Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Meißner: Vergaberecht für Kultureinrichtungen. Ein Leitfaden für die Vergabe öffentlicher Aufträge
1. I Kulturfinanzierung - Öffentliches Haushalts- und Zuwendungsrecht
I2 Zuwendungsrecht
Vergaberecht für Kultureinrichtungen
Ein Leitfaden für die Vergabe öffentlicher Aufträge
Barbara Meißner
Hauptreferentin beim Deutschen Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Köln
Inhalt Seite
1. Rechtsgrundlage zur Anwendung der Vergaberegeln 3
1.1 Öffentliche Auftraggeber 3
1.2 Öffentlicher Auftrag 7
2. Funktionaler Anwendungsbereich der Vergabeordnungen 16
2.1 Anwendungsbereich der Vergabe- und Vertragsordnung für
Bauleistungen – VOB 2009 – 16
2.2 Anwendungsbereich der Vergabe- und Vertragsordnung für
Leistungen – VOL 2009 – 17
2.3 Anwendungsbereich der Vergabeordnung für freiberufliche
Leistungen – VOF – 17
3. Vorbereitung der Vergabe 17
3.1 Berechnung des Schwellenwertes 18
3.2 Grundsätze der Ausschreibung 19
4. Die Ausschreibung 20
4.1 Festlegung des Ausschreibungsgegenstandes 21
4.2 Vergabearten 21
5. Aufteilung in Lose 24
6. Vorabinformation 26
7. Bekanntmachung, Aufforderung zur Angebotsabgabe 26
7.1 Nationale Vergabe 26
7.2 Europaweite Vergabe 27 I
8. Versand der Vergabeunterlagen 28 2.2
8.1 Teilnehmer am Wettbewerb 28 S. 1
9. Inhalt der Vergabeunterlagen 32
9.1 Anschreiben 32
9.2 Vertragsunterlagen 33
10. Abgabe der Angebote 35
10.1 Angebotsfrist 35
10.2 Inhalt und Form der Angebote 36
11. Öffnung der Angebote 37
11.1 Vorgänge vor der Öffnung der Angebote 37
11.2 Vorgänge während der Verhandlung zur Öffnung der Angebote 37
50 Kultur & Recht Juli 2010
2. I Kulturfinanzierung - Öffentliches Haushalts- und Zuwendungsrecht
I2 Zuwendungsrecht
12. Prüfung der Angebote 38
12.1 Formelle Angebotsprüfung 39
12.2 Inhaltliche Angebotsprüfung 39
13. Aufklärung des Angebotsinhaltes 40
14. Wertung der Angebote 41
15. Ende des Vergabeverfahrens 43
15.1 Der Zuschlag 43
15.2 Die Aufhebung der Ausschreibung 46
16. Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen 48
16.1 Rechtsschutz bei nationaler Vergabe 48
16.2 Rechtsschutz bei europaweiten Vergaben 51
Checkliste: Öffentliche Auftraggebereigenschaft,
§ 98 Nr. 2 GWB 5
Checkliste: Gleichbehandlung 28
Checkliste: Inhalt und Form der Angebote 36
Checkliste: Prüfung durch den Verhandlungsleiter 38
Checkliste: Ausschluss von Angeboten 41
Checkliste: Informationspflicht des öffentlichen Auftraggebers
bei der europaweiten Vergabe vor Zuschlagserteilung 45
I
2.2
S. 2
Die öffentlichen Auftraggeber haben bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen,
wie z.B. der Ausschreibung von Druckerzeugnissen, der Hausreinigung und Ab-
fallbeseitigung, der Beschaffung von Bühnenmaterial für die Werkstatt usw.
bestimmte Regeln zu beachten. Unterlassen sie dieses gegenüber den Bietern,
sind sie diversen Restriktionen ausgesetzt. Die Spanne reicht von der Überprü-
fung des Vergabeverfahrens durch zwei Instanzen mit anschließender Entschei-
dung über die Zuschlagserteilung bis zum Schadensersatz. Umso wichtiger ist es
daher, das Vergaberecht zu beherrschen. Der folgende Beitrag wird Ihnen den
Einstieg in das Rechtsgebiet erleichtern, aber auch tiefergehende Fragen beant-
worten.
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3. I Kulturfinanzierung - Öffentliches Haushalts- und Zuwendungsrecht
I2 Zuwendungsrecht
1. Rechtsgrundlage zur Anwendung
der Vergaberegeln
Die kulturellen Einrichtungen sind wie alle privaten Unternehmen und Personen
Nachfrager am Markt. Obgleich sie als Auftraggeber bei der Vergabe ihrem Auf-
tragnehmer auf derselben Rechtsebene entgegentreten wie jeder andere private
Auftraggeber auch, ergeben sich für diese allerdings Bindungen aufgrund speziel-
ler Regelungen. Diese speziellen Regelungen haben sie anzuwenden, wenn sie
„öffentlicher Auftraggeber“ sind und als solche „öffentliche Aufträge“ vergeben.
1.1 Öffentliche Auftraggeber
Wer als „öffentlicher Auftraggeber“ gilt, hängt von der Art der Vergabe ab.
Handelt es sich um eine nationale – also beschränkt auf die Bundesrepublik
Deutschland – sind andere Rechtsgrundlagen zu beachten als bei der europa-
weiten Vergabe.
Nationale Vergabe
Bei der nationalen Vergabe ist Grundlage für die Anwendung der Vergaberegeln,
auf die im Einzelnen noch später einzugehen ist, das Haushaltsrecht. Nach gel-
tendem Recht sehen die einschlägigen Paragraphen
- der Bundeshaushaltsordnung (§ 55 BHO),
- der Landeshaushaltsordnung (LHO) oder
- Gemeindehaushaltsverordnung (idR § 31 GemHVO)
vor, dass der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung vorangehen
muss, sofern nicht die Natur des Geschäfts eine Ausnahme rechtfertigt. Die
Richtlinien, nach denen bei dieser Ausschreibung zu verfahren ist, werden – wie
im Fall von Bund und Ländern – vom zuständigen Finanzressort festgelegt. Die
Kommunen haben die durch den Erlass des jeweiligen Innenministers bekannt
gegeben Richtlinien anzuwenden. Bei diesen Richtlinien handelt es sich um
I
2.2
- die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB),
S. 3
- Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – außer Bauleistungen – (VOL)
sowie
- der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF)
Im Gegensatz zur VOB, deren Anwendung den Kommunen zwingend vorge-
schrieben ist, ist die VOL in den meisten Ländern lediglich zur Anwendung emp-
fohlen. Die VOF findet lediglich für die europaweiten Vergaben Anwendung.
Aber genau wie Bund und Länder wenden auch die Kommunen in der Regel alle
Vergabeordnungen bei der Vergabe an.
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4. I Kulturfinanzierung - Öffentliches Haushalts- und Zuwendungsrecht
I2 Zuwendungsrecht
Geltungsbereich
Aus der haushaltsrechtlichen Lösung ergibt sich eine Geltung der Verdingungs-
ordnungen lediglich
- auf den Bund,
- die Länder,
- die Kommunen sowie deren Sondervermögen sowie
- die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten.
Diese gelten als öffentliche Auftraggeber.
Dieses bedeutet im Umkehrschluss: Gesellschaften, deren Gesellschaftsanteile
sich zu 100 % oder mehrheitlich im Eigentum dieser öffentlichen Auftraggeber
befinden, sind davon befreit. Das bedeutet: diese sind frei in der Wahl ihrer Ver-
gabearten.
Allerdings können sich für diese auch Bindungen ergeben.
- In Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern sind die Kommunen
aufgrund von Regelungen in der Gemeindeordnung aufgefordert, ihre Unter-
nehmen zur Anwendung der Vergabeordnungen zu verpflichten.
- Darüber hinaus ist es den Kommunen freigestellt, Regelungen im Gesell-
schaftsvertrag ihrer Gesellschaften vorzusehen (ohne rechtliche Verpflichtung),
wonach diese zur Anwendung der Vergabeordnungen verpflichtet sind.
- Die Anwendung der Vergabeordnungen wird nicht zuletzt häufig auch von
einem Zuwendungsgeber zur Auflage eines Zuwendungsbescheides gemacht.
Europaweite Vergabe
Bei der europaweiten Vergabe dagegen wurde von der haushaltsrechtlichen Lösung
zu Gunsten des Kartellvergaberechtes abgewichen. Hier hat sich der Gesetzgeber
für die gesetzliche Lösung und das Kaskadenprinzip entschlossen. Die gesetzlichen
Regelungen zum Vergaberecht finden sich im vierten Teil des Gesetzes gegen Wett-
bewerbsbeschränkungen (GWB), welches am 23. April 2010 durch das Gesetz zur
I Modernisierung des Vergaberechts novelliert wurde (BGBl. I, S. 790 ff.).
2.2
Danach verweist das GWB in §§ 97 Abs. 6, 127 GWB auf die Vergabeverord-
S. 4
nung – VgV, die nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe öffentlicher
Aufträge einzuhaltende Verfahren sowie über die Zuständigkeiten bei der Durch-
führung von Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge oberhalb der
Schwellenwerte der europaweiten Vergabe vorsieht. Sie wurde aktuell novelliert
und ist am 11. Juni 2010 in Kraft getreten (BGBl. I, S.724 ff). Diese wiederum
verweist für Einzelheiten des Verfahrens auf die Vergabeordnungen. Danach sind
im Falle der europaweiten Ausschreibung folgende Regelungen zu beachten
(Kaskadenprinzip):
– § 97 Abs. 6 in Verbindung mit § 127 GWB,
– Verweis auf §§ 4 ff VgV,
– Verweis auf Vergabeordnungen (VOB, VOL, VOF).
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