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1/2012




                                                                              MAGAZIN
Erfolgsmodell Berufsbildung in Schule und Lehrbetrieb                                                                                                           Solide Berufsgrundlage


Kluge Köpfe, solides Handwerk                                                                                                                                   Das Schweizer Modell der Berufsbil-
                                                                                                                                                                dung ist einzigartig, nirgends wird
                                                                                                                                                                neben der schulischen Theorie soviel
Wer in der Schweiz eine Berufslehre macht, ist gut gerüstet für die Anforderungen                                                                               praktische Erfahrung beim Umsetzen
der Arbeitswelt von heute und von morgen. Ergänzend zur Theorie lernen Jugendliche                                                                              des Gelernten an der Arbeit im Betrieb
im Lehrbetrieb die Praxis ihres Berufes kennen. Ob sie sich nach der Lehre weiter-                                                                              geboten. Die Schweizer «Berufslehre»,
qualifizieren, den Weg an die Fachhochschule wählen oder eine Stelle annehmen: Ihre                                                                             so zeigen Studien der OECD und des
Kompetenz wird geschätzt. Dass die Berufsbildung in der Schweiz kluge Köpfe und                                                                                 zuständigen Bundesamtes, ist ein
solides Handwerk hervorbringt, liegt zu einem guten Teil am Engagement der Unter-                                                                               Erfolgsmodell. Nirgends in Europa
nehmen, die Lehrstellen anbieten.                                                                                                                               starten junge Leute mit einem derart
                                                                                                                                                                gut gefüllten Ausbildungs-Rucksack in
Die Zeiten, als Patron Ulrich Ziegler dem frisch ausge-         Eigenen Nachwuchs pflegen                                                                       die Berufswelt. Sie kennen die theo-
lernten Daniel Fierz den Auftrag «Lueg e chli was dr            «Der Arbeitsmarkt sagt, wo die Latte liegt und wir                                              retischen Grundlagen in ihren Berufen
Stift macht!» mit in die Werkhalle von Rollstar gab,            müssen die Leute dort hin bringen,» skizziert Martin                                            und sie können diese auch im Alltag
sind endgültig vorbei. Und dies nicht nur deshalb, weil         Baltisberger, Berufsbildner bei Müller Martini in                                               der Arbeitswelt umsetzen.
der Stift auch in einem gewerblich-industriellen Beruf          Zofingen das Ziel seiner Tätigkeit. Im «Lernpark» bei der




                                                                                                                                                                          Peter Lüscher, Geschäftsleiter AIHK


                                                                                                                                                                Gerade im Kanton Aargau, in dem
                                                                                                                                                                die Maschinenindustrie einen bedeu-
                                                                                                                                                                tenden Anteil hat, ist die sorgfältige
                                                                                                                        Bilder: Sebastian Utz, SU Productions



                                                                                                                                                                Ausbildung von jungen Menschen
                                                                                                                                                                in gewerblich-industriellen Berufen
                                                                                                                                                                entscheidend. Nur mit qualifiziertem
                                                                                                                                                                Personal, das die hochwertigen
                                                                                                                                                                Maschinen, Systeme und Prozesse
                                                                                                                                                                entwickeln, umsetzen und diese
                                                                                                                                                                sorgfältig betreuen kann, bestehen
                                                                                                                                                                die Aargauer Unternehmen auf dem
                                                                                                                                                                (Welt-)markt.


                                                                                                                                                                Die Berufsbildung, die Hand in Hand
«Wir sehen sie, wie sie hier als ‹Buebe› kommen und als junge Männer wieder gehen,» sagt Lukas Ziegler, der bei Rollstar                                        von Bund, Kanton und vor allem den
Konstrukteure ausbildet. (Im Bild David Käppeli, 1. Lehrjahr als Polymechaniker bei Orgapack am Einrichten der Drehbank.)                                       ausbildenden Unternehmen getragen
                                                                                                                                                                wird, ist ein Garant für Innovation und
heute eine junge Frau oder ein junger Mann sein kann            Herstellerin von Druckverarbeitungssystemen sind zur-                                           hohe Qualität «made im Aargau». Die
und «Lernender» oder «Lernende» heisst. Die Anforde-            zeit rund 50 Lernende mit folgenden Berufsprofilen in                                           solide Ausbildung in den Betrieben
rungen an die Lernenden und ihre Ausbildenden in den            Ausbildung: Automatiker, Elektroniker, Konstrukteure,                                           – sehr viele von ihnen Mitglieder der
Betrieben sind so massiv gestiegen, wie die Arbeitswelt         Polymechaniker. Darüber hinaus bietet die Firma auch                                            Aargauischen Industrie- und Handels-
insgesamt komplexer geworden ist.                               Ausbildungen für Logistiker und Informatiker sowie                                              kammer – öffnet den jungen Erwach-
                                                                Kaufleute an. Und alle zwei Jahre beginnt eine «Fach-                                           senen Türen: Auf dem Arbeitsmarkt
           «Wir sehen, dass sie gut                             person Betreuung» ihre Ausbildung in der firmeneige-                                            oder zu weiterführenden Ausbildungen
       vorbereitet sind von der Schule.»                        nen Kindertagesstätte. Damit sind rund 10 Prozent der                                           an den Fachhochschulen. Mit einer
                                                                Belegschaft von Müller Martini in Ausbildung.                                                   abgeschlossenen Berufslehre sind die
Die Verantwortlichen in den Betrieben sind nicht nur                                                                                                            jungen Frauen und Männer auf jeden
in ihrem Beruf hoch qualifiziert, sondern auch als              Dieses grosse Engagement in der Berufsbildung, trotz                                            Fall gut gerüstet für eine erfolgreiche
Ausbildner. Ihre Aufgabe ist es, junge Menschen beim            der Tätigkeit in einer äusserst kompetitiven Branche,                                           Zukunft im Berufsleben.
Einstieg in die Berufswelt zu begleiten. Sie in ihre beruf-     erklärt Baltisberger so: «Wir machen, was andere nicht so
lichen Aufgaben einzuführen und mit ihnen einen guten           gut können und das machen wir sehr gut.» Zum Beispiel                                           Peter Lüscher
Rucksack mit Theorie und Praxis zu packen.                      ausgesuchte, aber «matchentscheidende» mechanische                                              Geschäftsleiter AIHK
AIHK MAGAZIN                               AIHK Aargauische Industrie- und Handelskammer



                                           Teile. Das wissen Kunden weltweit – darunter die «New      ihrer Betriebskultur. Bereits im Lehrlingslager werden
                                           York Times» – zu schätzen. Die High-Tech-Spezialitäten     berufsübergreifende Fertigkeiten vermittelt. Wer sich
                                           in den Zofinger Druckverarbeitungssystemen optimal         in der Berufslehre behaupten will, muss das Gelernte
                                           aufeinander abzustimmen und die komplexen Maschi-          auch gut präsentieren können. Ausbilder Martin Baltis-
                                           nen und Systeme zu warten, verlangt ein Höchstmass         berger ist als Prüfungsexperte eng in die Arbeit auch
                                           an Qualitätsarbeit. Und gerade weil sie im rauen Klima
                                           der Druckbranche auf dem Weltmarkt tätig ist, braucht
                                           die Firma in Produktion und Service hoch qualifizierte
                                           Fachleute. «Unsere Anlagen zu verstehen und optimal
  «Der Arbeitsmarkt sagt,                  einzustellen, ist sehr komplex. Das stellt hohe intel-
    wo die Latte liegt.»                   lektuelle und interdisziplinäre Anforderungen», weiss
                                           Martin Baltisberger, der für die Grundausbildung der
                                           Elektroniker zuständig ist. Die Lernenden sind gerade
                                           umgezogen, näher zur Produktion. Die Elektroniker sind
                                           bereits eingerichtet und in ihre Projekte vertieft. Noah




                                                                                                      ... muss für die Herstellung in der Werkstatt taugen.
                                                                                                      (Bild: Marco Braun, 1. Lehrjahr Polymechaniker bei Rollstar)

                                                                                                      der Berufsschule eingebunden. Kommunikation wird
                                                                                                      gross geschrieben: «Me mues mitenand rede chöne»
                                                                                                      bei der Zusammenarbeit. Das gilt nicht nur an der
                                                                                                      Schnittstelle von Betrieb und Berufsschule, sondern
                                                                                                      genauso bei der Zusammenarbeit der Lernenden in
                                                                                                      den verschiedenen Berufen. Was am Computer ent-
                                                                                                      wickelt wird, soll umsetzbar sein und sich in der Praxis
                                                                                                      bewähren.


                                                                                                      Prototypen aus der Lehrwerkstatt
                                                                                                      Auch in Merenschwand, bei der Firma Orgapack, die
                                                                                                      Maschinen und Geräte für die Transportgutsicherung
                                                                                                      kleiner und grösserer Packgüter produziert, ist die
Die CAD-Zeichnung auf dem Bildschirm                                                                  Lehrwerkstatt nahe bei der Produktion. In den ersten
des Konstrukteur-Lernenden Thomas          Hütter erzählt: «Mir gefällt es, am Computer Probleme zu   beiden Lehrjahren der Grundausbildung arbeiten die
Leutwiler (3. Lehrjahr bei Rollstar) ...   lösen und selbständig Sachen entwickeln zu können. Es      Lernenden in ihrer «eigenen» Werkstatt. Betreut werden
                                           macht mich stolz, wenn ich dann etwas in die Hand neh-     sie von Berufsbildner André Käppeli. Zuerst machen sich
                                           men kann, das ich selber entwickelt und gemacht habe.»     die jungen Leute mit dem Umgang mit den Maschinen
                                                                                                      und Werkzeugen vertraut: «Drehen, Fräsen, Schleifen».
                                           In enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bezirks-           Im zweiten Schritt sollen die CNC-gesteuerten Maschinen
                                           schule wird das Interesse für begabten Nachwuchs           mit den passenden Werkzeugen eingerichtet werden.
                                           an den nicht nur intellektuell, sondern auch hand-         «Sie sollen die Maschine sicher einfahren können.» Da
                                           werklich anspruchsvollen Tätigkeiten
                                           geweckt. «Wir pflegen hier unseren
                                           eigenen Nachwuchs.» Müller Martini
                                           will nicht nur innovative Druckver-
Die Aargauische Industrie- und             arbeitungssysteme auf den Markt
Handelskammer, AIHK dankt Ihren            bringen, sondern auch genügend
Mitgliedfirmen Rollstar AG, Egliswil;      der hoch spezialisierten Serviceleute
Orgapack GmbH, Merenschwand und            für deren Wartung zur Verfügung
Müller Martini Druckverarbeitungs-         stellen können.
Systeme AG in Zofingen für ihr
Engagement in der Berufsausbildung         Die Pflege des eigenen Nach-
und für den Einblick, den sie dem          wuchses und die Wertschätzung
AIHK-Magazin in ihre Arbeit mit            für die jungen Leute nehmen die
den jungen Auszubildenden gewährt          Zofinger ernst: Am Eingang emp-      Für das exakte Verzahnungsfräsen dieser «Rollstar»-Spezialitäten an der
haben.                                     fängt eine Pinwand mit den Fotos     «Richardon»-Maschine ist Cédéric Lüthy, im 3. Lehrjahr verantwortlich.
                                           und Namen aller Lernenden die
                                           Besucher. Und zum Auftakt der Ausbildung bei Müller       heisst es üben, um Sicherheit und Routine zu gewinnen.
                                           Martini gehört in der ersten Woche des 1. Lehrjahres      Im dritten und vierten Lehrjahr sind die Lernenden
                                           ein Lehrlingslager. Das dient der Teambildung unter       dann in die Produktion eingebunden. Begehrt sind ihre
                                           den Lernenden und dem Kennenlernen der Firma und          Fertigkeiten auch bei der Umsetzung von Prototypen.
AIHK Aargauische Industrie- und Handelskammer                                       AIHK MAGAZIN



Wie komplex die Ausbildung – und schliesslich auch           Und Daniel Fierz, Berufsbildner der Polymechaniker
der Beruf der Polymechaniker – ist, illustriert André        schätzt die Motivation der Jugendlichen: «Die Lehre
Käppeli anhand einer «Individuellen Produktiv-Arbeit,        ist die erste eigene Entscheidung der jungen Leute. In
IPA». Da geht es nicht allein darum ein fertiges Werk-       die Schule musste man halt; aber
stück zu produzieren. Bei der IPA wird jeder Schritt         den Lehrberuf und den Betrieb,
des Produktionsablaufes dokumentiert. «Da heisst es          das haben sie selber gewählt.
zuerst einmal planen: Wie gehe ich vor? Wie muss das         Motivation und Interesse sind also
Material beschaffen sein? Welche Werkzeuge muss              gegeben.» Als frisch Ausgelernter
                                                             hatte er den Auftrag bekommen,
        «Die Lehre ist die erste eigene                      «dem Stift z’luege». Unterdessen
       Entscheidung der jungen Leute.»                       hat er sich als Berufsbildner weiter
                                                             qualifiziert, weil er diese Aufgabe
ich richten? Wie muss ich die Maschine einrichten? In        «gezielter, besser und organisierter»
welcher Reihenfolge müssen die Arbeitsgänge gemacht          wahrnehmen wollte.
werden, damit das Werkstück schliesslich der Zeichnung
entspricht.» Es verlangt einiges an Abstraktions- und        In der Werkstatt in der neu ange-
Vorstellungsvermögen, um aus einer am Computer               bauten Shedhalle sind die Lehrlinge
erstellten «Explosionszeichnung» ein Werkstück zum           mit den Ausgelernten an der
Anfassen und Gebrauchen herzustellen. Die Begeiste-          Arbeit. «Sie bekommen von Anfang
rung von André Käppeli von der Vielseitigkeit seiner         an angemessene Aufgaben in der
Aufgabe wirkt ansteckend. Die jungen Männer in der           Produktion.» Aufgaben also, die
Lehrwerkstatt von Orgapack arbeiten konzentriert und         sie bewältigen können, an denen
lassen sich von den Besuchern nicht stören. Auch beim        sie üben und wachsen. Sie sollen
Freitagsputz sind die Lernenden motiviert dabei.             nicht an Maschinen arbeiten, die
                                                             «nur für den Stift einmal in Monat
Von der ersten Zeichnung bis zur letzten Schraube            angeworfen werden». Cédéric Lüthy,
Lukas Ziegler, der bei der Getriebeherstellerin Rollstar     im 4. Ausbildungsjahr, ist an die-
in Egliswil Konstrukteure ausbildet, schätzt die Zusam-      sem Vormittag an einer teuren und                            Sascha Kümmerli, im 3. Lehrjahr bei
menarbeit mit den Jugendlichen: «Es ärgert mich manch-       hochkomplexen «Richardon»-Maschine beschäftigt. Er           Müller Martini bereitet sich akribisch
mal, wenn man über ‹die heutige Jugend› schimpft. Sie        ist am Verzahnungsfräsen. Souverän hat er die Maschine       auf die Schweizer Meisterschaften der
sind doch tip-top dabei!» Das Interesse für eine Ausbil-     eingerichtet und behält die Steuerungselemente und die       Automatiker-Lernenden vor.
dung bei Rollstar, die unter anderem Planetengetriebe        gefrästen Zahnräder im Auge: «Das ist schon eine Ver-
für die Tunnelbohrmaschinen der NEAT hergestellt und         antwortung, so eine wertvolle Maschine zu bedienen.»
geliefert hat, ist gross. Deshalb möchten die Verant-
wortlichen auch, dass sich die Jugendlichen bereits für      Was für die Fabrikation der Rollstar-Getriebe gilt,
die Schnupperlehre bewerben und ihr Interesse zeigen.        gilt auch für die Ausbildung: «Wir machen alles im
«Wir sehen, dass die Interessierten wirklich gut vorbe-      Haus: vom ersten Strich der Zeichnung bis zur letzten
reitet sind von der Schule: Die schicken dann richtige       Schraube des montierten Getriebes. Das ist alles real hier
                                                                               im Haus, um es laufend anschau-
                                                                               en zu können.» Damit sie sich mit
                                                                               den handwerklichen Anforderungen
                                                                               ver traut machen können, die sie mit           Selbständig planen,
                                                                               ihren Zeichnungen stellen, gehört          organisieren und umsetzen.
                                                                               das Praktikum in der Werkhalle zur
                                                                          Bilder: Sebastian Utz, SU Productions




                                                                               Ausbildung der Konstrukteure.
                                                                               Was sie am PC berechnen und vir-
                                                                               tuell in 3D darstellen, muss für die
                                                                               Kollegen in der Realität umsetzbar
                                                                               sein. Fierz und Ziegler legen grossen
                                                                               Wert auf «würklich schaffe».


                                                                                    Handwerkliche Sorgfalt
                                                                                    Darin sind sich die Ausbildner in
                                                                                    allen besuchten Unternehmen einig:
                                                                                    Auch wenn heute immer mehr theo-
Flink und exakt die komplexe Theorie von der Zeichnung in der handfesten Realität   retisches Wissen notwendig ist, das
aufbauen: Eine der Aufgaben für die Automatiker-Lernenden bei Müller Martini.       Können bleibt im Mittelpunkt. «Wir
                                                                                    wollen sorgfältiges Handwerk ver-
Bewerbungen − wie Erwachsene!» Mit den Erfahrungen              mitteln». Je «kopflastiger» Ausbildungen und Arbeits-
aus der Schnupperlehre könnten sie dann gut abschät-            welt gestaltet würden, desto grösser die Gefahr, dass
zen, ob die Jugendlichen in den Beruf, das Umfeld und           das handwerkliche Können auf der Strecke bleibe. Zur
die Betriebskultur passen. Mit einer guten Auswahl              handwerklichen Sorgfalt gehört auch der pflegliche
könne man viel dazu beitragen, «dass es dann auch               Umgang mit Maschinen, Werkzeugen, Ressourcen und
klappt mit der Ausbildung», ist Lukas Ziegler überzeugt.        den fertigen Produkten.
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                                        «Da staunen die Eltern manchmal, wenn sie ihren Sohn




                                                                                                                                                                Bilder: Sebastian Utz, SU Productions
                                        bei uns am Putzen sehen», scherzt Daniel Fierz. Aber
                                        zum sorgfältigen Umgang gehört neben der Wartung
                                        der Maschinen auch das gründliche Reinigen am Freitag
                                        vor dem Feierabend. Und, so steht es auf dem Plakat bei
                                        der Werkbank: «Jedes Ding an seinem Ort / Erspart viel
                                        Ärger und böse Wort!»


                                        Wettbewerbsfähig
                                        Mit ihrem Engagement in der Berufsbildung sorgen die
                                        Lehrbetriebe zum einen für ihren eigenen qualifizierten
                                        Nachwuchs. Auf den globalen Märkten ist das hand-
                                        werkliche Können bei der Produktion und im Service ein
                                        Gütesiegel. Wo «swiss made» draufsteht, steckt Können




                                                                                                          «Die Jungen sind tip-top motiviert.» Gino Meier am
                                                                                                          Freitags-Putz bei Orgapack.


                                                                                                          Sascha Kümmerli, im dritten Lehrjahr als Automatiker
                                                                                                          bei Müller Martini in Zofingen, bereitet sich mit seinem
                                                                                                          Kollegen Jannick Suter jetzt zuerst einmal auf die
                                                                                                          Schweizer Meisterschaft vor. Hochkonzentriert baut er
                                                                                                          seine Anlage auf. Schneller als sein Schatten zieht er sein
Vom «Oberstift» zum qualifizierten                                                                        Werkzeug aus dem Halfter an der Hüfte. Die Plastik-
Berufsausbildner: Daniel Fierz in der   und Sorgfalt drin. Zum anderen leisten die Lehrbetriebe           binder griffbereit unter ein Armband geschoben – bloss
AVOR der Rollstar.                      einen wichtigen Beitrag für den beruflichen Erfolg ihrer          keine Zeit verlieren! Und dabei noch exakt arbeiten.
                                        Lernenden. Lukas Ziegler formuliert es so: «Die Leute             Auch das will gelernt sein. (kk)
                                        sind gut vorbereitet, um sich auch in einem anderen
                                        Umfeld durchzusetzen». Bei Rollstar sind die Verantwort-
                                        lichen stolz darauf, dass sich ihre ehemaligen Lehrlinge             Engagierte Lehrbetriebe
                                        auf dem Arbeitsmarkt bewähren. Ob intern (heute sind                 Im Kanton Aargau haben 2011 nach Auskunft des
                                        100 Prozent des Rollstar-Kaders ehemalige Lehrlinge)                 Departements Bildung, Kultur und Sport 7020
                                        oder in anderen Betrieben: «Die Jungen sollen nach der               Betriebe Jugendliche ausgebildet. Dies zeigt
     Lehre ist auch Schule              Ausbildung hinaus gehen und die Welt kennenlernen»,                  die hohe Bereitschaft – auch der KMU – sich
         fürs Leben.                    skizziert CEO Ulrich Ziegler die Philosophie.                        für die fundierte Ausbildung des Nachwuchses
                                                                                                             einzusetzen.
                                        Dass diese Art der Ausbildung, eingebunden in die                    Im kantonalen Lehrstellennachweis (LENA) für
                                        Arbeitswelt im Lehrbetrieb taugt, zeigen Studien der                 das Jahr 2012 waren bis zum Redaktionsschluss
                                        OECD regelmässig. In der Schweiz ausgebildete Berufs-                Ende April rund 3450 Lehrstellen von Aargauer
                                        leute schneiden im Welt- und Europavergleich ausser-                 Lehr betrieben ausgeschrieben worden. Rund
                                        ordentlich gut ab. Und auch die Spitzenresultate der                 ein Drittel dieser Lehrstellen – auch solche in
                                        Schweizer Teilnehmenden an internationalen Berufs-                   begehrten Berufsgruppen wie Informatik, Wirt-
                                        wettbewerben sprechen für die Qualität der Schweizer                 schaft und Verwaltung sowie Gesundheit – war
                                        Berufsbildung. Regelmässig erreichen Schweizer Teams                 zu diesem Zeitpunkt noch nicht besetzt.
                                        Spitzenplätze, wenn es darum geht, Könnerschaft im
                                        Beruf zu beweisen.



Aargauische Industrie- und              Mehr als 1500 Unternehmen sind Mitglied der Aargauischen          Anliegen gegenüber Politik und Gesellschaft. Die AIHK
Handelskammer (AIHK)                    Industrie- und Handelskammer (AIHK). Viele von ihnen              bietet ihren Mitgliedern eine umfangreiche Palette von
Entfelderstrasse 11, 5001 Aarau         engagieren sich in der Ausbildung und Förderung des Nach-         Dienstleistungen: Die Expertinnen und Experten der AIHK-
Telefon +41 (0)62 837 18 18             wuchses. Sie bieten jungen Leuten Lehrstellen in verschie-        Geschäftsstelle beraten die Mitgliedfirmen konkret in
info@aihk.ch                            denen Berufen an, in denen sie sich auf ihre berufliche           Rechts-, Wirtschafts- und Exportfragen. Neben Beratung
                                        Zukunft in einer vielfältigen Welt fundiert vorbereiten können.   der Mitglieder gehören Information und Schulung zu
www.aihk.ch                             Die AIHK vernetzt KMU und Grossunternehmen aus                    allen Unternehmensfragen sowie die wirtschaftspolitische
www.ahv-aihk.ch                         Industrie, Handel und Dienstleistung und vertritt deren           Arbeit und die AIHK-Ausgleichskasse zum Angebot.

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Aihk Magazin Mai 2012

  • 1. 1/2012 MAGAZIN Erfolgsmodell Berufsbildung in Schule und Lehrbetrieb Solide Berufsgrundlage Kluge Köpfe, solides Handwerk Das Schweizer Modell der Berufsbil- dung ist einzigartig, nirgends wird neben der schulischen Theorie soviel Wer in der Schweiz eine Berufslehre macht, ist gut gerüstet für die Anforderungen praktische Erfahrung beim Umsetzen der Arbeitswelt von heute und von morgen. Ergänzend zur Theorie lernen Jugendliche des Gelernten an der Arbeit im Betrieb im Lehrbetrieb die Praxis ihres Berufes kennen. Ob sie sich nach der Lehre weiter- geboten. Die Schweizer «Berufslehre», qualifizieren, den Weg an die Fachhochschule wählen oder eine Stelle annehmen: Ihre so zeigen Studien der OECD und des Kompetenz wird geschätzt. Dass die Berufsbildung in der Schweiz kluge Köpfe und zuständigen Bundesamtes, ist ein solides Handwerk hervorbringt, liegt zu einem guten Teil am Engagement der Unter- Erfolgsmodell. Nirgends in Europa nehmen, die Lehrstellen anbieten. starten junge Leute mit einem derart gut gefüllten Ausbildungs-Rucksack in Die Zeiten, als Patron Ulrich Ziegler dem frisch ausge- Eigenen Nachwuchs pflegen die Berufswelt. Sie kennen die theo- lernten Daniel Fierz den Auftrag «Lueg e chli was dr «Der Arbeitsmarkt sagt, wo die Latte liegt und wir retischen Grundlagen in ihren Berufen Stift macht!» mit in die Werkhalle von Rollstar gab, müssen die Leute dort hin bringen,» skizziert Martin und sie können diese auch im Alltag sind endgültig vorbei. Und dies nicht nur deshalb, weil Baltisberger, Berufsbildner bei Müller Martini in der Arbeitswelt umsetzen. der Stift auch in einem gewerblich-industriellen Beruf Zofingen das Ziel seiner Tätigkeit. Im «Lernpark» bei der Peter Lüscher, Geschäftsleiter AIHK Gerade im Kanton Aargau, in dem die Maschinenindustrie einen bedeu- tenden Anteil hat, ist die sorgfältige Bilder: Sebastian Utz, SU Productions Ausbildung von jungen Menschen in gewerblich-industriellen Berufen entscheidend. Nur mit qualifiziertem Personal, das die hochwertigen Maschinen, Systeme und Prozesse entwickeln, umsetzen und diese sorgfältig betreuen kann, bestehen die Aargauer Unternehmen auf dem (Welt-)markt. Die Berufsbildung, die Hand in Hand «Wir sehen sie, wie sie hier als ‹Buebe› kommen und als junge Männer wieder gehen,» sagt Lukas Ziegler, der bei Rollstar von Bund, Kanton und vor allem den Konstrukteure ausbildet. (Im Bild David Käppeli, 1. Lehrjahr als Polymechaniker bei Orgapack am Einrichten der Drehbank.) ausbildenden Unternehmen getragen wird, ist ein Garant für Innovation und heute eine junge Frau oder ein junger Mann sein kann Herstellerin von Druckverarbeitungssystemen sind zur- hohe Qualität «made im Aargau». Die und «Lernender» oder «Lernende» heisst. Die Anforde- zeit rund 50 Lernende mit folgenden Berufsprofilen in solide Ausbildung in den Betrieben rungen an die Lernenden und ihre Ausbildenden in den Ausbildung: Automatiker, Elektroniker, Konstrukteure, – sehr viele von ihnen Mitglieder der Betrieben sind so massiv gestiegen, wie die Arbeitswelt Polymechaniker. Darüber hinaus bietet die Firma auch Aargauischen Industrie- und Handels- insgesamt komplexer geworden ist. Ausbildungen für Logistiker und Informatiker sowie kammer – öffnet den jungen Erwach- Kaufleute an. Und alle zwei Jahre beginnt eine «Fach- senen Türen: Auf dem Arbeitsmarkt «Wir sehen, dass sie gut person Betreuung» ihre Ausbildung in der firmeneige- oder zu weiterführenden Ausbildungen vorbereitet sind von der Schule.» nen Kindertagesstätte. Damit sind rund 10 Prozent der an den Fachhochschulen. Mit einer Belegschaft von Müller Martini in Ausbildung. abgeschlossenen Berufslehre sind die Die Verantwortlichen in den Betrieben sind nicht nur jungen Frauen und Männer auf jeden in ihrem Beruf hoch qualifiziert, sondern auch als Dieses grosse Engagement in der Berufsbildung, trotz Fall gut gerüstet für eine erfolgreiche Ausbildner. Ihre Aufgabe ist es, junge Menschen beim der Tätigkeit in einer äusserst kompetitiven Branche, Zukunft im Berufsleben. Einstieg in die Berufswelt zu begleiten. Sie in ihre beruf- erklärt Baltisberger so: «Wir machen, was andere nicht so lichen Aufgaben einzuführen und mit ihnen einen guten gut können und das machen wir sehr gut.» Zum Beispiel Peter Lüscher Rucksack mit Theorie und Praxis zu packen. ausgesuchte, aber «matchentscheidende» mechanische Geschäftsleiter AIHK
  • 2. AIHK MAGAZIN AIHK Aargauische Industrie- und Handelskammer Teile. Das wissen Kunden weltweit – darunter die «New ihrer Betriebskultur. Bereits im Lehrlingslager werden York Times» – zu schätzen. Die High-Tech-Spezialitäten berufsübergreifende Fertigkeiten vermittelt. Wer sich in den Zofinger Druckverarbeitungssystemen optimal in der Berufslehre behaupten will, muss das Gelernte aufeinander abzustimmen und die komplexen Maschi- auch gut präsentieren können. Ausbilder Martin Baltis- nen und Systeme zu warten, verlangt ein Höchstmass berger ist als Prüfungsexperte eng in die Arbeit auch an Qualitätsarbeit. Und gerade weil sie im rauen Klima der Druckbranche auf dem Weltmarkt tätig ist, braucht die Firma in Produktion und Service hoch qualifizierte Fachleute. «Unsere Anlagen zu verstehen und optimal «Der Arbeitsmarkt sagt, einzustellen, ist sehr komplex. Das stellt hohe intel- wo die Latte liegt.» lektuelle und interdisziplinäre Anforderungen», weiss Martin Baltisberger, der für die Grundausbildung der Elektroniker zuständig ist. Die Lernenden sind gerade umgezogen, näher zur Produktion. Die Elektroniker sind bereits eingerichtet und in ihre Projekte vertieft. Noah ... muss für die Herstellung in der Werkstatt taugen. (Bild: Marco Braun, 1. Lehrjahr Polymechaniker bei Rollstar) der Berufsschule eingebunden. Kommunikation wird gross geschrieben: «Me mues mitenand rede chöne» bei der Zusammenarbeit. Das gilt nicht nur an der Schnittstelle von Betrieb und Berufsschule, sondern genauso bei der Zusammenarbeit der Lernenden in den verschiedenen Berufen. Was am Computer ent- wickelt wird, soll umsetzbar sein und sich in der Praxis bewähren. Prototypen aus der Lehrwerkstatt Auch in Merenschwand, bei der Firma Orgapack, die Maschinen und Geräte für die Transportgutsicherung kleiner und grösserer Packgüter produziert, ist die Die CAD-Zeichnung auf dem Bildschirm Lehrwerkstatt nahe bei der Produktion. In den ersten des Konstrukteur-Lernenden Thomas Hütter erzählt: «Mir gefällt es, am Computer Probleme zu beiden Lehrjahren der Grundausbildung arbeiten die Leutwiler (3. Lehrjahr bei Rollstar) ... lösen und selbständig Sachen entwickeln zu können. Es Lernenden in ihrer «eigenen» Werkstatt. Betreut werden macht mich stolz, wenn ich dann etwas in die Hand neh- sie von Berufsbildner André Käppeli. Zuerst machen sich men kann, das ich selber entwickelt und gemacht habe.» die jungen Leute mit dem Umgang mit den Maschinen und Werkzeugen vertraut: «Drehen, Fräsen, Schleifen». In enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bezirks- Im zweiten Schritt sollen die CNC-gesteuerten Maschinen schule wird das Interesse für begabten Nachwuchs mit den passenden Werkzeugen eingerichtet werden. an den nicht nur intellektuell, sondern auch hand- «Sie sollen die Maschine sicher einfahren können.» Da werklich anspruchsvollen Tätigkeiten geweckt. «Wir pflegen hier unseren eigenen Nachwuchs.» Müller Martini will nicht nur innovative Druckver- Die Aargauische Industrie- und arbeitungssysteme auf den Markt Handelskammer, AIHK dankt Ihren bringen, sondern auch genügend Mitgliedfirmen Rollstar AG, Egliswil; der hoch spezialisierten Serviceleute Orgapack GmbH, Merenschwand und für deren Wartung zur Verfügung Müller Martini Druckverarbeitungs- stellen können. Systeme AG in Zofingen für ihr Engagement in der Berufsausbildung Die Pflege des eigenen Nach- und für den Einblick, den sie dem wuchses und die Wertschätzung AIHK-Magazin in ihre Arbeit mit für die jungen Leute nehmen die den jungen Auszubildenden gewährt Zofinger ernst: Am Eingang emp- Für das exakte Verzahnungsfräsen dieser «Rollstar»-Spezialitäten an der haben. fängt eine Pinwand mit den Fotos «Richardon»-Maschine ist Cédéric Lüthy, im 3. Lehrjahr verantwortlich. und Namen aller Lernenden die Besucher. Und zum Auftakt der Ausbildung bei Müller heisst es üben, um Sicherheit und Routine zu gewinnen. Martini gehört in der ersten Woche des 1. Lehrjahres Im dritten und vierten Lehrjahr sind die Lernenden ein Lehrlingslager. Das dient der Teambildung unter dann in die Produktion eingebunden. Begehrt sind ihre den Lernenden und dem Kennenlernen der Firma und Fertigkeiten auch bei der Umsetzung von Prototypen.
  • 3. AIHK Aargauische Industrie- und Handelskammer AIHK MAGAZIN Wie komplex die Ausbildung – und schliesslich auch Und Daniel Fierz, Berufsbildner der Polymechaniker der Beruf der Polymechaniker – ist, illustriert André schätzt die Motivation der Jugendlichen: «Die Lehre Käppeli anhand einer «Individuellen Produktiv-Arbeit, ist die erste eigene Entscheidung der jungen Leute. In IPA». Da geht es nicht allein darum ein fertiges Werk- die Schule musste man halt; aber stück zu produzieren. Bei der IPA wird jeder Schritt den Lehrberuf und den Betrieb, des Produktionsablaufes dokumentiert. «Da heisst es das haben sie selber gewählt. zuerst einmal planen: Wie gehe ich vor? Wie muss das Motivation und Interesse sind also Material beschaffen sein? Welche Werkzeuge muss gegeben.» Als frisch Ausgelernter hatte er den Auftrag bekommen, «Die Lehre ist die erste eigene «dem Stift z’luege». Unterdessen Entscheidung der jungen Leute.» hat er sich als Berufsbildner weiter qualifiziert, weil er diese Aufgabe ich richten? Wie muss ich die Maschine einrichten? In «gezielter, besser und organisierter» welcher Reihenfolge müssen die Arbeitsgänge gemacht wahrnehmen wollte. werden, damit das Werkstück schliesslich der Zeichnung entspricht.» Es verlangt einiges an Abstraktions- und In der Werkstatt in der neu ange- Vorstellungsvermögen, um aus einer am Computer bauten Shedhalle sind die Lehrlinge erstellten «Explosionszeichnung» ein Werkstück zum mit den Ausgelernten an der Anfassen und Gebrauchen herzustellen. Die Begeiste- Arbeit. «Sie bekommen von Anfang rung von André Käppeli von der Vielseitigkeit seiner an angemessene Aufgaben in der Aufgabe wirkt ansteckend. Die jungen Männer in der Produktion.» Aufgaben also, die Lehrwerkstatt von Orgapack arbeiten konzentriert und sie bewältigen können, an denen lassen sich von den Besuchern nicht stören. Auch beim sie üben und wachsen. Sie sollen Freitagsputz sind die Lernenden motiviert dabei. nicht an Maschinen arbeiten, die «nur für den Stift einmal in Monat Von der ersten Zeichnung bis zur letzten Schraube angeworfen werden». Cédéric Lüthy, Lukas Ziegler, der bei der Getriebeherstellerin Rollstar im 4. Ausbildungsjahr, ist an die- in Egliswil Konstrukteure ausbildet, schätzt die Zusam- sem Vormittag an einer teuren und Sascha Kümmerli, im 3. Lehrjahr bei menarbeit mit den Jugendlichen: «Es ärgert mich manch- hochkomplexen «Richardon»-Maschine beschäftigt. Er Müller Martini bereitet sich akribisch mal, wenn man über ‹die heutige Jugend› schimpft. Sie ist am Verzahnungsfräsen. Souverän hat er die Maschine auf die Schweizer Meisterschaften der sind doch tip-top dabei!» Das Interesse für eine Ausbil- eingerichtet und behält die Steuerungselemente und die Automatiker-Lernenden vor. dung bei Rollstar, die unter anderem Planetengetriebe gefrästen Zahnräder im Auge: «Das ist schon eine Ver- für die Tunnelbohrmaschinen der NEAT hergestellt und antwortung, so eine wertvolle Maschine zu bedienen.» geliefert hat, ist gross. Deshalb möchten die Verant- wortlichen auch, dass sich die Jugendlichen bereits für Was für die Fabrikation der Rollstar-Getriebe gilt, die Schnupperlehre bewerben und ihr Interesse zeigen. gilt auch für die Ausbildung: «Wir machen alles im «Wir sehen, dass die Interessierten wirklich gut vorbe- Haus: vom ersten Strich der Zeichnung bis zur letzten reitet sind von der Schule: Die schicken dann richtige Schraube des montierten Getriebes. Das ist alles real hier im Haus, um es laufend anschau- en zu können.» Damit sie sich mit den handwerklichen Anforderungen ver traut machen können, die sie mit Selbständig planen, ihren Zeichnungen stellen, gehört organisieren und umsetzen. das Praktikum in der Werkhalle zur Bilder: Sebastian Utz, SU Productions Ausbildung der Konstrukteure. Was sie am PC berechnen und vir- tuell in 3D darstellen, muss für die Kollegen in der Realität umsetzbar sein. Fierz und Ziegler legen grossen Wert auf «würklich schaffe». Handwerkliche Sorgfalt Darin sind sich die Ausbildner in allen besuchten Unternehmen einig: Auch wenn heute immer mehr theo- Flink und exakt die komplexe Theorie von der Zeichnung in der handfesten Realität retisches Wissen notwendig ist, das aufbauen: Eine der Aufgaben für die Automatiker-Lernenden bei Müller Martini. Können bleibt im Mittelpunkt. «Wir wollen sorgfältiges Handwerk ver- Bewerbungen − wie Erwachsene!» Mit den Erfahrungen mitteln». Je «kopflastiger» Ausbildungen und Arbeits- aus der Schnupperlehre könnten sie dann gut abschät- welt gestaltet würden, desto grösser die Gefahr, dass zen, ob die Jugendlichen in den Beruf, das Umfeld und das handwerkliche Können auf der Strecke bleibe. Zur die Betriebskultur passen. Mit einer guten Auswahl handwerklichen Sorgfalt gehört auch der pflegliche könne man viel dazu beitragen, «dass es dann auch Umgang mit Maschinen, Werkzeugen, Ressourcen und klappt mit der Ausbildung», ist Lukas Ziegler überzeugt. den fertigen Produkten.
  • 4. AIHK MAGAZIN AIHK Aargauische Industrie- und Handelskammer «Da staunen die Eltern manchmal, wenn sie ihren Sohn Bilder: Sebastian Utz, SU Productions bei uns am Putzen sehen», scherzt Daniel Fierz. Aber zum sorgfältigen Umgang gehört neben der Wartung der Maschinen auch das gründliche Reinigen am Freitag vor dem Feierabend. Und, so steht es auf dem Plakat bei der Werkbank: «Jedes Ding an seinem Ort / Erspart viel Ärger und böse Wort!» Wettbewerbsfähig Mit ihrem Engagement in der Berufsbildung sorgen die Lehrbetriebe zum einen für ihren eigenen qualifizierten Nachwuchs. Auf den globalen Märkten ist das hand- werkliche Können bei der Produktion und im Service ein Gütesiegel. Wo «swiss made» draufsteht, steckt Können «Die Jungen sind tip-top motiviert.» Gino Meier am Freitags-Putz bei Orgapack. Sascha Kümmerli, im dritten Lehrjahr als Automatiker bei Müller Martini in Zofingen, bereitet sich mit seinem Kollegen Jannick Suter jetzt zuerst einmal auf die Schweizer Meisterschaft vor. Hochkonzentriert baut er seine Anlage auf. Schneller als sein Schatten zieht er sein Vom «Oberstift» zum qualifizierten Werkzeug aus dem Halfter an der Hüfte. Die Plastik- Berufsausbildner: Daniel Fierz in der und Sorgfalt drin. Zum anderen leisten die Lehrbetriebe binder griffbereit unter ein Armband geschoben – bloss AVOR der Rollstar. einen wichtigen Beitrag für den beruflichen Erfolg ihrer keine Zeit verlieren! Und dabei noch exakt arbeiten. Lernenden. Lukas Ziegler formuliert es so: «Die Leute Auch das will gelernt sein. (kk) sind gut vorbereitet, um sich auch in einem anderen Umfeld durchzusetzen». Bei Rollstar sind die Verantwort- lichen stolz darauf, dass sich ihre ehemaligen Lehrlinge Engagierte Lehrbetriebe auf dem Arbeitsmarkt bewähren. Ob intern (heute sind Im Kanton Aargau haben 2011 nach Auskunft des 100 Prozent des Rollstar-Kaders ehemalige Lehrlinge) Departements Bildung, Kultur und Sport 7020 oder in anderen Betrieben: «Die Jungen sollen nach der Betriebe Jugendliche ausgebildet. Dies zeigt Lehre ist auch Schule Ausbildung hinaus gehen und die Welt kennenlernen», die hohe Bereitschaft – auch der KMU – sich fürs Leben. skizziert CEO Ulrich Ziegler die Philosophie. für die fundierte Ausbildung des Nachwuchses einzusetzen. Dass diese Art der Ausbildung, eingebunden in die Im kantonalen Lehrstellennachweis (LENA) für Arbeitswelt im Lehrbetrieb taugt, zeigen Studien der das Jahr 2012 waren bis zum Redaktionsschluss OECD regelmässig. In der Schweiz ausgebildete Berufs- Ende April rund 3450 Lehrstellen von Aargauer leute schneiden im Welt- und Europavergleich ausser- Lehr betrieben ausgeschrieben worden. Rund ordentlich gut ab. Und auch die Spitzenresultate der ein Drittel dieser Lehrstellen – auch solche in Schweizer Teilnehmenden an internationalen Berufs- begehrten Berufsgruppen wie Informatik, Wirt- wettbewerben sprechen für die Qualität der Schweizer schaft und Verwaltung sowie Gesundheit – war Berufsbildung. Regelmässig erreichen Schweizer Teams zu diesem Zeitpunkt noch nicht besetzt. Spitzenplätze, wenn es darum geht, Könnerschaft im Beruf zu beweisen. Aargauische Industrie- und Mehr als 1500 Unternehmen sind Mitglied der Aargauischen Anliegen gegenüber Politik und Gesellschaft. Die AIHK Handelskammer (AIHK) Industrie- und Handelskammer (AIHK). Viele von ihnen bietet ihren Mitgliedern eine umfangreiche Palette von Entfelderstrasse 11, 5001 Aarau engagieren sich in der Ausbildung und Förderung des Nach- Dienstleistungen: Die Expertinnen und Experten der AIHK- Telefon +41 (0)62 837 18 18 wuchses. Sie bieten jungen Leuten Lehrstellen in verschie- Geschäftsstelle beraten die Mitgliedfirmen konkret in info@aihk.ch denen Berufen an, in denen sie sich auf ihre berufliche Rechts-, Wirtschafts- und Exportfragen. Neben Beratung Zukunft in einer vielfältigen Welt fundiert vorbereiten können. der Mitglieder gehören Information und Schulung zu www.aihk.ch Die AIHK vernetzt KMU und Grossunternehmen aus allen Unternehmensfragen sowie die wirtschaftspolitische www.ahv-aihk.ch Industrie, Handel und Dienstleistung und vertritt deren Arbeit und die AIHK-Ausgleichskasse zum Angebot.