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Gemeinsamer FuE-Abschlussbericht des Verbundprojektes
  „Durchgängige Virtualisierung der Entwicklung und Pro-
           duktion von Fahrzeugen (VIPROF)“

                     Förderkennzeichen: 02PC1090 bis 1097



Autoren:

Dr.-Ing. Cord Steinbeck-Behrens, Tobias Menke (CADFEM GmbH)
Jochen Steinbeck, Matthias Schroeder, Hongzhi Duan (ESI GmbH)
Alexander Hoffmann, Uwe Brylla (ARC Solutions GmbH)
Dr.-Ing. Steffen Kulp, Sebastian Pinner (Volkswagen AG)
Prof. Dr.-Ing. Martin Rambke, Lena Leck (Ostfalia HaW)
Prof. Dr.-Ing. Birgit Awiszus, Dr.-Ing. Susanne Bolick, Jeannette Katzenberger (TU
Chemnitz)
Marcel Schulz (TU Berlin)
Dr.-Ing. Christoph Runde, Achim Czaykowska (VDC Fellbach)
Dr.-Ing. Klaus Mager (Ingenieurbüro Mager, Unternehmensberatung)




                                  Januar 2012
Inhaltsverzeichnis

1     Einführung, Motivation und Zielstellung ............................................................... 4
2     Ablauf des Vorhabens ......................................................................................... 9
3     Lösungsansätze, durchgeführte Arbeiten und Teilergebnisse ........................... 12
    3.1 Überblick Prozesskettensimulation .............................................................. 12
    3.2 Datenübertragung in der Prozesskette (Ostfalia HaW) ................................ 13
      3.2.1 Simulationsprogramme in der Prozesskette .......................................... 13
      3.2.2 Mapping ................................................................................................. 14
      3.2.3 Sensitivitätsanalyse ............................................................................... 24
    3.3 Teilprozesskette Umformen und Fügen (ESI) .............................................. 29
       3.3.1     Simulation der Bauteilerzeugung mittels Umformen .............................. 29
       3.3.2     Methode der Neuvernetzung ................................................................. 30
       3.3.3     Untersuchte Baugruppe ......................................................................... 33
       3.3.4     Sensitivität der Datenübergabe in Relation zur Netzfeinheit .................. 34
       3.3.5     Simulation des Schweißverzugs mit dem Weld Planner ........................ 37
       3.3.6     Sensitivität des Schweißverzugs hinsichtlich der aus der
                 Fertigungshistorie übertragenen Größen ............................................... 38
       3.3.7     Schweißverzugssimulation mit der Methode der Neuvernetzung .......... 42
    3.4 Simulation der Lacktrocknung in der Prozesskette (CADFEM) .................... 43
      3.4.1 Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse ...................................................... 44
      3.4.2 Untersuchung von Einflüssen des Bake-Hardening-Effektes ................ 49
      3.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse von CADFEM ................................ 53
    3.5 Abgleich der Simulationsprozesskette an Praxisbeispielen (VW) ................ 55
      3.5.1 Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen ...................................... 55
      3.5.2 Übertragung von Simulationsdaten mit XML-Konverter ......................... 56
      3.5.3 Vergleich OneStep- und inkrementelle Umformsimulation .................... 61
      3.5.4 Bewertung der Prozesskettensimulation................................................ 66
      3.5.5 Validierung der Prozesskettensimulation ............................................... 73
      3.5.6 Modulcockpit.......................................................................................... 76
    3.6 Strukturierte Ablage heterogener Daten im Kontext von
          Wiederverwendbarkeit und Weiterverwendbarkeit (TU Berlin) .................... 78
      3.6.1 Allgemeines ........................................................................................... 78
      3.6.2 Konversion............................................................................................. 79
      3.6.3 Das VIPROF-XML-Datenformat ............................................................ 82
      3.6.4 Funktionsweise und Begrenzungen des XML-Konverters ..................... 89




                                                           2
3.7 Entwicklung einer systemübergreifenden Datenablage im PDM-System
       zur Realisierung einer durchgängigen Simulationsprozesskette
       (TU Chemnitz, ARC Solutions GmbH) ......................................................... 92
   3.7.1 Problemstellung und Ziele ..................................................................... 92
   3.7.2 Durchgängiges Datenmanagement ....................................................... 93
   3.7.3 Entwicklung von Datenablagestrukturen................................................ 96
   3.7.4 Ableitung von Referenzprozessketten zur Datenablage ...................... 105
   3.7.5 Automatisierung von Referenzprozessketten mittels Workflows ......... 108
   3.7.6 Kopplung der Prozesssimulation Umformen – Fügen – Lackieren ...... 113
   3.7.7 VIPROF Modulcockpit zur Erhöhung der Transparenz im
           Entwicklungsprozess ........................................................................... 114
 3.8 Perspektiven des Mittelstands (VDC) ........................................................ 117
4 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................. 121
 4.1 Bewertung der Ergebnisse ......................................................................... 121
 4.2 Darstellung der durchgängigen Simulationsprozesskette VIPROF
       anhand eines Anwendungsbeispiels .......................................................... 124
5 Ausblick ........................................................................................................... 131
 5.1 Ausblick Volkswagen ................................................................................. 131
 5.2 Transfer der Ergebnisse von CADFEM...................................................... 132
 5.3 Transfer der Ergebnisse von ESI für Zulieferer mit VisualDSS .................. 134
 5.4 Ausblick der ARC Solutions GmbH ............................................................ 136
 5.5 Ausblick der Ostfalia HaW ......................................................................... 136
 5.6 Datentechnischer Ausblick der TU Berlin ................................................... 137
 5.7 Ausblick Professur Virtuelle Fertigungstechnik .......................................... 137
6 Öffentlichkeitsarbeit ......................................................................................... 139




Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung im Programm „Management und Virtualisie-
rung der Produktentstehung” im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von
morgen“ gefördert und unter der Projektträgerschaft des Karlsruher Instituts für
Technologie (KIT) durchgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentli-
chung liegt bei den Autoren.




                                                            3
1     Einführung, Motivation und Zielstellung

Wie auch andere Branchen, die sich im globalen Wettbewerb befinden, ist die Auto-
mobilindustrie mit ihren komplexen Produkten steigenden Kundenanforderungen,
einem hohen Kostendruck, kürzer werdenden Produktlebenszyklen und einer Zu-
nahme an Produktvarianten ausgesetzt. Gerade die steigenden Anforderungen an
Verbrauchseffizienz und CO2-Reduzierung werden zukünftig verstärkt zu weiteren
Fahrzeugvarianten mit alternativen Antrieben sowie Leichtbaukarosserien führen. Die
Abbildung 1 verdeutlicht, dass der Trend der kontinuierlichen Zunahme der Fahr-
zeugsegmente von 1985 bis heute ungebrochen ist. [PINSB11]




         Abbildung 1: Anstieg der Fahrzeugsegmente seit 1985 [PINSB11]

Um die mannigfaltigen Anforderungen zu erfüllen, sind neue Strategien in der Pro-
duktentwicklung erforderlich. Dazu zählen u.a. verschiedene Strategien zur Gleichtei-
lenutzung in der Pkw-Karosserie. Während man früher eine reine Plattformstrategie
verfolgte, setzt man heute schon verstärkt auf Module (Lenkung, Motor, Getriebe,
Interieur), die über verschiedene Fahrzeugklassen eingesetzt werden. Für die Zu-
kunft wird das Ziel verfolgt, diese Strategie weiter auszubauen und zu einer reinen
Modulstrategie, z. B. Modularer Diesel Baukasten oder modularer Vorderwagen etc.,
überzugehen. Die Module bilden dabei einen Baukasten mit kombinierbaren Elemen-
ten. Die Standardisierung für Produkt und Prozess sichert die konzernweite Kompati-

                                         4
bilität ab. Somit soll ein maximales Maß an Synergien erzielt werden (siehe Abbil-
dung 2). [PINSB11]




      Abbildung 2: Übergang von der Plattform zur Modulstrategie [PINSB11]

Um die Komplexität, die aus dieser Strategie erwächst, zukünftig noch beherrschen
zu können, müssen vor allem Techniken und Strategien zum Produktdatenmanage-
ment weiterentwickelt werden. Weiterhin muss im verstärkten Maße auf eine virtuelle
Produktabsicherung entlang der Prozesskette gesetzt werden.

Die Absicherung der Produkteigenschaften erfolgt entsprechend der Entwicklungs-
disziplinen (Aufbau, Aggregate, Fahrwerk, etc.) mit unterschiedlichen Simulations-
methoden. Eine virtuelle Absicherung der Herstellbarkeit entlang der Produktions-
prozesskette (Einzelteil, Karosseriebau, Lackierung) findet nachfolgend in den Pla-
nungsbereichen statt (siehe Abbildung 3). Durch die vornehmlich disziplinorientierte
Arbeitsweise und eine fehlende Transparenz erfolgt die belastbare Validierung der
Herstellbarkeit in der Regel erst nach der maßgeblichen Produktgestaltung. Weiter-
hin ist ein prozessübergreifender Ergebnistransfer (Umformung, Fügen, Lackierung)
auf Grund fehlender Schnittstellen und methodischen Unterschieden in den Prozess-
simulationen bisher nicht möglich. Darüber hinaus werden fertigungstechnische Ein-
flüsse auf die Produkteigenschaften (insbesondere die Crash-Performance) immer
noch nicht detailliert erfasst und während der Produktentwicklung berücksichtigt.
[PIN109]



                                         5
Aufbau               Aggregate              Fahrwerk               …..

                                                                          Entwicklungsdisziplinen
                             Crash                   Betriebsfestigkeit            Aerodynamik
     Virtuelle
Produktentwicklung
                           Steifigkeit                 Aeroakustik                     ......
                                                             Simulationsmethoden Produktentwicklung

 Produktlastenheft, Konstruktionsdaten, Stücklisten etc.

                         Umformsimulation             Fügesimulation             Lackiersimulation
     Virtuelle
Prozessabsicherung     Ergonomiebetrachtung           Gießsimulation                   ......
                                                             Simulationsmethoden Prozessabsicherung

              Umformprozesse         Karosseriebau            Lackierung             Montage


    Abbildung 3: Virtuelle Produktentwicklung und Prozessabsicherung [PIN109]


In den letzten Jahren hat neben der Automatisierung in vielen Bereichen der Produk-
tionstechnik das Engineering mit CAE-Werkzeugen (Computer Aided Engineering)
Einzug gehalten. Für die Entwicklung und Planung von Produkten, Maschinen und
Anlagen sind leistungsfähige Methoden und Softwareapplikationen entstanden. Ge-
rade kritische Bereiche, wie z. B. Festigkeitsbetrachtungen, Umformtechnik, thermi-
sche Belastungen oder Schweißanwendungen, sind inzwischen durch Simulations-
werkzeuge abgedeckt, mit denen virtuell Optimierungen vorgenommen werden kön-
nen. Somit sind CAE-Technologien nicht als Neuerung zu betrachten, da sie in vielen
Bereichen der Produktentstehung als Einzelanwendung bereits integriert sind. Je-
doch handelt es sich meist um isolierte Insellösungen, die einen bestimmten Prob-
lembereich behandeln, und nicht um durchgängige Planungsinstrumente. [PIN109]

Es fehlt insbesondere eine auf der Informations- und Kommunikationstechnologie
(IKT) basierte Verknüpfung zwischen der Konstruktion und Entwicklung auf der einen
Seite und der Fertigungsplanung auf der anderen Seite. Bisher können Daten zwi-
schen den Simulationsprogrammen für einzelne Prozesse meistens nur von Hand
übertragen werden. Übertragungs-Tools – wenn überhaupt vorhanden – verbinden
maximal zwei Glieder der Simulationskette, wie z. B. der SCAI-Mapper zwischen Um-
form- und Crash-Simulation. Automatische Verknüpfungen dieser Werkzeuge, die
zumeist von unterschiedlichen Herstellern stammen, gibt es kaum. Strategien zur
Datenhaltung im Sinne des Produktdatenmanagements befinden sich noch im For-
schungsstadium. In der Folge können bisher Änderungen, die sich in einem Bereich


                                                 6
ergeben, nur mit hohem Aufwand in anderen Bereichen berücksichtigt werden. Da
prozessübergreifende Werkzeuge fehlen, können Fehler in der Produktentwicklung
nach wie vor erst spät aufgedeckt werden und verursachen hohe Kosten. [PIN109]

Daher bestand das Ziel des Projekts „VIPROF“ in der Verknüpfung von Produktent-
wicklung und Fertigungstechnik zu einer durchgängigen, digitalisierten und koope-
rativen Entwicklungs- und Produktionsplanung. Ein besonderer Schwerpunkt wurde
auf die durchgängige Verknüpfung der Simulationen des Umformens, Fügens und
Lackierens gelegt. Die Auswirkungen der Berücksichtigung der Fertigungshistorie auf
die Produkteigenschaften sollten in der Crash-Simulation bewertet werden.

Am Projekt haben die folgenden Partner teilgenommen:


Partner / Profil            Beitrag im Projekt

CADFEM GmbH                 Koordination des Verbundprojektes, Integration der Lackier-
(Software-Haus)             trocknungssimulation VPS/DRY in die Prozesskettensimula-
                            tion
ESI GmbH                    Integration der Umform- und Fügesimulation in die Prozess-
(Software-Haus)             kettensimulation
ARC Solutions GmbH          Implementierung von Daten- und Variantenmanagement,
(Dienstleister)             Umsetzung des Workflow-Managements
VW AG                       Erstellung Lastenheft, Erprobung und Validierung der Pro-
(Anwender)                  zesskettensimulation
ITP Ostfalia HaW            Umformsimulation, Mapping zwischen den Prozessen, Ab-
(F&E)                       gleich OneStep Solver zur inkrementellen Simulation, Er-
                            probung
Professur Virtuelle         Entwicklung der Referenzprozesse und –modelle
Fertigungstechnik
(VIF) der TU Chemnitz
(F&E)
Institut für Wirtschafts-   Entwicklung Datenarchitektur, Datenmodellierung und -
informatik und              integration, Schnittstellenkonzeption, Datenmapping, Stan-
Quantitative Methoden       dardisierung der Simulationsdaten
der TU Berlin (F&E)
VDC Fellbach                Analyse bei den meist mittelständischen Mitgliederfirmen zur
(Dienstleister)             Bedarfslage hinsichtlich einer Prozesskettensimulation, Auf-
                            bau Web-Präsenz, Aufbau eines Industriearbeitskreises „Vir-
                            tualisierung“.




                                            7
Literatur:

[PIN109]     Pinner, S. et al.: Durchgängige Virtualisierung der Entwicklung
             und Produktion von Fahrzeugen, Fachtagung Digitales Enginee-
             ring, Fraunhofer Wissenschaftstage, 16.-18. Juni, Magdeburg,
             2009.

[PINSB11]    Pinner, S.; Steinbeck-Behrens, C.: Übersicht Prozesskettensimu-
             lation. 2. VIPROF Industriearbeitskreis, 22. November, Stuttgart,
             2011.




                                  8
2       Ablauf des Vorhabens

Das Vorhaben war in 12 Arbeitspakete (AP) eingeteilt, die in Tabelle 1 aufgeführt
sind. Ein Pert-Diagramm des Arbeitsplans mit einer Kennzeichnung der mehr daten-
oder mehr prozessbezogenen Arbeitspakete ist in Abbildung 4 gezeigt.


AP                        Titel                    Federführung          Mitarbeit
    1   Analyse des Ist-Zustandes                  VW               Alle Partner
    2   Untersuchung und Bewertung der Pro-        IPT              CADFEM, ESI,
        zessgrößen in der Prozesskette                              VW
    3   Aufbau Architektur für Daten- und Varian- TUB               VIF, ARC, VW
        tenmanagement
    4   Kopplung der Prozesssimulationen Um-       TUB              Alle Partner
        formen – Fügen – Lackieren
    5   Implementierung Daten- und Varianten-      ARC              CADFEM, ESI,
        management als VIPROF-Module                                VW, VIF, TUB
    6   Bewertung der Ergebnisgüte                 VW               CADFEM, ESI,
                                                                    IPT
    7   Definition von Referenzprozessen und       VIF              ARC, VW, IPT,
        -modellen für durchgängige Prozesskette                     TUB, VDC
    8   Erweiterung der Prozesskette mit komp-     CADFEM           ESI, ARC, IPT
        lexen Modellen
    9   Test und Validierung                       VW               CADFEM, ESI,
                                                                    ARC, VIF
10      Entwicklung VIPROF-Modulcockpit            ARC              VW, IPT, VIF, TUB
11      Verbreitung der Projektergebnisse          VDC              Alle Partner
12      Projektmanagement                          CADFEM           Alle Partner


          Tabelle 1: Übersicht der Arbeitspakete und der Verantwortlichkeiten
                (IPT = Institut für Produktionstechnik der Ostfalia HaW,
               VIF = Professur Virtuelle Fertigungstechnik, TU Chemnitz,
    TUB = Institut für Wirtschaftsinformatik und Quantitative Methoden der TU Berlin)




                                            9
1. Analyse des                                         12. Projektmanagement
Ist-Zustandes


2. Untersuchung
   / Bewertung
 Prozessgrößen


    3. Aufbau          4. Kopplung der
      Daten-               Prozess-
    architektur          simulationen


                   5.Implementierung         6. Bewertung
                    VIPROF-Module            Ergebnisgüte
                                                                  8. Erweiterung
                                                                  mit komplexen
                                             7. Definition           Modellen
                                                                                            11. Ver-
                                             Referenzpro-
                                                                                            breitung
                                              zesse und          9. Test und Vali-           der Er-
                                               -modelle              dierung                  geb-
                                                                                              nisse
                                                                 10. Entwicklung VI-
                                                                 PROF-Modulcockpit



             Abbildung 4: Pert-Diagramm des Arbeitsplanes (Daten – Prozesse)

Entsprechend der Einteilung „Daten“ und „Prozesse“ wurden zu Beginn des Projek-
tes die Arbeitsgruppe Daten (VW, ARC, VIF und TUB), die eine Bestandsaufnahme
des PDM-Systems durchführte, und die Arbeitsgruppe Mapping (CADFEM, ESI, VW
und IPT), die sich mit dem SCAIMapper1 und den Sensitivitätsanalysen (AP 2) be-
fasste, gegründet. Die Arbeitsgruppe Mapping verständigte sich darauf, den SCAI-
Mapper im VIPROF-Projekt einzusetzen. Das IPT stand hierzu im Kontakt mit dem
Fraunhofer SCAI-Institut, das sich bereit erklärte, projektspezifische Anpassungen
am SCAIMapper vorzunehmen.




1
    Mit dem SCAIMapper können durch Modellinterpolation die Umform- und Crash-Simulation gekop-
pelt werden. Diese Software wurde vom Fraunhofer SCAI-Institut und dem ISD der Universität Stutt-
gart entwickelt.


                                               10
Als Anwendungspartner lieferte die VW AG geeignete Musterbauteile (siehe Abbil-
dung 5) zur Bestandsaufnahme von Daten und Prozessen und zur späteren Validie-
rung der Prozessverkettung. Die notwendigen Bauteil- und Prozessdaten wurden von
VW erhoben. Den Partnern wurden die CAD-Daten und Prozessbeschreibungen für
die Musterbauteile zur Verfügung gestellt.




                   Abbildung 5: Musterbauteile des VW Touran
                   als Gegenstand der Prozesskettensimulation



Die Musterbauteile stammten vom Serienfahrzeug VW Touran GP. Die Teileauswahl
sollte eine Crash-relevante Baugruppe, jedoch keine warm umgeformten Bauteile
beinhalten. Die Auswahl fiel auf die Baugruppe B-Säule mit Schwellerverstärkung, da
nur dort Laserschweißverfahren eingesetzt werden. Der Sitzquerträger ist für die
Crash-Simulation relevant. Um den Schweißverzug zu analysieren, besteht bei VW
für die gewählte Baugruppe eine Messeinrichtung.

Die Verwendung von Teilen des Serienfahrzeuges Touran hatte einerseits den Vor-
teil, dass umfangreiche Daten und Prozesserfahrungen vorlagen, die an die Koope-
rationspartner weitergegeben werden konnten. Andererseits traten bei diesem schon
in Serie befindlichen Fahrzeug keine Schwachstellen auf, die durch die Prozessket-
tensimulation hätten aufgedeckt werden können, wie es bei Neukonstruktionen der
Fall wäre, da alle Teile auskonstruiert und getestet waren.


                                        11
3     Lösungsansätze, durchgeführte Arbeiten und Teiler-
      gebnisse

3.1   Überblick Prozesskettensimulation

Im Rahmen der virtuellen Absicherung werden heute fertigungstechnische Einflüsse
auf die Produkteigenschaften noch nicht detailliert erfasst und während der Produkt-
entwicklung berücksichtigt. Die Herstellungsprozesse haben jedoch einen umfangrei-
chen Einfluss auf die Produkteigenschaften und müssen in der Simulation berück-
sichtigt werden, denn die Produkteigenschaften resultieren aus der Summe der
durchlaufenen Prozesse, welche sich gegenseitig überlagern und beeinflussen. Der-
artige Einflussgrößen für den Bereich Karosseriebau sind in Abbildung 6 dargestellt.




                Abbildung 6: Einflussgrößen der Fertigungsprozesse
                       auf die Produkteigenschaften [PIN209]

Besonders Eigenspannungen und Verzug bedingen sich gegenseitig und können
sich negativ auf die erforderlichen Produkteigenschaften, wie z. B. Form- und Maß-
haltigkeit oder das Crash-Verhalten, auswirken. Wechselwirkungen innerhalb der
Prozesskette Presswerk – Karosseriebau – Lackierung sind beispielsweise:


•   Blechdicken- und Spannungsverteilung im Bauteil nach dem Tiefziehen,
•   Entstehung von lokalen Entfestigungen und Spannungen in den Bauteilen durch
    thermische Fügeverfahren,

                                        12
•   Induzierung thermischer Spannungen in die Karosserie durch hohe Temperaturen
    im Lacktrockner (lokal unterschiedliche Wärmekapazitäten bedingt durch die
    Blechdickenverteilung in den Bauteilen).

Zukünftige Karosseriekonzepte werden - getrieben vom Leichtbau - immer komple-
xer. Als Beispiel sei hier der zunehmende Einsatz an pressgehärteten Strukturbautei-
len oder der immer häufiger eingesetzte Materialmix in heutigen Automobilkarosse-
rien genannt. Moderne Materialien, wie z. B. Mehrphasenstähle, besitzen Eigen-
schaften, die vorrangig von der Fertigungshistorie abhängig sind. Umso bedeutender
wird es zukünftig sein, die aus den durchlaufenen Herstellungsprozessen resultie-
rende Fertigungshistorie der Bauteile und Baugruppen bei der Simulation der Pro-
dukteigenschaften durch Kopplung der Simulationstools zu berücksichtigen. [PIN209]



3.2   Datenübertragung in der Prozesskette (Ostfalia HaW)

Um das Ziel einer durchgängigen Prozesskette erreichen zu können, müssen die
einzelnen Simulationen miteinander verbunden werden. Die dafür notwendige Da-
tenübertragung besteht aus den zwei Teilbereichen Konversion und Transformation.
Der Bereich der Konversion wird in diesem Kapitel nur angerissen; er wird in Kapitel
3.6 ausführlich dargestellt. Der Bereich der Transformation wird im Abschnitt 3.2.2
näher erläutert.

Da der Zeitaufwand für die Datenübertragung wirtschaftlich bleiben sollte, ist es sinn-
voll zu ermitteln, welche Ergebnisdaten die nachfolgenden Simulationen wie stark
beeinflussen. Dazu wird eine Sensitivitätsanalyse (Abschnitt 3.2.3) durchgeführt. An-
hand der Ergebnisse kann dann entschieden werden, für welche Ergebnisdaten die
Datenübertragung wirtschaftlich ist.


3.2.1 Simulationsprogramme in der Prozesskette
In diesem Projekt wurden entlang der Prozesskette Simulationsprogramme der Soft-
warepartner ESI GmbH und CADFEM GmbH eingesetzt.

Die Umformsimulation wurde mit einem in der Automobilindustrie etablierten inkre-
mentellen Solver (PAM-STAMP) durchgeführt. Da der Einsatz der inkrementellen
Umformsimulation aufgrund der notwendigen Methodenplanung und der Entwicklung
der Ziehanlage einen hohen Zeitaufwand erfordert, wird diese in der Praxis erst
durchgeführt, wenn der Konstruktionsstand der Karosseriebauteile einen entspre-


                                          13
chenden Reifegrad erreicht hat. Dies hat zur Folge, dass die Simulationsdaten der
Umformsimulation im frühen Entwicklungsprozess bei der Auslegung der Produktei-
genschaften, insbesondere bei der Crash-Berechnung, nicht zur Verfügung stehen.
Aus diesem Grund wird im Projekt VIPROF zusätzlich ein One-Step-Solver (For-
mingSuite) als alternative Simulationsmethode für die frühe Produktentwicklungspha-
se eingesetzt. Bei der inversen Simulation (One-Step-Simulation) wird die Geome-
trieänderung in einem Schritt rückwärts vom Bauteil zur Platine berechnet. Für die
Durchführung werden nur die CAD-Geometrie und die Werkstoffdaten benötigt. Der
gegenüber der inkrementellen Umformsimulation fehlende Werkzeugkontakt führt
z. B. zur Einschränkung der Faltenvorhersagbarkeit.
Für die Fügesimulation wurde eine Berechnung des Schweißverzugs mit dem Weld
Planner durchgeführt. Die Lacktrocknung wurde mit VPS/DRY und der Crash mit
PAM-CRASH simuliert.



3.2.2 Mapping
Die Analyse der Import und Export-Schnittstellen dieser Software zeigten, dass die
erste Herausforderung bei der Übertragung von Daten zwischen den Simulations-
programmen unterschiedlicher Hersteller unterschiedliche Schnittstellen sind. Diese
Schnittstellen unterscheiden sich in den kompatiblen Formaten, so dass ein Einlesen
der Ergebnisdaten in die nachfolgende Simulationssoftware in der Regel nicht ohne
Zwischenschritte möglich ist. Zusätzlich unterscheiden sich auch die FEM-Netze und
die verwendeten Bezugskoordinatensysteme.




                   Abbildung 7: Vernetzung Umformsimulation;
                 Links: Dreieckelemente; rechts: Viereckelemente

Die auffälligsten Unterschiede zwischen den FEM-Netzen sind - wie in Abbildung 7
zu erkennen ist - die Elementform und die Elementgröße. Die Elemente aller in der

                                        14
Prozesskette betrachteten Simulationen sind Schalenelemente, so dass eine Be-
trachtung der Datenübertragung zwischen Schalen- und Volumenelementen nicht
stattgefunden hat. Bei den Schalenelementen gibt es Dreieck- und Viereckelemente.
Weiterhin ist in Abbildung 8 zu erkennen, dass die Netze abhängig von der Simulati-
on unterschiedlich fein sind. Die Netze der Umformsimulationen sind in den Radien
feiner vernetzt, weil die Geometrie der Radien nur mit kleinen Elementen ausrei-
chend genau diskretisiert werden kann und zusätzlich in diesen Bereichen die stärk-
sten Verformungen auftreten. Bei der Fügesimulation sind die Bereiche, in denen die
Schweißnähte liegen, feiner vernetzt, während die anderen Bauteilbereiche grob
vernetzt sind. Die Vernetzung für die Crash-Simulation und die Lacktrockungssimula-
tion ist gleichmäßig grob, weil in diesen Simulationen die gesamte Karosserie be-
rechnet wird und bei einer feineren Vernetzung der Zeitaufwand zu groß wäre.




a) Umformsimulation         b) Fügesimulation             c) Crash-Simulation
                              Abbildung 8: FEM-Netze

Zusätzlich zu diesen auf den ersten Blick sichtbaren Unterschieden gibt es weitere in
der Elementdefinition. Schalenelemente haben, wie in Abbildung 9 dargestellt ist,
Gauss- und Integrationspunkte. Die „Gauss-Punkte“ sind Integrationspunkte (Gauss-
Quadratur) in der Elementebene, während mit der Bezeichnung „Integrationspunkte“
in der Regel Integrationspunkte über der Elementdicke gemeint sind. Wie viele Integ-
rationspunkte für die Berechnung benötigt werden, hängt von dem Simulationsver-
fahren und dem simulierten Prozess ab. Weiterhin werden abhängig vom Format die
skalaren und tensoriellen Größen pro Integrationspunkt oder pro Knoten abgelegt.
Was bedeutet, dass selbst bei identischen Netzen eine Interpolation der Daten von
den Knoten auf die Integrationspunkte oder andersherum erfolgen muss. Bei den
tensoriellen Größen gibt es zusätzlich noch Unterschiede in den Bezugskoordinaten-
systemen. Einige Formate speichern die Größen im globalen System, andere jeweils
im Elementkoordinatensystem. Dadurch ist für die tensoriellen Größen eine Koordi-
natentransformation der Tensoren notwendig.

                                         15
Software/Format     FormingSuite/   Sysweld/   PAMSTAMP/   PAMCRASH/
 Eigenschaften                        *.key           *.asc      *.M01       *.pc
 Koordinatensystem                    Fahrzeug        Fahrzeug   Werkzeug    Fahrzeug
 Knoten pro Element                   3               (3)4       (3)4        (3)4
 Gauss-Punkte                         1               (1)4       1           1
 Integrationspunkte über der Dicke    3               5          5           5
 Blechdicke    Abhängig         von   Nein            Ja         Ja          Ja
               Gauss-Punkten
               Abhängig von Integ-    Nein            Nein       Nein        Nein
               rationspunkten
               Bezug                  Knoten          Knoten     Element     Element
 Spannungen Abhängig            von   Ja              Ja         Ja          Ja
               Gauss-Punkten
               Abhängig von Integ-    Ja              Nein       Ja          Ja
               rationspunkten
               Bezug                  Element         Knoten     Element     Element
 Dehnungen Abhängig             von   Nein            Ja         Nein        Nein
               Gauss-Punkten
               Abhängig von Integ-    Nein            Nein       Nein        Nein
               rationspunkten
               Bezug                  Element         Knoten     Element     Element
 Plastische    Abhängig         von   Ja              Ja         Ja          Ja
 Vergleichs-   Gauss-Punkten
 dehnung       Abhängig von Integ-    Ja              Nein       Ja          Ja
               rationspunkten
               Bezug                  Element         Knoten     Element     Element
                 Tabelle 2: Eigenschaften bzw. Standardeinstellungen
                         der im Projekt eingesetzten Formate




                     Abbildung 9: Integrations- und Gauss-Punkte

Darüber hinaus werden die Bauteile abhängig von dem simulierten Prozess in unter-
schiedlichen Koordinatensystemen beschrieben. In der im Projekt VIPROF aufgebau-
ten Prozesskette liegen die Bauteile in der inversen Umformsimulation im Fahrzeug-


                                                16
koordinatensystem, weil die Simulation auf der CAD-Geometrie aufbaut und das
Bauteil im CAD-System in der Gesamtkarosserie eingebaut ist. Die inkrementelle
Umformsimulation dagegen verwendet ein Bauteilkoordinatensystem und ein Zieh-
koordinatensystem. Die Lage der Bauteile zueinander nach den Umformsimulationen
ist in Abbildung 10 dargestellt.

Das Fügenetz liegt - wie das Netz der inversen Umformsimulation - in Einbaulage
vor, weil es auf der CAD-Geometrie aufbauend erstellt wurde. Auch Lacktrocknungs-
und Crashsimulation bauen beide auf der Gesamtkarosserie auf, so dass die Netze
ebenfalls im Fahrzeugkoordinatensystem liegen.




          Abbildung 10: Bauteillage inkrementelle Umformsimulation (rot)
                           und Fügesimulation (grün)

In der betrachteten Prozesskette sind alle Netze außer dem der inkrementellen Um-
formsimulation in der Einbaulage definiert. Eine Koordinatentransformation für das
gesamte Netz muss also für alle Mapping-Prozesse erfolgen, in denen Daten der
inkrementellen Umformsimulation übertragen werden sollen.

Allgemein müssen also für eine Übertragung der Ergebnisgrößen zum einen Koordi-
natentransformationen zwischen den unterschiedlichen Koordinatensystemen und
zum anderen Interpolationen der Daten zwischen den Elementen, Knoten, Integrati-
ons- und Gauss-Punkten erfolgen.

Um diese Funktionen nicht neu entwickeln zu müssen wurde eine Literatur- und
Software-Recherche durchgeführt. Eine Untersuchung unterschiedlicher Methoden
zur Übertragung von Geschichtsvariablen aus der Umform- in die Crashsimulation ist
zum Beispiel in [Zöll04] dargestellt. Neben den herstellerinternen Methoden [Cafo03]
hat sich der SCAIMapper, durch seine Möglichkeit unterschiedliche Formate einzule-
sen, für die Kopplung von Umform- und Crashsimulation als herstellerunabhängiges
und damit universelles Werkzeug herausgestellt. Der SCAIMapper hat die Möglich-
keit zur automatisierten Lageausrichtung der Bauteile (im Folgenden als „Ein-
schwimmen“ bezeichnet), kann die Dateiformate unterschiedlicher Software-
Hersteller einlesen und die Interpolation der Daten auf das Zielnetz durchführen

                                        17
[Oeck10, Peetz03, Scho07, Wallm04, Shep68, Wolf09]. Für das Projekt stellte der
SCAIMapper alle benötigten Mapping-Funktionen zur Verfügung, so dass er in die
Prozesskette als Mappingtool eingebunden wurde.

Das Mapping von der Umform- in die Crashsimulation war mit dem SCAIMapper
problemlos möglich, was jedoch noch keine Aussage über die Eignung für die ande-
ren Prozesse zuließ, da der Mapper genau für diese Anwendung entwickelt wurde.
Das Einlesen der Netze der Füge- und Lacktrocknungssimulation war aufgrund von
Format-Inkompatibilitäten zunächst problematischer. Diese konnten durch Anpas-
sungen des SCAIMappers durch den Entwickler beim Fraunhofer SCAI behoben
werden. In Abbildung 11 sind die Mapping-Ergebnisse von der inkrementellen Um-
formsimulation auf alle in der Prozesskette eingesetzten Netze dargestellt.

a)                                           b)




c)                                           d)




Abbildung 11: Darstellung der Blechdicke im Mappingprozess: a) Bauteil Übersicht B-
Säule mit Umformergebnissen, b) Umformnetz, c) Fügenetz, d) Lacktrocknungs- und
                                    Crash-Netz

Die Bewertung der Mapping-Genauigkeit erfolgte zum einen mit den im SCAIMapper
verfügbaren Funktionen zur Validierung und zum anderen manuell mit Messpunkten
auf den virtuellen Bauteilen. In Abbildung 11 ist zu erkennen, dass die Mapping-
Ergebnisse nur so genau sein können wie es die Netzgröße des Zielnetzes zulässt.
Das heißt, dass zwei Effekte die Qualität der Mapping-Ergebnisse beeinflussen, zum
einen die Genauigkeitsverluste durch die Interpolation zwischen den Netzen und zum
anderen die schlechtere Auflösung des Zielnetzes. Bei der gezeigten B-Säule in Ab-
bildung 11 ist zu erkennen, dass Extremwerte aus dem Umformprozess bei der Über-


                                        18
tragung auf das grobe Crashnetz geglättet werden. Es ist daher wichtig, dass bei der
Weiterverwendung der Ergebnisse nach dem Mapping beachtet wird, dass mögli-
cherweise kritische Werte durch die geglätteten Ergebnisse verloren gegangen sind.
In kritischen Bauteilbereichen sollten diese Informationen daher zusätzlich zu der
Mapping-Datei weiter gegeben werden.




            Abbildung 12: Abweichung der Blechdicke nach dem Mapping der
                  Umformergebnisse (inkrementell) auf das Crash-Netz

Die Datenübertragung der skalaren Größen Blechdicke und plastische Dehnung
funktioniert für alle Mappingprozesse in der untersuchten Kette problemlos. Die
Werte werden mit Hilfe von Interpolationsalgorithmen [Oeck10, Shep68] auf das
neue Netz übertragen. Die Bewertung der Qualität wurde zunächst mit Hilfe der
Validierungsfunktion des SCAIMappers durchgeführt. In Abbildung 12 ist die
Differenz zwischen Original Blechdickenverteilungen und der gemappten
Blechdickenverteilung auf dem Bauteil aufgetragen. Die Abweichungen sind kleiner
als 40 µm. Nur in Bereichen, in denen die Geometrie nicht übereinstimmt – z. B.
aufgrund von in der Umformsimulation nicht berechneten Ausschnitten - liegen die
Abweichungen darüber.
Die zweite Methode zur Bewertung der Mapping-Qualität besteht in einem Vergleich
der Blechdicken an 20 definierten Messpunkten vor und nach dem Mapping-Prozess.
Die Messpunkte werden vorrangig in Bauteilbereichen mit großen Veränderungen
der Blechdicke sowie Netzbereichen mit sehr grober und sehr feiner Diskretisierung
platziert. In Abbildung 13 ist die Lage der Messpunkte auf dem Bauteil dargestellt.

An den betrachteten Messpunkten werden die Werte jeweils über die umgebenden
Elemente gemittelt, um die Empfindlichkeit des Verfahrens gegen singuläre Spitzen
möglichst gering zu halten. In jedem Punkt wird der auf die Ausgangsblechdicke vor
dem Mappingprozess bezogene relative Fehler berechnet:

          s − s0               mit:   s: Blechdicke nach dem Mapping
 Frel =            ⋅ 100%
           s0                         s0: Blechdicke vor dem Mapping




                                         19
P1 +
 P2 +
                                                       + P6
                                                       + P7 + P13      + P20
                                                       + P8 + P14
                                                            + P15




                      P3   +                            +P10
                                                          P9   + P16
       P4 +                                             +P11   + P17
      P5 +
                                                        +P12   + P18
                                                        +      + P19




                      Abbildung 13: Lage der 20 Messpunkte für die Ergebnisgröße Blechdicke
                                             auf der Bauteilgeometrie


Abbildung 14 zeigt die Auswertung des relativen Fehlers beim Mapping der Blech-
dicke auf die unterschiedlichen Zielnetze an den 20 Messpunkten. Abweichungen
bis maximal 5% werden dabei als gut bewertet und grün dargestellt. In gelb
gestellt und als befriedigend bewertet werden Abweichungen im Bereich von 5%
bis 10%. Während Messpunkte mit einem relativen Fehler über 10% als mangel-
haft eingestuft und rot dargestellt werden.


                      20

                      18

                      16

                      14
  Anzahl Messpunkte




                      12
                                                                                                                          ≥ 10%
                      10                                                                                                  5 - 10%
                                                                                                                          ≤ 5%
                       8

                       6

                       4

                       2

                       0
                                    rel. Fehler              rel. Fehler             rel. Fehler           rel. Fehler
                               Umformen inkrementell      Umformen invers       Umformen inkrementell   Umformen invers
                                    -> Fügenetz             -> Fügenetz             -> Crashnetz          -> Crashnetz



                       Abbildung 14: Relativer Fehler beim Mapping der Blechdickenverteilung
                                                             auf Füge- und Crashnetz



                                                                               20
Die Abweichung für 84% der Messungen an diesem Bauteil liegt insgesamt unter
5%. Die Mapping-Qualität kann damit für die skalare Ergebnisgröße Blechdicke als
gut bewertet werden. Dieses Ergebnis stimmt mit der Aussage von Abbildung 12 gut
überein.
An insgesamt sechs Messpunkten (P2, P4, P7, P10, P14 und P15) wurde die
Mapping-Genauigkeit als befriedigend oder mangelhaft eingestuft. Diese Punkte
liegen alle in Bauteilbereichen mit starker Ausdünnung bzw. Aufdickung oder engen
Radien. Große Gradienten in der Blechdicke bei feiner Vernetzung im Ausgangsnetz
und deutlich größere Elementkantenlängen im Zielnetz im gleichen Bereich führen
durch die in diesen Bereichen dann notwendige Interpolation der Blechdickenwerte
zu größeren Abweichungen in den Mapping-Ergebnissen. Dies zeigt sich auch im
Vergleich der Mapping-Ergebnisse für die betrachteten FEM-Netze. Je größer die
Unterschiede in den verwendeten Netzen sind, desto größer sind auch die
Abweichungen.




Abbildung 15: Plastische Dehnungen nach der inkrementellen Umformsimulation (un-
              ten) und nach dem Mapping auf das Crash-Netz (oben)

In der Prozesskette werden zusätzlich zu der Blechdickenverteilung auch die
plastischen Dehnungswerte als Maß für die Werkstoffverfestigung übertragen. Beim
Mapping der plastischen Dehnungen müssen in Abhängigkeit von der Anzahl der
Integrationspunkte über der Bauteildicke mehrere Werte übertragen werden.
Abbildung 15 zeigt die plastischen Dehnungen nach dem Umformprozess (unten)
und die nach dem Mapping auf ein Crashnetz (oben). Es ist zu erkennen, dass die
Werte qualitativ richtig übertragen werden. In den blau dargestellten Bereichen sind
die plastischen Dehnungen sehr gering.



                                        21
Abbildung 16: Absolute Abweichung der plastischen Dehnung nach dem Mapping
            der Umformergebnisse (inkrementell) auf das Crash-Netz

In Abbildung 16 ist die Differenz zwischen den plastischen Dehnungen nach dem
Umformprozess und den plastischen Dehnungen auf dem Crash-Bauteil nach dem
Mapping-Prozess aufgetragen. Die Abweichungen liegen in den meisten
Bauteilbereichen mit signifikanten plastischen Dehnungen bei unter 25%.In den
Bauteilbereichen mit geringen plastischen Dehnungen (blaue Bereiche in Abbildung
15), führen bereits geringe Interpolationsfehler zu großen Abweichungen. In diesen
Bereichen ist aufgrund der geringen plastischen Dehnung kein großer Einfluss auf
die nachfolgenden Simulationsprozesse zu erwarten. Der Einfluss auf die
nachfolgenden Prozesse wird in Kapitel 3.2.2 untersucht und bewertet.




      Abbildung 17: Vergleichsspannungen in Pa auf dem Umformnetz (unten)
                    und Crash-Netz (oben) nach dem Mapping

Die Datenübertragung von tensoriellen Größen ist dagegen schwieriger, da die
soren formatabhängig in unterschiedlichen Koordinatensystemen gespeichert wer-
den. Dadurch ist ein Vergleich der Tensoren nicht direkt möglich. In der grafischen
Darstellung werden daher in der Regel Vergleichswerte gezeigt. In Abbildung 17 ist
zu erkennen, dass die Abweichungen des dargestellten skalaren Vergleichswertes

                                        22
nach dem Mapping deutlich größer sind als bei den skalaren Größen Blechdicke und
plastische Dehnung. Abbildung 18 zeigt die Differenz der Vergleichsspannungen
zwischen den Netzen nach der Übertragung der Umformergebnisse auf das Crash-
Netz.




Abbildung 18: Differenz der Vergleichsspannungen in Pa zwischen Umformnetz und
                          Crash-Netz nach dem Mapping


a) 1.Hauptspannung




b) 2.Hauptspannung




 Abbildung 19: 1. und 2. Hauptspannung jeweils nach der Umformsimulation (oben)
                 und nach dem Mapping auf das Crash-Netz (unten)

                                       23
In Abbildung 19 sind die 1. und 2. Hauptspannung an der äußeren Oberfläche der B-
Säule dargestellt. Es ist zu erkennen, dass lokale Maxima und Minima bei der Über-
tragung auf das deutlich gröber vernetzte Crash-Netz stark geglättet werden. Die
Abweichungen entstehen durch die Interpolation der Größen auf das gröbere Netz.

Das Mapping von tensoriellen Größen scheint - soweit es anhand der skalaren Ver-
gleichsspannung beurteilt werden kann - im Rahmen der durch das Zielnetz vorge-
gebenen maximalen Auflösung ausreichend genau zu sein. Die Interpretation der
gemappten Daten in den nachfolgenden Simulationen führt jedoch teilweise zu Ab-
weichungen, so dass im Einzelfall geprüft werden muss, ob die Daten von der nach-
folgenden Simulation richtig interpretiert werden. In der Sensitivitätsanalyse wird ge-
prüft, ob das Übertragen von Spannungen in die Folgesimulationen sinnvoll ist und
wie empfindlich die Simulationen auf Abweichungen reagieren.



3.2.3 Sensitivitätsanalyse

Das Ziel der Sensitivitätsanalysen ist es zu ermitteln, welche Ergebnisgrößen einen
so großen Einfluss haben, dass sie übertragen werden sollten um eine Genauig-
keitssteigerung zu erreichen. Dazu werden sowohl die Umformergebnisse aus der
inkrementellen als auch aus der inversen Umformsimulation in alle Folgesimulationen
übertragen.

Es wurden zunächst für alle Bauteile der Baugruppe (Abbildung 20 a) Umformsimula-
tionen durchgeführt. Die Hauptbauteile B-Säule innen, Verstärkung B-Säule, Verstär-
kung Stegblech Schweller und Sitzquerträger wurden sowohl mit der inkrementellen
Umformsimulation (PAMSTAMP 2G) berechnet (Abbildung 20 b), als auch mit der
inversen Simulation (FormingSuite) (Abbildung 20 c). Die kleinen Bauteile (Abbildung
20 c) Schottteil B-Säule, Verstärkung Wagenheberaufnahme und Schottteil Schweller
vorn wurden nur mit der inversen Umformsimulation berechnet. Diese Ergebnisse
wurden in unterschiedlichen Kombinationen in die nachfolgenden Simulationen über-
tragen, um zu prüfen ob dadurch die Simulationsergebnisse beeinflusst werden kön-
nen. Einen Überblick über die untersuchten Varianten gibt Abbildung 66.




                                          24
a) Baugruppe                     b) Umformsimulation (inkrementell)
                                 B-Säule innen




                                 Verstärkung Stegblech Schweller




                                 Verstärkung B-Säule innen




                                 Sitzquerträger
c) Umformsimulation (invers)     B-Säule innen
Schottteil B-Säule




                                 Verstärkung Stegblech Schweller

Verstärkung Wagenheberaufnahme




                                 Verstärkung B-Säule innen




Schottteil Schweller
                                 Sitzquerträger




                            Abbildung 20: Bauteilumfang




                                           25
Die Fügesimulation wurde dazu mit unterschiedlichen Eingangsdaten durchgeführt:
 1. Standard Eingangsdaten inkl. Ausgangsblechdicken
  2. Standard Eingangsdaten und Blechdicken aus der Umformsimulation
  3. Standard Eingangsdaten und plastische Dehnungen aus der Umformsimulation
  4. Standard Eingangsdaten, Blechdicken und plastische Dehnungen aus der
     Umformsimulation
Ein Vergleich der Ergebnisse dieser Fügesimulationen hat gezeigt, dass nur bei Be-
rücksichtigung von Blechdicken aus der Umformsimulation die in Abbildung 21 dar-
gestellte Verdrehungsrichtung der Baugruppe richtig vorhergesagt werden kann.
Weiterhin führt das Weitergeben der plastischen Dehnungen zu geringen Verbesse-
rungen. Die Spannungen können von dem für die Fügesimulation eingesetzten
Weldplanner nicht weiter verwendet werden, so dass eine Übertragung hier nicht
sinnvoll ist. In Kapitel 3.3 werden diese Ergebnisse weiterführend beschrieben.
a)                                                  b)




                                                  c)




Abbildung 21: a) Verdrehungsrichtung im Versuch, b) Simulationsergebnis ohne Um-
formergebnisse, c) Simulationsergebnis mit Blechdicken und plastischen Dehnungen
                            aus der Umformsimulation



Die Ergebnisse der Fügesimulation werden für die mit unterschiedlichen Eingangsda-
ten durchgeführten Berechnungen jeweils in eine Mapping-Datei geschrieben und für
die nachfolgenden Simulationen zur Verfügung gestellt.

In der Lacktrocknungssimulation wurden Berechnungen mit den Ergebnissen aus
Umform- und/oder Fügesimulationen durchgeführt. Bei der Berücksichtigung von


                                         26
Blechdicken, Spannungen und plastischen Dehnungen aus dem Umformprozess
konnten an dieser Baugruppe jedoch keine Auswirkungen auf das Beulverhalten der
Baugruppe festgestellt werden. Da die betrachtete Baugruppe aus einem Fahrzeug
stammt, welches bereits beulfrei produziert wird, war das aber auch nicht zu erwar-
ten. Da während des Trocknungsprozesses im Ofen die Werkstoffe auf Temperatu-
ren erhitzt werden bei denen der Bake-Hardening-Effekt auftreten kann, ist es sinn-
voll die dadurch auftretende Verfestigung in die nachfolgende Crash-Simulation wei-
ter zu geben. Weiterführende Informationen zur Lacktrocknungssimulation und zur
Übertragung des Bake-Hardening-Effekts in die Crashsimulation sind in Kapitel 3.4
zu finden.

Die Crash-Simulation wurde ohne und mit den Ergebnissen der Umform- und Füge-
simulation durchgeführt. Anhand der Ergebnisse der Crash-Simulation wird die ge-
samte Prozesskette bewertet. Die Ergebnisse der Crashsimulation zeigen, dass mit
der Berücksichtigung von Blechdicken und plastischen Dehnungen aus Umform- und
Fügesimulation die Art des Bauteilversagens in der Simulation näher an der Realität
liegt, als ohne Berücksichtigung der Fertigungshistorie. Die Ergebnisse der Crashsi-
mulation werden in Kapitel 3.5 ausführlich dargestellt.

Zusammenfassend ist für die Datenübertragung zwischen den Prozessen festzuhal-
ten, dass die Übertragung von Blechdicken und plastischen Dehnungen in die Füge-
simulation zu genaueren Simulationsergebnissen führt. Die Übertragung von Ergeb-
nissen in die Lacktrocknungssimulation zeigt dagegen für die betrachtete Baugruppe
keine Verbesserung. Die Ergebnisse der Crash-Simulation werden wiederum durch
die Übertragung der Blechdicken und plastischen Dehnungen positiv beeinflusst. Zu-
sätzlich kann es sinnvoll sein den aus der Lacktrocknung resultierenden Bake-
Hardening-Effekt in die Crashsimulation zu übertragen.




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                                       28
3.3   Teilprozesskette Umformen und Fügen (ESI)

3.3.1 Simulation der Bauteilerzeugung mittels Umformen
Die Simulation der Herstellung von Bauteilen aus Feinblech mittels Tiefziehen darf
als etablierter Stand der Technik angesehen werden. In diesem Projekt wurde dazu
das Programm PAM-STAMP 2G der ESI Group verwendet. Ziel der Umformsimulati-
on für sich betrachtet, ist die Überprüfung der Herstellbarkeit des Bauteils und au-
ßerdem die virtuelle Erprobung der gewählten Methode, sowie deren Optimierung.
Darüber hinaus ist es möglich, z. B. den Aufsprung des Bauteils durch virtuelle Über-
biegung des Werkzeugs zu reduzieren. Im Vordergrund des Projektes stand jedoch
weniger die Herstellbarkeit des Bauteils, sondern die Darstellung der durchgängigen
Prozesskette und Betrachtung der auftretenden Sensitivitäten.

Zur Überprüfung der Herstellbarkeit hat sich die Simulation der Hauptumformstufe
bewährt. Die Simulation weiterer Nachform- und Schnittstufen wird bisher von Auto-
mobilherstellern als wenig Nutzen bringend angesehen. Dies ist für Zulieferer anders,
denn diese müssen das Bauteil in einer vorgegebenen Toleranz anfertigen, die sich
heute schon in erster Näherung virtuell überprüfen lässt.

Betrachtet man nicht mehr den einzelnen Herstellprozess, sondern die gesamte
Herstellprozesskette, so stehen das virtuelle Bauteil und dessen Verbaubarkeit im
Fokus. Eine Übertragung der Bauteileigenschaften nur aus der Hauptumformstufe
auf die CAD-Form des Bauteils ist machbar, führt jedoch in nicht beschriebenen Be-
reichen zu biegeschlaffen Zonen. Diese entsprechen dann dem Ausgangszustand
des Bleches ohne Änderung der Blechdicke und Kaltverfestigung. Im Projekt wurden
daher alle erforderlichen Nachformoperationen und Beschnitte mitgeführt, und somit
vollständig umgeformte Bauteile erzeugt (Abbildung 22).




                                  Abkanten



                                                                  Verprägen

        Abbildung 22: Nachformoperationen zur Erstellung virtueller Bauteile




                                         29
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der sich nur sinnvoll mit einem über alle Umform-
stufen erstellten Bauteil betrachten lässt, ist die Rückfederung. Auch für sogenannte
kompensierte Bauteile verbleibt nach der Entlastung durch die Werkzeuge ein Auffe-
derungseffekt. Dieser führt bei der üblichen Methode der Datenübertragung zu Abbil-
dungsfehlern zwischen der aufgesprungenen Umformgeometrie und der Zielgeomet-
rie, einem Netz basierend auf CAD-Daten und Lage (Abbildung 23). Ein Weg dies zu
umgehen, ist die Vernachlässigung des Aufsprungs, d.h. es wird das Ergebnis nach
der letzten Umformstufe ohne Rückfederungsrechnung übertragen. Dies bedeutet
ein Verbleiben der Eigenspannungen im Bauteil, sofern diese übertragen werden. Da
die Entlastungsrechnung in der Regel nicht zu plastischen sondern nur elastischen
Effekten führt, ist der Fehler bei einer Vernachlässigung der Spannungsseite, d.h.
der Übertragung von Blechdicken und plastischen Dehnungen, eher als gering anzu-
sehen.


                                               1. und 2.


                               1.   Torsion am Kopf




                     2.   Aufsprung in der Zarge

                     3.   unterschiedlicher Beschnitt

        Abbildung 23: Abbildungsfehler bei der Datenübertragung (Mapping)


3.3.2 Methode der Neuvernetzung


Um der Problematik des Aufsprungs zu begegnen wurde im Projekt die Methode der
Neuvernetzung entwickelt. Neben der Übertragung der physikalischen Eigenschaften
des umgeformten Bauteils, wie Kaltverfestigung, Blechdickenänderung und optional
der Eigenspannungen, wird mittelfristig in der Betrachtung der Prozesskette auch die
Berücksichtigung der Gestaltänderung eine Rolle spielen. Gestaltänderung ist hier
der Unterschied zwischen der CAD-Geometrie des Bauteils nach der Umformung
und dem virtuellen Bauteil nach der Umformung. Abbildung 24 verdeutlicht die drei
denkbaren Varianten zur Übertragung der Herstellungshistorie, die abstrahiert auf
beliebige Kopplungen zwischen Gewerken übertragbar sind.




                                         30
CAD Ziehanlage                      CAD Daten

                                                                      CAD A



                                                      PAM-
                    ohne Entlastung                AUTOSTAMP          Netz umgeformt

                                                 Umformsimulation


                                                      PAM-
                                                                      Netz entlastet
                                                   AUTOSTAMP
                                                   Rückfederung
                                                                                         PANEL SHOP
                                                entlastet
                                                                                                  CAD B
             Mapping                                Mapping                                Mapping
            Sysweldnetz                            Sysweldnetz                           Sysweldnetz

 CAD A                                CAD A                           entlastet

  a)                                    b)                                    c)
                                                                        Neuvernetzung
                                                                                           SYSWELD
              SYSWELD                                SYSWELD
 Route 1




                                      Route 2




                                                                                        Schweißsimulation
           Schweißsimulation                      Schweißsimulation
                                                                                           SYSWELD

              SYSWELD                                SYSWELD                                Spannen

            Schweiß Verzug                         Schweiß Verzug
                                                                                           SYSWELD
                                                                                         Schweiß Verzug


 Abbildung 24: Übertragung der Umformhistorie in die Schweißsimulation: a) und b)
      ohne Berücksichtigung der Gestaltänderung und c) mit Gestaltänderung

Als Referenzprozess lässt sich heute mit einer überschaubaren Methode die aktuelle
Bauteilgeometrie des entlasteten Bauteils aus Gewerk A in ein Gewerk B überführen.
Das Eingangsnetz für Gewerk B kann also auf Basis von Bauteil A generiert werden
und damit können auch die Daten ohne Abbildungsfehler übertragen werden.

Zur Darstellung der Methode wurde im Projekt das Programm PanelShop der Firma
iCapp verwendet. Aus dem Lageunterschied der Netze zwischen der letzten Um-
formstufe und nach der Entlastungsrechnung wird ein Verschiebungsfeld ermittelt,
dass PanelShop nutzt, um die CAD-Bauteilgeometrie zu überbiegen und damit in die
Lage des aufgefederten Bauteils zu bringen (Abbildung 25). Diese aktualisierte Bau-
teilgeometrie wird dann mit dem Eingangsnetz für Gewerk B neu vernetzt und an-

                                                            31
schließend die Herstellungshistorie aus Gewerk A ohne Abbildungsfehler darauf
übertragen (gemappt). Damit ist ein wesentliches Modul für die End to End Prozess-
kettensimulation verfügbar, das der Gestaltabweichung in adäquater Weise Rech-
nung trägt.




                 +                    +




 CAD Bauteil           Umformnetz              Verschiebungsfeld           CAD Bauteil
                                                                            „entlastet“
  Abbildung 25: Mit PanelShop (Fa. iCapp) generierte CAD-Daten des entlasteten
                        Bauteils als Basis zur Neuvernetzung

Alternativ wurde im Programm PAM-STAMP 2G ein Mapping von Netz B auf Netz A
betrachtet. Dies war jedoch nicht zielführend, da in PAM-STAMP bisher nur eine li-
neare Projektion implementiert ist. Diese führt für einen Bauteilbereich mit vertikaler
Projektionsrichtung zu Verzerrungen (Abbildung 26). Eine Verbesserung würde hier
eine Projektion unter Berücksichtigung der jeweiligen Elementnormalen ergeben.
Dies sollte aber durch ein vorheriges Einschwimmen von Netz A zu B ergänzt wer-
den. So wie es auch im SCAIMapper möglich ist. Denn selbst wenn sich beide Netze
in Fahrzeuglage befinden, kann der Aufsprung durch die Lagerbedingungen zu einer
Verschiebung eines Bauteils führen.




                                          32
Abbildung 26: Mögliche Projektionsfehler
                   bei linearer Projektion von Netz A auf Netz B


3.3.3 Untersuchte Baugruppe
Von der untersuchten Schweiß-Baugruppe „Seitenwandrahmen vorn“ wurden drei
Hauptbauteile für die inkrementelle Umformsimulation ausgewählt und drei Zusatz-
bauteile mit geringer Umformung wurden mittels Onestep-Simulation betrachtet. Hin-
zu kommen für die Schweißung noch zwei Gewindeplatten und ein weiteres Bauteil,
um den Zusammenbau mit dem Serienstand vergleichbar zu machen (Abbildung 27).




                                        33
jeweils in rot dargestellt
 Hauptbauteile




                 Säule B innen       Verstärkung Säule B   Verstärkung Stegblech
                                     innen                 Schweller innen
                                                                              Verstärkung A-Säule
                                                                              nur als CAD-Daten
Zusatzbauteile                                                                eingefügt




               Schottteil Säule B   Verstärkung        Schottteil Schweller vorn
                                    Wagenheberaufnahme

                  Abbildung 27: Untersuchte Schweiß-Baugruppe


3.3.4 Sensitivität der Datenübergabe in Relation zur Netzfeinheit
Für das VIPROF-Projekt wurde die durchgängige Verwendung von Netzen mit Scha-
lenelementen festgelegt. Diese haben dann noch unterschiedliche Elementformulie-
rungen, sind aber im Wesentlichen durch vier Knoten bestimmbar. Trotzdem existie-
ren je nach physikalischem Schwerpunkt der einzelnen Gewerke unterschiedliche
Netzausprägungen hinsichtlich der Feinheit und betrachteter Teilbereiche. Dies zeigt
Abbildung 28 mit dem Netz aus der Umformung mit verfeinerten Radienbereichen,
dem Schweißnetz mit Nahtbereichen und dem typischen 5 mm Crashnetz.




           Umformen                     Schweißen                        Crash
                 Abbildung 28: Unterschiedliche Netzausprägungen




                                          34
Um die Sensitivität der Datenübertragung in Relation zur Netzausprägung zu unter-
suchen, wurden die wesentlichen drei Mappinggrößen: Blechdicke, plastische Deh-
nung und Spannungstensor in PAM-STAMP 2G jeweils vom Umformnetz auf das
Schweiß- und Crashnetz gemappt.

Für die betrachteten Bauteile ergab sich eine gute Übertragbarkeit der Blechdicken
und mit kleineren Verlusten auch der plastischen Dehnungen (Abbildung 30). Eine
deutliche Abnahme der oberen Spannungswerte und damit verbundene Nivellierung
der Spannungen zu niedrigeren Niveaus zeigte sich bei der Übertragung der Span-
nungstensoren. Abbildung 30 zeigt dies anhand der Gegenüberstellung der Ver-
gleichsspannungen nach dem Mapping. Deutlicher noch wird dies über eine Betrach-
tung der Histogramme, die die statistische Verteilung der Spannungen auf den jewei-
ligen Netzen darstellt (Abbildung 31).




        Stamp         Weld      Crash               Stamp       Weld        Crash

  Abbildung 29: Einfluss der Netzausprägung auf die Übertragung der Blechdicken
                (links) und plastischen Dehnungen (rechts) vom Tiefziehen zum
                                    Schweißen und zum Crash

Im Projekt wurden in erster Linie die Übertragung der Blechdicken und plastischen
Formänderungen betrachtet. Die Eigenspannungen schienen nicht nur wegen der
Verluste bei der Übertragung der Spannungstensoren für den betrachteten Zusam-
menbau nicht relevant zu sein, sondern auch weil dieser mit MAG- und Laser-
Linienschweißungen robust verbunden wurde. Interessanter wäre die Berücksichti-
gung der Eigenspannungen für die Untersuchung von punktgeschweißten Zusam-
menbauten, die bekannterweise sensibler gegenüber eingebrachten Vorspannungen
sind.



                                             35
Stamp




                     Weld




                     Crash

Abbildung 30: Einfluss der Netzausprägung auf die Übertragung der Vergleichs-
               spannungen vom Tiefziehen zum Schweißen und zum Crash




                                     36
Stamp




               Weld




              Crash



        Abbildung 31: Verluste bei der Übertragung von Spannungstensoren


3.3.5 Simulation des Schweißverzugs mit dem Weld Planner
Mit dem Programm Weld Planner wurde das Fügen der Baugruppe „Seiten-
wandrahmen vorn“ hinsichtlich des auftretenden Verzuges simuliert. Abbildung 32
verdeutlicht die Lage der Nähte und die beiden eingesetzten Schweißverfahren. Als
Lagerbedingung nach der Abkühlung wurden die von VW bereitgestellten RPS-
Punkte verwendet (Abbildung 33). Das Referenzpunktesystems (RPS) umfasst u.a.
die Maßbezüge und Positionierungen für Bauteile und Schweißgruppen und wird im
CAD festgelegt. Die virtuelle Schweißung beschränkt sich beim Weld Planner auf die
Einbringung der Prozesswärme an den jeweiligen Fügestellen und in der vom An-
wender vorgegebenen Schweißreihenfolge. Sie gibt wesentliche Hinweise zur Opti-
mierung der Schweißnahtlage und Reihenfolge.




                                       37
Abbildung 32: Laserschweißnähte (a) und MAG-Schweißnähte (b) der Baugruppe




               Abbildung 33: RPS-Spannpunkte der Messaufnahme


3.3.6 Sensitivität des Schweißverzugs hinsichtlich der aus der Fertigungshis-
      torie übertragenen Größen
In der Sensitivitätsanalyse zum Schweißverzug wurde der Einfluss des Übertragens
unterschiedlicher Ergebnisgrößen und des Einsatzes verschiedener Berechnungs-
methoden zur Simulation des Tiefziehens verglichen. Neben der Simulation mit dem
inkrementellen Berechnungsprogramm PAM-STAMP 2 G wurde der inverse Ein-
schrittlöser (Onestep-Solver) FTI FormingSuite eingesetzt. Betrachtet wurden jeweils
die drei Hauptbauteile, die entweder inkrementell oder invers simuliert wurden. Die
Zusatzbauteile wurden für die Umformung jeweils nur invers berechnet. Dazu wurde



                                        38
zum Vergleich noch der Schweißverzug auf Basis der CAD-Daten ohne Fertigungs-
historie einbezogen. Untersucht wurden die in Tabelle 3 aufgeführten Varianten.



 Variante Simulationtool   Software                              Blechdicke   plastische Dehnung
                           Haupbauteile       Nebenbauteile
   0      WeldPlanner      nur CAD            nur CAD                -                -
   1a     WeldPlanner      PAM-STAMP 2G       nur CAD                x                -
   1b     WeldPlanner      PAM-STAMP 2G       nur CAD                -                x
   1c     WeldPlanner      PAM-STAMP 2G       nur CAD                x                x
   2a     WeldPlanner      FTI FormingSuite   nur CAD                x                -
   2b     WeldPlanner      FTI FormingSuite   nur CAD                -                x
   2c     WeldPlanner      FTI FormingSuite   nur CAD                x                x
   3a     WeldPlanner      PAM-STAMP 2G       FTI FormingSuite       x                x
   3b     WeldPlanner      FTI FormingSuite   FTI FormingSuite       x                x
    4     WeldPlanner      PAM-STAMP 2G       nur CAD                x                x
          Neuvernetzung


  Tabelle 3: Varianten des Mappings der Herstellungshistorie aus der Umformung



Im Folgenden werden wesentliche Ergebnisse beispielhaft aufgezeigt. Der Vergleich
des Übertragens einzelner Ergebnisgrößen, wie dem Blechdickenverlauf und der
plastischen Dehnung, ergab, dass die alleinige Übertragung der plastischen Deh-
nungen nicht sinnvoll ist. Während die alleinige Übertragung der Blechdicke für eine
gute Ergebnisübereinstimmung mit den Messungen hinreichend sein kann. Dieses
Phänomen lässt sich mit dem dominanten Einfluss der Blechdicke auf die Steifigkeit
des Zusammenbaus erklären. Die Beulsteifigkeit kann je nach Geometrie bis in die 2.
oder 3. Potenz von der Blechdicke abhängig sein. Dies dokumentiert beispielhaft die
Abbildung 34.




                                                39
Verschiebungen in y-Richtung




    Mit beiden Größen             Nur Blechdicken        Nur plastische Dehnung
Abbildung 34: Übertragung unterschiedlicher Größen. Hauptbauteile und Zusatzbau-
                              teile invers simuliert

Eine Gegenüberstellung der untersuchten drei Hauptbauteile mit inkrementeller und
inverser Simulation zeigt, dass für den betrachteten Fall der Verzug basierend auf
der inversen Umformung etwas stärker ist, als der der inkrementellen Simulation
(Abbildung 35). Dies ist damit zu erklären, dass die inverse Umformung, wie von
Volkswagen berichtet, zum Teil geringere Umformgrade erzielt. Die Richtung und der
Trend des Verzugs sind bei beiden Methoden identisch.
     Verschiebungen in y-Richtung




       Hauptbauteile inkrementell und               Alle Bauteile invers simuliert
       Zusatzbauteile invers simuliert

Abbildung 35: Schweißverzüge der inkrementellen und inversen Simulation der Um-
                            formung im Vergleich


                                            40
Da der betrachtete Schweiß-Zusammenbau einem Serienstand entspricht, ist der
auftretende Verzug sehr gering und damit eine Aussage über die Güte der Ergebnis-
se nur eingeschränkt möglich. Auf der Grundlage der von Volkswagen durchgeführ-
ten Vergleichsstudie zur Güte inverser Simulationen kann angenommen werden,
dass die Resultate in der vorliegenden Form repräsentativ sind. So dass in der frü-
hen Phase Onestep-Simulationen zur Planung der Schweißmethode mit ausreichen-
der Genauigkeit eingesetzt werden können.

Die Frage nach der Notwendigkeit der Berücksichtigung von Umformergebnissen für
die richtige Vorhersage des Schweißverzugs wurde mit der Variante 0 (Tabelle 3)
betrachtet. Eine Gegenüberstellung der Messergebnisse mit der Simulation des
Schweißverzugs ohne Berücksichtigung der Fertigungshistorie ergab für diese Bau-
gruppe abweichende Resultate hinsichtlich des Verzugs und der Verdrillungsrichtung
(Abbildung 36). Beide Ergebnisgrößen des Schweißverzugs wurden demgegenüber
von der Variante mit Übernahme der Blechdicken und plastischen Formänderungen
für die betrachteten Bauteile dem Messergebnis vergleichbar dargestellt. Die Ver-
messung der Schweißbaugruppe bei VW (Abbildung 72) ergab eine gute Übereins-
timmung mit der Simulationsvariante mit Berücksichtigung der vollständigen Ferti-
gungshistorie sowie nur der Blechdicke (siehe Kapitel 3.5.5.1, Abbildung 72 und Ab-
bildung 73).




 Abbildung 36: Schweißverzug mit Basis CAD-Daten (links), Blechdicken (mitte) und
Umformhistorie (rechts); Verschiebungen in Y-Richtung (normal zur Ansichtsrichtung)



                                        41
3.3.7 Schweißverzugssimulation mit der Methode der Neuvernetzung
Die Notwendigkeit der Untersuchung des Einflusses der Auffederung am Ende der
Umformung verdeutlicht Abbildung 37. Die in Tabelle 3 aufgeführte Variante der
Neuvernetzung wurde im Rahmen des VIPROF-Projektes entwickelt und exempla-
risch untersucht. Basierend auf der aufgesprungenen Bauteilgeometrie (siehe Ab-
schnitt 3.3.2) wurde ein neues Netz für die Schweißverzugssimulation erstellt und die
Ergebnisse des entlasteten Bauteils aus der Umformung darauf übertragen.


                                     Aufgabenstellung:
CAD-Bauteilgeometrie                 Übertragen der Umformergebnisse (Spannungen,
                                     plastische Dehnungen, Blechdickenverteilung) aus
                                     dem Umformen auf ein entsprechendes Modell für
                                     eine Fügesimulation thermisch oder mechanisch
  Werkzeugentwurf
                                     Route 1 Geometrisch passendes Mapping mit
                                             Eigenspannungen im Modell
                        Route 1
  Umformsimulation
                                     Route 2 Mappen des entlasteten Bauteils
                                             mit geometrischer Abweichung

                        Route 2
Rückfederungsrechnung                           Simulation des Fügens


                                     Route 3 Mappen des entlasteten Bauteils auf ein
                        Route 3
    Neuvernetzung                            kongruentes, dediziertes Netz zum Fügen.
                                             Im Fügen ist ggf. ein Spannvorgang
                                             erfoderlich

 Abbildung 37: Mögliche Vorgehensweisen zum Übertragen der Herstellungshistorie
                         in die nachfolgende Fügesimulation

Der Unterschied der in Abbildung 38 dargestellten Ergebnisse für Route 1 und 2 ist
relativ gering, was auf die im Projekt gewählte Vernachlässigung der Spannungs-
tensoren beim Mapping zurückzuführen ist. Betrachtet man aber das deutlich abwei-
chende Ergebnis der Methode der Neuvernetzung, bei der das Bauteil beim Fügen
aufgrund der Lageabweichung gespannt werden muss, so ist der Verzug für dieses
Bauteil aus der Baugruppe sogar geringer ausfallend. Daraus ergibt sich die Frage,
wie sich das Verhalten anderer Baugruppen mit dieser erweiterten Betrachtungswei-
se darstellt. Da dies im Projekt nicht weiter geklärt werden konnte, soll an dieser Stel-
le die Fortführung der Untersuchung der vorgeschlagenen Methode der Neuver-
netzung im Rahmen anderer Förderprogramme angeregt werden.




                                           42
Die darüber hinaus interessierende Fragestellung ist, ob die Route 1 bei zusätzlicher
Berücksichtigung der Spannungstensoren eine hinreichende Lösung darstellen könn-
te. Wäre so der Aufwand der Neuvernetzung vermeidbar? Nicht zuletzt ließe sich
auch die Variante der direkten Projektion des Fügenetzes auf das aufgefederte Um-
formnetz verbessern und damit eine einfachere Lösung schaffen.


                       Min: 0,003                  Min: 0,003             Min: 0,001
                       Max: 0,932                  Max: 0,946             Max: 0,596




          Route 1                   Route 2                     Route 3

       Abbildung 38: Ergebnis der Neuvernetzung mittels Flächenrückführung
       Verformung [mm] in Normalenrichtung unter RPS Spannbedingungen




3.4   Simulation der Lacktrocknung in der Prozesskette (CADFEM)
Als wichtige Voraussetzung und als Bestandteil der betrachteten Prozesskette kann
das Trocknungsmodul des VirtualPaintShop® (VPS/DRY) von CADFEM genannt
werden. Es hat sich bei Firmen wie AUDI und BMW im Bereich der lackiergerechten
Konstruktion etabliert, um eine Simulation der Lacktrocknung von Autokarosserien in
großen Trocknungsöfen durchzuführen. Zwischen den einzelnen Lackierschritten ist
jeweils eine Trocknung des Lackes erforderlich, wobei die Bauteile aufgeheizt und
anschließend über eine vorgegebene Zeitdauer auf einem bestimmten Temperatur-
niveau gehalten werden. Mit VPS/DRY kann das Aushärten von Lacken auf Wasser-
basis in diesem thermischen Trocknungsvorgang simuliert werden. Denn im Gegen-
satz zu lösemittelbasierten Lacken, die selbst nachtrocknen, ist bei wasserbasierten
Lacken eine Vernetzung nur durch Aufheizung möglich. Lackanteile, die beim Trock-
nen nicht aushärten, können später nicht nachhärten. Falls im Trockner die Mindest-
temperatur und -haltezeit unterschritten oder eine obere Grenztemperatur und
-haltezeit überschritten werden, sind Qualitätsmängel zu erwarten. Mit VPS/DRY
können kritische Stellen von Bauteilelackierungen ausgemacht sowie die Lackier-
und Trocknungsvorgänge entsprechend vorausgeplant und optimiert werden.



                                              43
Im Projekt VIPROF wurde die Lacktrocknungssimulation in die Prozesskette mit auf-
genommen, um den Einfluss vorgelagerter Fertigungsschritte auf das Verhalten der
Karosserie im Trocknungsofen zu überprüfen. Auch der Einfluss von Effekten, die bei
der Lacktrocknung auftreten, wie z. B. des Bake-Hardening-Effektes, auf das Crash-
Verhalten waren von Interesse.


3.4.1 Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse
CADFEM hat eine Sensitivitätsanalyse der Lacktrocknung durch eine begleitende
Eigenwertanalyse vorgenommen, um die Sensitivität des Ofenprozesses bezüglich
Einflüssen aus dem Umform- und dem Fügeprozess zu bewerten. Dicken, Spannun-
gen und Dehnungen aus dem Umformen und Fügen wurden in verschiedenen Zu-
sammenstellungen in der Trocknungssimulation VPS/DRY berücksichtigt. Für die
VPS/DRY Simulation wurden gleichmäßig vernetzte Crash-Netze der VW AG ver-
wendet. Vereinfachungen an den Karosseriemodellen zur Beschleunigung der Be-
rechnungen in der Mechanik wurden durch Weglassen von Türen und Klappen sowie
durch Betrachtung halber Modelle mit Symmetriebedingungen vorgenommen, wie in
Abbildung 39 gezeigt. Die Berechnungsvarianten sollten Rückschlüsse erlauben, wie
stark Spannungen und Dehnungen aus der Vorgeschichte das Berechnungsergebnis
bei der Trocknung beeinflussen.




     Abbildung 39: Entkerntes Halbmodell für die begleitende Eigenwertanalyse

Das Vorgehen zur Durchführung des mechanischen Verfahrens der begleitenden
Eigenwertanalyse (engl. mode tracking) zur Erkennung von Beulgefahren ist in Ab-
bildung 40 gezeigt. Die Analyse beruht darauf, dass sich unter der thermischen Last
der Aufheizung und Abkühlung im Ofen der Spannungszustand von Blechen und
Strukturen verändert, was einen Einfluss auf die Eigenfrequenzen der Bauteile hat.


                                        44
Temperatur-                Mechanische Berech-                   Vorgespannte
  berechnung                 nung mit Temperatur-                     Modal-
  in VPS/DRY                   randbedingungen                        analyse




                                                „Mode Tracking“

   Abbildung 40: Begleitende Eigenwertanalyse zum Erkennen einer Beulgefahr



Eine Herleitung und Erläuterung dieses Sachverhaltes findet man der Literatur z. B.
bei W. Rust, Nichtlineare Finite-Elemente-Berechnungen, Vieweg + Teubner Verlag,
Abschnitt 3.2.3 Modalanalyse (Eigenfrequenzanalyse) und Stabilitätsprobleme sowie
Abschnitt 3.4.4 Begleitende Eigenwertanalyse. Die folgenden Absätze enthalten An-
lehnungen und Zitate aus dem genannten Buch.

Ein Beispiel für den Einfluss des Spannungszustandes auf die Eigenfrequenz kennt
man aus der Spannung einer Saite eines Musikinstrumentes. Durch Änderung der
Spannung in der Saite wird das Instrument gestimmt. Bei Biege- oder Druckspan-
nungen sinkt die Eigenfrequenz. Im Falle eines Stabilitätsproblems kann das System
ausgelenkt werden, ohne dass es nach Wegnahme der Last – hier in Form der inho-
mogen verteilten Temperaturdehnungen – in die vorherige Lage zurückkehrt. Eine
Eigenfrequenz zu diesem Verformungsmuster wird zu Null.

Werden Eigenwerte begleitend zur Last aufgetragen, erlaubt der Verlauf der Eigen-
werte Rückschlüsse auf das Stabilitätsverhalten, wenn sich zwei Kurven eines Unter-
suchten Bereiches kreuzen oder zu Null werden.

Als begleitende Eigenwertanalyse ermittelt CADFEM die Veränderung der Eigenfre-
quenzen unter der Temperaturlast im Trocknungsofen. Von besonderem Interesse
sind sprunghafte Änderungen, da dann die Gefahr plastischer Verformungen durch
Beulen der Struktur besteht. Solche sprunghaften Änderungen sind beispielhaft für
eine Blechwanne in Abbildung 41 anhand eines Aufheizvorganges gezeigt. Im Pro-
jekt wurde die Methodik der begleitenden Eigenwertanalyse verfeinert und automati-
siert.




                                        45
Abbildung 41: Begleitende Eigenwertanalyse (rechts) bei einem stark zum Beulen
                       neigenden Bauteil (nicht VW-Touran)

Da die Steifigkeiten einer Struktur und die Wärmekapazität durch die Blechdicken-
verteilung beeinflusst werden, hat CADFEM die Einflüsse des Umformens auf das
Verhalten der Karosserie beim Trocknen nach der Lackierung untersucht. Aus One-
step-Berechnungen bei Volkswagen wurden Blechdicken in die Lacktrock-
nungssimulation VPS-DRY importiert. Der Transfer erfolgte exemplarisch auch über
das vereinbarte Zwischenformat (M01) unter Verwendung des SCAIMappers.

Aus den Untersuchungen an den Musterbauteilen des VW Touran ist festzuhalten,
dass im Verlauf der Eigenwerte während des Trocknungsvorgangs zwar Unterschie-
de zwischen konstanter und variabler Blechdicke ausgemacht werden konnten, wie
in Abbildung 42 gezeigt, dass diese Unterschiede jedoch nicht signifikant waren.
Damit sind in der B-Säule keine kritischen Bauteile enthalten, die zum Beulen führen
könnten. Außerdem nimmt die Beulneigung durch Übertragung von Blechdickenver-
teilungen aus der Umformsimulation nicht zu. Damit konnten bei den Untersuchun-
gen am VW Touran keine Beulgefahren identifiziert werden, was daran liegt, dass es
sich um ein ausgereiftes Serienfahrzeug handelt. Da die Berücksichtigung der Um-
formhistorie aber rechentechnisch die Simulation weder vergrößert noch verlangsamt
ist es ratsam die Dicken zu berücksichtigen. Bei Neukonstruktionen ist zu erwarten,
dass mehr Beulneigungen bestehen. Die Biegesteifigkeit ist in der dritten Potenz ab-
hängig von der Blechdicke. Damit kann bei festgestellter Beulneigung die Blechdicke
als Modellfehler ausgeschlossen werden.




                                        46
Abbildung 42: Begleitende Eigenwertanalyse während der Trocknungssimulation der
 B-Säule unter Verwendung konstanter Blechdicken (links) und bei Übertragung der
                Blechdickenverteilung aus dem Umformen (rechts)

Das unkritische Verhalten der B-Säule gegenüber Beulen zeigte sich auch auf einem
virtuellen Teststand (siehe Abbildung 43), mit dem Sensitivitäten hinsichtlich der
Übertragung von Ergebnissen aus vorgelagerten Prozesssimulationen aufgezeigt
werden können. Anhand der unten fixierten und oben künstlich belasteten B-Säule
können die Einflüsse von linearem vs. nichtlinearem Materialgesetz bzw. von kons-
tanten vs. variablen Blechdicken aus der Umformsimulation untersucht werden. In-
dem sehr hohe Belastungen bis in den Bereich der Plastizität aufgegeben werden,
kann der Einfluss der Umformhistorie auf die begleitende Eigenwertanalyse gezeigt
werden. Zunächst diente dies zur Verifikation der Vorgehensweise. Gleichzeitig zeigt
es aber auch die Anwendbarkeit bei anderen Belastungen auf.




                                        47
Abbildung 43: Sensitivitätsanalyse der B-Säule im „virtuellen Teststand“. Ein Ang-
riffspunkt ist gelagert, auf den anderen werden steigende Belastungen aufgebracht,
        bis sich Auswirkungen in der begleitenden Eigenwertanalyse zeigen.



Die Ergebnisse einer zunehmenden Belastung der B-Säule im virtuellen Prüfstand
zeigt Abbildung 44, wobei die Kurven für konstante bzw. variable Dicke nahe beiei-
nander liegen. Dies zeigt einen gewissen, aber im vorliegenden Fall nicht gravieren-
den Einfluss der Blechdicken auf die Eigenfrequenzen. Größere Veränderungen der
Eigenfrequenzen würden auf Beulen oder Durchschlagen hindeuten. Diese Ergeb-
nisse wurden für ein nichtlineares Materialgesetz erzielt, das die elastische und die
plastische Fließgrenze beinhaltet. Durch diese Nichtlinearität kann eine Verfestigung
aus der Umformsimulation bzw. eine Änderung der Fließgrenze berücksichtigt wer-
den.




                                         48
Abbildung 44: Begleitende Eigenwertanalyse der B-Säule im virtuellen Prüfstand mit
 steigender Belastung (Dargestellt sind die Verläufe von Eigenfrequenzen über den
Lastschritten, jeweils für ein Modell mit und ohne Berücksichtigung der Blechdicken-
                                      verteilung.)




3.4.2 Untersuchung von Einflüssen des Bake-Hardening-Effektes
Die Ausprägung des Bake-Hardening-Effektes (Reckalterung) hat einen Einfluss auf
die Crash-Eigenschaften der Karosserie. Wie stark dieser Effekt ausgeprägt ist wird
vom Ofenprozess bei der Lacktrocknung mitbestimmt. Daher lag es nahe, in der
Trocknungssimulation VPS/DRY die Festigkeitssteigerung im Trocknungsofen durch
den Bake-Hardening-Effekt zu untersuchen. Bei dem mit Bake Hardening bezeichne-
ten Effekt findet im Trockner bei Temperaturen über 170-180° im Metallgefüge eine
                                                             C
Kohlenstoffdiffusion an freie Gitterversatzstellen sehr viel schneller statt, als bei
Raumtemperatur. Durch den Ofenprozess wird somit eine Festigkeitssteigerung er-
zielt und die Fließgrenze ohne Gefügeumwandlung hinaufgesetzt. Diese Festigkeits-
steigerung kann mit Hilfe von VPS/DRY bewertet werden. Der Bake-Hardening-Effekt
kann dann aus der Trocknungssimulation VPS/DRY in das Crash-Modell übertragen
werden.

Aus Materialdatenblättern ist bekannt, dass z. B. für die Stahlsorte CPW800 der
Bake-Hardening-Status erfüllt wird, wenn eine Haltezeit von 20 Minuten bei über
170° erreicht wird. Die Zugfestigkeit des Werkstof fes kann von einem Wert von
    C
800 MPa im Mittel um 70 MPa erhöht werden. Die Erhöhung ist abhängig von der

                                         49
Verweilzeit des Materials auf einem Temperaturniveau. Während sich in Simulatio-
nen unterhalb dieses Temperaturniveaus keine so stark ausgeprägten inhomogenen
Verteilungen der Haltezeit zeigten, änderte sich die ungleiche Verteilung für Tempe-
raturen über 175° deutlich, wie aus Abbildung 45 a m Außenblech der B-Säule er-
                 C
kennbar.




Abbildung 45: Darstellung der Haltezeit in Sekunden auf einem bestimmten Tempe-
         raturniveau zur Untersuchung der Einflüsse von Bake-Hardening

Ferner zeigt Abbildung 45, dass sich gerade in den Punkten der Lasteinleitung bei
den Scharnieren eine geringere Haltezeit auf den jeweils betrachteten Temperaturni-
veaus einstellt. Dies ergibt sich aufgrund der Wärmekapazität der an diesen Stellen
angebrachten, relativ massiven Scharniere. Ist die Verfestigung aufgrund des unvoll-
ständig ausgeprägten Bake-Hardening-Effektes hier geringer, könnte sich dies also
überproportional auf die Steifigkeit der gesamten Konstruktion auswirken.

In Kooperation mit VW wurden für verschiedene Stähle Excel-Dateien mit Fließkur-
ven für die Simulation hinterlegt. Abhängig von verschiedenen Bake-Hardening-
Zuständen (0% bis 100%) ergeben sich unterschiedliche Spannungs-Dehnungs-
Diagramme. Der Bake-Hardening-Status, der mit der Material-ID verknüpft wird, wur-
de im LS-DYNA Format verfügbar gemacht. Ergebnisdateien können direkt aus
VPS/DRY geschrieben werden. Eine knotenbasierte Datenablage wurde für die
Temperaturen als Funktion der Zeit realisiert, da die Temperatur als Freiheitsgrad der

                                         50
Simulation an den Knoten ermittelt wurde und so kein Informationsverlust entsteht.
Für die Haltezeiten sind die Ergebnisse elementbasiert abgelegt, weil die Umrech-
nung der Haltezeit in einen Bake-Hardening-Status auf Elementebene erfolgte. Die
Haltezeit muss nicht notwendigerweise abgelegt werden, da diese aus den Tempera-
turergebnissen nur abgeleitet wird.


     1100                                                    Spannung (BH0)
                                                             Spannung (BH1)
     1050
                                                             Spannung (BH2)
     1000                                                    Spannung (BH3)
                                                             Spannung (BH4)
      950
                                                             Spannung (BH5)
      900                                                    Spannung (BH6)
                                                             Spannung (BH7)
      850
                                                             Spannung (BH8)
      800                                                    Spannung (BH9)
                                                             Spannung (BH10)
      750
            0     0,2      0,4      0,6        0,8     1       1,2
 Abbildung 46: Unterschiedliche Bake-Hardening-Zustände, die aus verschiedenen
                 Haltezeiten und Temperaturniveaus resultieren

Um den Einfluss im Rahmen des Projektes exemplarisch aufzuzeigen wurde die
Ausprägung des Bake-Hardening-Effektes linear abhängig zur Haltezeit oberhalb
eines definierten Temperaturniveaus angenommen. Weiterhin wurde die mittlere Ver-
festigung aufgrund des Bake-Hardening proportional zur Ausprägung des Bake-
Hardening-Effektes ansteigend angenommen. In 10 Stufen unterteilt ergeben sich
unter diesen Annahmen Spannungs-Dehnungs-Kurven wie in Abbildung 46 gezeigt.
BH0 Steht dabei für Material ohne Bake-Hardening-Effekt, BH10 für den voll ausge-
prägten Effekt.




                                          51
Abbildung 47: Unterschiedliche Materialeigenschaften aufgrund verschiedener Tem-
                        peraturniveaus im Trocknungsofen

Abbildung 47 zeigt die Verteilung der unterschiedlichen Materialkennungen am Ver-
stärkungsblech der B-Säule mit den Temperaturgrenzen 170, 175 und 180 ° als  C
Basis zur Ermittlung der Haltezeit. Dargestellt ist jeweils das Ausgangsnetz der
VPS/DRY Simulation und ein verfeinertes Netz für spätere Anwendungen. In der Si-
mulation wurden die unterschiedlichen Bake-Hardening-Bereiche durch verschiedene
Materialkennungen abgebildet. Die Übergabe des Bake-Hardening-Status an die
Crash-Simulation kann in Form einer virtuellen plastischen Vergleichsformänderung
oder einer je nach Status zugewiesenen Spannungs-Dehnungs-Kurve erfolgen. Häu-
fig wird es so sein, das VPS/DRY und die Crash-Simulation das gleiche Netz ver-
wenden und so nur eine Übertragung der Ergebnisse erforderlich ist. Im Projekt VIP-
ROF war es sinnvoll für spätere Detailuntersuchungen ein feineres Netz zu verwen-
den. Da die Ausgangsbasis und Lage für das Netz aber identisch war, ist der Ergeb-
nisübertrag auf die Neuvernetzung sogar innerhalb von VPS/DRY automatisiert mög-
lich.


                        M app ing                        M apping                         Map pin g
                                                                     Lacktrocknungs-
    Umformsimulation                Fügesimulation                                                    Crashsimulation
                                                                        simulation


             Format_1        XM L           Fo rm at_2        XM L            Form at_3        XM L            Forma t_4


                                              XML-K onverter


   Abbildung 48: Ergebnisübertragung durch Mapping oder innerhalb eines XML-
                          basierten Datenträgernetzes




                                                            52
Die Ergebnisübertragung kann aber auch über einen XML-basierten Mapping-
Prozess erfolgen, der momentan noch manuell gestützt wird. Vom Kooperations-
partner TU Berlin wurde ein sog. XML-Konverter programmiert, der die Ausgabefor-
mate der im VIPROF-Projekt eingesetzten Simulationsprogramme (vorzugsweise
.M01-Format) einheitlich in das XML-Format überführen kann (siehe Abbildung 48).
So können Bauteileigenschaften mit Berücksichtigung des Bake-Hardening auf das
Zielnetz, z. B. für eine Crash-Simulation oder einen virtuellen 3-Punkt-Biegeversuch,
übertragen werden. Der Bake-Hardening-Effekt kann in der Simulation durch Variati-
on der Haltetemperatur in seiner Robustheit bewertet werden, um z. B. im Fall von
Materialanhäufungen im Bereich von angeschweißten Scharnieren eine zu geringe
Reckalterung zu vermeiden oder um herauszufinden, ob eine unvollständige Ausprä-
gung des Bake-Hardening-Effektes bezüglich der Anforderungen aus der Crash-
Simulation toleriert werden kann.

Im VIPROF-Projekt wurden keine tensoriellen Größen aus vorgelagerten Prozessen
in der mechanischen Analyse unter der Temperaturlast im Ofen berücksichtigt. Die
für die Berücksichtigung der plastischen Vergleichsformänderung verwendete INIS-
TATE-Funktion von ANSYS kann aber auch dazu verwendet werden. So kann wie in
Abbildung 49 gezeigt der Spannungszustand aus einer Teillösung in eine weitere
Teillösung übertragen werden. Richtig ist ein solches Vorgehen, falls keine geschlos-
sene Lösung der beiden Lastschritte möglich oder gewollt ist und die Konfiguration
nach dem ersten Lastschritt die Startkonfiguration des folgenden Lastschrittes ist.




     Abbildung 49: Mechanik-Simulation von Be- und Entlastung mit INISTATE




3.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse von CADFEM
Im Teilvorhaben von CADFEM ist ein Verfahren entstanden, mit dem die Beulnei-
gung von Baugruppen oder einzelnen Blechen unter Berücksichtigung der Umform-
historie und im Zusammenhang mit der ganzen Karosserie identifiziert werden kann.
Der Bedarf, den Ort einer Beulneigung belastbarer vorhersagen zu können, ist eine
Motivation, das zugrunde liegende FE-Modell mit den Einflüssen aus der Herstellung
zu verbessern.



                                         53
Zur Definition von Ampelkriterien für die Lacktrocknungssimulation innerhalb des
Modul-Cockpits ist sowohl ein Erreichen der geforderten Prozesstemperaturen, als
auch das Einhalten der Haltedauern für diese Temperaturen erforderlich. Alle direkt
aus der Temperatur ableitbaren Kriterien können ähnlich, einfacher oder komplexer
wie das sog. Einbrennfenster des jeweiligen Lackes (siehe Abbildung 50) bestimmt
werden. Eine Klassifizierung in „Anforderungen erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ ist damit
möglich. Die Methoden zur Automatisierung der begleitenden Eigenwertanalyse und
damit die weitgehend automatisierte Identifikation der Beulneigung stellen dies auch
für die Verformung der Karosserie im Trocknungsprozess in Aussicht.




              Abbildung 50: KTL-Einbrennfenster (beispielhaft für DuPont)

Als Ergebnis der Sensitivitätsanalyse Umformen      Lackieren ist festzuhalten, dass
•   ein gewisser Einfluss der Übertragung der Blechdicken aus dem Umformen auf
    den Verlauf der Eigenwerte besteht. Im Projekt konnte jedoch kein Einfluss auf
    die Beulanfälligkeit der untersuchten Bauteile nachgewiesen werden.
•   mit der Übertragung der plastischen Vergleichsdehnungen konnte an den unter-
    suchten Bauteilen keine Änderung des Verhaltens identifiziert werden, da die Be-
    lastung mit den inhomogen verteilten Temperaturdehnungen die Fließgrenze
    nicht erreicht hat.

Für nachgelagerte Prozesse wurde die Bedeutung der Kopplung der Lackiersimu-
lation an die Prozesskette anhand der Übertragung des inhomogen ausgeprägten
Bake-Hardening-Effektes aus der Lacktrocknung gezeigt. Dieser Effekt hat einen Ein-
fluss auf das Crash-Verhalten. Ein Export von inhomogenen Bake-Hardening-
Verteilungen aus der Trocknungssimulation wurde erfolgreich durchgeführt.




                                          54
3.5      Abgleich der Simulationsprozesskette an Praxisbeispielen
         (VW)
Volkswagen hat in das Projekt die Anforderungen eines Automobilherstellers an das
Simulationsdatenmanagement eingebracht und war an der Durchführung von Sensi-
tivitätsanalysen und der Erarbeitung eines XML-basierten Datenaustauschformates2
beteiligt.


3.5.1 Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen
Um die Kopplung von Daten und Prozessen vorzubereiten, wurde von Volkswagen
ein Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen aufgestellt. Dazu wurde eine Struk-
tur erarbeitet, die eine Kategorisierung in Materialdaten, Geometriedaten und Pro-
zessparameter vorsieht. Diese Struktur ist in Abbildung 51 gezeigt. Der Katalog wur-
de prozessspezifisch aufgebaut und umfasst die für die einzelnen Simulationsstufen
notwendigen Eingangsdaten. Tabelle 4 zeigt einen groben Auszug aus dem Katalog,
der im Verlauf des Vorhabens detailliert wurde.




    Abbildung 51: Kategorisierung des Kataloges gewerkespezifischer Eingangsgrößen



2
    Die Extensible Markup Language (Abk. XML; engl. für erweiterbare Auszeichnungssprache) erlaubt
die Beschreibung beliebiger Daten. Sie stellt einen Standard zur Modellierung von strukturierten Daten
in Form einer Baumstruktur dar, der vom World Wide Web Consortium (Abk. W3C) definiert wird.


                                                 55
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Abschlussbericht des Projekts Viprof

  • 1. Gemeinsamer FuE-Abschlussbericht des Verbundprojektes „Durchgängige Virtualisierung der Entwicklung und Pro- duktion von Fahrzeugen (VIPROF)“ Förderkennzeichen: 02PC1090 bis 1097 Autoren: Dr.-Ing. Cord Steinbeck-Behrens, Tobias Menke (CADFEM GmbH) Jochen Steinbeck, Matthias Schroeder, Hongzhi Duan (ESI GmbH) Alexander Hoffmann, Uwe Brylla (ARC Solutions GmbH) Dr.-Ing. Steffen Kulp, Sebastian Pinner (Volkswagen AG) Prof. Dr.-Ing. Martin Rambke, Lena Leck (Ostfalia HaW) Prof. Dr.-Ing. Birgit Awiszus, Dr.-Ing. Susanne Bolick, Jeannette Katzenberger (TU Chemnitz) Marcel Schulz (TU Berlin) Dr.-Ing. Christoph Runde, Achim Czaykowska (VDC Fellbach) Dr.-Ing. Klaus Mager (Ingenieurbüro Mager, Unternehmensberatung) Januar 2012
  • 2. Inhaltsverzeichnis 1 Einführung, Motivation und Zielstellung ............................................................... 4 2 Ablauf des Vorhabens ......................................................................................... 9 3 Lösungsansätze, durchgeführte Arbeiten und Teilergebnisse ........................... 12 3.1 Überblick Prozesskettensimulation .............................................................. 12 3.2 Datenübertragung in der Prozesskette (Ostfalia HaW) ................................ 13 3.2.1 Simulationsprogramme in der Prozesskette .......................................... 13 3.2.2 Mapping ................................................................................................. 14 3.2.3 Sensitivitätsanalyse ............................................................................... 24 3.3 Teilprozesskette Umformen und Fügen (ESI) .............................................. 29 3.3.1 Simulation der Bauteilerzeugung mittels Umformen .............................. 29 3.3.2 Methode der Neuvernetzung ................................................................. 30 3.3.3 Untersuchte Baugruppe ......................................................................... 33 3.3.4 Sensitivität der Datenübergabe in Relation zur Netzfeinheit .................. 34 3.3.5 Simulation des Schweißverzugs mit dem Weld Planner ........................ 37 3.3.6 Sensitivität des Schweißverzugs hinsichtlich der aus der Fertigungshistorie übertragenen Größen ............................................... 38 3.3.7 Schweißverzugssimulation mit der Methode der Neuvernetzung .......... 42 3.4 Simulation der Lacktrocknung in der Prozesskette (CADFEM) .................... 43 3.4.1 Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse ...................................................... 44 3.4.2 Untersuchung von Einflüssen des Bake-Hardening-Effektes ................ 49 3.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse von CADFEM ................................ 53 3.5 Abgleich der Simulationsprozesskette an Praxisbeispielen (VW) ................ 55 3.5.1 Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen ...................................... 55 3.5.2 Übertragung von Simulationsdaten mit XML-Konverter ......................... 56 3.5.3 Vergleich OneStep- und inkrementelle Umformsimulation .................... 61 3.5.4 Bewertung der Prozesskettensimulation................................................ 66 3.5.5 Validierung der Prozesskettensimulation ............................................... 73 3.5.6 Modulcockpit.......................................................................................... 76 3.6 Strukturierte Ablage heterogener Daten im Kontext von Wiederverwendbarkeit und Weiterverwendbarkeit (TU Berlin) .................... 78 3.6.1 Allgemeines ........................................................................................... 78 3.6.2 Konversion............................................................................................. 79 3.6.3 Das VIPROF-XML-Datenformat ............................................................ 82 3.6.4 Funktionsweise und Begrenzungen des XML-Konverters ..................... 89 2
  • 3. 3.7 Entwicklung einer systemübergreifenden Datenablage im PDM-System zur Realisierung einer durchgängigen Simulationsprozesskette (TU Chemnitz, ARC Solutions GmbH) ......................................................... 92 3.7.1 Problemstellung und Ziele ..................................................................... 92 3.7.2 Durchgängiges Datenmanagement ....................................................... 93 3.7.3 Entwicklung von Datenablagestrukturen................................................ 96 3.7.4 Ableitung von Referenzprozessketten zur Datenablage ...................... 105 3.7.5 Automatisierung von Referenzprozessketten mittels Workflows ......... 108 3.7.6 Kopplung der Prozesssimulation Umformen – Fügen – Lackieren ...... 113 3.7.7 VIPROF Modulcockpit zur Erhöhung der Transparenz im Entwicklungsprozess ........................................................................... 114 3.8 Perspektiven des Mittelstands (VDC) ........................................................ 117 4 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................. 121 4.1 Bewertung der Ergebnisse ......................................................................... 121 4.2 Darstellung der durchgängigen Simulationsprozesskette VIPROF anhand eines Anwendungsbeispiels .......................................................... 124 5 Ausblick ........................................................................................................... 131 5.1 Ausblick Volkswagen ................................................................................. 131 5.2 Transfer der Ergebnisse von CADFEM...................................................... 132 5.3 Transfer der Ergebnisse von ESI für Zulieferer mit VisualDSS .................. 134 5.4 Ausblick der ARC Solutions GmbH ............................................................ 136 5.5 Ausblick der Ostfalia HaW ......................................................................... 136 5.6 Datentechnischer Ausblick der TU Berlin ................................................... 137 5.7 Ausblick Professur Virtuelle Fertigungstechnik .......................................... 137 6 Öffentlichkeitsarbeit ......................................................................................... 139 Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesmi- nisteriums für Bildung und Forschung im Programm „Management und Virtualisie- rung der Produktentstehung” im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von morgen“ gefördert und unter der Projektträgerschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) durchgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentli- chung liegt bei den Autoren. 3
  • 4. 1 Einführung, Motivation und Zielstellung Wie auch andere Branchen, die sich im globalen Wettbewerb befinden, ist die Auto- mobilindustrie mit ihren komplexen Produkten steigenden Kundenanforderungen, einem hohen Kostendruck, kürzer werdenden Produktlebenszyklen und einer Zu- nahme an Produktvarianten ausgesetzt. Gerade die steigenden Anforderungen an Verbrauchseffizienz und CO2-Reduzierung werden zukünftig verstärkt zu weiteren Fahrzeugvarianten mit alternativen Antrieben sowie Leichtbaukarosserien führen. Die Abbildung 1 verdeutlicht, dass der Trend der kontinuierlichen Zunahme der Fahr- zeugsegmente von 1985 bis heute ungebrochen ist. [PINSB11] Abbildung 1: Anstieg der Fahrzeugsegmente seit 1985 [PINSB11] Um die mannigfaltigen Anforderungen zu erfüllen, sind neue Strategien in der Pro- duktentwicklung erforderlich. Dazu zählen u.a. verschiedene Strategien zur Gleichtei- lenutzung in der Pkw-Karosserie. Während man früher eine reine Plattformstrategie verfolgte, setzt man heute schon verstärkt auf Module (Lenkung, Motor, Getriebe, Interieur), die über verschiedene Fahrzeugklassen eingesetzt werden. Für die Zu- kunft wird das Ziel verfolgt, diese Strategie weiter auszubauen und zu einer reinen Modulstrategie, z. B. Modularer Diesel Baukasten oder modularer Vorderwagen etc., überzugehen. Die Module bilden dabei einen Baukasten mit kombinierbaren Elemen- ten. Die Standardisierung für Produkt und Prozess sichert die konzernweite Kompati- 4
  • 5. bilität ab. Somit soll ein maximales Maß an Synergien erzielt werden (siehe Abbil- dung 2). [PINSB11] Abbildung 2: Übergang von der Plattform zur Modulstrategie [PINSB11] Um die Komplexität, die aus dieser Strategie erwächst, zukünftig noch beherrschen zu können, müssen vor allem Techniken und Strategien zum Produktdatenmanage- ment weiterentwickelt werden. Weiterhin muss im verstärkten Maße auf eine virtuelle Produktabsicherung entlang der Prozesskette gesetzt werden. Die Absicherung der Produkteigenschaften erfolgt entsprechend der Entwicklungs- disziplinen (Aufbau, Aggregate, Fahrwerk, etc.) mit unterschiedlichen Simulations- methoden. Eine virtuelle Absicherung der Herstellbarkeit entlang der Produktions- prozesskette (Einzelteil, Karosseriebau, Lackierung) findet nachfolgend in den Pla- nungsbereichen statt (siehe Abbildung 3). Durch die vornehmlich disziplinorientierte Arbeitsweise und eine fehlende Transparenz erfolgt die belastbare Validierung der Herstellbarkeit in der Regel erst nach der maßgeblichen Produktgestaltung. Weiter- hin ist ein prozessübergreifender Ergebnistransfer (Umformung, Fügen, Lackierung) auf Grund fehlender Schnittstellen und methodischen Unterschieden in den Prozess- simulationen bisher nicht möglich. Darüber hinaus werden fertigungstechnische Ein- flüsse auf die Produkteigenschaften (insbesondere die Crash-Performance) immer noch nicht detailliert erfasst und während der Produktentwicklung berücksichtigt. [PIN109] 5
  • 6. Aufbau Aggregate Fahrwerk ….. Entwicklungsdisziplinen Crash Betriebsfestigkeit Aerodynamik Virtuelle Produktentwicklung Steifigkeit Aeroakustik ...... Simulationsmethoden Produktentwicklung Produktlastenheft, Konstruktionsdaten, Stücklisten etc. Umformsimulation Fügesimulation Lackiersimulation Virtuelle Prozessabsicherung Ergonomiebetrachtung Gießsimulation ...... Simulationsmethoden Prozessabsicherung Umformprozesse Karosseriebau Lackierung Montage Abbildung 3: Virtuelle Produktentwicklung und Prozessabsicherung [PIN109] In den letzten Jahren hat neben der Automatisierung in vielen Bereichen der Produk- tionstechnik das Engineering mit CAE-Werkzeugen (Computer Aided Engineering) Einzug gehalten. Für die Entwicklung und Planung von Produkten, Maschinen und Anlagen sind leistungsfähige Methoden und Softwareapplikationen entstanden. Ge- rade kritische Bereiche, wie z. B. Festigkeitsbetrachtungen, Umformtechnik, thermi- sche Belastungen oder Schweißanwendungen, sind inzwischen durch Simulations- werkzeuge abgedeckt, mit denen virtuell Optimierungen vorgenommen werden kön- nen. Somit sind CAE-Technologien nicht als Neuerung zu betrachten, da sie in vielen Bereichen der Produktentstehung als Einzelanwendung bereits integriert sind. Je- doch handelt es sich meist um isolierte Insellösungen, die einen bestimmten Prob- lembereich behandeln, und nicht um durchgängige Planungsinstrumente. [PIN109] Es fehlt insbesondere eine auf der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) basierte Verknüpfung zwischen der Konstruktion und Entwicklung auf der einen Seite und der Fertigungsplanung auf der anderen Seite. Bisher können Daten zwi- schen den Simulationsprogrammen für einzelne Prozesse meistens nur von Hand übertragen werden. Übertragungs-Tools – wenn überhaupt vorhanden – verbinden maximal zwei Glieder der Simulationskette, wie z. B. der SCAI-Mapper zwischen Um- form- und Crash-Simulation. Automatische Verknüpfungen dieser Werkzeuge, die zumeist von unterschiedlichen Herstellern stammen, gibt es kaum. Strategien zur Datenhaltung im Sinne des Produktdatenmanagements befinden sich noch im For- schungsstadium. In der Folge können bisher Änderungen, die sich in einem Bereich 6
  • 7. ergeben, nur mit hohem Aufwand in anderen Bereichen berücksichtigt werden. Da prozessübergreifende Werkzeuge fehlen, können Fehler in der Produktentwicklung nach wie vor erst spät aufgedeckt werden und verursachen hohe Kosten. [PIN109] Daher bestand das Ziel des Projekts „VIPROF“ in der Verknüpfung von Produktent- wicklung und Fertigungstechnik zu einer durchgängigen, digitalisierten und koope- rativen Entwicklungs- und Produktionsplanung. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf die durchgängige Verknüpfung der Simulationen des Umformens, Fügens und Lackierens gelegt. Die Auswirkungen der Berücksichtigung der Fertigungshistorie auf die Produkteigenschaften sollten in der Crash-Simulation bewertet werden. Am Projekt haben die folgenden Partner teilgenommen: Partner / Profil Beitrag im Projekt CADFEM GmbH Koordination des Verbundprojektes, Integration der Lackier- (Software-Haus) trocknungssimulation VPS/DRY in die Prozesskettensimula- tion ESI GmbH Integration der Umform- und Fügesimulation in die Prozess- (Software-Haus) kettensimulation ARC Solutions GmbH Implementierung von Daten- und Variantenmanagement, (Dienstleister) Umsetzung des Workflow-Managements VW AG Erstellung Lastenheft, Erprobung und Validierung der Pro- (Anwender) zesskettensimulation ITP Ostfalia HaW Umformsimulation, Mapping zwischen den Prozessen, Ab- (F&E) gleich OneStep Solver zur inkrementellen Simulation, Er- probung Professur Virtuelle Entwicklung der Referenzprozesse und –modelle Fertigungstechnik (VIF) der TU Chemnitz (F&E) Institut für Wirtschafts- Entwicklung Datenarchitektur, Datenmodellierung und - informatik und integration, Schnittstellenkonzeption, Datenmapping, Stan- Quantitative Methoden dardisierung der Simulationsdaten der TU Berlin (F&E) VDC Fellbach Analyse bei den meist mittelständischen Mitgliederfirmen zur (Dienstleister) Bedarfslage hinsichtlich einer Prozesskettensimulation, Auf- bau Web-Präsenz, Aufbau eines Industriearbeitskreises „Vir- tualisierung“. 7
  • 8. Literatur: [PIN109] Pinner, S. et al.: Durchgängige Virtualisierung der Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen, Fachtagung Digitales Enginee- ring, Fraunhofer Wissenschaftstage, 16.-18. Juni, Magdeburg, 2009. [PINSB11] Pinner, S.; Steinbeck-Behrens, C.: Übersicht Prozesskettensimu- lation. 2. VIPROF Industriearbeitskreis, 22. November, Stuttgart, 2011. 8
  • 9. 2 Ablauf des Vorhabens Das Vorhaben war in 12 Arbeitspakete (AP) eingeteilt, die in Tabelle 1 aufgeführt sind. Ein Pert-Diagramm des Arbeitsplans mit einer Kennzeichnung der mehr daten- oder mehr prozessbezogenen Arbeitspakete ist in Abbildung 4 gezeigt. AP Titel Federführung Mitarbeit 1 Analyse des Ist-Zustandes VW Alle Partner 2 Untersuchung und Bewertung der Pro- IPT CADFEM, ESI, zessgrößen in der Prozesskette VW 3 Aufbau Architektur für Daten- und Varian- TUB VIF, ARC, VW tenmanagement 4 Kopplung der Prozesssimulationen Um- TUB Alle Partner formen – Fügen – Lackieren 5 Implementierung Daten- und Varianten- ARC CADFEM, ESI, management als VIPROF-Module VW, VIF, TUB 6 Bewertung der Ergebnisgüte VW CADFEM, ESI, IPT 7 Definition von Referenzprozessen und VIF ARC, VW, IPT, -modellen für durchgängige Prozesskette TUB, VDC 8 Erweiterung der Prozesskette mit komp- CADFEM ESI, ARC, IPT lexen Modellen 9 Test und Validierung VW CADFEM, ESI, ARC, VIF 10 Entwicklung VIPROF-Modulcockpit ARC VW, IPT, VIF, TUB 11 Verbreitung der Projektergebnisse VDC Alle Partner 12 Projektmanagement CADFEM Alle Partner Tabelle 1: Übersicht der Arbeitspakete und der Verantwortlichkeiten (IPT = Institut für Produktionstechnik der Ostfalia HaW, VIF = Professur Virtuelle Fertigungstechnik, TU Chemnitz, TUB = Institut für Wirtschaftsinformatik und Quantitative Methoden der TU Berlin) 9
  • 10. 1. Analyse des 12. Projektmanagement Ist-Zustandes 2. Untersuchung / Bewertung Prozessgrößen 3. Aufbau 4. Kopplung der Daten- Prozess- architektur simulationen 5.Implementierung 6. Bewertung VIPROF-Module Ergebnisgüte 8. Erweiterung mit komplexen 7. Definition Modellen 11. Ver- Referenzpro- breitung zesse und 9. Test und Vali- der Er- -modelle dierung geb- nisse 10. Entwicklung VI- PROF-Modulcockpit Abbildung 4: Pert-Diagramm des Arbeitsplanes (Daten – Prozesse) Entsprechend der Einteilung „Daten“ und „Prozesse“ wurden zu Beginn des Projek- tes die Arbeitsgruppe Daten (VW, ARC, VIF und TUB), die eine Bestandsaufnahme des PDM-Systems durchführte, und die Arbeitsgruppe Mapping (CADFEM, ESI, VW und IPT), die sich mit dem SCAIMapper1 und den Sensitivitätsanalysen (AP 2) be- fasste, gegründet. Die Arbeitsgruppe Mapping verständigte sich darauf, den SCAI- Mapper im VIPROF-Projekt einzusetzen. Das IPT stand hierzu im Kontakt mit dem Fraunhofer SCAI-Institut, das sich bereit erklärte, projektspezifische Anpassungen am SCAIMapper vorzunehmen. 1 Mit dem SCAIMapper können durch Modellinterpolation die Umform- und Crash-Simulation gekop- pelt werden. Diese Software wurde vom Fraunhofer SCAI-Institut und dem ISD der Universität Stutt- gart entwickelt. 10
  • 11. Als Anwendungspartner lieferte die VW AG geeignete Musterbauteile (siehe Abbil- dung 5) zur Bestandsaufnahme von Daten und Prozessen und zur späteren Validie- rung der Prozessverkettung. Die notwendigen Bauteil- und Prozessdaten wurden von VW erhoben. Den Partnern wurden die CAD-Daten und Prozessbeschreibungen für die Musterbauteile zur Verfügung gestellt. Abbildung 5: Musterbauteile des VW Touran als Gegenstand der Prozesskettensimulation Die Musterbauteile stammten vom Serienfahrzeug VW Touran GP. Die Teileauswahl sollte eine Crash-relevante Baugruppe, jedoch keine warm umgeformten Bauteile beinhalten. Die Auswahl fiel auf die Baugruppe B-Säule mit Schwellerverstärkung, da nur dort Laserschweißverfahren eingesetzt werden. Der Sitzquerträger ist für die Crash-Simulation relevant. Um den Schweißverzug zu analysieren, besteht bei VW für die gewählte Baugruppe eine Messeinrichtung. Die Verwendung von Teilen des Serienfahrzeuges Touran hatte einerseits den Vor- teil, dass umfangreiche Daten und Prozesserfahrungen vorlagen, die an die Koope- rationspartner weitergegeben werden konnten. Andererseits traten bei diesem schon in Serie befindlichen Fahrzeug keine Schwachstellen auf, die durch die Prozessket- tensimulation hätten aufgedeckt werden können, wie es bei Neukonstruktionen der Fall wäre, da alle Teile auskonstruiert und getestet waren. 11
  • 12. 3 Lösungsansätze, durchgeführte Arbeiten und Teiler- gebnisse 3.1 Überblick Prozesskettensimulation Im Rahmen der virtuellen Absicherung werden heute fertigungstechnische Einflüsse auf die Produkteigenschaften noch nicht detailliert erfasst und während der Produkt- entwicklung berücksichtigt. Die Herstellungsprozesse haben jedoch einen umfangrei- chen Einfluss auf die Produkteigenschaften und müssen in der Simulation berück- sichtigt werden, denn die Produkteigenschaften resultieren aus der Summe der durchlaufenen Prozesse, welche sich gegenseitig überlagern und beeinflussen. Der- artige Einflussgrößen für den Bereich Karosseriebau sind in Abbildung 6 dargestellt. Abbildung 6: Einflussgrößen der Fertigungsprozesse auf die Produkteigenschaften [PIN209] Besonders Eigenspannungen und Verzug bedingen sich gegenseitig und können sich negativ auf die erforderlichen Produkteigenschaften, wie z. B. Form- und Maß- haltigkeit oder das Crash-Verhalten, auswirken. Wechselwirkungen innerhalb der Prozesskette Presswerk – Karosseriebau – Lackierung sind beispielsweise: • Blechdicken- und Spannungsverteilung im Bauteil nach dem Tiefziehen, • Entstehung von lokalen Entfestigungen und Spannungen in den Bauteilen durch thermische Fügeverfahren, 12
  • 13. Induzierung thermischer Spannungen in die Karosserie durch hohe Temperaturen im Lacktrockner (lokal unterschiedliche Wärmekapazitäten bedingt durch die Blechdickenverteilung in den Bauteilen). Zukünftige Karosseriekonzepte werden - getrieben vom Leichtbau - immer komple- xer. Als Beispiel sei hier der zunehmende Einsatz an pressgehärteten Strukturbautei- len oder der immer häufiger eingesetzte Materialmix in heutigen Automobilkarosse- rien genannt. Moderne Materialien, wie z. B. Mehrphasenstähle, besitzen Eigen- schaften, die vorrangig von der Fertigungshistorie abhängig sind. Umso bedeutender wird es zukünftig sein, die aus den durchlaufenen Herstellungsprozessen resultie- rende Fertigungshistorie der Bauteile und Baugruppen bei der Simulation der Pro- dukteigenschaften durch Kopplung der Simulationstools zu berücksichtigen. [PIN209] 3.2 Datenübertragung in der Prozesskette (Ostfalia HaW) Um das Ziel einer durchgängigen Prozesskette erreichen zu können, müssen die einzelnen Simulationen miteinander verbunden werden. Die dafür notwendige Da- tenübertragung besteht aus den zwei Teilbereichen Konversion und Transformation. Der Bereich der Konversion wird in diesem Kapitel nur angerissen; er wird in Kapitel 3.6 ausführlich dargestellt. Der Bereich der Transformation wird im Abschnitt 3.2.2 näher erläutert. Da der Zeitaufwand für die Datenübertragung wirtschaftlich bleiben sollte, ist es sinn- voll zu ermitteln, welche Ergebnisdaten die nachfolgenden Simulationen wie stark beeinflussen. Dazu wird eine Sensitivitätsanalyse (Abschnitt 3.2.3) durchgeführt. An- hand der Ergebnisse kann dann entschieden werden, für welche Ergebnisdaten die Datenübertragung wirtschaftlich ist. 3.2.1 Simulationsprogramme in der Prozesskette In diesem Projekt wurden entlang der Prozesskette Simulationsprogramme der Soft- warepartner ESI GmbH und CADFEM GmbH eingesetzt. Die Umformsimulation wurde mit einem in der Automobilindustrie etablierten inkre- mentellen Solver (PAM-STAMP) durchgeführt. Da der Einsatz der inkrementellen Umformsimulation aufgrund der notwendigen Methodenplanung und der Entwicklung der Ziehanlage einen hohen Zeitaufwand erfordert, wird diese in der Praxis erst durchgeführt, wenn der Konstruktionsstand der Karosseriebauteile einen entspre- 13
  • 14. chenden Reifegrad erreicht hat. Dies hat zur Folge, dass die Simulationsdaten der Umformsimulation im frühen Entwicklungsprozess bei der Auslegung der Produktei- genschaften, insbesondere bei der Crash-Berechnung, nicht zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund wird im Projekt VIPROF zusätzlich ein One-Step-Solver (For- mingSuite) als alternative Simulationsmethode für die frühe Produktentwicklungspha- se eingesetzt. Bei der inversen Simulation (One-Step-Simulation) wird die Geome- trieänderung in einem Schritt rückwärts vom Bauteil zur Platine berechnet. Für die Durchführung werden nur die CAD-Geometrie und die Werkstoffdaten benötigt. Der gegenüber der inkrementellen Umformsimulation fehlende Werkzeugkontakt führt z. B. zur Einschränkung der Faltenvorhersagbarkeit. Für die Fügesimulation wurde eine Berechnung des Schweißverzugs mit dem Weld Planner durchgeführt. Die Lacktrocknung wurde mit VPS/DRY und der Crash mit PAM-CRASH simuliert. 3.2.2 Mapping Die Analyse der Import und Export-Schnittstellen dieser Software zeigten, dass die erste Herausforderung bei der Übertragung von Daten zwischen den Simulations- programmen unterschiedlicher Hersteller unterschiedliche Schnittstellen sind. Diese Schnittstellen unterscheiden sich in den kompatiblen Formaten, so dass ein Einlesen der Ergebnisdaten in die nachfolgende Simulationssoftware in der Regel nicht ohne Zwischenschritte möglich ist. Zusätzlich unterscheiden sich auch die FEM-Netze und die verwendeten Bezugskoordinatensysteme. Abbildung 7: Vernetzung Umformsimulation; Links: Dreieckelemente; rechts: Viereckelemente Die auffälligsten Unterschiede zwischen den FEM-Netzen sind - wie in Abbildung 7 zu erkennen ist - die Elementform und die Elementgröße. Die Elemente aller in der 14
  • 15. Prozesskette betrachteten Simulationen sind Schalenelemente, so dass eine Be- trachtung der Datenübertragung zwischen Schalen- und Volumenelementen nicht stattgefunden hat. Bei den Schalenelementen gibt es Dreieck- und Viereckelemente. Weiterhin ist in Abbildung 8 zu erkennen, dass die Netze abhängig von der Simulati- on unterschiedlich fein sind. Die Netze der Umformsimulationen sind in den Radien feiner vernetzt, weil die Geometrie der Radien nur mit kleinen Elementen ausrei- chend genau diskretisiert werden kann und zusätzlich in diesen Bereichen die stärk- sten Verformungen auftreten. Bei der Fügesimulation sind die Bereiche, in denen die Schweißnähte liegen, feiner vernetzt, während die anderen Bauteilbereiche grob vernetzt sind. Die Vernetzung für die Crash-Simulation und die Lacktrockungssimula- tion ist gleichmäßig grob, weil in diesen Simulationen die gesamte Karosserie be- rechnet wird und bei einer feineren Vernetzung der Zeitaufwand zu groß wäre. a) Umformsimulation b) Fügesimulation c) Crash-Simulation Abbildung 8: FEM-Netze Zusätzlich zu diesen auf den ersten Blick sichtbaren Unterschieden gibt es weitere in der Elementdefinition. Schalenelemente haben, wie in Abbildung 9 dargestellt ist, Gauss- und Integrationspunkte. Die „Gauss-Punkte“ sind Integrationspunkte (Gauss- Quadratur) in der Elementebene, während mit der Bezeichnung „Integrationspunkte“ in der Regel Integrationspunkte über der Elementdicke gemeint sind. Wie viele Integ- rationspunkte für die Berechnung benötigt werden, hängt von dem Simulationsver- fahren und dem simulierten Prozess ab. Weiterhin werden abhängig vom Format die skalaren und tensoriellen Größen pro Integrationspunkt oder pro Knoten abgelegt. Was bedeutet, dass selbst bei identischen Netzen eine Interpolation der Daten von den Knoten auf die Integrationspunkte oder andersherum erfolgen muss. Bei den tensoriellen Größen gibt es zusätzlich noch Unterschiede in den Bezugskoordinaten- systemen. Einige Formate speichern die Größen im globalen System, andere jeweils im Elementkoordinatensystem. Dadurch ist für die tensoriellen Größen eine Koordi- natentransformation der Tensoren notwendig. 15
  • 16. Software/Format FormingSuite/ Sysweld/ PAMSTAMP/ PAMCRASH/ Eigenschaften *.key *.asc *.M01 *.pc Koordinatensystem Fahrzeug Fahrzeug Werkzeug Fahrzeug Knoten pro Element 3 (3)4 (3)4 (3)4 Gauss-Punkte 1 (1)4 1 1 Integrationspunkte über der Dicke 3 5 5 5 Blechdicke Abhängig von Nein Ja Ja Ja Gauss-Punkten Abhängig von Integ- Nein Nein Nein Nein rationspunkten Bezug Knoten Knoten Element Element Spannungen Abhängig von Ja Ja Ja Ja Gauss-Punkten Abhängig von Integ- Ja Nein Ja Ja rationspunkten Bezug Element Knoten Element Element Dehnungen Abhängig von Nein Ja Nein Nein Gauss-Punkten Abhängig von Integ- Nein Nein Nein Nein rationspunkten Bezug Element Knoten Element Element Plastische Abhängig von Ja Ja Ja Ja Vergleichs- Gauss-Punkten dehnung Abhängig von Integ- Ja Nein Ja Ja rationspunkten Bezug Element Knoten Element Element Tabelle 2: Eigenschaften bzw. Standardeinstellungen der im Projekt eingesetzten Formate Abbildung 9: Integrations- und Gauss-Punkte Darüber hinaus werden die Bauteile abhängig von dem simulierten Prozess in unter- schiedlichen Koordinatensystemen beschrieben. In der im Projekt VIPROF aufgebau- ten Prozesskette liegen die Bauteile in der inversen Umformsimulation im Fahrzeug- 16
  • 17. koordinatensystem, weil die Simulation auf der CAD-Geometrie aufbaut und das Bauteil im CAD-System in der Gesamtkarosserie eingebaut ist. Die inkrementelle Umformsimulation dagegen verwendet ein Bauteilkoordinatensystem und ein Zieh- koordinatensystem. Die Lage der Bauteile zueinander nach den Umformsimulationen ist in Abbildung 10 dargestellt. Das Fügenetz liegt - wie das Netz der inversen Umformsimulation - in Einbaulage vor, weil es auf der CAD-Geometrie aufbauend erstellt wurde. Auch Lacktrocknungs- und Crashsimulation bauen beide auf der Gesamtkarosserie auf, so dass die Netze ebenfalls im Fahrzeugkoordinatensystem liegen. Abbildung 10: Bauteillage inkrementelle Umformsimulation (rot) und Fügesimulation (grün) In der betrachteten Prozesskette sind alle Netze außer dem der inkrementellen Um- formsimulation in der Einbaulage definiert. Eine Koordinatentransformation für das gesamte Netz muss also für alle Mapping-Prozesse erfolgen, in denen Daten der inkrementellen Umformsimulation übertragen werden sollen. Allgemein müssen also für eine Übertragung der Ergebnisgrößen zum einen Koordi- natentransformationen zwischen den unterschiedlichen Koordinatensystemen und zum anderen Interpolationen der Daten zwischen den Elementen, Knoten, Integrati- ons- und Gauss-Punkten erfolgen. Um diese Funktionen nicht neu entwickeln zu müssen wurde eine Literatur- und Software-Recherche durchgeführt. Eine Untersuchung unterschiedlicher Methoden zur Übertragung von Geschichtsvariablen aus der Umform- in die Crashsimulation ist zum Beispiel in [Zöll04] dargestellt. Neben den herstellerinternen Methoden [Cafo03] hat sich der SCAIMapper, durch seine Möglichkeit unterschiedliche Formate einzule- sen, für die Kopplung von Umform- und Crashsimulation als herstellerunabhängiges und damit universelles Werkzeug herausgestellt. Der SCAIMapper hat die Möglich- keit zur automatisierten Lageausrichtung der Bauteile (im Folgenden als „Ein- schwimmen“ bezeichnet), kann die Dateiformate unterschiedlicher Software- Hersteller einlesen und die Interpolation der Daten auf das Zielnetz durchführen 17
  • 18. [Oeck10, Peetz03, Scho07, Wallm04, Shep68, Wolf09]. Für das Projekt stellte der SCAIMapper alle benötigten Mapping-Funktionen zur Verfügung, so dass er in die Prozesskette als Mappingtool eingebunden wurde. Das Mapping von der Umform- in die Crashsimulation war mit dem SCAIMapper problemlos möglich, was jedoch noch keine Aussage über die Eignung für die ande- ren Prozesse zuließ, da der Mapper genau für diese Anwendung entwickelt wurde. Das Einlesen der Netze der Füge- und Lacktrocknungssimulation war aufgrund von Format-Inkompatibilitäten zunächst problematischer. Diese konnten durch Anpas- sungen des SCAIMappers durch den Entwickler beim Fraunhofer SCAI behoben werden. In Abbildung 11 sind die Mapping-Ergebnisse von der inkrementellen Um- formsimulation auf alle in der Prozesskette eingesetzten Netze dargestellt. a) b) c) d) Abbildung 11: Darstellung der Blechdicke im Mappingprozess: a) Bauteil Übersicht B- Säule mit Umformergebnissen, b) Umformnetz, c) Fügenetz, d) Lacktrocknungs- und Crash-Netz Die Bewertung der Mapping-Genauigkeit erfolgte zum einen mit den im SCAIMapper verfügbaren Funktionen zur Validierung und zum anderen manuell mit Messpunkten auf den virtuellen Bauteilen. In Abbildung 11 ist zu erkennen, dass die Mapping- Ergebnisse nur so genau sein können wie es die Netzgröße des Zielnetzes zulässt. Das heißt, dass zwei Effekte die Qualität der Mapping-Ergebnisse beeinflussen, zum einen die Genauigkeitsverluste durch die Interpolation zwischen den Netzen und zum anderen die schlechtere Auflösung des Zielnetzes. Bei der gezeigten B-Säule in Ab- bildung 11 ist zu erkennen, dass Extremwerte aus dem Umformprozess bei der Über- 18
  • 19. tragung auf das grobe Crashnetz geglättet werden. Es ist daher wichtig, dass bei der Weiterverwendung der Ergebnisse nach dem Mapping beachtet wird, dass mögli- cherweise kritische Werte durch die geglätteten Ergebnisse verloren gegangen sind. In kritischen Bauteilbereichen sollten diese Informationen daher zusätzlich zu der Mapping-Datei weiter gegeben werden. Abbildung 12: Abweichung der Blechdicke nach dem Mapping der Umformergebnisse (inkrementell) auf das Crash-Netz Die Datenübertragung der skalaren Größen Blechdicke und plastische Dehnung funktioniert für alle Mappingprozesse in der untersuchten Kette problemlos. Die Werte werden mit Hilfe von Interpolationsalgorithmen [Oeck10, Shep68] auf das neue Netz übertragen. Die Bewertung der Qualität wurde zunächst mit Hilfe der Validierungsfunktion des SCAIMappers durchgeführt. In Abbildung 12 ist die Differenz zwischen Original Blechdickenverteilungen und der gemappten Blechdickenverteilung auf dem Bauteil aufgetragen. Die Abweichungen sind kleiner als 40 µm. Nur in Bereichen, in denen die Geometrie nicht übereinstimmt – z. B. aufgrund von in der Umformsimulation nicht berechneten Ausschnitten - liegen die Abweichungen darüber. Die zweite Methode zur Bewertung der Mapping-Qualität besteht in einem Vergleich der Blechdicken an 20 definierten Messpunkten vor und nach dem Mapping-Prozess. Die Messpunkte werden vorrangig in Bauteilbereichen mit großen Veränderungen der Blechdicke sowie Netzbereichen mit sehr grober und sehr feiner Diskretisierung platziert. In Abbildung 13 ist die Lage der Messpunkte auf dem Bauteil dargestellt. An den betrachteten Messpunkten werden die Werte jeweils über die umgebenden Elemente gemittelt, um die Empfindlichkeit des Verfahrens gegen singuläre Spitzen möglichst gering zu halten. In jedem Punkt wird der auf die Ausgangsblechdicke vor dem Mappingprozess bezogene relative Fehler berechnet: s − s0 mit: s: Blechdicke nach dem Mapping Frel = ⋅ 100% s0 s0: Blechdicke vor dem Mapping 19
  • 20. P1 + P2 + + P6 + P7 + P13 + P20 + P8 + P14 + P15 P3 + +P10 P9 + P16 P4 + +P11 + P17 P5 + +P12 + P18 + + P19 Abbildung 13: Lage der 20 Messpunkte für die Ergebnisgröße Blechdicke auf der Bauteilgeometrie Abbildung 14 zeigt die Auswertung des relativen Fehlers beim Mapping der Blech- dicke auf die unterschiedlichen Zielnetze an den 20 Messpunkten. Abweichungen bis maximal 5% werden dabei als gut bewertet und grün dargestellt. In gelb gestellt und als befriedigend bewertet werden Abweichungen im Bereich von 5% bis 10%. Während Messpunkte mit einem relativen Fehler über 10% als mangel- haft eingestuft und rot dargestellt werden. 20 18 16 14 Anzahl Messpunkte 12 ≥ 10% 10 5 - 10% ≤ 5% 8 6 4 2 0 rel. Fehler rel. Fehler rel. Fehler rel. Fehler Umformen inkrementell Umformen invers Umformen inkrementell Umformen invers -> Fügenetz -> Fügenetz -> Crashnetz -> Crashnetz Abbildung 14: Relativer Fehler beim Mapping der Blechdickenverteilung auf Füge- und Crashnetz 20
  • 21. Die Abweichung für 84% der Messungen an diesem Bauteil liegt insgesamt unter 5%. Die Mapping-Qualität kann damit für die skalare Ergebnisgröße Blechdicke als gut bewertet werden. Dieses Ergebnis stimmt mit der Aussage von Abbildung 12 gut überein. An insgesamt sechs Messpunkten (P2, P4, P7, P10, P14 und P15) wurde die Mapping-Genauigkeit als befriedigend oder mangelhaft eingestuft. Diese Punkte liegen alle in Bauteilbereichen mit starker Ausdünnung bzw. Aufdickung oder engen Radien. Große Gradienten in der Blechdicke bei feiner Vernetzung im Ausgangsnetz und deutlich größere Elementkantenlängen im Zielnetz im gleichen Bereich führen durch die in diesen Bereichen dann notwendige Interpolation der Blechdickenwerte zu größeren Abweichungen in den Mapping-Ergebnissen. Dies zeigt sich auch im Vergleich der Mapping-Ergebnisse für die betrachteten FEM-Netze. Je größer die Unterschiede in den verwendeten Netzen sind, desto größer sind auch die Abweichungen. Abbildung 15: Plastische Dehnungen nach der inkrementellen Umformsimulation (un- ten) und nach dem Mapping auf das Crash-Netz (oben) In der Prozesskette werden zusätzlich zu der Blechdickenverteilung auch die plastischen Dehnungswerte als Maß für die Werkstoffverfestigung übertragen. Beim Mapping der plastischen Dehnungen müssen in Abhängigkeit von der Anzahl der Integrationspunkte über der Bauteildicke mehrere Werte übertragen werden. Abbildung 15 zeigt die plastischen Dehnungen nach dem Umformprozess (unten) und die nach dem Mapping auf ein Crashnetz (oben). Es ist zu erkennen, dass die Werte qualitativ richtig übertragen werden. In den blau dargestellten Bereichen sind die plastischen Dehnungen sehr gering. 21
  • 22. Abbildung 16: Absolute Abweichung der plastischen Dehnung nach dem Mapping der Umformergebnisse (inkrementell) auf das Crash-Netz In Abbildung 16 ist die Differenz zwischen den plastischen Dehnungen nach dem Umformprozess und den plastischen Dehnungen auf dem Crash-Bauteil nach dem Mapping-Prozess aufgetragen. Die Abweichungen liegen in den meisten Bauteilbereichen mit signifikanten plastischen Dehnungen bei unter 25%.In den Bauteilbereichen mit geringen plastischen Dehnungen (blaue Bereiche in Abbildung 15), führen bereits geringe Interpolationsfehler zu großen Abweichungen. In diesen Bereichen ist aufgrund der geringen plastischen Dehnung kein großer Einfluss auf die nachfolgenden Simulationsprozesse zu erwarten. Der Einfluss auf die nachfolgenden Prozesse wird in Kapitel 3.2.2 untersucht und bewertet. Abbildung 17: Vergleichsspannungen in Pa auf dem Umformnetz (unten) und Crash-Netz (oben) nach dem Mapping Die Datenübertragung von tensoriellen Größen ist dagegen schwieriger, da die soren formatabhängig in unterschiedlichen Koordinatensystemen gespeichert wer- den. Dadurch ist ein Vergleich der Tensoren nicht direkt möglich. In der grafischen Darstellung werden daher in der Regel Vergleichswerte gezeigt. In Abbildung 17 ist zu erkennen, dass die Abweichungen des dargestellten skalaren Vergleichswertes 22
  • 23. nach dem Mapping deutlich größer sind als bei den skalaren Größen Blechdicke und plastische Dehnung. Abbildung 18 zeigt die Differenz der Vergleichsspannungen zwischen den Netzen nach der Übertragung der Umformergebnisse auf das Crash- Netz. Abbildung 18: Differenz der Vergleichsspannungen in Pa zwischen Umformnetz und Crash-Netz nach dem Mapping a) 1.Hauptspannung b) 2.Hauptspannung Abbildung 19: 1. und 2. Hauptspannung jeweils nach der Umformsimulation (oben) und nach dem Mapping auf das Crash-Netz (unten) 23
  • 24. In Abbildung 19 sind die 1. und 2. Hauptspannung an der äußeren Oberfläche der B- Säule dargestellt. Es ist zu erkennen, dass lokale Maxima und Minima bei der Über- tragung auf das deutlich gröber vernetzte Crash-Netz stark geglättet werden. Die Abweichungen entstehen durch die Interpolation der Größen auf das gröbere Netz. Das Mapping von tensoriellen Größen scheint - soweit es anhand der skalaren Ver- gleichsspannung beurteilt werden kann - im Rahmen der durch das Zielnetz vorge- gebenen maximalen Auflösung ausreichend genau zu sein. Die Interpretation der gemappten Daten in den nachfolgenden Simulationen führt jedoch teilweise zu Ab- weichungen, so dass im Einzelfall geprüft werden muss, ob die Daten von der nach- folgenden Simulation richtig interpretiert werden. In der Sensitivitätsanalyse wird ge- prüft, ob das Übertragen von Spannungen in die Folgesimulationen sinnvoll ist und wie empfindlich die Simulationen auf Abweichungen reagieren. 3.2.3 Sensitivitätsanalyse Das Ziel der Sensitivitätsanalysen ist es zu ermitteln, welche Ergebnisgrößen einen so großen Einfluss haben, dass sie übertragen werden sollten um eine Genauig- keitssteigerung zu erreichen. Dazu werden sowohl die Umformergebnisse aus der inkrementellen als auch aus der inversen Umformsimulation in alle Folgesimulationen übertragen. Es wurden zunächst für alle Bauteile der Baugruppe (Abbildung 20 a) Umformsimula- tionen durchgeführt. Die Hauptbauteile B-Säule innen, Verstärkung B-Säule, Verstär- kung Stegblech Schweller und Sitzquerträger wurden sowohl mit der inkrementellen Umformsimulation (PAMSTAMP 2G) berechnet (Abbildung 20 b), als auch mit der inversen Simulation (FormingSuite) (Abbildung 20 c). Die kleinen Bauteile (Abbildung 20 c) Schottteil B-Säule, Verstärkung Wagenheberaufnahme und Schottteil Schweller vorn wurden nur mit der inversen Umformsimulation berechnet. Diese Ergebnisse wurden in unterschiedlichen Kombinationen in die nachfolgenden Simulationen über- tragen, um zu prüfen ob dadurch die Simulationsergebnisse beeinflusst werden kön- nen. Einen Überblick über die untersuchten Varianten gibt Abbildung 66. 24
  • 25. a) Baugruppe b) Umformsimulation (inkrementell) B-Säule innen Verstärkung Stegblech Schweller Verstärkung B-Säule innen Sitzquerträger c) Umformsimulation (invers) B-Säule innen Schottteil B-Säule Verstärkung Stegblech Schweller Verstärkung Wagenheberaufnahme Verstärkung B-Säule innen Schottteil Schweller Sitzquerträger Abbildung 20: Bauteilumfang 25
  • 26. Die Fügesimulation wurde dazu mit unterschiedlichen Eingangsdaten durchgeführt: 1. Standard Eingangsdaten inkl. Ausgangsblechdicken 2. Standard Eingangsdaten und Blechdicken aus der Umformsimulation 3. Standard Eingangsdaten und plastische Dehnungen aus der Umformsimulation 4. Standard Eingangsdaten, Blechdicken und plastische Dehnungen aus der Umformsimulation Ein Vergleich der Ergebnisse dieser Fügesimulationen hat gezeigt, dass nur bei Be- rücksichtigung von Blechdicken aus der Umformsimulation die in Abbildung 21 dar- gestellte Verdrehungsrichtung der Baugruppe richtig vorhergesagt werden kann. Weiterhin führt das Weitergeben der plastischen Dehnungen zu geringen Verbesse- rungen. Die Spannungen können von dem für die Fügesimulation eingesetzten Weldplanner nicht weiter verwendet werden, so dass eine Übertragung hier nicht sinnvoll ist. In Kapitel 3.3 werden diese Ergebnisse weiterführend beschrieben. a) b) c) Abbildung 21: a) Verdrehungsrichtung im Versuch, b) Simulationsergebnis ohne Um- formergebnisse, c) Simulationsergebnis mit Blechdicken und plastischen Dehnungen aus der Umformsimulation Die Ergebnisse der Fügesimulation werden für die mit unterschiedlichen Eingangsda- ten durchgeführten Berechnungen jeweils in eine Mapping-Datei geschrieben und für die nachfolgenden Simulationen zur Verfügung gestellt. In der Lacktrocknungssimulation wurden Berechnungen mit den Ergebnissen aus Umform- und/oder Fügesimulationen durchgeführt. Bei der Berücksichtigung von 26
  • 27. Blechdicken, Spannungen und plastischen Dehnungen aus dem Umformprozess konnten an dieser Baugruppe jedoch keine Auswirkungen auf das Beulverhalten der Baugruppe festgestellt werden. Da die betrachtete Baugruppe aus einem Fahrzeug stammt, welches bereits beulfrei produziert wird, war das aber auch nicht zu erwar- ten. Da während des Trocknungsprozesses im Ofen die Werkstoffe auf Temperatu- ren erhitzt werden bei denen der Bake-Hardening-Effekt auftreten kann, ist es sinn- voll die dadurch auftretende Verfestigung in die nachfolgende Crash-Simulation wei- ter zu geben. Weiterführende Informationen zur Lacktrocknungssimulation und zur Übertragung des Bake-Hardening-Effekts in die Crashsimulation sind in Kapitel 3.4 zu finden. Die Crash-Simulation wurde ohne und mit den Ergebnissen der Umform- und Füge- simulation durchgeführt. Anhand der Ergebnisse der Crash-Simulation wird die ge- samte Prozesskette bewertet. Die Ergebnisse der Crashsimulation zeigen, dass mit der Berücksichtigung von Blechdicken und plastischen Dehnungen aus Umform- und Fügesimulation die Art des Bauteilversagens in der Simulation näher an der Realität liegt, als ohne Berücksichtigung der Fertigungshistorie. Die Ergebnisse der Crashsi- mulation werden in Kapitel 3.5 ausführlich dargestellt. Zusammenfassend ist für die Datenübertragung zwischen den Prozessen festzuhal- ten, dass die Übertragung von Blechdicken und plastischen Dehnungen in die Füge- simulation zu genaueren Simulationsergebnissen führt. Die Übertragung von Ergeb- nissen in die Lacktrocknungssimulation zeigt dagegen für die betrachtete Baugruppe keine Verbesserung. Die Ergebnisse der Crash-Simulation werden wiederum durch die Übertragung der Blechdicken und plastischen Dehnungen positiv beeinflusst. Zu- sätzlich kann es sinnvoll sein den aus der Lacktrocknung resultierenden Bake- Hardening-Effekt in die Crashsimulation zu übertragen. Literatur [Zöll04] Zöller, A.; Frank, T. & Haufe, A.: Berücksichtigung von Blechumformer- gebnissen in der Crashberechnung, 3. LS-DYNA Anwenderforum, 2004, B-I-1bis B-I-12 [Cafo03] Cafolla, J.; Hall, R. W.; Norman, D. P. & Mc Gregor, I. J.: ''Forming to Crash'' Simulation in Full Vehicle Models, 4th European LS-Dyna Users Conference, 2003, 4, E-II-17 - E-II-26 27
  • 28. [Oeck10] Oeckerath, A. & Wolf, K.: Improved Product Design Using Mapping In Manufacturing Process Chains, 9. LS-DYNA Forum, DYNAmore GmbH, 2010 [Peetz03] Peetz, J.-V.; Post, P.; Scholl, U.; Wang, Y.; Wolf, K.; D39Ottavio, M.; Kröplin, B. & Waedt, M.: Verbesserung der Crashvorhersage von Ka- rosseriebauteilen durch Einbeziehung von Ergebnissen aus der Um- formsimulation., Symposium 16Simulation in der Produkt- und Prozess- entwicklung 17, 2003, 171-178 [Scho07] Scholl, U.: SCAIMapper Kopplung von Umform- und Crashsimulation 6. LS-DYNA Anwenderforum, DYNAmore GmbH, 2007, 6., H-II-1-H-II-6 [Wallm04] Wallmersperger, T.; Waedt, M.; D'Ottavio, M.; Kröplin, B.; Wolf, K.; Post, P.; Peetz, J.-V. & Scholl, U.: Kriterien zur Bewertung des Map- pings von Umform- auf Crashsimulation, 3. LS-DYNA Anwenderforum, DYNAmore GmbH, 2004, D - I - 1 bis D - I - 11 [Shep68] Shepard, D.: A two-dimensional interpolation function for irregularly- spaced data, Proceedings of the 1968 23rd ACM national conference, 1968, 517 - 524 [Wolf09] Wolf, K.; Schilling, R.; Lüthjens, J.; Hunkel, M.; Wallmersperger, T.; Jankowski, U.; Sihling, D.; Wiegand, K.; Zöllner, A. & Heuse, M.: Coupled FEM Calculations - A CAE Tool to Improve Crash-Relevant Automotive Body Components by Local Hardening, 7th European LS-DYNA Conference, DYNAmore GmbH, 2009 28
  • 29. 3.3 Teilprozesskette Umformen und Fügen (ESI) 3.3.1 Simulation der Bauteilerzeugung mittels Umformen Die Simulation der Herstellung von Bauteilen aus Feinblech mittels Tiefziehen darf als etablierter Stand der Technik angesehen werden. In diesem Projekt wurde dazu das Programm PAM-STAMP 2G der ESI Group verwendet. Ziel der Umformsimulati- on für sich betrachtet, ist die Überprüfung der Herstellbarkeit des Bauteils und au- ßerdem die virtuelle Erprobung der gewählten Methode, sowie deren Optimierung. Darüber hinaus ist es möglich, z. B. den Aufsprung des Bauteils durch virtuelle Über- biegung des Werkzeugs zu reduzieren. Im Vordergrund des Projektes stand jedoch weniger die Herstellbarkeit des Bauteils, sondern die Darstellung der durchgängigen Prozesskette und Betrachtung der auftretenden Sensitivitäten. Zur Überprüfung der Herstellbarkeit hat sich die Simulation der Hauptumformstufe bewährt. Die Simulation weiterer Nachform- und Schnittstufen wird bisher von Auto- mobilherstellern als wenig Nutzen bringend angesehen. Dies ist für Zulieferer anders, denn diese müssen das Bauteil in einer vorgegebenen Toleranz anfertigen, die sich heute schon in erster Näherung virtuell überprüfen lässt. Betrachtet man nicht mehr den einzelnen Herstellprozess, sondern die gesamte Herstellprozesskette, so stehen das virtuelle Bauteil und dessen Verbaubarkeit im Fokus. Eine Übertragung der Bauteileigenschaften nur aus der Hauptumformstufe auf die CAD-Form des Bauteils ist machbar, führt jedoch in nicht beschriebenen Be- reichen zu biegeschlaffen Zonen. Diese entsprechen dann dem Ausgangszustand des Bleches ohne Änderung der Blechdicke und Kaltverfestigung. Im Projekt wurden daher alle erforderlichen Nachformoperationen und Beschnitte mitgeführt, und somit vollständig umgeformte Bauteile erzeugt (Abbildung 22). Abkanten Verprägen Abbildung 22: Nachformoperationen zur Erstellung virtueller Bauteile 29
  • 30. Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der sich nur sinnvoll mit einem über alle Umform- stufen erstellten Bauteil betrachten lässt, ist die Rückfederung. Auch für sogenannte kompensierte Bauteile verbleibt nach der Entlastung durch die Werkzeuge ein Auffe- derungseffekt. Dieser führt bei der üblichen Methode der Datenübertragung zu Abbil- dungsfehlern zwischen der aufgesprungenen Umformgeometrie und der Zielgeomet- rie, einem Netz basierend auf CAD-Daten und Lage (Abbildung 23). Ein Weg dies zu umgehen, ist die Vernachlässigung des Aufsprungs, d.h. es wird das Ergebnis nach der letzten Umformstufe ohne Rückfederungsrechnung übertragen. Dies bedeutet ein Verbleiben der Eigenspannungen im Bauteil, sofern diese übertragen werden. Da die Entlastungsrechnung in der Regel nicht zu plastischen sondern nur elastischen Effekten führt, ist der Fehler bei einer Vernachlässigung der Spannungsseite, d.h. der Übertragung von Blechdicken und plastischen Dehnungen, eher als gering anzu- sehen. 1. und 2. 1. Torsion am Kopf 2. Aufsprung in der Zarge 3. unterschiedlicher Beschnitt Abbildung 23: Abbildungsfehler bei der Datenübertragung (Mapping) 3.3.2 Methode der Neuvernetzung Um der Problematik des Aufsprungs zu begegnen wurde im Projekt die Methode der Neuvernetzung entwickelt. Neben der Übertragung der physikalischen Eigenschaften des umgeformten Bauteils, wie Kaltverfestigung, Blechdickenänderung und optional der Eigenspannungen, wird mittelfristig in der Betrachtung der Prozesskette auch die Berücksichtigung der Gestaltänderung eine Rolle spielen. Gestaltänderung ist hier der Unterschied zwischen der CAD-Geometrie des Bauteils nach der Umformung und dem virtuellen Bauteil nach der Umformung. Abbildung 24 verdeutlicht die drei denkbaren Varianten zur Übertragung der Herstellungshistorie, die abstrahiert auf beliebige Kopplungen zwischen Gewerken übertragbar sind. 30
  • 31. CAD Ziehanlage CAD Daten CAD A PAM- ohne Entlastung AUTOSTAMP Netz umgeformt Umformsimulation PAM- Netz entlastet AUTOSTAMP Rückfederung PANEL SHOP entlastet CAD B Mapping Mapping Mapping Sysweldnetz Sysweldnetz Sysweldnetz CAD A CAD A entlastet a) b) c) Neuvernetzung SYSWELD SYSWELD SYSWELD Route 1 Route 2 Schweißsimulation Schweißsimulation Schweißsimulation SYSWELD SYSWELD SYSWELD Spannen Schweiß Verzug Schweiß Verzug SYSWELD Schweiß Verzug Abbildung 24: Übertragung der Umformhistorie in die Schweißsimulation: a) und b) ohne Berücksichtigung der Gestaltänderung und c) mit Gestaltänderung Als Referenzprozess lässt sich heute mit einer überschaubaren Methode die aktuelle Bauteilgeometrie des entlasteten Bauteils aus Gewerk A in ein Gewerk B überführen. Das Eingangsnetz für Gewerk B kann also auf Basis von Bauteil A generiert werden und damit können auch die Daten ohne Abbildungsfehler übertragen werden. Zur Darstellung der Methode wurde im Projekt das Programm PanelShop der Firma iCapp verwendet. Aus dem Lageunterschied der Netze zwischen der letzten Um- formstufe und nach der Entlastungsrechnung wird ein Verschiebungsfeld ermittelt, dass PanelShop nutzt, um die CAD-Bauteilgeometrie zu überbiegen und damit in die Lage des aufgefederten Bauteils zu bringen (Abbildung 25). Diese aktualisierte Bau- teilgeometrie wird dann mit dem Eingangsnetz für Gewerk B neu vernetzt und an- 31
  • 32. schließend die Herstellungshistorie aus Gewerk A ohne Abbildungsfehler darauf übertragen (gemappt). Damit ist ein wesentliches Modul für die End to End Prozess- kettensimulation verfügbar, das der Gestaltabweichung in adäquater Weise Rech- nung trägt. + + CAD Bauteil Umformnetz Verschiebungsfeld CAD Bauteil „entlastet“ Abbildung 25: Mit PanelShop (Fa. iCapp) generierte CAD-Daten des entlasteten Bauteils als Basis zur Neuvernetzung Alternativ wurde im Programm PAM-STAMP 2G ein Mapping von Netz B auf Netz A betrachtet. Dies war jedoch nicht zielführend, da in PAM-STAMP bisher nur eine li- neare Projektion implementiert ist. Diese führt für einen Bauteilbereich mit vertikaler Projektionsrichtung zu Verzerrungen (Abbildung 26). Eine Verbesserung würde hier eine Projektion unter Berücksichtigung der jeweiligen Elementnormalen ergeben. Dies sollte aber durch ein vorheriges Einschwimmen von Netz A zu B ergänzt wer- den. So wie es auch im SCAIMapper möglich ist. Denn selbst wenn sich beide Netze in Fahrzeuglage befinden, kann der Aufsprung durch die Lagerbedingungen zu einer Verschiebung eines Bauteils führen. 32
  • 33. Abbildung 26: Mögliche Projektionsfehler bei linearer Projektion von Netz A auf Netz B 3.3.3 Untersuchte Baugruppe Von der untersuchten Schweiß-Baugruppe „Seitenwandrahmen vorn“ wurden drei Hauptbauteile für die inkrementelle Umformsimulation ausgewählt und drei Zusatz- bauteile mit geringer Umformung wurden mittels Onestep-Simulation betrachtet. Hin- zu kommen für die Schweißung noch zwei Gewindeplatten und ein weiteres Bauteil, um den Zusammenbau mit dem Serienstand vergleichbar zu machen (Abbildung 27). 33
  • 34. jeweils in rot dargestellt Hauptbauteile Säule B innen Verstärkung Säule B Verstärkung Stegblech innen Schweller innen Verstärkung A-Säule nur als CAD-Daten Zusatzbauteile eingefügt Schottteil Säule B Verstärkung Schottteil Schweller vorn Wagenheberaufnahme Abbildung 27: Untersuchte Schweiß-Baugruppe 3.3.4 Sensitivität der Datenübergabe in Relation zur Netzfeinheit Für das VIPROF-Projekt wurde die durchgängige Verwendung von Netzen mit Scha- lenelementen festgelegt. Diese haben dann noch unterschiedliche Elementformulie- rungen, sind aber im Wesentlichen durch vier Knoten bestimmbar. Trotzdem existie- ren je nach physikalischem Schwerpunkt der einzelnen Gewerke unterschiedliche Netzausprägungen hinsichtlich der Feinheit und betrachteter Teilbereiche. Dies zeigt Abbildung 28 mit dem Netz aus der Umformung mit verfeinerten Radienbereichen, dem Schweißnetz mit Nahtbereichen und dem typischen 5 mm Crashnetz. Umformen Schweißen Crash Abbildung 28: Unterschiedliche Netzausprägungen 34
  • 35. Um die Sensitivität der Datenübertragung in Relation zur Netzausprägung zu unter- suchen, wurden die wesentlichen drei Mappinggrößen: Blechdicke, plastische Deh- nung und Spannungstensor in PAM-STAMP 2G jeweils vom Umformnetz auf das Schweiß- und Crashnetz gemappt. Für die betrachteten Bauteile ergab sich eine gute Übertragbarkeit der Blechdicken und mit kleineren Verlusten auch der plastischen Dehnungen (Abbildung 30). Eine deutliche Abnahme der oberen Spannungswerte und damit verbundene Nivellierung der Spannungen zu niedrigeren Niveaus zeigte sich bei der Übertragung der Span- nungstensoren. Abbildung 30 zeigt dies anhand der Gegenüberstellung der Ver- gleichsspannungen nach dem Mapping. Deutlicher noch wird dies über eine Betrach- tung der Histogramme, die die statistische Verteilung der Spannungen auf den jewei- ligen Netzen darstellt (Abbildung 31). Stamp Weld Crash Stamp Weld Crash Abbildung 29: Einfluss der Netzausprägung auf die Übertragung der Blechdicken (links) und plastischen Dehnungen (rechts) vom Tiefziehen zum Schweißen und zum Crash Im Projekt wurden in erster Linie die Übertragung der Blechdicken und plastischen Formänderungen betrachtet. Die Eigenspannungen schienen nicht nur wegen der Verluste bei der Übertragung der Spannungstensoren für den betrachteten Zusam- menbau nicht relevant zu sein, sondern auch weil dieser mit MAG- und Laser- Linienschweißungen robust verbunden wurde. Interessanter wäre die Berücksichti- gung der Eigenspannungen für die Untersuchung von punktgeschweißten Zusam- menbauten, die bekannterweise sensibler gegenüber eingebrachten Vorspannungen sind. 35
  • 36. Stamp Weld Crash Abbildung 30: Einfluss der Netzausprägung auf die Übertragung der Vergleichs- spannungen vom Tiefziehen zum Schweißen und zum Crash 36
  • 37. Stamp Weld Crash Abbildung 31: Verluste bei der Übertragung von Spannungstensoren 3.3.5 Simulation des Schweißverzugs mit dem Weld Planner Mit dem Programm Weld Planner wurde das Fügen der Baugruppe „Seiten- wandrahmen vorn“ hinsichtlich des auftretenden Verzuges simuliert. Abbildung 32 verdeutlicht die Lage der Nähte und die beiden eingesetzten Schweißverfahren. Als Lagerbedingung nach der Abkühlung wurden die von VW bereitgestellten RPS- Punkte verwendet (Abbildung 33). Das Referenzpunktesystems (RPS) umfasst u.a. die Maßbezüge und Positionierungen für Bauteile und Schweißgruppen und wird im CAD festgelegt. Die virtuelle Schweißung beschränkt sich beim Weld Planner auf die Einbringung der Prozesswärme an den jeweiligen Fügestellen und in der vom An- wender vorgegebenen Schweißreihenfolge. Sie gibt wesentliche Hinweise zur Opti- mierung der Schweißnahtlage und Reihenfolge. 37
  • 38. Abbildung 32: Laserschweißnähte (a) und MAG-Schweißnähte (b) der Baugruppe Abbildung 33: RPS-Spannpunkte der Messaufnahme 3.3.6 Sensitivität des Schweißverzugs hinsichtlich der aus der Fertigungshis- torie übertragenen Größen In der Sensitivitätsanalyse zum Schweißverzug wurde der Einfluss des Übertragens unterschiedlicher Ergebnisgrößen und des Einsatzes verschiedener Berechnungs- methoden zur Simulation des Tiefziehens verglichen. Neben der Simulation mit dem inkrementellen Berechnungsprogramm PAM-STAMP 2 G wurde der inverse Ein- schrittlöser (Onestep-Solver) FTI FormingSuite eingesetzt. Betrachtet wurden jeweils die drei Hauptbauteile, die entweder inkrementell oder invers simuliert wurden. Die Zusatzbauteile wurden für die Umformung jeweils nur invers berechnet. Dazu wurde 38
  • 39. zum Vergleich noch der Schweißverzug auf Basis der CAD-Daten ohne Fertigungs- historie einbezogen. Untersucht wurden die in Tabelle 3 aufgeführten Varianten. Variante Simulationtool Software Blechdicke plastische Dehnung Haupbauteile Nebenbauteile 0 WeldPlanner nur CAD nur CAD - - 1a WeldPlanner PAM-STAMP 2G nur CAD x - 1b WeldPlanner PAM-STAMP 2G nur CAD - x 1c WeldPlanner PAM-STAMP 2G nur CAD x x 2a WeldPlanner FTI FormingSuite nur CAD x - 2b WeldPlanner FTI FormingSuite nur CAD - x 2c WeldPlanner FTI FormingSuite nur CAD x x 3a WeldPlanner PAM-STAMP 2G FTI FormingSuite x x 3b WeldPlanner FTI FormingSuite FTI FormingSuite x x 4 WeldPlanner PAM-STAMP 2G nur CAD x x Neuvernetzung Tabelle 3: Varianten des Mappings der Herstellungshistorie aus der Umformung Im Folgenden werden wesentliche Ergebnisse beispielhaft aufgezeigt. Der Vergleich des Übertragens einzelner Ergebnisgrößen, wie dem Blechdickenverlauf und der plastischen Dehnung, ergab, dass die alleinige Übertragung der plastischen Deh- nungen nicht sinnvoll ist. Während die alleinige Übertragung der Blechdicke für eine gute Ergebnisübereinstimmung mit den Messungen hinreichend sein kann. Dieses Phänomen lässt sich mit dem dominanten Einfluss der Blechdicke auf die Steifigkeit des Zusammenbaus erklären. Die Beulsteifigkeit kann je nach Geometrie bis in die 2. oder 3. Potenz von der Blechdicke abhängig sein. Dies dokumentiert beispielhaft die Abbildung 34. 39
  • 40. Verschiebungen in y-Richtung Mit beiden Größen Nur Blechdicken Nur plastische Dehnung Abbildung 34: Übertragung unterschiedlicher Größen. Hauptbauteile und Zusatzbau- teile invers simuliert Eine Gegenüberstellung der untersuchten drei Hauptbauteile mit inkrementeller und inverser Simulation zeigt, dass für den betrachteten Fall der Verzug basierend auf der inversen Umformung etwas stärker ist, als der der inkrementellen Simulation (Abbildung 35). Dies ist damit zu erklären, dass die inverse Umformung, wie von Volkswagen berichtet, zum Teil geringere Umformgrade erzielt. Die Richtung und der Trend des Verzugs sind bei beiden Methoden identisch. Verschiebungen in y-Richtung Hauptbauteile inkrementell und Alle Bauteile invers simuliert Zusatzbauteile invers simuliert Abbildung 35: Schweißverzüge der inkrementellen und inversen Simulation der Um- formung im Vergleich 40
  • 41. Da der betrachtete Schweiß-Zusammenbau einem Serienstand entspricht, ist der auftretende Verzug sehr gering und damit eine Aussage über die Güte der Ergebnis- se nur eingeschränkt möglich. Auf der Grundlage der von Volkswagen durchgeführ- ten Vergleichsstudie zur Güte inverser Simulationen kann angenommen werden, dass die Resultate in der vorliegenden Form repräsentativ sind. So dass in der frü- hen Phase Onestep-Simulationen zur Planung der Schweißmethode mit ausreichen- der Genauigkeit eingesetzt werden können. Die Frage nach der Notwendigkeit der Berücksichtigung von Umformergebnissen für die richtige Vorhersage des Schweißverzugs wurde mit der Variante 0 (Tabelle 3) betrachtet. Eine Gegenüberstellung der Messergebnisse mit der Simulation des Schweißverzugs ohne Berücksichtigung der Fertigungshistorie ergab für diese Bau- gruppe abweichende Resultate hinsichtlich des Verzugs und der Verdrillungsrichtung (Abbildung 36). Beide Ergebnisgrößen des Schweißverzugs wurden demgegenüber von der Variante mit Übernahme der Blechdicken und plastischen Formänderungen für die betrachteten Bauteile dem Messergebnis vergleichbar dargestellt. Die Ver- messung der Schweißbaugruppe bei VW (Abbildung 72) ergab eine gute Übereins- timmung mit der Simulationsvariante mit Berücksichtigung der vollständigen Ferti- gungshistorie sowie nur der Blechdicke (siehe Kapitel 3.5.5.1, Abbildung 72 und Ab- bildung 73). Abbildung 36: Schweißverzug mit Basis CAD-Daten (links), Blechdicken (mitte) und Umformhistorie (rechts); Verschiebungen in Y-Richtung (normal zur Ansichtsrichtung) 41
  • 42. 3.3.7 Schweißverzugssimulation mit der Methode der Neuvernetzung Die Notwendigkeit der Untersuchung des Einflusses der Auffederung am Ende der Umformung verdeutlicht Abbildung 37. Die in Tabelle 3 aufgeführte Variante der Neuvernetzung wurde im Rahmen des VIPROF-Projektes entwickelt und exempla- risch untersucht. Basierend auf der aufgesprungenen Bauteilgeometrie (siehe Ab- schnitt 3.3.2) wurde ein neues Netz für die Schweißverzugssimulation erstellt und die Ergebnisse des entlasteten Bauteils aus der Umformung darauf übertragen. Aufgabenstellung: CAD-Bauteilgeometrie Übertragen der Umformergebnisse (Spannungen, plastische Dehnungen, Blechdickenverteilung) aus dem Umformen auf ein entsprechendes Modell für eine Fügesimulation thermisch oder mechanisch Werkzeugentwurf Route 1 Geometrisch passendes Mapping mit Eigenspannungen im Modell Route 1 Umformsimulation Route 2 Mappen des entlasteten Bauteils mit geometrischer Abweichung Route 2 Rückfederungsrechnung Simulation des Fügens Route 3 Mappen des entlasteten Bauteils auf ein Route 3 Neuvernetzung kongruentes, dediziertes Netz zum Fügen. Im Fügen ist ggf. ein Spannvorgang erfoderlich Abbildung 37: Mögliche Vorgehensweisen zum Übertragen der Herstellungshistorie in die nachfolgende Fügesimulation Der Unterschied der in Abbildung 38 dargestellten Ergebnisse für Route 1 und 2 ist relativ gering, was auf die im Projekt gewählte Vernachlässigung der Spannungs- tensoren beim Mapping zurückzuführen ist. Betrachtet man aber das deutlich abwei- chende Ergebnis der Methode der Neuvernetzung, bei der das Bauteil beim Fügen aufgrund der Lageabweichung gespannt werden muss, so ist der Verzug für dieses Bauteil aus der Baugruppe sogar geringer ausfallend. Daraus ergibt sich die Frage, wie sich das Verhalten anderer Baugruppen mit dieser erweiterten Betrachtungswei- se darstellt. Da dies im Projekt nicht weiter geklärt werden konnte, soll an dieser Stel- le die Fortführung der Untersuchung der vorgeschlagenen Methode der Neuver- netzung im Rahmen anderer Förderprogramme angeregt werden. 42
  • 43. Die darüber hinaus interessierende Fragestellung ist, ob die Route 1 bei zusätzlicher Berücksichtigung der Spannungstensoren eine hinreichende Lösung darstellen könn- te. Wäre so der Aufwand der Neuvernetzung vermeidbar? Nicht zuletzt ließe sich auch die Variante der direkten Projektion des Fügenetzes auf das aufgefederte Um- formnetz verbessern und damit eine einfachere Lösung schaffen. Min: 0,003 Min: 0,003 Min: 0,001 Max: 0,932 Max: 0,946 Max: 0,596 Route 1 Route 2 Route 3 Abbildung 38: Ergebnis der Neuvernetzung mittels Flächenrückführung Verformung [mm] in Normalenrichtung unter RPS Spannbedingungen 3.4 Simulation der Lacktrocknung in der Prozesskette (CADFEM) Als wichtige Voraussetzung und als Bestandteil der betrachteten Prozesskette kann das Trocknungsmodul des VirtualPaintShop® (VPS/DRY) von CADFEM genannt werden. Es hat sich bei Firmen wie AUDI und BMW im Bereich der lackiergerechten Konstruktion etabliert, um eine Simulation der Lacktrocknung von Autokarosserien in großen Trocknungsöfen durchzuführen. Zwischen den einzelnen Lackierschritten ist jeweils eine Trocknung des Lackes erforderlich, wobei die Bauteile aufgeheizt und anschließend über eine vorgegebene Zeitdauer auf einem bestimmten Temperatur- niveau gehalten werden. Mit VPS/DRY kann das Aushärten von Lacken auf Wasser- basis in diesem thermischen Trocknungsvorgang simuliert werden. Denn im Gegen- satz zu lösemittelbasierten Lacken, die selbst nachtrocknen, ist bei wasserbasierten Lacken eine Vernetzung nur durch Aufheizung möglich. Lackanteile, die beim Trock- nen nicht aushärten, können später nicht nachhärten. Falls im Trockner die Mindest- temperatur und -haltezeit unterschritten oder eine obere Grenztemperatur und -haltezeit überschritten werden, sind Qualitätsmängel zu erwarten. Mit VPS/DRY können kritische Stellen von Bauteilelackierungen ausgemacht sowie die Lackier- und Trocknungsvorgänge entsprechend vorausgeplant und optimiert werden. 43
  • 44. Im Projekt VIPROF wurde die Lacktrocknungssimulation in die Prozesskette mit auf- genommen, um den Einfluss vorgelagerter Fertigungsschritte auf das Verhalten der Karosserie im Trocknungsofen zu überprüfen. Auch der Einfluss von Effekten, die bei der Lacktrocknung auftreten, wie z. B. des Bake-Hardening-Effektes, auf das Crash- Verhalten waren von Interesse. 3.4.1 Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse CADFEM hat eine Sensitivitätsanalyse der Lacktrocknung durch eine begleitende Eigenwertanalyse vorgenommen, um die Sensitivität des Ofenprozesses bezüglich Einflüssen aus dem Umform- und dem Fügeprozess zu bewerten. Dicken, Spannun- gen und Dehnungen aus dem Umformen und Fügen wurden in verschiedenen Zu- sammenstellungen in der Trocknungssimulation VPS/DRY berücksichtigt. Für die VPS/DRY Simulation wurden gleichmäßig vernetzte Crash-Netze der VW AG ver- wendet. Vereinfachungen an den Karosseriemodellen zur Beschleunigung der Be- rechnungen in der Mechanik wurden durch Weglassen von Türen und Klappen sowie durch Betrachtung halber Modelle mit Symmetriebedingungen vorgenommen, wie in Abbildung 39 gezeigt. Die Berechnungsvarianten sollten Rückschlüsse erlauben, wie stark Spannungen und Dehnungen aus der Vorgeschichte das Berechnungsergebnis bei der Trocknung beeinflussen. Abbildung 39: Entkerntes Halbmodell für die begleitende Eigenwertanalyse Das Vorgehen zur Durchführung des mechanischen Verfahrens der begleitenden Eigenwertanalyse (engl. mode tracking) zur Erkennung von Beulgefahren ist in Ab- bildung 40 gezeigt. Die Analyse beruht darauf, dass sich unter der thermischen Last der Aufheizung und Abkühlung im Ofen der Spannungszustand von Blechen und Strukturen verändert, was einen Einfluss auf die Eigenfrequenzen der Bauteile hat. 44
  • 45. Temperatur- Mechanische Berech- Vorgespannte berechnung nung mit Temperatur- Modal- in VPS/DRY randbedingungen analyse „Mode Tracking“ Abbildung 40: Begleitende Eigenwertanalyse zum Erkennen einer Beulgefahr Eine Herleitung und Erläuterung dieses Sachverhaltes findet man der Literatur z. B. bei W. Rust, Nichtlineare Finite-Elemente-Berechnungen, Vieweg + Teubner Verlag, Abschnitt 3.2.3 Modalanalyse (Eigenfrequenzanalyse) und Stabilitätsprobleme sowie Abschnitt 3.4.4 Begleitende Eigenwertanalyse. Die folgenden Absätze enthalten An- lehnungen und Zitate aus dem genannten Buch. Ein Beispiel für den Einfluss des Spannungszustandes auf die Eigenfrequenz kennt man aus der Spannung einer Saite eines Musikinstrumentes. Durch Änderung der Spannung in der Saite wird das Instrument gestimmt. Bei Biege- oder Druckspan- nungen sinkt die Eigenfrequenz. Im Falle eines Stabilitätsproblems kann das System ausgelenkt werden, ohne dass es nach Wegnahme der Last – hier in Form der inho- mogen verteilten Temperaturdehnungen – in die vorherige Lage zurückkehrt. Eine Eigenfrequenz zu diesem Verformungsmuster wird zu Null. Werden Eigenwerte begleitend zur Last aufgetragen, erlaubt der Verlauf der Eigen- werte Rückschlüsse auf das Stabilitätsverhalten, wenn sich zwei Kurven eines Unter- suchten Bereiches kreuzen oder zu Null werden. Als begleitende Eigenwertanalyse ermittelt CADFEM die Veränderung der Eigenfre- quenzen unter der Temperaturlast im Trocknungsofen. Von besonderem Interesse sind sprunghafte Änderungen, da dann die Gefahr plastischer Verformungen durch Beulen der Struktur besteht. Solche sprunghaften Änderungen sind beispielhaft für eine Blechwanne in Abbildung 41 anhand eines Aufheizvorganges gezeigt. Im Pro- jekt wurde die Methodik der begleitenden Eigenwertanalyse verfeinert und automati- siert. 45
  • 46. Abbildung 41: Begleitende Eigenwertanalyse (rechts) bei einem stark zum Beulen neigenden Bauteil (nicht VW-Touran) Da die Steifigkeiten einer Struktur und die Wärmekapazität durch die Blechdicken- verteilung beeinflusst werden, hat CADFEM die Einflüsse des Umformens auf das Verhalten der Karosserie beim Trocknen nach der Lackierung untersucht. Aus One- step-Berechnungen bei Volkswagen wurden Blechdicken in die Lacktrock- nungssimulation VPS-DRY importiert. Der Transfer erfolgte exemplarisch auch über das vereinbarte Zwischenformat (M01) unter Verwendung des SCAIMappers. Aus den Untersuchungen an den Musterbauteilen des VW Touran ist festzuhalten, dass im Verlauf der Eigenwerte während des Trocknungsvorgangs zwar Unterschie- de zwischen konstanter und variabler Blechdicke ausgemacht werden konnten, wie in Abbildung 42 gezeigt, dass diese Unterschiede jedoch nicht signifikant waren. Damit sind in der B-Säule keine kritischen Bauteile enthalten, die zum Beulen führen könnten. Außerdem nimmt die Beulneigung durch Übertragung von Blechdickenver- teilungen aus der Umformsimulation nicht zu. Damit konnten bei den Untersuchun- gen am VW Touran keine Beulgefahren identifiziert werden, was daran liegt, dass es sich um ein ausgereiftes Serienfahrzeug handelt. Da die Berücksichtigung der Um- formhistorie aber rechentechnisch die Simulation weder vergrößert noch verlangsamt ist es ratsam die Dicken zu berücksichtigen. Bei Neukonstruktionen ist zu erwarten, dass mehr Beulneigungen bestehen. Die Biegesteifigkeit ist in der dritten Potenz ab- hängig von der Blechdicke. Damit kann bei festgestellter Beulneigung die Blechdicke als Modellfehler ausgeschlossen werden. 46
  • 47. Abbildung 42: Begleitende Eigenwertanalyse während der Trocknungssimulation der B-Säule unter Verwendung konstanter Blechdicken (links) und bei Übertragung der Blechdickenverteilung aus dem Umformen (rechts) Das unkritische Verhalten der B-Säule gegenüber Beulen zeigte sich auch auf einem virtuellen Teststand (siehe Abbildung 43), mit dem Sensitivitäten hinsichtlich der Übertragung von Ergebnissen aus vorgelagerten Prozesssimulationen aufgezeigt werden können. Anhand der unten fixierten und oben künstlich belasteten B-Säule können die Einflüsse von linearem vs. nichtlinearem Materialgesetz bzw. von kons- tanten vs. variablen Blechdicken aus der Umformsimulation untersucht werden. In- dem sehr hohe Belastungen bis in den Bereich der Plastizität aufgegeben werden, kann der Einfluss der Umformhistorie auf die begleitende Eigenwertanalyse gezeigt werden. Zunächst diente dies zur Verifikation der Vorgehensweise. Gleichzeitig zeigt es aber auch die Anwendbarkeit bei anderen Belastungen auf. 47
  • 48. Abbildung 43: Sensitivitätsanalyse der B-Säule im „virtuellen Teststand“. Ein Ang- riffspunkt ist gelagert, auf den anderen werden steigende Belastungen aufgebracht, bis sich Auswirkungen in der begleitenden Eigenwertanalyse zeigen. Die Ergebnisse einer zunehmenden Belastung der B-Säule im virtuellen Prüfstand zeigt Abbildung 44, wobei die Kurven für konstante bzw. variable Dicke nahe beiei- nander liegen. Dies zeigt einen gewissen, aber im vorliegenden Fall nicht gravieren- den Einfluss der Blechdicken auf die Eigenfrequenzen. Größere Veränderungen der Eigenfrequenzen würden auf Beulen oder Durchschlagen hindeuten. Diese Ergeb- nisse wurden für ein nichtlineares Materialgesetz erzielt, das die elastische und die plastische Fließgrenze beinhaltet. Durch diese Nichtlinearität kann eine Verfestigung aus der Umformsimulation bzw. eine Änderung der Fließgrenze berücksichtigt wer- den. 48
  • 49. Abbildung 44: Begleitende Eigenwertanalyse der B-Säule im virtuellen Prüfstand mit steigender Belastung (Dargestellt sind die Verläufe von Eigenfrequenzen über den Lastschritten, jeweils für ein Modell mit und ohne Berücksichtigung der Blechdicken- verteilung.) 3.4.2 Untersuchung von Einflüssen des Bake-Hardening-Effektes Die Ausprägung des Bake-Hardening-Effektes (Reckalterung) hat einen Einfluss auf die Crash-Eigenschaften der Karosserie. Wie stark dieser Effekt ausgeprägt ist wird vom Ofenprozess bei der Lacktrocknung mitbestimmt. Daher lag es nahe, in der Trocknungssimulation VPS/DRY die Festigkeitssteigerung im Trocknungsofen durch den Bake-Hardening-Effekt zu untersuchen. Bei dem mit Bake Hardening bezeichne- ten Effekt findet im Trockner bei Temperaturen über 170-180° im Metallgefüge eine C Kohlenstoffdiffusion an freie Gitterversatzstellen sehr viel schneller statt, als bei Raumtemperatur. Durch den Ofenprozess wird somit eine Festigkeitssteigerung er- zielt und die Fließgrenze ohne Gefügeumwandlung hinaufgesetzt. Diese Festigkeits- steigerung kann mit Hilfe von VPS/DRY bewertet werden. Der Bake-Hardening-Effekt kann dann aus der Trocknungssimulation VPS/DRY in das Crash-Modell übertragen werden. Aus Materialdatenblättern ist bekannt, dass z. B. für die Stahlsorte CPW800 der Bake-Hardening-Status erfüllt wird, wenn eine Haltezeit von 20 Minuten bei über 170° erreicht wird. Die Zugfestigkeit des Werkstof fes kann von einem Wert von C 800 MPa im Mittel um 70 MPa erhöht werden. Die Erhöhung ist abhängig von der 49
  • 50. Verweilzeit des Materials auf einem Temperaturniveau. Während sich in Simulatio- nen unterhalb dieses Temperaturniveaus keine so stark ausgeprägten inhomogenen Verteilungen der Haltezeit zeigten, änderte sich die ungleiche Verteilung für Tempe- raturen über 175° deutlich, wie aus Abbildung 45 a m Außenblech der B-Säule er- C kennbar. Abbildung 45: Darstellung der Haltezeit in Sekunden auf einem bestimmten Tempe- raturniveau zur Untersuchung der Einflüsse von Bake-Hardening Ferner zeigt Abbildung 45, dass sich gerade in den Punkten der Lasteinleitung bei den Scharnieren eine geringere Haltezeit auf den jeweils betrachteten Temperaturni- veaus einstellt. Dies ergibt sich aufgrund der Wärmekapazität der an diesen Stellen angebrachten, relativ massiven Scharniere. Ist die Verfestigung aufgrund des unvoll- ständig ausgeprägten Bake-Hardening-Effektes hier geringer, könnte sich dies also überproportional auf die Steifigkeit der gesamten Konstruktion auswirken. In Kooperation mit VW wurden für verschiedene Stähle Excel-Dateien mit Fließkur- ven für die Simulation hinterlegt. Abhängig von verschiedenen Bake-Hardening- Zuständen (0% bis 100%) ergeben sich unterschiedliche Spannungs-Dehnungs- Diagramme. Der Bake-Hardening-Status, der mit der Material-ID verknüpft wird, wur- de im LS-DYNA Format verfügbar gemacht. Ergebnisdateien können direkt aus VPS/DRY geschrieben werden. Eine knotenbasierte Datenablage wurde für die Temperaturen als Funktion der Zeit realisiert, da die Temperatur als Freiheitsgrad der 50
  • 51. Simulation an den Knoten ermittelt wurde und so kein Informationsverlust entsteht. Für die Haltezeiten sind die Ergebnisse elementbasiert abgelegt, weil die Umrech- nung der Haltezeit in einen Bake-Hardening-Status auf Elementebene erfolgte. Die Haltezeit muss nicht notwendigerweise abgelegt werden, da diese aus den Tempera- turergebnissen nur abgeleitet wird. 1100 Spannung (BH0) Spannung (BH1) 1050 Spannung (BH2) 1000 Spannung (BH3) Spannung (BH4) 950 Spannung (BH5) 900 Spannung (BH6) Spannung (BH7) 850 Spannung (BH8) 800 Spannung (BH9) Spannung (BH10) 750 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 Abbildung 46: Unterschiedliche Bake-Hardening-Zustände, die aus verschiedenen Haltezeiten und Temperaturniveaus resultieren Um den Einfluss im Rahmen des Projektes exemplarisch aufzuzeigen wurde die Ausprägung des Bake-Hardening-Effektes linear abhängig zur Haltezeit oberhalb eines definierten Temperaturniveaus angenommen. Weiterhin wurde die mittlere Ver- festigung aufgrund des Bake-Hardening proportional zur Ausprägung des Bake- Hardening-Effektes ansteigend angenommen. In 10 Stufen unterteilt ergeben sich unter diesen Annahmen Spannungs-Dehnungs-Kurven wie in Abbildung 46 gezeigt. BH0 Steht dabei für Material ohne Bake-Hardening-Effekt, BH10 für den voll ausge- prägten Effekt. 51
  • 52. Abbildung 47: Unterschiedliche Materialeigenschaften aufgrund verschiedener Tem- peraturniveaus im Trocknungsofen Abbildung 47 zeigt die Verteilung der unterschiedlichen Materialkennungen am Ver- stärkungsblech der B-Säule mit den Temperaturgrenzen 170, 175 und 180 ° als C Basis zur Ermittlung der Haltezeit. Dargestellt ist jeweils das Ausgangsnetz der VPS/DRY Simulation und ein verfeinertes Netz für spätere Anwendungen. In der Si- mulation wurden die unterschiedlichen Bake-Hardening-Bereiche durch verschiedene Materialkennungen abgebildet. Die Übergabe des Bake-Hardening-Status an die Crash-Simulation kann in Form einer virtuellen plastischen Vergleichsformänderung oder einer je nach Status zugewiesenen Spannungs-Dehnungs-Kurve erfolgen. Häu- fig wird es so sein, das VPS/DRY und die Crash-Simulation das gleiche Netz ver- wenden und so nur eine Übertragung der Ergebnisse erforderlich ist. Im Projekt VIP- ROF war es sinnvoll für spätere Detailuntersuchungen ein feineres Netz zu verwen- den. Da die Ausgangsbasis und Lage für das Netz aber identisch war, ist der Ergeb- nisübertrag auf die Neuvernetzung sogar innerhalb von VPS/DRY automatisiert mög- lich. M app ing M apping Map pin g Lacktrocknungs- Umformsimulation Fügesimulation Crashsimulation simulation Format_1 XM L Fo rm at_2 XM L Form at_3 XM L Forma t_4 XML-K onverter Abbildung 48: Ergebnisübertragung durch Mapping oder innerhalb eines XML- basierten Datenträgernetzes 52
  • 53. Die Ergebnisübertragung kann aber auch über einen XML-basierten Mapping- Prozess erfolgen, der momentan noch manuell gestützt wird. Vom Kooperations- partner TU Berlin wurde ein sog. XML-Konverter programmiert, der die Ausgabefor- mate der im VIPROF-Projekt eingesetzten Simulationsprogramme (vorzugsweise .M01-Format) einheitlich in das XML-Format überführen kann (siehe Abbildung 48). So können Bauteileigenschaften mit Berücksichtigung des Bake-Hardening auf das Zielnetz, z. B. für eine Crash-Simulation oder einen virtuellen 3-Punkt-Biegeversuch, übertragen werden. Der Bake-Hardening-Effekt kann in der Simulation durch Variati- on der Haltetemperatur in seiner Robustheit bewertet werden, um z. B. im Fall von Materialanhäufungen im Bereich von angeschweißten Scharnieren eine zu geringe Reckalterung zu vermeiden oder um herauszufinden, ob eine unvollständige Ausprä- gung des Bake-Hardening-Effektes bezüglich der Anforderungen aus der Crash- Simulation toleriert werden kann. Im VIPROF-Projekt wurden keine tensoriellen Größen aus vorgelagerten Prozessen in der mechanischen Analyse unter der Temperaturlast im Ofen berücksichtigt. Die für die Berücksichtigung der plastischen Vergleichsformänderung verwendete INIS- TATE-Funktion von ANSYS kann aber auch dazu verwendet werden. So kann wie in Abbildung 49 gezeigt der Spannungszustand aus einer Teillösung in eine weitere Teillösung übertragen werden. Richtig ist ein solches Vorgehen, falls keine geschlos- sene Lösung der beiden Lastschritte möglich oder gewollt ist und die Konfiguration nach dem ersten Lastschritt die Startkonfiguration des folgenden Lastschrittes ist. Abbildung 49: Mechanik-Simulation von Be- und Entlastung mit INISTATE 3.4.3 Zusammenfassung der Ergebnisse von CADFEM Im Teilvorhaben von CADFEM ist ein Verfahren entstanden, mit dem die Beulnei- gung von Baugruppen oder einzelnen Blechen unter Berücksichtigung der Umform- historie und im Zusammenhang mit der ganzen Karosserie identifiziert werden kann. Der Bedarf, den Ort einer Beulneigung belastbarer vorhersagen zu können, ist eine Motivation, das zugrunde liegende FE-Modell mit den Einflüssen aus der Herstellung zu verbessern. 53
  • 54. Zur Definition von Ampelkriterien für die Lacktrocknungssimulation innerhalb des Modul-Cockpits ist sowohl ein Erreichen der geforderten Prozesstemperaturen, als auch das Einhalten der Haltedauern für diese Temperaturen erforderlich. Alle direkt aus der Temperatur ableitbaren Kriterien können ähnlich, einfacher oder komplexer wie das sog. Einbrennfenster des jeweiligen Lackes (siehe Abbildung 50) bestimmt werden. Eine Klassifizierung in „Anforderungen erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ ist damit möglich. Die Methoden zur Automatisierung der begleitenden Eigenwertanalyse und damit die weitgehend automatisierte Identifikation der Beulneigung stellen dies auch für die Verformung der Karosserie im Trocknungsprozess in Aussicht. Abbildung 50: KTL-Einbrennfenster (beispielhaft für DuPont) Als Ergebnis der Sensitivitätsanalyse Umformen Lackieren ist festzuhalten, dass • ein gewisser Einfluss der Übertragung der Blechdicken aus dem Umformen auf den Verlauf der Eigenwerte besteht. Im Projekt konnte jedoch kein Einfluss auf die Beulanfälligkeit der untersuchten Bauteile nachgewiesen werden. • mit der Übertragung der plastischen Vergleichsdehnungen konnte an den unter- suchten Bauteilen keine Änderung des Verhaltens identifiziert werden, da die Be- lastung mit den inhomogen verteilten Temperaturdehnungen die Fließgrenze nicht erreicht hat. Für nachgelagerte Prozesse wurde die Bedeutung der Kopplung der Lackiersimu- lation an die Prozesskette anhand der Übertragung des inhomogen ausgeprägten Bake-Hardening-Effektes aus der Lacktrocknung gezeigt. Dieser Effekt hat einen Ein- fluss auf das Crash-Verhalten. Ein Export von inhomogenen Bake-Hardening- Verteilungen aus der Trocknungssimulation wurde erfolgreich durchgeführt. 54
  • 55. 3.5 Abgleich der Simulationsprozesskette an Praxisbeispielen (VW) Volkswagen hat in das Projekt die Anforderungen eines Automobilherstellers an das Simulationsdatenmanagement eingebracht und war an der Durchführung von Sensi- tivitätsanalysen und der Erarbeitung eines XML-basierten Datenaustauschformates2 beteiligt. 3.5.1 Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen Um die Kopplung von Daten und Prozessen vorzubereiten, wurde von Volkswagen ein Katalog gewerkespezifischer Eingangsgrößen aufgestellt. Dazu wurde eine Struk- tur erarbeitet, die eine Kategorisierung in Materialdaten, Geometriedaten und Pro- zessparameter vorsieht. Diese Struktur ist in Abbildung 51 gezeigt. Der Katalog wur- de prozessspezifisch aufgebaut und umfasst die für die einzelnen Simulationsstufen notwendigen Eingangsdaten. Tabelle 4 zeigt einen groben Auszug aus dem Katalog, der im Verlauf des Vorhabens detailliert wurde. Abbildung 51: Kategorisierung des Kataloges gewerkespezifischer Eingangsgrößen 2 Die Extensible Markup Language (Abk. XML; engl. für erweiterbare Auszeichnungssprache) erlaubt die Beschreibung beliebiger Daten. Sie stellt einen Standard zur Modellierung von strukturierten Daten in Form einer Baumstruktur dar, der vom World Wide Web Consortium (Abk. W3C) definiert wird. 55