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                                bewegt.
                                                                      aber sicher nicht umsonst.




                                das magazin mit tatendrang




Kulturschock
Die ersten Tage in der Fremde



8 Schritte zum Projekt
Richtig planen und durchführen



Psychotest
Ungewohnte Situationen warten auf dich                       liv i n g e u ro pe
Impressum
 bewegt. das magazin mit tatendrang
 Ausgabe 1, Mai 2011; Herausgegeben von
 JUGEND für Europa
 Deutsche Agentur für das EU-Programm JUGEND IN AKTION
 Godesberger Allee 142–148
 53175 Bonn

 Vertretungsberechtigt
 Hans-Georg Wicke

 Konzeption




                                                                                                                                     Bilder: siehe jeweilige Artikel, Grafiken/Illustrationen von elfgen pick intermedia
 Andreas Klünter

 Autoren dieser Ausgabe
 Marco Heuer, Stephanie Lachnit, Julia Ließneck, Leon Reichardt, Elisa
 Rheinheimer, Christine Roskopf, Nina Voigt

 Bildredaktion
 Andreas Klünter, Miriam Lochner

 Redaktion
 Andreas Klünter, Lisa Lindner, Fabienne Pradella                          In dieser Ausgabe begeben
                                                                           wir uns nach …
                                                                                                           Berlin
 Gestaltung und Satz                                                                               Essen            Chisinau
 elfgen pick intermedia, Friedberg
                                                                                          Aachen                          Istanbul
 Cover                                                                           Barcelona
 Anna-Lena Thamm/ cydonna/ photocase.com

 Druck                                                                   Baixo-Alentejo
 Druckhaus Süd, Köln

 Papier
 Dieses Magazin wurde auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem
 Papier der Marke envirotop gedruckt.

 Weitere Informationen
 Alle Infos und Richtlinien zu JUGEND IN AKTION
  www.jugend-in-aktion.de

 Informationen zu JUGEND für Europa, den Schwerpunkten unserer
 Arbeit, unsere Fortbildungsangebote und unsere Newsletter gibt
 es unter  www.jugendfuereuropa.de

 Alle Internet-Seiten von JUGEND für Europa finden Sie unter
  www.webforum-jugend.de

 Der direkte Kontakt zu JUGEND für Europa
 JUGEND für Europa
 Deutsche Agentur für das EU-Programm JUGEND IN AKTION
 Godesberger Allee 142 – 148, 53175 Bonn
 Telefon 0228 9506 - 220, Telefax 0228 9506 - 222

 Regional
 Einstiegsinformationen für Jugendliche und Fachkräfte bieten auch die
 Regionalen Kontaktstellen JUGEND IN AKTION
  www.jugend-in-aktion.de/regional




          Jugend für Europa
          Deutsche Agentur
          für das EU-Programm
          jugend in Aktion
Inhalt
               Seite 4     Los geht’s
               Seite 5     Was bringt mir
                           das alles?                                         Kulturschock
                                                                              Der Beginn eines EFD
                                                                    Seite 6   » Julia Ließneck berichtet aus Moldawien




               Seite 9    Wegweiser fürs Zuhause­ ühlen
                                                f
                                                                                                                                           Europablicke
                P
                          Use-It Stadtplan für junge Reisende                                                                 Seite 11
                    t
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                 ro j                                                                                                                      Leon in Barcelona


                                                                        Seite 13   Psychotest


                                                                        Seite 14   Meckern is’ nich. Machen!
                                                                                   Acht Phasen eines Projekts


                                                                                                                   Seite 18   Cultural Capitals united
                                                                                                                              Europäische Kulturhauptstadt


                                                     Mitmischen in Deutschland
                                                                                                                                      P
                        Seite 16



                                                                                                                                             t
                                                     und Europa
                                                                                                                                           ek
                                                                                                                                         ro j
                                                     Auf Partizipationsreise durch Deutschland




Seite                                                                                                                               Seite 28
                                                                                                                                                 Auflösung Psychotest


                                                                       Seite 23

                            P                                          Da, wo sich Grenzen
                                                 t




                                                                                                                                   Seite 26
                                          ek




                               ro j

         Faust in da street                                            aufheben lassen
                                                                       Israelische Freiwillige im Portrait
                                                                                                                                   Alles cool!                          I nt e
                                                                                                                                                                            r
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                                                                                                                                                                                 e
         Goethe meets HipHop                                                                                                       Kurzbesuch bei Ahmet in Istanbul



                                                                                              P
                                                                                                   t
                                                                                                  ek




                                                                                               ro j

                                                                                                                    Ein Jahr in Portugal
                                             xc. u
                                      lian, s h




                                                                                                        Seite 31


                P
                                                                                                                    Olivia blickt zurück
                                 Ki




                                      a
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                            Zsuzsan




                                                                                                                                                           In




                                                                                                                                                               te
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  Seite 29   (Inter-)kulinarische Entdeckungsfahrten
             Rezepte und Kochprojekte
Los geht’s
Suchst du neue Ideen? Anregungen?
Inspiration?
Du denkst, bei dir muss sich
doch mal was bewegen.
Du brauchst eine Luftveränderung.

Das EU-Programm JUGEND IN AKTION kann dir dabei
helfen. Es fördert deinen Tatendrang. Es bewegt dich von
einem Land ins andere. Und es bewegt deine Ideen –
von einem Blatt Papier in die Wirklichkeit. Mit JUGEND IN
                                                                                                                                     9 0%
                                                                                                                                    Das P
                                                                                                                                           ro
                                                                                                                                   90 % d gramm JUG
                                                                                                                                         e                E
AKTION kannst du eigene Projekte umsetzen, neue Leute                                                                             rung e r teilnehmen ND IN AK
                                                                                                                                          r              d
                                                                                                                                  anges wiesen und en Jugend
                                                                                                                                         ehen
kennen lernen, neue Länder und Kulturen.                                                                                                       werde kann somit
                                                                                                                                 Mehr                  n.
                                                                                                                                       als 90
                                                                                                                                 Mut a        % alle
                                                                                                                                      uch in        r Ju
                                                                                                                                              der Zu gendliche
                                                                                                                                                     kunft        n
„bewegt. das magazin mit tatendrang“ erzählt von Men-
                                                                                               50 %
                                                                                                                                                           mobil
                                                                                                                                                                 zu
schen, die das Programm genutzt haben. Wir berichten
                                                                                               ha b en
von Menschen in Bewegung. Von Julia, die von ihren ersten                                     m e hr S
                                                                                                        n a ch e
                                                                                                                 inem P
                                                                                                                         rojek t
                                                                                                       elbstb
Tagen in der Fremde erzählt. Von Noam und Neta, die aus                                       m e hr S
                                                                                                       elbstä
                                                                                                               ewu s s t
                                                                                                                         sein un
                                                                                                               ndigke            d
Israel nach Berlin gingen, um in einem Zirkusprojekt zu                                                                it .


                                                                                                                                     82,1%
leben.                                                                                                                                                             ll e
                                                                                                                                                             ltur e b
                                                                                                                                                        erku        r
                                                                                                                                              ihr e int id end ve
                                                                                                                                                         e
                                                                                                                                       a b e n e nt s ch
Wir berichten von Menschen, die Dinge bewegen.                                                                                       h
                                                                                                                                      p ete
                                                                                                                                             nz

Von ­ hmet, der in Istanbul mit Jugendlichen HipHop tanzt.
     A

                                                                                                                                         84,8%
Oder von Carina, die für Aachen einen Stadtplan speziell                                                                                                                      o
                                                                                                                                                                      a chk
für junge Reisende gestaltet.                                                                                                                        , ihr   e Sp r
                                                                                                                                                n an
                                                                                                                                          ge b e b e n .
                                                                                                                                           zu h a
Die Geschichten im Magazin kannst du so ähnlich auch er-
leben. Nachahmung ist unbedingt erwünscht! JUGEND IN
AKTION ist das einzige europäische Förderprogramm, das
wirklich allen Leuten bis 30 Jahren offen steht. Egal auf
welche Schule du gehst, ob du im Studium, in der Ausbil-
dung bist oder ob du gerade eine Auszeit nimmst.

Wie auch du das Programm nutzen kannst? Im Magazin
findest du Tipps und Hinweise. Erst einmal wünschen wir
                                                             Bild: photocase – .daumenkino.




dir aber viel Spaß beim Lesen. Und freuen uns, wenn die
Geschichten etwas bewegen.


Lass dich inspirieren.
Was bringt mir das alles?   5




   83%          einem Proj
                           ek t besser
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                                                     n o d er          land
                                                              Arbeite
                                                                      n)

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                                                           rstellun ewonnen.
                                                                   g

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                                                 se
                                        verbes
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                     bess                besser en zu arbeite
             n ver                       zu s a m
                                                  m
     enze
mpet
6   Der Beginn eines EFD




                                                                                  Kulturschock
                                                                                  Allem Anfang liegt ein Zauber inne …
                                                                                  Denkste! Manchmal ist so ein Anfang alles andere
                                                                                  als zauberhaft. Julia über ihre ersten Tage als
                                                                                  Europäische Freiwillige in Moldawien –
                                                                                  und wie sie begann, sich in der Fremde einzurichten.




                                    Gerade geht mein zweiter Tag in Moldawien                zumindest so, dass die Maximalkapazität von 20 kg
                            zu Ende. Dabei ist es erst Viertel Acht. Aber gegen              bis aufs letzte Gramm ausgenutzt ist. Falls mehr er-
                            Acht ist es hier dunkel.                                         laubt sein sollte, nahm Mutti zur Sicherheit noch
                               Ich habe ziemliches Heimweh. Weil ich allein bin              zwei kleinere Reisetaschen mit.
                            in meinem Zimmer und auf die Müdigkeit warte. Für                   Mein Bruder befand sich derweil im Halbschlaf
                            Bücher war in meinem Fluggepäck kein Platz. Für                  und schien alles nicht recht mitzukriegen. Das än-
                            meine Familie leider auch nicht. Das klingt ziemlich             derte sich auch nicht auf dem überraschend kurzen
                            traurig; wahrscheinlich deshalb, weil ich gerade erst            Weg zum Flughafen Tegel, wo ich gedanklich zigmal
                            hier bin und mir alles unwirklich erscheint. Aber ich            mein Handgepäck kontrollierte: Reisepass, Ticket,
                            will ja nicht hinten anfangen, sondern vom Beginn                Geld … Alles dabei.
                            der – wie es mir noch vorkommt – „Reise“ erzählen.                  Auf dem Flughafengelände ließ Papa zuerst
                                                                                             mich und Mama samt Gepäck aussteigen, um an-
                            Vorgestern in Deutschland klingelte mein                         schließend den richtigen Parkplatz für Terminal
                            Wecker um halb vier Uhr morgens.                                 C zu finden. Recht euphorisch marschierten wir
                                                                                             währenddessen mit meinem Trekkingrucksack,
                            Ich war von den kurzen Nächten auf dem Ausreise-                 einer Reisetasche und meinem überdimensiona-
                            seminar ziemlich fertig und hatte überraschend tief              len Handgepäck zum Check-In. Was sollte schief­
                            geschlafen. Trotzdem ließ mich das Geräusch sofort               gehen?
                            aufschrecken. Schnell war ich für eine (vorläufig                   „Schönen guten Tag, einmal nach Moldawien.
                            wahrscheinlich letzte) ausgiebige Dusche im Bad                  Hier sind Ticket und Reisepass. Könnten wir das
                            verschwunden. Dann anziehen, die Haare machen,                   Gepäck bei Ihnen wiegen?“
                            schminken, Waschtasche einpacken. Bloß keine Zeit                   „Nur zu … Na, da können Sie sogar noch ein bis
                            haben, um nachzudenken. Und mit dem Zweifeln zu                  zwei Kilo verstauen.“
                            beginnen.                                                           Was für ein Glück!
                                                                                                                                                       Bild: Richardfabi – Wikimedia Commons (1), abejo –sxc-hu (1)
                               Papa hat uns wie jeden Morgen Frühstück ge-                      „Nur mit ihrem Check-In, sehe ich, gibt es ein
                            macht, während ich überprüft habe, ob meine Ta-                  Problem. Sie haben kein Visum. Da bräuchte ich ihr
                            schen mit allem gepackt sind, was mit muss. Oder                 Rückflugticket, um zu überprüfen, ob sie innerhalb
                                                                                             von drei Monaten ausreisen.“
                                                                                                „Wir haben aber noch kein Rückflugticket. Das
              Die Autorin: Julia Ließneck                                                    buchen wir kurzfristig vor Ort.“
              Julia (Bild: Mitte) verbrachte von September 2009 bis Juni 2010                   „Das geht nicht! Ich muss sicher sein, dass Sie wie-
              ihren ­Europäischen Freiwilligendienst im Animation Centre
              for Youth and Children in Chisinau / Moldawien. Nach dem an-                   der ausreisen. In Moldawien lässt man sie ansonsten
              fänglichen „Kulturschock“ lebte sie sich schnell ein. Julia sagt, sie          auch gar nicht rein.“
              habe die neun Monate in Moldawien in vollen Zügen genossen.                    Panik stieg auf. Das hatte mir noch gefehlt. Hatte ich
Der Beginn eines EFD   7


                                       an diesem abschiedsträchtigen Morgen eh nah am          der Einreise habe ich mein sündhaft teures Rück-
                                       Wasser gebaut. Ewig ging es hin und her. Mehrere        flugticket natürlich nicht vorzeigen müssen.
                                       Male wurde der Vorgesetzte angerufen; selbst eine          Am Chisinauer Flughafen empfangen haben mich
                                       Notfallnummer wurde gewählt und zur Flughafen-          zwei Frauen: die Freiwillige Rachel aus London und Ok-
                                       dame weitergereicht. Doch es nützte alles nichts,       sana von meiner Aufnahmeorganisation. Im Taxi, das
                                       und die Zeit rannte.                                    keine Gurte, aber einen Riesensprung in der Frontschei-
                                          Also mussten auch wir rennen. Mama und ich im        be besaß, redeten wir sehr locker und offen miteinander
                                       gestreckten Galopp ins andere Flughafengebäude,         auf Englisch, was bei Rachel als gebürtige Engländerin
                                       zum Zoll. Ein Zollbeamter erklärte uns, was wir schon   und gleichzeitig Stotternde sehr niedlich klingt.
                                       wussten, kam aber immerhin mit mir zum Schalter.           Zwischendurch schaute ich aus dem Fenster und was
                                          Der Beamte versuchte zu vermitteln, hatte aber       ich sah, gefiel mir – ehrlich gesagt – überhaupt nicht.
                                       keinen Erfolg. Wir entschieden uns zum Kauf eines
                                       Rückflugtickets, um es später wieder zu stornieren.     Was hattest du erwartet, fragte ich mich.
                                       Mama und Papa rannten noch mal. Bei mir ran-            Du bist im ärmsten Land Europas, du
                                       nen die Tränen, irgendwann konnte ich mich nicht        solltest glücklich über den Anblick sein.
                                       mehr zusammenreißen. Die Sekunden schlichen.
                                       Die Schalterdame versuchte sich rauszureden. Das        Der Anblick bestand aus heruntergekommenen stalinisti-
                                       brachte mir nichts.                                     schen Bauten, die jeden Moment einzustürzen schienen.
                                          Papa kam zurück gehetzt mit einem vollstän-          Tun sie übrigens nicht, das weiß ich, seit ich in solch ei-
                                       dig stornierbaren Businessclassticket; kurz darauf      nem wohne. Die Wände sind sogar dicker, als man denkt.
                                       Mama mit dem Reisepass. Endlich konnte ich ein-            Die Fahrstühle in diesen Bauten sind Uralt-
                                       checken. Dann fiel der Dame auf, dass sie das Gepäck    Monster. Aber wenn du in den 14. Stock hoch
                                       für Osteuropa gar nicht abfertigen darf. Zumindest      musst, überwindest du dich und steigst ein. Ich
                                       bereitete sie alles vor und ging mit uns zu einem an-   wohne bei Natalia. Sie ist meine Gastmutter
                                       deren Schalter. Ich wäre am liebsten auf der Stelle     und spricht nur Russisch, kein Rumänisch
                                       umgekehrt und nach Hause gefahren. Doch da war          oder Englisch. Zum ersten Abendessen wink-
                                       das Gepäck auf dem Fließband verschwunden und           te sie mich mit den Worten „Ham ham“ heran.
                                       es hieß Abschied nehmen.                                Sie hatte mir Tomatensalat mit ordentlich Zwie-
                                          Überraschenderweise kullerten die Tränen nur bei     beln gemacht und etwas, was ich vage als frittierte
                                       mir und meinem Bruder. Papa machte eine klare Ansage.   Frischkäsebuletten definieren würde.
                                                                                               Ein paar Stockwerke unter uns wohnt die beste
                                       „So, Jule. Erstens: Durchhalten.
                                       Zweitens: Deine Eltern
                                       sind immer für dich da.“

                                       Auch Mama sprach mir Mut zu, drückte mich ganz                          YouthReporter
                                       fest: „Jetzt kann es nur besser werden.“
                                          Ich legte mein Handgepäck aufs Band. Der Kon-
                                                                                                               Lust auf weitere Geschichten aus dem Europä-
                                       trolleur ließ mich noch meine Tasche auspacken,                         ischen Frei­ illigendienst? Im YouthReporter
                                                                                                                          w
                                       da er einem Gegenstand nicht über den Weg traute,                       berichten Jugendliche, die gerade als Europäische
                                       der sich als mein Aquarellfarbkasten herausstellte.                     Freiwillige unterwegs sind, von ihren Erlebnissen.
                                       Aber dann – tatsächlich – stand ich vor dem Tran-                       Geschrieben wird, was bewegt – ob als Tagebuch,
Illustration: elfgen pick intermedia




                                       sitbereich und winkte ein letztes Mal durch die                         als Reportage oder als Gedicht – alles ist willkom-
                                       Scheiben.                                                               men. Es sind Geschichten aus 1000 und einem
                                                                                                               Europa.
                                       Willkommen in Moldawien
                                                                                                               Mehr unter   ww.youthreporter.eu
                                                                                                                            w
                                       Fast sechzig Stunden sind seitdem vergangen und
                                       mein zweiter Tag in Moldawien geht zu Ende. Bei
8   Der Beginn eines EFD


                           Freundin von Natalias Tochter. Kurz nachdem ich              Später gingen wir im größten, aber auch teuersten
                           angekommen war, kam sie hoch und besuchte uns.            Supermarkt der Stadt einkaufen. Ich kam mir vor
                           Sie ist eine echt nette Frau. Englischlehrerin ohne       wie bei Rewe. Das liegt vor allem daran, dass Mol-
                           Arbeit und Mutter eines Mädchens. Zuerst dol-             dawien durch mangelnde eigene Wirtschaft fast al-
                           metschte sie zwischen Natalia und mir, dann spra-         les Essen importieren muss und ich somit zwischen
                           chen nur noch wir beide auf Englisch. Sie erzählte        Produkten der Reihe „Gut und Günstig“ sowie zahl-
                           mir, dass jeder Moldawier, der die Möglichkeit hat,       reichen anderen deutschen Marken wählen konnte.
                           wegzieht oder zumindest als Gastarbeiter weggeht.         Zudem entdeckte ich voller Freude und Überra-
                           Dass der Fortschritt hier nur sehr langsam kommt.         schung schnuckelige dunkle Vollkornbrote.
                           Und dass sie davon träumt, zu ihrer Schwester nach
                           Kanada zu ziehen. Zumindest verdienen ihr Mann            Mein erstes Großprojekt für die nächsten Wochen
                           und ihr Vater (der auch in ihrer Wohnung lebt)            heißt: Mich einleben und die Stadt erkunden.
                           so viel, dass sie einen Internetanschluss haben.
                           So bleibt sie in Kontakt mit ihren Verwandten im          Die Umgebung meines Wohnblocks – und vor allem
                           ­Ausland.                                                 die ­ üfte  – finde ich weiterhin sehr gewöhnungs-
                                                                                          D
                                                                                     bedürftig. Ich weiß aber bereits, was „Marshrut-
                           Mein Zimmer ist an und für sich ganz in Ordnung.          kas“ sind: Nämlich Busse in Van-Größe, die eine
                           Es hat einen winzigen Kinderschreibtisch und              bestimmte Strecke fahren und unterwegs für drei
                           einen Fernseher. Nur einen Schrank gibt es nicht.         moldawische Lei jeden, wirklich jeden mitnehmen,
                                                                                     der an der Straße steht und winkt. Ich habe CVAS
                           Eine kleine Kommode und zwei Schubladen, das              getrunken – so eine Art Saft aus Brot, Wasser und
                           ist alles. Die Steckdosen sehen zwar so aus wie in        Zucker. Wie süßes Bier ohne Alkohol. Und dann
                           Deutschland, sind aber nicht die Gleichen. An dieser      habe ich gemeinsam mit den anderen Freiwilligen
                           Stelle sei meinem pragmatischen Vater gedankt, der        herausgefunden, dass es in zwei Parks in der Innen-
                           an einen Adapter gedacht hat. Mein Bett ist breit und     stadt öffentliches WLAN gibt. In der Natur, eine net-
                           eigentlich eine ausklappbare (wenn auch hässliche)        te Idee. Werde ich am Samstag ausprobieren, wenn ich
                           Couch. Leider hängen meine Füße raus und das Bett         mit meiner Familie skypen will.
                           ist sehr hart, aber das geht schon. In der ersten Nacht       Zuhause habe ich mich meinem zweiten Großpro-
                           wurde ich trotzdem dreimal wach.                          jekt gewidmet: Das Zimmer wohnlich zu gestalten.
                               Gestern war mein erster Tag bei meiner ­ uf­   A -    Zwei Stunden habe ich heute geputzt, eine Million ran-
                           nahme­ rganisation, ADVIT. Das Büro liegt sehr
                                   o                                                 zige, glotzende Kuscheltiere in Tüten verbannt. Einige
                           versteckt. Es ist ein ­ leiner Raum in einem kleinen
                                                  k                                  der russischen Bücher entfernt, Fotos aufgestellt und
                           Haus hinten in einem Innenhof. Aber es gefällt mir        ein wenig umgeräumt. Jetzt fühle ich mich wohler.
                           gut dort, gerade weil es so inoffiziell ist.
                                                        ­                                In das Zimmer nebenan ist in der Zwischenzeit
                           Abgeholt wurde ich am ­ orgen von einer weiteren
                                                      M                              Roswita gezogen. Roswita ist ebenfalls Freiwillige
                           Freiwilligen: Helena aus Dänemark. Ein Alternativ-        und kommt aus Leipzig. Sie hat wahrhaft sehr kurze
                           Mädchen mit roten Haaren, Piercing und großen             Haare und eine breitrahmige Brille, was ihr beides
                           blauen Augen. Sie ist bereits seit zwei Wochen hier       gut steht. Zudem ist sie genauso cool und unkompli-
                           und kennt die Stadt schon ziemlich gut.                   ziert wie ihre Frisur.
                               Im Büro bin ich zuerst in die wichtigsten Dinge           Nach meiner Aufräumaktion haben Rosi und
                           eingewiesen worden, bis Natasha, die Chefin, kam,         ich zu Abend gegessen, uns gegenseitig Fotos ge-
                           mit der ich bereits E-Mail-Kontakt hatte. Ihr erzähl-     zeigt und ewig gequatscht. Dann ist sie ins Bett ver-
                                                                                                                                              Illustration: elfgen pick intermedia




                           te ich von meiner schwierigen Einreise und dass ein       schwunden, und ich habe mich meiner Schreibar-
                           1.500,- Euro teures Ticket auf sicherem Wege nach         beit gewidmet. Jetzt kann ich getrost schlafen gehen.
                           Berlin zurück muss. Die moldawische Post schied           Bärbel, meine Kuschelente, ruft schon.
                           somit aus. Aber ich habe Glück. Natasha reist für             Morgen fahre ich für drei Tage in ein Dorf im Sü-
                           zwei Wochen nach Frankreich und wird das Ticket           den, wo wir ein Einführungsseminar erleben werden.
                           von dort aus an meine Eltern schicken.                    Dann gibt’s wieder was zu erzählen.  Julia Ließneck
USE-IT!     9




                                                                                  Wegweiser fürs Zuhausefühlen
                                                                                                                                                    Sich in einer neuen Stadt zurechtzufinden, dauert. Städtetipps helfen dabei. Nun gibt
                                                                                                                                                    es ein europäisches Projekt speziell für junge Reisende: Einheimische entwerfen Online-
Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von Arne Hückelheim/wikipedia.de, Archiv JUGEND für Europa, homyox-sxc.hu




                                                                                                                                                    Reiseführer von ihrer Stadt und verraten ihre persönlichen Insider-Tipps. Brüssel hat schon
                                                                                                                                                    einen. Oslo, Warschau und Ljubljana auch. Carina Danzig gestaltet einen für Aachen.


                                                                                                                                                    Carina lässt sich in eine der begehrten Hängematten    Wer eine Stadt mit einem USE-IT-Europe Stadtplan
                                                                                                                                                    fallen, die am Aachener Lousberg, hoch über den        erkundet, tut das dank der Hilfe der Einheimischen.
                                                                                                                                                    Dächern der Stadt zwischen Stahlträgern installiert    Denn der handliche Stadtplan kann mehr als nur den
                                                                                                                                                    sind. Die Abendsonne scheint ihr ins Gesicht, und      Weg weisen. Er verrät Geheimtipps und Lieblingsorte
                                                                                                                                                    sie ist nicht die einzige, die den unverbauten Blick   der Macher; er weiß, wo man preiswert schlafen kann
                                                                                                                                                    über Wiesen und Wälder genießt.                        oder wo es besonders leckere Pfannkuchen gibt. Und
                                                                                                                                                       „Es ist der perfekte Ort, um sich nach einem lan-   er gibt Verhaltenstipps, wie man locker als Einhei-
                                                                                                                                                    gen Tag zu entspannen“, findet die 30-Jährige. Klar,   mischer durchgeht. Das Konzept ist in allen Städten
                                                                                                                                                    dass sie diesen Spot unbedingt in ihren Stadtplan      dasselbe; nur die Umsetzung, die bleibt den Machern
                                                                                                                                                    aufnehmen möchte. Die Aachenerin arbeitet ehren-       überlassen.
                                                                                                                                                    amtlich an dem Projekt. Schon lange vor ihrem Geo-
                                                                                                                                                    grafiestudium hatte sie eine besondere Vorliebe für    „Sie sehen anders aus, sie sind witzig
                                                                                                                                                    Stadtpläne.                                            geschrieben, es ist eine Mischung aus
                                                                                                                                                                                                           Stadtplan und Reiseführer.“
                                                                                                                                                    „Ich fand Stadtpläne schon immer toll, weil
                                                                                                                                                    ich damit eine Stadt erkunden kann und dabei           Die Lust, einen Plan für ihre Stadt zu gestalten, hat
                                                                                                                                                    etwas in der Hand habe.“                               Carina Danzig aus Brügge mitgebracht. Beim ge-




                                                                                                                             Du hast jetzt auch …

                                                                                                                             Lust bekommen?                                                          Schönstes Schwimmbad
                                                                                                                                                                                                     im Jugendstil
                                                                                                                                                                                                     Elisabethstraße 10

                                                                                                                             Jeder kann einen USE-IT-Europe Stadtplan für
                                                                                                                             seine Stadt machen, einzige Bedingung: Die
                                                                                                                             Macher müssen sich selbst um die Finanzierung
                                                                                                                             kümmern.
                                                                                                                              www.use-it.be/europe/
10                        USE-IT!




                                    Die Initiatorin:
                                    Carina Danzig
                                    Die 30-jährige Geografin entwirft
                                    gemeinsam mit Freunden einen
Bild: Stephanie Lachnit




                                    kostenlosen Stadtplan von Aachen.
                                    Und der zeigt die besten Insider-
                                    Tipps von Einheimischen für junge
                                    Touristen.




                                     meinsamen Ausflug mit ihren Mitbewohnern stieß                   Handvoll Aachener für ihre Idee. Gemeinsam ver-
                                     sie dort in der Bed-and-Breakfast-Unterkunft zu-                 brachten sie viele Stunden am Telefon und mussten
                                     fällig auf den Brügger Use-It-Stadtplan. Carina war              einige Absagen verkraften. Schließlich entdeckte
                                     begeistert. Der dicke Reiseführer war damit über-                Carina die Stiftung Lebensraum Aachen e.V., die
                                     flüssig, denn alles, was sie wissen wollte, stand auf            Bürgerprojekte unterstützt und auch Carinas Idee
                                     einem faltbaren DIN A 3 Blatt Papier. Für Carina                 interessant fand. Die Stiftung half der Gruppe rund
                                     stand fest, so einen Plan könnte auch Aachen gut                 um Carina, einen Antrag als Jugendinitiative beim
                                     gebrauchen.                                                      EU-Programm JUGEND IN AKTION zu stellen.




                                                                                                                                                                  Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von Arne Hückelheim/wikipedia.de, Archiv JUGEND für Europa
                                                                                                      Auch das hat geklappt. Jetzt hat die Gruppe 5000,-
                                     „Junge Menschen werden in den normalen                           Euro auf dem Konto – und kann damit den Druck
                                     Reiseführern kaum bedacht. Sie haben oft                         von 10.000 Stadt­plänen bezahlen.
                                     weniger Geld als ältere und interessieren sich                      Wenn der Plan dann fertig ist, hat die Suche nach
                                     für andere Sachen.“                                              Tipps und Spots erst einmal ein Ende. Dann kann
                                                                                                      Carina die Hängematten auf dem Lousberg wieder
                                     Doch bevor sie sich um den Inhalt ihres Plans Ge-                genießen – und vielleicht trifft sie dort schon bald auf
                                     danken machen konnte, musste sie eine große Hür-                 Reisende mit einem USE-IT-Stadtplan in der Hand.
                                     de nehmen – die finanzielle. Sie begeisterte eine                                  Stephanie Lachnit, Christine Roskopf




                                                                                                                                          Tolle Aussicht
                                                                        Riesenkugel Eis für 80 Cent                                       bei den Hängematten
                                                                        Jakobstraße 73                                                    Lousberg, Am Drehturm
Bilder: Roberttheu/sxc.hu(1), Leon Reichardt                                                                                                             Europablicke   11




                                                Leon in
                                                Barcelona
                                                                                               Und plötzlich wird eine fremde Stadt zur
                                                                                               zweiten Heimat – weil mit der Stadt viele
                                                                                               persönliche Erinnerungen verknüpft sind.




                                                                                               4 Voluntarios en Barcelona 
                                                                                               Christopher, Giovannie, Martina und ich waren letztes Jahr
                                                                                               die vier Europäischen Freiwilligen an der Uni in Barcelona.
                                                                                               Ich habe dort körperbehinderte Studenten be­­
                                                                                               treut, in zwei Gefängnissen Fußball und andere
                                                                                               Aktivitäten angeboten, im Krankenhaus mit ei­
                                                       Der Autor: Leon Reichardt               ner Alzheimergruppe gearbeitet und an Schulen
                                                       Nach seinem Abitur ging Leon
                                                                                               ­Migrantenkindern bei den Hausaufgaben geholfen.
                                                       für zehn Monate nach Barcelona,
                                                       Spanien, um einen Europäischen          Gio und Marti sind ein Pärchen aus Italien und wollten nach dem
                                                       Freiwilligendienst zu machen. Seine     Studium ein anderes Land kennenlernen. Chrisi kommt auch aus
                                Bild: Leon Reichardt




                                                       Organisation hatte ihr Büro direkt      Freiburg und studiert mittlerweile in Augsburg. Wir vier haben
                                                       auf dem Campus der Universität.
                                                       Dort betreute er fünf Tage die Woche    oft zusammen „wirklich“ italienische Pasta gegessen und viel von
                                                       körperbehinderte Studenten. Jetzt       Barcelona gesehen. 
                                                                                                         ­
                                                       versucht Leon seine Freunde in
                                                       Barcelona so oft wie möglich zu besu-
                                                       chen und Spanisch zu sprechen.
12    Europablicke




                                                                                     El bario Raval
                                                                                     Das Viertel Raval liegt im Zentrum von Barcelona und
                                                                                     grenzt an las Ramblas, die Hauptpromenade vom Placa
                                                                                     ­Catalunya bis zum Hafen.
                                                                                     In dieser Ecke gibt viele kleine Gassen und schöne Plätze
                                                                                     mit Kneipen und Cafes. Hier wohnen viele Immigranten,
                                                                                     vor allem aus Asien und Südamerika, die für eine kulturel-
                                                                                     le Vielfalt sorgen. Außerdem gibt es eine gute Musikszene
                                                                                     mit vielen Jam Sessions wie im Jazz Si oder auch im Big

                                                              Bild: Leon Reichardt
                                                                                     Bang Club.
                                                                                     Wahrscheinlich ist es mein Lieblingsviertel in Barce-
                                                                                     lona, auch wenn es dort viel Drogen­ riminalität und
                                                                                                                        k
     Einer der Gründe, warum ich das Raval so mag.                                   Prostitution gibt.


                                                                                     Por el campus con Hector 
                                                                                     Es gab einen Aktionstag auf dem Uni Campus mit verschie-
                                                                                     denen Ständen. Ein Teil meiner Arbeit war die Betreuung
                                                                                     von körperbehinderten Studenten. Wir hatten einen Par-
                                                                                     cours für Rollstuhlfahrer aufgebaut und jeder konnte sich
                                                                                     mal in einen elektrischen Rollstuhl setzen.
                                                                                     Hector war einer der Studenten, die wir betreut haben
                                                              Bild: Leon Reichardt




                                                                                     und mit dem ich viel gelacht habe. Er hat 2004 bei den Pa-
                                                                                     ralympics mitgemacht und eine ­Medaille im Schwimmen
                                                                                     gewonnen. Von ihm habe ich gelernt, das Leben positiver
     Chrissi, Leon und Hector – 2 Freiwillige und 1 Student                          zu sehen und einfach mehr zu lachen. 
                                                                                     Mehr unter   ww.europablicke.eu
                                                                                                  w




     Europäischer Freiwilligendienst
     Wenn du zwischen 18 und 30 Jahre alt bist (in Ausnahmefäl-                      Das Ganze ist kostenlos. Vorkenntnisse brauchst du nicht.
     len ab 16), kannst du dich für längere Zeit in einem gemein-                    Es gibt begleitende Seminarprogramme. Am besten suchst
     nützigen Projekt im Ausland engagieren.                                         du dir als erstes eine Entsendeorganisation in Deutschland,
     Der EFD ist ein Lerndienst. Lernen heißt: Fit werden für die                    die dir hilft, einen Platz im Ausland zu finden.
     eigene Zukunft. Verantwortung tragen. Niederlagen ver-
     arbeiten. Selbstbewusstsein entwickeln. Neues entdecken                         Alle Informationen und Organisationen gibt es unter
     und verstehen. Europa fühlen und leben. Und eine neue                            www.go4europe.de
     Sprache gibt’s gratis dazu.
Psychotest       13




Stell dir vor …
Die nachfolgenden Situationen könnten dir passieren, wenn du ein
Projekt mit JUGEND IN AKTION machst. Was würdest du tun?




1 // Du bekommst die Chance, einen Europäi-            D) Ich bedanke mich herzlich und sage ihnen
                                                                                                                                                   Auf dem Nachhauseweg passiert es – Strom-
schen Freiwilligendienst in Kamtschatka zu                ganz freundlich, dass ich Vegetarier bin.                                                 ausfall. Alle Straßenlaternen sind erloschen.
machen. Im ehemaligen russischen Militär-                                                                                                           Und nun?
sperrgebiet und jetzigem Naturpark sollst du           4 // Du möchtest eine Jugendinitiative mit dei-                                              A)  ir beschleunigen unsere Schritte. Ist doch
                                                                                                                                                       W
helfen, Fremdenverkehrsprojekte zu entwi-              nen Freunden durchführen. Ihr habt eine rich-                                                   unheimlich.
ckeln. Deine Freunde kennen dich als vorsich-          tig tolle Idee: Ein Theaterfestival zu organisie-                                            B)  ir verlangsamen unsere Schritte. Erstens
                                                                                                                                                       W
tigen Typen und halten dich für total verrückt.        ren, bei dem europäische Märchen inszeniert                                                     wegen den Schlaglöchern und zweitens weil
Und deine Eltern ebenfalls. Was denkst du?             werden. Jetzt müsst ihr nur noch den Antrag                                                     der Mond so schön scheint.
A)  ch hätte total Bock darauf, aber vielleicht
   I                                                   ausfüllen und losschicken. Aber der ist um-                                                  C)  ls alter Pfadfinder habe ich natürlich meine
                                                                                                                                                       A
   haben sie Recht. Kamtschatka, das ist ja Si-        fangreicher als gedacht … und irgendwie habt                                                    superstarke Stabtaschenlampe dabei. Ich
   birien!                                             ihr verschwitzt, dass die Antragsfrist in zwei                                                  leuchte der Gruppe den Weg.
B)  ypisch. Immer müssen sie alles besser wis-
   T                                                   Tagen rum ist. Was denkst du?                                                                D)  emand stimmt einen Song an – und wir laut-
                                                                                                                                                       J
   sen! Nur, die Entscheidung muss ich alleine         A)  ir brauchen Kaffee und gute Musik! Und
                                                          W                                                                                            hals mit ein.
   treffen.                                               wenn wir uns gemeinsam dransetzen, krie-
C)  ollen sie nörgeln. Ich ziehe das auf jeden Fall
   S                                                      gen wir den Antrag rechtzeitig abgeschickt.                                               6 // Mit deiner Jugendinitiative organisiert ihr
   durch! Dann kann ich ihnen beweisen, dass                                                                                                        eine europäische Festivalwoche. Zum Eröff-
   ich alleine ’was auf die Reihe kriege.                                                                                                           nungskonzert strömen die Leute heran. Damit
D)  ielleicht doch besser Spanien?!
   V                                                                                                                                                hättet ihr nie gerechnet. Das Problem: Wegen
                                                                                                                                                    des Andrangs könnt ihr nicht pünktlich anfan-
2 // Du verlässt in 30 Minuten Deutschland,                                                                                                         gen. Da baut sich eine Frau vor dir auf und ver-
um in Island für ein Jahr zu arbeiten. Du stehst                                                                                                    langt ihr Geld zurück. Wie reagierst du?
am Flughafen. Deine Freunde und die Familie                                                                                                         A)  ch will keinen Stress und gebe ihr das Geld
                                                                                                                                                       I
sind da. Zeit, sich zu verabschieden. Und die                                                                                                          zurück.
ersten Tränen bei deiner Mutter rücken an …                                                                                                         B)  ch schüttle bedauernd den Kopf; biete ihr
                                                                                                                                                       I
                                                                                                       Bild: chriskuddl | ZWEISAM / photocase.com




Was fühlst du?                                                                                                                                         aber an, sie könne ein Freigetränk bekommen.
A)  ure Vorfreude! In einer WG leben, ohne El-
   P                                                                                                                                                C)  ch sage, ich würde den Verantwortlichen ho-
                                                                                                                                                       I
   tern und nervige kleine Schwester. Neue                                                                                                             len und komme nicht mehr zurück.
   Leute, neues Land kennenlernen. Ich kann es                                                                                                      D) Ich schaue ihr fest in die Augen und frage sie
                                                                                                                                                       
   kaum erwarten.                                                                                                                                      mit leicht schriller Stimme, ob sie eine Ah-
B)  h je, worauf habe ich mich da eingelassen?
   O                                                                                                                                                   nung hätte, wie viel ehrenamtliches Engage-
   Irgendwie hab ich jetzt richtig Schiss und                                                                                                          ment hinter dieser Sache stecken würde.
   möchte doch nicht weg.
C)  ch hasse Abschied. Hoffentlich vergessen sie
   I                                                                                                                                                7 // Du arbeitest in einem Projekt in einem bul-
   mich nicht.                                                                                                                                      garischen Jugendhaus. Gemeinsam mit Petras,
D) Hab ich auch meinen Pass eingesteckt?                                                                                                            dem Freiwilligen aus Litauen, könnt ihr einen
                                                                                                                                                    Kurzfilmabend organisieren. Wie gehst du vor?
3 // Du bist bei einer Gastfamilie in der Ukrai-                                                                                                    A)  ch winke ab. Allein einen Flyer auf Bulgarisch
                                                                                                                                                       I
ne untergebracht. Die ganze Familie sitzt mit                                                                                                          schreiben. Pff, können wir beide nicht.
dir am Tisch. Selbst die Großmutter ist da.            B)  a, toll. Ehe wir wieder endlos diskutieren,
                                                          N                                                                                         B)  ch werde sofort mal einen Arbeitsplan auf-
                                                                                                                                                       I
Extra für dich haben sie Rassolnik gekocht.               schreibe ich den Antrag am besten alleine.                                                   stellen und ihm geben. Hoffentlich hält er
Nun schauen dich alle neugierig an, ob es dir             Werde ich wohl die nächsten beiden Nächte                                                    sich dran.
schmeckt – aber das Essen sieht total merk-               durcharbeiten.                                                                            C)  ool. Wird lustig werden, wenn wir mit Hän-
                                                                                                                                                       C
würdig aus…                                            C)  ch kriege einen hysterischen Schreikrampf.
                                                          I                                                                                            den und Füßen kommunizieren, um gemein-
A)  erdammt! Sie haben sich extra so viel Mühe
   V                                                      Über 20 Seiten Antrag – die sind doch wahn-                                                  sam den Abend vorzubereiten.
   gegeben! Ich koste ganz vorsichtig und versu-          sinnig!                                                                                   D) Ich habe zwar keine Ahnung, wie es gehen
                                                                                                                                                       
   che, den Mund nicht zu verziehen.                   D)  ch, wir haben noch zwei Tage! Was soll die
                                                          A                                                                                            kann, aber inzwischen gelernt, dass es immer
B)  as ist doch toll! Deswegen bin ich hier! Um
   D                                                      Aufregung? Passt schon.                                                                      eine Lösung gibt.
   Neues kennenzulernen.
C)  ch täusche heftige Magenkrämpfe vor und
   I                                                   5 // Du nimmst an einer Jugendbegegnung in
   murmle etwas von „Medikamenten“. Dann               Kroatien teil. Die kroatische Gruppe ist total
   ziehe ich mich diskret zurück. Nachher schau        nett, ihr habt eine super Zeit und am vorletz-                                               Und was soll mir das sagen?
   ich, ob ich irgendwo einen Burger bekomme.          ten Abend feiert ihr eine Party in der Stadt.                                                 Die Antwort gibt es auf Seite 28.
14    Acht Phasen eines Projekts




                                                   7


                               6

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                                                                                          1
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1. I my idea



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     Meckern is’ nich. Machen!
      Europa fängt vor deiner Haustüre an. Und wenn dort nichts geboten ist, dann willst du was
      machen. Punkt. So einfach ist das – laut Steffen Präger. Der Erfurter darf das sagen. Er hat als
     16-Jähriger 20.000 DM für eine Anti-Rechts-Initiative beantragt – und bekommen.
     „Mein bisher größter Antrag war ein Nutzungskonzept für ein Jugendhaus“, erzählt Steffen.
      Der richtige Mann für unser Frage: Wie wächst aus einer guten Idee ein handfestes Projekt?
Acht Phasen eines Projekts   15




1   Die Idee                                 Namen ‚Fundraising´. Die besten Adres-         nanzen übernehmen und immer sauber
Erst einmal ist die Idee wichtig. Denn: Es
                                              sen sind da die Stiftungen. Der Vorteil        die Originalquittungen sammeln.
ändert sich nichts, wenn du einfach nur
                                              hier: Sie sind oft nicht so kompliziert wie
meckerst. Danach kommen das Konzept
                                              öffentliche Geld­geber.                        8   Feedback / Auswertung
und die Finanzierungsfrage. Die Themen
                                                                                             Die Fördermittelgeber freuen sich, wenn
‚Nachhaltigkeit’ und ‚Partizipation’ sind     5
                                                  Antrag stellen                            ihr sie über den Verlauf des Projektes in-
im Moment bei Geld­gebern angesagt.
                                              Kleine Projekte könnt ihr immer auf lo-        formiert. Ihr könnt sie auch gerne zum
                                              kaler Ebene starten. Aber Vorsicht: Nicht      Event einladen. Vielleicht kommen sie ja.
2   Die Gruppe                               von der Lokalpolitik vereinnahmen lassen.      Und abgesehen davon, dass es sowieso ei-
 Ohne Mitstreiter geht nichts. Und da gilt:   Lohnenswert ist es deshalb, ganz oben die      nen Finanzbericht an die Geldgeber geben
 Mindestens vier ­eute braucht es. Je-
                   L                          Anträge zu stellen: bei ‚Die Gesellschafter’   muss, gilt es als Gruppe noch einmal die
 der hat unterschiedliche Qualitäten und      bis JUGEND für Europa. Die helfen auch         Zielsetzungen gemeinsam durchzugehen:
­Kompetenzen.                                 beim Ausfüllen der Formulare.                  Welche Ziele haben wir erreicht? Und ganz
                                              Zum Vergleich: Anträge beim Europäi-           wichtig: Was können wir beim nächsten
3
    Das Konzept                              schen Sozialfond brauchen gut 50 Seiten        Mal besser machen? Wie und was können
Ihr setzt euch zusammen und klärt zu Be-      Papier und eine geschwungene Feder.            andere von uns lernen?
ginn, was euer Projekt bringen soll. Fragt    Achtet beim Antragstellen immer darauf,
euch: Was steht auf der Agenda? Was sind      dass ihr eure Idee nicht verratet und euch     ... der Anfängerfehler: Meistens scheitert
unsere Ziele? Was bleibt davon am Ende?       treu bleibt.                                   ein Projekt an der Gruppe. Da geht es um
Das dürft ihr nicht businessmäßig machen.                                                    Freundschaften, Freude, Liebe und alles
Ihr solltet das direkt miteinander aus-
                  ­                           6   Organisation –                            andere. Da gibt es Stress. Ein Projekt ist
handeln. Sicherlich wird es Diskussionen           Der Maßnahmenkatalog                      Arbeit und logisch kann es zu Reibungen
geben. Aber besser am Anfang als mitten-      Am besten fangt ihr von hinten an.             kommen. Deshalb mein Tipp: Frühzeitig
drin. Die Grundfragen sind ja: Wohin wol-     Am Tag X ist unsere Veranstaltung.             Hilfe von Außen, von Neutralen holen,
len wir, und haben alle dasselbe Ziel? Oder   Den Termin markiert ihr euch auf eu-           von jemandem, der den Konflikt aufzulö-
geht es einem vielleicht doch nur darum,      rem Zeitplan. Zuerst rechnet ihr die           sen hilft.             Stephanie Lachnit
mit dem ­Projekt Geld machen zu wollen?       einzelnen Schritte, die es zu erledigen
                                              gilt, von da ab zurück. Dann wird euch
4
    Die Finanzierung                         bewusst, wo es kritisch werden könnte
Wenn es eine non-kommerzielle Sache           und ihr wisst, wann ihr spätestens mit             Jugend­
werden soll – ihr also nicht das Ziel habt,   der ­A rbeit anfangen müsst.
etwas verkaufen zu wollen – dann könnt                                                           initiativen
ihr öffentliche Mittel vom Staat oder von     7   Aufgabenverteilung
staatsnahen Einrichtungen bekommen.           Während ihr den Zeitplan aufstellt, könnt          Eure Ideen werden Realität. Jugendin-
                                                                                                 itiativen sind Projekte, die ihr selbst
Das geht vom Bund über das Land bis           ihr die Aufgaben in der Gruppe verteilen –
                                                                                                 gestaltet und verwaltet. Vier Leute
zur Kommune hinunter. Bei politischen         am besten sprecht ihr von Verantwortung
                                                                                                 müsst ihr mindestens sein, nicht älter
Projekten passt eher das Sozialministe-       statt von Aufgaben. Jeder im Team über-            als 30 dürft ihr sein. Ein Projekt kann bis
rium oder das Jugendamt. Wenn es um           nimmt so seinen Bereich und hat den Blick          zu 18 Monaten dauern. Mit JUGEND IN
Nachhaltigkeit und Ökologie geht, dann        darauf. Das Ganze aufschreiben und allen           AKTION geht das zuhause, um die Ecke
ist es besser, auf lokaler Ebene bei der      zugänglich machen. Einer kontrolliert –            oder europaweit.
Stadt nachzufragen. Wenn ihr von Privat       die Zuständigkeit für die Kontrolle geht           Mehr unter   ww.machwasdraus.de
                                                                                                                w
Mittel fordert, dann läuft das unter dem      reihum. Einer sollte auf jeden Fall die Fi-
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Mitmischen in Deutschland – und Europa
Politik in der Straßenbahn machen. Eine                mehr Ideen umgesetzt und Meinungen gehört            geht es durch Deutschland. Mal sind die Projek-
Millionenstadt menschlicher machen.                    werden, fördert JUGEND IN AKTION Projek-             te lokal, mal grenzüberschreitend. Eine kleine
Kunst für alle machen.                                 te, mit denen sich Jugendliche in politische Pro-    Auswahl von über 500 Partizipationsprojekten,
                                                       zesse und gesellschaftliche Debatten einschalten     die allein in Deutschland in den letzten Jahren
Wenn man etwas verändern will, gibt es viele           können. Dies geschieht auf ganz unterschiedli-       stattfanden.                        Nina Voigt
Möglichkeiten, etwas zu machen. Doch der Weg           che Weise. Der Kreativität sind wenig Grenzen
von einer Idee zu einem Projekt ist lang. Und          gesetzt. Von Hamburg bis Freiburg, von Köln bis
                                                                                                                                                                Auf Partizipationsreise durch Deutschland




manche gute Idee bleibt auf der Strecke. Damit         Chemnitz, rauf und runter und kreuz und quer




                     Songs for a Telephone Box
                     wer: 	 heaterbegeisterte Jugendliche aus Spanien
                           T
                           und Deutschland
                     was: 	 elefonläden prägen die Kommunikation von
                           T
                           Migranten. Die transnationale Jugendinitiati-
                           ve erarbeitet hierzu Szenen und Songs.
                     wo: 	 ufführungen in Telefonläden in Hamburg
                           A
                                                                                    Hamburg
                           und Valencia.




                                                                                   Papergirl
                                                                                   wer:	 Junge Künstler aus Berlin, Bukarest und Man-
         One In A Million                                                                 chester                                                      Berlin
                                                                                   was: 	Kunstrollen erstellen. Jedes Exemplar ist ein
         wer: 	 Studenten aus Köln                                                        Unikat und besteht aus Kunstwerken, die
         was: 	 Raus aus der Uni und Nachhilfe für Schüler mit Migrati-                  persönlich oder per Post eingereicht werden.
                 onshintergrund geben oder Senioren betreuen – eine                       Dann werden die Rollen vom Fahrrad aus an
                 Partizipationsplattform will Studenten helfen, sich gesell-              vorbeilaufende Passanten verteilt.
                 schaftlich zu engagieren.                                         wozu: Kunst ist für alle! Und jeder kann mitmachen!
         wozu: 	 Damit eine Millionenstadt persönlicher wird.
ma r
                                                                                                                                   We i


                                                                                 Face to Face                                                                 Chemnitz
 Köln
                                                                                 Orga: 	 undesverband
                                                                                        B
                                    Fra nkfurt                                          Paritätisches Bil-
                                                                                        dungswerk
                                                                                 wer: 	Jugendliche aus
                                                                                        Hessen
                                                                                 was: 	 Eine hessenweite       Living Walls: Wei-            Europabüro
                                                                                         Partizipationsmesse:   mar meets Offen-              Chemnitz
                                                                 Wie schaut es aus mit der Jugendpartizipa-     bach
                                                                 tion in Hessen? Projekte und Erfahrungen                                     wer: 	Europainteres-
                                                                 werden vorgestellt und ausgetauscht.           wer: 	  raffitikünstler
                                                                                                                       G                             sierte Chemnit-
                                                                 Politiker sind auch vor Ort.                          aus Thüringen und             zer Jugend­ iche
                                                                                                                                                                 l
                                                                                                                       Hessen                 was: 	Das Europa-
                                                                                                                was: 	 Künstler aus
                                                                                                                       20                            büro berät
                       eim                                                                                             Offenbach und                 Jugendliche zu
                n nh                                                                                                                                 Mobilitätsmög-
           Ma                                                                                                          Weimar planen
                                                                                                                       gemeinsam                     lichkeiten in
                                                                                                                       Streetart- und                Europa und gibt
                                                                                                                       Graffitiprojekte              europapolitische
                                                                                                                       in ihren beiden               Informationen.
                 Steig ein – Du bist am Zug                                                                            Städten. Die Ost-      wozu: 	 amit der erste
                                                                                                                                                     D
                 Orga: 	 tarkmacher e.V., Mannheim
                        S                                                                                              West-Beziehungen              Schritt, ins Aus-
                 was: 	220 Jungen und Mädchen diskutieren in der                                                      werden künstle-               land zu gehen,
                        Straßenbahn zwischen Mannheim und Hei-                                                         risch umgesetzt.              einfacher wird.
                        delberg mit Politikern über Kohlekraftwer-                                              wozu: 	 nnerdeutsche
                                                                                                                       I
                        ke, über Hartz IV, über mangelnde Graffiti-                                                    Vorurteile und
                        Flächen, Komasaufen …                                    Ansbach                               Berührungsängste
                 wozu: 	 amit jugendliche Meinungen in der Kom-
                        D                                                                                              abbauen.
                        munalpolitik gehört und umgesetzt werden.




                                                                                  BASS macht Schule
                                                                                  Orga: 	 ündnis Ansbacher Schülerinnen und Schüler
                                                                                         B
                                                                                         e.V.
                        African Kiss Festival                                     was: 	Traumschule schaffen. Während einer Projekt-
                        Orga: 	 ugendgruppe des African Information Mo-
                               J                                                         woche gestalten Schüler aller Schulformen
                               vement AIM e.V.                                           die Unterrichtsinhalte selbst und testen neue
                        wer: 	Freiburger Jugendliche                                    Lernformen aus.
                        was: 	Festival mit Kunst, Musik, Weihnachtsmarkt         wozu: 	
                                                                                         Damit Schule Spaß macht und man was fürs
                               und entwicklungspolitischen Workshops                     Leben lernt.
      rg
Freibu                  wozu: 	 erbung für Toleranz und interkulturelles
                               W
                               Verständnis
                                                                                                                                                                         Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von PMOS-sxc.hu (1), mzacha-sxc.hu (2), lumix2004-sxc.hu (1), jvangalen-sxc.hu (1)
Cultural Capitals united
                       Eine Gruppe junger Europäer nutzen die Europäischen Kulturhauptstädte 2010 für ihr eigenes
                    Projekt. Sie organisieren eine deutsch-ungarisch-türkische Jugendbegegnung. Plötzlich hat Pecs
                     ein Gesicht: Das von Karolina. Istanbul hat eine Stimme: Die von Halil. Und das Ruhrgebiet hat
                      ein Lachen: Das von Kim. Ein Abenteuer, das Spaß macht, und trotzdem unberechenbar bleibt.


        Eine monatelange Planungspha-        gung haben wir heiß diskutiert“, ergänzt      verloren vor. Die lockere Atmosphäre ist
        se haben sie hinter sich. Kontak-    Sabrina. „Gerade die jungen türkischen        einer Anspannung gewichen, die Diskus-
te nach Pecs und Istanbul geknüpft. Die      Teilnehmer sprechen zu einem großen           sion wird hitziger. Einige der türkischen
Finanzierung für die Jugendbegegnung         Teil kein Englisch. Also übersetzen wir       Jugendlichen fühlen sich persönlich an-
eingeholt. Alles haben sie neben ihrem       und versuchen den Rest auf nonverbale         gegriffen.
Studium organisiert und dann das: Kurz       Weise zu vermitteln.“                            Plötzlich herrscht Verunsicherung,
vor Beginn der Begegnung will das deut-         Als die Jugendbegegnung beginnt,           ob die entstandenen Freundschaften ins
sche Konsulat in Istanbul der türkischen     ist bereits nach wenigen Stunden eine         Wanken geraten könnten. Der Gedanke
Gruppe kein Visum erteilen. Es folgen        erstaunliche Dynamik entstanden. Ver-         taucht auf, dass die Verständigung viel-
heftige verbale Auseinandersetzungen,        ständigung ist auch ohne große Worte          leicht doch nicht so einfach ist, wie es
bis ein Stein vom Herzen der Organisa-       möglich: Themen wie Liebe und Familie,        zuerst schien. Als Esin aus der Türkei
toren fällt. Alle 30 Teilnehmer dürfen       Bildungschancen und Religion werden           sieht, dass Gesine aus Deutschland den
anreisen.                                    behandelt. Gemeinsamkeiten und Un-            Tränen nahe ist, tut sie etwas, das die
   Für Anne, ­ abrina, Melih und die
               S                             terschiede diskutiert. „Bist du nun Kurde     Spannung auflöst: Sie überquert die ima-
anderen, die diese Begegnung organi-         oder Türke?“, möchte eine deutsche Teil-      ginäre Trennlinie im Raum und umarmt
siert haben, ist das Projekt eine neue Er-   nehmerin von einem Jungen aus Istanbul        Gesine.
fahrung. Sie waren zwar alle schon einmal    wissen.                                          Auch das ist eine wertvolle Erfah-
längere Zeit im Ausland, doch eine inter-                                                  rung dieser Jugendbegegnung: Dass man
nationale Jugendbegegnung selbst orga-       Er entgegnet: „Spielt das eine Rolle?         durchaus befreundet sein kann, ohne sich
nisiert hat noch keiner von ihnen.           Ich bin einfach nur ein Mensch!“              bei allen Themen einig zu sein. Und am
   „Wir haben uns viele Gedanken ge-                                                       Abend, als die Teilnehmer ausgelassen
macht“, erzählt Anne, „zum Beispiel, ob      Aber manchmal gibt es Situationen, in         und fröhlich zusammen tanzen, ist das
jeder mit den Inhalten etwas anfangen        denen es gar nicht so einfach ist, die Mei-   leichte Grabengefühl, das beide „Lager“
kann, an denen wir arbeiten wollen. Oder     nung eines Anderen zu verstehen. Als der      für einige Minuten voneinander getrennt
ob der Altersunterschied nicht zu groß       mögliche Beitritt der Türkei in die EU        hatte, schon längst wieder verflogen. Was
ist – manche Teilnehmer sind 16, ande-       zur Sprache kommt, sind drei Teilneh-         bleibt, sind Freundschaften. Und unver-
re schon 25.“ „Auch über die Verständi-      mer dagegen. Plötzlich kommen sie sich        gessliche Eindrücke. Elisa Rheinheimer




Internationale Jugendbegegnungen
In einer Jugendbegegnung kommst du mit jungen Menschen aus mehreren Ländern zusammen. JUGEND IN AKTION fördert
B
­ egegnungen mit jungen Menschen im Alter zwischen 13 und 30 Jahren. Auf www.rausvonzuhaus.de findest du Termine und
Organisationen, die Jugendbegegnungen anbieten. Mehr zu den Richtlinien gibt es unter   ww.jugend-in-aktion.de
                                                                                        w
Europäische Kulturhauptstadt           19
Alle Bilder: Sabrina Apitz




                             Oben: Am letzten Tag der Jugendbegegnung fand ein öffentliches Graffiti-Event statt, an dem auch Jugendliche vor Ort teilnahmen. Unten links: In Gruppenspielen und
                             Diskussionsrunden wurden Themen wie Liebe und Familie, Bildungschancen, Religion und Diskriminierung behandelt. Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede wurden
                             gesucht und gefunden. Unten Mitte: Auch das Ruhrgebiet steht auf dem Programm: Ein Besuch der Zeche Zollverein in Essen. Unten rechts: Verständigung klappt auch
                             ohne Worte: Durch Musik, Tanz, Fußball oder Graffiti beispielsweise. Das funktioniert wunderbar, wie am Ende alle erleichtert feststellten.
20   Gothe meets HipHop




                          „Faust in da street“
                                       Bei der deutsch-italienischen
                                       J
                                       ­ ugendbegegnung prallen
                                       k
                                       ­ lassische Reime auf HipHop-
                                       Beats.




                                       Zehn Tage proben 17 Deutsche mit 17 Italienern an einer außerge-
                                wöhnlichen Tanzchoreographie. Sie bringen Themen aus Goethes Faust
                                von ihren Straßen auf die Bühne.

                                Liebe, Wahrheit, Verantwortung, Gut und Böse – diese Schlagworte in-
                                terpretieren sie neu. Was bedeuten sie in den Problemkiezen europäischer
                                Großstädte? Die Jugendlichen der Jugendzentren StreetuniverCity (Ber-
                                lin) und ALI (Rom) zeigen es.




                            „Was ich später mal machen will?

                            Irgendwas mit Tanzen.
                                                                                                           Alle Bilder: Mimoza Veliu




                            Hauptsache, ich bin nicht mehr länger arbeitslos.“
                            Marco Busiello
                            20, Rom
Goethe meets HipHop         21




„ oethe,
 G
 mein
 Freund,
 der Mann
 hieß
 G
 ­ oethe.“




             „Wir akzeptieren nicht, …
                      … dass das kreative Potenzial junger Menschen aus
                      sozialen Brennpunkten  kaum genutzt wird. Das ist
                      entwürdigend – sowohl für die Jugendlichen als auch
                      für unsere Gesellschaft.“




               „
                Die Jury ist da, um sich
                zu re-pre-senten“
                      … dröhnt es aus den Boxen. Vorstellen und tanzen,
                      heißt das auf Deutsch. Das Ganze dann natürlich
                      aber auch „damn hot“.
                                                                                 Alle Bilder: Mimoza Veliu
22   Goethe meets HipHop




                                                        US
                                                    VERS
          „Hip Hop Battles“, „rumblen bis zum Umfallen“ – in der NaunynRitze in Berlin-Xberg
          geht es um die Beats der Beats. Für den DJ steht fest:
                                                             „ iese Show ist heiß
                                                              D
                                                              und fettig.“
                                       Aylin Dogan
                                       17, Berlin

                                       „Wenn Du so tanzen kannst,

                                       hast Du‘s geschafft –
                                       egal, was die Leute sonst so sagen.“




                                                                                               Alle Bilder: Mimoza Veliu
bewegt. das magazin mit tatendrang
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bewegt. das magazin mit tatendrang

  • 1. Dieses Magazin ist kostenlos, bewegt. aber sicher nicht umsonst. das magazin mit tatendrang Kulturschock Die ersten Tage in der Fremde 8 Schritte zum Projekt Richtig planen und durchführen Psychotest Ungewohnte Situationen warten auf dich liv i n g e u ro pe
  • 2. Impressum bewegt. das magazin mit tatendrang Ausgabe 1, Mai 2011; Herausgegeben von JUGEND für Europa Deutsche Agentur für das EU-Programm JUGEND IN AKTION Godesberger Allee 142–148 53175 Bonn Vertretungsberechtigt Hans-Georg Wicke Konzeption Bilder: siehe jeweilige Artikel, Grafiken/Illustrationen von elfgen pick intermedia Andreas Klünter Autoren dieser Ausgabe Marco Heuer, Stephanie Lachnit, Julia Ließneck, Leon Reichardt, Elisa Rheinheimer, Christine Roskopf, Nina Voigt Bildredaktion Andreas Klünter, Miriam Lochner Redaktion Andreas Klünter, Lisa Lindner, Fabienne Pradella In dieser Ausgabe begeben wir uns nach … Berlin Gestaltung und Satz Essen Chisinau elfgen pick intermedia, Friedberg Aachen Istanbul Cover Barcelona Anna-Lena Thamm/ cydonna/ photocase.com Druck Baixo-Alentejo Druckhaus Süd, Köln Papier Dieses Magazin wurde auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier der Marke envirotop gedruckt. Weitere Informationen Alle Infos und Richtlinien zu JUGEND IN AKTION  www.jugend-in-aktion.de Informationen zu JUGEND für Europa, den Schwerpunkten unserer Arbeit, unsere Fortbildungsangebote und unsere Newsletter gibt es unter  www.jugendfuereuropa.de Alle Internet-Seiten von JUGEND für Europa finden Sie unter  www.webforum-jugend.de Der direkte Kontakt zu JUGEND für Europa JUGEND für Europa Deutsche Agentur für das EU-Programm JUGEND IN AKTION Godesberger Allee 142 – 148, 53175 Bonn Telefon 0228 9506 - 220, Telefax 0228 9506 - 222 Regional Einstiegsinformationen für Jugendliche und Fachkräfte bieten auch die Regionalen Kontaktstellen JUGEND IN AKTION  www.jugend-in-aktion.de/regional Jugend für Europa Deutsche Agentur für das EU-Programm jugend in Aktion
  • 3. Inhalt Seite 4 Los geht’s Seite 5 Was bringt mir das alles? Kulturschock Der Beginn eines EFD Seite 6 » Julia Ließneck berichtet aus Moldawien Seite 9 Wegweiser fürs Zuhause­ ühlen f Europablicke P Use-It Stadtplan für junge Reisende Seite 11 t ek ro j Leon in Barcelona Seite 13 Psychotest Seite 14 Meckern is’ nich. Machen! Acht Phasen eines Projekts Seite 18 Cultural Capitals united Europäische Kulturhauptstadt Mitmischen in Deutschland P Seite 16 t und Europa ek ro j Auf Partizipationsreise durch Deutschland Seite Seite 28 Auflösung Psychotest Seite 23 P Da, wo sich Grenzen t Seite 26 ek ro j Faust in da street aufheben lassen Israelische Freiwillige im Portrait Alles cool! I nt e r vi w e Goethe meets HipHop Kurzbesuch bei Ahmet in Istanbul P t ek ro j Ein Jahr in Portugal xc. u lian, s h Seite 31 P Olivia blickt zurück Ki a n t Zsuzsan In te ek ro j r © view Seite 29 (Inter-)kulinarische Entdeckungsfahrten Rezepte und Kochprojekte
  • 4. Los geht’s Suchst du neue Ideen? Anregungen? Inspiration? Du denkst, bei dir muss sich doch mal was bewegen. Du brauchst eine Luftveränderung. Das EU-Programm JUGEND IN AKTION kann dir dabei helfen. Es fördert deinen Tatendrang. Es bewegt dich von einem Land ins andere. Und es bewegt deine Ideen – von einem Blatt Papier in die Wirklichkeit. Mit JUGEND IN 9 0% Das P ro 90 % d gramm JUG e E AKTION kannst du eigene Projekte umsetzen, neue Leute rung e r teilnehmen ND IN AK r d anges wiesen und en Jugend ehen kennen lernen, neue Länder und Kulturen. werde kann somit Mehr n. als 90 Mut a % alle uch in r Ju der Zu gendliche kunft n „bewegt. das magazin mit tatendrang“ erzählt von Men- 50 % mobil zu schen, die das Programm genutzt haben. Wir berichten ha b en von Menschen in Bewegung. Von Julia, die von ihren ersten m e hr S n a ch e inem P rojek t elbstb Tagen in der Fremde erzählt. Von Noam und Neta, die aus m e hr S elbstä ewu s s t sein un ndigke d Israel nach Berlin gingen, um in einem Zirkusprojekt zu it . 82,1% leben. ll e ltur e b erku r ihr e int id end ve e a b e n e nt s ch Wir berichten von Menschen, die Dinge bewegen. h p ete nz Von ­ hmet, der in Istanbul mit Jugendlichen HipHop tanzt. A 84,8% Oder von Carina, die für Aachen einen Stadtplan speziell o a chk für junge Reisende gestaltet. , ihr e Sp r n an ge b e b e n . zu h a Die Geschichten im Magazin kannst du so ähnlich auch er- leben. Nachahmung ist unbedingt erwünscht! JUGEND IN AKTION ist das einzige europäische Förderprogramm, das wirklich allen Leuten bis 30 Jahren offen steht. Egal auf welche Schule du gehst, ob du im Studium, in der Ausbil- dung bist oder ob du gerade eine Auszeit nimmst. Wie auch du das Programm nutzen kannst? Im Magazin findest du Tipps und Hinweise. Erst einmal wünschen wir Bild: photocase – .daumenkino. dir aber viel Spaß beim Lesen. Und freuen uns, wenn die Geschichten etwas bewegen. Lass dich inspirieren.
  • 5. Was bringt mir das alles? 5 83% einem Proj ek t besser waren nach Ideen zu entwickeln te in der La ge, gu ren isie und zu real 78% wollen a u ch d (zum S a n a ch tudiere ins Aus n o d er land Arbeite n) TION ha lichen t sich für m a e als rele ls bereiche hr als vant fü rn r ihre B de Erfah- edürfn isse haben nach e sein. inem P rojekt mehr 66,5% rere Vo eine kla Bildung sweg haben iteren e g von rstellun ewonnen. g ihrem w om - d lu ng sk Han . 74,2% rt esse higkeit n­ ik tfä n, fl Ihre Ko haben rt . 9 0 % lernte se verbes ert im Team n. bess besser en zu arbeite n ver zu s a m m enze mpet
  • 6. 6 Der Beginn eines EFD Kulturschock Allem Anfang liegt ein Zauber inne … Denkste! Manchmal ist so ein Anfang alles andere als zauberhaft. Julia über ihre ersten Tage als Europäische Freiwillige in Moldawien – und wie sie begann, sich in der Fremde einzurichten. Gerade geht mein zweiter Tag in Moldawien zumindest so, dass die Maximalkapazität von 20 kg zu Ende. Dabei ist es erst Viertel Acht. Aber gegen bis aufs letzte Gramm ausgenutzt ist. Falls mehr er- Acht ist es hier dunkel. laubt sein sollte, nahm Mutti zur Sicherheit noch Ich habe ziemliches Heimweh. Weil ich allein bin zwei kleinere Reisetaschen mit. in meinem Zimmer und auf die Müdigkeit warte. Für Mein Bruder befand sich derweil im Halbschlaf Bücher war in meinem Fluggepäck kein Platz. Für und schien alles nicht recht mitzukriegen. Das än- meine Familie leider auch nicht. Das klingt ziemlich derte sich auch nicht auf dem überraschend kurzen traurig; wahrscheinlich deshalb, weil ich gerade erst Weg zum Flughafen Tegel, wo ich gedanklich zigmal hier bin und mir alles unwirklich erscheint. Aber ich mein Handgepäck kontrollierte: Reisepass, Ticket, will ja nicht hinten anfangen, sondern vom Beginn Geld … Alles dabei. der – wie es mir noch vorkommt – „Reise“ erzählen. Auf dem Flughafengelände ließ Papa zuerst mich und Mama samt Gepäck aussteigen, um an- Vorgestern in Deutschland klingelte mein schließend den richtigen Parkplatz für Terminal Wecker um halb vier Uhr morgens. C zu finden. Recht euphorisch marschierten wir währenddessen mit meinem Trekkingrucksack, Ich war von den kurzen Nächten auf dem Ausreise- einer Reisetasche und meinem überdimensiona- seminar ziemlich fertig und hatte überraschend tief len Handgepäck zum Check-In. Was sollte schief­ geschlafen. Trotzdem ließ mich das Geräusch sofort gehen? aufschrecken. Schnell war ich für eine (vorläufig „Schönen guten Tag, einmal nach Moldawien. wahrscheinlich letzte) ausgiebige Dusche im Bad Hier sind Ticket und Reisepass. Könnten wir das verschwunden. Dann anziehen, die Haare machen, Gepäck bei Ihnen wiegen?“ schminken, Waschtasche einpacken. Bloß keine Zeit „Nur zu … Na, da können Sie sogar noch ein bis haben, um nachzudenken. Und mit dem Zweifeln zu zwei Kilo verstauen.“ beginnen. Was für ein Glück! Bild: Richardfabi – Wikimedia Commons (1), abejo –sxc-hu (1) Papa hat uns wie jeden Morgen Frühstück ge- „Nur mit ihrem Check-In, sehe ich, gibt es ein macht, während ich überprüft habe, ob meine Ta- Problem. Sie haben kein Visum. Da bräuchte ich ihr schen mit allem gepackt sind, was mit muss. Oder Rückflugticket, um zu überprüfen, ob sie innerhalb von drei Monaten ausreisen.“ „Wir haben aber noch kein Rückflugticket. Das Die Autorin: Julia Ließneck buchen wir kurzfristig vor Ort.“ Julia (Bild: Mitte) verbrachte von September 2009 bis Juni 2010 „Das geht nicht! Ich muss sicher sein, dass Sie wie- ihren ­Europäischen Freiwilligendienst im Animation Centre for Youth and Children in Chisinau / Moldawien. Nach dem an- der ausreisen. In Moldawien lässt man sie ansonsten fänglichen „Kulturschock“ lebte sie sich schnell ein. Julia sagt, sie auch gar nicht rein.“ habe die neun Monate in Moldawien in vollen Zügen genossen. Panik stieg auf. Das hatte mir noch gefehlt. Hatte ich
  • 7. Der Beginn eines EFD 7 an diesem abschiedsträchtigen Morgen eh nah am der Einreise habe ich mein sündhaft teures Rück- Wasser gebaut. Ewig ging es hin und her. Mehrere flugticket natürlich nicht vorzeigen müssen. Male wurde der Vorgesetzte angerufen; selbst eine Am Chisinauer Flughafen empfangen haben mich Notfallnummer wurde gewählt und zur Flughafen- zwei Frauen: die Freiwillige Rachel aus London und Ok- dame weitergereicht. Doch es nützte alles nichts, sana von meiner Aufnahmeorganisation. Im Taxi, das und die Zeit rannte. keine Gurte, aber einen Riesensprung in der Frontschei- Also mussten auch wir rennen. Mama und ich im be besaß, redeten wir sehr locker und offen miteinander gestreckten Galopp ins andere Flughafengebäude, auf Englisch, was bei Rachel als gebürtige Engländerin zum Zoll. Ein Zollbeamter erklärte uns, was wir schon und gleichzeitig Stotternde sehr niedlich klingt. wussten, kam aber immerhin mit mir zum Schalter. Zwischendurch schaute ich aus dem Fenster und was Der Beamte versuchte zu vermitteln, hatte aber ich sah, gefiel mir – ehrlich gesagt – überhaupt nicht. keinen Erfolg. Wir entschieden uns zum Kauf eines Rückflugtickets, um es später wieder zu stornieren. Was hattest du erwartet, fragte ich mich. Mama und Papa rannten noch mal. Bei mir ran- Du bist im ärmsten Land Europas, du nen die Tränen, irgendwann konnte ich mich nicht solltest glücklich über den Anblick sein. mehr zusammenreißen. Die Sekunden schlichen. Die Schalterdame versuchte sich rauszureden. Das Der Anblick bestand aus heruntergekommenen stalinisti- brachte mir nichts. schen Bauten, die jeden Moment einzustürzen schienen. Papa kam zurück gehetzt mit einem vollstän- Tun sie übrigens nicht, das weiß ich, seit ich in solch ei- dig stornierbaren Businessclassticket; kurz darauf nem wohne. Die Wände sind sogar dicker, als man denkt. Mama mit dem Reisepass. Endlich konnte ich ein- Die Fahrstühle in diesen Bauten sind Uralt- checken. Dann fiel der Dame auf, dass sie das Gepäck Monster. Aber wenn du in den 14. Stock hoch für Osteuropa gar nicht abfertigen darf. Zumindest musst, überwindest du dich und steigst ein. Ich bereitete sie alles vor und ging mit uns zu einem an- wohne bei Natalia. Sie ist meine Gastmutter deren Schalter. Ich wäre am liebsten auf der Stelle und spricht nur Russisch, kein Rumänisch umgekehrt und nach Hause gefahren. Doch da war oder Englisch. Zum ersten Abendessen wink- das Gepäck auf dem Fließband verschwunden und te sie mich mit den Worten „Ham ham“ heran. es hieß Abschied nehmen. Sie hatte mir Tomatensalat mit ordentlich Zwie- Überraschenderweise kullerten die Tränen nur bei beln gemacht und etwas, was ich vage als frittierte mir und meinem Bruder. Papa machte eine klare Ansage. Frischkäsebuletten definieren würde. Ein paar Stockwerke unter uns wohnt die beste „So, Jule. Erstens: Durchhalten. Zweitens: Deine Eltern sind immer für dich da.“ Auch Mama sprach mir Mut zu, drückte mich ganz YouthReporter fest: „Jetzt kann es nur besser werden.“ Ich legte mein Handgepäck aufs Band. Der Kon- Lust auf weitere Geschichten aus dem Europä- trolleur ließ mich noch meine Tasche auspacken, ischen Frei­ illigendienst? Im YouthReporter w da er einem Gegenstand nicht über den Weg traute, berichten Jugendliche, die gerade als Europäische der sich als mein Aquarellfarbkasten herausstellte. Freiwillige unterwegs sind, von ihren Erlebnissen. Aber dann – tatsächlich – stand ich vor dem Tran- Geschrieben wird, was bewegt – ob als Tagebuch, Illustration: elfgen pick intermedia sitbereich und winkte ein letztes Mal durch die als Reportage oder als Gedicht – alles ist willkom- Scheiben. men. Es sind Geschichten aus 1000 und einem Europa. Willkommen in Moldawien Mehr unter  ww.youthreporter.eu w Fast sechzig Stunden sind seitdem vergangen und mein zweiter Tag in Moldawien geht zu Ende. Bei
  • 8. 8 Der Beginn eines EFD Freundin von Natalias Tochter. Kurz nachdem ich Später gingen wir im größten, aber auch teuersten angekommen war, kam sie hoch und besuchte uns. Supermarkt der Stadt einkaufen. Ich kam mir vor Sie ist eine echt nette Frau. Englischlehrerin ohne wie bei Rewe. Das liegt vor allem daran, dass Mol- Arbeit und Mutter eines Mädchens. Zuerst dol- dawien durch mangelnde eigene Wirtschaft fast al- metschte sie zwischen Natalia und mir, dann spra- les Essen importieren muss und ich somit zwischen chen nur noch wir beide auf Englisch. Sie erzählte Produkten der Reihe „Gut und Günstig“ sowie zahl- mir, dass jeder Moldawier, der die Möglichkeit hat, reichen anderen deutschen Marken wählen konnte. wegzieht oder zumindest als Gastarbeiter weggeht. Zudem entdeckte ich voller Freude und Überra- Dass der Fortschritt hier nur sehr langsam kommt. schung schnuckelige dunkle Vollkornbrote. Und dass sie davon träumt, zu ihrer Schwester nach Kanada zu ziehen. Zumindest verdienen ihr Mann Mein erstes Großprojekt für die nächsten Wochen und ihr Vater (der auch in ihrer Wohnung lebt) heißt: Mich einleben und die Stadt erkunden. so viel, dass sie einen Internetanschluss haben. So bleibt sie in Kontakt mit ihren Verwandten im Die Umgebung meines Wohnblocks – und vor allem ­Ausland. die ­ üfte  – finde ich weiterhin sehr gewöhnungs- D bedürftig. Ich weiß aber bereits, was „Marshrut- Mein Zimmer ist an und für sich ganz in Ordnung. kas“ sind: Nämlich Busse in Van-Größe, die eine Es hat einen winzigen Kinderschreibtisch und bestimmte Strecke fahren und unterwegs für drei einen Fernseher. Nur einen Schrank gibt es nicht. moldawische Lei jeden, wirklich jeden mitnehmen, der an der Straße steht und winkt. Ich habe CVAS Eine kleine Kommode und zwei Schubladen, das getrunken – so eine Art Saft aus Brot, Wasser und ist alles. Die Steckdosen sehen zwar so aus wie in Zucker. Wie süßes Bier ohne Alkohol. Und dann Deutschland, sind aber nicht die Gleichen. An dieser habe ich gemeinsam mit den anderen Freiwilligen Stelle sei meinem pragmatischen Vater gedankt, der herausgefunden, dass es in zwei Parks in der Innen- an einen Adapter gedacht hat. Mein Bett ist breit und stadt öffentliches WLAN gibt. In der Natur, eine net- eigentlich eine ausklappbare (wenn auch hässliche) te Idee. Werde ich am Samstag ausprobieren, wenn ich Couch. Leider hängen meine Füße raus und das Bett mit meiner Familie skypen will. ist sehr hart, aber das geht schon. In der ersten Nacht Zuhause habe ich mich meinem zweiten Großpro- wurde ich trotzdem dreimal wach. jekt gewidmet: Das Zimmer wohnlich zu gestalten. Gestern war mein erster Tag bei meiner ­ uf­ A - Zwei Stunden habe ich heute geputzt, eine Million ran- nahme­ rganisation, ADVIT. Das Büro liegt sehr o zige, glotzende Kuscheltiere in Tüten verbannt. Einige versteckt. Es ist ein ­ leiner Raum in einem kleinen k der russischen Bücher entfernt, Fotos aufgestellt und Haus hinten in einem Innenhof. Aber es gefällt mir ein wenig umgeräumt. Jetzt fühle ich mich wohler. gut dort, gerade weil es so inoffiziell ist. ­ In das Zimmer nebenan ist in der Zwischenzeit Abgeholt wurde ich am ­ orgen von einer weiteren M Roswita gezogen. Roswita ist ebenfalls Freiwillige Freiwilligen: Helena aus Dänemark. Ein Alternativ- und kommt aus Leipzig. Sie hat wahrhaft sehr kurze Mädchen mit roten Haaren, Piercing und großen Haare und eine breitrahmige Brille, was ihr beides blauen Augen. Sie ist bereits seit zwei Wochen hier gut steht. Zudem ist sie genauso cool und unkompli- und kennt die Stadt schon ziemlich gut. ziert wie ihre Frisur. Im Büro bin ich zuerst in die wichtigsten Dinge Nach meiner Aufräumaktion haben Rosi und eingewiesen worden, bis Natasha, die Chefin, kam, ich zu Abend gegessen, uns gegenseitig Fotos ge- mit der ich bereits E-Mail-Kontakt hatte. Ihr erzähl- zeigt und ewig gequatscht. Dann ist sie ins Bett ver- Illustration: elfgen pick intermedia te ich von meiner schwierigen Einreise und dass ein schwunden, und ich habe mich meiner Schreibar- 1.500,- Euro teures Ticket auf sicherem Wege nach beit gewidmet. Jetzt kann ich getrost schlafen gehen. Berlin zurück muss. Die moldawische Post schied Bärbel, meine Kuschelente, ruft schon. somit aus. Aber ich habe Glück. Natasha reist für Morgen fahre ich für drei Tage in ein Dorf im Sü- zwei Wochen nach Frankreich und wird das Ticket den, wo wir ein Einführungsseminar erleben werden. von dort aus an meine Eltern schicken. Dann gibt’s wieder was zu erzählen. Julia Ließneck
  • 9. USE-IT! 9 Wegweiser fürs Zuhausefühlen Sich in einer neuen Stadt zurechtzufinden, dauert. Städtetipps helfen dabei. Nun gibt es ein europäisches Projekt speziell für junge Reisende: Einheimische entwerfen Online- Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von Arne Hückelheim/wikipedia.de, Archiv JUGEND für Europa, homyox-sxc.hu Reiseführer von ihrer Stadt und verraten ihre persönlichen Insider-Tipps. Brüssel hat schon einen. Oslo, Warschau und Ljubljana auch. Carina Danzig gestaltet einen für Aachen. Carina lässt sich in eine der begehrten Hängematten Wer eine Stadt mit einem USE-IT-Europe Stadtplan fallen, die am Aachener Lousberg, hoch über den erkundet, tut das dank der Hilfe der Einheimischen. Dächern der Stadt zwischen Stahlträgern installiert Denn der handliche Stadtplan kann mehr als nur den sind. Die Abendsonne scheint ihr ins Gesicht, und Weg weisen. Er verrät Geheimtipps und Lieblingsorte sie ist nicht die einzige, die den unverbauten Blick der Macher; er weiß, wo man preiswert schlafen kann über Wiesen und Wälder genießt. oder wo es besonders leckere Pfannkuchen gibt. Und „Es ist der perfekte Ort, um sich nach einem lan- er gibt Verhaltenstipps, wie man locker als Einhei- gen Tag zu entspannen“, findet die 30-Jährige. Klar, mischer durchgeht. Das Konzept ist in allen Städten dass sie diesen Spot unbedingt in ihren Stadtplan dasselbe; nur die Umsetzung, die bleibt den Machern aufnehmen möchte. Die Aachenerin arbeitet ehren- überlassen. amtlich an dem Projekt. Schon lange vor ihrem Geo- grafiestudium hatte sie eine besondere Vorliebe für „Sie sehen anders aus, sie sind witzig Stadtpläne. geschrieben, es ist eine Mischung aus Stadtplan und Reiseführer.“ „Ich fand Stadtpläne schon immer toll, weil ich damit eine Stadt erkunden kann und dabei Die Lust, einen Plan für ihre Stadt zu gestalten, hat etwas in der Hand habe.“ Carina Danzig aus Brügge mitgebracht. Beim ge- Du hast jetzt auch … Lust bekommen? Schönstes Schwimmbad im Jugendstil Elisabethstraße 10 Jeder kann einen USE-IT-Europe Stadtplan für seine Stadt machen, einzige Bedingung: Die Macher müssen sich selbst um die Finanzierung kümmern.  www.use-it.be/europe/
  • 10. 10 USE-IT! Die Initiatorin: Carina Danzig Die 30-jährige Geografin entwirft gemeinsam mit Freunden einen Bild: Stephanie Lachnit kostenlosen Stadtplan von Aachen. Und der zeigt die besten Insider- Tipps von Einheimischen für junge Touristen. meinsamen Ausflug mit ihren Mitbewohnern stieß Handvoll Aachener für ihre Idee. Gemeinsam ver- sie dort in der Bed-and-Breakfast-Unterkunft zu- brachten sie viele Stunden am Telefon und mussten fällig auf den Brügger Use-It-Stadtplan. Carina war einige Absagen verkraften. Schließlich entdeckte begeistert. Der dicke Reiseführer war damit über- Carina die Stiftung Lebensraum Aachen e.V., die flüssig, denn alles, was sie wissen wollte, stand auf Bürgerprojekte unterstützt und auch Carinas Idee einem faltbaren DIN A 3 Blatt Papier. Für Carina interessant fand. Die Stiftung half der Gruppe rund stand fest, so einen Plan könnte auch Aachen gut um Carina, einen Antrag als Jugendinitiative beim gebrauchen. EU-Programm JUGEND IN AKTION zu stellen. Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von Arne Hückelheim/wikipedia.de, Archiv JUGEND für Europa Auch das hat geklappt. Jetzt hat die Gruppe 5000,- „Junge Menschen werden in den normalen Euro auf dem Konto – und kann damit den Druck Reiseführern kaum bedacht. Sie haben oft von 10.000 Stadt­plänen bezahlen. weniger Geld als ältere und interessieren sich Wenn der Plan dann fertig ist, hat die Suche nach für andere Sachen.“ Tipps und Spots erst einmal ein Ende. Dann kann Carina die Hängematten auf dem Lousberg wieder Doch bevor sie sich um den Inhalt ihres Plans Ge- genießen – und vielleicht trifft sie dort schon bald auf danken machen konnte, musste sie eine große Hür- Reisende mit einem USE-IT-Stadtplan in der Hand. de nehmen – die finanzielle. Sie begeisterte eine Stephanie Lachnit, Christine Roskopf Tolle Aussicht Riesenkugel Eis für 80 Cent bei den Hängematten Jakobstraße 73 Lousberg, Am Drehturm
  • 11. Bilder: Roberttheu/sxc.hu(1), Leon Reichardt Europablicke 11 Leon in Barcelona Und plötzlich wird eine fremde Stadt zur zweiten Heimat – weil mit der Stadt viele persönliche Erinnerungen verknüpft sind. 4 Voluntarios en Barcelona  Christopher, Giovannie, Martina und ich waren letztes Jahr die vier Europäischen Freiwilligen an der Uni in Barcelona. Ich habe dort körperbehinderte Studenten be­­ treut, in zwei Gefängnissen Fußball und andere Aktivitäten angeboten, im Krankenhaus mit ei­ Der Autor: Leon Reichardt ner Alzheimergruppe gearbeitet und an Schulen Nach seinem Abitur ging Leon ­Migrantenkindern bei den Hausaufgaben geholfen. für zehn Monate nach Barcelona, Spanien, um einen Europäischen Gio und Marti sind ein Pärchen aus Italien und wollten nach dem Freiwilligendienst zu machen. Seine Studium ein anderes Land kennenlernen. Chrisi kommt auch aus Bild: Leon Reichardt Organisation hatte ihr Büro direkt Freiburg und studiert mittlerweile in Augsburg. Wir vier haben auf dem Campus der Universität. Dort betreute er fünf Tage die Woche oft zusammen „wirklich“ italienische Pasta gegessen und viel von körperbehinderte Studenten. Jetzt Barcelona gesehen. ­ versucht Leon seine Freunde in Barcelona so oft wie möglich zu besu- chen und Spanisch zu sprechen.
  • 12. 12 Europablicke El bario Raval Das Viertel Raval liegt im Zentrum von Barcelona und grenzt an las Ramblas, die Hauptpromenade vom Placa ­Catalunya bis zum Hafen. In dieser Ecke gibt viele kleine Gassen und schöne Plätze mit Kneipen und Cafes. Hier wohnen viele Immigranten, vor allem aus Asien und Südamerika, die für eine kulturel- le Vielfalt sorgen. Außerdem gibt es eine gute Musikszene mit vielen Jam Sessions wie im Jazz Si oder auch im Big Bild: Leon Reichardt Bang Club. Wahrscheinlich ist es mein Lieblingsviertel in Barce- lona, auch wenn es dort viel Drogen­ riminalität und k Einer der Gründe, warum ich das Raval so mag. Prostitution gibt. Por el campus con Hector  Es gab einen Aktionstag auf dem Uni Campus mit verschie- denen Ständen. Ein Teil meiner Arbeit war die Betreuung von körperbehinderten Studenten. Wir hatten einen Par- cours für Rollstuhlfahrer aufgebaut und jeder konnte sich mal in einen elektrischen Rollstuhl setzen. Hector war einer der Studenten, die wir betreut haben Bild: Leon Reichardt und mit dem ich viel gelacht habe. Er hat 2004 bei den Pa- ralympics mitgemacht und eine ­Medaille im Schwimmen gewonnen. Von ihm habe ich gelernt, das Leben positiver Chrissi, Leon und Hector – 2 Freiwillige und 1 Student zu sehen und einfach mehr zu lachen. Mehr unter  ww.europablicke.eu w Europäischer Freiwilligendienst Wenn du zwischen 18 und 30 Jahre alt bist (in Ausnahmefäl- Das Ganze ist kostenlos. Vorkenntnisse brauchst du nicht. len ab 16), kannst du dich für längere Zeit in einem gemein- Es gibt begleitende Seminarprogramme. Am besten suchst nützigen Projekt im Ausland engagieren. du dir als erstes eine Entsendeorganisation in Deutschland, Der EFD ist ein Lerndienst. Lernen heißt: Fit werden für die die dir hilft, einen Platz im Ausland zu finden. eigene Zukunft. Verantwortung tragen. Niederlagen ver- arbeiten. Selbstbewusstsein entwickeln. Neues entdecken Alle Informationen und Organisationen gibt es unter und verstehen. Europa fühlen und leben. Und eine neue  www.go4europe.de Sprache gibt’s gratis dazu.
  • 13. Psychotest 13 Stell dir vor … Die nachfolgenden Situationen könnten dir passieren, wenn du ein Projekt mit JUGEND IN AKTION machst. Was würdest du tun? 1 // Du bekommst die Chance, einen Europäi- D) Ich bedanke mich herzlich und sage ihnen Auf dem Nachhauseweg passiert es – Strom- schen Freiwilligendienst in Kamtschatka zu ganz freundlich, dass ich Vegetarier bin. ausfall. Alle Straßenlaternen sind erloschen. machen. Im ehemaligen russischen Militär- Und nun? sperrgebiet und jetzigem Naturpark sollst du 4 // Du möchtest eine Jugendinitiative mit dei- A) ir beschleunigen unsere Schritte. Ist doch W helfen, Fremdenverkehrsprojekte zu entwi- nen Freunden durchführen. Ihr habt eine rich- unheimlich. ckeln. Deine Freunde kennen dich als vorsich- tig tolle Idee: Ein Theaterfestival zu organisie- B) ir verlangsamen unsere Schritte. Erstens W tigen Typen und halten dich für total verrückt. ren, bei dem europäische Märchen inszeniert wegen den Schlaglöchern und zweitens weil Und deine Eltern ebenfalls. Was denkst du? werden. Jetzt müsst ihr nur noch den Antrag der Mond so schön scheint. A) ch hätte total Bock darauf, aber vielleicht I ausfüllen und losschicken. Aber der ist um- C) ls alter Pfadfinder habe ich natürlich meine A haben sie Recht. Kamtschatka, das ist ja Si- fangreicher als gedacht … und irgendwie habt superstarke Stabtaschenlampe dabei. Ich birien! ihr verschwitzt, dass die Antragsfrist in zwei leuchte der Gruppe den Weg. B) ypisch. Immer müssen sie alles besser wis- T Tagen rum ist. Was denkst du? D) emand stimmt einen Song an – und wir laut- J sen! Nur, die Entscheidung muss ich alleine A) ir brauchen Kaffee und gute Musik! Und W hals mit ein. treffen. wenn wir uns gemeinsam dransetzen, krie- C) ollen sie nörgeln. Ich ziehe das auf jeden Fall S gen wir den Antrag rechtzeitig abgeschickt. 6 // Mit deiner Jugendinitiative organisiert ihr durch! Dann kann ich ihnen beweisen, dass eine europäische Festivalwoche. Zum Eröff- ich alleine ’was auf die Reihe kriege. nungskonzert strömen die Leute heran. Damit D) ielleicht doch besser Spanien?! V hättet ihr nie gerechnet. Das Problem: Wegen des Andrangs könnt ihr nicht pünktlich anfan- 2 // Du verlässt in 30 Minuten Deutschland, gen. Da baut sich eine Frau vor dir auf und ver- um in Island für ein Jahr zu arbeiten. Du stehst langt ihr Geld zurück. Wie reagierst du? am Flughafen. Deine Freunde und die Familie A) ch will keinen Stress und gebe ihr das Geld I sind da. Zeit, sich zu verabschieden. Und die zurück. ersten Tränen bei deiner Mutter rücken an … B) ch schüttle bedauernd den Kopf; biete ihr I Bild: chriskuddl | ZWEISAM / photocase.com Was fühlst du? aber an, sie könne ein Freigetränk bekommen. A) ure Vorfreude! In einer WG leben, ohne El- P C) ch sage, ich würde den Verantwortlichen ho- I tern und nervige kleine Schwester. Neue len und komme nicht mehr zurück. Leute, neues Land kennenlernen. Ich kann es D) Ich schaue ihr fest in die Augen und frage sie kaum erwarten. mit leicht schriller Stimme, ob sie eine Ah- B) h je, worauf habe ich mich da eingelassen? O nung hätte, wie viel ehrenamtliches Engage- Irgendwie hab ich jetzt richtig Schiss und ment hinter dieser Sache stecken würde. möchte doch nicht weg. C) ch hasse Abschied. Hoffentlich vergessen sie I 7 // Du arbeitest in einem Projekt in einem bul- mich nicht. garischen Jugendhaus. Gemeinsam mit Petras, D) Hab ich auch meinen Pass eingesteckt? dem Freiwilligen aus Litauen, könnt ihr einen Kurzfilmabend organisieren. Wie gehst du vor? 3 // Du bist bei einer Gastfamilie in der Ukrai- A) ch winke ab. Allein einen Flyer auf Bulgarisch I ne untergebracht. Die ganze Familie sitzt mit schreiben. Pff, können wir beide nicht. dir am Tisch. Selbst die Großmutter ist da. B) a, toll. Ehe wir wieder endlos diskutieren, N B) ch werde sofort mal einen Arbeitsplan auf- I Extra für dich haben sie Rassolnik gekocht. schreibe ich den Antrag am besten alleine. stellen und ihm geben. Hoffentlich hält er Nun schauen dich alle neugierig an, ob es dir Werde ich wohl die nächsten beiden Nächte sich dran. schmeckt – aber das Essen sieht total merk- durcharbeiten. C) ool. Wird lustig werden, wenn wir mit Hän- C würdig aus… C) ch kriege einen hysterischen Schreikrampf. I den und Füßen kommunizieren, um gemein- A) erdammt! Sie haben sich extra so viel Mühe V Über 20 Seiten Antrag – die sind doch wahn- sam den Abend vorzubereiten. gegeben! Ich koste ganz vorsichtig und versu- sinnig! D) Ich habe zwar keine Ahnung, wie es gehen che, den Mund nicht zu verziehen. D) ch, wir haben noch zwei Tage! Was soll die A kann, aber inzwischen gelernt, dass es immer B) as ist doch toll! Deswegen bin ich hier! Um D Aufregung? Passt schon. eine Lösung gibt. Neues kennenzulernen. C) ch täusche heftige Magenkrämpfe vor und I 5 // Du nimmst an einer Jugendbegegnung in murmle etwas von „Medikamenten“. Dann Kroatien teil. Die kroatische Gruppe ist total ziehe ich mich diskret zurück. Nachher schau nett, ihr habt eine super Zeit und am vorletz- Und was soll mir das sagen? ich, ob ich irgendwo einen Burger bekomme. ten Abend feiert ihr eine Party in der Stadt. Die Antwort gibt es auf Seite 28.
  • 14. 14 Acht Phasen eines Projekts 7 6 8 1 5 1. I my idea 2 4 3 Meckern is’ nich. Machen! Europa fängt vor deiner Haustüre an. Und wenn dort nichts geboten ist, dann willst du was machen. Punkt. So einfach ist das – laut Steffen Präger. Der Erfurter darf das sagen. Er hat als 16-Jähriger 20.000 DM für eine Anti-Rechts-Initiative beantragt – und bekommen. „Mein bisher größter Antrag war ein Nutzungskonzept für ein Jugendhaus“, erzählt Steffen. Der richtige Mann für unser Frage: Wie wächst aus einer guten Idee ein handfestes Projekt?
  • 15. Acht Phasen eines Projekts 15 1 Die Idee Namen ‚Fundraising´. Die besten Adres- nanzen übernehmen und immer sauber Erst einmal ist die Idee wichtig. Denn: Es sen sind da die Stiftungen. Der Vorteil die Originalquittungen sammeln. ändert sich nichts, wenn du einfach nur hier: Sie sind oft nicht so kompliziert wie meckerst. Danach kommen das Konzept öffentliche Geld­geber. 8 Feedback / Auswertung und die Finanzierungsfrage. Die Themen Die Fördermittelgeber freuen sich, wenn ‚Nachhaltigkeit’ und ‚Partizipation’ sind 5 Antrag stellen ihr sie über den Verlauf des Projektes in- im Moment bei Geld­gebern angesagt. Kleine Projekte könnt ihr immer auf lo- formiert. Ihr könnt sie auch gerne zum kaler Ebene starten. Aber Vorsicht: Nicht Event einladen. Vielleicht kommen sie ja. 2 Die Gruppe von der Lokalpolitik vereinnahmen lassen. Und abgesehen davon, dass es sowieso ei- Ohne Mitstreiter geht nichts. Und da gilt: Lohnenswert ist es deshalb, ganz oben die nen Finanzbericht an die Geldgeber geben Mindestens vier ­eute braucht es. Je- L Anträge zu stellen: bei ‚Die Gesellschafter’ muss, gilt es als Gruppe noch einmal die der hat unterschiedliche Qualitäten und bis JUGEND für Europa. Die helfen auch Zielsetzungen gemeinsam durchzugehen: ­Kompetenzen. beim Ausfüllen der Formulare. Welche Ziele haben wir erreicht? Und ganz Zum Vergleich: Anträge beim Europäi- wichtig: Was können wir beim nächsten 3 Das Konzept schen Sozialfond brauchen gut 50 Seiten Mal besser machen? Wie und was können Ihr setzt euch zusammen und klärt zu Be- Papier und eine geschwungene Feder. andere von uns lernen? ginn, was euer Projekt bringen soll. Fragt Achtet beim Antragstellen immer darauf, euch: Was steht auf der Agenda? Was sind dass ihr eure Idee nicht verratet und euch ... der Anfängerfehler: Meistens scheitert unsere Ziele? Was bleibt davon am Ende? treu bleibt. ein Projekt an der Gruppe. Da geht es um Das dürft ihr nicht businessmäßig machen. Freundschaften, Freude, Liebe und alles Ihr solltet das direkt miteinander aus- ­ 6 Organisation – andere. Da gibt es Stress. Ein Projekt ist handeln. Sicherlich wird es Diskussionen Der Maßnahmenkatalog Arbeit und logisch kann es zu Reibungen geben. Aber besser am Anfang als mitten- Am besten fangt ihr von hinten an. kommen. Deshalb mein Tipp: Frühzeitig drin. Die Grundfragen sind ja: Wohin wol- Am Tag X ist unsere Veranstaltung. Hilfe von Außen, von Neutralen holen, len wir, und haben alle dasselbe Ziel? Oder Den Termin markiert ihr euch auf eu- von jemandem, der den Konflikt aufzulö- geht es einem vielleicht doch nur darum, rem Zeitplan. Zuerst rechnet ihr die sen hilft. Stephanie Lachnit mit dem ­Projekt Geld machen zu wollen? einzelnen Schritte, die es zu erledigen gilt, von da ab zurück. Dann wird euch 4 Die Finanzierung bewusst, wo es kritisch werden könnte Wenn es eine non-kommerzielle Sache und ihr wisst, wann ihr spätestens mit Jugend­ werden soll – ihr also nicht das Ziel habt, der ­A rbeit anfangen müsst. etwas verkaufen zu wollen – dann könnt initiativen ihr öffentliche Mittel vom Staat oder von 7 Aufgabenverteilung staatsnahen Einrichtungen bekommen. Während ihr den Zeitplan aufstellt, könnt Eure Ideen werden Realität. Jugendin- itiativen sind Projekte, die ihr selbst Das geht vom Bund über das Land bis ihr die Aufgaben in der Gruppe verteilen – gestaltet und verwaltet. Vier Leute zur Kommune hinunter. Bei politischen am besten sprecht ihr von Verantwortung müsst ihr mindestens sein, nicht älter Projekten passt eher das Sozialministe- statt von Aufgaben. Jeder im Team über- als 30 dürft ihr sein. Ein Projekt kann bis rium oder das Jugendamt. Wenn es um nimmt so seinen Bereich und hat den Blick zu 18 Monaten dauern. Mit JUGEND IN Nachhaltigkeit und Ökologie geht, dann darauf. Das Ganze aufschreiben und allen AKTION geht das zuhause, um die Ecke ist es besser, auf lokaler Ebene bei der zugänglich machen. Einer kontrolliert – oder europaweit. Stadt nachzufragen. Wenn ihr von Privat die Zuständigkeit für die Kontrolle geht Mehr unter  ww.machwasdraus.de w Mittel fordert, dann läuft das unter dem reihum. Einer sollte auf jeden Fall die Fi-
  • 16. 16 Mitmischen in Deutschland – und Europa Politik in der Straßenbahn machen. Eine mehr Ideen umgesetzt und Meinungen gehört geht es durch Deutschland. Mal sind die Projek- Millionenstadt menschlicher machen. werden, fördert JUGEND IN AKTION Projek- te lokal, mal grenzüberschreitend. Eine kleine Kunst für alle machen. te, mit denen sich Jugendliche in politische Pro- Auswahl von über 500 Partizipationsprojekten, zesse und gesellschaftliche Debatten einschalten die allein in Deutschland in den letzten Jahren Wenn man etwas verändern will, gibt es viele können. Dies geschieht auf ganz unterschiedli- stattfanden. Nina Voigt Möglichkeiten, etwas zu machen. Doch der Weg che Weise. Der Kreativität sind wenig Grenzen von einer Idee zu einem Projekt ist lang. Und gesetzt. Von Hamburg bis Freiburg, von Köln bis Auf Partizipationsreise durch Deutschland manche gute Idee bleibt auf der Strecke. Damit Chemnitz, rauf und runter und kreuz und quer Songs for a Telephone Box wer: heaterbegeisterte Jugendliche aus Spanien T und Deutschland was: elefonläden prägen die Kommunikation von T Migranten. Die transnationale Jugendinitiati- ve erarbeitet hierzu Szenen und Songs. wo: ufführungen in Telefonläden in Hamburg A Hamburg und Valencia. Papergirl wer: Junge Künstler aus Berlin, Bukarest und Man- One In A Million chester Berlin was: Kunstrollen erstellen. Jedes Exemplar ist ein wer: Studenten aus Köln Unikat und besteht aus Kunstwerken, die was: Raus aus der Uni und Nachhilfe für Schüler mit Migrati- persönlich oder per Post eingereicht werden. onshintergrund geben oder Senioren betreuen – eine Dann werden die Rollen vom Fahrrad aus an Partizipationsplattform will Studenten helfen, sich gesell- vorbeilaufende Passanten verteilt. schaftlich zu engagieren. wozu: Kunst ist für alle! Und jeder kann mitmachen! wozu: Damit eine Millionenstadt persönlicher wird.
  • 17. ma r We i Face to Face Chemnitz Köln Orga: undesverband B Fra nkfurt Paritätisches Bil- dungswerk wer: Jugendliche aus Hessen was: Eine hessenweite Living Walls: Wei- Europabüro Partizipationsmesse: mar meets Offen- Chemnitz Wie schaut es aus mit der Jugendpartizipa- bach tion in Hessen? Projekte und Erfahrungen wer: Europainteres- werden vorgestellt und ausgetauscht. wer: raffitikünstler G sierte Chemnit- Politiker sind auch vor Ort. aus Thüringen und zer Jugend­ iche l Hessen was: Das Europa- was: Künstler aus 20 büro berät eim Offenbach und Jugendliche zu n nh Mobilitätsmög- Ma Weimar planen gemeinsam lichkeiten in Streetart- und Europa und gibt Graffitiprojekte europapolitische in ihren beiden Informationen. Steig ein – Du bist am Zug Städten. Die Ost- wozu: amit der erste D Orga: tarkmacher e.V., Mannheim S West-Beziehungen Schritt, ins Aus- was: 220 Jungen und Mädchen diskutieren in der werden künstle- land zu gehen, Straßenbahn zwischen Mannheim und Hei- risch umgesetzt. einfacher wird. delberg mit Politikern über Kohlekraftwer- wozu: nnerdeutsche I ke, über Hartz IV, über mangelnde Graffiti- Vorurteile und Flächen, Komasaufen … Ansbach Berührungsängste wozu: amit jugendliche Meinungen in der Kom- D abbauen. munalpolitik gehört und umgesetzt werden. BASS macht Schule Orga: ündnis Ansbacher Schülerinnen und Schüler B e.V. African Kiss Festival was: Traumschule schaffen. Während einer Projekt- Orga: ugendgruppe des African Information Mo- J woche gestalten Schüler aller Schulformen vement AIM e.V. die Unterrichtsinhalte selbst und testen neue wer: Freiburger Jugendliche Lernformen aus. was: Festival mit Kunst, Musik, Weihnachtsmarkt wozu: Damit Schule Spaß macht und man was fürs und entwicklungspolitischen Workshops Leben lernt. rg Freibu wozu: erbung für Toleranz und interkulturelles W Verständnis Collage: elfgen pick intermedia unter Verwendung von PMOS-sxc.hu (1), mzacha-sxc.hu (2), lumix2004-sxc.hu (1), jvangalen-sxc.hu (1)
  • 18. Cultural Capitals united Eine Gruppe junger Europäer nutzen die Europäischen Kulturhauptstädte 2010 für ihr eigenes Projekt. Sie organisieren eine deutsch-ungarisch-türkische Jugendbegegnung. Plötzlich hat Pecs ein Gesicht: Das von Karolina. Istanbul hat eine Stimme: Die von Halil. Und das Ruhrgebiet hat ein Lachen: Das von Kim. Ein Abenteuer, das Spaß macht, und trotzdem unberechenbar bleibt. Eine monatelange Planungspha- gung haben wir heiß diskutiert“, ergänzt verloren vor. Die lockere Atmosphäre ist se haben sie hinter sich. Kontak- Sabrina. „Gerade die jungen türkischen einer Anspannung gewichen, die Diskus- te nach Pecs und Istanbul geknüpft. Die Teilnehmer sprechen zu einem großen sion wird hitziger. Einige der türkischen Finanzierung für die Jugendbegegnung Teil kein Englisch. Also übersetzen wir Jugendlichen fühlen sich persönlich an- eingeholt. Alles haben sie neben ihrem und versuchen den Rest auf nonverbale gegriffen. Studium organisiert und dann das: Kurz Weise zu vermitteln.“ Plötzlich herrscht Verunsicherung, vor Beginn der Begegnung will das deut- Als die Jugendbegegnung beginnt, ob die entstandenen Freundschaften ins sche Konsulat in Istanbul der türkischen ist bereits nach wenigen Stunden eine Wanken geraten könnten. Der Gedanke Gruppe kein Visum erteilen. Es folgen erstaunliche Dynamik entstanden. Ver- taucht auf, dass die Verständigung viel- heftige verbale Auseinandersetzungen, ständigung ist auch ohne große Worte leicht doch nicht so einfach ist, wie es bis ein Stein vom Herzen der Organisa- möglich: Themen wie Liebe und Familie, zuerst schien. Als Esin aus der Türkei toren fällt. Alle 30 Teilnehmer dürfen Bildungschancen und Religion werden sieht, dass Gesine aus Deutschland den anreisen. behandelt. Gemeinsamkeiten und Un- Tränen nahe ist, tut sie etwas, das die Für Anne, ­ abrina, Melih und die S terschiede diskutiert. „Bist du nun Kurde Spannung auflöst: Sie überquert die ima- anderen, die diese Begegnung organi- oder Türke?“, möchte eine deutsche Teil- ginäre Trennlinie im Raum und umarmt siert haben, ist das Projekt eine neue Er- nehmerin von einem Jungen aus Istanbul Gesine. fahrung. Sie waren zwar alle schon einmal wissen. Auch das ist eine wertvolle Erfah- längere Zeit im Ausland, doch eine inter- rung dieser Jugendbegegnung: Dass man nationale Jugendbegegnung selbst orga- Er entgegnet: „Spielt das eine Rolle? durchaus befreundet sein kann, ohne sich nisiert hat noch keiner von ihnen. Ich bin einfach nur ein Mensch!“ bei allen Themen einig zu sein. Und am „Wir haben uns viele Gedanken ge- Abend, als die Teilnehmer ausgelassen macht“, erzählt Anne, „zum Beispiel, ob Aber manchmal gibt es Situationen, in und fröhlich zusammen tanzen, ist das jeder mit den Inhalten etwas anfangen denen es gar nicht so einfach ist, die Mei- leichte Grabengefühl, das beide „Lager“ kann, an denen wir arbeiten wollen. Oder nung eines Anderen zu verstehen. Als der für einige Minuten voneinander getrennt ob der Altersunterschied nicht zu groß mögliche Beitritt der Türkei in die EU hatte, schon längst wieder verflogen. Was ist – manche Teilnehmer sind 16, ande- zur Sprache kommt, sind drei Teilneh- bleibt, sind Freundschaften. Und unver- re schon 25.“ „Auch über die Verständi- mer dagegen. Plötzlich kommen sie sich gessliche Eindrücke. Elisa Rheinheimer Internationale Jugendbegegnungen In einer Jugendbegegnung kommst du mit jungen Menschen aus mehreren Ländern zusammen. JUGEND IN AKTION fördert B ­ egegnungen mit jungen Menschen im Alter zwischen 13 und 30 Jahren. Auf www.rausvonzuhaus.de findest du Termine und Organisationen, die Jugendbegegnungen anbieten. Mehr zu den Richtlinien gibt es unter  ww.jugend-in-aktion.de w
  • 19. Europäische Kulturhauptstadt 19 Alle Bilder: Sabrina Apitz Oben: Am letzten Tag der Jugendbegegnung fand ein öffentliches Graffiti-Event statt, an dem auch Jugendliche vor Ort teilnahmen. Unten links: In Gruppenspielen und Diskussionsrunden wurden Themen wie Liebe und Familie, Bildungschancen, Religion und Diskriminierung behandelt. Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede wurden gesucht und gefunden. Unten Mitte: Auch das Ruhrgebiet steht auf dem Programm: Ein Besuch der Zeche Zollverein in Essen. Unten rechts: Verständigung klappt auch ohne Worte: Durch Musik, Tanz, Fußball oder Graffiti beispielsweise. Das funktioniert wunderbar, wie am Ende alle erleichtert feststellten.
  • 20. 20 Gothe meets HipHop „Faust in da street“ Bei der deutsch-italienischen J ­ ugendbegegnung prallen k ­ lassische Reime auf HipHop- Beats. Zehn Tage proben 17 Deutsche mit 17 Italienern an einer außerge- wöhnlichen Tanzchoreographie. Sie bringen Themen aus Goethes Faust von ihren Straßen auf die Bühne. Liebe, Wahrheit, Verantwortung, Gut und Böse – diese Schlagworte in- terpretieren sie neu. Was bedeuten sie in den Problemkiezen europäischer Großstädte? Die Jugendlichen der Jugendzentren StreetuniverCity (Ber- lin) und ALI (Rom) zeigen es. „Was ich später mal machen will? Irgendwas mit Tanzen. Alle Bilder: Mimoza Veliu Hauptsache, ich bin nicht mehr länger arbeitslos.“ Marco Busiello 20, Rom
  • 21. Goethe meets HipHop 21 „ oethe, G mein Freund, der Mann hieß G ­ oethe.“ „Wir akzeptieren nicht, … … dass das kreative Potenzial junger Menschen aus sozialen Brennpunkten  kaum genutzt wird. Das ist entwürdigend – sowohl für die Jugendlichen als auch für unsere Gesellschaft.“ „ Die Jury ist da, um sich zu re-pre-senten“ … dröhnt es aus den Boxen. Vorstellen und tanzen, heißt das auf Deutsch. Das Ganze dann natürlich aber auch „damn hot“. Alle Bilder: Mimoza Veliu
  • 22. 22 Goethe meets HipHop US VERS „Hip Hop Battles“, „rumblen bis zum Umfallen“ – in der NaunynRitze in Berlin-Xberg geht es um die Beats der Beats. Für den DJ steht fest: „ iese Show ist heiß D und fettig.“ Aylin Dogan 17, Berlin „Wenn Du so tanzen kannst, hast Du‘s geschafft – egal, was die Leute sonst so sagen.“ Alle Bilder: Mimoza Veliu