Werksschließungen bergen enormes Krisenpotenzial durch die unmittelbare Betroffenheit der Mitarbeiter. Sie sind in der Situation auf stichhaltige Informationen angewiesen. Daneben müssen auch relevante Multiplikatoren wie Medien und die Politik bedacht werden. Die häufigsten Fehlerquellen der Krisenkommunikation im speziellen Fall decken wird in unserem aktuellen One Pager auf.
Investorenmeinungen zum Entry-Standard: Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach d...
One Pager: Kommunikation bei Werksschließungen
1. »Kommunikation bei Werksschließungen«
Wiesbaden, 11.06.2013 – „Disconnecting
People“, „Leben im Kampf“, „Billiges Ge-
schwätz eines Handy-Riesen“ – diese Schlag-
zeilen begleiteten Nokias Werkschließung in
Bochum im Jahr 2008. Der Vorstand schlug den
protestierenden Mitarbeitern vor, zwecks Erhalt
der Arbeitsplätze „nach Rumänien zu ziehen“,
wohin auch die Produktion verlegt wurde. Die
Proteste wurden wütender, die Schlagzeilen
emotionaler, ein PR-Teufelskreis. Der Fall ist
ein Negativbeispiel für die misslungene Kom-
munikation einer Werksschließung.
Gewerkschaften,Arbeitnehmer,verunsicherte
Investoren und launische Kunden verwandeln
Krisenkommunikation bei einer Werksschlie-
ßung in ein Minenfeld. Eine Werkschließung
positiv zu platzieren ist aufgrund der damit
verbundenen menschlichen Tragödie kaum
möglich. Ein PR-Desaster für das Unterneh-
men und die Geschäftsführung kann jedoch
mit bewusster Kommunikation und professi-
oneller Beratung verhindert werden.
Fehlerquelle 1: Keine Strategie
Durch sorgfältige Planung und Vorbereitung
können viele Probleme bereits im Vorfeld
gelöst werden. Einige besonders wichtige
Dinge sollten vor Ankündigung der Werks-
schließung klar definiert werden.
An erster Stelle steht die kommunikative
Aufbereitung des „Warum“ für die Werks
schließung. Eine Erklärung für eine Schlie-
ßung trotz Rekordgewinnen forderten auch
die Mitarbeiter von Nokia. Das Management
blieb allerdings stumm; der Frust aufseiten
der Angestellten wurde größer. Dabei kann
die Erklärungsnot mit einer schlüssigen Argu
mentation und Schlagwörtern wie „Struktur
wandel“, „Konkurrenzdruck“ und „Konjunk-
tureinbruch“ vermieden werden.
Des Weiteren sollten die relevanten Interes-
sengruppen definiert werden. Dazu gehören
neben den Mitarbeitern auch Politiker, Journa
listen, Kunden und Investoren. Insbesondere
die Mitarbeiter brauchen Informationen für
ihre Zukunftsplanung, beispielsweise: Wie ist
der Zeitplan für die Werksschließung? Werden
Arbeitsplätze in anderen Werken angeboten?
Gibt es eine Abfindung? Generell sollte auch
klar kommuniziert werden, wie es mit dem Un-
ternehmen als Ganzes weitergehen soll.
Darüber hinaus benötigt jede Botschaft
adäquate Kommunikationskanäle. Eine inter-
ne Email zu verschicken und eine Mitteilung
an die Fachpresse weiterzuleiten, reicht je
nach Größe und Industrie des Unternehmens
nicht immer aus. Zu den Mitarbeitern sollte
nach Möglichkeit der persönliche Kontakt
gesucht werden und für alle Interessengrup-
pen autorisierte Ansprechpartner festgelegt
werden. Potentiell relevante Medien sollten
definiert und proaktiv kontaktiert werden,
um Journalisten aufzuklären und Konfronta-
tionen zu vermeiden.
Fehlerquelle 2: Kein Kommentar
Schweigen gegenüber Mitarbeitern und
anderen Stakeholdern ist eine „Todsünde“
des Managements in der Krisenkommuni
kation. Sie steht für Hilflosigkeit und bietet
einen Nährboden für Gerüchte und Speku
lationen. Daher sollte das Unternehmen den
internen und externen Dialog kontrollieren
und aktiv steuern. Wichtig ist hierbei Trans
parenz und Konsistenz. Vorbereitete Q&A-
KatalogesowieSprachregelungenerleichtern
das Einhalten von Stringenz in der Kommu-
nikation.
Intern sollte insbesondere auf den hohen
emotionalen Faktor für die Mitarbeiter und
deren Zukunftsängste geachtet werden.
Viele Angestellte von Nokia erfuhren von der
Werksschließung erst aus den Medien, was
große Verunsicherung auslöste.
Bietet das Unternehmen ein Programm für
die Übergangsphase an, sollte dies klar und
auf direktem Wege kommuniziert werden.
Mitarbeiter reagieren deutlich gefasster,
wenn sie sich potenzieller Möglichkeiten
für Bewerbungstraining, Arbeitplatzteilung,
Kurzarbeit, Frührente oder des internen Stel-
lentransfers bewusst sind. Es empfiehlt sich,
den Dialog zu den Arbeitskräften nicht zu
meiden, sondern zu suchen, in Newslettern
oder Mitarbeiterversammlungen. Angst ent-
steht aus Unwissenheit und kann durch Auf-
klärung gemindert werden.
Extern gilt ein ähnliches Prinzip: Informieren,
um der Spekulation wenig Raum zu bieten.
Eine qualitativ hochwertige Öffentlichkeits
arbeit, inklusive der Organisation von Presse
konferenzen, Pressemitteilungen und aktivem
Kontakt zu Journalisten spielt hierbei eine
zentrale Rolle.
Fehlerquelle 3: Kein Überblick
Wer das Problem nicht im Auge hat, kann
auch nicht adäquat reagieren. Den Über-
blick über die Medienresonanz zu behalten,
ist heute schwieriger als je zuvor. Dank Internet
und Social Media tragen nicht nur Journalisten
Botschaften an die Öffentlichkeit. Ein pro
fessionelles Mediamonitoring inklusive der So-
cial Media-Kanäle ist zu empfehlen, um einen
Überblick über die Berichterstattung in klas-
sischen und neuen Medien zu wahren.
Fazit:
Der Erfolg in der Kommunikation einer Werks
schließung zeichnet sich vor allem darin aus,
dass ein emotionaler Aufschrei in den Medi-
en und der Öffentlichkeit ausbleibt. Letztlich
steht mit den Arbeitsplätzen auch der Ruf
des Unternehmens auf dem Spiel. Mit einer
guten Vorbereitung und klaren Strategie
kann die Reaktion der Öffentlichkeit jedoch
teilweise gesteuert werden. Für die betrof-
fenen Mitarbeiter ändern sich zwar nicht die
Konsequenzen; jedoch kann die menschliche
Tragödie durch eine umfassende Informati-
onspolitik etwas gemildert werden.
Nokia hatte die wichtigste Lektion verpasst:
Aus Fehlern zu lernen. Das neue Werk in
Rumänien wurde 2011 ebenfalls unerwartet
geschlossen. Die 2200 Mitarbeiter waren
entsetzt, die Presse empört und die Regie-
rung verlangte Subventionen zurück. Mithilfe
einer strategisch geplanten Kommunikation
hätte sich das Unternehmen viel Ärger und
Kritik sparen können.
Kontakt:
cometis AG | Michael Diegelmann
Tel: 0611-20 58 55 18
Fax: 0611-20 58 55 66
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