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© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz SE, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung HANDELSZEITUNG-2016-04-28-tui- bcd31d70c04640004248a57d0c522eba
19
Interview: Michael Heim
fotos: Rita Palanikumar
Im Januar verstarb Patron Hans Vontobel.
Plötzlich wurde viel über die Bedeutung
der Eigentümerfamilie gesprochen. Was
hat sich seither verändert?
Zeno Staub: Der Mensch Hans Vontobel
fehlt. Aber an der Art und Weise, wie Von­
tobel geführt wird und wie wir arbeiten,
hat sich nichts geändert. Die Familie hat
die gleiche Rolle wie zuvor: Sie ist eine ver­
lässliche Ankeraktionärin mit einer Stim­
menmehrheit. In der Öffentlichkeit wurde
etwas stets falsch verstanden: Hans Vonto­
bel hat in Fragen der Unternehmensfüh­
rung nie direkt Einfluss genommen. Er hat
das immer über die normalen Strukturen
wie den Stiftungsrat getan.
Aber er war stets präsent.
Ja, weil er jeden Tag in der Bank war. Ich
habe ihn alle zwei bis drei Wochen auf
­einen Kaffee getroffen. Dann diskutierten
wir auch mal etwas Kontroverses. Die Dis­
kussion endete aber immer damit, dass er
sagte: «Das müssen Sie jetzt entscheiden.»
Trinken Sie den Kaffee nun mit Maja
Baumann und Björn Wettergren, den
neuen Familienvertretern im
­Verwaltungsrat?
Nein, so etwas kann man nicht verglei­
chen. Die Gespräche mit Hans Vontobel
hatten eine besondere Qualität – alleine
durch seine Person und Erfahrung. Wie
damals in der Finanzkrise, als alle relativ
nervös waren. Da kam er und sagte bloss:
«Das ist meine achte Krise. Die letzten
­sieben gingen auch irgendwie vorbei. Ist
sonst noch was?»
Diese Gespräche fehlen Ihnen heute.
Ja. Jeder Mensch hinterlässt eine Lücke.
Das ist, wie wenn Ihr Grossvater stirbt. Er
fehltIhnen,Sievermissenihn.Abergleich­
wohl hat er Ihnen auch nie gesagt, welche
Zeitungsartikel Sie schreiben müssen.
Das Banking ist im Wandel. Mittlerweile
ist sogar die Bankiervereinigung gegen
einen verfassungsmässigen Schutz des
Bankgeheimnisses. Was ist Ihre Haltung?
Wir teilen die Position der Bankierverei­
nigung.
Und Ihre persönliche Meinung?
Generell wäre ich einfach froh, wenn die
ganzen Steuerthemen mit dem Ausland
irgendwann mal vom Tisch sind. Das sind
Themen von gestern. Das ist nicht mehr
Swiss Banking von heute.
Weshalb weigern sich die Banken,
bezüglich Schwarzgeld die gleiche
Verantwortung wahrzunehmen wie bei
Geldern aus krimineller Herkunft?
Es gibt da schon einen Unterschied. Ich
kann relativ einfach abschätzen, woher
Ihr Geld kommt. Ich kenne Ihren Beruf,
kenne Ihr wirtschaftliches Umfeld. Den
Steuerstatus zu verstehen ist viel kompli­
zierter. Da muss ich mich am Ende auf
Ihr Wort verlassen können. Es gibt viele
Länder auf dieser Welt, in denen es
schwierig ist, den Steuerstatus zu erken­
nen. Es ist vernünftig, dass wir mit Plau­
sibilitäten arbeiten. Eine absolute Si­
cherheit durchsetzen zu wollen ist
schwierig.
Sie haben in Deutschland im Fall Hoeness
vor kurzem eine Busse von 4,5 Millionen
Euro bezahlt. Wie hat Ihnen das gescha-
det? Wie viele Kunden haben Sie verloren?
Kein Unternehmen möchte diese öffentli­
che Aufmerksamkeit, aber es hatte keinen
Einfluss auf unsere Kundenbeziehungen,
zumal auch das Private Banking nicht in­
volviert war.
Haben Sie noch Schwarzgeldkunden aus
Deutschland?
Wir haben keine Kunden mehr mit unge­
klärtem Steuerstatus. Kunden, die nicht
deklarieren wollen, sind nicht mehr unse­
re Kunden.
Jetzt verhandeln Sie mit Deutschland
über einen Gesamtablass. Wo stehen
Sie da?
Ähnlich wie viele andere auch. Man
schätzt, dass 20 bis 30 Banken Gespräche
führen, auch Vontobel gehört dazu. Ge­
naueres kann ich dazu nicht sagen.
Wie gross ist die Gefahr, dass andere
Staaten diese Methoden von Deutschland
und den USA kopieren? Man spricht viel
über Frankreich.
Das kann ich schwer abschätzen. Für uns
ist aufgrund unserer Vergangenheit nur
Deutschland relevant. Italien, wo derzeit
eine Amnestie läuft, haben wir im Privat­
kundengeschäft nie vom Tessin aus bear­
beitet. Auch für Frankreich sind wir nicht
der beste Ansprechpartner. Wir haben erst
seit Mitte der 1990er-Jahre eine Niederlas­
sung in Genf.
Der Vontobel-Chef rechnet nach dem Abgang eines Starbankers mit Abflüssen im
Asset Management. Die Zukunft sieht er im digitalen Offshore-Banking.
«Zunächst eine Delle»
DAS GESPRÄCH Zeno Staub
| 28. April 2016
Märkte&Meinungen
INVEST
China findet aus Formtief
Die Angst am Aktienmarkt vor
der chinesischen Grippe hat
deutlich abgenommen. Seite 24
Management
Rache ist süss und teuer
Die spektakulärsten Fälle
von Mitarbeiterrache in
Unternehmen. Seite 30
Fortsetzung auf Seite 21
RitaPalanikumar
Der Banker
Name: Zeno Markus Staub
Funktion: CEO Bank Vontobel
Alter: 46
Familie: Verheiratet, zwei Töchter
Ausbildung: Studium Uni St. Gallen
mit Promotion in Ökonomie
Karriere:
1994 bis 2000: Gründer und
­Partner der Softwarefirma Almafin
2000: Geschäftsleitung
BZ Informatik
2001: Eintritt Bank Vontobel als
Stabschef des Finanzchefs
2003: Finanzchef Vontobel
2006: Leiter Investment Bank
2008: Leiter Asset Management
2011: Konzernchef Vontobel
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Das Gespräch | 21handelszeitung | Nr. 17 | 28. April 2016
In Amerika haben Sie sich in Gruppe drei
des Steuerprogramms eingeteilt. Sie sind
also der Meinung, dass bei Ihnen alles kor­
rekt lief. Wann bekommen Sie den Freibrief?
Wir warten darauf. Wir hatten – wie die
Gruppe-zwei-Banken – einen unabhängi-
gen Untersuchungsbeauftragten im Haus
und haben unsere Untersuchungen abge-
schlossen. Der Bericht liegt nun bei den
Behörden. Mehr kann ich nicht sagen.
Die «SonntagsZeitung» berichtet vom Fall
des Betrügers Chetan Kapur, der bei der
Bank Vontobel ein Konto hatte. Die Bank
verlangte demnach, dass eine zuerst ge­
meldete amerikanische Wohnsitzadresse
nicht auf dem Formular A des Kunden
auftauchte. Um sich den USA gegenüber
als unwissend ausweisen zu können?
Zu dem in der Zeitung beschriebenen Fall
können wir aufgrund der gesetzlichen Be-
stimmungen keine Angaben machen.
Aber Sie können davon ausgehen, dass
sich Vontobel gesetzes- und regeltreu ver-
hält. Wir brauchen solches Geschäft nicht
und wir wollen es nicht. Und wo es Altlas-
ten gibt, werden sie konsequent abgebaut.
In den vergangenen Jahren machte bei
Ihnen vor allem die Beziehung zur Raiff­
eisen-Gruppe zu reden. Dabei wurde im­
mer wieder über eine Übernahme von No­
tenstein spekuliert. Was war effektiv dran?
Gar nichts.
Sie hatten nie Interesse an der Bank?
Raiffeisen hat klar entschieden und kom-
muniziert, dass man das Private Banking
mit Notenstein LaRoche eigenständig auf-
baut. Da gibt es keinen Raum für Spekula-
tionen.
Sie scheinen sich wieder besser mit Raiff­
eisen zu verstehen. Letztes Jahr noch
­eskalierte der Streit um ihren
­Kooperationsvertrag.
Das ist jetzt Ihre Interpretation!
Fakt ist, dass Ihre Freundschaft stark litt.
Vontobel zog vor Gericht, Raiffeisen gab
die Beteiligung an Vontobel ab. Nun
scheint alles wieder in Ordnung. Sind Sie
wieder Freunde oder ist das eine
­vorübergehende Zweckpartnerschaft?
Das ist eine Kooperation zwischen zwei
Finanzinstituten, die seit 1994 läuft. Die
Expansion unter Ex-Raiffeisen-Chef Pie-
rin Vincenz hat gewisse Abgrenzungsfra-
gen ausgelöst, das ist so und das ist auch
ganz normal. Dies wurde wie im Vertrag
vorgesehen schiedsrichterlich geklärt. Wir
haben nun ausgewählte Bereiche wie den
Wertschriftenbereich definiert, in denen
wir über die Laufzeit des alten Koopera­
tionsvertrages hinaus zusammenarbeiten
wollen, weil es gut ist für die Kunden und
für beide Häuser.
Ihre Bank hat zuletzt zwei kleinere Akqui­
sitionen gemacht: Erst eine Mehrheit am
britischen Asset Manager TwentyFour,
dann die Übernahme der Finter Bank in
Lugano. Was haben Sie noch vor?
Zunächst war TwentyFour mit damals
rund 6,2 Milliarden Franken verwalteten
Vermögen keine kleine Transaktion. Aber
davon einmal abgesehen, liegt unsere
­Priorität auf organischem Wachstum und
einer langfristigen Entwicklung. So ver-
zichteten wir auch darauf, nach der Fran-
kenaufwertung irgendwelche Sparpro-
gramme zu lancieren. Wir haben aber das
Kapital, um akquisitorisch zu wachsen.
Und wir sind daran auch interessiert.
Ihre Kapitalquote ist durch die letzten
Übernahmen allerdings deutlich gefallen.
Ja. Aber mit einer Kernkapitalquote von
17,9 Prozent übertreffen wir die Gesamt-
kapitalanforderung von 12 Prozent noch
immer sehr deutlich – auch ganz ohne den
Einsatz von ergänzenden Kapitalformen,
die uns jederzeit zur Verfügung stehen
würden.
Wo wollen Sie zukaufen?
Im Private Banking suchen wir Skalen­
erträge. Wir wollen in der Schweiz zukau-
fen, um unsere Plattform effizienter be-
treiben zu können. Finter passte mit Blick
auf unsere Strategie bestens zu uns, wobei
es uns dabei auch um den Markteintritt
ins italienische Geschäft ging.
Und im Asset Management?
Da wollen wir weiter diversifizieren. Dank
dem Ausbau der verschiedenen Bouti-
quen liegen bereits heute nur noch rund
50 Prozent der Gelder in unserer Boutique
Quality Growth. Wir wollen die anderen
Einheiten noch weiter stärken. Und wir
halten die Augen auf nach dynamischen
Firmen wie TwentyFour, die alleine letztes
Jahr um 30 Prozent gewachsen ist.
Im März gaben Sie den Abgang von Rajiv
Jain bekannt, dem Chef von Quality
Growth. Er gilt als der Mann hinter dem
Erfolg im Asset Management. Wie viele
Kunden haben Sie deswegen verloren?
Es ist zu früh für eine Bilanz. Fakt ist, dass
manche institutionelle Kunden verpflich-
tet sind, ein Mandat zu kündigen, wenn
ein Fondsmanager geht. Das wird zu-
nächst zu einer Delle führen. In der Regel
können wir uns aber hier wieder um ein
neues Mandat bewerben. Andere Kunden
analysieren den Wechsel erst einmal und
beobachten die Entwicklung. Wichtig ist:
Anlageprozess und Team bleiben gleich.
Vontobel ist – gemessen an den Assets –
­zuletzt vor allem im Asset Management
gewachsen. Im Private Banking hingegen
hatten Sie deutlich mehr Mühe.
Wir sind auch im Wealth Management in
den letzten drei Jahren stärker gewachsen
als der Markt. Pro Jahr mit mehr als 5 Pro-
zent. Ich finde das respektabel, wenn man
die regulatorischen Veränderungen in der
Schweiz berücksichtigt.
Damit meinen Sie die Abflüsse aufgrund
der Schwarzgeld-Bereinigung.
Ja, und das betrifft die ganze Branche.
Man wächst zwar, verliert aber gleichzeitig
Kunden durch die Bereinigung. Allerdings
nicht mehr lange. 2016 wird das letzte Jahr
sein, in dem wir diesbezüglich materielle
Auswirkungen sehen.
Sie expandieren in Italien. Warum?
Wir sind seit 2002 mit dem Asset Manage-
ment präsent – und das recht erfolgreich.
Insgesamt sind die von uns verwalteten
Vermögen von 2013 bis 2015 um 55 Pro-
zent gestiegen. Jetzt, da Italien die steuer-
lichen Aspekte für Privatpersonen geklärt
hat, wollen wir auch das Private Banking
aufbauen. Man vergisst gerne, wie attrak-
tiv Norditalien ist. Es gibt viele vermögen-
de Italiener. Hinzu kommt, dass in Italien
derzeit grosse Vermögen vererbt werden,
die ab den 1960er-Jahren erwirtschaftet
wurden. Das sind Chancen für uns, denn
diese Kunden passen gut zu unserem
­Geschäftsmodell.
Finter war ihr Eintrittsticket?
Wir haben bislang schon aus Zürich italie-
nische Kunden betreut. Aber mit unserem
neuen Standort in Lugano sind wir näher
am Markt und haben jetzt eine kritische
Masse an italienischen Kunden. Ferner
helfen uns die Geschäftsbeziehungen zur
Industriellen-Familie Pesenti, welche die
Bank zuvor besass, und die in Italien sehr
bekannt ist. Carlo Pesenti als CEO von
­Italmobiliare ist jetzt Mitglied unseres
­Advisory Councils.
Sie setzen weiterhin auf die klassische Off­
shore-Struktur. Alle Geschäfte werden über
die Schweiz gebucht. Warum eigentlich?
Andere Banken folgen ihren Kunden in die
Heimatländer und gründen dort Ableger.
Die technischen Entwicklungen haben es
viel einfacher gemacht, das eigentliche
Bankgeschäft aus der Schweiz heraus zu
betreiben. Der Kunde in Asien hat über
unsere Apps jederzeit Zugriff auf seine Da-
ten, auf Analysen. Und er kann über die
eingebaute Chat-Funktion direkt mit uns
korrespondieren.
Offshore-Banking wird erst durch die
­Digitalisierung richtig möglich?
Ja, die Technologie gibt uns die Möglich-
keit, das alte Offshore-Modell in einer bes-
seren Form umzusetzen.
Bei vielen Privatbanken hört man noch
immer: Wir brauchen keine digitalen
­Produkte, der Kunde will die persönliche
Beratung. Liegen diese Banken falsch?
Die persönliche Beziehung ist wichtig,
und sie bleibt es auch. Sie finden nie eine
Maschine, die Verantwortung für den
Kunden übernimmt, die aktive Entscheide
trifft oder die Angebote für den Kunden
massschneidert.
Sind Sie so sicher, dass Maschinen nicht
schon bald aktiv Entscheide treffen?
Das kommt darauf an, wie Sie das definie-
ren. Noch funktionieren Maschinen nach
einfachen Regeln. Wir sind weit entfernt
von einem Punkt, an dem lernende Syste-
me eigenständig aktive, diskretionäre In-
vestment-Entscheide treffen.
Sie haben keine Angst vor den viel
­besprochenen Robo-Advisern?
Nein, von diesen haben wir gar keine
Angst. Unser Kunde, der zu uns wegen un-
seres individuellen aktiven Portfolioma-
nagements gekommen ist, will die persön-
liche Beratung.
Es wird viel über die digitale Währung
­Bitcoin gesprochen. Welche Bedeutung hat
diese für Sie?
Für die Banken wird weniger Bitcoin als
die zugrunde liegende Blockchain-Tech-
nologie ein Thema sein. Wir gehen davon
aus, dass diese auf die Abwicklung von
Bankgeschäften massive Auswirkungen
haben wird. Was schliessen wir daraus?
Geld wird künftig nicht mehr mit der
­Abwicklung von Geschäften verdient,
­sondern mit Beratung und Vermögensver-
waltung.
Und wann gibt es einen Vontobel-Fonds,
um in Bitcoin zu investieren?
Wir beobachten die Entwicklung genau.
Natürlich gibt es Kunden, welche die Aus-
weitung der Geldmengen durch die No-
tenbanken kritisch einschätzen. Die kau-
fen dann vielleicht Gold, um sich abzusi-
chern. Oder sie wollen ein halbes Prozent
ihres Vermögens in Bitcoin anlegen.
Auch bei Ihnen?
Bisher nicht.
Gibt es Pläne dazu?
Wir teilen nicht immer all unsere Pläne
mit der Öffentlichkeit.
Fortsetzung von Seite 19
«Zunächst eine ...»
Zeno Staub: «Kunden, die ihre Vermögen nicht deklarieren wollen, sind nicht mehr unsere Kunden.»
RitaPalanikumar
«In Italien werden
grosse Vermögen
vererbt, die ab
den 1960er-Jahren
erwirtschaftet
wurden.»
«Wir haben das
Kapital, um
akquisitorisch zu
wachsen. Und wir
sind daran auch
interessiert.»
RitaPalanikumar
Bank Vontobel
Handelsbank 1936 kauft der Zürcher
Bankier Jakob Vontobel die gut zehn
Jahre zuvor gegründete Börsenagen­
tur F. E. Haeberli & Cie. Die Bank wird
fortan als J. Vontobel & Co. geführt.
1984 wandelt sich das Familien­un­
ternehmen in eine Aktiengesellschaft
und geht kurz darauf an die Börse.
Bis heute hält die Familie jedoch die
Stimmenmehrheit. 2001 stoppt die
Bank in letzter Minute das Internet-
Projekt You. Es bleibt ein dreistelliger
Millionenabschreiber.
Asset Management Vontobel verwal­
tete Ende 2015 Kundenvermögen im
Umfang von 136 Milliarden Franken,
wovon rund 95 Milliarden im Bereich
Asset Management lagen. Die Bank
ist einer der wichtigsten Schweizer
Anbieter von Anlagefonds und struk­
turierten Produkten.
Zeno Staub im
Gespräch mit
«Handelszeitung»-
Redaktor Michael
Heim.
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  • 1. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz SE, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung HANDELSZEITUNG-2016-04-28-tui- bcd31d70c04640004248a57d0c522eba 19 Interview: Michael Heim fotos: Rita Palanikumar Im Januar verstarb Patron Hans Vontobel. Plötzlich wurde viel über die Bedeutung der Eigentümerfamilie gesprochen. Was hat sich seither verändert? Zeno Staub: Der Mensch Hans Vontobel fehlt. Aber an der Art und Weise, wie Von­ tobel geführt wird und wie wir arbeiten, hat sich nichts geändert. Die Familie hat die gleiche Rolle wie zuvor: Sie ist eine ver­ lässliche Ankeraktionärin mit einer Stim­ menmehrheit. In der Öffentlichkeit wurde etwas stets falsch verstanden: Hans Vonto­ bel hat in Fragen der Unternehmensfüh­ rung nie direkt Einfluss genommen. Er hat das immer über die normalen Strukturen wie den Stiftungsrat getan. Aber er war stets präsent. Ja, weil er jeden Tag in der Bank war. Ich habe ihn alle zwei bis drei Wochen auf ­einen Kaffee getroffen. Dann diskutierten wir auch mal etwas Kontroverses. Die Dis­ kussion endete aber immer damit, dass er sagte: «Das müssen Sie jetzt entscheiden.» Trinken Sie den Kaffee nun mit Maja Baumann und Björn Wettergren, den neuen Familienvertretern im ­Verwaltungsrat? Nein, so etwas kann man nicht verglei­ chen. Die Gespräche mit Hans Vontobel hatten eine besondere Qualität – alleine durch seine Person und Erfahrung. Wie damals in der Finanzkrise, als alle relativ nervös waren. Da kam er und sagte bloss: «Das ist meine achte Krise. Die letzten ­sieben gingen auch irgendwie vorbei. Ist sonst noch was?» Diese Gespräche fehlen Ihnen heute. Ja. Jeder Mensch hinterlässt eine Lücke. Das ist, wie wenn Ihr Grossvater stirbt. Er fehltIhnen,Sievermissenihn.Abergleich­ wohl hat er Ihnen auch nie gesagt, welche Zeitungsartikel Sie schreiben müssen. Das Banking ist im Wandel. Mittlerweile ist sogar die Bankiervereinigung gegen einen verfassungsmässigen Schutz des Bankgeheimnisses. Was ist Ihre Haltung? Wir teilen die Position der Bankierverei­ nigung. Und Ihre persönliche Meinung? Generell wäre ich einfach froh, wenn die ganzen Steuerthemen mit dem Ausland irgendwann mal vom Tisch sind. Das sind Themen von gestern. Das ist nicht mehr Swiss Banking von heute. Weshalb weigern sich die Banken, bezüglich Schwarzgeld die gleiche Verantwortung wahrzunehmen wie bei Geldern aus krimineller Herkunft? Es gibt da schon einen Unterschied. Ich kann relativ einfach abschätzen, woher Ihr Geld kommt. Ich kenne Ihren Beruf, kenne Ihr wirtschaftliches Umfeld. Den Steuerstatus zu verstehen ist viel kompli­ zierter. Da muss ich mich am Ende auf Ihr Wort verlassen können. Es gibt viele Länder auf dieser Welt, in denen es schwierig ist, den Steuerstatus zu erken­ nen. Es ist vernünftig, dass wir mit Plau­ sibilitäten arbeiten. Eine absolute Si­ cherheit durchsetzen zu wollen ist schwierig. Sie haben in Deutschland im Fall Hoeness vor kurzem eine Busse von 4,5 Millionen Euro bezahlt. Wie hat Ihnen das gescha- det? Wie viele Kunden haben Sie verloren? Kein Unternehmen möchte diese öffentli­ che Aufmerksamkeit, aber es hatte keinen Einfluss auf unsere Kundenbeziehungen, zumal auch das Private Banking nicht in­ volviert war. Haben Sie noch Schwarzgeldkunden aus Deutschland? Wir haben keine Kunden mehr mit unge­ klärtem Steuerstatus. Kunden, die nicht deklarieren wollen, sind nicht mehr unse­ re Kunden. Jetzt verhandeln Sie mit Deutschland über einen Gesamtablass. Wo stehen Sie da? Ähnlich wie viele andere auch. Man schätzt, dass 20 bis 30 Banken Gespräche führen, auch Vontobel gehört dazu. Ge­ naueres kann ich dazu nicht sagen. Wie gross ist die Gefahr, dass andere Staaten diese Methoden von Deutschland und den USA kopieren? Man spricht viel über Frankreich. Das kann ich schwer abschätzen. Für uns ist aufgrund unserer Vergangenheit nur Deutschland relevant. Italien, wo derzeit eine Amnestie läuft, haben wir im Privat­ kundengeschäft nie vom Tessin aus bear­ beitet. Auch für Frankreich sind wir nicht der beste Ansprechpartner. Wir haben erst seit Mitte der 1990er-Jahre eine Niederlas­ sung in Genf. Der Vontobel-Chef rechnet nach dem Abgang eines Starbankers mit Abflüssen im Asset Management. Die Zukunft sieht er im digitalen Offshore-Banking. «Zunächst eine Delle» DAS GESPRÄCH Zeno Staub | 28. April 2016 Märkte&Meinungen INVEST China findet aus Formtief Die Angst am Aktienmarkt vor der chinesischen Grippe hat deutlich abgenommen. Seite 24 Management Rache ist süss und teuer Die spektakulärsten Fälle von Mitarbeiterrache in Unternehmen. Seite 30 Fortsetzung auf Seite 21 RitaPalanikumar Der Banker Name: Zeno Markus Staub Funktion: CEO Bank Vontobel Alter: 46 Familie: Verheiratet, zwei Töchter Ausbildung: Studium Uni St. Gallen mit Promotion in Ökonomie Karriere: 1994 bis 2000: Gründer und ­Partner der Softwarefirma Almafin 2000: Geschäftsleitung BZ Informatik 2001: Eintritt Bank Vontobel als Stabschef des Finanzchefs 2003: Finanzchef Vontobel 2006: Leiter Investment Bank 2008: Leiter Asset Management 2011: Konzernchef Vontobel
  • 2. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz SE, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung HANDELSZEITUNG-2016-04-28-tui- bcd31d70c046400040022a500bb2d4de Das Gespräch | 21handelszeitung | Nr. 17 | 28. April 2016 In Amerika haben Sie sich in Gruppe drei des Steuerprogramms eingeteilt. Sie sind also der Meinung, dass bei Ihnen alles kor­ rekt lief. Wann bekommen Sie den Freibrief? Wir warten darauf. Wir hatten – wie die Gruppe-zwei-Banken – einen unabhängi- gen Untersuchungsbeauftragten im Haus und haben unsere Untersuchungen abge- schlossen. Der Bericht liegt nun bei den Behörden. Mehr kann ich nicht sagen. Die «SonntagsZeitung» berichtet vom Fall des Betrügers Chetan Kapur, der bei der Bank Vontobel ein Konto hatte. Die Bank verlangte demnach, dass eine zuerst ge­ meldete amerikanische Wohnsitzadresse nicht auf dem Formular A des Kunden auftauchte. Um sich den USA gegenüber als unwissend ausweisen zu können? Zu dem in der Zeitung beschriebenen Fall können wir aufgrund der gesetzlichen Be- stimmungen keine Angaben machen. Aber Sie können davon ausgehen, dass sich Vontobel gesetzes- und regeltreu ver- hält. Wir brauchen solches Geschäft nicht und wir wollen es nicht. Und wo es Altlas- ten gibt, werden sie konsequent abgebaut. In den vergangenen Jahren machte bei Ihnen vor allem die Beziehung zur Raiff­ eisen-Gruppe zu reden. Dabei wurde im­ mer wieder über eine Übernahme von No­ tenstein spekuliert. Was war effektiv dran? Gar nichts. Sie hatten nie Interesse an der Bank? Raiffeisen hat klar entschieden und kom- muniziert, dass man das Private Banking mit Notenstein LaRoche eigenständig auf- baut. Da gibt es keinen Raum für Spekula- tionen. Sie scheinen sich wieder besser mit Raiff­ eisen zu verstehen. Letztes Jahr noch ­eskalierte der Streit um ihren ­Kooperationsvertrag. Das ist jetzt Ihre Interpretation! Fakt ist, dass Ihre Freundschaft stark litt. Vontobel zog vor Gericht, Raiffeisen gab die Beteiligung an Vontobel ab. Nun scheint alles wieder in Ordnung. Sind Sie wieder Freunde oder ist das eine ­vorübergehende Zweckpartnerschaft? Das ist eine Kooperation zwischen zwei Finanzinstituten, die seit 1994 läuft. Die Expansion unter Ex-Raiffeisen-Chef Pie- rin Vincenz hat gewisse Abgrenzungsfra- gen ausgelöst, das ist so und das ist auch ganz normal. Dies wurde wie im Vertrag vorgesehen schiedsrichterlich geklärt. Wir haben nun ausgewählte Bereiche wie den Wertschriftenbereich definiert, in denen wir über die Laufzeit des alten Koopera­ tionsvertrages hinaus zusammenarbeiten wollen, weil es gut ist für die Kunden und für beide Häuser. Ihre Bank hat zuletzt zwei kleinere Akqui­ sitionen gemacht: Erst eine Mehrheit am britischen Asset Manager TwentyFour, dann die Übernahme der Finter Bank in Lugano. Was haben Sie noch vor? Zunächst war TwentyFour mit damals rund 6,2 Milliarden Franken verwalteten Vermögen keine kleine Transaktion. Aber davon einmal abgesehen, liegt unsere ­Priorität auf organischem Wachstum und einer langfristigen Entwicklung. So ver- zichteten wir auch darauf, nach der Fran- kenaufwertung irgendwelche Sparpro- gramme zu lancieren. Wir haben aber das Kapital, um akquisitorisch zu wachsen. Und wir sind daran auch interessiert. Ihre Kapitalquote ist durch die letzten Übernahmen allerdings deutlich gefallen. Ja. Aber mit einer Kernkapitalquote von 17,9 Prozent übertreffen wir die Gesamt- kapitalanforderung von 12 Prozent noch immer sehr deutlich – auch ganz ohne den Einsatz von ergänzenden Kapitalformen, die uns jederzeit zur Verfügung stehen würden. Wo wollen Sie zukaufen? Im Private Banking suchen wir Skalen­ erträge. Wir wollen in der Schweiz zukau- fen, um unsere Plattform effizienter be- treiben zu können. Finter passte mit Blick auf unsere Strategie bestens zu uns, wobei es uns dabei auch um den Markteintritt ins italienische Geschäft ging. Und im Asset Management? Da wollen wir weiter diversifizieren. Dank dem Ausbau der verschiedenen Bouti- quen liegen bereits heute nur noch rund 50 Prozent der Gelder in unserer Boutique Quality Growth. Wir wollen die anderen Einheiten noch weiter stärken. Und wir halten die Augen auf nach dynamischen Firmen wie TwentyFour, die alleine letztes Jahr um 30 Prozent gewachsen ist. Im März gaben Sie den Abgang von Rajiv Jain bekannt, dem Chef von Quality Growth. Er gilt als der Mann hinter dem Erfolg im Asset Management. Wie viele Kunden haben Sie deswegen verloren? Es ist zu früh für eine Bilanz. Fakt ist, dass manche institutionelle Kunden verpflich- tet sind, ein Mandat zu kündigen, wenn ein Fondsmanager geht. Das wird zu- nächst zu einer Delle führen. In der Regel können wir uns aber hier wieder um ein neues Mandat bewerben. Andere Kunden analysieren den Wechsel erst einmal und beobachten die Entwicklung. Wichtig ist: Anlageprozess und Team bleiben gleich. Vontobel ist – gemessen an den Assets – ­zuletzt vor allem im Asset Management gewachsen. Im Private Banking hingegen hatten Sie deutlich mehr Mühe. Wir sind auch im Wealth Management in den letzten drei Jahren stärker gewachsen als der Markt. Pro Jahr mit mehr als 5 Pro- zent. Ich finde das respektabel, wenn man die regulatorischen Veränderungen in der Schweiz berücksichtigt. Damit meinen Sie die Abflüsse aufgrund der Schwarzgeld-Bereinigung. Ja, und das betrifft die ganze Branche. Man wächst zwar, verliert aber gleichzeitig Kunden durch die Bereinigung. Allerdings nicht mehr lange. 2016 wird das letzte Jahr sein, in dem wir diesbezüglich materielle Auswirkungen sehen. Sie expandieren in Italien. Warum? Wir sind seit 2002 mit dem Asset Manage- ment präsent – und das recht erfolgreich. Insgesamt sind die von uns verwalteten Vermögen von 2013 bis 2015 um 55 Pro- zent gestiegen. Jetzt, da Italien die steuer- lichen Aspekte für Privatpersonen geklärt hat, wollen wir auch das Private Banking aufbauen. Man vergisst gerne, wie attrak- tiv Norditalien ist. Es gibt viele vermögen- de Italiener. Hinzu kommt, dass in Italien derzeit grosse Vermögen vererbt werden, die ab den 1960er-Jahren erwirtschaftet wurden. Das sind Chancen für uns, denn diese Kunden passen gut zu unserem ­Geschäftsmodell. Finter war ihr Eintrittsticket? Wir haben bislang schon aus Zürich italie- nische Kunden betreut. Aber mit unserem neuen Standort in Lugano sind wir näher am Markt und haben jetzt eine kritische Masse an italienischen Kunden. Ferner helfen uns die Geschäftsbeziehungen zur Industriellen-Familie Pesenti, welche die Bank zuvor besass, und die in Italien sehr bekannt ist. Carlo Pesenti als CEO von ­Italmobiliare ist jetzt Mitglied unseres ­Advisory Councils. Sie setzen weiterhin auf die klassische Off­ shore-Struktur. Alle Geschäfte werden über die Schweiz gebucht. Warum eigentlich? Andere Banken folgen ihren Kunden in die Heimatländer und gründen dort Ableger. Die technischen Entwicklungen haben es viel einfacher gemacht, das eigentliche Bankgeschäft aus der Schweiz heraus zu betreiben. Der Kunde in Asien hat über unsere Apps jederzeit Zugriff auf seine Da- ten, auf Analysen. Und er kann über die eingebaute Chat-Funktion direkt mit uns korrespondieren. Offshore-Banking wird erst durch die ­Digitalisierung richtig möglich? Ja, die Technologie gibt uns die Möglich- keit, das alte Offshore-Modell in einer bes- seren Form umzusetzen. Bei vielen Privatbanken hört man noch immer: Wir brauchen keine digitalen ­Produkte, der Kunde will die persönliche Beratung. Liegen diese Banken falsch? Die persönliche Beziehung ist wichtig, und sie bleibt es auch. Sie finden nie eine Maschine, die Verantwortung für den Kunden übernimmt, die aktive Entscheide trifft oder die Angebote für den Kunden massschneidert. Sind Sie so sicher, dass Maschinen nicht schon bald aktiv Entscheide treffen? Das kommt darauf an, wie Sie das definie- ren. Noch funktionieren Maschinen nach einfachen Regeln. Wir sind weit entfernt von einem Punkt, an dem lernende Syste- me eigenständig aktive, diskretionäre In- vestment-Entscheide treffen. Sie haben keine Angst vor den viel ­besprochenen Robo-Advisern? Nein, von diesen haben wir gar keine Angst. Unser Kunde, der zu uns wegen un- seres individuellen aktiven Portfolioma- nagements gekommen ist, will die persön- liche Beratung. Es wird viel über die digitale Währung ­Bitcoin gesprochen. Welche Bedeutung hat diese für Sie? Für die Banken wird weniger Bitcoin als die zugrunde liegende Blockchain-Tech- nologie ein Thema sein. Wir gehen davon aus, dass diese auf die Abwicklung von Bankgeschäften massive Auswirkungen haben wird. Was schliessen wir daraus? Geld wird künftig nicht mehr mit der ­Abwicklung von Geschäften verdient, ­sondern mit Beratung und Vermögensver- waltung. Und wann gibt es einen Vontobel-Fonds, um in Bitcoin zu investieren? Wir beobachten die Entwicklung genau. Natürlich gibt es Kunden, welche die Aus- weitung der Geldmengen durch die No- tenbanken kritisch einschätzen. Die kau- fen dann vielleicht Gold, um sich abzusi- chern. Oder sie wollen ein halbes Prozent ihres Vermögens in Bitcoin anlegen. Auch bei Ihnen? Bisher nicht. Gibt es Pläne dazu? Wir teilen nicht immer all unsere Pläne mit der Öffentlichkeit. Fortsetzung von Seite 19 «Zunächst eine ...» Zeno Staub: «Kunden, die ihre Vermögen nicht deklarieren wollen, sind nicht mehr unsere Kunden.» RitaPalanikumar «In Italien werden grosse Vermögen vererbt, die ab den 1960er-Jahren erwirtschaftet wurden.» «Wir haben das Kapital, um akquisitorisch zu wachsen. Und wir sind daran auch interessiert.» RitaPalanikumar Bank Vontobel Handelsbank 1936 kauft der Zürcher Bankier Jakob Vontobel die gut zehn Jahre zuvor gegründete Börsenagen­ tur F. E. Haeberli & Cie. Die Bank wird fortan als J. Vontobel & Co. geführt. 1984 wandelt sich das Familien­un­ ternehmen in eine Aktiengesellschaft und geht kurz darauf an die Börse. Bis heute hält die Familie jedoch die Stimmenmehrheit. 2001 stoppt die Bank in letzter Minute das Internet- Projekt You. Es bleibt ein dreistelliger Millionenabschreiber. Asset Management Vontobel verwal­ tete Ende 2015 Kundenvermögen im Umfang von 136 Milliarden Franken, wovon rund 95 Milliarden im Bereich Asset Management lagen. Die Bank ist einer der wichtigsten Schweizer Anbieter von Anlagefonds und struk­ turierten Produkten. Zeno Staub im Gespräch mit «Handelszeitung»- Redaktor Michael Heim. anzeige