Die vorliegende Prognose geht für die Jahre 2010 bis 2012 von der im Dezember 2010 publizierten OeNB‐Prognose aus. Die Prognose für 2013 bis 2015 wurde von Macro‐Consult erstellt. Diese Prognose geht davon aus, dass der aktuelle Zyklus im Jahre 2012 seinen Konjunkturhöhepunkt überschreitet und in der Folge ein dreijähriger (bis 2015 dauernder) Abschwung einsetzt.
Diese mittelfristige Prognose unterscheidet sich von jener jüngst vom WIFO publizierten mittelfristigen Vorschau (Jänner 2011), die bis 2015 ein durchschnittliches Wachstum von 2,2% prognostiziert, einerseits dadurch, dass sie einen etwas anderen zyklischen Verlauf unterstellt und außerdem von einem, nach der Krise, merklich schwächeren Potentialwachstum ausgeht.
Der hohe Konsolidierungsbedarf in den öffentlichen Haushalten, steigende Steuerquoten, das Deleveraging im Finanzsektor aufgrund der neuen regulatorischen Anforderungen (u.a. Basel III) und die zunehmende Alterung der Gesellschaft mit den entsprechenden Anforderungen an die Sozialsysteme legen eine Abschwächung im Potentialwachstum nahe.
2. Gliederung
I. Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II. Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III. Private Geldkapitalbildung und privater
Geldkapitalbestand
IV. Schlussfolgerungen
2
Die folgende Studie gliedert sich folgendermaßen:
I.Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II.Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III.Private Geldkapitalbildung und privater Geldkapitalbestand
IV.Schlußfolgerungen
V.Anhang
2
3. Mittelfristige Prognose Österreich
2010 2011 2012 2013 2014 2015
Reales BIP, % 2,0 2,1 2,3 1,8 1,6 1,0
Inflationsrate (HVPI), % 1,9 2,2 2,0 1,9 1,7 1,2
Arbeitslosenrate, % 4,5 4,4 4,3 4,3 4,5 4,8
Öffentliche ‐4,1 ‐3,2 ‐2,9 ‐2,8 ‐3,0 ‐3,6
Budgetsaldo, % d. BIP
Verfügbares Einkommen 0,6 3,5 4,1 3,3 1,4 1,0
nom., %
Verfügbares Einkommen ‐1,3 1,3 2,1 1,4 ‐0,3 ‐0,2
real, %
Sparquote, % 9,1 8,5 9,2 9,5 8,6 8,1
Quelle: Macro‐Consult,2010;
3
Die vorliegende Prognose geht für die Jahre 2010 bis 2012 von der im Dezember
2010 publizierten OeNB‐Prognose aus. Die Prognose für 2013 bis 2015 wurde von
Macro‐Consult erstellt. Diese Prognose geht davon aus, dass der aktuelle Zyklus im
Jahre 2012 seinen Konjunkturhöhepunkt überschreitet und in der Folge ein
dreijähriger (bis 2015 dauernder) Abschwung einsetzt.
Diese mittelfristige Prognose unterscheidet sich von jener jüngst vom WIFO
publizierten mittelfristigen Vorschau (Jänner 2011), die bis 2015 ein
durchschnittliches Wachstum von 2,2% prognostiziert, einerseits dadurch, dass sie
einen etwas anderen zyklischen Verlauf unterstellt und außerdem von einem, nach
der Krise, merklich schwächeren Potentialwachstum ausgeht. Der hohe
Konsolidierungsbedarf in den öffentlichen Haushalten, steigende Steuerquoten, das
Deleveraging im Finanzsektor aufgrund der neuen regulatorischen Anforderungen
(u.a. Basel III) und die zunehmende Alterung der Gesellschaft mit den
entsprechenden Anforderungen an die Sozialsysteme legen diese Abschwächung im
Potentialwachstum nahe.
Die mittelfristige WIFO‐Prognose vom Jänner 2011 kommt zu folgender, doch
merklich unterschiedlicher Einschätzung
2011 2012 2013 2014 2015
Reales BIP 2,2 2,0 2,1 2,2 2,2
VPI 2,1 1,8 1,8 1,9 2,0
Arbeitslosenrate 4,4 4,5 4,5 4,4 4,3
Sparquote 10,2 10,0 10,1 10,3 10,7
3
4. 1,6%
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
4
Im Durchschnitt der Periode 2000‐2005 betrug das durchschnittliche reale
Wirtschaftswachstum Österreichs 1,6%. Im Zeitraum 2006‐2010 sank es nicht zuletzt
infolge der scharfen Rezession im Jahre 2009 auf 1,2% ab. Für 2011 bis 2015 sieht die
Prognose von Macro‐Consult ein durchschnittliches reales Wirtschaftwachstum von
1,8% real pro Jahr voraus. Das liegt – wie bereits erwähnt ‐ zwar um 0,4
Prozentpunkte niedriger als die jüngste mittelfristige WIFO‐Prognose, ist aber
deutlich höher als die durchschnittlichen Wachstumsraten der vergangenen zwei
Jahrfünfte und somit keineswegs als übertrieben pessimistisch anzusehen.
4
5. 2,7%
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
5
Das nominell verfügbare Einkommen ist jenes Einkommen, das die privaten
Haushalte entweder für Konsum‐ oder Sparzwecke zur Verfügung haben. Es enthält
daher Lohn‐ und Gehaltseinkommen, Transfereinkommen und
Vermögenseinkommen (wie etwa Zins‐ oder Dividendeneinkünfte). Die direkten
Steuern (Einkommens‐ bzw. Lohnsteuer) und die Sozialversicherungsbeiträge werden
hingegen abgezogen.
Zwischen 2000 und 2005 stieg das verfügbare Einkommen der Österreicher, wie die
Grafik zeigt, noch um 3,4% durchschnittlich jährlich, zwischen 2006 und 2010
schwächte sich dieser Einkommenszuwachs ‐ nicht zuletzt wegen dem Rückgang im
Jahre 2009 ‐ auf 2,5% ab. 2009 und 2010 hat vor allem der Rückgang der
Vermögenseinkommen das verfügbare Einkommen gedämpft. 2011 und 2012
werden hingegen die Vermögenseinkommen wieder stärker wachsen und daher auch
die Dynamik des verfügbaren Einkommens beschleunigen. Für das bevorstehende
Jahrfünft geht die vorliegende Prognose von einem durchschnittlichen Wachstum
von 2,5% aus, wobei sich der jährliche Zuwachs im Zuge der
Konjunkturabschwächung 2014 und 2015 auf nur mehr 1,4% bzw. 1,0% belaufen
dürfte.
5
6. II. Volkswirtschaftliches Sparen
und Sparquote
6
Die folgende Studie gliedert sich folgendermaßen:
I.Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II.Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III.Private Geldkapitalbildung und privater Geldkapitalbestand
IV.Schlußfolgerungen
V.Anhang
6
7. Volkswirtschaftliche Bedeutung des Sparens
Warum ist das Sparen wichtig?
S = I (geschlossene Wirtschaft, ohne Staat)
Nur wenn genügend gespart wird, kann auch investiert werden.
Volkswirtschaftlich ist mit Investitionen (insbesondere in
Risikokapital) Innovation, technischer Fortschritt, höhere
Produktivität und damit mehr Wachstum verbunden.
Für den Einzelnen ist Sparen wichtig, um finanzielle Grundlagen
aufzubauen, die später entweder als Sicherheitspolster, als
Altersvorsorge oder als Einkommensquelle dienen.
7
Die Identität I = S der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die eben sagt, dass das
volkswirtschaftliche Sparen den Investitionen (Bauinvestitionen,
Ausrüstungsinvestitionen und Lagerinvestitionen) entspricht, gilt an sich nur in einer
Wirtschaft ohne Außenhandel (geschlossene Wirtschaft) und ohne Staatssektor. Für
den Fall, dass der Staatshaushalt und die Leistungsbilanz ausgeglichen sind,
entsprechen selbst in einer offenen Wirtschaft mit Staat die privaten Investitionen
dem privaten Sparen.
Im Anhang ist in Folie 36 die entsprechende Identität für eine offene Volkswirtschaft
mit Staatssektor dargestellt.
7
8. Zwei Theorien zur Wirkung des Sparens
1. Neoklassisches Modell (langfristige Betrachtungsweise) besetzt
Sparen positiv
Anstieg der Ersparnis führt zu niedrigeren Kapitalmarktzinsen und
damit zu Anstieg der Investitionen und Beschleunigung des
technischen Fortschritts (höheres Produktivitätswachstum). Die
optimale Ersparnis ist durch Zeitpräferenzrate gegeben.
2. Keynesianisches Modell (kurzfristige Betrachtungsweise) besetzt
Sparen negativ
vermehrtes Sparen führt zu Nachfrageausfall, dadurch sinken
Gewinne der Unternehmen (was nebenbei auch noch die
Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe schmälert). Außerdem
werden bei sinkender Nachfrage Erweiterungsinvestitionen
zurückgenommen.
8
In der aktuellen Diskussion in und unmittelbar nach der Krise, haben keynesianische
Positionen die wirtschaftspolitische Debatte dominiert. Sie betonen vor allem die
kurzfristige staatliche Stimulierung von Konsum und Investitionen. Sparen mit seinen
positiven langfristigen Auswirkungen auf Investitions‐ und Innovationstätigkeit in
einer Volkswirtschaft gerät bei dieser Betrachtungsweise in den Hintergrund.
Das neoklassische Modell betont hingegen die Wichtigkeit der Effekte des Sparens
für die langfristigen Wachstumsperspektiven und den Wohlstand von
Volkswirtschaften.
8
9. Verfügbares Einkommen und
volkswirtschaftliches Sparen (Mrd. EUR)
9
Das verfügbare Einkommen betrug 2010 167,5 Mrd. EUR. Vor zehn Jahren, also im
Jahr 2000 lag es erst bei 124,7 Mrd. EUR. In den letzten 10 Jahren ist das Einkommen
jedes Jahr um durchschnittlich 3% gewachsen.
Das jährliche volkswirtschaftliche Sparen der privaten Haushalte, das etwa im
Gegensatz zu den Bestand an Geldvermögen oder Spareinlagen eine Flussgröße ist
(siehe zum Unterschied zwischen Fluss‐ und Bestandsgrößen Folie 39 im Anhang),
errechnet sich, indem man vom verfügbaren Einkommen den privaten Konsum der
Haushalte abzieht. Es betrug im Jahre 2010 14,8 Mrd. EUR.
Das volkswirtschaftliche Sparvolumen dürfte sich laut vorliegender Prognose bis 2013
zunächst auf 18,4 Mrd. EUR erhöhen, bevor es im Zuge der
Konjunkturverlangsamung 2014‐2015 auf etwa 16,0 Mrd. EUR zurück geht.
9
10. Volkswirtschaftliches Sparen 2000‐2015
(Mrd. EUR)
10
Das jährliche volkswirtschaftliche Sparvolumen der privaten Haushalte, das in Form
von Immobilieninvestitionen (etwa Wohnungskauf), Geldkapitalbildung oder
sonstigem Vermögen erfolgen kann, folgt seit 2000 einem Aufwärtstrend, der freilich
nicht sonderlich stark ausgeprägt ist.
Im Jahr 2000 betrug dieses 11,5 Mrd. EUR, 2010 14,8 Mrd. EUR und für 2015 sind
16,0 Mrd. EUR prognostiziert. Die höchsten Werte konnten im abgelaufenen
Jahrzehnt in den Jahren 2007 und 2008 mit 18,8 Mrd. EUR bzw. 18,5 Mrd. EUR
erreicht werden. Im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2010 stieg das Sparvolumen um
2,6% durchschnittlich jährlich und damit um rund 0,75 Prozentpunkte rascher als die
durchschnittliche Inflationsrate.
10
11. Theorien zum Sparverhalten
Lebenszyklushypothese (Modigliani/Brumberg, 1954):
Individuum baut in Erwerbsphase Vermögen auf, das in der Zeit der
Pension konsumiert wird – daher Einkommen und Altersstruktur
der Gesellschaft entscheidend für Sparquote
Zinsabhängiges Sparen: bei höhere Zinsen schränken Haushalte
Gegenwartskonsum und üben Konsumverzicht (Bosworth, 1993).
Öffentliche Pensionssysteme (Feldstein, 1976): je stärker das
Pensionssystem ausgeprägt, desto niedriger die Sparquote
Unsicherheit in Form von Inflation bzw. Arbeitslosigkeit (Deaton,
1977)
Rationale Erwartungen über die Folgen von Budgetdefiziten –
Ricardianische Äuquivalenz (Barro, 1974)
11
Nach der Lebenszyklushypothese (Modigliani und Brumberg, 1954) unterliegen
Konsumentscheidungen einem intertemporalen Entscheidungsprozess mit dem Ziel der
Nutzenmaximierung. In einer einfachen Ausprägung unterteilt das Modell die Lebenszeit des
Individuums in eine Erwerbs‐ und in eine Pensionszeit. In der Erwerbszeit wird Vermögen
aufgebaut, das dann in der Pensionszeit ‐ um das gewohnte Konsumniveau halten zu können
– ausgegeben wird. Aufgrund dieser Annahmen kommt dem Einkommenswachstum und der
Altersstruktur der Bevölkerung eine zentrale Rolle bei der Erklärung der
gesamtwirtschaftlichen Sparquote zu.
Ein weiter Einflussfaktor ist die Zinsentwicklung, wobei der Effekt auf das Sparverhalten
theoretisch nicht völlig eindeutig ist. Bei hohen Zinsen werden die privaten Haushalte
üblicherweise den Gegenwartskonsum einschränken und mehr sparen, um in Zukunft mehr
konsumieren zu können. Dem könnte freilich entgegen wirken, dass sich die Haushalte
aufgrund der besseren Ertragsaussichten einem höheren Einkommen in der Zukunft
gegenübersehen. Welcher der beiden Effekte letztlich überwiegt, ist eine empirisch zu
beantwortende Frage.
Unsicherheit in Form von Inflation und Arbeitslosigkeit kann die optimale Verteilung der
Ressourcen auf Gegenwart und Zukunft ebenfalls verändern (Deaton,1977). Nach Feldstein
(1976) beeinflussen öffentliche Pensionssysteme das private Sparen, da die Haushalte
privates Vermögen durch Forderungen gegenüber dem Sozialversicherungssystem ersetzen.
Barro (1974) schließlich argumentiert, dass die Haushalte die intertemporale
Budgetrestriktion des Staats bei ihren Sparentscheidungen berücksichtigen. Verschuldet sich
der Staat und finanziert seine Ausgaben nicht über Steuern, so werden die Haushalte mehr
sparen, weil sie davon ausgehen, dass in Zukunft zur Schuldentilgung die Steuern wieder
erhöht werden müssen.
11
12. Bestimmungsgründe der Sparquote
der privaten Haushalte in Österreich
Geschätzter
Erwarteter
Determinanten Zusammenhang
Zusammenhang
(Elastizität)
Wachstum des verfügbaren
Positiv 0,2
Einkommens (in %)
Altersstruktur der Gesellschaft negativ selten signifikant
Realzinssatz positiv selten signifikant
Arbeitslosenrate negativ /positiv nicht signifikant
Inflationsrate negativ ‐0,9
Budgetdefizit positiv 0,2
12
In dieser Tabelle sind zunächst die zu erwartenden Zusammenhänge für
ökonometrische Schätzgleichungen von „Sparfunktionen“ aus den theoretischen
Überlegung angeführt. Außerdem werden in der Spalte „Geschätzter Zusammenhang
(Elastizität), die wesentlichen, signifikanten Schätzergebnisse der Regressionsanalyse
(siehe dazu die Folien 34 und 35 Im Anhang) zusammengefaßt.
Der Koeffizient des Einkommenswachstums von +0,2 besagt, dass eine 1‐prozentige
Erhöhung des nominell verfügbaren Einkommens, die Sparquote der österreichischen
Haushalte um 0,2 Prozentpunkte erhöht.
Gleichzeitig ergibt die empirische Analyse, dass ein Anstieg der Inflation um 1
Prozent, die Sparquote um 0,9 Prozentpunkte senkt. Offenbar reagieren die
Österreicher in ihrem Sparverhalten sehr sensitiv auf Inflationsprozesse.
Außerdem erbrachte die Schätzung ‐ allerdings nicht in allen Gleichungen ‐ einen
signifikant positiven Koeffizienten für das Budgetdefizit, der besag, dass eine
Erhöhung des Defizits im Sinne der Ricardianischen Äuqivalenztheorie zu einer
Erhöhung der Sparquote führt.
12
13. Sparquote im
internationalen Vergleich
Österreich Euroraum‐16 EU‐27
2001 8,0 9,0 7,4
2002 8,0 9,5 7,2
2003 9,1 9,2 7,0
2004 9,3 9,0 6,3
2005 9,7 8,4 6,1
2006 10,4 8,0 5,7
2007 11,6 8,3 5,4
2008 11,8 8,4 5,7
2009 11,1 9,6 7,9
2010 9,1 8,8*) 7,0*)
*) Schätzung auf Basis 2009Q4‐2010Q3
Quelle: Statistik Austria, 2011.
13
Österreich verfügt im Vergleich zum Euroraum und zur EU über eine traditionell
höhere Sparquote. 2009 lag diese in Österreich bei 11,1% des verfügbaren
Einkommens, in der Eurozone hingegen nur bei 9,6% und in der EU sogar nur bei
7,9%.
Ingesamt war in den Jahren vor der globalen Finanzkrise ein Anstieg der
europäischen Sparquoten zu beobachten, der mit der guten Einkommensentwicklung
in diesen Jahren erklärbar ist. Mittlerweile hat in allen europäischen Staaten ein
krisenbedingter Rückgang eingesetzt, der freilich in Österreich merklich stärker
ausgeprägt war als im übrigen Europa.
Länder mit hohen Sparquoten haben gerade in Krisenzeiten den großen Vorteil, dass
sie Budgetdefizite überwiegend über inländische Ersparnisse finanzieren können (z.B.
Italien, Japan), während solche mit niedrigen Sparquoten (z.B. Griechenland, Irland)
auf die Auslandsfinanzierung angewiesen sind.
13
14. Mittelfristige Prognose der Sparquote
14
Österreichs Sparquote hat im Verlauf der letzten 35 Jahre tendenziell etwas
abgenommen. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre betrug sie zeitweilig noch über
13%, mittlerweile ist sie auf etwa 9% gefallen. Die obige Graphik zeigt sehr gut, dass
die Schwankungen um den langfristigen Trend, konjunkturell erklärbar sind. In den
Abschwungsphasen (1982‐1984; 1997, 2001‐2002, 2009‐2010) liegt die Sparquote
deutlich unter der Trendgerade, in Phasen der Hochkonjunktur (1977‐1979; 1990‐
1992; 2005‐2007) über dem Trend. Die Wirtschaftskrise nach dem 2.
Erdölpreisschock gepaart mit stark steigender Inflation am Beginn der 1980er Jahre
hat offensichtlich einen deutlichen Rückgang der Sparquote bewirkt. In der Periode
2000 bis 2007 hingegen, als am Anfang zunächst das Thema „Pensionsreform“ die
Eigenvorsorge stärker in den Mittelpunkt rückte und in den Folgejahren das
verfügbare Einkommen kräftig expandierte, nahm die Sparquote wieder merklich zu.
Im Verlauf des Jahres 2010 sparten die privaten Haushalte nur mehr 9,1% ihres
verfügbaren Einkommens. Diese Entwicklung ist die Folge des nominell (wie auch
real) wachsenden Konsums verbunden mit einem nominell nur mehr leicht
steigenden und real deutlich rückläufigem verfügbaren Einkommen (wofür vor allem
der deutliche Rückgang der Vermögenseinkommen (u.a. niedrige Zinserträge)
verantwortlich zeichnet).
Die Prognose der Sparquote geht davon aus, dass diese – nach einem Rückgang auf
8,5% heuer ‐ aufgrund des sich kräftigenden Wachstums des verfügbaren
Einkommens 2012 und 2013 wieder um gut einen Prozentpunkt auf 9,5% ansteigen
wird, um dann im Zuge der unterstellte Konjunkturabschwächung 2014 und 2015 auf
8,1% zurück zu fallen.
14
15. Mittelfristige Prognose der Investitionsquote
15
Ebenfalls rückläufig ist die Prognose der Investitionsquote (Anteil der nominellen
Bruttoanlageinvestitionen am nominellen Brutto‐Inlandsprodukt):
Hatte diese in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre noch deutlich über 25% betragen,
so lag sie in den vergangenen zehn Jahren (also in der Periode 2000‐2010) in einer
Bandbreite zwischen 21% und 23% und dürfte in den kommenden Jahren bis 2015
auf etwas über 20% fallen.
15
16. III. Private Geldkapitalbildung und
privater Geldkapitalbestand
16
Die folgende Studie gliedert sich folgendermaßen:
I.Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II.Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III.Private Geldkapitalbildung und privater Geldkapitalbestand
IV.Schlußfolgerungen
V.Anhang
16
17. Geldvermögensbestand der
privaten Haushalte 2006‐2010
Geldvermögensbestand 2010
460,8 Mrd. EUR, insgesamt
davon
205,6 Mrd. EUR Spareinlagen
67,9 Mrd. EUR Lebensversicherungen
41,5 Mrd. EUR verzinsliche Wertpapiere
41,0 Mrd. EUR Investmentzertifikate
31,3 Mrd. EUR sonstige Anteilsrechte
18,2 Mrd. EUR börsennotierte Aktien
16,9 Mrd. EUR Bargeld
16,6 Mrd. EUR Pensionskassenansprüche
22,0 Mrd. EUR sonstiges Finanzvermögen
Quelle: OeNB
17
Im Jahre 2010 betrug der Bestand an Geldvermögen der privaten Haushalte
Österreichs 460,8 Mrd. EUR. Den größten Anteil machten die Spareinlagen (205,6
Mrd. EUR), gefolgt von den Lebensversicherungen (67,9 Mrd. EUR) und den
verzinslichen Wertpapieren (41,5 Mrd. EUR) aus.
Zwischen 2006 und 2010 hat sicher der Geldvermögensbestand von 398,8 auf 460,8
Mrd. EUR, also insgesamt um 15,5% bzw. um durchschnittlich jährlich um 3,7% ‐ also
schneller als die jährliche Inflationsentwicklung in dieser Zeit – erhöht.
Zu den Definitionen der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung, die von der
Oesterreichischen Nationalbank quartalsweise erhoben wird, siehe die Folien 37 und
38 im Anhang.
17
18. Geldvermögensbildung 2006‐2010
(in Mio. EUR)
2006 2007 2008 2009 2010
Bargeld 566 673 692 906 1.100
Täglich fällige Einlagen 2.838 1.396 1.109 13.130 3.000
Sonstige Einlagen 4.292 9.286 10.853 ‐5.869 ‐1.900
Verzinsliche Wertpapiere 1.133 3.764 4.705 ‐543 1.100
Börsennotierte Aktien 868 ‐748 664 327 1.400
Sonstige Anteilsrechte 695 440 586 257 100
Investmentzertifikate 1.595 ‐645 ‐3.956 923 2.300
Lebensversicherungsansprüche 3.671 2.711 2.047 2.856 2.900
Pensionskassenansprüche 940 615 282 1.177 700
Sonstiges Finanzvermögen 1.293 1.973 1.467 1.296 1.300
Geldvermögensbildung in Summe 17.893 19.465 18.449 14.459 12.000
Quelle: OeNB 18
Die angeführte Tabelle zeigt die Entwicklung der Geldkapitalbildung österreichischer
Haushalte im Verlauf der letzten fünf Jahre.
Auffallend ist dabei der Abbau sonstigen Einlagen im Jahre 2009 und 2010 (5,9 Mrd.
EUR bzw. 1,9 Mrd. EUR) bei gleichzeitigem Aufbau der täglich fälligen Einlagen. Dies
ist vor allem auf die geringe Zinsdifferenz zwischen täglich fälligen und längerfristig
gebundenen Spareinlagen zurückzuführen sein.
Außerdem fällt der Abbau von börsennotierten Aktien im Jahre 2007 um 748 Mio.
EUR (Beginn der Finanzkrise) und der neuerliche Aufbau mit der Erholung der
Aktienmärkte insbesondere im Jahre 2010 auf.
18
19. Geändertes Anlageverhalten durch die Krise
(Anteile am Geldvermögensbestand in %)
Quelle: OeNB, eigene Berechnungen
19
Das Anlageverhalten der privaten Haushalte Österreichs hat sich im Zuge der
globalen Finanz‐ und Wirtschaftskrise merklich verändert: Die Österreicher sind seit
Ausbruch der Krise – wenig überraschend ‐ deutlich risikoscheuer in ihren
Veranlagungen geworden.
Der Anteil der Einlagen (täglich fällig und gebundene) erhöhte sich von 43% (2006)
auf 47% (2009) am gesamten Geldvermögensbestand, auch das Bargeld nahm in
diesem Zeitraum von 3% auf 4% zu.
Hingegen ging der Anteil von riskanteren Investments wie etwa
Investmentzertifikaten von 11% (2006) auf 8% (2009) und von Aktien von 5% (2006)
auf 3%(2009) deutlich zurück. Diese Entwicklung war zu einem guten Teil auch durch
den Rückgang der Aktienkurse bedingt.
19
20. Bestimmungsgründe des
privaten Geldkapitalbestands
Erklärende Variable
Bargeldhaltung kurzfristiges Zinsniveau
Zinsdifferenz zwischen kurz‐ und
Täglich fällige Einlagen
langfristigem Zinsniveau
Zinsdifferenz zwischen kurz‐ und
Sonstige Einlagen
langfristigem Zinsniveau,
Langfristiges Zinsniveau und wirtschaftliche
Verzinsliche Wertpapiere
Lage
Börsennotierte Aktien,
Höhe der Leitzinsen und Aktienindex;
Anteilsscheine und
Einmaleffekte 2010
Investmentzertifikate
Lebensversicherung, Langfristiger Trend,
Pensionskassenansprüche steuerliche Begünstigung
20
Die Prognose des Geldvermögensbestandes und der Geldvermögensbildung für den
Zeitraum 2010 bis 2015 geht von folgenden Einflußgrößen auf die verschiedenen
Aggregate aus:
Die Höhe der Bargeldhaltung hängt vor allem mit der Höhe der kurzfristigen Zinsen
zusammen. Je höher die kurzfristigen Zinsen, desto höher die Opportunitätskosten
der Bargeldhaltung und desto geringer die Bargeldhaltung.
Täglich fällige Einlagen werden vor allem dann gehalten, wenn die Zinsdifferenz
zwischen kurz‐ und langfristigem Zinssatz gering oder im Falle einer inversen
Zinsstruktur sogar negativ ist, so dass eine längere Bindung nicht attraktiv ist.
Die genau umgekehrte Logik erklärt die Anlage in sonstige Einlagen (länger
gebundene Einlagen), die dann attraktiv ist, wenn die Zinskurve relativ steil verläuft.
Der Anteil der verzinslichen Wertpapiere läßt sich am besten mit dem Niveau der
langfristigen Zinssätze erklären. Außerdem spielt bei diesem Aggregat der
Konjunkturverlauf eine Rolle: im Konjunkturabschwung steigt der Wertpapieranteil
am Geldkapitalbestand, im Konjunkturabschwung sinkt er.
Börsennotierte Aktien, Anteilsscheine und Investmentzertifikate hingegen
vergrößern ihren Anteil an der Geldkapitalbildung typischerweise im
Konjunkturaufschwung (zunächst niedrige Leitzinsen und steigender Aktienindex),
während sie im Abschwung stark an Bedeutung verlieren.
Die Lebensversicherungen und Pensionskassenansprüche scheinen einer langfristigen
Trendentwicklung zu gehorchen.
20
21. Annahmen für die Prognose
der privaten Geldkapitalbildung
2010 2011 2012 2013 2014 2015
BIP real 2,0% 2,1% 2,3% 1,8% 1,6% 1,0%
Inflationsrate 1,9% 2,2% 2,0% 1,9% 1,7% 1,2%
EZB‐Leitzins 1,00% 1,06% 2,19% 2,81% 2,00% 1,38%
10‐jähriger EUR‐Bond 3,79% 4,50% 5,50% 4,50% 3,50% 3,30%
(Benchmark)
Euro‐Stoxx 50,
2800 3360 3696 3881 3493 3388
Jahresendstand
Veränderung in % ‐5,1% 20% 10% 5% ‐10% ‐3%
Quelle: Macro‐Consult
21
Die Prognose der Geldkapitalbildung geht von der eingangs dargestellten
mittelfristigen Wirtschaftsprognose und folgender Zins‐ und Aktienmarktentwicklung
2010 bis 2015 aus:
Die EZB hebt den Refinanzierungssatz (Leitzins) bis Mitte 2013 auf 3% an, um die
Inflationsgefahren zu brechen, und senkt in der Folge wieder ab.
Die 10‐jährigen Renditen für den EUR‐Benchmark‐Bond erhöhen sich aufgrund
steigender Inflationserwartungen im Zeitraum 2011 und 2012 auf 5,5% und
verringern sich dann, nachdem klar geworden ist, dass die EZB mit ihrer
Inflationsbekämpfungsstrategie erfolgreich ist, in den Jahren 2013 bis 2015.
Die europäischen Aktienbörsen legen im Jahr 2011 um 20%, 2012 um 10% und 2013
noch um 5% zu, bevor sie dann um 10% bzw. 3% in den Jahren 2014 bis 2015 sinken.
21
22. Prognose der privaten
Geldkapitalbildung 2010‐2015
22
Die Prognose der jährlichen Geldkapitalbildung 2011 bis 2015 zeigt aufgrund der
getroffenen Annahmen folgende Entwicklung:
1. die täglich fälligen Einlagen, die 2010 und 2011 stark zugenommen hatten, dürften
zunächst in den Jahren 2011 und 2012 aufgrund der steiler werdenden Zinskurve
wieder abgebaut werden.
2.Die sonstigen Einlagen hingegen, die 2009 stark zurückgekommen sind, werden in
den Jahren 2011 bis 2013 hingegen stark forciert, da ihre Attraktivität aufgrund des
steigenden langfristigen Zinsniveaus zunimmt.
3.Insgesamt ist damit zwischen 2011 und 2015 mit einem kumulativen Anstieg der
Spartätigkeit der privaten Haushalten in Form von täglich fälligen bzw. gebundenen
Einlagen in der Höhe von rund 24 Mrd. EUR zu rechnen. Das entspricht in etwa 30%
der in diesem Zeitraum stattfindenden Geldkapitalbildung.
4.Die jährliche Spartätigkeit der privaten Haushalte in Form von verzinslichen
Wertpapieren, die 2009 leicht negativ und 2010 leicht positiv war, steigt bis 2014 auf
knapp 5 Mrd. EUR an.
5.Investmentzertifikate und börsennotierte Aktien gewinnen in der
Geldkapitalbildung in den Jahren 2010 bis 2013 wieder etwas an Terrain, werden
aber – trotz positiver Aktienkursentwicklung ‐ durch die Wertpapierertragssteuer in
ihrer Dynamik gebremst.
6.Trotz niedriger Garantiezinses, dürften sich die Lebensversicherungen – nicht
zuletzt wegen der relativen steuerlichen Besserstellung – gegenüber Aktien und
Investmentfonds, weiterhin entsprechend ihrem langfristigen Trend entwickeln.
22
23. Prognose der Struktur des
Geldvermögensbestandes 2015
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
23
Trotz der erheblichen Veränderungen in der prognostizierten jährlichen
Geldkapitalbildung, sind daraus keine dramatischen Veränderungen im
Geldvermögensbestand ableitbar: Zwei Entwicklungen sind dabei offensichtlich:
1.Die Spareinlagen (sowohl täglich fällige Einlagen als auch sonstige Einlagen) dürften
– dem langfristigen Trend entsprechend – im Rahmen des privaten
Geldkapitalbestands etwas an Boden verlieren. Im Jahre 1980 etwa hatten die
Spareinlagen noch 2/3 der Geldkapitalbildung ausgemacht.
2.Festverzinsliche Wertpapiere und börsennotierte Aktien hingegen, die im Zuge der
Finanzkrise deutliche Anteilseinbußen hinnehmen mußten, sollten mittelfristig ihre
Anteile wieder etwas erhöhen können können.
23
24. Österreichisches Geldkapitalvermögen
2006‐2015 (Mio. EUR)
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
24
Insgesamt dürfte das Geldvermögen der privaten Haushalte in den nächsten fünf
Jahren von 469 Mrd. EUR heuer auf 538 Mrd. EUR im Jahre 2015 steigen. Im Jahre
2006 hatte es 399 Mrd. EUR betragen, 1980 gerade erst 67 Mrd. EUR.
24
25. Spareinlagen und verzinsliche Wertpapiere
(in Mio. EUR)
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
25
Betrachtet man die Entwicklung der Einlagen und der verzinslichen Wertpapiere
etwas genauer, so zeigt sich hier eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung bei den
verzinslichen Wertpapieren. Dies hängt auch damit zusammen, dass das Angebot an
Wertpapieren der öffentlichen Hand, der Banken und der Unternehmung (u.a. als
Folge von Basel III) merklich zunehmen wird. Dadruch wiederum wird das Wachstum
der Bankeinlagen beeinträchtigt.
Die rückläufige Entwicklung bei den sonstigen Einlagen in den Jahren 2009 und 2010
hängt mit dem niedrigen Zinsniveau für länger gebundene Spareinlagen bzw. dem
geringen Zinsunterschied zu täglich fälligen Einlagen zusammen. Mit der steiler
werdenden Zinskurve in den Jahren 2011 und 2012 gewinnen die sonstigen Einlagen
an Dynamik, was aber zum großen Teil auf Umschichtungen von den täglich fälligen
Einlagen hin zu länger gebundenen Einlagen zurückgeht.
25
26. Aktien, Anteilsrechte, Investmentfonds
und Lebensversicherungen (in Mio. EUR)
Quelle: OeNB, Macro‐Consult
26
Für die Entwicklung der Lebensversicherungen ergibt die vorliegende
Modellprognose trotz aktuell niedriger Renditen einen – wie schon in der
Vergangenheit beobachtbaren ‐ relativ kontinuierlichen Anstieg von derzeit rund 68
Mrd. EUR auf gut 79 Mrd. EUR (2015).
Die Entwicklung bei Investmentzertifikaten und börsennotierten Aktien spiegelt
sowohl in den Jahren 2006 bis 2010, als auch in der Prognose bis 2015 die
Konjunktur‐ bzw. Börsenentwicklung wieder. Insgesamt wachsen diese beide
Teilaggregate der Geldkapitalbildung jedenfalls rascher als das Gesamtaggregat.
1980 hatten die handelbaren Wertpapiere (also Aktien, verzinsliche Wertpapiere und
Investmentfonds) nur 9% der Geldkapitalbildung ausgemacht, nach der vorliegenden
Prognose wird ihr Anteil 2015 deutlich über 20% betragen, was die langfristige
Veränderung im Anlageverhalten demonstriert. Die sonstigen Anteilsrecht weisen
hingegen – wie schon in der Vergangenheit – ein unterdurchschnittliches
Wachstumstempo auf; dementsprechend verringert sich ihr Anteil laufend.
26
27. Der Wohlstand in Österreich wird steigen, die
Sparbereitschaft sinkt jedoch
Durchschnittliches Geldkapital pro Person und Sparquote: 2005, 2010 und 2015
9,7%
9,1%
in EUR 8,1%
Quelle: OeNB, Macro‐Consult, Erste Bank
27
Das durchschnittliche Pro‐Kopf‐Finanzvermögen in Österreich betrug im Jahre 2010
54.900 EUR. Davon entfiel der Großteil, nämlich 24.400 EUR bzw. 45% auf
Spareinlagen.
Bis 2015 dürfte sollte das Gesamtvermögen um mehr als 14% auf 62.800 EUR
steigen. Der Anteil der Spareinlagen wird leicht auf 43% zurückgehen.
28. Der Wohlstand in Österreich wird steigen, die
Sparbereitschaft sinkt jedoch
Durchschnittliches Geldkapital pro Haushalt und Sparquote: 2005, 2010 und 2015
in EUR
Sparquote
€ 15.500
110.100
€ 17.100 +12,2%
+2,3 % p.a.
+15,5%
+2,9% p.a.
Quelle: OeNB, Macro‐Consult, Erste Bank
28
Teilt man den gesamten Geldvermögensbestand durch die Anzahl der
österreichischen Haushalte (2010: 3,6 Mio.), dann erhält man für das
durchschnittliche Finanzvermögen pro Haushalt zuletzt einen Betrag von 127.200
EUR, wovon ebenfalls der Großteil (44,6%) auf Spareinlagen entfiel.
Bis 2015 sollte auf der Haushaltsebenen das Gesamtvermögen auf 142.700 EUR
steigen, der durchschnittliche österreichische Haushalt also in nominellen Größen um
15.500 EUR reicher werden.
29. IV. Schlussfolgerungen
29
Die folgende Studie gliedert sich folgendermaßen:
I.Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II.Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III.Private Geldkapitalbildung und privater Geldkapitalbestand
IV.Schlußfolgerungen
V.Anhang
29
30. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen (1)
1. Österreichs Wirtschaft dürfte nach dem Konjunkturaufschwung 2010 bis 2012 mittelfristig –
also zwischen 2013 und 2015 ‐ wieder etwas schwächer wachsen. Im Durchschnitt der Jahre
2011 bis 2015 ist mit einem realen Wirtschaftswachstum von 1,8% jährlich zu rechnen.
2. Dieser Konjunkturverlauf wird auch die Entwicklung der verfügbaren Einkommen und des
volkswirtschaftlichen Sparens bestimmen. Die verfügbaren Einkommen werden in den
kommenden fünf Jahren nominell um durchschnittlich 2,7% jährlich wachsen und damit
merklich langsamer als in der Periode 2000‐2010 (3,0%).
3. Ökonometrische Schätzungen zeigen, dass die Sparquote der privaten Haushalt Österreichs
vor allem durch die Einkommens‐ und Inflationsentwicklung bestimmt werden. Darüber
hinaus spielen auch die Budgetdefizite, der Realzinssatz und die Altersstruktur eine gewisse
Rolle für deren Verlauf.
4. Angesichts der gedämpften Einkommensentwicklung – nicht zuletzt verursacht durch niedrige
Vermögenseinkommen der letzten Jahre – hat die Sparquote der privaten Haushalte zwischen
2008 und 2010 von 11,8% auf 8,8% abgenommen. Dieser markante Rückgang kann auch in
den folgenden Jahren nicht wieder aufgeholt werden: Zwar zeichnet sich bis 2013 wieder ein
Anstieg auf 9,7% ab, aber in der darauf folgenden Konjunkturabschwächung wird die
Sparquote wieder auf 8,3% sinken.
30
30
31. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen (2)
5. Damit ist für die kommenden Jahre ein jährliches volkswirtschaftliches Sparvolumen in einer
Größenordnung zwischen 14,8 Mrd. EUR und 18,4 Mrd. EUR zu erwarten und liegt damit
deutlich niedriger als in den vergangenen fünf Jahren.
6. Österreich hat die globale Finanz‐ und Wirtschaftskrise gut gemeistert. Die öffentliche Hand
hat zurecht in der Krise gegengesteuert. Jetzt aber gilt es Spargesinnung zu stärken. Denn
privates (und öffentliches) Sparen ist für die langfristige Wachstumsperspektive sehr wichtig.
7. Häufige Änderungen steuerlicher und/oder anderer Rahmenbedingungen sind
kontraproduktiv für langfristiges Sparen. Sie erschweren die Planungssicherheit.
8. Die jährliche Geldvermögensbildung der privaten Haushalte wird sich entsprechend dem
Rückgang im Sparaufkommen in den kommenden Jahren ebenfalls abschwächen.
9. Der Geldvermögensbestand der österreichischen Haushalte liegt aktuell bei gut 460 Mrd. EUR,
das entspricht einem durchschnittlichen Geldvermögen von EUR 127.200 pro Haushalt bzw.
54.900 pro Person. Bis 2015 sollte der gesamte Geldkapitalbestand auf 538 Mrd. EUR steigen,
jener pro Haushalt auf 142.700 EUR, jener pro Person auf 62.800 EUR).
10. Der Großteil des Geldvermögensbestands wird derzeit in der Form täglich fälliger Einlagen
(13,7%) bzw. sonstiger Spareinlagen (32,8%) gehalten. Die Anteile dieser Anlagekategorien
dürften bis 2015 auf 12,5% bzw. 30,6% sinken. Dieser Rückgang entspricht einerseits dem
langfristigen Trend im Anlageverhalten und andererseits der prognostizierten Zinsentwicklung
(vergleichsweise niedrige kurzfristige Zinsen).
31
31
32. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen (3)
10. Der Anteil an verzinslichen Wertpapieren an der Geldkapitalbildung sollte hingegen zwischen
2010 und 2015 von 8,9% auf 10,3% steigen. Dafür ist die relativ attraktive Zinsentwicklung am
langen Ende der Zinskurve und das zu erwartende hohe Angebot an Wertpapieremissionen in
den kommenden Jahren verantwortlich.
11. Die börsennotierten Aktien können zwar ihren Einbruch im Zuge der Finanzkrise wieder etwas
wett machen, aber ihr Anteil bleibt aufgrund des eher risikoaversen Anlageverhaltens der
Österreicher mit 4,5% 2015 eher bescheiden.
12. Lebensversicherung profitieren in den kommenden Jahren davon, dass sie von der
Vermögenszuwachssteuer ausgenommen sind und sollten trotz niedriger garantierter
Zinssätze ‐ dem langfristigen Trend entsprechend – ihren Anteil an der privaten
Geldkapitalbildung weiter leicht erhöhen.
32
32
33. V. Anhang
(Zusatzfolien)
33
Die folgende Studie gliedert sich folgendermaßen:
I.Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
II.Volkswirtschaftliches Sparen und Sparquote
III.Private Geldkapitalbildung und privater Geldkapitalbestand
IV.Schlußfolgerungen
V.Anhang
33
36. Beziehung zwischen Spar‐ und Investitionsquote in
eine offenen Volkswirtschaft mit Staat
(1) BIP = Cp + Coe + Ip + Ioe + X – M
(2) Yd = BIP – Td – Tid – SV + TR
(3) Sp = Yd – Cp
(4) = (3) In (1) eingesetzt: BIP = Yd – Sp + Coe + Ip + Ioe + X – M und
(5) = (2) in (4) eingesetzt: Sp = Ip + (Coe + Ioe + TR – Td – Tid – SV) + (X – M) und
(6) = Gleichung 4 durch Yd gebrochen: Sp/Yd = Ip/Yd + (Coe + Ioe + TR – Td – Tid – SV)/Yd + (X –
M)/Yd bzw.
Private Sparquote = Private Investitionsquote + Budgetdefizitquote + Leistungsbilanzquote
BIP = Brutto‐Inlandsprodukt Yd = verfügbares Einkommen
Cp = privater Konsum Td = direkte Steuern
Coe = öffentlicher Konsum Tid = indirekte Steuern
Ip = private Investitionen SV = Sozialversicherungsbeiträge
Ioe = öffentliche Investitionen TR = Transferleistungen an priv. Haushalte
X = Exporte i.w.S.
M = Importe i.w.S.
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37. Wichtige Definitionen der Gesamtwirtschaftlichen
Finanzierungsrechnung (GFR)
Private Haushalte: Privatpersonen und selbstständig Erwerbstätige sowie
Einpersonenfirmen.
Bargeld und Einlagen: Banknoten, Münzen aus unedlen Metallen, Bimetallmünzen,
Silbermünzen, täglich fällige Konten bei Banken (Gehalts‐ und Pensionskonten,
Sichteinlagen), Termin‐ und Spareinlagen sowie Konzernverrechnungskonten. Die
Bewertung der Stände erfolgt zu Nominalwerten.
Verzinsliche Wertpapiere und Finanzderivate: Geldmarktpapiere (Wertpapiere mit einer
ursprünglich vereinbarten Laufzeit bis zu 1 Jahr), Kapitalmarktpapiere (Wertpapiere mit
einer ursprünglich vereinbarten Laufzeit von mehr als 1 Jahr) sowie Finanzderivate, die
sowohl auf Zinskontrakten als auch auf Kapitalkontrakten basieren. Die Wertpapier‐
transaktionen und die daraus resultierenden Wertpapierbestände inkludieren auch die
aufgelaufenen und noch nicht abgedeckten (bezahlten) Zinsforderungen. Die Bewertung
der Stände erfolgt zu Marktwerten.
Börsennotierte Aktien: Aktien eines Unternehmens, die an einer Börse notieren oder die
in anderer Form auf einem Markt gehandelt werden. Die Bewertung erfolgt zu
Marktwerten.
37
37
38. Wichtige Definitionen der Gesamtwirtschaftlichen
Finanzierungsrechnung (GFR)
Sonstige Aktien und Anteilspapiere: nicht börsennotierte Aktien, inländische GmbH‐
Anteile bzw. im Ausland Anteile an Kapitalgesellschaften sowie grenzüberschreitender
Besitz von Grundstücken. Die Bewertung erfolgt im Fall von Anteilspapieren zum
Buchwert des Eigenkapitals.
Investmentzertifikate: Anteile von Kapitalgesellschaften, die entweder an einer Börse
gehandelt werden (geschlossene Fonds) oder jederzeit von einer Kapitalgesellschaft
emittiert bzw. von einer solchen zurückgenommen werden (offene Fonds). Die
Bewertung erfolgt zu Marktwerten.
Versicherungstechnische Rückstellungen: Ansprüche privater Haushalte aus
Rückstellungen bei Lebensversicherungen und Pensionseinrichtungen sowie Ansprüche
privater Haushalte und nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften aus Prämienüberträgen
und Rückstellungen für eingetretene Versicherungsfälle. Die Bewertung erfolgt zu
Buchwerten.
Sonstige Forderungen/Verbindlichkeiten: Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus
Handelskrediten und Anzahlungen sowie alle finanziellen Forderungen bzw.
Verbindlichkeiten, die nicht in einer anderen Kategorie ausgewiesen werden. Mit
Berichtsstichtag Jahresultimo 2002 zählen zu dieser Kategorie auch Banknoten und
Münzen, die in Schilling denominiert sind.
Quelle: OeNB 38
38
39. Bestands‐ und Flussgröße:
Geldvermögensbestand und Geldvermögensbildung
GVBt +1 = GVB t + GVFt,
i
wobei GVBt = ∑pit Gvit.
Der Geldvermögensbestand des Jahres t+1 (GVBt +1) setzt sich aus der
Summe des Geldvermögensbestands des Jahres t (GVB t ) und
der Geldvermögensbildung des Jahres t (GVFt )
zusammen.
Der Geldvermögensbestand der Periode t (GVBt) ist die Summe über alle
Geldvermögenskategorien (Gvi) zum Zeitpunkt t, bewertet mit deren Preisen
pit.
Der Geldvermögensbestand ist eine Bestandsgröße, die Geldvermögens‐
bildung ein Flussgröße.
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39