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Dienstauto- Lösung


Frau H. arbeitet in der Personalabteilung eines Pharmazieunternehmens. Sie verfügt
über einen Dienstwagen, welchen sie auch privat nutzen kann. Sie hat aufgrund
einer Richtlinie, genannt „Car-Policy“, im Unternehmen Anspruch auf einen
Dienstwagen. Diese Richtlinie sieht vor, dass MitarbeiterInnen ab der Verwendung in
einer gewissen Hierarchiestufe, Dienstwägen zur Verfügung gestellt werden.
Dienstreisen fallen für Frau H. nur unregelmäßig an, diese absolviert sie mit dem
Flugzeug und nicht mit ihrem Dienstwagen. Nach ihrer Karenz, für deren Dauer Frau
H. den Dienstwagen an das Unternehmen zurückgestellt hat, vereinbart sie mit ihrem
Dienstgeber Elternteilzeit. Sie erkundigt sich danach, welches Auto ihr in Zukunft zur
Verfügung gestellt werden wird. Ihr Vorgesetzter sagt ihr, dass sich jemand vom
Fuhrpark bei ihr melden wird. Sie erwähnt im Zuge des Gespräches auch, dass sie
sich wegen eines passenden Kindersitzes für das neue Auto umschauen muss.
Einige Tage später erkundigt sich Frau H. erneut nach dem Dienstwagen. Bei dieser
Gelegenheit wird ihr von ihrem Vorgesetzten erklärt, dass die „Car-Policy“ soeben
geändert wurde, und ihr nun doch kein Dienstwagen mehr zur Verfügung gestellt
werden kann. Die neue Richtlinie besagt, dass nur VollzeitmitarbeiterInnen ein
Dienstwagen zur Verfügung steht. Frau H. vermutet eine Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts, da ihre männlichen Kollegen, welche in Vollzeit arbeiten, alle
entsprechend der „Car Policy“ einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen.




                                                                                     1
Lösung:


  1. Welche Argumente sprechen für eine Diskriminierung aufgrund des
     Geschlechts beim Entgelt – auf welche Rechtsgrundlage kann diese im
     österreichischen Recht gestützt werden?


     Antwort: Frau H. erhält im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen nach ihrer
     Karenz keinen Dienstwagen mehr zur Verfügung gestellt. In § 3 Z 2 GlBG wird
     das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Festsetzung
     des Entgelts normiert. § 12 Abs 2 GlBG bestimmt als Rechtsfolge für die
     Verletzung dieser Bestimmung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit den
     Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung
     aufgrund der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung.


  2. Fällt die zur Verfügung Stellung eines Dienstwagens unter den Entgeltbegriff?


     Antwort: ja, die Verwendung eines Dienstwagens zur privaten Verwendung
     stellt einen Naturallohn dar. Sowohl Unionsrecht (Art 157 AEUV, EuGH) als
     auch das österreichische Recht fassen den Entgeltbegriff weit. Der
     europäische Begriff umfasst nicht nur die Grund- und Mindestentgelte,
     sondern auch alle sonstigen Vergütungen, die mittelbar oder unmittelbar als
     Geld oder Sachleistung vom Arbeitgeber bezahlt werden.


  3. Wie beurteilen Sie die Chancen für die Behauptung einer unmittelbaren
     Diskriminierung – durch welche Einwendung kann die AGIn diese entkräften?


     Antwort: eine unmittelbare Diskriminierung (Diskriminierung aufgrund des
     Geschlechts) kann von der AGIn dadurch entkräftet werden, dass
     eingewendet wird, der Dienstwagen wird Frau H. nicht aufgrund ihres
     weiblichen Geschlechts nicht zur Verfügung gestellt, sondern weil die
     Bestimmungen der „Car Policy“ dies nur für Vollzeitkräfte vorsehen. Frau H.
     könnte jedoch argumentieren, dass die Änderung der „Car Policy“ zeitlich in
     einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bekanntgabe ihrer Elternteilzeit


                                                                                    2
stehe und aus diesem Grund sehr wohl von einer unmittelbaren
   Diskriminierung auszugehen sei, da gem. § 3 GlBG auch eine Bezugnahme
   auf den Ehe- oder Familienstand eine diskriminierende Handlung darstellt. Die
   Wertung dieser Argumente im Rahmen der Beweiswürdigung obliegt dem
   befassten Gericht.


4. Wie kann eine mittelbare Diskriminierung argumentiert werden?


   Antwort: Frau H. wird die zur Verfügung Stellung eines Dienstwagens mit
   Bezug auf eine scheinbar neutrale Regelung (unterschiedliche Behandlung
   Vollzeit/Teilzeit – auch Männer können teilzeitbeschäftigt sein) nicht
   genehmigt. Das Kriterium Teilzeit ist „in besonderer Weise geeignet“ Frauen
   stärker zu benacheiligen als Männer.


5. Welche Rechtfertigungsgründe könnte das Unternehmen im Falle der
   Vermutung einer mittelbaren Diskriminierung vorbringen – wie ist bei der
   Prüfung dieser Rechtfertigungsgründe vorzugehen?


   Antwort: das Unternehmen wird womöglich wirtschaftliche Gründe für diese
   Regelung in der „Car-Policy“ vorbringen, die Berufung allein auf
   wirtschaftliche Gründe ist grundsätzlich nicht als legitimes Ziel zu beurteilen
   (u.a. EuGH Hill u. Stapleton C- 243/95). Dies führt zur Bejahung einer
   mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.


6. Welche Lösung würden Sie den beiden Parteien anbieten, um die Situation zu
   bereinigen?


   Antwort: Frau H. steht zumindest die Leistung eines aliquoten
   Gehaltsäquivalents für die nicht mehr mögliche Nutzung des Dienstwagens
   zu. Es wäre genauer zu klären, ob Frau H. den Dienstwagen für Dienstfahrten
   und zusätzlich als Annex zur primären dienstlichen Nutzung für die
   Privatnutzung verwendet hat oder ausschließlich für private Nutzung. Wenn
   die Nutzung des Dienstwagens primär für dienstliche Zwecke gedacht war,
   wird als Entgelt nur der durch die Privatnutzung entstandene Mehraufwand


                                                                                     3
anzusehen sein und dafür ein Gehaltsäquivalent gebühren. Die nicht mehr
vorhandene Nutzung des Dienstwagens für dienstliche Zwecke wird als
Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen zu qualifizieren sein.
Frau H. kann ihren Anspruch sowohl auf das Gleichbehandlungsgesetz
stützen als auch auf den allg. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.




                                                                              4

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Fall dienstauto loesung

  • 1. Dienstauto- Lösung Frau H. arbeitet in der Personalabteilung eines Pharmazieunternehmens. Sie verfügt über einen Dienstwagen, welchen sie auch privat nutzen kann. Sie hat aufgrund einer Richtlinie, genannt „Car-Policy“, im Unternehmen Anspruch auf einen Dienstwagen. Diese Richtlinie sieht vor, dass MitarbeiterInnen ab der Verwendung in einer gewissen Hierarchiestufe, Dienstwägen zur Verfügung gestellt werden. Dienstreisen fallen für Frau H. nur unregelmäßig an, diese absolviert sie mit dem Flugzeug und nicht mit ihrem Dienstwagen. Nach ihrer Karenz, für deren Dauer Frau H. den Dienstwagen an das Unternehmen zurückgestellt hat, vereinbart sie mit ihrem Dienstgeber Elternteilzeit. Sie erkundigt sich danach, welches Auto ihr in Zukunft zur Verfügung gestellt werden wird. Ihr Vorgesetzter sagt ihr, dass sich jemand vom Fuhrpark bei ihr melden wird. Sie erwähnt im Zuge des Gespräches auch, dass sie sich wegen eines passenden Kindersitzes für das neue Auto umschauen muss. Einige Tage später erkundigt sich Frau H. erneut nach dem Dienstwagen. Bei dieser Gelegenheit wird ihr von ihrem Vorgesetzten erklärt, dass die „Car-Policy“ soeben geändert wurde, und ihr nun doch kein Dienstwagen mehr zur Verfügung gestellt werden kann. Die neue Richtlinie besagt, dass nur VollzeitmitarbeiterInnen ein Dienstwagen zur Verfügung steht. Frau H. vermutet eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, da ihre männlichen Kollegen, welche in Vollzeit arbeiten, alle entsprechend der „Car Policy“ einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen. 1
  • 2. Lösung: 1. Welche Argumente sprechen für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Entgelt – auf welche Rechtsgrundlage kann diese im österreichischen Recht gestützt werden? Antwort: Frau H. erhält im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen nach ihrer Karenz keinen Dienstwagen mehr zur Verfügung gestellt. In § 3 Z 2 GlBG wird das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Festsetzung des Entgelts normiert. § 12 Abs 2 GlBG bestimmt als Rechtsfolge für die Verletzung dieser Bestimmung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit den Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung aufgrund der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung. 2. Fällt die zur Verfügung Stellung eines Dienstwagens unter den Entgeltbegriff? Antwort: ja, die Verwendung eines Dienstwagens zur privaten Verwendung stellt einen Naturallohn dar. Sowohl Unionsrecht (Art 157 AEUV, EuGH) als auch das österreichische Recht fassen den Entgeltbegriff weit. Der europäische Begriff umfasst nicht nur die Grund- und Mindestentgelte, sondern auch alle sonstigen Vergütungen, die mittelbar oder unmittelbar als Geld oder Sachleistung vom Arbeitgeber bezahlt werden. 3. Wie beurteilen Sie die Chancen für die Behauptung einer unmittelbaren Diskriminierung – durch welche Einwendung kann die AGIn diese entkräften? Antwort: eine unmittelbare Diskriminierung (Diskriminierung aufgrund des Geschlechts) kann von der AGIn dadurch entkräftet werden, dass eingewendet wird, der Dienstwagen wird Frau H. nicht aufgrund ihres weiblichen Geschlechts nicht zur Verfügung gestellt, sondern weil die Bestimmungen der „Car Policy“ dies nur für Vollzeitkräfte vorsehen. Frau H. könnte jedoch argumentieren, dass die Änderung der „Car Policy“ zeitlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bekanntgabe ihrer Elternteilzeit 2
  • 3. stehe und aus diesem Grund sehr wohl von einer unmittelbaren Diskriminierung auszugehen sei, da gem. § 3 GlBG auch eine Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand eine diskriminierende Handlung darstellt. Die Wertung dieser Argumente im Rahmen der Beweiswürdigung obliegt dem befassten Gericht. 4. Wie kann eine mittelbare Diskriminierung argumentiert werden? Antwort: Frau H. wird die zur Verfügung Stellung eines Dienstwagens mit Bezug auf eine scheinbar neutrale Regelung (unterschiedliche Behandlung Vollzeit/Teilzeit – auch Männer können teilzeitbeschäftigt sein) nicht genehmigt. Das Kriterium Teilzeit ist „in besonderer Weise geeignet“ Frauen stärker zu benacheiligen als Männer. 5. Welche Rechtfertigungsgründe könnte das Unternehmen im Falle der Vermutung einer mittelbaren Diskriminierung vorbringen – wie ist bei der Prüfung dieser Rechtfertigungsgründe vorzugehen? Antwort: das Unternehmen wird womöglich wirtschaftliche Gründe für diese Regelung in der „Car-Policy“ vorbringen, die Berufung allein auf wirtschaftliche Gründe ist grundsätzlich nicht als legitimes Ziel zu beurteilen (u.a. EuGH Hill u. Stapleton C- 243/95). Dies führt zur Bejahung einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. 6. Welche Lösung würden Sie den beiden Parteien anbieten, um die Situation zu bereinigen? Antwort: Frau H. steht zumindest die Leistung eines aliquoten Gehaltsäquivalents für die nicht mehr mögliche Nutzung des Dienstwagens zu. Es wäre genauer zu klären, ob Frau H. den Dienstwagen für Dienstfahrten und zusätzlich als Annex zur primären dienstlichen Nutzung für die Privatnutzung verwendet hat oder ausschließlich für private Nutzung. Wenn die Nutzung des Dienstwagens primär für dienstliche Zwecke gedacht war, wird als Entgelt nur der durch die Privatnutzung entstandene Mehraufwand 3
  • 4. anzusehen sein und dafür ein Gehaltsäquivalent gebühren. Die nicht mehr vorhandene Nutzung des Dienstwagens für dienstliche Zwecke wird als Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen zu qualifizieren sein. Frau H. kann ihren Anspruch sowohl auf das Gleichbehandlungsgesetz stützen als auch auf den allg. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. 4