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E 1.2
Wörter wie Luftballons
Wie man schlank und zupackend schreibt




                                                               Christoph Fasel



Jeder, der im Wissenschaftsbetrieb arbeitet wird feststellen, wie weit sich die Sprache der
Wissenschaft oft vom Alltags-Verständnis des normalen Lesers entfernt. Was können Wissenschaft-
ler tun, die dennoch verstanden werden möchten? Sie können die künstliche Distanz, die zwischen
ihrer Fachsprache auf der einen Seite und dem Verständnishorizont des normal gebildeten Laien
andererseits klafft überbrücken. Einige der Techniken, die dazu nötig sind, haben wir in den vori-
gen Abschnitten kennen gelernt.
Mit einer weiteren dieser Techniken beschäftigt sich dieser Absatz. Er beleuchtet kritisch den oft
unnötig aufgeblasenen Sprachgebrauch in der Hochschule – und nennt ein paar Rezepte, wie man
diesen Wörtern wie Luftballons die Luft ablässt.


Gliederung                                                                                  Seite

1.      Wie sich Fach-Sprache spreizt: Beispiele aus der Praxis                                 2
2.      Übersetzungs-Fallen – und wie man sie umgeht                                            6
3.      Ein Spiel gegen den Jargon: Bullshit Bingo                                             10
4.      Wie man dicken Wörtern die Luft rauslässt                                              11




HWK 1 00 08 03                                                                                  1
E 1.2                                            Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen




                                1.    Wie sich Fach-Sprache spreizt: Beispiele
                                      aus der Praxis
                                Karl Popper, Philosoph und Begründer des kritischen Rationalismus,
                                beschäftigte sich als Wissenschaftler mit schwierigen Fragen. Das
                                hinderte ihn jedoch nicht dran, stets zu versuchen, seine Gedanken in
                                einer möglichst fasslichen Form auszudrücken – auch wenn dies, wie
                                er selbst in einem Briefwechsel eingestand, nicht ganz leicht war.

Komplexe Gedanken –             Wie wichtig es hingegen ist, sich genau dieser Schwierigkeit
klare Form!                     unerschrocken zu stellen, Kompliziertes in eine fassliche Form zu
                                bringen, zeigen uns immer wieder Beispiele aus der Praxis von Lehre,
                                Forschung oder Publikationen. So lautet etwa eine Veranstaltungs-
                                Ankündigung der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg Harburg:



                                                               Wissenschafts-Worthülse 1



    In der Veranstaltung soll vermittels eines interdisziplinären Zuganges versucht werden, das
    komplexe Phänomen Menschenführung als multidimensionale Aufgabe zu verstehen und ernst zu
    nehmen (...) An eine kompakte Präsentation der einzeldisziplinorientierten Problemvielfalt von
    Menschenführung schließt sich eine freie Diskussion mit der Intention an, eine ganzheitliche
    Problemsicht zu entwickeln, die ethisch reflektiert, theoretisch und prozessual versiert sowie für
    Fremd- und Selbstkritik sensibilisiert praktische Menschenführung optimieren hilft.


                                Was soll das bedeuten? Ein Seminar zum Thema „Sprache des
                                Journalismus“ des Germanistischen Institutes der Universität Mün-
                                chen versuchte in einer gemeinschaftlichen Anstrengung vor einigen
                                Jahren als Übungsaufgabe, diesen offiziell verteilten Text der
                                Hochschule in ein verständliches Deutsch zu bringen. Soweit sich dem
                                Bezeichnenden dieses Textes etwas Bezeichnetes überhaupt zuordnen
                                ließ, ergaben sich, je nach Interpretationstiefe, unterschiedlich weit
                                reichende Redigaturen des Textes. Eine der klarsten Übersetzungen
                                lautete:



                                                                  Redigaturvorschlag:
                                                                 So ist es verständlicher


    Wissenschaftler unterschiedlicher Fächer wollen gemeinsam darüber sprechen, wie man
    Menschenführung verbessern kann. Die Veranstaltung beginnt mit einer Reihe von Kurzvorträgen,
    an die sich eine Diskussion aller Teilnehmer anschließt.




2                                                                                           HWK 1 00 08 03
Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?                                                         E 1.2

                                                                           Die richtige Sprache sprechen




Noch radikaler erwies sich ein Soziologiestudent, der am Seminar
teilnahm. Aus dem bayerischen Oberland stammend, entsann er sich
des zupackenden Idioms seiner Heimatstadt Bad Tölz und fasste den
oben stehenden Schwarm von Wortballons in den schlichten Satz:
„Leit, lasst uns z’samm kemma und drüber red’n, wia ma
miteinand umgeh’n!“

Was ist hier geschehen? In beiden Fällen ist nichts anderes passiert,         Weg mit der heißen Luft!
als das radikal die heiße Luft aus den Worthülsen abgelassen wurde.
Jede Redigatur, die einen solchen Text bearbeitet, muß als erstes die
Frage stellen: Was steht da eigentlich drin? Diese Frage muss sich
auch der folgende Text gefallen lassen, der aus der Theaterpädagogik
stammt:



            Wissenschafts-Worthülse 2



  „Wir wollen unter dem Stichwort Kommunikation zusammen mit Philosophie, Psychologie,
  Soziologie, Pädagogik, bildenden und anderen Künsten das „Produkt“ Kindertheater als
  komplexen Prozess fließender Systeme von Zeichen, Codes und Symbolen verstehen und
  gemeinsam Erfahrungen sammeln.“


Eine Nachfrage bei den Autoren über die Aussage und Bedeutung
dieses Absatzes ergab folgende Antwort (hier in einem
zusammenhängenden Ausschnitt als Originalzitat zum Inhalt dar-
geboten):



       Die erbetene Erläuterung der Autoren
                (in originaler Form)


  „Innerhalb von diesem‚...komplexen Prozess...“, der sich von Vorstellung zu Vorstellung erneuert,
  gibt es „...fließende Systeme von Zeichen...“ (z. B. Mimik, Gestik, Haltung und Betonung der Spra-
  che), die nicht absolut festzulegen sind. „...Codes...“ sind bedeutungstragende Einheiten, die aus
  Kombination und Gewichtung dieser und anderer Zeichen entstehen, wie im richtigen Leben. Bild-
  nerische Mittel erweitern die darstellerischen Möglichkeiten bis hin zur „...Symbolik...“. Wenn zum
  Beispiel ein alter Mann (im Figurentheater) durch eine krumme und reife Banane dargestellt wird,
  deren Schale zu Boden gleitet, das Innere aber zum Munde des Spielers aufsteigt und verspeist
  wird. Es hängt vom Wissen und der Erfahrung des Zuschauers ab, ob und wie sie die wechselnden
  Ebenen in Verbindung bringen, den Code entschlüsseln und Bedeutung entnehmen.




HWK 1 00 08 03                                                                                          3
E 1.2                                        Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen




  Informationen zum Autor:
  Prof. Dr. Christoph Fasel lehrt als Dekan an der SRH Hochschule in Calw Medien- und
  Kommunikationsmanagement; als Journalist Arbeit u. a. bei BILD, Abendzeitung, Bayerischer
  Rundfunk, Eltern. Er war Reporter des STERN, Chefredakteur von Reader’s Digest Deutschland
  und Österreich und Leiter der Henri Nannen Journalistenschule Gruner+Jahr/DIE ZEIT. Als
  Medienentwickler der WortFreunde Kommunikation berät er Institutionen, Verlage und Unternehmen
  im In- und Ausland. Er ist Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins „Faszination Forschung“ der
  TU München.




12                                                                                  HWK 1 00 08 03

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Christoph Fasel: Wie man schlank und zupackend schreibt

  • 1. E 1.2 Wörter wie Luftballons Wie man schlank und zupackend schreibt Christoph Fasel Jeder, der im Wissenschaftsbetrieb arbeitet wird feststellen, wie weit sich die Sprache der Wissenschaft oft vom Alltags-Verständnis des normalen Lesers entfernt. Was können Wissenschaft- ler tun, die dennoch verstanden werden möchten? Sie können die künstliche Distanz, die zwischen ihrer Fachsprache auf der einen Seite und dem Verständnishorizont des normal gebildeten Laien andererseits klafft überbrücken. Einige der Techniken, die dazu nötig sind, haben wir in den vori- gen Abschnitten kennen gelernt. Mit einer weiteren dieser Techniken beschäftigt sich dieser Absatz. Er beleuchtet kritisch den oft unnötig aufgeblasenen Sprachgebrauch in der Hochschule – und nennt ein paar Rezepte, wie man diesen Wörtern wie Luftballons die Luft ablässt. Gliederung Seite 1. Wie sich Fach-Sprache spreizt: Beispiele aus der Praxis 2 2. Übersetzungs-Fallen – und wie man sie umgeht 6 3. Ein Spiel gegen den Jargon: Bullshit Bingo 10 4. Wie man dicken Wörtern die Luft rauslässt 11 HWK 1 00 08 03 1
  • 2. E 1.2 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? Die richtige Sprache sprechen 1. Wie sich Fach-Sprache spreizt: Beispiele aus der Praxis Karl Popper, Philosoph und Begründer des kritischen Rationalismus, beschäftigte sich als Wissenschaftler mit schwierigen Fragen. Das hinderte ihn jedoch nicht dran, stets zu versuchen, seine Gedanken in einer möglichst fasslichen Form auszudrücken – auch wenn dies, wie er selbst in einem Briefwechsel eingestand, nicht ganz leicht war. Komplexe Gedanken – Wie wichtig es hingegen ist, sich genau dieser Schwierigkeit klare Form! unerschrocken zu stellen, Kompliziertes in eine fassliche Form zu bringen, zeigen uns immer wieder Beispiele aus der Praxis von Lehre, Forschung oder Publikationen. So lautet etwa eine Veranstaltungs- Ankündigung der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg Harburg: Wissenschafts-Worthülse 1 In der Veranstaltung soll vermittels eines interdisziplinären Zuganges versucht werden, das komplexe Phänomen Menschenführung als multidimensionale Aufgabe zu verstehen und ernst zu nehmen (...) An eine kompakte Präsentation der einzeldisziplinorientierten Problemvielfalt von Menschenführung schließt sich eine freie Diskussion mit der Intention an, eine ganzheitliche Problemsicht zu entwickeln, die ethisch reflektiert, theoretisch und prozessual versiert sowie für Fremd- und Selbstkritik sensibilisiert praktische Menschenführung optimieren hilft. Was soll das bedeuten? Ein Seminar zum Thema „Sprache des Journalismus“ des Germanistischen Institutes der Universität Mün- chen versuchte in einer gemeinschaftlichen Anstrengung vor einigen Jahren als Übungsaufgabe, diesen offiziell verteilten Text der Hochschule in ein verständliches Deutsch zu bringen. Soweit sich dem Bezeichnenden dieses Textes etwas Bezeichnetes überhaupt zuordnen ließ, ergaben sich, je nach Interpretationstiefe, unterschiedlich weit reichende Redigaturen des Textes. Eine der klarsten Übersetzungen lautete: Redigaturvorschlag: So ist es verständlicher Wissenschaftler unterschiedlicher Fächer wollen gemeinsam darüber sprechen, wie man Menschenführung verbessern kann. Die Veranstaltung beginnt mit einer Reihe von Kurzvorträgen, an die sich eine Diskussion aller Teilnehmer anschließt. 2 HWK 1 00 08 03
  • 3. Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? E 1.2 Die richtige Sprache sprechen Noch radikaler erwies sich ein Soziologiestudent, der am Seminar teilnahm. Aus dem bayerischen Oberland stammend, entsann er sich des zupackenden Idioms seiner Heimatstadt Bad Tölz und fasste den oben stehenden Schwarm von Wortballons in den schlichten Satz: „Leit, lasst uns z’samm kemma und drüber red’n, wia ma miteinand umgeh’n!“ Was ist hier geschehen? In beiden Fällen ist nichts anderes passiert, Weg mit der heißen Luft! als das radikal die heiße Luft aus den Worthülsen abgelassen wurde. Jede Redigatur, die einen solchen Text bearbeitet, muß als erstes die Frage stellen: Was steht da eigentlich drin? Diese Frage muss sich auch der folgende Text gefallen lassen, der aus der Theaterpädagogik stammt: Wissenschafts-Worthülse 2 „Wir wollen unter dem Stichwort Kommunikation zusammen mit Philosophie, Psychologie, Soziologie, Pädagogik, bildenden und anderen Künsten das „Produkt“ Kindertheater als komplexen Prozess fließender Systeme von Zeichen, Codes und Symbolen verstehen und gemeinsam Erfahrungen sammeln.“ Eine Nachfrage bei den Autoren über die Aussage und Bedeutung dieses Absatzes ergab folgende Antwort (hier in einem zusammenhängenden Ausschnitt als Originalzitat zum Inhalt dar- geboten): Die erbetene Erläuterung der Autoren (in originaler Form) „Innerhalb von diesem‚...komplexen Prozess...“, der sich von Vorstellung zu Vorstellung erneuert, gibt es „...fließende Systeme von Zeichen...“ (z. B. Mimik, Gestik, Haltung und Betonung der Spra- che), die nicht absolut festzulegen sind. „...Codes...“ sind bedeutungstragende Einheiten, die aus Kombination und Gewichtung dieser und anderer Zeichen entstehen, wie im richtigen Leben. Bild- nerische Mittel erweitern die darstellerischen Möglichkeiten bis hin zur „...Symbolik...“. Wenn zum Beispiel ein alter Mann (im Figurentheater) durch eine krumme und reife Banane dargestellt wird, deren Schale zu Boden gleitet, das Innere aber zum Munde des Spielers aufsteigt und verspeist wird. Es hängt vom Wissen und der Erfahrung des Zuschauers ab, ob und wie sie die wechselnden Ebenen in Verbindung bringen, den Code entschlüsseln und Bedeutung entnehmen. HWK 1 00 08 03 3
  • 4. E 1.2 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? Die richtige Sprache sprechen Informationen zum Autor: Prof. Dr. Christoph Fasel lehrt als Dekan an der SRH Hochschule in Calw Medien- und Kommunikationsmanagement; als Journalist Arbeit u. a. bei BILD, Abendzeitung, Bayerischer Rundfunk, Eltern. Er war Reporter des STERN, Chefredakteur von Reader’s Digest Deutschland und Österreich und Leiter der Henri Nannen Journalistenschule Gruner+Jahr/DIE ZEIT. Als Medienentwickler der WortFreunde Kommunikation berät er Institutionen, Verlage und Unternehmen im In- und Ausland. Er ist Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins „Faszination Forschung“ der TU München. 12 HWK 1 00 08 03