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nen sie lernen, wie man Probleme lösen kann (z.B. die Vorteile der 
Morphemkonstanz nutzen, d.h. Strategien anwenden), in denen sie 
diese Fähigkeiten als Routinefähigkeiten ausbilden (Üben) und in 
denen sie über ihr eigenes Lernen reflektieren (Vorteile der Mor-phemkonstanz) 
18 
und dieses selber steuern lernen. 
Fähigkeiten/Wissen Beispiel: Prinzip der „Morphemkonstanz“ 
Deklaratives Wissen/ 
abfragbares Wissen 
Wissen, was Morphemkonstanz bedeutet, 
das Prinzip erklären können: 
Das Stammwort schreibt man immer gleich, 
die Schrift zeigt die Wortverwandtschaften 
(deutlicher als die gesprochene Sprache) 
Problemlösewissen/ 
wissen, wie man 
etwas lösen kann 
Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, 
wissen, wie Strategien (z.B. Ableiten und 
Verlängern) angewendet werden 
Prozedurales Wissen/ 
routiniertes Anwenden 
des Problemlösewissens 
selbst die o.g. Strategien routiniert – ohne 
intensives Nachdenken – anwenden 
Metakognitives Wissen die Vorteile von Rechtschreibprinzipien wie 
das der Morphemkonstanz reflektieren und 
bewusst für das effektive Lernen einsetzen 
Um Fähigkeiten und Wissen in diesem Sinn aufzubauen, muss der 
Unterricht Möglichkeiten des Wissenserwerbs, der Einsicht, der 
Reflexion, der Übung und der Anwendung bereitstellen. Auch die 
Dokumentation und Überprüfung der Leistungsentwicklung sollte 
diese Aspekte berücksichtigen (vgl. 5.) 
Das hier vorliegende Konzept öffnet diese Lernräume durch ge-meinsame 
Reflexionsphasen mit der Klasse in Form von Recht-schreibgesprächen 
und durch Phasen des individuell ausgerichte-ten 
Rechtschreibtrainings. Kurse, die sich im traditionellen Sinn zu 
einem Thema der Rechtschreibung über einen längeren Zeitraum 
erstrecken, werden nur zu ausgewählten Bereichen (v.a. den Ar-beitstechniken) 
angeboten. 
2.2 Rechtschreibgespräche – gemeinsame Reflexionsphasen 
Von Anfang an werden regelmäßig, etwa einmal wöchentlich, 
Rechtschreibgespräche mit der ganzen Klasse durchgeführt. Die 
Gespräche dauern oft nur einige Minuten und können gut am An-fang 
oder am Ende einer Stunde stehen. 
Für die Einführung von Rechtschreibgesprächen geht man am be-sten 
von aktuellen Wörtern aus dem Erfahrungsfeld der Kinder 
aus. Die Wörter (später werden es Sätze) werden von den Kindern 
selbst vorgeschlagen – eines pro Rechtschreibgespräch. Jedes 
Wort bietet die Möglichkeit, die Struktur der Schriftsprache immer 
mehr zu entdecken. 
Die Lehrerin schreibt das Wort normgerecht in Druckschrift an die 
Tafel oder an das Whiteboard. Immer ist das korrekt geschriebene 
Wort Ausgangspunkt der Reflexion. 
Kompetenzdimensionen
Folgende Fragen können das Rechtschreibgespräch leiten: 
– Was fällt dir an dem Wort auf? 
– An welcher Stelle könntest du beim Schreiben unsicher sein? 
19 
Warum? 
– Wie kannst du dir weiterhelfen? 
– Wie ist das Wort gebildet? 
– Bei welchen Wörtern könnte das gleiche Problem auftreten bzw. 
welche Wörter sind auch so gebildet? 
– Was fällt dir noch ein? 
Die Kinder entwickeln durch diese Gespräche ihr Rechtschreib-gespür. 
Sie lernen, Zweifel zu pflegen und als nützlich zu erken-nen. 
Sie entdecken wiederkehrende Strukturen und Prinzipien der 
Schriftsprache. Sie erkennen, dass die Rechtschreibung nicht im-mer 
logisch bestimmten Prinzipien folgt und Ausnahmen zur Regel 
gehören. Sie sind dabei höchst produktiv, denn ihr Gehirn greift 
ständig auf bekannte Muster und versucht, neue zu generalisieren. 
Sie lernen, Schreibweisen auf den Grund zu gehen und sich und 
anderen zu erklären. 
Dabei bilden sich deklaratives Wissen, problemlösende, prozedu-rale 
und metakognitive Fähigkeiten aus. 
Mitschrift aus einem Rechtschreibgespräch über das Wort „Sonnenstrahl“ 
Am Ende des Rechtschreibgesprächs kann der Auftrag stehen, das 
Wort nun noch einmal für sich selbst normgerecht aufzuschreiben. 
Viel wichtiger als das Schreiben des Wortes ist jedoch der Ertrag, 
der sich aus dem Gespräch ergibt und weit über das Schreiben 
des Einzelwortes hinausgeht. Das Rechtschreibgespräch steht für 
sich, jeder zieht daraus einen Ertrag an der Stelle, an der er gerade 
steht. Deshalb folgt auch keine gemeinsame Vertiefung in Form 
eines für alle gemeinsamen Arbeitsblattes. Wer mag, kann das 
Rechtschreibgespräch für die Hausaufgabe aufgreifen und die Kin-der 
bitten, entweder die Erkenntnis zu formulieren, die sie aus dem 
Gespräch gezogen haben oder Wörter zu sammeln, in denen die-selben 
Prinzipien gelten. Das wäre im abgebildeten Beispiel etwa 
das Sammeln von Komposita, von zusammengesetzten Nomen. 
Leitfragen für 
Rechtschreibgespräche 
Beispiel
Anregungen für die Wortschatzarbeit mit Kindern, die Deutsch 
nicht als Erstsprache sprechen, finden sich im Buchteil I (S. 46 - 
56, und S. 61 ff): 
2. Individuelle Lernwege für Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen......46 
36 
2.1 Sprachbewusstsein ausbilden..........................................................47 
a) Stolpersteine = Förderbereiche....................................................47 
b) Interferenzen – Beispiel Türkisch.................................................48 
c) Interlanguage...............................................................................48 
d) Sprachstrukturen – Übungen von Anfang an.................................49 
e) Freies, individuelles Schreiben als Grundlage für die 
Ausbildung von Sprachstrukturen – Beispiele...............................51 
2.2 Lernen in bedeutungsvollen Zusammenhängen................................53 
2.3 Mehrsprachigkeit als Ziel.................................................................54 
2.4 Eltern als Gegenüber wertschätzen und in das 
Schulleben integrieren......................................................................55 
3. Anbahnen eines individuellen Grundwortschatzes...................................56 
… 
3.5 Wortschatzarbeit mit Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache 
bzw. gering ausgeprägtem deutschen Wortschatz............................61 
3.2 Training an individuellen Fehlerschwerpunkten mit der Recht-schreibbox 
Das Üben einzelner Wörter muss ergänzt werden um ein Training, 
das die Strukturen der Schriftsprache und entsprechende Strate-gien 
in den Mittelpunkt rückt, so wie es auch in den gemeinsamen 
Rechtschreibgesprächen geschieht. Anders als bei den gemeinsa-men 
Nachdenkgesprächen geht es nun aber um das individuelle 
Training jener Bereiche, die den Einzelnen Schwierigkeiten berei-ten. 
Auch hier gilt wieder das Prinzip des ökonomischen Lernens: 
Geübt werden nur jene Bereiche, in denen der oder die Einzelne 
offensichtlich Mühe hat. Und diese Bereiche sind wiederum am 
deutlichsten in den eigenen Texten erkennbar. 
An Beispielen aus dem Unterricht wird gezeigt, wie man die eige-nen 
Texte für ein Training an individuellen Fehlerschwerpunkten 
nutzen kann. In dem Zusammenhang wird ein eigens dafür erstell-tes 
Übungsmaterial vorgestellt: die Rechtschreibbox – ein Mate-rial, 
das sowohl für die Grundschule24 als auch für die Sekundar-stufe25 
erhältlich ist. Dieses Material kann auch für gemeinsame 
Kurse oder Wiederholungskurse für Einzelne genutzt werden. Auch 
dazu einige Anregungen im Folgenden. 
a) Eigene Texte als Grundlage für die individuelle Zuweisung von 
Übungen 
Begutachten Sie die Andersschreibungen oder „Privatschrei-bungen“ 
26 („Fehler“) in einem (beliebigen) Text und wählen Sie ei-nen 
oder zwei Übungsschwerpunkte aus. Geben Sie grundlegen-den 
Fehlertypen den Vorrang. 
24 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Grundschule, 3 Teile, 3 Begleithefte. Dieck-Verlag 
Heinsberg, überarbeitete Fassung 2009/2012. 
25 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Sekundarstufe, 5 Teile, 1 Begleitheft. Dieck-Verlag 
Heinsberg 2008/2009. 
26 vgl. Spitta, Gudrun, Freies Schreiben – eigene Wege gehen, Libelle-Verlag 1998. 
Das Thema „Wortschatzlernen 
mit Kindern, die Deutsch nicht 
als Erstsprache lernen“ in 
Buchteil I (Klassen 1 und 2) 
Zuweisung von einzelnen 
Übungskarten aufgrund eines 
Textes
Allgemeine Grundregel für die Rangfolge bei der Auswahl von Übungen: 
„Laut – Wort – Satz“ 
Lautebene: Fehler bei der Zuordnung von Laut und Buchstabe sind 
37 
grundlegend und erhalten den Vorrang 
Wortebene: Fehlschreibungen, die sich durch Veränderungen des Wortes 
erklären lassen wie Ableiten, Verlängern (Bsp. Gepäck von 
packen) 
Satzebene: Unsicherheiten, die sich nur unter Beachtung des Kontextes 
erklären lassen (Bsp. Satzzeichen) 
Wählen Sie mit Hilfe der Gesamtübersicht über alle Rechtschreib-übungskarten 
die entsprechende/n Übung/-en aus und notieren Sie 
diese unter den Text. Der Schüler holt sich in einer dafür festgeleg-ten 
Zeit (z.B. in einer bestimmten Stunde in der Woche oder im Rah-men 
offen gestalteter Unterrichtsphasen oder in der „Schreibzeit“) 
die ausgewählte/n Karte/n aus der Rechtschreibbox, bearbeitet diese 
(meistens sowohl auf der Karte mit einem abwischbaren Stift als auch 
in einem dafür vorgesehenen Rechtschreibheft), kontrolliert seine Ar-beit 
selbstständig (Kartenrückseite), reinigt die Karte und stellt sie 
zurück in die Box, die für alle zugänglich im Klassenraum steht. 
Falls den Kindern 
das Einsortieren der 
Karten Probleme 
bereitet, können die 
Boxkarten in einer 
Kiste (z.B. in dem 
Deckel des Kastens) 
abgelegt werden. 
Ein „Box-Manager“ – 
jemand, der das Sy-stem 
der Karten-nummerierung 
sicher 
durchschaut – ordnet 
dann die Karten an 
die richtige Stelle ein. 
Kartenvorderseite 
Die Kartenrückseite ermöglicht 
die Selbstkontrolle. 
Rechtschreibbox im Klassenraum 
Beispiel 1 
Hinweis auf die Karte 38/1 aus der Rechtschreibbox (Wörter mit ck)
a) Eigene Texte als Basis für individuelles Wortschatztraining 
32 
W-Wörter 
(Wörter, bei denen 
das Kind Unsicher-heiten 
spürte) 
Textbeispiele zum 
Wortschatztraining: „W“
Bei dem Text „Fußball“ hat der Schreiber bereits während des 
Schreibens rechtschriftliche Unsicherheiten durch einen Punkt un-ter 
einem Wort (gegugt) festgehalten. Dieses Wort hat er nach dem 
Schreiben unter dem Text hinter „W“ geschrieben, um es später zu 
üben. „W“ steht für „Wörterlernkartei“ oder „Wörterklinik“ – eine 
Fünf-Fächer-Lernkartei, mit der jene Wörter, bei deren Schreibung 
ein Kind unsicher war, langfristig geübt werden (s.u.). 
Der Schreiber hätte an dieser Stelle auch alternative Schreibwei-sen 
für das Wort „gegugt“ erproben bzw. konstruieren oder die kor-rekte 
Schreibweise nachschlagen und aufschreiben können. 
In dem „Gespräch zwischen zwei Blumen“ hat die Schülerin eigen-ständig 
33 
Wörter für die Wörterklinik notiert. 
Die Abkürzung „W“ wird innerhalb der Einführung des Übungs-verfahrens 
mit einer Fünf-Fächer-Lernkartei thematisiert. Mit den 
Schülern wird die Vereinbarung getroffen, diese Abkürzung unter 
jeden Text zu setzen, den sie schreiben, um dahinter jene Wörter, 
bei denen sie Unsicherheiten spüren, festzuhalten. Teil der Verein-barung 
besteht darin, dass die Lehrerin Wörter ergänzen darf. Die 
Schüler wissen, dass sie diese Wörter in der Wörterlernkartei üben 
und langfristig sichern werden. 
Diese Arbeit kann auch mit einem Computerprogramm („Com-puter- 
Lernkartei“21) durchgeführt werden. Dann werden die Wörter 
von der Kindern in eine virtuelle Wörterlernkartei (s. Abbildung) 
eingegeben und in der folgenden Zeit regelmäßig geübt. 
Computer-Lernkartei im Klassenraum Wörterklinik 
Die Übung besteht im Kern darin, ein Wort „gut abzuschreiben“. 
Gutes Abschreiben bedeutet: 
– das Wort lesen 
– überlegen, an welcher Stelle man Schwierigkeiten beim Schrei-ben 
haben könnte 
– sich diese Stellen besonders gut merken, z.B. indem man das 
Wort mit der Merksprache liest und schwierige Stellen für sich 
selber so betont oder so deutlich artikuliert, dass man sich da-durch 
die Schreibweise für einen kleinen Moment merken kann 
– die Vorlage umdrehen oder verdecken 
– das Wort schreiben und gleichzeitig in der Merksprache mit-sprechen 
21 Die Software wurde gemäß der Arbeitsweise der „Wörterklinik“ entwickelt und ermöglicht das 
effiziente Training am eigenen Wortmaterial. Vgl. Kuschmierz, D./Schwarz, Chr., Individuelles 
Grundwortschatztraining mit der Computer-Lernkartei, Heinsberg 2002. 
Unsicherheiten während 
des Schreibens festhalten 
Abschreiben
Wer Rechtschreibarbeiten konzipieren möchte, kann sich an den fol-genden 
82 
Beispielen und den anschließend vorgestellten möglichen Auf-gabenformaten 
orientieren. Wer eigene Aufgaben entwickeln möchte, 
findet in der Übersicht über die verschiedenen Bereiche der Recht-schreibung 
(vgl. 1.2 auf S. 14) eine wichtige Orientierung. Zu sämtli-chen 
dort angegebenen Bereichen können Aufgaben erstellt werden. 
a) Beispiele für Rechtschreibarbeiten39 
In einer siebten Klasse wurde eine Rechtschreibarbeit in den Un-terrichtskontext 
„Geschichte und Kultur der Indianer“ integriert (s. 
Abb.). Die Klasse hatte das Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgen gele-sen 
und mit Hilfe einer begleitenden Meinungskarte („Ich finde gut, 
dass...“, „Ich wundere mich, dass...“ usw.) gearbeitet. Im Unterricht 
wurden Lernwörter zum Thema gesammelt und eine individuelle 
Auswahl davon in der Lernkartei geübt (s.o.). In den gemeinsamen 
Rechtschreibgesprächen wurden folgende Bereiche angesprochen: 
– Adjektive mit den Endungen -ig und -lich 
– Komma vor der Konjunktion „dass“ 
– Verdoppelung von s in der Konjunktion „dass“ 
Die Arbeit setzt sich aus folgenden Aufgaben zusammen: 
1.) Eigenständiges Erinnern und Schreiben von Lernwörtern 
2.) Abschreiben eines Informationstextes von der Rückseite 
3.) Eigener Text: Meinung zum Buch 
4.) a) Selbstkontrolle des abgeschriebenen und des eigenen 
Textes mit Hilfe der Text-Korrektur-Karte (TKK) 
b) Nachschlagen im Wörterbuch (vgl. 4.a) 
5.) Adjektive mit den Endungen -ig und -lich 
Folgende Rechtschreibteilkompetenzen werden überprüft: 
– Hat der Schüler erfolgreich mit der Wörterlernkartei gearbeitet? 
– Erinnert der Schüler die Lernwörter eigenständig? 
– Wählt der Schüler die Lernwörter aus, bei denen er sich sicher 
fühlt – verfügt er über orthographisches Problembewusstsein? 
– Kann er abschreiben? Wendet er die Abschreibschritte an? 
– Kann er einen eigenen Text in Sätze einteilen? 
– Schreibt er den Satzanfang groß, setzt er Satzschlusszeichen? 
– Kann er „dass“ im Zusammenhang korrekt schreiben, denkt er 
an das vorangehende Komma? 
– Kann er einen abgeschriebenen oder selbstverfassten Text ei-genständig 
korrigieren? 
– Spürt er Unsicherheiten? 
– Kann er das Wörterbuch effektiv benutzen? 
– Kann er Wörter analog schreiben? (Endsilben) 
Der Arbeit folgt eine ausführliche Nacharbeit, die in die Benotung 
eingeht. 
39 Vorlagen unter www.beate-lessmann.de 
Eigene Konzeption von 
Rechtschreibarbeiten 
Beispiel „Blauvogel“ 
(6./7. Schuljahr)
83 
Rechtschreibarbeit zu dem Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgens
b) Entwicklungsverläufe aus der Sicht der Lernenden 
Schüler und Schülerinnen können langfristig ihre Lernfortschritte in 
vorgegebenen Dokumentationsbögen festhalten (5.1c) 
Sie können ihre schriftlich vorliegenden Texte aber auch selbst auf 
ihre individuellen Fortschritte im Bereich Rechtschreiben untersu-chen 
104 
und nachweisen (s. Abb.). 
Durch diese Aufgabenstellung werden die verschiedenen Kompe-tenzdimensionen 
(vgl. 2.1) angesprochen: Der Schüler muss wis-sen, 
welche Rechtschreibbereiche es überhaupt gibt (deklaratives 
Wissen), er muss seine eigenen problemlösenden und prozedu-ralen 
Fähigkeiten diesbezüglich einschätzen. Und indem er dies 
macht, wendet er zugleich sein metakognitives Wissen an. 
„Zeige, was du gelernt hast!“ Beispiel aus Klasse 443 
43 aaO. S. 103.
6. Stichworte für die eigene Planung und für schulinter-ne 
105 
Vereinbarungen 
An dieser Stelle werden die wichtigsten Schritte für den Unterricht 
im Bereich Rechtschreiben zusammengefasst. In Teil A, Kapitel 9 
finden Sie entsprechende Stichworte für den Bereich Schreiben. 
Modifizieren und kombinieren Sie die Bausteine so, dass Sie zu 
Ihrem eigenen Konzept werden. 
Sämtliche Unterrichtsschritte können Sie in den Klassen 3 bis 6 
(und darüber hinaus) einsetzen. 
Ausgangspunkt für das Rechtschreiblernen sind die eigenen Texte 
der Schüler und Schülerinnen. Alternativ können auch Tests Grundla-ge 
der individuell zugeschnittenen Übungen sein. 
Die Reihenfolge kann beliebig verändert werden. Sie können über 
das individuelle Wortschatztraining einsteigen, Sie können aber 
auch mit der Zuweisung von Übungen aus der Rechtschreibbox 
oder mit den Arbeitstechniken beginnen. 
Für die Bausteine können Sie eine bestimmte Zeit in der Woche 
zur Verfügung stellen. Sie können die Bausteine in die Schreibzeit 
(s. Kap. 2.3 und Teilband II A, Kap. 1.2) integrieren, müssen diese 
dann aber zeitlich ausdehnen. 
Unsicherheiten beim Schreiben festhalten (s. 3.1 a und 3.4 a) 
– Schüler/-innen werden gebeten, Punkte oder Kreuze unter jene 
Wörter zu setzen, bei denen sie rechtschriftlich unsicher sind. 
– Nach Beendigung des Textes werden die Wörter hinter die Ab-kürzung 
„W“ geschrieben – dabei kann eine weitere Schreibva-riante 
erprobt werden. 
Nachschlagen im Wörterbuch (s. 3.2 c), 3.3) 
– Nachschlagen der Wörter, bei denen Unsicherheiten spürbar 
sind (W-Wörter), Notieren des korrekten Wortes hinter das 
noch nicht korrekt geschriebene Wort 
– Evtl. Stationsarbeit zum Nachschlagen im Wörterbuch (auch 
als Trainingsplan auf der Grundlage eines Diagnosetests und 
abschließender Kontrolle des Lernfortschritts durch den ent-sprechenden 
Kontrolltest) 
Eigenständige Text-Korrektur mit der TKK (s. 3.2 c), 3.3) 
– Falls die Schüler nur wenig Zweifel im Hinblick auf die Recht-schreibung 
hegen, kann die TKK (zunächst das Rückwärtskor-rigieren) 
eingeführt werden 
– Evtl. Stationsarbeit zur Arbeit mit der TKK (auch mit Diagnose-und 
Kontrolltests) 
Wortschatzarbeit (s. 3.1, 3.4) 
– Die W-Wörter sind Ausgangspunkt für den Aufbau der individu-ellen 
Wortschatzarbeit (Wörterklinik oder Computer-Lernkartei) 
– Evtl. Einführung des ABC-Heftes (im Falle der Verwendung der 
Wörterklinik) 
Bausteine 
Eigene Texte 
als Ausgangspunkt…

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Beate Leßmann: Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben - Leseprobe Teil II B: Klassen 3 bis 6: Rechtschreiben

  • 1. nen sie lernen, wie man Probleme lösen kann (z.B. die Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, d.h. Strategien anwenden), in denen sie diese Fähigkeiten als Routinefähigkeiten ausbilden (Üben) und in denen sie über ihr eigenes Lernen reflektieren (Vorteile der Mor-phemkonstanz) 18 und dieses selber steuern lernen. Fähigkeiten/Wissen Beispiel: Prinzip der „Morphemkonstanz“ Deklaratives Wissen/ abfragbares Wissen Wissen, was Morphemkonstanz bedeutet, das Prinzip erklären können: Das Stammwort schreibt man immer gleich, die Schrift zeigt die Wortverwandtschaften (deutlicher als die gesprochene Sprache) Problemlösewissen/ wissen, wie man etwas lösen kann Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, wissen, wie Strategien (z.B. Ableiten und Verlängern) angewendet werden Prozedurales Wissen/ routiniertes Anwenden des Problemlösewissens selbst die o.g. Strategien routiniert – ohne intensives Nachdenken – anwenden Metakognitives Wissen die Vorteile von Rechtschreibprinzipien wie das der Morphemkonstanz reflektieren und bewusst für das effektive Lernen einsetzen Um Fähigkeiten und Wissen in diesem Sinn aufzubauen, muss der Unterricht Möglichkeiten des Wissenserwerbs, der Einsicht, der Reflexion, der Übung und der Anwendung bereitstellen. Auch die Dokumentation und Überprüfung der Leistungsentwicklung sollte diese Aspekte berücksichtigen (vgl. 5.) Das hier vorliegende Konzept öffnet diese Lernräume durch ge-meinsame Reflexionsphasen mit der Klasse in Form von Recht-schreibgesprächen und durch Phasen des individuell ausgerichte-ten Rechtschreibtrainings. Kurse, die sich im traditionellen Sinn zu einem Thema der Rechtschreibung über einen längeren Zeitraum erstrecken, werden nur zu ausgewählten Bereichen (v.a. den Ar-beitstechniken) angeboten. 2.2 Rechtschreibgespräche – gemeinsame Reflexionsphasen Von Anfang an werden regelmäßig, etwa einmal wöchentlich, Rechtschreibgespräche mit der ganzen Klasse durchgeführt. Die Gespräche dauern oft nur einige Minuten und können gut am An-fang oder am Ende einer Stunde stehen. Für die Einführung von Rechtschreibgesprächen geht man am be-sten von aktuellen Wörtern aus dem Erfahrungsfeld der Kinder aus. Die Wörter (später werden es Sätze) werden von den Kindern selbst vorgeschlagen – eines pro Rechtschreibgespräch. Jedes Wort bietet die Möglichkeit, die Struktur der Schriftsprache immer mehr zu entdecken. Die Lehrerin schreibt das Wort normgerecht in Druckschrift an die Tafel oder an das Whiteboard. Immer ist das korrekt geschriebene Wort Ausgangspunkt der Reflexion. Kompetenzdimensionen
  • 2. Folgende Fragen können das Rechtschreibgespräch leiten: – Was fällt dir an dem Wort auf? – An welcher Stelle könntest du beim Schreiben unsicher sein? 19 Warum? – Wie kannst du dir weiterhelfen? – Wie ist das Wort gebildet? – Bei welchen Wörtern könnte das gleiche Problem auftreten bzw. welche Wörter sind auch so gebildet? – Was fällt dir noch ein? Die Kinder entwickeln durch diese Gespräche ihr Rechtschreib-gespür. Sie lernen, Zweifel zu pflegen und als nützlich zu erken-nen. Sie entdecken wiederkehrende Strukturen und Prinzipien der Schriftsprache. Sie erkennen, dass die Rechtschreibung nicht im-mer logisch bestimmten Prinzipien folgt und Ausnahmen zur Regel gehören. Sie sind dabei höchst produktiv, denn ihr Gehirn greift ständig auf bekannte Muster und versucht, neue zu generalisieren. Sie lernen, Schreibweisen auf den Grund zu gehen und sich und anderen zu erklären. Dabei bilden sich deklaratives Wissen, problemlösende, prozedu-rale und metakognitive Fähigkeiten aus. Mitschrift aus einem Rechtschreibgespräch über das Wort „Sonnenstrahl“ Am Ende des Rechtschreibgesprächs kann der Auftrag stehen, das Wort nun noch einmal für sich selbst normgerecht aufzuschreiben. Viel wichtiger als das Schreiben des Wortes ist jedoch der Ertrag, der sich aus dem Gespräch ergibt und weit über das Schreiben des Einzelwortes hinausgeht. Das Rechtschreibgespräch steht für sich, jeder zieht daraus einen Ertrag an der Stelle, an der er gerade steht. Deshalb folgt auch keine gemeinsame Vertiefung in Form eines für alle gemeinsamen Arbeitsblattes. Wer mag, kann das Rechtschreibgespräch für die Hausaufgabe aufgreifen und die Kin-der bitten, entweder die Erkenntnis zu formulieren, die sie aus dem Gespräch gezogen haben oder Wörter zu sammeln, in denen die-selben Prinzipien gelten. Das wäre im abgebildeten Beispiel etwa das Sammeln von Komposita, von zusammengesetzten Nomen. Leitfragen für Rechtschreibgespräche Beispiel
  • 3. Anregungen für die Wortschatzarbeit mit Kindern, die Deutsch nicht als Erstsprache sprechen, finden sich im Buchteil I (S. 46 - 56, und S. 61 ff): 2. Individuelle Lernwege für Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen......46 36 2.1 Sprachbewusstsein ausbilden..........................................................47 a) Stolpersteine = Förderbereiche....................................................47 b) Interferenzen – Beispiel Türkisch.................................................48 c) Interlanguage...............................................................................48 d) Sprachstrukturen – Übungen von Anfang an.................................49 e) Freies, individuelles Schreiben als Grundlage für die Ausbildung von Sprachstrukturen – Beispiele...............................51 2.2 Lernen in bedeutungsvollen Zusammenhängen................................53 2.3 Mehrsprachigkeit als Ziel.................................................................54 2.4 Eltern als Gegenüber wertschätzen und in das Schulleben integrieren......................................................................55 3. Anbahnen eines individuellen Grundwortschatzes...................................56 … 3.5 Wortschatzarbeit mit Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache bzw. gering ausgeprägtem deutschen Wortschatz............................61 3.2 Training an individuellen Fehlerschwerpunkten mit der Recht-schreibbox Das Üben einzelner Wörter muss ergänzt werden um ein Training, das die Strukturen der Schriftsprache und entsprechende Strate-gien in den Mittelpunkt rückt, so wie es auch in den gemeinsamen Rechtschreibgesprächen geschieht. Anders als bei den gemeinsa-men Nachdenkgesprächen geht es nun aber um das individuelle Training jener Bereiche, die den Einzelnen Schwierigkeiten berei-ten. Auch hier gilt wieder das Prinzip des ökonomischen Lernens: Geübt werden nur jene Bereiche, in denen der oder die Einzelne offensichtlich Mühe hat. Und diese Bereiche sind wiederum am deutlichsten in den eigenen Texten erkennbar. An Beispielen aus dem Unterricht wird gezeigt, wie man die eige-nen Texte für ein Training an individuellen Fehlerschwerpunkten nutzen kann. In dem Zusammenhang wird ein eigens dafür erstell-tes Übungsmaterial vorgestellt: die Rechtschreibbox – ein Mate-rial, das sowohl für die Grundschule24 als auch für die Sekundar-stufe25 erhältlich ist. Dieses Material kann auch für gemeinsame Kurse oder Wiederholungskurse für Einzelne genutzt werden. Auch dazu einige Anregungen im Folgenden. a) Eigene Texte als Grundlage für die individuelle Zuweisung von Übungen Begutachten Sie die Andersschreibungen oder „Privatschrei-bungen“ 26 („Fehler“) in einem (beliebigen) Text und wählen Sie ei-nen oder zwei Übungsschwerpunkte aus. Geben Sie grundlegen-den Fehlertypen den Vorrang. 24 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Grundschule, 3 Teile, 3 Begleithefte. Dieck-Verlag Heinsberg, überarbeitete Fassung 2009/2012. 25 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Sekundarstufe, 5 Teile, 1 Begleitheft. Dieck-Verlag Heinsberg 2008/2009. 26 vgl. Spitta, Gudrun, Freies Schreiben – eigene Wege gehen, Libelle-Verlag 1998. Das Thema „Wortschatzlernen mit Kindern, die Deutsch nicht als Erstsprache lernen“ in Buchteil I (Klassen 1 und 2) Zuweisung von einzelnen Übungskarten aufgrund eines Textes
  • 4. Allgemeine Grundregel für die Rangfolge bei der Auswahl von Übungen: „Laut – Wort – Satz“ Lautebene: Fehler bei der Zuordnung von Laut und Buchstabe sind 37 grundlegend und erhalten den Vorrang Wortebene: Fehlschreibungen, die sich durch Veränderungen des Wortes erklären lassen wie Ableiten, Verlängern (Bsp. Gepäck von packen) Satzebene: Unsicherheiten, die sich nur unter Beachtung des Kontextes erklären lassen (Bsp. Satzzeichen) Wählen Sie mit Hilfe der Gesamtübersicht über alle Rechtschreib-übungskarten die entsprechende/n Übung/-en aus und notieren Sie diese unter den Text. Der Schüler holt sich in einer dafür festgeleg-ten Zeit (z.B. in einer bestimmten Stunde in der Woche oder im Rah-men offen gestalteter Unterrichtsphasen oder in der „Schreibzeit“) die ausgewählte/n Karte/n aus der Rechtschreibbox, bearbeitet diese (meistens sowohl auf der Karte mit einem abwischbaren Stift als auch in einem dafür vorgesehenen Rechtschreibheft), kontrolliert seine Ar-beit selbstständig (Kartenrückseite), reinigt die Karte und stellt sie zurück in die Box, die für alle zugänglich im Klassenraum steht. Falls den Kindern das Einsortieren der Karten Probleme bereitet, können die Boxkarten in einer Kiste (z.B. in dem Deckel des Kastens) abgelegt werden. Ein „Box-Manager“ – jemand, der das Sy-stem der Karten-nummerierung sicher durchschaut – ordnet dann die Karten an die richtige Stelle ein. Kartenvorderseite Die Kartenrückseite ermöglicht die Selbstkontrolle. Rechtschreibbox im Klassenraum Beispiel 1 Hinweis auf die Karte 38/1 aus der Rechtschreibbox (Wörter mit ck)
  • 5. a) Eigene Texte als Basis für individuelles Wortschatztraining 32 W-Wörter (Wörter, bei denen das Kind Unsicher-heiten spürte) Textbeispiele zum Wortschatztraining: „W“
  • 6. Bei dem Text „Fußball“ hat der Schreiber bereits während des Schreibens rechtschriftliche Unsicherheiten durch einen Punkt un-ter einem Wort (gegugt) festgehalten. Dieses Wort hat er nach dem Schreiben unter dem Text hinter „W“ geschrieben, um es später zu üben. „W“ steht für „Wörterlernkartei“ oder „Wörterklinik“ – eine Fünf-Fächer-Lernkartei, mit der jene Wörter, bei deren Schreibung ein Kind unsicher war, langfristig geübt werden (s.u.). Der Schreiber hätte an dieser Stelle auch alternative Schreibwei-sen für das Wort „gegugt“ erproben bzw. konstruieren oder die kor-rekte Schreibweise nachschlagen und aufschreiben können. In dem „Gespräch zwischen zwei Blumen“ hat die Schülerin eigen-ständig 33 Wörter für die Wörterklinik notiert. Die Abkürzung „W“ wird innerhalb der Einführung des Übungs-verfahrens mit einer Fünf-Fächer-Lernkartei thematisiert. Mit den Schülern wird die Vereinbarung getroffen, diese Abkürzung unter jeden Text zu setzen, den sie schreiben, um dahinter jene Wörter, bei denen sie Unsicherheiten spüren, festzuhalten. Teil der Verein-barung besteht darin, dass die Lehrerin Wörter ergänzen darf. Die Schüler wissen, dass sie diese Wörter in der Wörterlernkartei üben und langfristig sichern werden. Diese Arbeit kann auch mit einem Computerprogramm („Com-puter- Lernkartei“21) durchgeführt werden. Dann werden die Wörter von der Kindern in eine virtuelle Wörterlernkartei (s. Abbildung) eingegeben und in der folgenden Zeit regelmäßig geübt. Computer-Lernkartei im Klassenraum Wörterklinik Die Übung besteht im Kern darin, ein Wort „gut abzuschreiben“. Gutes Abschreiben bedeutet: – das Wort lesen – überlegen, an welcher Stelle man Schwierigkeiten beim Schrei-ben haben könnte – sich diese Stellen besonders gut merken, z.B. indem man das Wort mit der Merksprache liest und schwierige Stellen für sich selber so betont oder so deutlich artikuliert, dass man sich da-durch die Schreibweise für einen kleinen Moment merken kann – die Vorlage umdrehen oder verdecken – das Wort schreiben und gleichzeitig in der Merksprache mit-sprechen 21 Die Software wurde gemäß der Arbeitsweise der „Wörterklinik“ entwickelt und ermöglicht das effiziente Training am eigenen Wortmaterial. Vgl. Kuschmierz, D./Schwarz, Chr., Individuelles Grundwortschatztraining mit der Computer-Lernkartei, Heinsberg 2002. Unsicherheiten während des Schreibens festhalten Abschreiben
  • 7. Wer Rechtschreibarbeiten konzipieren möchte, kann sich an den fol-genden 82 Beispielen und den anschließend vorgestellten möglichen Auf-gabenformaten orientieren. Wer eigene Aufgaben entwickeln möchte, findet in der Übersicht über die verschiedenen Bereiche der Recht-schreibung (vgl. 1.2 auf S. 14) eine wichtige Orientierung. Zu sämtli-chen dort angegebenen Bereichen können Aufgaben erstellt werden. a) Beispiele für Rechtschreibarbeiten39 In einer siebten Klasse wurde eine Rechtschreibarbeit in den Un-terrichtskontext „Geschichte und Kultur der Indianer“ integriert (s. Abb.). Die Klasse hatte das Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgen gele-sen und mit Hilfe einer begleitenden Meinungskarte („Ich finde gut, dass...“, „Ich wundere mich, dass...“ usw.) gearbeitet. Im Unterricht wurden Lernwörter zum Thema gesammelt und eine individuelle Auswahl davon in der Lernkartei geübt (s.o.). In den gemeinsamen Rechtschreibgesprächen wurden folgende Bereiche angesprochen: – Adjektive mit den Endungen -ig und -lich – Komma vor der Konjunktion „dass“ – Verdoppelung von s in der Konjunktion „dass“ Die Arbeit setzt sich aus folgenden Aufgaben zusammen: 1.) Eigenständiges Erinnern und Schreiben von Lernwörtern 2.) Abschreiben eines Informationstextes von der Rückseite 3.) Eigener Text: Meinung zum Buch 4.) a) Selbstkontrolle des abgeschriebenen und des eigenen Textes mit Hilfe der Text-Korrektur-Karte (TKK) b) Nachschlagen im Wörterbuch (vgl. 4.a) 5.) Adjektive mit den Endungen -ig und -lich Folgende Rechtschreibteilkompetenzen werden überprüft: – Hat der Schüler erfolgreich mit der Wörterlernkartei gearbeitet? – Erinnert der Schüler die Lernwörter eigenständig? – Wählt der Schüler die Lernwörter aus, bei denen er sich sicher fühlt – verfügt er über orthographisches Problembewusstsein? – Kann er abschreiben? Wendet er die Abschreibschritte an? – Kann er einen eigenen Text in Sätze einteilen? – Schreibt er den Satzanfang groß, setzt er Satzschlusszeichen? – Kann er „dass“ im Zusammenhang korrekt schreiben, denkt er an das vorangehende Komma? – Kann er einen abgeschriebenen oder selbstverfassten Text ei-genständig korrigieren? – Spürt er Unsicherheiten? – Kann er das Wörterbuch effektiv benutzen? – Kann er Wörter analog schreiben? (Endsilben) Der Arbeit folgt eine ausführliche Nacharbeit, die in die Benotung eingeht. 39 Vorlagen unter www.beate-lessmann.de Eigene Konzeption von Rechtschreibarbeiten Beispiel „Blauvogel“ (6./7. Schuljahr)
  • 8. 83 Rechtschreibarbeit zu dem Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgens
  • 9. b) Entwicklungsverläufe aus der Sicht der Lernenden Schüler und Schülerinnen können langfristig ihre Lernfortschritte in vorgegebenen Dokumentationsbögen festhalten (5.1c) Sie können ihre schriftlich vorliegenden Texte aber auch selbst auf ihre individuellen Fortschritte im Bereich Rechtschreiben untersu-chen 104 und nachweisen (s. Abb.). Durch diese Aufgabenstellung werden die verschiedenen Kompe-tenzdimensionen (vgl. 2.1) angesprochen: Der Schüler muss wis-sen, welche Rechtschreibbereiche es überhaupt gibt (deklaratives Wissen), er muss seine eigenen problemlösenden und prozedu-ralen Fähigkeiten diesbezüglich einschätzen. Und indem er dies macht, wendet er zugleich sein metakognitives Wissen an. „Zeige, was du gelernt hast!“ Beispiel aus Klasse 443 43 aaO. S. 103.
  • 10. 6. Stichworte für die eigene Planung und für schulinter-ne 105 Vereinbarungen An dieser Stelle werden die wichtigsten Schritte für den Unterricht im Bereich Rechtschreiben zusammengefasst. In Teil A, Kapitel 9 finden Sie entsprechende Stichworte für den Bereich Schreiben. Modifizieren und kombinieren Sie die Bausteine so, dass Sie zu Ihrem eigenen Konzept werden. Sämtliche Unterrichtsschritte können Sie in den Klassen 3 bis 6 (und darüber hinaus) einsetzen. Ausgangspunkt für das Rechtschreiblernen sind die eigenen Texte der Schüler und Schülerinnen. Alternativ können auch Tests Grundla-ge der individuell zugeschnittenen Übungen sein. Die Reihenfolge kann beliebig verändert werden. Sie können über das individuelle Wortschatztraining einsteigen, Sie können aber auch mit der Zuweisung von Übungen aus der Rechtschreibbox oder mit den Arbeitstechniken beginnen. Für die Bausteine können Sie eine bestimmte Zeit in der Woche zur Verfügung stellen. Sie können die Bausteine in die Schreibzeit (s. Kap. 2.3 und Teilband II A, Kap. 1.2) integrieren, müssen diese dann aber zeitlich ausdehnen. Unsicherheiten beim Schreiben festhalten (s. 3.1 a und 3.4 a) – Schüler/-innen werden gebeten, Punkte oder Kreuze unter jene Wörter zu setzen, bei denen sie rechtschriftlich unsicher sind. – Nach Beendigung des Textes werden die Wörter hinter die Ab-kürzung „W“ geschrieben – dabei kann eine weitere Schreibva-riante erprobt werden. Nachschlagen im Wörterbuch (s. 3.2 c), 3.3) – Nachschlagen der Wörter, bei denen Unsicherheiten spürbar sind (W-Wörter), Notieren des korrekten Wortes hinter das noch nicht korrekt geschriebene Wort – Evtl. Stationsarbeit zum Nachschlagen im Wörterbuch (auch als Trainingsplan auf der Grundlage eines Diagnosetests und abschließender Kontrolle des Lernfortschritts durch den ent-sprechenden Kontrolltest) Eigenständige Text-Korrektur mit der TKK (s. 3.2 c), 3.3) – Falls die Schüler nur wenig Zweifel im Hinblick auf die Recht-schreibung hegen, kann die TKK (zunächst das Rückwärtskor-rigieren) eingeführt werden – Evtl. Stationsarbeit zur Arbeit mit der TKK (auch mit Diagnose-und Kontrolltests) Wortschatzarbeit (s. 3.1, 3.4) – Die W-Wörter sind Ausgangspunkt für den Aufbau der individu-ellen Wortschatzarbeit (Wörterklinik oder Computer-Lernkartei) – Evtl. Einführung des ABC-Heftes (im Falle der Verwendung der Wörterklinik) Bausteine Eigene Texte als Ausgangspunkt…