Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Röckrath, Bock: Der Zugriff auf fremde Werke: Bearbeitung, freie Benutzung und Zitat
1. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
Der Zugriff auf fremde Werke:
Bearbeitung, freie Benutzung und Zitat
Prof. Dr. Gereon Röckrath
Geschäftsführer der Laeiszhalle – Musikhalle in Hamburg; Professur am Institut
für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in B
Hamburg 1.12
S. 1
Tobias Bock
Jurist
Inhalt Seite
1. Das Stufensystem des UrhG 3
2. Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung 5
2.1 Sinn und Zweck 5
2.2 Bearbeitungsrecht (§ 23 UrhG) und Bearbeiterurheberrecht
(§ 3 UrhG) 5
2.3 Gegenstand von Bearbeitungen bzw. Umgestaltungen 5
2.4 Bearbeitung: schöpferische Umgestaltung fremder Werke 6
2.5 Nichtschöpferische Umgestaltungen 8
2.6 Einwilligung 8
2.7 Rechtsfolgen 9
3. Freie Benutzung 10
3.1 Sinn und Zweck 10
3.2 Anwendungsbereich und Abgrenzung 10
3.3 Selbständiges Werk („Verblassen“) 10
3.4 Feststellung der freien Benutzung 11
3.5 Arten und Fälle der freien Benutzung 12
3.6 Melodienschutz 13
3.7 Rechtsfolgen 14
4. Zitat 15
4.1 Sinn und Zweck 15
4.2 Systematik 15
4.3 Zitierobjekt und Abgrenzung 15
4.4 Zitatzweck 16
4.5 Umfang 17
4.6 Selbständigkeit des übernehmenden Werkes 18
4.7 Wissenschaftliches Großzitat 18
4.8 Kleinzitat 19
4.9 Musikzitat 19
34 Kultur & Recht August 2006
2. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
4.10 Anführung einzelner Stellen 21
4.11 Erweiternde Auslegung 22
4.12 Quellenangabe und Veränderungsverbot 24
4.13 Rechtsfolgen 24
5. Sonderfragen 25
5.1 Plagiat 25
5.2 Doppelschöpfung 28
B
1.12
S. 2
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3. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
1. Das Stufensystem des UrhG
Das Urheberrecht schafft einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Urhebers,
über sein Werk umfassend bestimmen zu können, und den kulturellen Interessen
der Allgemeinheit am freien Zugang zu fremden Werken. Auch der Urheber
selbst gehört zu dieser Allgemeinheit, denn häufig bezieht er sich bei seinem
Werkschaffen auf schon vorhandene Schöpfungen seiner Vorgänger. Er schafft
seine Werke nicht im „luftleeren Raum“, sondern angeregt von dem, was er in der B
Gesellschaft vorfindet. In seine Arbeit, die wiederum selbst die Kultur bereichert, 1.12
fließen insbesondere auch Inspirationen ein, die von Werken anderer Urheber S. 3
ausgehen. Hier entsteht ein Spannungsfeld zwischen dem eigenen und dem be-
nutzten Werk, zwischen Geben und Nehmen und zwischen Kunstfreiheit und
Urheberschutz. Solange das Originalwerk urheberrechtlich geschützt ist, setzt das
Urheberrecht der Gestaltungsfreiheit Grenzen, damit nicht der eine Urheber sich
auf Kosten des anderen bereichern kann.
Nun gibt es verschiedene und unterschiedlich intensive Möglichkeiten, auf frem-
de Werke Zugriff zu nehmen (vgl. dazu auch Flechsig, Kultur & Recht, B 1.1, S.
25 f.). Diese reichen von der einfachen Kopie bis zur Verwendung als bloße An-
regung für ein völlig neues Werk. Demgemäß enthält das UrhG ein differenziertes
Stufensystem. Je nach dem, wie weit die Bezugnahme reicht, wird unterschieden
zwischen der Vervielfältigung bzw. unkörperlichen Wiedergabe des Werkes, der
Bearbeitung oder sonstigen Umgestaltung und der freien Benutzung. Außerdem
gestattet das UrhG unter bestimmten Voraussetzungen das Zitieren fremder Wer-
ke. Die Übergänge sind hier freilich fließend.
Die direkteste Form der Wiederholung eines Werkes ist die schlichte Reprodukti-
on. Geschieht diese durch eine körperliche Festlegung, z. B. durch Abschriften,
Fotokopien, Abzeichnen eines Bildes, so liegt eine Vervielfältigung gemäß
§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG vor, die der Urheber – vorbehaltlich vertraglicher
Regelungen und der urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen – anderen unter-
sagen kann. Auch für die Wiedergabe des Werkes in unkörperlicher Form (z.B.
Vortrag, Sendung oder Aufführung von Werken) sind dem Urheber die entspre-
chenden Befugnisse vorbehalten (§§ 15 Abs. 2, 19-22 UrhG). Dies gilt nicht nur
für die direkte Übernahme des gesamten Werkes, sondern auch von für sich urhe-
berrechtsschutzfähigen Teilen. Die schlichte Vervielfältigung oder Wiedergabe
selbst genießt keinen Urheberschutz, weil es an einer persönlichen geistigen
Schöpfung des Kopisten fehlt. Daran ändert es nichts, dass die Nachbildung rein
handwerklich durch einen anderen vorgenommen worden ist und (bewusst oder
unbewusst) kleinere Abweichungen enthält.
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4. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
Bei Bearbeitung und freier Benutzung wird das Originalwerk – auf verschiedene
Art und Weise – durch Veränderungen mit einer eigenen Leistung in Beziehung
gesetzt. Solche eigenständige Umgestaltungen sind selbst geschützt, bedürfen
aber teils ebenfalls der Zustimmung des Urhebers des Originalwerks.
Gemeinsam ist der Vervielfältigung, der Wiedergabe in unkörperlichen Form, der
Bearbeitung bzw. Umgestaltung und der freien Benutzung, dass das Originalwerk
B Ausgangspunkt der Benutzung ist. Bei der Vervielfältigung und der Wiedergabe
1.12 bleibt aber die individuelle Prägung des Ausgangswerkes in der Kopie unmittelbar
erhalten. Es handelt sich um eine bloße Reproduktion von Vorgefundenem ohne
S. 4
eigene „Zutaten“. Auch bei der Bearbeitung ist der übernommene geistige Gehalt
des Ursprungswerkes noch erkennbar, weshalb zugleich eine Vervielfältigung oder
Wiedergabe des Originalwerkes gegeben sein kann. Der geistige Gehalt ist aber
verändert und ergänzt worden. Bei der freien Benutzung ist dagegen die Individua-
lität des bearbeiteten durch die des nachgeschaffenen Werkes gänzlich überlagert.
Die freie Benutzung stellt daher keine Vervielfältigung oder Wiedergabe des Origi-
nalwerkes dar, weil insofern eine selbständige Schöpfung vorliegt.
Auch das Zitatrecht lässt den Gebrauch urheberrechtlich geschützter Elemente zu,
soweit diese als „fremde Zutat“ in dem aufnehmenden Werk erkennbar und zum
Beleg eigener Ausführungen angeführt sind.
Im Folgenden sollen die Bearbeitung und die freie Benutzung näher betrachtet
werden. Deren Abgrenzung hat weitreichende Folgen, weil es nur für die freie
Benutzung nicht der Zustimmung des Urhebers des fremden Werkes bedarf. Da-
nach ist auf das Zitatrecht einzugehen. Abschließend werden einige Sonderfragen
im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf fremde Werke zu erörtern sein.
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