter Abstandsdifferenz von zwei gegebenen Punkten) sind. Um einen Fixpunkt bestimmen zu können, braucht das LORAN C System ein Netz oder eine Kette von mindes- tens drei Stationen. Eine davon ist Hauptstation (master) und die anderen zwei sind Sekundär- stationen (slave). Der Master sendet eine ununterbrochene Folge von niederfrequenten (100 kHz) Impulsen , die die Sekundärstationen veranlassen ähnliche Signale auszustrahlen. Der LORAN C Empfänger entschlüsselt alle diese Signale, trennt die Haupt- von den Sekundär- signalen, berücksichtigt den Zeitverlust bis zum Auslösen der Sekundärsignale und berechnet dann die Zeitunterschiede zwischen dem Eingang der Haupt- und der einzelnen Sekundärsig- nale. Befindet sich beispielsweise ein Flugzeug gleich weit von der Hauptstation und einer Sekun- därstation, treffen die Signale gleichzeitig ein. Da sich elektromagnetische Wellen mit Licht- geschwindigkeit (c ~ 300000 km/s) ausbreiten, lassen sich die Zeitmessungen bzw. Zeitdiffe- renzen direkt in Entfernungen umrechnen. Daraus ergeben sich die Linien konstanter Ab- standsdifferenz (Hyperbeln; vgl. Abb. 29). Mit einer zweiten Station ergibt sich eine weitere Standlinie, die mit der ersten Schnittpunkte bildet, die die augenblickliche Position des Flug- zeuges darstellen [19].
  • 42. Lehrstuhl für Grundlagen Datum: 27.09.2007 Flugsystemdynamik der modernen Flugführung Rev.: 1.4 TU München Seite: 42 Abb. 29 Hyperbelnavigationsverfahren LORAN C [19; S. 40] 2.1.7.5 OMEGA/VLF OMEGA/VLF ist ein Langstreckensystem, das im Bereich der Längstwellen (VLF) mit sehr niedrigen Frequenzen (unter 30 kHz) arbeitet. Genaugenommen werden zwei Systeme unter- schieden: OMEGA: System für Flugnavigation (amerikanische Küstenwache); 8 Sender VLF: leistungsstarkes Kommunikationssystem (ursprünglich von der US Navy) mit bis zu 1000 kW Sendeleistung bei 7 Sendern. Die Sender versorgen einen Umkreis bis zu 20000 km mit Signalen. Jeder der acht OMEGA Stationen sendet ein Reihe von drei Frequenzen, die immer in der gleichen Reihenfolge und mit gleichem Zeitabstand zwischen den Frequenzen, aber unterschiedlichem Zeitabstand nach der letzten Frequenz (vor Beginn des neuen Zyklus), gesendet werden. Der OMEGA Emp- fänger kann jede Station an ihrem Sendeschema identifizieren. Weiterhin benutzt der Emp- fänger das einmalige Muster einer Station, um den Phasenunterschied zwischen Sendung und Empfang zu messen. Aus den Phasenunterschieden werden hyperbolische Standlinien entwi- ckelt (ähnlich LORAN). Der weitere Weg der Positionsbestimmung soll hier wegen der Komplexität nicht weiterverfolgt werden. Typische Stichpunkte sind die Betriebsarten “Abso- lut“ und “Relativ“, Hyperbelbahnen etc.