SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 5
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Sozial- und migrationsspezifische Merkmale
Die quantitativ größte Gruppe von MigrantInnen am
Wiener Arbeitsmarkt stammt aus dem ehemaligen
Jugoslawien (40 %), gefolgt von Arbeitskräften aus
den neuen EU-Mitgliedsstaaten (21 %). Diese Gruppe
ist in den letzten Jahren durch den Wegfall der Über-
gangsregelungen proportional stärker gewachsen
als andere Gruppen. Die drittgrößte Gruppe von
MigrantInnen am Wiener Arbeitsmarkt kommt aus
der Türkei (16,6  %), gefolgt von MigrantInnen aus
Deutschland (10 %). Die weiteren Herkunftsregionen
haben quantitativ eine geringere Bedeutung, ihr Anteil
an den MigrantInnen am Wiener Arbeitsmarkt beträgt
zwischen 1 und 3 %.
Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt ist höchst
unterschiedlich, sie variiert von 60 % bei Frauen aus
Russland und der Ukraine bis 25 % bei Frauen aus
dem arabischen Raum.
Das Niveau der Arbeitslosigkeit ist bei MigrantInnen
mit 10 % deutlich höher als bei Nicht-MigrantInnen
mit 4 % (siehe dazu auch SWSA 06/2012: http://media.
arbeiterkammer.at/wien/SWSAktuell_2012_06.pdf).
Finanzielle Lage und Armutsgefährdung
Die finanzielle Lage von MigrantInnen auf der
Haushaltsebene ist ungünstiger als jene von Nicht-
MigrantInnen. Gut ein Drittel der Personen mit Migrati-
onshintergrund lebt in einem „einkommensschwachen
Haushalt“ und nur 5 % in einem „einkommensstarken
Haushalt“. Die Armutsgefährdungsquote liegt bei 27 %.
Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen
verschiedenen Herkunftsgruppen (siehe Abbildung 1).
Im Vergleich dazu leben 18  % der Befragten der
Nicht-MigrantInnen in einem „einkommensschwachen
­Haushalt“, die Armutsgefährdung beträgt in dieser
Gruppe 14 %.
MigrantInneninWien–Einkommen,Bildung,Wohnen
Migrantin ist nicht gleich Migrantin und Migrant ist nicht gleich Migrant – das wird in der Diskussion um die
Situation von Personen mit Migrationshintergrund oft außer Acht gelassen. Die Ergebnisse einer aktuellen
Studie zeigen, dass es sich um eine äußerst vielfältige Gruppe von Menschen handelt. Gemeinsam haben sie
oft einzig die Migrationserfahrung. Wie verhält sich ihre Lage in Bezug auf Einkommen, Bildung und Wohnen?
Impressum: Herausgeber und Medieninhaber Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien,
Prinz Eugen Strasse 20-22 · Redaktion Gerlinde Hauer, Petra Innreiter, Ilse Leidl, Reinhold Russinger,
Matthias Schnetzer, Norman Wagner · Kontakt SWSA@akwien.at · Verlags- und Herstellungsort Wien
Erscheinungsweise 11 mal jährlich · DVR 0063673 AKWien
AbonnierenSieSWSAalsE-Mail-Newsletter:http://wien.arbeiterkammer.at/newsletter.html
„Sozial- und Wirtschaftsstatistik aktuell“ auswählen und auf „abschicken“ klicken.
Feedback und Rückfragen bitte an SWSA@akwien.at
SOZIAL-&WIRTSCHAFTS­
STATISTIK AKTUELL Nr 3/2015
Download: http://wien.arbeiterkammer.at/service/zeitschriften/SozialundWirtschaftsstatistikaktuellWS S A
WUSSTEN SIE, DASS PERSONEN MIT MIGRATIONSHIN-
TERGRUND HÄUFIGER VON ARMUT BETROFFEN SIND?
è
Abbildung 1: Armutsgefährdung, nach Herkunft Abbildung 2: Armutsgefährdung MigrantInnen,
nach ausgewählten Sozialfaktoren
Weiblich
Männlich
bis 24 Jahre
25 bis 45 Jahre
ab 46 Jahre
Hilfstätigkeit
Angelernte Tätigkeit
Mittlere/Facharbeit.tätig
Höhere Tätigkeit
hochqual./führendeTätigk.
Unselbst. beschäftigt
Arbeitslos
Sonstiges
Unselbst. b.+ Ausbildung
MigrantInnen
Sonst. Asien
Türkei
Arab. Raum
Afrika
China
Iran
Sonst. Europa
Philippinen
EU-NMS
Ex-YU/Albanien
Deutschland
Roma/Romnja
Kurden/Kurdinnen
Nicht-MigrantInnen
Quelle: L&R Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen Quelle: L&R Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen
2020 40 4060 6080 80100 1000 0
n Unterhalb Armutsgefährdungsschwelle n Überhalb Armutsgefährdungsschwellen Unterhalb Armutsgefährdungsschwelle n Überhalb Armutsgefährdungsschwelle
60%40%
63%37%
43%57%
77%23%
98%2%
89%11%
76%24%
66%34%
59%41%
73%27%
74%26%
63%37%
72%28%
14%
27%
30%
13%
20%
20%
24%
25%
27%
29%
43%
46%
52%
58%
27%
86%
73%
70%
87%
80%
80%
76%
75%
73%
71%
57%
54%
48%
42%
73% 73%27%
MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 2
Die unterschiedlichen Einkommenspositionen nach
Herkunft werden maßgeblich durch verschiedene
Arbeitsmarkt- und Sozialfaktoren wie dem Arbeits-
markstatus, Tätigkeitsniveau, Einkommen und der
höchsten abgeschlossenen Ausbildung beeinflusst.
Beispielsweise je niedriger das berufliche Tätigkeits-
niveau, desto höher ist der Anteil jener, die in einem
einkommensschwachen Haushalt leben – Arbeit-
nehmerInnen die Hilfstätigkeiten ausführen, weisen
eine Armutsgefährdungsquote von 41 % aus (siehe
Abbildung 2).
Ein Drittel aller Personen in armutsgefährdeten und
einkommensschwachen Haushalten haben – unab-
hängig der Herkunft – große Schwierigkeiten mit dem
Einkommen ein Auslangen zu finden. Weitere 50 %
(MigrantInnen) bzw. 40 % (Nicht-MigrantInnen) sehen
sich mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert, um
notwendige Ausgaben tätigen zu können.
Zu dem kommt, dass gut jede/r dritte Migrant/in Fami-
lienangehörige im Herkunftsland finanziell unterstützt.
Trifft dies in der Herkunftsgruppe Deutschland nur bei
einer Minderheit zu (10 %), leisten in anderen Gruppen
große Teile der Befragten finanzielle Hilfen (insb. Per-
sonen von den Philippinen und aus Afrika).
Bildungssituation und -Perspektiven
Die Qualifikationsstruktur der ArbeitnehmerInnen mit
Migrationshintergrund ist durch zwei Pole geprägt:
Etwa gleich viele Personen verfügen über höchstens
einen Pflichtschulabschluss wie über einen tertiären
Abschluss. Wie Abbildung 3 zeigt, ist der Bildungsgrad
innerhalb der Herkunftsgruppen höchst unterschied-
lich. Allerdings zeichnet sich in allen Herkunftsgruppen
ein über die Generationen hinweg steigendes Qualifi-
kationsniveau ab.
Die adäquate Verwendung der formalen Qualifikation im
beruflichen Kontext ist gerade für jene die eine höhere
Schule (Matura) abgeschlossen haben schwieriger als
für jene mit einem mittleren Schulabschluss oder einer
abgeschlossenen Lehre. Fast ein Drittel aller MigrantIn-
nen (in der Referenzgruppe sind es 10 %) gibt an, nicht
entsprechend ihres Bildungsabschlusses beschäftigt
zu sein. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede nach
den Herkunftsgruppen (siehe Abbildung 4), Personen
aus Afrika, den Philippinen und dem arabischen Raum
sind davon stärker betroffen. è
WUSSTEN SIE, DASS überdurchschnittliche viele Mig-
rantInnen über einen tertiären Abschluss verfügen?
MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 3
Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse
betrifft ZuwanderInnen je nach Herkunftsregion in
unterschiedlicher Weise. Allerdings ist die Anerken-
nung von im Ausland erworbenen Abschlüssen in
Österreich durchaus zeit- und kostenintensiv.
Bildung wird in Österreich – unabhängig der Her-
kunft – zu einem hohen Maße vererbt. Kinder aus
MigrantInnen-Haushalten, in denen der/die Inter-
viewpartnerIn (d.h. Vater/Mutter) maximal einen
Pflichtschulabschluss hat, besuchen signifikant
häufiger eine NMS/Hauptschule, während Kinder aus
AkademikerInnen-Haushalten mehrheitlich eine AHS-
Unterstufe absolvieren.
MigrantInnen zeichnen sich durch hohe Bildungsaspi-
rationen für ihre Kinder aus: Drei Viertel der Befragten
wünschensich,dassihreKindereinenTertiärabschluss
erreichen. Bei der Referenzgruppe liegt der Anteil bei
53 %. Hier ist das Erreichen eines Maturaabschlusses
vergleichsweise wichtiger. Die Lehrausbildung ist bei
MigrantInnen mancher Herkunftsgruppen, besonders
aus Afrika und dem asiatischen Raum – weitgehend
unbekannt.
Wohnen
Personen mit Migrationshintergrund haben insgesamt
deutlich weniger Wohnraum zur Verfügung als jene der
Referenzgruppe und leben tendenziell in schlechteren
Wohnungen (weniger „Kategorie-A“ Wohnungen) als
Nicht-MigrantInnen. Aber auch hier gibt es sehr große
Unterschiede zwischen den verschiedenen Herkunfts-
gruppen.
Der Anteil von Personen in überbelegten Wohnungen, also
wenn die Anzahl der Wohnräume im Verhältnis zur Zahl
der Personen im Haushalt zu gering ist (Definition siehe
Glossar), beträgt bei Nicht-MigrantInnen rund 2 %, bei
MigrantInnen ist dieser Anteil mit über 20 % zehnmal so
hoch. Besonders von Überbelag betroffen sind MigrantIn-
nen aus dem afrikanischen Raum sowie Roma/Romnia.
Aus den von den Befragten angegebenen Ausgaben
für Miete und Betriebskosten errechnen sich Miet- è
WUSSTEN SIE, DASS MigrantInnen in Wien deutlich
weniger Wohnraum zur Verfügung haben als Personen
ohne Migrationshintergrund?
20 40 60 80 1000
n	 Nein, Tätigkeit unter dem Ausbildungsniveau
n	 Ja
n	 Nein, Tätigkeit über dem Ausbildungsniveau
Abbildung 4:
Ausbildungsadäquate Arbeit nach Herkunft
MigrantInnen
Afrika
Philippinen
Arab. Raum
Sonst. Asien
Türkei
EU-NMS
Iran
Ex-YU/Albanien
Sonst. Europa
China
Deutschland
Roma/Romnja
Kurden/Kurdinnen
Nicht-MigrantInnen
Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen
13% 85%
52% 44%
23% 77%
18% 76%
25% 70%
25% 73%
28% 67%
29% 70%
30% 68%
32% 66%
40% 58%
41% 56%
45% 53%
47% 52%
29% 67%
2%
4%
6%
5%
2%
5%
1%
2%
2%
2%
3%
2%
1%
4%
20 40 60 80 1000
MigrantInnen
Ex-YU/Albanien
Türkei
Deutschland
EU-NMS
Sonst. Europa
Iran
China
Philippinen
Arab. Raum
Sonst. Asien
Afrika
Nicht-MigrantInnen
Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen
*) wenn keiner der beiden Elternteile der interviewten Person einen Abschluss auf Maturaniveau oder höher
aufweisen
n	 Max. Pflichtschulabschluss
n	 Lehre mit Berufsschule/Mittlere Schule
n	 Matura
n	 Universität, Fachhochschule, Akademie
Abbildung 3: Höchste abgeschlossene Schulbil-
dung bei geringem/mittlerem Bildungshinter-
grund der Eltern* nach Herkunft
19%54% 19%8%
18%23% 26%33%
47%19% 27%7%
27%38% 20%15%
12%26% 23%40%
40%20% 37%4%
46%22% 30%2%
20%43% 30%6%
46%27% 20%7%
7%29% 13%52%
4%48% 15%33%
12%39% 18%31%
24% 21%30% 26%
MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 4
kosten pro Quadratmeter. Der Anteil der Wohnkosten
am verfügbaren Haushaltseinkommen beträgt sowohl
bei den befragten MigrantInnen als auch bei den Nicht-
MigrantInnen im Schnitt 25 %. Unterschiede zwischen
den Herkunftsgruppen sind aber vor allem auf die
Haushaltskonstellationen, den Arbeitsmarktstatus, die
Rechtsform der Wohnung und die Wohnungsgröße
zurückzuführen. Auch das Alter der Mietverträge spielt
dabei eine große Rolle: Vor allem erst kürzlich zuge-
wanderten Personen sind daher auch verstärkt mit ver-
gleichsweise hohen Quadratmeterpreisen bei Mieten
konfrontiert. Diese Gruppe lebt auch eher in privaten
und tendenziell auch kleineren Mietwohnungen, die
sich wiederum als relativ teurer erweisen.
Die Arbeiterkammer fordert
¡	 Eine Diskriminierungsfreie Arbeitswelt: Alle ArbeitnehmerInnen sollen die gleiche Chancen und Rechte
auf eine ihren Qualifikation entsprechende Arbeit bekommen, unabhängig von Herkunft, Alter, Hautfarbe,
Akzent, usw.
¡	 Die Anerkennung von mitgebrachten Qualifikationen sollte durch eine Vereinfachung der Richtlinien sowie
der Schaffung eines einheitlichen Anerkennungsgesetzes erleichtert werden.
¡	 Den Ausbau von entsprechenden Weiterbildungsangeboten: Sowohl das Bildungssystem, AMS und die
Betriebe müssen in Weiterbildungsaktivitäten für Personen mit ausländischen Wurzeln intensivieren.
Berufsspezifische Sprachkurse sollten (ähnlich wie in Skandinavien) mit finanzieller Beteiligung der
Arbeitgeber ausgebaut werden.
¡	 Leistbares Wohnen für Alle: Durch eine Reform des Mietrechts mit klaren Mietzinsobergrenzen bei
privaten Mieten.
è
Abbildung 6: Wohnort WIEN: Durchschnittliche
Wohnnutzfläche/Haushaltsmitglied (m2
), nach
Herkunft
MigrantInnen
Türkei
Philippinen
Sonst. Asien
Afrika
EX-YU/Albanien
Arab.Raum
EU-NMS
China
Sonst. Europa
Iran
Deutschland
Nicht-MigrantInnen
Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen
10 20 30 40 500
45,2
44,0
41,6
36,1
32,5
30,6
28,6
25,3
25,0
23,6
23,0
20,5
28,5
Abbildung 5: Wohnort WIEN: Rechtsform der
Wohnung, nach Herkunft
MigrantInnen
Türkei
Afrika
Arab. Raum
Ex-YU/Albanien
Sonst. Asien
Philippinen
EU-NMS
Sonst. Europa
Deutschland
Iran
China
Roma/Romnja
Kurden/Kurdinnen
Nicht-MigrantInnen
n	 Eigentumswohnung
n	 Hauseigentum
n	 Gemeindewohnung
n	 Gemietete Genossen-
schaftswohnung
n	 Genossenschaftswohnung
im Eigentum
n	 Unbefristete Hauptmiete
n	 Befristete Hauptmiete
Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen
20 40 60 80 1000
9%2%
9%
17%
9%
11%
8%11%
11%6%
1%
9%17%
13%
16%19%
12%
7%
16%
21%
10%23%
31%3%
20%
10%18%
4%
1%
26%19%25%3%
21%12%51%
17%7%49%
12%15%51%
28%23%19%
15%15%38%9%
13%22%41%
27%19%19%
24%18%9%
34%13%9%
16%24%16%6%
19%12%17%7%
31%9%19%
24%12%36%
22%13% 19%11%
Glossar
Migrationshintergrund
§§Nach Definition der Statistik Austria (Arbeitskräfteer-
hebung 2010) haben jene Personen einen Migrations-
hintergrund, die im Ausland geboren wurden bzw. wo
beide Elternteile ausländische Wurzeln haben. Die
Staatsbürgerschaft ist hierfür nicht ausschlaggebend.
§§Das im Rahmen der Studie verwendete Migrations-
konzept geht vom Geburtsland der Person aus. Ist
eine Person oder sind die Eltern bzw. ein Elternteil
im Ausland geboren, so hat diese Person einen Mig-
rationshintergrund. Die Staatsbürgerschaft ist auch
bei diesem Konzept nicht relevant.
§§Migrationshintergrund 1. Generation: die Person
ist selbst im Ausland geboren.
§§Migrationshintergrund 2. Generation: ein Elternteil
bzw. beide Elternteile sind im Ausland geboren.
EU-NMS: EU-Staaten welche am 01. Mai 2004 beige-
treten sind. Diese sind Estland, Lettland, Litauen, Malta,
Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und
Zypern.
Kategorie-A Wohnungen: Die Grundlage für die
Bestimmung der Wohnungskategorie wird im § 15a des
Mietrechtgesetzes gelegt. Ausstattungskategorie „A“
beinhaltet einen brauchbaren Zustand der Wohnung,
Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, WC, Badezimmer
oder Badenische in zeitgemäßen Standard, eine Nutzflä-
che von mindestens 30 Quadratmeter, eine gemeinsame
Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung oder
gleichwertige stationäre Heizung und eine Warmwasser-
aufbereitung.
Überbelag: Als überbelegt zählt ein Haushalt, wenn
die Anzahl der Wohnräume im Verhältnis zur Zahl der
Personen im Haushalt zu gering ist (d.h. weniger als
2 Räume für 2 Personen, weniger als 3 Räume für 3
Personen, usw) oder die Wohnfläche weniger als 16m2
beträgt oder wenn im Mittel weniger als 8m2 Wohnraum
pro Person zur Verfügung stehen. (Definition EU-SILC)
Armutsgefährdung: liegt vor, wenn das äquivalisierte
Nettohaushaltseinkommen unter 60 % des Medians
des österreichweiten Äquivalenzeinkommens (= das
Äquivalenzeinkommen eines Haushalts errechnet sich
aus dem verfügbaren Haushaltseinkommen dividiert
durch die Summe der Personengewichte im Haushalt;
die Personengewichte werden auf Basis einer EU-Skala
berechnet) liegt.
Einkommensschwacher Haushalt: wenn das äquivali-
sierte Haushaltseinkommen unter 70 % des Medians liegt.
Einkommensstarker Haushalt: wenn das äquivalisierte
Haushaltseinkommen über 150 % des Medians liegt.
Zur Definition und Datenlage
Diese Ausgabe von Sozial- und Wirtschaftsstatistik
beruht auf einer Studie im Auftrag von der Arbeiterkam-
mer Wien über die Arbeits- und Lebensbedingungen der
Wiener ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund.
Die Studie „MigrantInnen in Wien – 2014“ (Schmatz,
Wetzel 2014) ist bereits die zweite Studie aus dieser
Reihe (2011: Beschäftigungssituation von Personen mit
Migrationshintergrund in Wien). Sie fokussiert auf die
finanzielle Situation auf der Haushaltsebene, das Thema
Bildung und Bildungsperspektiven für Kinder, Wohnen,
Konsumentenschutz und soziale Netzwerke. Zielgruppe
der Studie waren ArbeitnehmerInnen mit Migrationshin-
tergrund der ersten und zweiten Generation aus 11 Her-
kunftsregionen. Es wurden dazu im Jahr 2013/2014
insgesamt 2.419 Interviews mit AK-Mitgliedern geführt.
Davon entfielen 2088 auf MigrantInnen und 331 auf Per-
sonen ohne Migrationshintergrund als Referenzgruppe.
Die Studie wird ab Mai auf der Homepage der AK Wien
(Service / Studien) als Download zur Verfügung stehen
MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 5

Weitere ähnliche Inhalte

Mehr von FESD GKr

Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022FESD GKr
 
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte MindestsicherungBedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte MindestsicherungFESD GKr
 
Gold plaiting
Gold plaiting Gold plaiting
Gold plaiting FESD GKr
 
Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...FESD GKr
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben RechteFESD GKr
 
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !FESD GKr
 
Inequality in europe
Inequality in europeInequality in europe
Inequality in europeFESD GKr
 
Daten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden RohstoffenDaten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden RohstoffenFESD GKr
 
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_finalEpicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_finalFESD GKr
 
Gemeinwohlökonomie
GemeinwohlökonomieGemeinwohlökonomie
GemeinwohlökonomieFESD GKr
 
Demokratie neu starten
Demokratie neu startenDemokratie neu starten
Demokratie neu startenFESD GKr
 
Schattendorf 1927; Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927;  Demokratie am WendepunktSchattendorf 1927;  Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927; Demokratie am WendepunktFESD GKr
 
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_webBroschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_webFESD GKr
 
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016FESD GKr
 
A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?FESD GKr
 
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1FESD GKr
 
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-webJahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-webFESD GKr
 
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009FESD GKr
 
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den SiegNeoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den SiegFESD GKr
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben RechteFESD GKr
 

Mehr von FESD GKr (20)

Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022
 
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte MindestsicherungBedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
 
Gold plaiting
Gold plaiting Gold plaiting
Gold plaiting
 
Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben Rechte
 
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
 
Inequality in europe
Inequality in europeInequality in europe
Inequality in europe
 
Daten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden RohstoffenDaten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
 
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_finalEpicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
 
Gemeinwohlökonomie
GemeinwohlökonomieGemeinwohlökonomie
Gemeinwohlökonomie
 
Demokratie neu starten
Demokratie neu startenDemokratie neu starten
Demokratie neu starten
 
Schattendorf 1927; Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927;  Demokratie am WendepunktSchattendorf 1927;  Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927; Demokratie am Wendepunkt
 
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_webBroschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
 
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
 
A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?
 
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
 
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-webJahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
 
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
 
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den SiegNeoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben Rechte
 

Sws aktuell 2015_3

  • 1. Sozial- und migrationsspezifische Merkmale Die quantitativ größte Gruppe von MigrantInnen am Wiener Arbeitsmarkt stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien (40 %), gefolgt von Arbeitskräften aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten (21 %). Diese Gruppe ist in den letzten Jahren durch den Wegfall der Über- gangsregelungen proportional stärker gewachsen als andere Gruppen. Die drittgrößte Gruppe von MigrantInnen am Wiener Arbeitsmarkt kommt aus der Türkei (16,6  %), gefolgt von MigrantInnen aus Deutschland (10 %). Die weiteren Herkunftsregionen haben quantitativ eine geringere Bedeutung, ihr Anteil an den MigrantInnen am Wiener Arbeitsmarkt beträgt zwischen 1 und 3 %. Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt ist höchst unterschiedlich, sie variiert von 60 % bei Frauen aus Russland und der Ukraine bis 25 % bei Frauen aus dem arabischen Raum. Das Niveau der Arbeitslosigkeit ist bei MigrantInnen mit 10 % deutlich höher als bei Nicht-MigrantInnen mit 4 % (siehe dazu auch SWSA 06/2012: http://media. arbeiterkammer.at/wien/SWSAktuell_2012_06.pdf). Finanzielle Lage und Armutsgefährdung Die finanzielle Lage von MigrantInnen auf der Haushaltsebene ist ungünstiger als jene von Nicht- MigrantInnen. Gut ein Drittel der Personen mit Migrati- onshintergrund lebt in einem „einkommensschwachen Haushalt“ und nur 5 % in einem „einkommensstarken Haushalt“. Die Armutsgefährdungsquote liegt bei 27 %. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Herkunftsgruppen (siehe Abbildung 1). Im Vergleich dazu leben 18  % der Befragten der Nicht-MigrantInnen in einem „einkommensschwachen ­Haushalt“, die Armutsgefährdung beträgt in dieser Gruppe 14 %. MigrantInneninWien–Einkommen,Bildung,Wohnen Migrantin ist nicht gleich Migrantin und Migrant ist nicht gleich Migrant – das wird in der Diskussion um die Situation von Personen mit Migrationshintergrund oft außer Acht gelassen. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie zeigen, dass es sich um eine äußerst vielfältige Gruppe von Menschen handelt. Gemeinsam haben sie oft einzig die Migrationserfahrung. Wie verhält sich ihre Lage in Bezug auf Einkommen, Bildung und Wohnen? Impressum: Herausgeber und Medieninhaber Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Strasse 20-22 · Redaktion Gerlinde Hauer, Petra Innreiter, Ilse Leidl, Reinhold Russinger, Matthias Schnetzer, Norman Wagner · Kontakt SWSA@akwien.at · Verlags- und Herstellungsort Wien Erscheinungsweise 11 mal jährlich · DVR 0063673 AKWien AbonnierenSieSWSAalsE-Mail-Newsletter:http://wien.arbeiterkammer.at/newsletter.html „Sozial- und Wirtschaftsstatistik aktuell“ auswählen und auf „abschicken“ klicken. Feedback und Rückfragen bitte an SWSA@akwien.at SOZIAL-&WIRTSCHAFTS­ STATISTIK AKTUELL Nr 3/2015 Download: http://wien.arbeiterkammer.at/service/zeitschriften/SozialundWirtschaftsstatistikaktuellWS S A WUSSTEN SIE, DASS PERSONEN MIT MIGRATIONSHIN- TERGRUND HÄUFIGER VON ARMUT BETROFFEN SIND? è
  • 2. Abbildung 1: Armutsgefährdung, nach Herkunft Abbildung 2: Armutsgefährdung MigrantInnen, nach ausgewählten Sozialfaktoren Weiblich Männlich bis 24 Jahre 25 bis 45 Jahre ab 46 Jahre Hilfstätigkeit Angelernte Tätigkeit Mittlere/Facharbeit.tätig Höhere Tätigkeit hochqual./führendeTätigk. Unselbst. beschäftigt Arbeitslos Sonstiges Unselbst. b.+ Ausbildung MigrantInnen Sonst. Asien Türkei Arab. Raum Afrika China Iran Sonst. Europa Philippinen EU-NMS Ex-YU/Albanien Deutschland Roma/Romnja Kurden/Kurdinnen Nicht-MigrantInnen Quelle: L&R Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen Quelle: L&R Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen 2020 40 4060 6080 80100 1000 0 n Unterhalb Armutsgefährdungsschwelle n Überhalb Armutsgefährdungsschwellen Unterhalb Armutsgefährdungsschwelle n Überhalb Armutsgefährdungsschwelle 60%40% 63%37% 43%57% 77%23% 98%2% 89%11% 76%24% 66%34% 59%41% 73%27% 74%26% 63%37% 72%28% 14% 27% 30% 13% 20% 20% 24% 25% 27% 29% 43% 46% 52% 58% 27% 86% 73% 70% 87% 80% 80% 76% 75% 73% 71% 57% 54% 48% 42% 73% 73%27% MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 2 Die unterschiedlichen Einkommenspositionen nach Herkunft werden maßgeblich durch verschiedene Arbeitsmarkt- und Sozialfaktoren wie dem Arbeits- markstatus, Tätigkeitsniveau, Einkommen und der höchsten abgeschlossenen Ausbildung beeinflusst. Beispielsweise je niedriger das berufliche Tätigkeits- niveau, desto höher ist der Anteil jener, die in einem einkommensschwachen Haushalt leben – Arbeit- nehmerInnen die Hilfstätigkeiten ausführen, weisen eine Armutsgefährdungsquote von 41 % aus (siehe Abbildung 2). Ein Drittel aller Personen in armutsgefährdeten und einkommensschwachen Haushalten haben – unab- hängig der Herkunft – große Schwierigkeiten mit dem Einkommen ein Auslangen zu finden. Weitere 50 % (MigrantInnen) bzw. 40 % (Nicht-MigrantInnen) sehen sich mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert, um notwendige Ausgaben tätigen zu können. Zu dem kommt, dass gut jede/r dritte Migrant/in Fami- lienangehörige im Herkunftsland finanziell unterstützt. Trifft dies in der Herkunftsgruppe Deutschland nur bei einer Minderheit zu (10 %), leisten in anderen Gruppen große Teile der Befragten finanzielle Hilfen (insb. Per- sonen von den Philippinen und aus Afrika). Bildungssituation und -Perspektiven Die Qualifikationsstruktur der ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund ist durch zwei Pole geprägt: Etwa gleich viele Personen verfügen über höchstens einen Pflichtschulabschluss wie über einen tertiären Abschluss. Wie Abbildung 3 zeigt, ist der Bildungsgrad innerhalb der Herkunftsgruppen höchst unterschied- lich. Allerdings zeichnet sich in allen Herkunftsgruppen ein über die Generationen hinweg steigendes Qualifi- kationsniveau ab. Die adäquate Verwendung der formalen Qualifikation im beruflichen Kontext ist gerade für jene die eine höhere Schule (Matura) abgeschlossen haben schwieriger als für jene mit einem mittleren Schulabschluss oder einer abgeschlossenen Lehre. Fast ein Drittel aller MigrantIn- nen (in der Referenzgruppe sind es 10 %) gibt an, nicht entsprechend ihres Bildungsabschlusses beschäftigt zu sein. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede nach den Herkunftsgruppen (siehe Abbildung 4), Personen aus Afrika, den Philippinen und dem arabischen Raum sind davon stärker betroffen. è WUSSTEN SIE, DASS überdurchschnittliche viele Mig- rantInnen über einen tertiären Abschluss verfügen?
  • 3. MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 3 Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse betrifft ZuwanderInnen je nach Herkunftsregion in unterschiedlicher Weise. Allerdings ist die Anerken- nung von im Ausland erworbenen Abschlüssen in Österreich durchaus zeit- und kostenintensiv. Bildung wird in Österreich – unabhängig der Her- kunft – zu einem hohen Maße vererbt. Kinder aus MigrantInnen-Haushalten, in denen der/die Inter- viewpartnerIn (d.h. Vater/Mutter) maximal einen Pflichtschulabschluss hat, besuchen signifikant häufiger eine NMS/Hauptschule, während Kinder aus AkademikerInnen-Haushalten mehrheitlich eine AHS- Unterstufe absolvieren. MigrantInnen zeichnen sich durch hohe Bildungsaspi- rationen für ihre Kinder aus: Drei Viertel der Befragten wünschensich,dassihreKindereinenTertiärabschluss erreichen. Bei der Referenzgruppe liegt der Anteil bei 53 %. Hier ist das Erreichen eines Maturaabschlusses vergleichsweise wichtiger. Die Lehrausbildung ist bei MigrantInnen mancher Herkunftsgruppen, besonders aus Afrika und dem asiatischen Raum – weitgehend unbekannt. Wohnen Personen mit Migrationshintergrund haben insgesamt deutlich weniger Wohnraum zur Verfügung als jene der Referenzgruppe und leben tendenziell in schlechteren Wohnungen (weniger „Kategorie-A“ Wohnungen) als Nicht-MigrantInnen. Aber auch hier gibt es sehr große Unterschiede zwischen den verschiedenen Herkunfts- gruppen. Der Anteil von Personen in überbelegten Wohnungen, also wenn die Anzahl der Wohnräume im Verhältnis zur Zahl der Personen im Haushalt zu gering ist (Definition siehe Glossar), beträgt bei Nicht-MigrantInnen rund 2 %, bei MigrantInnen ist dieser Anteil mit über 20 % zehnmal so hoch. Besonders von Überbelag betroffen sind MigrantIn- nen aus dem afrikanischen Raum sowie Roma/Romnia. Aus den von den Befragten angegebenen Ausgaben für Miete und Betriebskosten errechnen sich Miet- è WUSSTEN SIE, DASS MigrantInnen in Wien deutlich weniger Wohnraum zur Verfügung haben als Personen ohne Migrationshintergrund? 20 40 60 80 1000 n Nein, Tätigkeit unter dem Ausbildungsniveau n Ja n Nein, Tätigkeit über dem Ausbildungsniveau Abbildung 4: Ausbildungsadäquate Arbeit nach Herkunft MigrantInnen Afrika Philippinen Arab. Raum Sonst. Asien Türkei EU-NMS Iran Ex-YU/Albanien Sonst. Europa China Deutschland Roma/Romnja Kurden/Kurdinnen Nicht-MigrantInnen Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen 13% 85% 52% 44% 23% 77% 18% 76% 25% 70% 25% 73% 28% 67% 29% 70% 30% 68% 32% 66% 40% 58% 41% 56% 45% 53% 47% 52% 29% 67% 2% 4% 6% 5% 2% 5% 1% 2% 2% 2% 3% 2% 1% 4% 20 40 60 80 1000 MigrantInnen Ex-YU/Albanien Türkei Deutschland EU-NMS Sonst. Europa Iran China Philippinen Arab. Raum Sonst. Asien Afrika Nicht-MigrantInnen Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen *) wenn keiner der beiden Elternteile der interviewten Person einen Abschluss auf Maturaniveau oder höher aufweisen n Max. Pflichtschulabschluss n Lehre mit Berufsschule/Mittlere Schule n Matura n Universität, Fachhochschule, Akademie Abbildung 3: Höchste abgeschlossene Schulbil- dung bei geringem/mittlerem Bildungshinter- grund der Eltern* nach Herkunft 19%54% 19%8% 18%23% 26%33% 47%19% 27%7% 27%38% 20%15% 12%26% 23%40% 40%20% 37%4% 46%22% 30%2% 20%43% 30%6% 46%27% 20%7% 7%29% 13%52% 4%48% 15%33% 12%39% 18%31% 24% 21%30% 26%
  • 4. MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 4 kosten pro Quadratmeter. Der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen beträgt sowohl bei den befragten MigrantInnen als auch bei den Nicht- MigrantInnen im Schnitt 25 %. Unterschiede zwischen den Herkunftsgruppen sind aber vor allem auf die Haushaltskonstellationen, den Arbeitsmarktstatus, die Rechtsform der Wohnung und die Wohnungsgröße zurückzuführen. Auch das Alter der Mietverträge spielt dabei eine große Rolle: Vor allem erst kürzlich zuge- wanderten Personen sind daher auch verstärkt mit ver- gleichsweise hohen Quadratmeterpreisen bei Mieten konfrontiert. Diese Gruppe lebt auch eher in privaten und tendenziell auch kleineren Mietwohnungen, die sich wiederum als relativ teurer erweisen. Die Arbeiterkammer fordert ¡ Eine Diskriminierungsfreie Arbeitswelt: Alle ArbeitnehmerInnen sollen die gleiche Chancen und Rechte auf eine ihren Qualifikation entsprechende Arbeit bekommen, unabhängig von Herkunft, Alter, Hautfarbe, Akzent, usw. ¡ Die Anerkennung von mitgebrachten Qualifikationen sollte durch eine Vereinfachung der Richtlinien sowie der Schaffung eines einheitlichen Anerkennungsgesetzes erleichtert werden. ¡ Den Ausbau von entsprechenden Weiterbildungsangeboten: Sowohl das Bildungssystem, AMS und die Betriebe müssen in Weiterbildungsaktivitäten für Personen mit ausländischen Wurzeln intensivieren. Berufsspezifische Sprachkurse sollten (ähnlich wie in Skandinavien) mit finanzieller Beteiligung der Arbeitgeber ausgebaut werden. ¡ Leistbares Wohnen für Alle: Durch eine Reform des Mietrechts mit klaren Mietzinsobergrenzen bei privaten Mieten. è Abbildung 6: Wohnort WIEN: Durchschnittliche Wohnnutzfläche/Haushaltsmitglied (m2 ), nach Herkunft MigrantInnen Türkei Philippinen Sonst. Asien Afrika EX-YU/Albanien Arab.Raum EU-NMS China Sonst. Europa Iran Deutschland Nicht-MigrantInnen Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen 10 20 30 40 500 45,2 44,0 41,6 36,1 32,5 30,6 28,6 25,3 25,0 23,6 23,0 20,5 28,5 Abbildung 5: Wohnort WIEN: Rechtsform der Wohnung, nach Herkunft MigrantInnen Türkei Afrika Arab. Raum Ex-YU/Albanien Sonst. Asien Philippinen EU-NMS Sonst. Europa Deutschland Iran China Roma/Romnja Kurden/Kurdinnen Nicht-MigrantInnen n Eigentumswohnung n Hauseigentum n Gemeindewohnung n Gemietete Genossen- schaftswohnung n Genossenschaftswohnung im Eigentum n Unbefristete Hauptmiete n Befristete Hauptmiete Quelle: LR Datafile „AK MigrantInnenstudie 2014”, n = 1.961 Personen 20 40 60 80 1000 9%2% 9% 17% 9% 11% 8%11% 11%6% 1% 9%17% 13% 16%19% 12% 7% 16% 21% 10%23% 31%3% 20% 10%18% 4% 1% 26%19%25%3% 21%12%51% 17%7%49% 12%15%51% 28%23%19% 15%15%38%9% 13%22%41% 27%19%19% 24%18%9% 34%13%9% 16%24%16%6% 19%12%17%7% 31%9%19% 24%12%36% 22%13% 19%11%
  • 5. Glossar Migrationshintergrund §§Nach Definition der Statistik Austria (Arbeitskräfteer- hebung 2010) haben jene Personen einen Migrations- hintergrund, die im Ausland geboren wurden bzw. wo beide Elternteile ausländische Wurzeln haben. Die Staatsbürgerschaft ist hierfür nicht ausschlaggebend. §§Das im Rahmen der Studie verwendete Migrations- konzept geht vom Geburtsland der Person aus. Ist eine Person oder sind die Eltern bzw. ein Elternteil im Ausland geboren, so hat diese Person einen Mig- rationshintergrund. Die Staatsbürgerschaft ist auch bei diesem Konzept nicht relevant. §§Migrationshintergrund 1. Generation: die Person ist selbst im Ausland geboren. §§Migrationshintergrund 2. Generation: ein Elternteil bzw. beide Elternteile sind im Ausland geboren. EU-NMS: EU-Staaten welche am 01. Mai 2004 beige- treten sind. Diese sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Kategorie-A Wohnungen: Die Grundlage für die Bestimmung der Wohnungskategorie wird im § 15a des Mietrechtgesetzes gelegt. Ausstattungskategorie „A“ beinhaltet einen brauchbaren Zustand der Wohnung, Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, WC, Badezimmer oder Badenische in zeitgemäßen Standard, eine Nutzflä- che von mindestens 30 Quadratmeter, eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung oder gleichwertige stationäre Heizung und eine Warmwasser- aufbereitung. Überbelag: Als überbelegt zählt ein Haushalt, wenn die Anzahl der Wohnräume im Verhältnis zur Zahl der Personen im Haushalt zu gering ist (d.h. weniger als 2 Räume für 2 Personen, weniger als 3 Räume für 3 Personen, usw) oder die Wohnfläche weniger als 16m2 beträgt oder wenn im Mittel weniger als 8m2 Wohnraum pro Person zur Verfügung stehen. (Definition EU-SILC) Armutsgefährdung: liegt vor, wenn das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen unter 60 % des Medians des österreichweiten Äquivalenzeinkommens (= das Äquivalenzeinkommen eines Haushalts errechnet sich aus dem verfügbaren Haushaltseinkommen dividiert durch die Summe der Personengewichte im Haushalt; die Personengewichte werden auf Basis einer EU-Skala berechnet) liegt. Einkommensschwacher Haushalt: wenn das äquivali- sierte Haushaltseinkommen unter 70 % des Medians liegt. Einkommensstarker Haushalt: wenn das äquivalisierte Haushaltseinkommen über 150 % des Medians liegt. Zur Definition und Datenlage Diese Ausgabe von Sozial- und Wirtschaftsstatistik beruht auf einer Studie im Auftrag von der Arbeiterkam- mer Wien über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Wiener ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund. Die Studie „MigrantInnen in Wien – 2014“ (Schmatz, Wetzel 2014) ist bereits die zweite Studie aus dieser Reihe (2011: Beschäftigungssituation von Personen mit Migrationshintergrund in Wien). Sie fokussiert auf die finanzielle Situation auf der Haushaltsebene, das Thema Bildung und Bildungsperspektiven für Kinder, Wohnen, Konsumentenschutz und soziale Netzwerke. Zielgruppe der Studie waren ArbeitnehmerInnen mit Migrationshin- tergrund der ersten und zweiten Generation aus 11 Her- kunftsregionen. Es wurden dazu im Jahr 2013/2014 insgesamt 2.419 Interviews mit AK-Mitgliedern geführt. Davon entfielen 2088 auf MigrantInnen und 331 auf Per- sonen ohne Migrationshintergrund als Referenzgruppe. Die Studie wird ab Mai auf der Homepage der AK Wien (Service / Studien) als Download zur Verfügung stehen MigrantInnen in Wien – Einkommen, Bildung, Wohnen 5